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Jan Krüger ist ein global vielgefragter Fotograf. Einer fixen Idee folgend setzt er sich mit 58 Jahren auf einem Eifeler Bauernhof zur Ruhe, langweilt sich aber maßlos. Da rettet ihn ein Auftrag von Philip Morris. Auf den Tabakplantagen von Santa Cruz (Brasilien) soll er für eine Werbebroschüre Aufnahmen machen. Er wohnt in Santa Cruz in einem Gartenhäuschen auf dem Anwesen des amerikanischen Managers. Vor der Terrasse des Gartenhäuschens befindet sich ein alter, wilder Feigenbaum. Aber wie erstaunt ist Krüger, als er am ersten Morgen in der Dämmerung aufwacht und ans Fenster tritt. Eine Frau steht unter der wilden Feige und singt ein Liebeslied. `Amada amante` - Geliebter Liebhaber.
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Seitenzahl: 64
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Personen und Handlung sind frei erfunden, Ähnlichkeiten oder gar Übereinstimmungen mit Namen rein zufällig.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Als Werbefotograf war ich viel in der Welt herumgekommen. Um einige der bedeutendsten Auftraggeber zu nennen: für `Marlboro´ in den Rocky Mountains, für `Camel´ in der Sahara, für `Tchibo´ in den Kaffeeplantagen Kolumbiens, für `Quantas´ in Australien, für einen neuen Mercedes-Geländewagen in den Sümpfen Kambodschas, für eine bekannte Modemarke bei den goldenen Buddhas auf Sri Lanka. Hinzu kamen Aufnahmen für Reise- und auch Modekataloge. Ich setzte auf Kunst und Qualität, verachtete die digitale Fotografie, die mir inflationär vorkam. Man konnte, ohne dass Kosten entstanden, beliebig viele Bilder produzieren, in der Regel rasch mit dem Handy, was zur Sorglosigkeit verführte. Eine wilde, unüberlegte Knipserei. Ich dagegen arbeitete analog mit einer Leica-Spiegelreflex, komponierte von oben durch den Schacht blickend das Motiv. Den großformatigen Diafilm in der Kamera hielt ich gegenüber dem Chip für überlegen. Es war etwas anderes, ob das Licht auf eine Minizelle traf oder eben auf eine erheblich größere Fläche. Und vor allem ging es auch durch das Portal einer erstklassigen Linse. Natürlich entwickelte ich die Filme selbst, sah zu, wie sich im Rotlicht der Dunkelkammer die Konturen herausschälten. Die Aufnahmen bearbeitete ich niemals mit einem Fotoprogramm, damit, wie ich es nannte, die `Beauty of Imperfection´ erhalten blieb. Meine Auftraggeber zahlten gut. Qualität und Kreativität haben ihren Preis. Und so war ich in all den Jahren zu einem hübschen Vermögen gekommen, hatte mir jetzt, mit 58 Jahren, in einem Eifeldorf einen Bauernhof gekauft, um mich zur Ruhe zu setzen. Vor der Ehe habe ich mich gescheut. Meine Beziehungen, was auch an dem ständigen Unterwegssein lag, haben nie länger als ein halbes Jahr gedauert. Gescheitert waren sie auch an Eifersucht, denn ich verhehlte nicht, bei meinen Reisen Affären gehabt zu haben. Insbesondere hatte ich einen nahezu unwiderstehlichen Drang zu exotischen Frauen. Das konnte eine Indianerin in Peru sein, eine schwarze Äthiopierin oder eine vietnamesische Katze. Versagt geblieben war mir dagegen die geheimnisvolle, verschleierte Erotik der Beduininnen, bei denen man nur die großen Augen sah und sich alles andere, was unter schimmender Seide verborgen lag, erträumen konnte. Vor allem die sternenflimmernden Nächte in der Sahara, wo ich das Firmament `Gottes Zelt´ nannte, waren unvergessen.
Die ersten Monate auf dem Bauernhof hatte ich mit allerlei Reparatur- und Renovierungsarbeiten verbracht, mir auch überlegt, einen Hund, Hühner und einen Esel anzuschaffen, unterließ es aber in einer vorausschauenden Ahnung. Denn das Leben allein auf dem Hof war nicht erfüllend, und ich bereute es schon, mich so früh zurückgezogen zu haben. Eigentlich war ich auf dem Hof isoliert. Da half auch die dumpfe Dorfkneipe nicht. Ich war einer fixen Idee gefolgt und drohte ins Grübeln und in eine Depression zu rutschen, wozu auch die Fernsehnachrichten beitrugen. Einer unseligen Mentalität folgend, befleißigte man sich im deutschen Land, von Krise zu Krise zu eilen. Fast war ich so weit, mir schon am frühen Morgen das Whiskyglas zu füllen. Meine Tabakpfeife stopfte ich unentwegt und hatte sie den ganzen Tag zwischen den Lippen wie ein Baby seinen Schnuller.
Im April hatte ich den Hof gekauft. Anfang November stand ich sinnend vor der Scheune, begutachtete das Dach, auf dem ein paar Schindeln fehlten, und überlegte mir, die erkaltete Pfeife im Mundwinkel, ob ich das überhaupt noch reparieren sollte.
Die Integration in ein ländliches Leben war schwieriger als ich gedacht hatte. Und das deutsche Wetter in diesem November – wie überhaupt immer im November - war alles andere als von südlicher Heiterkeit geprägt. Der Deutsche hockte dann bevorzugt drinnen. Manche vielleicht vor dem Kamin. Die meisten aber vor der Glotze. Mir per Internet weibliche Gesellschaft zu suchen, dazu hatte ich keine Lust. Und für den Rückzug ins Altersheim war es noch zu früh. Ich verbrachte meine Zeit mit Bücher lesen, kleineren Reparaturen an Haus und Hof. Auf einer Wiese, die zum Anwesen gehörten, standen eine paar wilde Apfel-und Birnbäume. Ich erntete die Äpfel und Birnen. Aber nicht, um sie zu essen. Ich unterwarf sie der alkoholischen Gärung, schaffte mir eine Destillationsapparatur an und las mich in dieses chemische Spezialgebiet ein. Auf dem Thermometer der Kühlbrücke beobachtete ich die Temperatur, verwarf die erste Fraktion mit dem niedrigen Siedepunkt, weil es sich um giftigen Methylalkohol handeln konnte. Ich experimentierte auch mit dem Aroma, gab zum Beispiel Zimtstangen hinzu. Das machte zwar Spaß, war aber kein Ersatz für eine Frau.
Überrascht und zugleich froh war ich, als eines Morgens ein Anruf kam und jemand mit einem unüberhörbaren amerikanischen Akzent fragte: “Mr. Krüger?”
“Ja”, sagte ich. “Jan Krüger selbst am Apparat.”
“Oh, well, gut! Ich bin William Jones von Philip Morris. Mr. Krüger, es geht um eine Image-Broschüre. In Santa Cruz errichten wir eine Fabrik, um den Tabak vor Ort verarbeiten zu können.”
“Santa Cruz”, fragte ich. “Welches? Da gibt es viele.”
“In Brasilien. Im Süden. In der Provinz Rio Grande do Sul. Da haben wir unsere Tabakplantagen. Ich bin dort der Manager. Für die Dauer Ihrer Arbeit könnten Sie auf meinem Anwesen wohnen. Da gibt es zwei Häuser. Wir würden uns freuen, wenn Sie den Auftrag annehmen. Wir schätzen die Qualität Ihrer Fotos. Den Vertrag schicke ich Ihnen zur Unterschrift zu. Sie müssten mir nur Ihre Adresse noch nennen.”
“Woher haben Sie eigentlich meine Telefonnummer?” fragte ich.
“Oh, das war nicht schwer. Das Internet vergisst nichts.”
Ich unterschrieb den Vertrag, der nur ein paar Tage später eintraf und recht lukrativ war. Erleichtert, ein stilles und trübsinniges Dorf zu verlassen, verpackte ich meine Ausrüstung in die Fototasche, die ich mit an Bord nehmen würde, streichelte dabei meine Leica und sagte: „Lady, es gibt wieder Arbeit.“
So kam es, dass ich an einem nebligen und nassen Dezembertag nach Amsterdam fuhr, um mit KLM zunächst nach Rio zu fliegen. Von dort würde es mit dem Flieger weitergehen nach Porto Alegre, wo mich Jones abholte ins 150 Kilometer entfernte nordwestlich liegende Santa Cruz. In Brasilien war ich noch nie gewesen, sah mir Südamerika im Atlas an und stellte fest, dass die Entfernungen riesig waren. Brasilien war fast so groß wie Europa. Da war der Flieger das wichtigste Verkehrsmittel. Wer zum Beispiel von Rio nach Porto Alegre wollte, hatte die Wahl zwischen einer 24stündigen Busreise oder einem etwa zweistündigem Flug mit einer der einheimischen Linien.
Der Vertrag war großzügig ausgelegt, sicherte mir zu, mich frei auf den Tabakfeldern und in der Fabrik bewegen zu dürfen. Und großzügig war auch, dass sie mir einen Flug erster Klasse gebucht hatten. Schön fand ich auch das Zugeständnis, vor dem Weiterflug von Rio nach Porto Alegre ein paar Tage in der Stadt am Zuckerhut verweilen zu dürfen. In einem Hotel nur ein paar hundert Meter von der Copacabana entfernt. Ein Zimmer mit Balkon, damit ich meine geliebte Pfeife gemütlich rauchen konnte, ohne dafür nach draußen auf die Straße gehen zu müssen. In den zwei Wochen, die ich noch bis zum Abflug hatte, begann ich mit Hilfe eines Buches `Einstieg ins brasilianische Portugiesisch´ und den zugehörigen CD`s Portugiesisch zu lernen, um wenigstens das Notwendigste sagen zu können. Für kompliziertere Zusammenhänge hatte ich mir einen Translator in Handygröße gekauft. Ich drückte die obere Taste,