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Mit der 'Via Hildegardis' wird erstmals ein mehrere Tagesetappen umfassender Pilgerweg auf den Spuren der Hildegard von Bingen vorgestellt. Die Strecke geht von der Abtei St. Hildegard oberhalb von Rüdesheim, verläuft über Bingen zum Rupertsberg, wo sie ihr erstes eigenes Kloster gründete und führt dann die Nahe entlang zum Disibodenberg bei Odernheim am Glan. Hier begann Hildegards Wirken und klösterliches Leben. Mit Blicken auf Rhein und Nahe führt die Strecke meist durch Weinberge und idyllische Dörfer, eröffnet Aussichten über den Nahegau, die man, wie etwa oberhalb von Bad Münster am Stein, als spektakulär bezeichnen kann. Es ist Pilger- und wunderbarer Wanderweg zugleich, der in der mystischen Atmosphäre des Disibodenberges seinen Abschluss findet. Die hier vorliegende dritte Auflage des Buches ist um eine attraktive Variante erweitert, die über Sponheim mit seiner Klosterkirche führt. Dieser Pilgerführer ist mit zahlreichen Farbfotos ausgestattet und mit einem Anhang zu Anreise, Unterkünften, Wanderkarten, Literatur, Öffnungszeiten und einigem mehr.
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Seitenzahl: 74
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Alle Angaben in diesem Pilgerführer wurden sorgfältig zusammengestellt und waren korrekt zum Zeitpunkt der Recherche. Eine Garantie für den Inhalt wie z.B. die immer währende Richtigkeit von Adressen, Telefonnummern, Öffnungszeiten, Wegmarkierungen, kann naturgemäß nicht übernommen werden. Sollten Sie Unstimmigkeiten entdecken oder Vorschläge zur Verbesserung haben, schreiben Sie mir bitte ([email protected]). Die Benutzung des Pilgerführers geschieht auf eigenes Risiko. Eine Haftung für etwaige Unfälle und Schäden wird nicht übernommen.
Wegeskizze (nicht maßstabsgerecht)
Theophora Schneider, Abtei vom Hl. Kreuz Herstelle, in Dankbarkeit gewidmet
Vorwort
Hildegard von Bingen
Zum Weg
Etappe 1: Rüdesheim/Eibingen und Bingen (7km)
Etappe 2: Vom Rupertsberg nach Guldental (19km)
Etappe 3: Von Guldental nach Bad Kreuznach (16 bzw. 13km mit Abkürzung.)
Etappe 4: Von Bad Kreuznach nach Niederhausen (18km)
Etappe 5: Von Niederhausen zum Disibodenberg (17km)
Die Variante über Oberhausen
Variante über Sponheim
Sponheim
Der Disibodenberg
Anhang
:
Anreise
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Unterkünfte
,
Nützliche Links
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Öffnungszeiten
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Literatur
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Zeittafel
,
Hildegard-Zitate
Ziemlich genau zwei Jahre sind nun seit Erscheinen der ersten Auflage von 2014 vergangen. Natürlich bleibt man dem Thema ‚Hildegard und der Disibodenberg’ treu. Neue Wanderwege im Naheland wurden erprobt, Wege, die durch die Region führen wie auch lokale Trassen. Es bleibt beim Weinwanderweg, der sich enger an die Nahe schließt als etwa der hinterländische Nahehöhenweg, der erst ab Bad Sobernheim, also nach dem Erreichen des Disibodenberges, seinen Namen verdient. Zudem hat der Weinwanderweg meiner Erfahrung nach die bessere Infrastruktur (Bahnhöfe, Unterkünfte, Einkehrmöglichkeiten). Unverzichtbar schien mir auch die Felseneinsiedelei bei Bretzenheim und ganz besonders das Panorama am Rotenfels bei Bad Münster am Stein. Erweitert wird das Buch jedoch um eine sinnvolle Variante, die nach der Passage am Rotenfels über Sponheim und seine Klosterkirche führt. Auch die Richtung des Weges behalte ich bei, also von Eibingen über Bingen zum Disibodenberg, zum Ursprung des Wirkens von Hildegard. Selbstverständlich kann man auch in anderer Richtung laufen. Das wird individuell verschieden sein. Ich hatte jedenfalls die Erfahrung gemacht, dass der Disibodenberg als Ziel ein ganz besonderes Pilgergefühl bewirkt. An keinem anderen Ort werden meinem Empfinden nach Vergangenheit/Vergänglichkeit und eine gleichzeitig lebendige Gegenwart so anschaulich.
Was die Hildegard-Forschung betrifft, hat die Heinzelmann-Lektüre einen gewissen Einfluss gehabt [siehe Anhang ‚Literatur’]. Josef Heinzelmann ist derjenige, der Niederhosenbach als den wahrscheinlichen Geburtsort Hildegards entdeckt hat (Fund einer Kopialurkunde). Niederhosenbach liegt ein paar Kilometer nördlich von Idar-Oberstein und gehört enger zum Bereich des Disibodenberges als etwa das hessische Bermersheim, das zuvor als Geburtsort Hildegards im Spiel war.
Man könnte also die ‚Via Hildegardis’ über den Disibodenberg hinaus zum Geburtsort Hildegards verlängern. Der Weg sei kurz skizziert: Auf dem Weinwanderweg nach Kirn. Von Kirn auf dem Nahehöhenweg nach Fischbach. Von Fischbach auf dem Saar-Hunsrück-Steig nach Herrstein und von dort auf dem Mittelalterpfad nach Niederhosenbach (entsprechende Wanderkarte siehe Anhang ‚Literatur’). Ich habe diese Verlängerung in beide Richtungen hin ausprobiert. Vom Disibodenberg nach Niederhosenbach und von Niederhosenbach zum Disibodenberg. Das intensivere Pilgergefühl stellte sich indes ein in der Richtung zum Disibodenberg hin, also von der schlichten, aber gleichwohl schönen Kirche in Niederhosenbach zu jenem besonderen Berg am Zusammenfluss von Nahe und Glan. Alle Wege scheinen zum Disibodenberg zu führen. Von Ost nach West wie bei dem vorliegenden Buch oder von West nach Ost wie bei dem jüngst erschienenen Pilgerführer ‚Auf den Spuren der Hildegard von Bingen – Ein Pilgerweg von Niederhosenbach zum Disibodenberg’. Wege und Richtung mag jeder selbst ausprobieren. Ob von der Abtei St. Hildegard zum Disibodenberg hin und eventuell weiter nach Niederhosenbach oder in anderer Richtung von Niederhosenbach zum Disibodenberg und eventuell weiter zur Abtei St. Hildegard bei Rüdesheim.
Pilgern ist der Versuch eines Verständnisses. Ich wurde oft gefragt: „Gibt es einen offiziell bestätigten Hildegard-Pilgerweg?“ Ich kann darauf nur antworten: „Nein! Es kann nur sinnvolle Angebote geben. Selbstverständlich gibt es auch keinen offiziellen Pilgerführer. Pilgern ist eine persönliche Angelegenheit. Da gibt es nichts offiziell zu verwalten oder zu zertifizieren. Ein Zertifikat kann nur die Heilige Hildegard selbst ausstellen. Und die würde sich davor hüten. Solche Zertifizierungen bergen die Gefahr in sich, dass der Weg durch touristischen Rummel unleidlich wird. Dafür ist der Camino Francés (so genannter Haupt-Jakobsweg nach Santiago de Compostela) ein anschauliches Beispiel geworden. Wer auf dem Jakobsweg wirklich mehr das Pilgern liebt, weicht inzwischen aus auf die Vía de la Plata, den Camino Primitivo oder die Atlantik-Route. Im Prinzip beginnt jeder Pilgerweg vor der eigenen Haustür.“ In Anekdoten des Mittelalters wird dieser Standpunkt sogar noch deutlicher vertreten. So will sich zum Beispiel ein Mönch auf den Jakobsweg begeben und bittet den Abt um Erlaubnis. Der sagt: „Nein! Drehe eine Runde im Klostergarten und denke über Jakobus nach! Dann bist du auf dem Weg.“ Es geht also um Verständnis. Um Verständnis für die Spiritualität Hildegards, für ihre Perspektive der Welt als Kosmos, als Schöpfung. Hildegards Haus hat viele Türen. Ein offizielles Eintrittsportal gibt es nicht. So mag etwa der Weg durch eine wunderbare Natur eine dieser Türen sein. Dafür habe ich verschiedene Varianten erprobt und die nach meinem Empfinden schönsten Wege zum Disibodenberg ausgesucht.
Bad Breisig, August 2016
Hildegard schreibt auf Wachstafeln, Hildegard-Gedächtniskirche St. Rupertus und St. Hildegard in Bingerbrück
Hildegardskulptur, Eibingen
Im Jahr 1098 wird Hildegard als zehntes Kind des Hildebert de Hosebach und seiner Frau Mechthild geboren. Mit ‚Hosebach’ ist Niederhosenbach (ein paar Kilometer nördlich von Idar-Oberstein gelegen) gemeint. Es ist der von allen Geburtsorten, die bislang im Spiel waren, wahrscheinlichste.
Möglicherweise führt die Zahl Zehn dazu, das Zehnte für eine geistliche Laufbahn freizugeben. Mit wahrscheinlich zwölf oder auch erst vierzehn Jahren kommt Hildegard in das Benediktinerkloster auf dem Disibodenberg. Hier lebt sie mit der sechs Jahre älteren Jutta von Sponheim und einer weiteren jungen Frau in Klausur. Der Tagesablauf folgt den Regeln des heiligen Benedikt. Nach dem Tod von Jutta von Sponheim wird sie 1136 die Magistra der Benediktinerinnen, die auf dem Disibodenberg neben den Benediktinermönchen ihr eigenes Frauenkloster haben.
Nach außen tritt sie erstmals in Erscheinung, als sie sich nach langem Zögern und großen inneren Kämpfen entschließt, ihre Visionen, ihre Schauungen aufzuschreiben. Diesem Hildegard-Bild wird man häufiger begegnen. Die Nonne, die auf Wachstafeln schreibt, während sich meist ein Licht- oder Feuerstrom aus einem Himmelsfenster auf sie ergießt. Sie schreibt in Latein. Der Mönch Volmar überträgt es auf Pergament und feilt an dem noch unvollkommenen lateinischen Stil. Nach fünf Jahren des Schreibens entschließt sich Hildegard, an Bernhard von Clairvaux zu schreiben, der als eine der größten Autoritäten im christlichen Europa gilt.
1147 findet in Trier eine Synode statt, auf der auch Bernhard von Clairvaux und Papst Eugen III. anwesend sind. Eine Kommission reitet von Trier zum Disibodenberg, um die visionären Schriften und ihre Verfasserin zu überprüfen. Es sind die ersten Texte des Buches ‚Scivias’ (‚Wisse die Wege’). Das Urteil der Kommission fällt positiv aus, und Hildegard wird durch die Synode und durch päpstliche Autorität zur kirchlich anerkannten Prophetin. Das Kloster auf dem Disibodenberg wird zu einem viel besuchten Pilgerziel. Dass im 12. Jahrhundert eine Frau Visionen verkünden und Bibelstellen auslegen darf, ist absolut ungewöhnlich und sensationell. Denn Frauen hatten in dieser Hinsicht zu schweigen. Bibelauslegungen waren allein Männersache. Hier galt das Wort des Apostels Paulus: „Eine Frau soll sich still und in aller Unterordnung belehren lassen. Dass eine Frau lehrt, erlaube ich nicht.“ (Brief an Timotheus).
Es ist eine Situation, die lange bestehen bleibt und zu der noch einige Jahrhunderte später Teresa von Avila, die erste von der männlich dominierten klerikalen Welt anerkannte Kirchenlehrerin, sagt: „Die Welt irrt, wenn sie von uns verlangt, dass wir nicht öffentlich für dich [Gott] wirken dürfen, noch Wahrheiten aussprechen, um deretwillen wir im Geheimen weinen, und dass du, Herr, unsere gerechten Bitten nicht erhören würdest. Ich glaube das nicht, denn ich kenne deine Güte und Gerechtigkeit, der du kein Richter bist wie die Richter dieser Welt, die Kinder Adams; kurz, nichts als Männer, die meinen, jede gute Fähigkeit bei einer Frau verdächtigen zu müssen.“ [zitiert nach Erika Lorenz, Teresa von Avila. Eine Biographie mit Bildern. Freiburg, Basel, Wien 1994, S.17]
Mit ihren Visionen an die Öffentlichkeit zu gehen, war ein höchst risikoreiches Unterfangen, das mit Verhören und Verurteilungen hätte enden können. Zu dieser Zeit brennen schon die ersten Scheiterhaufen.