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Kritische Forschungen und persönliche Erfahrungen zum Thema der sogenannten guten, alten Zeit anhand von ausgewählten Themen, z.B. alte Malerei, Klöster und archaische Kultstätten. In einer Zeit vieler globaler Krisen und Katastrophen sucht der Autor nach den verlorenen Werten und Geistern guter Phasen der Geschichte. Die von ihm behandelten Themen versteht er als Anregung und Inspiration für eigenes Erforschen. Am Ende des Buches präsentiert der Autor Ideen für eine Heilung der Erde.
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Seitenzahl: 113
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1. Vorwort
2. 1910
3. Die Urzeit
4. Adrian Ludwig Richter
5. Die Urzeit
6. Hexenkammlilie
7. Klostergarten Riddagshausen
8. Kaiserdom Königslutter
9. Abtei St. Hildegard
10. Der Traum von der Einheit
11. Die deutsche Sprache
12. Wertegemeinschaft
13. Jacob Böhme
14. Hegel
15. Die Urzeit
16. Hans Thoma
17. Iwan Schischkin
18. Heinrich Böhmer
19. Kaiserpfalz Goslar
20. Die Germanen
21. Museumsdorf Hösseringen
22. Die persönliche gute alte Zeit
23. Die Zeit des Bären
24. Mythos Tibet
25. Schamanismus
26. Deutschland
27. Hohe Tannen
28. Der Berg Kattnäse
29. Die Schnarcherklippen
30. Sandsteinhöhlen
31. Thyrstein
32. Eine heile Welt schaffen
Wir leben in einer Zeit, die uns aus vielerlei Gründen nicht gefällt. Man könnte viele Missstände aufzählen. Die Zukunft erscheint einem auch nicht mehr großartig und wunderbar. So ist es kein Wunder, wenn man sich in vergangene Zeiten zurücksehnt, die einem friedlich und golden erscheinen, obgleich der Verstand einem natürlich sagt, dass es sie nur teilweise waren, dass es auch viele unschöne Dinge und Ereignisse gab, dass die Herrschenden zu allen Zeiten brutal, gemein und selbstherrlich waren etc.
Trotzdem, immer gab es diese Sehnsucht in eine goldene Vergangenheit, in ein vermeintlich „goldenes Zeitalter“.
In diesem Werk untersuche ich diesen Traum anhand von verschiedenen Aspekten und Zeiten.
Was heißt das, „die gute, alte Zeit“?
1. Es gibt den Aspekt der Natur. Vor Jahrhunderten oder Jahrtausenden gab es viel mehr Natur, ursprüngliche Wildnatur, von Menschen nicht beherrschte Natur.
2. Es gibt den ästhetischen Aspekt. Es gab schönere Bauwerke, schönere Kunst.
3. Es gibt den spirituellen Aspekt, der darin besteht, dass man noch mehr oder überhaupt an eine höhere Dimension glaubte als das Irdische und Materielle.
4. Es gibt den Aspekt der Hoffnung. Man hatte Hoffnung auf eine bessere Zukunft, auf Fortschritt, was einem heute doch eher verloren gegangen ist, wenn man an die Klimakrise, die Energiekrise, den Krieg in der Ukraine etc. denkt. Wer hat denn jetzt noch eine starke Hoffnung?
5. Es gibt den sozialen Aspekt. Es gab vielleicht mehr Familiensinn, mehr Gemeinsinn und das Gefühl von Verbundenheit miteinander, untereinander als in der heutigen Gesellschaft der Vereinzelten, der Isolierten.
6. Es gibt den Aspekt der Sensibilität. Betrachte ich alte Zeichnungen, Gedichte oder Volkslieder, dann habe ich das Gefühl, dass man vor Jahrhunderten empfindsamer, feinfühliger war, und auch mehr Sittsamkeit Scham lebte und spürte.
Was prägt das moderne Leben, wenn wir an die Städte denken, und die meisten Menschen leben ja in Städten, in Megastädten?
Hektik, Stress, Lärm, Luftverschmutzung etc., man muss das nicht alles aufzählen.
Ich denke, dass das Leben früher insgesamt beschaulicher war, stiller und man nicht so getrieben war von tausend Ansprüchen und Süchten aller Art.
Je mehr ich die „gute alte Zeit“ studiere bzw. nach ihr suche, desto mehr komme ich zu dem Schluss, dass es sie nicht wirklich gegeben hat. Es hat sie wohl vor allem in den Träumen und in der Rückschau gegeben.
Wenn wir uns individuell an unsere eigene gute Zeit erinnern, dann gibt es vermutlich viel Leid, viele Bedrängnisse, Krankheiten und Kummer, und leider nur wenig Gutes. Das war vielleicht die liebevolle Oma, der Apfelbaum im Garten, eine Katze, eine schöne Stelle im Wald, ein Urlaub am Meer, ein wertvolles Geschenk zu einem Geburtstag etc.. Es waren Hoffnungen und Träume auf eine helle Zukunft ohne Krieg und Brutalität. Jetzt haben wir wieder Krieg, die Klimakatastrophe, explodierende Öl- und Gaspreise etc.
Sollte man nicht mehr nach der „guten alten Zeit“ suchen? Den Traum aufgeben? Ich denke, nein, sollte man nicht, sondern weiter suchen, weiter seine Vorstellungen entwickeln.
Und wenn es am Ende nur ein Traum war, dann war es eben nur das.
Ich habe hier nur einige Aspekte behandelt. Man könnte viele weitere untersuchen. Meine Sammlung verstehe ich als Anregung und Inspiration.
Wolf E. Matzker, Oktober 2022
Auf meiner Heimatinsel gibt es ein altes Haus aus dem Jahre 1910. Es hat mir schon immer gefallen, und immer dachte ich, man müsste ein Haus, eine Villa aus der Zeit besitzen.
Vor dreißig Jahre habe ich ein altes Fachwerkhaus gekauft. Nicht aus dem Jahre 1910, sondern aus dem Jahre 1796, also noch viel älter. Aber die Häuser und Villen, die um 1910 gebaut worden sind, haben mir immer am besten gefallen, vor allem dann, wenn es Häuser im Jugendstil waren. Überhaupt hatte ich beim Jugendstil immer das Gefühl, das wäre meine Zeit gewesen, aber dazu später mehr.
Vor kurzem lief ich einen schmalen Weg an der Ecker entlang Richtung Süden, genauer von der kleinen Ortschaft Eckertal aus. Ein wunderbarer Weg wie in alten Zeiten! Ich kenne eigentlich keine neuen, “modernen“ Wege, die ich als wunderbar bezeichnen würde, was daran liegt, dass sie nicht wildromantisch und schön sind, keine verwunschenen Stellen haben, sondern kalt, nüchtern und funktionalistisch sind, also genau das, was ich nicht mag.
Auf diesem Weg gelangt man zu einem ehemaligen Kurgelände mit dem Namen „Jungborn“. Ende des neunzehnten Jahrhunderts wurde dort eine Kurklinik errichtet und in den folgenden Jahren ausgebaut. Heute sieht man nichts mehr davon, weil die Gebäude 1964 von der damaligen DDR abgerissen worden waren.
Gegründet wurde die Anlage (1896) von einem gewissen Adolf Just. Seine Idee war die ganzheitliche Heilung des Menschen durch das Elementare.
Das Logo, wie man es heute nennt, mag uns an ein anderes Symbol erinnern, hat aber mit späteren Zeiten absolut nichts zu tun,
Damals, Ende des neunzehnten Jahrhunderts wollte man zurück zur Natur und ihren Elementen. Schon damals empfanden manche die Zeit als zu sehr von Industrie und Maschinen bestimmt, zu naturfern.
„Der Jungborn wollte inmitten einer schönen Natur dem erschöpften und kranken Menschen in seiner eiligen, unruhvollen Zeit durch einfaches naturnahes Leben, Ruhe und Besinnung bringen, Einkehr und Sammlung vermitteln sowie den Menschen umstimmen und erneuern, nicht nur seine Krankheit heilen.
Wasser, Erde, Licht und Luft – das sind die Heilmittel der Natur nach ewigen Gesetzen. Diese vier Urelemente, verbunden mit der bewährten fleischlosen Jungborn-Ernährung und einer gesunden, bejahenden Lebenseinstellung standen im Mittelpunkt der Jungborn-Heil- und Lebensweise und wurden ganz individuell angewandt. Hinzu kam eine bestens bewährte Heilgymnastik mit Atem-, Lockerungs- und Entspannungsübungen sowie eine besondere, durchgreifende und belebende Massage.
Im Jungborn kam der Mensch zur Ruhe, hier sammelte er im Abstand von den Belastungen des Alltages neue Kräfte für Leben und Beruf. Das naturverbundene Leben im stillen Eckertal wurde zur Grundlage eines gesünderen Lebens.“
Quelle: https://www.jungborn-harz.eu/idee-konzept
Wie man sieht, es sollte einfach und elementar sein. Wer mag kann sich auf der genannten Website weiter informieren, besonders über den Gründer Adolf Just und seinen Werdegang.
Auf der Website wird auch die besondere Bedeutung und medizinische Wirkung der BIRKE erwähnt. Auf dem ehemaligen Kurgelände wachsen jetzt viele Birken. In gewissem Sinne haben sie den Ort geheilt und erneuert. Aber als Besucher denkt man doch eher an die vergangene Zeit zurück, die verloren scheint. Das große Projekt von Adolf Just hat sich nicht als dauerhaft erwiesen.
Die von ihm entdeckte „Heilerde“ kann man noch in Reformhäusern kaufen. Nur, wer erwartet große Ergebnisse von der Erde? Auch von der Erde im Allgemeinen, von MUTTER ERDE, erwarten die heutigen Menschen wenig oder nichts, sie setzen ganz auf Technologien aller Art.
Um 1910 entstanden die vielleicht wichtigsten Gemälde der deutschen Moderne, z.B. die Pferde von Franz Marc.
Die Landschaft wurde auf wesentliche, elementare Farbflächen reduziert. Das Pferd nur in Ausschnitten präsentiert, von hinten, der obere Teil, der Kopf mit der Mähne, Teil des Schwanzes.
Aber dennoch drückt dieses Gemälde eine Stimmung aus. Vermittelt dem Betrachter die Verbundenheit mit allem. Eine Art animalischer Demut.
Damals war es innovativ und revolutionär, auf diese Weise zu malen. Man muss sich in die damalige Zeit zurückversetzen. Man kann sich Franz Marcs Anfänge anschauen, um den malerischen Erkenntnisweg nachzuvollziehen. Das scheint mir wichtiger, als das heutige Urteil von Kunsthistorikern. Die geistige Entwicklung von Franz Marc ist das Entscheidende. Seine Beziehung zur Natur, die nicht abstrakt gewesen ist, sondern aus tiefer Verbundenheit kommt, und seine neuartige kreative Gestaltung.
Das blaue Pferd, 1911 (Gemälde nach Wikipedia gemeinfrei)
Die Urzeit ist für mich die Zeit, bevor es Zivilisationen und sogenannte Hochkulturen gab. Also das Paläolithikum. Diese ferne Zeit spüre ich, wenn ich Orte, Kraftorte wie den Sandsteinfelsen bei Hedeper besuche. Der Sandstein, die Kiefern, die ganze Atmosphäre spricht den Urmenschen in mir an.
Ich stelle mir diese Zeitepoche als eine schöne, freie und sonnige Zeit vor. Eine Zeit des Lichts. Eine Zeit, in der man ein wahrhaft freier Mensch war. Eine Zeit, in der man wie ein wildes Tier herumstreifen konnte.
Nachgezeichnete Mensch-Tier-Figur aus der Steinzeit. Die frühen Menschen sahen sich vielleicht noch mehr als eine Art Tier unter anderen Tieren an, hatten noch keine strikte Trennung vom Tierreich vollzogen.
Sandsteinfelsen bei Hedeper
Adrian Ludwig Richter ist für mich einer der Maler, die die „gute, alte Zeit“ dargestellt haben, oder sagen wir ruhig „die heile Weilt“.
Von der „heilen Welt“ wollen heutzutage (2022) die meisten wohl eher nichts wissen. Für sie ist die Welt nicht heil, war es niemals, wird es niemals sein – und was noch schlimmer ist: sie streben auch keine heile Welt mehr an.
Zu allen Zeiten war man gezwungen Negatives mehr oder weniger auszublenden, um die Welt als eine heile zu empfinden und zu sehen. Eine absolut gedachte heile Welt wird es sicher nie geben, aber es gibt Zeiten und Perspektiven, bei denen die Welt durchaus heil sein kann. Auch heute!
Und wenn es nur die Malerei und die Radierungen von Ludwig Richter sein sollten, die heile Welt darstellen, dann ist das meinetwegen so. Dann ist die heile Welt nur eine heile Welt in den Augen des Künstlers.
Genoveva in der Waldeinsamkeit, davon gibt es ein Gemälde (1841), eine Radierung (1848) und die folgende farbliche Variation (1872).
In Deutschland wird diese Kunst oft als „pure Idylle“ abqualifiziert, oder als Illustrationskunst, oder als „Weltflucht“. Davon halte ich nichts, denn das geistig-seelische und spirituelle Anliegen des Künstlers wird auf diese Weise nicht gewürdigt.
Dargestellt wird eine als heilig und heil empfundene Welt im Wald. Die schöne Frau mit den langen Haare, ein Kind, eine Hirschkuh, zwei Kaninchen, viele Vögel, auch im oberen Teil, dort ein Hirsch und Rehe. Alle Lebewesen sind in Harmonie und Frieden miteinander verbunden. So müsste Welt sein, friedlich und voller Gemeinschaft.
Genoveva in der Waldeinsamkeit, 1872
Die Sage:
Als Pfalzgraf Siegfried (als Gefolgsmann des Königs, ggf. Karl Martells), in den Krieg zog, wurde Genoveva von Siegfrieds Statthalter Golo begehrt; sein Werben wurde von der treuen Genoveva verschmäht. Daraufhin beschuldigte er Genoveva des Ehebruchs mit einem Koch und verurteilte sie zum Tode. Vom Henker wurde sie jedoch verschont und freigelassen (Parallele zu Schneewittchen). Darauf lebte sie mit ihrem neugeborenen Sohn sechs Jahre lang in einer Höhle, in der die Gottesmutter Maria sie mittels einer Hirschkuh versorgte. Schließlich fand ihr Ehemann Siegfried, der stets an ihre Unschuld glaubte, aber Golos Entscheidung als Statthalter akzeptierte, sie wieder und errichtete zum Dank für Genovevas Errettung eine Wallfahrtskirche. Golo wurde nach Aufdeckung des wahren Verlaufs der Geschichte auf Geheiß Siegfrieds gevierteilt. (Quelle: Wikipedia)
Wie man sieht, haben wir hier ein spirituelles Motiv vor uns. Man kann vielleicht sagen, dass Genoveva selbst die Gottesmutter ist oder sie verkörpert. Reinheit, Unschuld, Treue und Fürsorge – alles Werte einer heilen Welt, die in einer pathologischen Welt nicht so sehr in den Mittelpunkt gestellt werden, wenn man nicht sowieso das krasse Gegenteil vertritt.
Die weiße Taube im oberen Teil des Waldes, und rechts oberhalb des Kopfes von Genoveva kann man als „heiligen Geist“ deuten.
Natürlich war zur Lebenszeit von Richter mitnichten alles wunderbar und heil, weder bei ihm persönlich noch im Bereich der Politik.
„Die Schrecken des Krieges während und nach der Dresdener Schlacht im August 1813 lernte er aus unmittelbarer Nähe kennen. Nie wieder konnte der Zehnjährige jenen Gang über das Schlachtfeld vergessen, den er zwei Tage nach Ende der Kämpfe gemeinsam mit seinem Vater unternommen hatte.: die Berge von Leichen, manche schrecklich verstümmelt, das Geschrei und Stöhnen der Verwundeten.“ (Neidhardt, S.8)
„Es schien als solle mir dasselbe Schicksal erblühen, welches des guten Vaters Geschick war und sein eifriges Streben zur Erschöpfung gebracht hatte: ein vergebliches Abmühen an Arbeiten, welche zu unkünstlerisch waren, um die Kräfte zu entwickeln, zu beschränkt, um die vorhandene Kraft völlig zu verwenden.“ (S.15)
Die Realität des Krieges war scheußlich und brutal. Die beruflichen Einengungen, der Zwang zum Geldverdienen behinderte die freie Kreativität.
Aber Richter hatte die Möglichkeit zu Reisen, bekam Inspirationen in Italien, hatte Freunde und wohlwollende Unterstützer. Das war die positive Seite. Die ganze Wirklichkeit war und ist immer eine Mischung von Negativem und Positiven, zu allen Zeiten.
Die heile Wahrheit findet der Künstler in seinen Träumen, in seinen Werken. Kunst kreiert das Heile. Am Ende kommt es darauf an, dass man seinen Traum realisiert, dass man die Kunstwerke schafft, die den Traum ausdrücken. Seine Gemälde mit den italienischen Szenen drücken eine sakrale, geistige Welt aus, aber auch die Gemälde mit den böhmischen Motiven. Der Geist des Heilen ist in diesen Werken zu spüren.
Das Gemälde der St. Annenkirche zu Graupen in Böhmen (1836) mag dafür als Beispiel gelten.