Dornröschen schläft - Rüdiger Schneider - E-Book

Dornröschen schläft E-Book

Rüdiger Schneider

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Beschreibung

Gregor Kaplan, in jungen Jahren schon Mathematikprofessor, aber mit schwächelndem Herz, erhält bei einer Transplantation das Herz einer wilden Bikerin. Er gibt die Mathematik auf und geht auf Weltreise. Er wundert sich, dass es ihn unwiderstehlich zu schönen, exotischen Frauen hinzieht.

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Seitenzahl: 45

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Der Hinweis Personen und Handlung sind frei erfunden entfällt dieses Mal. Nur der Name in der ersten Geschichte entspringt der Phantasie. Es ist dann reiner Zufall, wenn jemand wirklich so heißt.

Inhalt

Ein weibliches Herz

Garten der Befreiung

Scheherazade

Das Jahr der Katze

Die wilde 1148

Am Mekong

Zwiegespräch

Am Rio Negro

Dornröschen schläft

Ein weibliches Herz

Gregor Kaplan war schon in ungewöhnlich jungen Jahren, und zwar mit 32, Professor für Mathematik an der Bonner Friedrich-Wilhelm-Universität geworden. Spezialisiert hatte er sich auf nützliche Anwendungen der Euklidischen Geometrie. Über seinem kühlen Verstand war ihm mit 35 eine Ehe zerbrochen, was aber vielleicht auch noch an ganz anderen Gründen lag. Da er aber kurz darauf mit dem hoch angesehenen und hoch dotierten Leibniz-Preis geehrt wurde, schien ihn der Schiffbruch mit der weiblichen Welt kaum zu berühren und auch der Verlust eines schönen Einfamilienhauses war ihm wegen des Preisgeldes von 200 000 Euro ziemlich egal. Abgesehen davon bekam er als Professor ein stattliches Gehalt. Doch dann schlug das Schicksal zu. Erst schleichend, dann mit unwiderstehlicher Gewalt. Das Herz wurde schwach und schwächer, bis es ihn mit 38 in den Rollstuhl warf. Um sein noch junges Leben zu retten war eine Transplantation unumgänglich. Aber wie erstaunte der ihn beratende Arzt, der auch zugleich sein Freund war, als Kaplan sagte: „Ich will ein weibliches Herz, kein männliches und auch keins vom Schwein.“

„Lässt sich machen“, meinte der Arzt. „Wenn Blutgruppe und Größe stimmen. Aber bedenke bitte, dass sich deine Chancen, ein neues Herz zu erhalten, auf die Hälfte verringern.“

„Nur ein weibliches Herz“, beharrte Kaplan. „Sonst nichts.“

Vier Wochen später war es so weit. Auf der einen Seite Tod, auf der anderen die Hoffnung auf ein neues Leben. Eine 25jährige Motorradfahrerin war ums Leben gekommen. Größe und Blutgruppe stimmten. Schon bald beim Aufwachen nach der Transplantation bemerkte Kaplan, dass etwas Starkes in seiner Brust schlug. Nachdem er die Reha, die ihn übrigens maßlos langweilte, hinter sich gebracht hatte, stieg er wieder in das normale Leben ein. Er ertrug es mit Gleichmut, dass seine Freunde ihn bisweilen hänselten.

„Hast du jetzt einen Schuhtick oder lackierst du dir jetzt die Fingernägel?“

Weniger nett waren Bemerkungen wie etwa: „Pass auf! Du bist jetzt eine Beute für Lesben. Vielleicht wirst du auch schwul und wendest dich Jungs zu.“ Oder: „Wenn du jetzt zickig wirst, wissen wir warum.“

Tatsächlich bemerkte Kaplan Veränderungen. Bei rührseligen Filmen etwa füllten sich seine Augen mit Tränen, die unwiderstehlich die Wangen herunterliefen. Er konnte nichts daran ändern. War er früher an den Bettlern am Bonner Hauptbahnhof achtlos vorbei gegangen, so steckte er ihnen jetzt jedes Mal zehn Euro zu. Was freilich dazu führte, dass sich die Zahl der Bettler am Bahnhof vermehrte. Auch zeigte er jetzt insgesamt mehr Mitgefühl, wunderte sich, dass er sich im hermetisch geschlossenen Kreis der Mathematik so wohl gefühlt hatte. Die Mathematik war für ihn die einzig gesicherte, unwiderlegbare Wissenschaft gewesen. Zwei plus drei war überall auf der Welt fünf. Da konnte niemand widersprechen. Jetzt aber fühlte er, dass es neben der Mathematik noch ganz andere Welten gab. Musik, Literatur, Philosophie, Religion. Was die Literatur betraf, las er weniger Romane, fand die Biographien der Dichter viel spannender. Die hatten Sitz im Leben. Leben, um davon zu erzählen.

Noch ungelöste Probleme der Mathematik wie etwa die binäre Goldbachsche Vermutung, jede gerade Zahl, die größer als 2 ist, ist Summe zweier Primzahlen, interessierten ihn nicht mehr. Ihm wurde bewusst, dass das Herz nicht nur eine physikalische Pumpe war, sondern ein fühlendes Organ der Empfängnis.

Er war raus aus der Mathematik. Wie sollte er da noch arbeiten, mit Zahlen jonglieren, vorne am Katheder stehen, andere in eine Wissenschaft einführen, von der er sich abzuwenden begann? Er ließ sich von seinem Arzt ein Gutachten geben, verschwieg, dass sein Herz eigentlich stark war, verschwieg auch Kleinigkeiten wie etwa, dass er als Blutverdünner kein Marcumar mehr nahm, da er herausgefunden hatte, dass Portwein genauso gut war, aber erheblich besser schmeckte.

Man hatte Verständnis für einen, dem man das Herz ausgewechselt hatte, und so wurde er mit 42 pensioniert.

Seine Freunde verwunderten sich, als er eines Tages sagte: „Mit der Mathematik ist Schluss. Das sollen andere machen. Ich nicht mehr. Ich fliege jetzt um die Welt.“

„Und was suchst du da?“ fragten sie erstaunt.

„Liebe.“

Garten der Befreiung

Ich, Gregor Kaplan, bin in Bangkok gelandet. Ich werde mich hüten, in das Nachtleben der Bars einzutauchen, wie man es etwa aus dem Musical ‚Chess‘ und dem Song ‚One night in Bangkok‘ kennt. Nein, nein, mit dem Zug fahre ich weiter nach Süden, nach Surat Thani, gehe in ein buddhistisches Kloster. Es gibt dort die Möglichkeit für Ausländer, Farangs werden sie von den Thais genannt, das buddhistische Leben kennenzulernen. Suan Mokh heißt das Kloster. Suan Mokh bedeutet ‚Garten der Befreiung‘. Befreiung wovon? Das will ich wissen. Von der Mathematik habe ich mich schon befreit. Wovon denn noch?

Wochenlang lebe ich in einer kleinen Zelle, schlafe auf Beton, stehe, wenn die Tempelglocke schlägt, um fünf Uhr auf, schöpfe mit einer Plastikschale aus einer Tonne, die vor der Zelle steht, Wasser und schütte es mir über den Kopf. Danach geht es in der Dunkelheit mit den anderen Farangs im Gänsemarsch zu einem Vortrag von Ajahn Buddhadasa, einem in Thailand hochverehrten Mönch, vor dem sich sogar der König verbeugt. ‚Ajahn‘ bedeutet ‚hoher Lehrer‘.