Dr. Daniel 28 – Arztroman - Marie Francoise - E-Book

Dr. Daniel 28 – Arztroman E-Book

Marie Francoise

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Beschreibung

Dr. Daniel ist eine echte Erfolgsserie. Sie vereint medizinisch hochaktuelle Fälle und menschliche Schicksale, die uns zutiefst bewegen – und einen Arzt, den man sich in seiner Güte und Herzlichkeit zum Freund wünscht. »Mensch, Sandra, was glaubst du, wer eben hier im Hotel abgestiegen ist?« fragte Renate Gessner aufgeregt.   Sandra Meinecke zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Der Bundespräsident?«   Renate lachte. »Quatsch! Was würde der Bundespräsident hier auf Ibiza wohl anfangen?«   »Auch ein Bundespräsident hat Gefühle«, meinte Sandra mit einem schelmischen Grinsen. »Jetzt sag endlich – wer ist denn hier abgestiegen?«   »Ein Fürst!« erklärte Renate in triumphierendem Tonfall. »Und zwar einer von der Sorte, die sich noch nicht im Greisenalter bewegen.«   Uninteressiert zuckte Sandra die Schultern. »Na und?«   »Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?« fragte Renate fassungslos. »Sandra, hier im Hotel wohnt ein echter Fürst!«   Doch Sandra winkte ab. »Ach, weißt du, Reni, ich war noch nie der Typ, der auf einen Märchenprinzen gewartet hat. Was ist an einem Fürsten schon anders als an jedem anderen Mann?«   »Eigentlich gar nichts«, antwortete Renate. »Abgesehen von der Kleinigkeit, daß er auf einem Schloß wohnt, zig Bedienstete hat und in Geld nur so schwimmt.«   »Woher willst du das wissen? Vielleicht gehört er ja zum verarmten Adel.«   »Schau ihn dir an«, riet Renate. »Dann siehst du, daß er alles andere als verarmt ist.« Sie seufzte schwärmerisch. »Er ist ein Bild von einem Mann.«   »Und hat zu Hause eine Fürstin sitzen«, ergänzte Sandra trocken. »Mensch, Reni, hör auf zu träumen. Fürsten, die bürgerliche Mädchen heiraten, gibt's doch nur in Romanen.«   »Wer spricht denn gleich vom Heiraten?« entgegnete Renate. »Der liebe Fürst ist nicht in weiblicher Begleitung, und für die Dauer unseres Urlaubs wäre ich einem kleinen Flirt nicht abgeneigt? Wer hat schon mal das Vergnügen mit einem Fürsten?«   Sandra

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Dr. Daniel – 28 –

Im Urlaub glaubte sie ans Glück

Marie Francoise

»Mensch, Sandra, was glaubst du, wer eben hier im Hotel abgestiegen ist?« fragte Renate Gessner aufgeregt.

  Sandra Meinecke zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Der Bundespräsident?«

  Renate lachte. »Quatsch! Was würde der Bundespräsident hier auf Ibiza wohl anfangen?«

  »Auch ein Bundespräsident hat Gefühle«, meinte Sandra mit einem schelmischen Grinsen. »Jetzt sag endlich – wer ist denn hier abgestiegen?«

  »Ein Fürst!« erklärte Renate in triumphierendem Tonfall. »Und zwar einer von der Sorte, die sich noch nicht im Greisenalter bewegen.«

  Uninteressiert zuckte Sandra die Schultern. »Na und?«

  »Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?« fragte Renate fassungslos. »Sandra, hier im Hotel wohnt ein echter Fürst!«

  Doch Sandra winkte ab. »Ach, weißt du, Reni, ich war noch nie der Typ, der auf einen Märchenprinzen gewartet hat. Was ist an einem Fürsten schon anders als an jedem anderen Mann?«

  »Eigentlich gar nichts«, antwortete Renate. »Abgesehen von der Kleinigkeit, daß er auf einem Schloß wohnt, zig Bedienstete hat und in Geld nur so schwimmt.«

  »Woher willst du das wissen? Vielleicht gehört er ja zum verarmten Adel.«

  »Schau ihn dir an«, riet Renate. »Dann siehst du, daß er alles andere als verarmt ist.« Sie seufzte schwärmerisch. »Er ist ein Bild von einem Mann.«

  »Und hat zu Hause eine Fürstin sitzen«, ergänzte Sandra trocken. »Mensch, Reni, hör auf zu träumen. Fürsten, die bürgerliche Mädchen heiraten, gibt’s doch nur in Romanen.«

  »Wer spricht denn gleich vom Heiraten?« entgegnete Renate. »Der liebe Fürst ist nicht in weiblicher Begleitung, und für die Dauer unseres Urlaubs wäre ich einem kleinen Flirt nicht abgeneigt? Wer hat schon mal das Vergnügen mit einem Fürsten?«

  Sandra mußte lachen. »Du bist unverbesserlich, Reni. Glaubst du denn allen Ernstes, der Bursche würde ausgerechnet auf dich warten?«

  »Wer weiß?« meinte Renate nur. »Einen Versuch ist es allemal wert.«

*

  Diesen Versuch startete Renate bereits am selben Abend. Als sie zusammen mit ihrer Freundin das hoteleigene Restaurant betrat und den jungen Fürsten an einem ruhigen Ecktisch sitzen sah, steuerte sie sofort den Nebentisch an.

  »Na? Habe ich zuviel versprochen?« flüsterte sie Sandra zu.

  Unauffällig betrachtete Sandra den jungen Mann. Obwohl er saß, konnte man seine stattliche Größe erahnen. Das markante braungebrannte Gesicht und das kurzgeschnittene tiefschwarze Haar ließen an einen Südländer denken, doch im krassem Gegensatz dazu standen die strahlend blauen Augen. Er war in der Tat ein äußerst gutaussehender Mann.

  »Du hast recht«, urteilte Sandra. »Er sieht tatsächlich umwerfend aus.«

  Renate grinste herausfordernd. »Wollen wir losen, wer sein Glück bei ihm versuchen darf?«

  Doch Sandra schüttelte den Kopf. »Da habe ich eine viel bessere Idee. Wetten wir doch einfach. Wer ihn als erste herumkriegt, darf sich am letzten Abend freihalten lassen.«

  »Freie Auswahl des Lokals?« wollte Renate wissen.

  Sandra nickte. »Selbstverständlich.« Sie grinste. »Ich schätze, eine von uns beiden wird sich da in ernsthafte Unkosten stürzen müssen.«

  Renate sah sich unauffällig in dem Restaurant um und bemerkte, wie viele der anwesenden Damen dem jungen Fürsten begehrliche Blicke zuwarfen.

  »Glaubst du denn, daß eine von uns das Rennen machen wird?« wollte sie wissen. »So wie ich es sehe, haben wir gegen eine Menge Konkurrenz zu kämpfen.«

  »Eingebildet bist du ja gar nicht, liebe Freundin«, urteilte Renate lachend, dann streckte sie die Hand über den Tisch. »Also, die Wette gilt. Ab morgen ist der gute Fürst vor uns nicht mehr sicher.«

*

  Die Sprechstunde in der Praxis von Dr. Robert Daniel hatte gerade angefangen, als aus der Steinhausener Waldsee-Klinik ein alarmierender Anruf kam. Der Chefarzt Dr. Wolfgang Metzler war persönlich am Apparat.

  »Schlechte Nachrichten, Ro-bert«, erklärte er ohne große Umschweife. »Eine Patientin von dir wurde gerade mit starken Blutungen eingeliefert. Elke Berger.«

  Dr. Daniel schloß sekundenlang die Augen. »O Gott, nein, nicht schon wieder.« Dann stand er auf. »Ich komme sofort, Wolfgang.«

  »Das war mir schon klar«, meinte Dr. Metzler. »Aber ich fürchte, da ist nichts mehr zu machen. Alena und Gerrit kümmern sich gerade um die Frau.«

  Dr. Daniel nickte, obwohl sein Freund das nicht sehen konnte. »Ich komme trotzdem.«

  Er legte den Hörer auf, zog seinen weißen Kittel aus und verließ das Ordinationszimmer.

  »Fräulein Sarina«, sprach er seine junge Sprechstundenhilfe an. »Ich muß rasch in die Waldsee-Klinik. Frau Berger wurde gerade eingeliefert.«

  »O nein«, entfuhr es Sarina von Gehrau, und dann wiederholte sie unwissentlich die Worte ihres Chefs. »Nicht schon wieder. Die arme Frau…«

  »Ich fürchte, diese zweite Fehlgeburt gibt ihr den Rest«, meinte Dr. Daniel mit einem tiefen Seufzer. »Nach allem, was Dr. Metzler gesagt hat, dürfte es kaum Hoffnung geben, daß man die Fehlgeburt noch verhindern kann.«

  »Das ist ja schrecklich«, flüsterte Sarina. »Dabei sehnt sie sich doch so nach einem Baby.«

  Dr. Daniel warf einen Blick auf die Uhr. »Ich werde mich zwar beeilen, trotzdem möchte ich Sie bitten, den anwesenden Patientinnen Bescheid zu sagen, daß es ein bißchen dauern wird.«

  Sarina nickte. »Geht in Ordnung, Herr Doktor.« Sie schwieg kurz. »Vielleicht gelingt es Ihnen ja, Frau Berger das Baby doch noch zu erhalten.«

  »Ja, vielleicht«, murmelte Dr. Daniel, aber er war in dieser Hinsicht nicht sehr zuversichtlich. Elke Berger war jetzt in der elften Schwangerschaftswoche. Genauso war es bei ihrer ersten Fehlgeburt auch gewesen, und damals war es so schnell gegangen, daß es für Dr. Daniel nichts anderes zu tun gegeben hatte, als eine Ausschabung vorzunehmen, damit wenigstens die Gefahr einer Infektion gebannt werden konnte. Anscheinend würde es heute nicht viel anders sein.

  Mit diesen trüben Gedanken betrat Dr. Daniel wenig später die Waldsee-Klinik, deren Direktor er war. Bereits in der Eingangshalle kam ihm der Oberarzt Dr. Gerrit Scheibler entgegen.

  »Robert, gut, daß Sie da sind«, meinte er. »Frau Berger verlangt ganz dringend nach Ihnen.«

  Forschend sah Dr. Daniel ihn an. »Und?«

  Bedauernd schüttelte Dr. Scheibler den Kopf. »Keine Chance. Sie hat das Baby bereits auf dem Weg zur Klinik verloren. Alena wollte eine Ausschabung vornehmen, aber Frau Berger besteht darauf, vorher mit Ihnen zu sprechen.«

  Dr. Daniel nickte. »Dann gehe ich jetzt mal zu ihr.«

  Blaß und schmal lag die junge Frau in dem kleinen Operationssaal der Gynäkologie. Frau Dr. Alena Kern, die Frauenärztin der Klinik, stand neben ihr, hielt ihre Hand und sprach tröstend auf sie ein, doch damit hatte sie anscheinend nicht viel Erfolg, denn Elke Bergers Gesicht war tränenüberströmt. Jetzt bemerkte sie Dr. Daniel und streckte wie bittend beide Hände aus. Rasch trat er zu ihr, während sich Alena diskret zurückzog.

  »Herr Doktor, warum?« stieß Elke schluchzend hervor. »Ich hatte mich doch so auf das Kind gefreut.«

  »Ich weiß, Frau Berger«, brachte Dr. Daniel ein wenig mühsam hervor, weil er selbst mit dieser armen Frau litt. »Ich will ganz ehrlich sein – im Augenblick fehlen mir wirklich die Worte. Ich weiß nicht, wie ich Sie jetzt trösten könnte.«

  »Für mich gibt es auch keinen Trost«, flüsterte Elke niedergeschlagen.

  »Weiß Ihr Mann schon Bescheid?« wollte Dr. Daniel wissen.

  Elke schüttelte den Kopf. »Es ging ja alles so schnell.« Sie legte eine Hand vor ihr Gesicht und schluchzte qualvoll auf. »Ich… ich hatte doch nur ein bißchen Bauchschmerzen… und dann… dann kam das viele Blut…«

  Die Worte und vor allem der Ton, in dem sie gesprochen wurden, schnitten Dr. Daniel ins Herz. Er warf einen vorsichtigen Blick auf die Uhr. Sein Wartezimmer würde bestimmt schon aus allen Nähten platzen, aber er brachte es einfach nicht über sich, Elke jetzt allein zu lassen. Schon unter der ersten Fehlgeburt vor einem halben Jahr hatte sie so entsetzlich gelitten, und nun mußte sie das Ganze noch einmal durchmachen.

  »Ich weiß, wie grausam es für Sie klingen muß, Frau Berger«, erklärte Dr. Daniel leise. »Aber ich muß unbedingt eine Ausschabung vornehmen. Schließlich wollen wir ja eine Infektion vermeiden, nicht wahr?«

  Elke nickte tapfer. »Tun Sie, was Sie tun müssen, Herr Doktor.« Doch als er aufstand, um der Anästhesistin Dr. Erika Metzler Bescheid zu sagen, hielt sie ihn noch einmal fest. »Seien Sie ehrlich, Herr Doktor, werde ich jemals ein Kind bekommen können?«

  Da setzte sich Dr. Daniel wieder und ergriff tröstend ihre Hand.

  »Ja, Frau Berger, da bin ich ganz sicher«, meinte er. »Und bei der nächsten Schwangerschaft werden wir noch vorsichtiger zu Werke gehen. Sobald Sie die ersten Anzeichen spüren, werden Sie strikte Bettruhe halten, bis die ersten drei Monate überstanden sind. Diese Phase der Schwangerschaft birgt die größte Gefahr einer Fehlgeburt, aber vielleicht können wir dem ja durch strikte Bettruhe vorbeugen.«

  Elke nickte. »Horst und ich… wir möchten so gern ein Baby, und… wir würden alles dafür tun.«

  »Das werden wir auch«, versprach Dr. Daniel mit Nachdruck. »Verlassen Sie sich darauf, Frau Berger.«

*

  Sandra Meinecke merkte sehr schnell, daß sie sich etwas Besonderes überlegen mußte, wenn sie ihre Wette gegen Renate gewinnen wollte – und nicht nur gegen sie. Der junge Fürst war bei der holden Weiblichkeit, die sich hier im Hotel und auch am Strand aufhielt, anscheinend heiß begehrt, aber zumindest bisher hatte er offenbar an keiner der ihn umschwirrenden Damen Gefallen gefunden.

  Wie stehen die Aktien?« wollte Renate beim Abendessen denn auch schon wissen.

  Sandra grinste. »Das weißt du doch selbst am besten.«

  »Leider«, seufzte Renate. »Ich glaube fast, der Junge findet an Frauen überhaupt kein Interesse.«

  »Abwarten«, meinte Sandra und überlegte dabei schon, wie sie es bewerkstelligen könnte, die Aufmerksamkeit des Fürsten zu erringen. Mit den üblichen Waffen einer Frau konnte man bei ihm nichts erreichen, soviel war jetzt schon sicher.

  Was Sandra an diesem Abend dann zu Hilfe kam, war der pure Zufall. Sie hatte sich auf ihrem Zimmer umgezogen und kam nun in einem eleganten Cocktailkleid die Treppe herunter. Waren es die Sandalen mit den hohen Absätzen, oder war es die Überraschung, daß ihr der junge Fürst in diesem Moment entgegenkam? Sanda hätte es später nicht mehr sagen können. Jedenfalls stolperte sie auf der Treppe, knickte mit einem Fuß um und stürzte die letzten beiden Stufen hinunter. Im nächsten Augenblick wurde ihr eine helfende Hand gereicht, und eine tiefe, warme Stimme fragte: »Haben Sie sich verletzt?«

  Sandra sah auf und direkt in zwei strahlendblaue Augen hinein. Es war ein Blick, der sie mitten ins Herz traf, und im selben Moment war die Wette, die sie mit Renate abgeschlossen hatte, vergessen.

  »Nein…, nein, ich glaube nicht«, stammtel sie.

  Der junge Mann half ihr beim Aufstehen und hielt sie auch noch, als sie den ersten Schritt wagte, aber sie schien sich tatsächlich nicht verletzt zu haben.

  »Sie sollten vielleicht auf etwas niedrigere Absätze umsteigen«, meinte der Fürst mit einem leichten Schmunzeln.

  Seine Stimme und die Berührng seiner Hand, mit der er sie noch immer leicht stützte, ließen ihren ganzen Körper vibrieren. So etwas hatte sie noch niemals erlebt.

  »Darf ich Sie auf diesen Schrecken hin vielleicht zu einem Glas Sangria einladen?« fragte der Fürst lächelnd.

  »Ja, gern«, antwortete Sandra und war froh, daß ihre Stimme so klang wie immer. Im ersten Augenblick hatte sie schon befürchtet, es würde lediglich ein heiseres Krächzen herauskommen.

  Der junge Mann begleitete sie auf die Terrasse und bestellte einen Krug Sangria, der bald darauf mit den traditionellen Orangen- und Zitronenscheiben serviert wurde.

  »Gestatten Sie, daß ich mich vorstelle«, erklärte er, als sich der Ober wieder entfernt hatte. »Ich bin Fürst Guido von Lichtenfels.«

  Obwohl Sandra natürlich gewußt hatte, daß er ein Adliger war, zog sie jetzt doch anerkennend die Augenbrauen hoch.

  »Ein echter Fürst steigt in einem Hotel für normal Sterbliche ab?« fragte sie kokett. »Damit hätte ich nicht gerechnet.«

  Fürst Guido lachte. »Eben deswegen. Ich möchte ein einziges Mal Urlaub machen, ohne ständig hofiert zu werden. Deshalb habe ich hier auch ausdrücklich darum ge-beten, in der Anrede auf meinen Adelstitel zu verzichten.«

  »Wie spricht man jemanden wie Sie denn korrekt an?« wollte San-dra wissen.

  »Offiziell mit ›Durchlaucht‹«, antwortete er. »Aber ich flehe Sie inständig an, auf dieses schreckliche Wort zu verzichten. Es genügt vollkommen, wenn ich zu Hause ständig damit bombardiert werde.«

  Der junge Fürst wurde Sandra von Minute zu Minute sympathischer, und der Gedanke an die Wette, die sie mit Renate abgeschlossen hatte, rückte für sie in immer weiterer Ferne. Es machte ihr einfach Spaß, sich mit ihm zu unterhalten. Nur ihr ständiges, ziemlich heftiges Herzklopfen störte sie ein bißchen. Warum konnte sie sich in Guidos Gegenwart denn nicht entspannen? Sie war doch sonst nicht so leicht entflammbar, wenn ein gutaussehender Mann auftauchte.

  Noch während sie das dachte, spürte sie, daß Guido nicht einfach nur gutaussehend war. Er besaß

Charme, ohne dabei aufdringlich zu wirken, und darüber hinaus hatte er ein sehr einnehmendes Wesen. Man mußte ihn einfach gern haben, auch wenn man ihn noch so gut wie gar nicht kannte.

  »Was macht ein Fürst eigentlich beruflich?« wollte Sandra jetzt wissen. »Ich meine, Sie sprachen vorhin von Urlaub, und so etwas hat man ja eigentlich nur, wenn man auch berufstätig ist.« Sie zeigte ein schelmisches Lächeln. »Es sei denn, Sie haben das ganze Jahr Urlaub.«

  Auch Guido lächelte nun. »Nein, so schön habe ich es leider auch nicht. In nenne einen herrschaftlichen Besitz mein eigen, und der will verwaltet werden. Daneben betreibe ich eine große Pferdezucht und – wie es sich für einen echten Bayern gehört – auch eine gutgehende Brauerei.«

  »Das ist ja ganz beachtlich«, urteilte Sandra. »Da kann ich natürlich nicht mithalten. Ich bin schlicht und einfach Steuergehilfin.«

  »Und Sie haben sich noch nicht vorgestellt«, fügte Guido hinzu.

  Unwillkürlich errötete Sandra. »So unhöflich bin ich normalerweise nicht, aber ich glaube, Ihr Fürstentitel hat mich zu sehr geschockt. Ich heiße Sandra Meinecke.«

  »Sandra«, wiederholte Guido. »Das ist ein sehr schöner Name.« Und mit einem charmanten Lächeln fügte er hinzu: »Er paßt zu Ihnen.«

  Wieder errötete Sandra ein wenig. »Danke für das Kompliment. Ich fürchte, Sie sind ein rechter Herzensbrecher.«

  »Ganz und gar nicht«, wehrte Guido ab. »Normalerweise bin ich eher schüchtern, und in Tourismuszentren wie hier auf Ibiza bin ich doppelt vorsichtig. Die meisten, die hier Urlaub machen, sind doch nur auf einen kurzen Urlaubsflirt aus – und das gilt sowohl für Männer als auch für Frauen.«

  »Heißt das, daß Sie nicht zu dieser Sorte gehören?«

  »Ganz bestimmt nicht«, bekräftigte Guido. »Für mich ist die Liebe nicht nur ein Spiel. Sie ist ein sehr wertvolles Gefühl, das man meiner Meinung nach nicht an jeden x-beliebigen Menschen verschenken sollte.« Er lächelte, doch es wirkte fast ein wenig wehmütig. »Deshalb bin ich auch noch immer ungebunden. Bisher habe ich die Frau, mit der ich ein ganzes Leben teilen möchte, noch nicht getroffen.« Er seufzte leise. »Wobei das in meiner Position ohnehin überaus schwierig ist. Schließlich weiß ich nie, ob ich um meiner selbst willen geliebt werde oder nur wegen des Titels und des Reichtums, die hinter mir stehen.«

  Bei diesen Worten empfand Sandra auf einmal Mitleid mit dem Fürsten. Und plötzlich schämte sie sich, weil sie ihrer Freundin diese Wette überhaupt vorgeschlagen hatte. Guido war ein viel zu anständiger Mensch, als daß er wie ein Preis ausgehandelt werden durfte, den es zu gewinnen gab.

  Genau das sagte sie am Abend auch zu ihrer Freundin, doch Renate schüttelte nur den Kopf.

  »Nein, mein liebes Mädchen, so einfach mache ich es dir nicht«, entgegenete sie. »Du magst im Moment zwar im Vorteil sein, aber vielleicht gelingt es mir ja noch, dir den schönen Fürsten auszuspannen, bevor er dich zum ersten Mal geküßt hat.« Prüfend sah sie Sandra an. »Oder empfindest du plötzlch etwas mehr für ihn?«

  »Quatsch«, wehrte Sandra sofort ab, dabei sagte ihr Herz schon jetzt, nach diesen wenigen Stunden, die sie mit Guido verbracht hatte, etwas völlig anderes.

*

  Schon am nächsten Morgen begegneten sich Sandra und Guido wieder, und wie beim ersten Mal spürte Sandra ihr Herz beinahe schmerzhaft schlagen.

  Ich kann mich doch nicht in ihn verlieben, dachte sie verzweifelt. Er ist ein Fürst… ein Adliger. Und ich? Was bin ich schon gegen ihn?

  »Guten Morgen, Sandra.«