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Der Preis des Ruhms
Xanadu, die sonnenlose Welt, ist ein wahres Paradies, das von zwei Monden erhellt wird. Ihre Bewohner sind körperlich vollkommen und glücklich. Zwei von ihnen, die junge Frau Madu und Kuat, der Gouverneur, erwarten hohen Besuch: Lord bin Permaiswari von der Instrumentalität will Xanadu besuchen, um sich von seiner Kriegsverletzung zu erholen. Er musste sich den Angstmaschinen stellen, um die Kultur der Menschheit zu retten. Jetzt gilt er als Held – doch der Preis, den er bezahlen musste, war hoch. Vielleicht zu hoch …
Die Erzählung „Hinab zu einer sonnenlosen See“ erscheint als exklusives eBook Only bei Heyne und ist zusammen mit weiteren Stories von Cordwainer Smith auch in dem Sammelband „Was aus den Menschen wurde“ enthalten. Sie umfasst ca. 40 Buchseiten.
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Seitenzahl: 77
CORDWAINER SMITH
HINAB ZU EINER SONNENLOSEN SEE
Erzählung
Xanadu, die sonnenlose Welt, ist ein wahres Paradies, das von zwei Monden erhellt wird. Ihre Bewohner sind körperlich vollkommen und glücklich. Zwei von ihnen, die junge Frau Madu und Kuat, der Gouverneur, erwarten hohen Besuch: Lord bin Permaiswari von der Instrumentalität will Xanadu besuchen, um sich von seiner Kriegsverletzung zu erholen. Er musste sich den Angstmaschinen stellen, um die Kultur der Menschheit zu retten. Jetzt gilt er als Held – doch der Preis, den er bezahlen musste, war hoch. Vielleicht zu hoch …
Die Erzählung »Hinab zu einer sonnenlosen See« erscheint als exklusives E-Book Only bei Heyne und ist zusammen mit weiteren Stories von Cordwainer Smith auch in dem Sammelband »Was aus den Menschen wurde« enthalten. Sie umfasst ca. 40 Buchseiten.
Diese Erzählung ist dem Band Cordwainer Smith: »Was aus den Menschen wurde« entnommen.
Titel der Originalausgabe
Down to a Sunless Sea
Aus dem Amerikanischen von Thomas Ziegler
Copyright © 1993 by The Estate of Paul Linebarger
Erstveröffentlichung in THE MAGAZINE OF FANTASY & SCIENCE FICTION, Oktober 1975
Copyright © 2016 der deutschsprachigen Ausgabe by
Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Covergestaltung: Stardust, München
Sie klingeln hoch, oh, hoch oben am Himmel, oh! Hell, wie hell ist das Licht dieser Zwillingsmonde von Xanadu, Xanadu, der Verlorenen, Xanadu, der Lieblichen, Xanadu, dem Hort der Lust. Lust der Sinne, des Körpers, des Verstandes, der Seele. Der Seele? Wer sagte da etwas von der Seele?
I
Wo sie standen, da flüsterte leise der Wind. Hin und wieder zupfte Madu mit einer ewig weiblichen Geste an ihrem knappen silbernen Rock oder ordnete ihre nicht minder knappe ärmellose Weste. Nicht dass ihr kalt war. Ihre luftige Kleidung war dem milden Klima Xanadus angemessen.
Sie dachte: Ich frage mich, wie er wohl aussehen mag, dieser Lord der Instrumentalität. Ist er alt oder jung, blond oder schwarz, weise oder närrisch? Sie dachte nicht: hübsch oder hässlich. Xanadu war bekannt für die körperliche Vollkommenheit seiner Bewohner, und Madu war zu jung und unerfahren, um etwas anderes zu erwarten.
Lari, der mit ihr zusammen wartete, dachte nicht an den Raumlord. In Gedanken betrachtete er noch einmal die Videobänder und den Tanz, die komplizierten Schritte und die wunderbare Raserei der Bewegungen der Gruppe aus den uralten Zeiten der Menschenheimat, der Gruppe namens »Bawlshoy«. Eines Tages, dachte er, ach, eines Tages werde auch ich so tanzen können …
Kuat dachte: Glauben die wirklich, sie könnten mich zum Narren halten? In all den Jahren meiner Regierungszeit auf Xanadu ist dies das erste Mal, dass sich ein Lord hier einfindet. Es ist in der Tat der Kriegsheld der Schlacht um Styron IV! Nun, das ist schon eine ganze Reihe von Monaten her … Er hatte genug Zeit, sich zu erholen, wenn es wirklich stimmt, dass er verwundet worden ist. Nein, da steckt noch mehr dahinter … sie wissen oder vermuten etwas … Ach was, wir werden ihn schon beschäftigen. Das konnte nicht schwer sein mit all den Vergnügungen, die Xanadu zu bieten hat … und dann gibt es da noch Madu. Nein, er würde sich wirklich nicht beklagen können, oder er musste seine Tarnung aufgeben …
Und in der ganzen Zeit, während sich der Ornithopter näherte, da näherte sich ihnen auch ihr Schicksal. Er wusste nicht, dass er ihr Schicksal werden würde; er beabsichtigte nicht, ihr Schicksal zu sein, ihr Schicksal war noch nicht bestimmt.
Der Passagier in dem landenden Ornithopter tastete sich mit seinen Gedanken vor und versuchte, sich zu orientieren, sich einzufühlen. Es war schwer, schrecklich schwer … eine dichte, wolkengleiche Wand – Nebel – schien sich zwischen seinen Gedanken und den Gedanken derjenigen zu befinden, die er zu durchschauen versuchte. Lag es an ihm selbst, lag es an seiner Hirnverletzung aus dem Krieg? Oder war etwas anderes dafür verantwortlich, die Atmosphäre des Planeten – etwas, das Telepathie einschränkte oder abblockte?
Lord bin Permaiswari schüttelte den Kopf. Er war so voller Selbstzweifel, so verwirrt. Seit der Schlacht … die gedankentötenden Sonden der Angstmaschinen … wie viel bleibenden Schaden hatten sie angerichtet? Vielleicht konnte er sich hier auf Xanadu erholen und Vergessen finden.
Als Lord bin Permaiswari aus dem Ornithopter stieg, nahm seine Verwirrung noch zu. Er hatte gewusst, dass Xanadu keine Sonne besaß, aber er war nicht auf das weiche, schattenlose Licht vorbereitet gewesen, das ihn empfing. Die Zwillingsmonde hingen allem Anschein nach nebeneinander am Himmel, während ihr Licht von Abermillionen Spiegeln reflektiert wurde. In der Umgebung erstreckten sich zahllose Li weißer Sandstrände, während sich in der Ferne Kalkklippen erhoben, an deren Fuß die kochend schwarze See ihre Gischt versprühte. Schwarz, Weiß, Silber – das waren die Farben von Xanadu.
Ohne Zögern trat Kuat auf ihn zu. Kuats Besorgnis hatte nach dem ersten Blick auf den Raumlord merklich nachgelassen. Der Besucher sah tatsächlich krank und verwirrt aus; und so wandte sich Kuat ihm voll Freundlichkeit zu, ohne dass er sich dazu zwingen musste.
»Xanadu heißt Sie willkommen, o Lord bin Permaiswari. Xanadu und alles, was sich auf Xanadu befindet, gehört Ihnen.« Der traditionelle Gruß klang seltsam rau aus seinem Mund. Der Raumlord sah vor sich einen kräftigen Mann, der groß und entsprechend schwer war, dessen Muskeln hervortraten und dessen langes rötliches Kopf- und Barthaar im Licht der Monde und Spiegel glänzte.
»Bereits meine Anwesenheit auf Xanadu bereitet mir Freude, Gouverneur Kuat, und ich gebe den Planeten und seine Besitztümer an Sie zurück«, entgegnete Lord bin Permaiswari.
Kuat drehte sich um und deutete auf seine beiden Begleiter. »Das ist Madu, eine entfernte Verwandte und mein Mündel. Und das ist Lari, mein Bruder, der Sohn der vierten Frau meines Vaters – der Frau, die sich in der sonnenlosen See ertränkt hat.«
Der Raumlord blinzelte erstaunt beim Klang von Kuats Gelächter, aber die jungen Leute schienen nichts Besonderes daran zu finden.