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Die Königin des Nachmittags E-Book

Cordwainer Smith

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Beschreibung

Die wahren Menschen

Charls und seine Schwester Oda beobachten eines Tages ein seltsames Objekt, das wie ein brennender Stern vom Himmel fällt. Als die beiden hinlaufen, um es sich anzusehen, entdecken sie, dass es in Wirklichkeit eine Raumkapsel ist. Darin eingeschlossen ist eine junge Frau namens Juli, die Charls und Oda befreien. Juli nimmt keinen telepathisch Kontrakt auf, sondern muss zum Sprechen ihren Mund benutzen. Obendrein hält sie Charls und Oda für kleine Hündchen! Die Geschwister beschließen, Juli lieber zu den „Wahren Menschen“ zu bringen …

Die Erzählung „Die Königin des Nachmittags“ erscheint als exklusives eBook Only bei Heyne und ist zusammen mit weiteren Stories von Cordwainer Smith auch in dem Sammelband „Was aus den Menschen wurde“ enthalten. Sie umfasst ca. 38 Buchseiten und ist die Fortsetzung zu „Modell Elf“.

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Seitenzahl: 71

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CORDWAINER SMITH

DIE KÖNIGIN DES NACHMITTAGS

Erzählung

Das Buch

Charls und seine Schwester Oda beobachten eines Tages ein seltsames Objekt, das wie ein brennender Stern vom Himmel fällt. Als die beiden hinlaufen, um es sich anzusehen, entdecken sie, dass es in Wirklichkeit eine Raumkapsel ist. Darin eingeschlossen ist eine junge Frau namens Juli, die Charls und Oda befreien. Juli nimmt keinen telepathischen Kontakt auf, sondern muss zum Sprechen ihren Mund benutzen. Obendrein hält sie Charls und Oda für kleine Hündchen! Die Geschwister beschließen, Juli lieber zu den »Wahren Menschen« zu bringen …

Die Erzählung »Die Königin des Nachmittags« erscheint als exklusives E-Book Only bei Heyne und ist zusammen mit weiteren Stories von Cordwainer Smith auch in dem Sammelband »Was aus den Menschen wurde« enthalten. Sie umfasst ca. 38 Buchseiten und ist die Fortsetzung zu »Modell Elf«.

Der Autor

Diese Erzählung ist dem Band Cordwainer Smith: »Was aus den Menschen wurde« entnommen.

Titel der Originalausgabe

The Queen of the Afternoon

Aus dem Amerikanischen von Thomas Ziegler

Copyright © 1993 by The Estate of Paul Linebarger

Erstveröffentlichung in GALAXY, April 1978

Copyright © 2016 der deutschsprachigen Ausgabe by

Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Covergestaltung: Stardust, München

Mehr als nach allem anderen sehnte sie sich nach ihrer Familie, als sie langsam wach wurde. Sie rief nach ihr. »Mutti. Vati, Carlotta, Karla! Wo seid ihr?« Aber natürlich rief sie auf Deutsch, da sie ein richtiges preußisches Mädchen war. Dann kehrte die Erinnerung zurück.

Wie viel Zeit mochte vergangen sein, seit ihr Vater sie und ihre beiden Schwestern in den Raumkapseln untergebracht hatte? Sie wusste es nicht. Selbst ihr Vater, der Ritter vom Acht, und ihr Onkel, Professor Doktor Joachim vom Acht – der ihnen am 2. April 1945 in Parbudice die Spritzen gegeben hatte –, hatten sich nicht vorstellen können, dass die Mädchen Tausende von Jahren in einem Zustand von vorübergehender Leblosigkeit zubringen würden. Aber so war es gekommen.

Nachmittägliches Sonnenlicht ergoss sich orangefarben und golden über die dunklen, purpurfarbenen Schatten der Kampfbäume. Charls musterte die Bäume. Er wusste, dass sie in einem stillen Feuer erglühen würden, wenn sich das Orange des Sonnenunterganges in Rot verwandelte und die Dunkelheit über den östlichen Horizont kroch.

Wie lange war es her, seit man die Bäume gepflanzt hatte – Kampfbäume, wie sie von den Wahren Menschen genannt wurden –, damit ihre gewaltigen Wurzeln sich in die Erde bohrten, auf der Suche nach Radioaktivität im Erdreich und im Grundwasser, nach den giftigen Rückständen, die sie in ihren harten Schoten speicherten und dann die Schoten abwarfen, bis irgendwann in ferner Zukunft das Wasser vom Himmel und das Wasser in der Erde wieder sauber sein würde? Charls wusste es nicht.

Nur eines wusste er. Die Bäume zu berühren, sie mit bloßer Hand zu berühren, bedeutete den sicheren Tod.

Ihn verlangte danach, einen Zweig abzubrechen, aber er wagte es nicht. Und das nicht nur wegen des Tabus,sondern aus Furcht vor der Krankheit. Sein Volk hatte in den letzten Generationen große Fortschritte gemacht, genug, um eine Begegnung mit den Wahren Menschen und eine Auseinandersetzung mit ihnen nicht zu fürchten. Aber diese Krankheit gehörte nicht zu den Dingen, mit denen man sich auseinandersetzen konnte.

Der Gedanke an die Wahren Menschen schnürte ihm die Kehle zu. Er fühlte Sentimentalität, Liebesbedürftigkeit, Furcht; die Sehnsucht, die ihn erfüllte, gründete in der Liebe, obwohl er wusste, dass es nicht Liebe sein konnte, hatte er bisher doch noch nie einen Wahren Menschen aus der Nähe gesehen.

Warum, fragte sich Charls, grübelte er so oft über die Wahren Menschen nach? Befand sich vielleicht gar einer von ihnen in seiner unmittelbaren Umgebung?

Er betrachtete die untergehende Sonne, die inzwischen so rot war, dass man mit ungeschütztem Auge in sie hineinblicken konnte. Irgendetwas weckte Unbehagen in ihm. Er rief nach seiner Schwester. »Oda, Oda!«

Sie antwortete nicht.

Er rief noch einmal. »Oda, Oda!«

Diesmal hörte er sie, wie sie unbekümmert durch das Unterholz stapfte. Er hoffte, sie würde daran denken, den Kampfbäumen auszuweichen. Manchmal war Oda einfach zu ungeduldig.

Plötzlich tauchte sie vor ihm auf.

»Du hast mich gerufen, Charls? Du hast mich gerufen? Hast du etwas entdeckt? Sollen wir fortgehen? Was ist los? Wo sind Mutter und Vater?«

Charls konnte nicht verhindern, dass er lachte. Oda war immer so.

»Eine Frage nach der anderen, Schwesterlein. Hast du keine Angst, den brennenden Tod zu sterben, wenn du so zwischen den Bäumen herumspazierst? Ich weiß, dass du nicht an das Tabu glaubst, aber die Krankheit ist keine Erfindung.«

»Ist sie doch«, widersprach sie und schüttelte den Kopf. »Vielleicht gab es sie früher einmal … Ja, ich glaube schon, dass es sie früher gab, aber hast du jemals gehört, dass im Lauf der letzten tausend Jahre jemand durch die Bäume ums Leben gekommen ist?«

»Natürlich nicht, Dummchen. Ich lebe auch noch nicht seit tausend Jahren.«

Odas Ungeduld machte sich wieder bemerkbar. »Du weißt, was ich meine! Nun, jedenfalls bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass die ganze Angelegenheit albern ist. Wir alle haben schon zufällig die Bäume berührt. Also habe ich dann eines Tages eine Schote gegessen.Und nichts ist geschehen.«

Er war entsetzt. »Du hast eine Schote gegessen?«

»So ist es. Und nichts ist geschehen.«

»Eines Tages wirst du zu weit gehen, Oda.«

Sie lächelte ihn an. »Und nun, nehme ich an, wirst du behaupten, dass die Meeresbecken nicht schon immer vom Gras überwuchert waren.«