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Dr. Robert Daniel ist ein versierter, erfahrener, jederzeit hilfsbereiter Arzt, dessen Beliebtheit keine Grenzen kennt. Seine fachliche Kompetenz zwingt ihn regelrecht dazu, Direktor der neuen Waldsee-Klinik zu werden. Er erobert die Herzen seiner Patientinnen im Sturm – gelegentlich sogar mehr, als ihm lieb ist, denn er ist ein attraktiver Mann in den besten Jahren. Viel zu früh ist er zum Witwer geworden. Wird er einmal eine Frau kennenlernen, mit der er noch einmal von vorn beginnt? Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Arztromanen interessiert: medizinisch hochaktuelle Fälle, menschliche Schicksale, die uns zutiefst bewegen. Saskia Hamann lief die Kür ihres Lebens. Sie setzte die Musik in pure Bewegung um und schwebte über das Eis, als sei sie schwerelos. Momente des Verweilens führten zu Höchstschwierigkeiten, verbunden von graziösen Linien. Der dreifache Rittberger kam kraftvoll und elegant zugleich, war ein Spiegel ihres unvergleichlichen Könnens. Publikum und Preisrichter hielten buchstäblich den Atem an. Neben ihr verblassten alle Konkurrentinnen, und da Saskia schon gestern für die Kurzkür die höchste Wertung bekommen hatte, war klar, dass sie mit dieser unvergleichlichen Vorstellung nur noch sich selbst schlagen konnte. Für diese Darbietung, die an Perfektion und Grazie nicht zu überbieten war, konnte es eigentlich nur die Goldmedaille geben. Obwohl Saskia wußte, wie gut sie bei dieser Olympiade gewesen war, wartete sie nun doch mit klopfendem Herzen an der Seite ihrer Trainerin Mathilde Seiler auf die Wertung, dann riss sie mit einem glücklichen Jauchzen beide Arme hoch, ehe sie Mathilde um den Hals fiel. »Gold!« jubelte sie. »Ich hab's tatsächlich geschafft!« Sie löste sich von Mathilde und fuhr aufs Eis zurück, wo sie von der applaudierenden Menge begrüßt wurde. Sie lachte und winkte, fing die Blumen und Teddybären auf, die ihr zugeworfen wurden, und kehrte dann wieder zu ihrer Trainerin zurück. Hier wartete inzwischen auch ihr ältester Bruder Andreas, der zur Skispringer-Mannschaft gehörte und für Deutschland eine Silbermedaille geholt hatte. »Komm her, Gold-Mädchen!« rief er strahlend und wirbelte seine Schwester herum, dann küsste er sie links und rechts auf die Wange. »Andy, ich bin der glücklichste Mensch der Welt!« Stieß Saskia hervor, bevor sie unvermittelt in Tränen ausbrach. Liebevoll umarmte Andreas seine Schwester und begleitete sie zum Siegerpodest. Dann stand sie da oben, die Goldmedaille wurde ihr umgehängt, sie nahm Gratulationen entgegen, und als die deutsche Nationalhymne gespielt wurde, liefen wieder Tränen über ihre Wangen.
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Seitenzahl: 112
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Saskia Hamann lief die Kür ihres Lebens. Sie setzte die Musik in pure Bewegung um und schwebte über das Eis, als sei sie schwerelos. Momente des Verweilens führten zu Höchstschwierigkeiten, verbunden von graziösen Linien. Der dreifache Rittberger kam kraftvoll und elegant zugleich, war ein Spiegel ihres unvergleichlichen Könnens.
Publikum und Preisrichter hielten buchstäblich den Atem an. Neben ihr verblassten alle Konkurrentinnen, und da Saskia schon gestern für die Kurzkür die höchste Wertung bekommen hatte, war klar, dass sie mit dieser unvergleichlichen Vorstellung nur noch sich selbst schlagen konnte. Für diese Darbietung, die an Perfektion und Grazie nicht zu überbieten war, konnte es eigentlich nur die Goldmedaille geben.
Obwohl Saskia wußte, wie gut sie bei dieser Olympiade gewesen war, wartete sie nun doch mit klopfendem Herzen an der Seite ihrer Trainerin Mathilde Seiler auf die Wertung, dann riss sie mit einem glücklichen Jauchzen beide Arme hoch, ehe sie Mathilde um den Hals fiel.
»Gold!« jubelte sie. »Ich hab’s tatsächlich geschafft!«
Sie löste sich von Mathilde und fuhr aufs Eis zurück, wo sie von der applaudierenden Menge begrüßt wurde. Sie lachte und winkte, fing die Blumen und Teddybären auf, die ihr zugeworfen wurden, und kehrte dann wieder zu ihrer Trainerin zurück. Hier wartete inzwischen auch ihr ältester Bruder Andreas, der zur Skispringer-Mannschaft gehörte und für Deutschland eine Silbermedaille geholt hatte.
»Komm her, Gold-Mädchen!« rief er strahlend und wirbelte seine Schwester herum, dann küsste er sie links und rechts auf die Wange.
»Andy, ich bin der glücklichste Mensch der Welt!« Stieß Saskia hervor, bevor sie unvermittelt in Tränen ausbrach.
Liebevoll umarmte Andreas seine Schwester und begleitete sie zum Siegerpodest. Dann stand sie da oben, die Goldmedaille wurde ihr umgehängt, sie nahm Gratulationen entgegen, und als die deutsche Nationalhymne gespielt wurde, liefen wieder Tränen über ihre Wangen.
Sie hatte es geschafft. Mit ihren neunzehn Jahren hatte sie jetzt schon alles erreicht, was man als Eiskunstläuferin erreichen konnte. Vor drei Jahren war sie Europameisterin geworden, vor einem Jahr Weltmeisterin und nun hatte sie bei den Olympischen Spielen die Goldmedaille bekommen. Spätestens jetzt war sie anerkanntermaßen die beste Eiskunstläuferin der Welt. Das Glücksgefühl, das sie empfand, drohte ihr die Brust zu sprengen.
Dann waren auch die Hymnen der Zweit- und Drittplatzierten gespielt worden, alle drei Mädchen hatten strahlend und winkend den Applaus entgegengenommen, den sie sich redlich verdient hatten, und kehrten schließlich in ihre Garderoben zurück.
Hier wartete Andreas wieder auf seine Schwester. Glücklich lehnte sich Saskia an ihn. Es bedeutete ihr so unheimlich viel, dass Andreas ihren Triumph miterlebt hatte.
»Saskia, was werden Sie jetzt tun?«
Im Nu waren Saskia und Andreas von zahlreichen Reportern umringt, die offenbar nur darauf gewartet hatten, die berühmte Eiskunstläuferin hier vor der Garderobe zu interviewen. Blitzlichter flammten auf und etliche Mikrofone wurden ihr entgegengehalten.
»Spätestens jetzt steht Ihnen doch der Weg in die ganze Welt offen«, fügte ein anderer hinzu. »Die Eisrevuen werden sich nur so um Sie reißen.«
»Ich weiß noch nicht, was ich tun werde«, antwortete Saskia beinahe schüchtern, obwohl sie den Rummel um ihre Person inzwischen gewöhnt war. Trotzdem fühlte sie sich inmitten dieser Reporter manchmal noch so unsicher. »Zuerst werde ich mich wohl einfach nur über meine Goldmedaille freuen und dann … nun ja, ein bisschen. ausspannen … Urlaub machen. Danach …« Sie zuckte lächelnd die Schultern. »Es wird schon irgendwie weitergehen.«
»Sie stehen auf dem Höhepunkt Ihrer Karriere. Werden Sie versuchen, Ihre Titel zu verteidigen, oder wollen Sie lieber in einer Eisrevue mehr Geld verdienen?«
»Darüber werde ich entscheiden, wenn es soweit ist«, entgegnete Saskia vage – zum einen, weil sie sich im Moment wirklich noch nicht vorstellen konnte, wie ihre Zukunft aussehen würde, zum anderen, weil die grundsätzlichen Entscheidungen darüber ohnehin von ihrer Trainerin getroffen wurden. »Im Augenblick bin ich einfach nur glücklich. Ich habe alles erreicht, aber … ja, vielleicht stelle ich mich dem Wettbewerb ein zweites Mal. Ich bin erst neunzehn. Die nächste Olympiade wäre für mich sicher ein Ziel, das ich noch erreichen könnte.«
Weitere Fragen wurden gestellt, bis sich ein Reporter schließlich Andreas zuwandte.
»Über dem großen Erfolg Ihrer Schwester wird beinahe vergessen, dass auch Sie für Deutschland eine Medaille gewonnen haben«, meinte er, stellte seine Frage aber dann doch in einer anderen Richtung. »Sind Sie stolz auf Saskia?«
»Unsagbar stolz sogar!« bekräftigte Andreas und drückte das junge Mädchen liebevoll an sich. »Saskia war schon immer das Goldstück unserer Familie, aber jetzt …«
Es gelang Andreas nicht mehr, den Satz zu beenden, denn nun meldete sich eine Journalistin zu Wort, deren eisiger Blick bereits verriet, dass sie den Geschwistern nicht so wohlgesonnen war. Andreas kannte auch den Grund dafür. Zwischen ihm und dieser Journalistin hatte es vor Jahren eine kurze Affäre gegeben. Sie hatte die Unerfahrenheit des damals gerade achtzehnjährigen Skispringers ausgenutzt und ihn verführt. Als Andreas Schluss mit ihr gemacht hatte, hatte sie geschworen, ihn diese Schmach irgendwann heimzuzahlen. Sollte sie ihre Drohung jetzt wahr machen?
»Böse Zungen behaupten, Sie würden für Ihre Schwester mehr als nur Bruderliebe empfinden«, erklärte sie dann auch schon in provozierendem Ton.
Augenblicklich wurde es so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Sogar das Blitzlichtgewitter kam sekundenlang zum Stillstand.
»Wenn man Sie beide so betrachtet, könnte man auch wirklich eher auf den Gedanken kommen, man habe ein Liebespaar vor sich«, setzte die Journalistin noch eins drauf.
Andreas hielt ihrem eisigen Blick stand. »Ist es etwa falsch, sich mit seiner Schwester gut zu verstehen?« Er sah in die Runde der sensationslüsternen Reporter, die nur darauf zu warten schienen, dass er sich mit einem Blick oder einer Geste verriet.
»Ich habe noch drei Brüder, mit denen ich mich ebenfalls ausgezeichnet verstehe«, fuhr Andreas fort, »aber Saskia ist nun mal das einzige Mädchen in unserer Familie, noch dazu das Nesthäkchen. Da ist es doch nur natürlich, dass wir sie alle verwöhnen und … ja, wir lieben sie. Wir alle lieben unsere Schwester, und sie wird immer unsere Kleine bleiben – auch wenn sie einmal achtzig ist und am Krückstock gehen muss.«
Seine Worte entspannten die Situation. Die meisten Reporter mussten lachen, es wurde auch wieder fotografiert, nur die Journalistin schaute drein wie der Teufel höchstpersönlich. Sie hatte offenbar gehofft, Andreas mit ihrer bösen Frage an einem wunden Punkt zu treffen.
Jetzt entschuldigte sich das Geschwisterpaar und betrat die Garderobe.
Saskia atmete tief auf. »Das war vielleicht ein Biest. Dir eine solche Frage zu stellen.« Fassungslos schüttelte sie den Kopf.
Andreas blickte zu Boden. »Sie wollte sich nur rächen.«
Saskia legte den Kopf ein wenig schräg. »Du kennst sie also?«
Andreas nickte. »Es gab da mal was …« Er winkte ab. »Längst vorbei und ohne jede Bedeutung.«
»Ach so«, murmelte Saskia und konnte sich den leise ziehenden Schmerz, den sie dabei empfand, gar nicht so recht erklären. Andreas war doch nur ihr Bruder, und irgendwann würde er sich verlieben und heiraten – genauso wie Phillip und Gerd.
Saskia war fünfzehn gewesen, als ihre beiden Brüder kurz nacheinander geheiratet hatten, und sie erinnerte sich noch, wie schön die beiden Hochzeiten gewesen waren und wie sehr sie sich mit ihren Brüdern über deren Glück gefreut hatte.
Allerdings wußte sie auch, dass es bei Andreas anders sein würde. Seine Hochzeit wäre für sie bestimmt kein Freudentag – ganz im Gegenteil. Schon heute fürchtete sie sich davor, dass sie in Andreas’ Leben einmal keine Hauptrolle mehr spielen könnte.
*
Dr. Robert Daniel interessierte sich eigentlich kaum fürs Eiskunstlaufen. Er selbst war begeisterter Skifahrer und bevorzugte auch im Fernsehen Abfahrtslauf, Slalom oder Skispringen, doch wenn eine junge Steinhausenerin an den Olympischen Spielen teilnahm, war es für Dr. Daniel natürlich Ehrensache, sich ihre Darbietungen anzusehen. Was Saskia Hamann dann auf dem Eis zeigte, war auch tatsächlich ein wahrer Augenschmaus.
»So möchte ich Schlittschuh laufen können«, schwärmte die sechsjährige Tessa, die sich ganz nah an Dr. Daniel gekuschelt hatte – glücklich, weil sie ihren Papa endlich einmal einen ganzen Nachmittag für sich hatte, auch wenn er in der vergangenen Stunde vor dem Fernsehapparat gesessen hatte. Aber er hatte ihr schon versprochen, nach dieser Darbietung mit ihr zum Spielplatz zu gehen.
»Wenn du das könntest, Tessalein, dann wärst du sehr be-rühmt«, meinte Dr. Daniel schmunzelnd.
Tessa seufzte verträumt. »Es ist bestimmt wundervoll, so berühmt zu sein.«
»Ich weiß nicht recht«, wandte Dr. Daniel ein, während er zusah, wie Saskia scheinbar mühelos einen Doppel-Axel sprang. »Wenn Saskia wieder zu Hause ist, kannst du sie ja mal fragen, ob es schön ist, berühmt zu sein.«
Tessa nickte eifrig. »Das mache ich ganz bestimmt.«
Jetzt trat Dr. Daniels Frau Manon ins Wohnzimmer. »Läuft Saskia schon?«
Dr. Daniel nickte. »Sie ist wirklich erstklassig. Wenn das keine Goldmedaille gibt, dann …«
»Also, Robert, warum sagst du mir das nicht eher?« fiel Manon ihm vorwurfsvoll ins Wort. »Ich hätte Saskia auch gern von Anfang an gesehen. Vorhin habe ich dir extra noch gesagt, dass du mich rufen sollst, wenn sie dran ist.«
Dr. Daniel machte ein zerknirschtes Gesicht, aber bevor er zu einer Verteidigung ansetzen konnte, mischte sich Tessa ein.
»Mama, so etwas musst du zu mir sagen«, meinte sie altklug. »Papa vergisst doch immer alles.«
»Danke für die Blumen, mein Schatz«, entgegnete Dr. Daniel, musste aber schmunzeln.
Demonstrativ wandte sich Manon ihrem Töchterchen zu. »Papa vergisst nur daheim alles. In seinem Beruf ist er perfekt, weil er ja Tag und Nacht an seine Patientinnen denkt.«
»Heute kriege ich es aber wieder knüppeldick«, beschwerte sich Dr. Daniel. »Dabei versuche ich doch immer …«
Manon küsste ihn. »Schon gut, Doc.« Sie lächelte. »Ich liebe dich ja trotzdem.«
»Da hast du aber Glück, Papa«, betonte Tessa.
»Weiß ich, Schätzchen«, meinte Dr. Daniel, dann deutete er auf den Bildschirm, wo soeben die Wertung für Saskia gezeigt wurde. »Siehst du, ich hab’s gesagt. Das ist der erste Platz und somit die Goldmedaille.« Das Fernsehbild zeigte jetzt die jubelnde Saskia.
Aufgeregt deutete Tessa zum Bildschirm. »Sieh nur, Papa, Andy ist auch da!«
Dr. Daniel nickte schmunzelnd. »Es hätte mich auch schwer gewundert, wenn er nicht in Saskias Nähe gewesen wäre.« Sinnend lehnte er sich zurück. »Ich erinnere mich noch genau, wie die Hamanns nach Steinhausen gekommen sind. Saskia war damals vier Jahre alt und Andy ein Teenager. Trotzdem waren sie schon zu jener Zeit unzertrennlich, und daran hat sich bis heute nichts geändert.«
»Vielleicht ist es der Sport, der sie so zusammenkettet«, vermutete Manon, doch Dr. Daniel schüttelte den Kopf.
»Ich weiß nicht, ob das die einzige Erklärung sein kann«, wandte er ein. »Andy ist Skispringer, das ist ja eine ganz andere Sportart. Die Erklärung für diese tiefe Bindung scheint mir woanders zu liegen. Vielleicht fühlt sich Andy als der älteste für das Nesthäkchen irgendwie verantwortlich. Möglicherweise wurde er aber auch als Junge schon immer für Babysitterdienste bei seiner kleinen Schwester eingespannt und kümmert sich jetzt einfach gewohnheitsmäßig um sie.« Er grinste. »Bei Irene und mir ist es doch genauso. Meine große Schwester musste immer auf mich aufpassen, und das tut sie heute noch, obwohl ich längst erwachsen bin. Deshalb führt sie uns hier auch den Haushalt. Vermutlich hat sie Angst, dass ich sonst …«
»Soll ich dir mal gehörig die Ohren lang ziehen?« mischte sich Dr. Daniels verwitwete Schwester Irene in diesem Moment ein.
Abwehrend hob Dr. Daniel beide Hände. »Gnade, Irenchen. Es war ja nicht böse gemeint, aber Tatsache ist nun mal, dass du mich immer noch zu bemuttern versuchst.«
»Gar nicht wahr«, grummelte Irene, dann zuckte sie mit einem verlegenen Lächeln die Schultern. »Na ja, ein bisschen. vielleicht, aber das ist wohl ganz natürlich. Für mich wirst du immer mein kleiner Bruder bleiben.«
Manon schmunzelte amüsiert, dachte dabei aber auch, dass es schön sein musste, Geschwister zu haben. Sie selbst war in einem Waisenhaus aufgewachsen und kannte diese ganzen engen Familienbindungen daher nicht. Allerdings war sie mittlerweile längst von Irene adoptiert worden. Dr. Daniels Schwester hatte ihre Bemutterung nach der Hochzeit nämlich auch auf Manon ausgedehnt, die das aber durchaus nicht als belastend empfand. Irene war der gute Geist im Hause Daniel und würde es wohl auch immer bleiben.
*
Saskia und Andreas Hamann wurden in München wie ein Königspaar empfangen. Neben unzähligen Reportern und Fotografen war auch eine stattliche Delegation aus Steinhausen bei der Begrüßung am Flughafen dabei. Allen voran natürlich der neue Bürgermeister Markus Eichinger, der das siegreiche Geschwisterpaar mit einer kurzweiligen Rede begrüßte und zu ihren Medaillen beglückwünschte.
Vor allem das »Gold-Mädchen« Saskia wurde wieder von allen Seiten mit Fragen über die Zukunft bestürmt, doch auch diesmal ließ sie sich zu keinen Zugeständnissen hinreißen. Sie wußte einfach noch nicht, wie es für sie weitergehen würde. Darüber hatten sie und ihre Trainerin noch nicht gesprochen. Erst mal mussten die Eindrücke der Olympiade verdaut werden, dann konnte man über weitere Pläne sprechen, obgleich für Saskia eigentlich feststand, dass sie zumindest ihren Europameistertitel noch einmal verteidigen wollte.
Saskia war an diesem Tag dann nicht einmal richtig zu Hause, als schon das Telefon klingelte.
»Ich weiß, dass du Urlaub machen wolltest, aber den musst du vorerst verschieben.« Das waren die Begrüßungsworte ihrer Trainerin.
»Andy und ich wollten so gern …« Begann Saskia enttäuscht, doch Mathilde fiel ihr ins Wort.
»Tut mir leid«, behauptete sie, aber kein Bedauern lag in ihrer Stimme. Für Mathilde war Urlaub beinahe ein Fremdwort. In ihrem Leben gab es nur Eiskunstlauf und von ihrer Schülerin erwartete sie dasselbe. Seit Saskia fünf Jahre alt gewesen war, hatte sich ihr Leben hauptsächlich um Schlittschuhlaufen gedreht. Sie war privat unterrichtet worden, damit täglich acht Stunden Zeit fürs Eislauftraining blieben. Schulfreunde, Partys, fröhliche Spiele – das alles hatte Saskia nie gekannt.