Das wundersame Abenteuer des Selim Kalimba - Rüdiger Schneider - E-Book

Das wundersame Abenteuer des Selim Kalimba E-Book

Rüdiger Schneider

0,0

Beschreibung

Weil Selim Kalimba die Lieblingsfrau seines Vaters Arim während dessen Abwesenheit verführt hat, wird er zur Strafe für vier Wochen nach Deutschland geschickt. Damit er endlich sieht, wie gut er es in dem im Himalaya liegenden Zwergstaat Kalimbistan hat und nicht mehr nur auf der faulen Haut liegt, sich mit Datteln und Trauben vollstopft, Tongba- oder Changbier trinkt, Shishoka-Pfeife raucht und sich mit seinen Haremsdamen vergnügt. Mit seinem fliegenden Teppich landet Selim im Garten der Brohler Familie Wagner und erlebt so Einiges, das ihn nachdenklich stimmt.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 64

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



In Tibet und Nepal und überhaupt im Himalaya gibt es noch Wunder. So auch in Kalimbistan, das als autarker Zwergstaat in Nepal dicht an der Grenze zu Tibet liegt. Ein fliegender Teppich ist hier nicht ungewöhnlich, so dass der bislang übliche Hinweis - ‚Personen und Handlung sind frei erfunden, Ähnlichkeiten oder gar Übereinstimmungen mit Namen rein zufällig.‘ – dieses Mal entfallen kann.

Kalimbistan

Palast

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

1

Es war im Jahr 1692, also zweihundert Jahre, nachdem Kolumbus Amerika entdeckt hatte, als Yussuf Kalimba beschloss, aus dem unter niederländischer Verwaltung stehenden Aruba auszuwandern. Aruba gehört zu den Kleinen Antillen, hat ein maritim-tropisches Klima und wäre eigentlich ein Paradies gewesen, hätte es höhere Berge gehabt. Yussuf Kalimba liebte hohe Berge, wollte dem Himmel näher sein, als man es neben mäßigen Hügeln konnte. Unter seiner Führung als Familienoberhaupt war der arabische Clan, der aus zwölf Frauen und drei Männern bestand, vor zwanzig Jahren von Spanien über Santo Domingo nach Aruba gekommen, war im beginnenden Goldrausch rasch reich geworden. Als Yussuf Kalimba eines Tages von den hohen, die Wolken durchstoßenden Gipfeln des Himalaya hörte, beschloss er, 72 geworden, noch einmal auszuwandern und erreichte nach einer beschwerlichen einjährigen Reise auf dem See- und dem Landweg Nepal. Dank der mitgebrachten Kisten voller Gold konnte er an einem majestätischen Bergmassiv an der Grenze zu Tibet einen Streifen Land erwerben, der sich hoch oben den Hang entlangzog. Hier ließ er von den Einwohnern des unten im Tal gelegenen Dorfes einen Palast und ein paar Häuser bauen. Auch kaufte er tiefer gelegene, von den Einheimischen bewirtschaftete Äcker, um nahrungsmäßig unabhängig zu sein. Als man ihm abriet, so zu wohnen, der Weg nach unten sei zu beschwerlich und er schon recht betagt, hatte er nur lässig abgewunken und gesagt:

„Ich bin von oben schneller unten als ihr im Dorf von Haus zu Haus geht.“

Als die kleine Siedlung mit dem Prunkstück des Palastes nach zwei Jahren endlich fertig war, sahen die Einwohner, dass es stimmte. Neben dem Gold und den Frauen besaß Yussuf noch einen weiteren Schatz, und die Menschen im Dorf sahen, dass er eines Tages auf einem Teppich herangeflogen kam. Nun gehört das Magische und scheinbar Irreale zum Alltag der Tibeter und Nepalesen, so dass sie nur anerkennend nickten, sich aber nicht sonderlich verwunderten. Dem Alten und seinem Clan brachte es so viel Verehrung ein, dass er sein kleines Stück Land als eigenen Staat bezeichnen und mit eigener Gesetzgebung behandeln durfte. Yussuf war unbescheiden genug, es nach sich selbst Kalimbistan zu benennen, und es gelang ihm sogar, diplomatische Beziehungen zu Lhasa und Kathmandu zu knüpfen. Ein Glück war auch, dass er mit dem Kauf des Landstreifens eine Goldader, von der bis dahin niemand etwas wusste, im Berg entdeckt hatte. Für viele Generationen, bis zur Gegenwart hin, warf das neben dem Handel, reichlich Gewinn ab.

Als der Alte mit 105 Jahren starb, ging die Regentschaft auf seinen Sohn Abdul über, der den Reichtum des Clans sowie die Anzahl seiner Mitglieder weiter vermehren konnte. Eine der besten Taten Abduls war es, einen Sessellift zum nepalesischen Dorf unten am Hang zu bauen, mit dem sowohl Personen wie auch Waren befördert werden konnten.

Nach Abduls Tod, er war ebenfalls über hundert geworden, kam Ali, der es auf 102 Jahre brachte – wir sind also jetzt schon im Jahr 1930 – und nach Ali gelangte Hakim, der Allweise, auf den Thron im Palast. Siebzig Jahre regierte er, ließ, weil der Clan stetig wuchs, weitere Häuser auf dem schmalen Hangstreifen bauen und übergab das Zepter mit Beginn des neuen Jahrtausends an seinen Sohn Arim.

Arim hielt sich weiter streng an die Gesetzgebung Kalimbistans, die unter anderem besagte, dass Handys, Computer und Fernsehapparate verboten waren.

„Wenn ihr fernsehen wollt“, hatte Arim zu den Männern gesagt, „dann tretet vor euer Haus und guckt euch die schöne Umgebung an. Die sonnenbestrahlten, mit Schnee bedeckten Gipfel, das leuchtende Grün im Tal. Außerdem hat jeder von euch mindestens zwei schöne Frauen, die ihm viel Freude bereiten. Was braucht ihr so leblose, tote Apparate? Die Welt da draußen verdirbt euch nur, wenn ihr damit in Verbindung kommt. Außerdem befindet sich im Palast eine große Bibliothek, die ihr jederzeit benutzen dürft. Ein gutes Buch ist etwas Schönes und Heiliges. Mit seinen Seiten und Buchstaben liegt es sanft in eurer Hand und macht keine Anstalten, euch mit irgendeinem Unsinn, den ihr gar nicht hören oder sehen wollt, zu belästigen.“

Insgesamt, was kulturelle Angelegenheiten betraf, riet er ab vom ‚American Way of Life‘, sagte: „Der Teufel wohnt bei den Amis. Überall mischen sie sich ein, wollen der Welt ihren Stempel aufdrücken mit dem lügnerischen Glanz Hollywoods und einer digitalen Tyrannei. Sie sprechen nur von Profit und Dollars. Die Männer dort müssen monogam leben, leiden unter Monotonie, langweilen sich und versuchen heimliche Wege. Euch geht es also gut. Ihr dürft so viele Frauen haben, wie ihr wollt und ernähren könnt.“

Was an Kurzweil und Unterhaltung erlaubt war, waren Brettspiele, bevorzugt Schach, das Singen, Erzählen und Musizieren und ab und zu wurde eine folkloristische Tanzgruppe aus der Umgebung eingeladen. Die Frauen, waren sie nicht gerade mit einer Geburt beschäftigt, durften an allem teilnehmen und hatten ein erfülltes Leben.

2

Arim selbst hatte zwölf Frauen, darunter eine Französin, die als Touristin in das Dorf gekommen war. Sie hieß Celine und war seine Lieblingsfrau. Sie war 28 Jahre alt, groß, schlank, wunderschön und lachte gerne. Arim, der 32 Jahre älter war, hatte sie bei einem Ausflug ins Dorf kennengelernt und in seinen Palast eingeladen. Sie hatte zunächst den Kopf geschüttelt, nach oben auf die hoch gelegene Siedlung gezeigt und gemeint: „Der Aufstieg ist mir zu beschwerlich und mit eurem wackligen Sessellift fahre ich nicht.“

„Ach was!“ hatte Arim geantwortet, den Teppich, den er zusammengerollt unter den Arm geklemmt hielt, auf dem Boden ausgebreitet. „Komm!“ sagte er und hielt ihr einladend die Hand entgegen. Kaum war sie auf dem Teppich, murmelte Arim etwas. Der Teppich hob sich und Schwupps, ehe sie etwas sagen konnte, ging es durch die Luft in Windeseile nach oben.

Celine war davon so beeindruckt, dass sie blieb und fortan zu seinem Harem dazugehörte.

Den Teppich durfte nur er selbst benutzen und sein ältester Sohn Selim, der allerdings mehr und mehr zur Dekadenz neigte und seinem Vater Sorgen bereitete. Nicht selten betrank er sich unten im Dorf mit Tongba oder Chang, einem aus Milchkorn gebrautem Bier. Auch gab er sich dem Rauchen hin, stopfte sich die Pfeife mit starkem Shishoka-Tabak, der einen Beigeschmack von Zitrone und Holunder hatte. Einmal tauchte er im Palast auch mit einem Handy auf, das er im Dorf einem Einheimischen abgekauft hatte. Als Arim das sah, riss er es ihm aus den Händen, öffnete ein Palastfenster und schleuderte es den Hang hinunter.

„Du machst mir sehr viel Kummer, mein Sohn“, sagte er. „Den lieben langen Tag liegst du auf einem Fell herum, stopfst dich mit Datteln, Trauben und Apfelsinen voll, rauchst dieses fürchterliche Kraut, lässt dich volllaufen mit Tongba und Chang und vernachlässigst gegenüber deinen Frauen deine Pflichten.“

„Es sind ja nur vier“, verteidigte sich der Sohn. „Und außerdem sind sie nicht so hübsch und temperamentvoll wie Celine.“