Flowers of Passion – Flammende Lilien - Layla Hagen - E-Book

Flowers of Passion – Flammende Lilien E-Book

Layla Hagen

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Beschreibung

Die Erfolgsstory von USA-Today-Bestsellerautorin Layla Hagen geht weiter: Nach der »Diamonds for Love«-Reihe kommen die »Flowers of Passion«! Valentina Connor besitzt ein erfolgreiches Kosmetikunternehmen, in der Liebe war die Karrierefrau jedoch bisher zurückhaltend. Auch den gutaussehenden Anwalt Carter lässt sie nicht an sich heran, obwohl sie ihn insgeheim begehrt. Als ihre Firma verklagt werden soll, tut Carter alles, um Valentina zu helfen. Aber kann er schließlich auch ihre Liebe entfachen? Wunderbar romantisch und wahnsinnig prickelnd - USA-Today-Bestsellerautorin Layla Hagen lässt die Herzen höherschlagen!

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Aus dem Amerikanischen von Vanessa Lamatsch

© Layla Hagen 2019Titel der amerikanischen Originalausgabe:»Only with you«, Verlag, Independently Published 2019© der deutschsprachigen Ausgabe:Piper Verlag GmbH, München 2020Redaktion: Anita HirtreiterCovergestaltung: zero-media.net, MünchenCovermotiv: Getty Images/James A. Guilliam

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Inhalt

Cover & Impressum

1 – Carter

2 – Val

3 – Carter

4 – Val

5 – Carter

6 – Val

7 – Carter

8 – Val

9 – Carter

10 – Val

11 – Val

12 – Carter

13 – Val

14 – Carter

15 – Val

16 – Carter

17 – Val

18 – Carter

19 – Val

20 – Carter

21 – Val

22 – Carter

23 – Val

24 – Carter

25 – Val

Epilog

1

Carter

»Carter, du machst das falsch. Schleifen, keine Knoten«, informierte mich meine fünfjährige Nichte.

Mit baumelnden Beinen saß Peyton am Esstisch und warf mir einen bösen Blick zu, während ich die Schleifen an den Ärmeln ihres Kleides band.

»Leute, kommt schon. Ich will nicht gleich am ersten Tag zu spät kommen. Schließlich bin ich neu auf der Schule. Da muss ich doch einen guten Eindruck machen«, rief April aus dem Flur.

»Ich werde April bitten, mir Schleifen zu binden«, verkündete Peyton ungeduldig.

»Okay. Dann mal los.«

Ich drückte ihr noch einen Kuss auf den Scheitel, bevor ich ihr vom Stuhl half, und dann hüpfte sie auf ihre ältere Schwester zu. Bei dem Anblick meiner beiden Nichten lächelte ich, auch wenn April die Augen verdrehte. Sie war fast fünfzehn. In diesem Alter verdrehten Mädchen ständig die Augen. Für Peyton dagegen war ich in der Regel der große Held – außer ich konnte sie nicht so stylen, wie sie es sich wünschte … was ständig der Fall war.

Sobald die beiden fertig waren, gingen wir in die Tiefgarage des Gebäudes.

»Was hat es mit diesem selbstgefälligen Lächeln auf sich?«, fragte ich April, als wir losfuhren.

»Ich liebe dieses Auto. Die Leute werden es bemerken und glauben, ich hätte einen coolen Onkel.«

Heute Morgen hatte ich den schwarzen Porsche genommen, aber ich war auch der stolze Besitzer zweier weiterer Wagen. Was sollte ich sagen? Ich hatte eben eine Schwäche für Autos.

»April, ich bin cool.« Ich bemühte mich wirklich, ernst zu klingen.

»Ähm … auf der Forbes-Liste der besten ... irgendwas zu stehen heißt, dass du reich und erfolgreich bist, nicht cool. Außerdem liest keiner meiner Freunde dieses Magazin. Wenn du auf TMZ oder Hollywood Reporter auftauchen würdest …«

Forbes hatte zum dritten Jahr in Folge meine Anwaltskanzlei auf die Liste der besten Kanzleien in L.A. und Umgebung gesetzt. Das Geschäft brummte, weswegen wir diese Woche auch in neue Büroräume umzogen.

Heute würde ich die Schlüssel erhalten. Es war eine aufregende Woche voller Neuerungen für uns alle.

»TMZ und Hollywood Reporter interessieren sich nicht für Rechtsanwälte.«

»Na ja, stimmt. Aber du könntest mit einer Schauspielerin ausgehen. Oder einem Model. Jemandem, der cool ist. Du siehst auf jeden Fall gut aus. Moms starren dich ständig an. Ich verstehe einfach nicht, wieso du solo bist. Solo sein ist beschissen.«

»Achte auf deine Ausdrucksweise, April.«

Ich warf einen Blick nach hinten zu Peyton. Sie summte glücklich vor sich hin, ohne auf unser Gespräch zu achten.

Zufrieden unterdrückte ich ein Lächeln und konzentrierte mich auf die Straße. Ich mochte es, die Mädchen im Unklaren darüber zu lassen, wie oft ich tatsächlich mit Frauen ausging.

Doch dann spielte ich Aprils Äußerung noch einmal in meinem Kopf ab und blieb an einem Detail hängen. Solo sein ist beschissen, hatte sie gesagt. Aber woher wollte sie das wissen? Sie hatte bisher keine Jungs mit nach Hause gebracht. April war ein tolles Kind, ich hatte allerdings so eine Ahnung, dass mein lockerer Erziehungsstil ohne große Verbote in ihren Teenagerjahren nicht mehr so gut funktionieren würde, wie es in den letzten fünf Jahren der Fall gewesen war.

»Hast du einen Freund?«, fragte ich beiläufig, wobei ich mich bemühte, cool zu klingen und nicht streng. April war sehr hübsch. Beide Mädchen sahen meiner Schwester sehr ähnlich, doch für April galt das besonders. Sie hatte Hannahs dunkelbraunes Haar und die farblich passenden Augen geerbt. Peyton hatte dieselbe Haarfarbe, aber die Augen ihres Vaters.

»Ich denke darüber nach«, meinte April gelassen. »Ich kann es kaum erwarten, neue Leute in unsere Wohnung einzuladen. Sie werden total durchdrehen. Jeder liebt unsere schicke Bude.«

»Mit neuen Leuten meinst du neue Freundinnen, oder?«

April kniff die Augen zusammen und hob den Zeigefinger in meine Richtung, als wolle sie mich in die Brust piken. »O nein, du wirst mich nicht kontrollieren! Ich kann mit Mädchen und auch mit Jungs befreundet sein.«

»Sicher kannst du befreundet sein, mit wem du willst. Aber ich würde gerne wissen, wen du zu uns einlädst. Und wenn auch Jungs dabei sind, müssen wir ein paar Regeln aufstellen.«

Sie zog die Augenbrauen hoch. »Wirklich? Und du glaubst, ich höre auf dich, weil du ein schicker Anwalt bist?«

»April, du weißt, dass ich dich nicht gerne kontrolliere. Aber ich bin der Erwachsene hier. Und obwohl du alt genug bist, um eigene Entscheidungen zu treffen, bin ich doch für dich verantwortlich. Bei den Regeln geht es nicht darum, dich einzuschränken, sondern deine Sicherheit zu garantieren. Wir werden Kompromisse finden müssen.«

Das war eine sehr anwaltliche Art, auszudrücken, dass ich das Sagen hatte. Es gab gewisse Dinge, bei denen ich ein Machtwort sprechen wollte. April wollte ein kurzes Kleid in der Schule tragen? Nein. Sich Piercings und Tätowierungen stechen lassen? Nein und nein. Nach zehn Uhr abends noch unterwegs sein? Nein, verdammt. Aber ich musste einen cleveren Weg finden, ihr meine Regeln zu verkaufen. Ich gehörte zu den besten Rechtsanwälten in L.A. Gegnerische Anwälte hatten schon Fälle niedergelegt, als sie erfahren hatten, dass sie es mit mir zu tun bekommen würden. Doch ich wollte bei der Erziehung der Mädchen kein Tyrann sein.

April seufzte. »Carter, du wirst mit jeder Minute uncooler. Ich dachte, das sollte ich dich wissen lassen.«

Ich war mir sicher, dass Hannah uns von oben aus dem Himmel beobachtete und sich totlachte. Bevor sie und mein Schwager gestorben waren, hatte ich nichts anderes getan, als alle elterlichen Regeln zu untergraben und mich ständig auf Aprils Seite zu schlagen. Wann immer ich Hannah besucht hatte, war ich mit April shoppen gegangen und hatte ihr alles gekauft, was ihre Eltern ihr verweigert hatten. Meine Schwester war seit fünf Jahren tot, und ich vermisste sie nach wie vor jeden Tag.

Ich fuhr auf den Parkplatz vor der Schule ein, dann drehte ich mich zu den Mädchen um und grinste.

»Bereit zum Aufbruch?«, fragte ich.

April erwiderte mein Grinsen, und Peyton quietschte auf dem Rücksitz. Es war ein großer Tag für meine Mädchen. Ich hatte vor, ihnen heute Abend eine Freude zu machen und sie ein wenig zu verwöhnen.

Eine Stunde später hielt ich die Schlüssel zu den neuen Büroräumen von Sloane & Partner in der Hand. Die Verwalterin, Kate, hatte mich herumgeführt. Als die Tour dem Ende zuging, sagte sie: »Ich veranstalte übrigens ein Charity-Event für taube und schwerhörige Kinder. Möchten Sie gerne daran teilnehmen? Es findet in einem Monat statt.«

»Mailen Sie mir doch bitte alle Infos diesbezüglich. Falls ich schon etwas vorhaben sollte und nicht kommen kann, schicke ich Ihnen einen Scheck.«

»Gerne. Aber ich würde mich freuen, Sie dort zu sehen. Ich verwalte ein paar Gebäude in dieser Gegend, und all meine Kunden sind dabei. Sogar mein lukrativster Kontakt, die Besitzerin von Valentinas Duftateliers. Das ist das riesige graue Gebäude um die Ecke. Großer Name in der Kosmetik- und Parfümindustrie.«

Mir sagte der Name nichts, aber da ich mit diesem Wirtschaftszweig kaum etwas zu tun hatte, wunderte mich das nicht.

»Sie hat ein paar ihrer Hollywood-Bekanntschaften eingeladen, also werden eine Menge Berühmtheiten anwesend sein. Könnte gut fürs Geschäft sein«, meinte Kate.

»Wie ich schon sagte: Mailen Sie mir alle Infos.«

»Mache ich. Okay. Das wäre es dann von meiner Seite. Wenn Sie etwas brauchen, rufen Sie einfach an. Wann bringt Ihr Umzugsunternehmen die Möbel?«

»Heute im Verlauf des Tages. Wir sind morgen wieder im Geschäft.«

»Wow, das geht ja schnell. Aber ich nehme an, einen Ruf wie Ihren erwirbt man sich nur, wenn man organisiert und clever ist.«

»Es ist notwendig. Unsere Klienten warten nicht gerne.«

»Dann lasse ich Sie mal Ihre Arbeit erledigen. Willkommen in Ihrem neuen Büro. Vielleicht bin ich voreingenommen, aber ich denke, es wird Ihnen hier gut gefallen.«

2

Val

Voller Dankbarkeit, dass dieses schreckliche Date vorbei war, rief ich meine Schwester Hailey an und winkte gleichzeitig ein Taxi heran.

»Hey, Schwesterherz! Wo seid ihr?«, fragte ich, als sie abhob. Ich wusste, dass sie mit unserer anderen Schwester, Lori, unterwegs war.

»Oh-oh. Ist die Verabredung schon vorbei?«

»Ja. Seid ihr beide noch unterwegs? Ich könnte mich euch anschließen.«

»Klar.« Hailey nannte mir eine Adresse, gerade als das Taxi vor mir hielt. Glücklicherweise war die Bar nicht weit entfernt. Der Verkehr in L.A. war irrsinnig. Ich versuchte mein schreckliches Date zu verdrängen, während der Taxifahrer durch die Stadt navigierte.

Eine halbe Stunde später betrat ich eine der vielen Strandbars in Santa Monica, damit beschäftigt, mein hüftlanges dunkles Haar im Nacken zu einem Dutt zu binden.

Meine Schwestern saßen an einem hohen Tisch in einer Ecke der Terrasse. Hailey winkte fröhlich. Als ich näher kam, bemerkte ich drei Cocktailgläser auf dem Tisch.

»Was ist das?« Ich deutete auf das dritte Glas.

»Du klangst, als könntest du es brauchen«, erklärte Hailey.

»Also dachten wir, wir treffen Vorbereitungen«, fügte Lori hinzu.

Ich kletterte auf meinen Stuhl und nahm einen Schluck aus dem Glas. Hmmm, köstlich.

»Und jetzt erzähl uns alles«, sagte Hailey. »Das Geheimnis, eine furchtbare Verabredung abzuhaken, liegt darin, sie in allen Details zu schildern, damit wir dich ordentlich bemitleiden können.«

»Chad wirkte wie ein netter Kerl«, setzte ich an. »Ihr wisst schon, in der Theorie. Anständiger Job, passables Aussehen. Kein Sinn für Humor, aber hey, man kann nicht alles kriegen, oder?«

»Doch, kann man«, verkündete Lori mit einem verträumten Lächeln. Sie war mit einem tollen Mann verheiratet.

»Was ist passiert?«, fragte Hailey.

»Er hat sich als Arsch entpuppt. Hat direkt vor mir die Kellnerin abgecheckt.«

Hailey rümpfte die Nase. »Mann, du hast aber wirklich Pech, Schwesterherz.«

In den letzten zwei Monaten war ich mit einem Mann ausgegangen – Ethan –, nur um vor zwei Wochen herauszufinden, dass ich nicht die einzige Frau war, mit der er sich traf. Das nervte mich immer noch. Die Verabredung mit Chad heute Abend war eigentlich dazu gedacht gewesen, das alles hinter mir zu lassen. Dumm gelaufen.

»Was, wenn es nicht einfach nur Pech ist? Ich glaube, ich sende die falschen Signale aus.«

Im Grunde war ich selbstbewusst und optimistisch, doch die Erfahrungen der letzten Zeit hatten Spuren hinterlassen.

»Valentina Connor«, sagte Hailey vorsichtig, »du bist eine der klügsten und freundlichsten Frauen, die ich kenne, und du hast einen tollen Sinn für Mode. Zweifle nicht an dir selbst.«

Sie deutete auf mein Outfit – ein dunkelgrünes Sommerkleid, das mir bis auf die Knie fiel und das Grün meiner Augen betonte. Ich hatte es mit schwarzen Ballerinas kombiniert, nachdem ich schon ohne Absätze groß genug war. Hailey dagegen trug meistens unglaublich hohe Absätze.

Ich nahm noch einen Schluck von meinem Cocktail. »Du musst das sagen. Wir sind verwandt. Du darfst nicht gemein zu mir sein.«

Hailey lachte leise. »Da hast du recht, aber ich würde dich auch nicht anlügen. Das würde keiner von uns.«

Okay, das stimmte. In meiner Familie nahm man kein Blatt vor den Mund. Ich konnte mich darauf verlassen, dass meine Geschwister ehrlich waren. Ich musterte meine Schwestern voller Wärme, froh, den Rest des Abends mit ihnen verbringen zu können. Andere brauchten nach einem blöden Date ein Eis; ich brauchte Hailey und Lori. Sie waren nicht einfach nur meine Schwestern, sondern auch meine besten Freundinnen. Wir waren ein Team, egal, ob es um einen Shoppingtrip ging oder darum, unsere Brüder bei unserem wöchentlichen Abendessen am Freitag gnadenlos aufzuziehen. Ja, unsere Familiendynamik brachte viele Leute dazu, sich zu fragen, ob wir eigentlich jemals erwachsen geworden waren … aber für uns funktionierte es.

»Val, was ist los?«, fragte Lori und fuhr sich mit der Hand durch die blonde Mähne. »Sonst bist du viel optimistischer. Liegt es an dieser Sache mit Beauty SkinEssence?«

Mein Magen verkrampfte sich. Ich hatte mich auch auf diese Verabredung mit Chad eingelassen, weil ich mich dringend von diesem Thema ablenken wollte.

Ich nickte. »Morgen habe ich ein Treffen mit einem Mediator.«

»Val, du musst dir keine Sorgen machen.« Hailey legte mir beruhigend die Hand auf die Schulter.

Mir gehörte eine Kosmetik- und Parfümfirma, Valentinas Duftateliers. Mein Team hatte eine Formel für eine Anti-Aging-Creme entwickelt – und jetzt behauptete ein multinationaler Konzern, er hätte das zuerst getan. Es gab kein Patent, und er hatte nirgendwo Werbung dafür gemacht. Allein ein französisches Handelsblatt hatte das Produkt vor drei Monaten einmal erwähnt, doch wir hatten zu diesem Zeitpunkt bereits neun Monate an unserer Formel gearbeitet. Ich war mir ziemlich sicher, dass Beauty SkinEssence von mir verlangen würde, das Produkt fallen zu lassen, weil der Profit für beide Seiten sinken würde, wenn wir ähnliche Cremes zur selben Zeit herausbrachten.

Die Firma war mein Baby. Es hatte mich zwölf Jahre gekostet, sie zu dem erfolgreichen Unternehmen zu machen, das es heute war. Ich würde niemandem erlauben, mein Werk zu bedrohen oder die harte Arbeit meines Teams zu beleidigen, indem man uns als Trittbrettfahrer hinstellte. Als ich von meinem Cocktail aufsah, bemerkte ich, dass meine Schwestern einen vielsagenden Blick wechselten. Ich musste ein Lächeln unterdrücken, da ich genau wusste, was gleich passieren würde.

»Sieht aus, als müssten wir eine Geheime-Connor-Intervention planen«, erklärte Hailey Lori und bestätigte damit meinen Verdacht.

Ich lachte herzlich. Gott, ich liebte diese Mädels wirklich. Interventionen kamen bei uns in der Familie häufig vor. Wann immer wir der Meinung waren, dass einer von uns mal wachgerüttelt werden musste, gab es eine GECOIN, wie wir es nannten. Wenn die Kacke richtig am Dampfen war, wurde ein Hinterhalt erforderlich.

Ich selbst hatte dieses Konzept bei uns eingeführt, als ich einundzwanzig war. Nachdem unsere Eltern bei einem Autounfall gestorben waren, hatte ich mich zusammen mit meinem Zwillingsbruder Landon um unsere jüngeren Geschwister gekümmert. In dieser schwierigen Zeit brauchten wir die Leichtigkeit und Albernheit, die mit den Geheimen-Connor-Interventionen einherging. Doch die Tradition hatte sich bis heute erhalten. Und mit sechsunddreißig liebte ich sie genauso sehr, wie es mit Anfang zwanzig der Fall gewesen war.

»Wie wäre es, wenn wir eine Abmachung treffen? Ihr wartet bis nach meinem Treffen mit dem Mediator. Sonst müsst ihr morgen gleich wieder eine GECOIN planen.«

»Das macht uns nichts aus«, versicherte mir Lori. Hailey unterstützte sie mit einem heftigen Nicken.

»Nö. Dafür fehlt uns gerade einfach die Zeit. Ich sollte aufbrechen. Ich muss morgen früh aufstehen. Das Treffen ist für acht Uhr angesetzt.«

Ich hatte darauf bestanden, dass der Mediator zu mir kam, damit wir dieses erste Gespräch in meinem Territorium führen konnten.

Obwohl ich nur einen Cocktail mit meinen Schwestern getrunken hatte, war es doch fast Mitternacht, als ich daheim ankam. Sobald ich mich allein in meinem Haus aufhielt, begann ich wieder, mir Sorgen um das Treffen am nächsten Tag zu machen. Meine Firma war für mich nicht einfach nur ein Weg, Geld zu verdienen. Sie war Teil meiner Identität.

Ich legte mir meine Klamotten für den nächsten Tag heraus, wie ich es immer tat, damit ich morgens etwas länger schlafen konnte. Diesmal hatte ich mich für einen feuerroten Bleistiftrock entschieden, zusammen mit einer locker geschnittenen schwarzen Bluse, die mir halb über die Schulter fiel. Das war zwar nicht gerade typische Bürokleidung, aber ich liebte diese Kombi, und es war ein passender Look für Mitte September. Außerdem war es mein Glücksoutfit, und ich war entschlossen, mein Glück zum Besseren zu wenden.

Am nächsten Morgen, gekleidet in mein Glücksoutfit, legte ich einen Stopp im Walter’s ein, dem Coffeeshop gegenüber von meinem Bürogebäude. Er lag schön nah, und ich begann meinen Arbeitstag gerne damit, mir einen Kaffee zu kaufen, bevor ich mich hinter den Computer setzte.

Für gewöhnlich begegnete ich ein paar Kunden, die ich kannte – Leuten, die in den Firmen der Umgebung angestellt waren. Ich winkte der Leiterin der Personalabteilung eines Getränkeunternehmens zu, mit der ich ein paarmal zu Mittag gegessen hatte.

Dann sah ich mich um, ob ich noch jemanden entdeckte, den ich kannte. Mein Blick fiel auf den Fremden, der hinter mir anstand. Sofort richtete ich mich ein wenig auf und musterte ihn etwas genauer. Er war größer als ich (und das Glücksoutfit verlangte, dass ich hohe Schuhe trug). Sein Hemd bedeckte eine breite Brust und schmiegte sich an schmale Hüften. Seine starken Hände endeten in langen Fingern, die fast aussahen, als spiele er Klavier. Ich konnte sogar einen kurzen Blick auf sein Gesicht erhaschen, als er sich umdrehte, um die Karte hinter dem Tresen zu studieren. Sein Haar war fast schwarz, doch seine Augen schienen braun zu sein, was einen schönen Kontrast ergab.

Mir war nicht einmal bewusst gewesen, dass ich den Mann anstarrte, bis er seinen Blick von der Tafel mit den Angeboten löste und sich zu mir umdrehte. Er war einfach atemberaubend. Ich hatte mich geirrt: Seine Augen waren nicht einfach braun, sondern es glänzten auch noch goldfarbene Sprenkel darin. Den Blickkontakt brach ich erst ab, als ich an der Reihe war. Ich bestellte das Übliche – einen Cappuccino mit Sahne und Karamell.

Während ich auf mein Getränk wartete, musste ich feststellen, dass mein Blick immer wieder zu dem Fremden huschte, um jedes Detail seines Aussehens in mich aufzunehmen. Er hatte sich mir im Wartebereich angeschlossen, wo er nahe genug neben mir stand, dass ich ihn nicht anstarren konnte, ohne dass es offensichtlich wurde. Doch, oh, ich konnte ihn riechen. Ich erkannte das Aftershave sofort. Es war keiner von meinen Düften, aber mir gefiel es trotzdem. Ich starrte in die Auslage mit den süßen Köstlichkeiten, und mir lief das Wasser im Mund zusammen, als ich Blaubeerpfannkuchen entdeckte. Nein. Ich würde heute stark bleiben. Keine Pfannkuchen.

Unsere Getränke wurden gleichzeitig auf dem Tresen abgestellt. Der Fremde griff zuerst nach seinem Becher, doch der Angestellte musste ihn zu nah am Rand abgestellt haben, weil der Kaffee sofort umfiel … und meinen Becher ebenfalls umstieß. Ich sprang nach hinten, als sich heiße Flüssigkeit in alle Richtungen ergoss.

»Tut mir leid«, sagte der Fremde. Ach, diese Stimme! Zum Niederknien. »Ich werde Ihnen einen neuen bestellen.«

»Das ist doch nicht nötig.«

»Ich bestehe darauf. Schließlich habe ich Ihren Kaffee umgeworfen.«

Ein Mann mit Manieren. Dass es so etwas noch gab.

»Nun, wenn Sie darauf bestehen, werde ich nicht Nein sagen.«

Wir gingen zurück zur Kasse.

»Einen Cappuccino mit Sahne und Karamell für die Dame. Und einen Blaubeerpfannkuchen«, sagte er.

Ich warf ihm einen fragenden Blick zu. »Wieso haben Sie den bestellt?«

Er schenkte mir ein schiefes Lächeln und zwinkerte. »Ich habe gesehen, wie Sie die Dinger gerade angestarrt haben.«

Ich lächelte überrascht, dabei war mir den ganzen Morgen über noch nicht zum Lächeln zumute gewesen. Voller Panik war ich aufgewacht, erfüllt von Ängsten. Ich hatte gehofft, dass meiner üblichen Morgenroutine zu folgen meine Nervosität angesichts eines möglichen Prozesses unter Kontrolle halten könnte. Doch bis dieser schöne Fremde mich zum Lächeln gebracht hatte, hatte ich trotzdem Bauchschmerzen gehabt.

»Nun, Sie haben mich erwischt. Und da Sie den Pfannkuchen jetzt schon extra für mich bestellt haben, kann ich ihn ja wohl nicht stehen lassen, oder?«

Der Fremde schenkte mir ein Lächeln. Dann nickte er in Richtung eines leeren Tisches am Fenster. »Sollen wir?«

Ich sah auf die Uhr auf meinem Smartphone. »Ich habe nur zwanzig Minuten Zeit.«

»Das reicht doch, damit Sie sich Ihren Pfannkuchen schmecken lassen und wir unseren Kaffee austrinken können. So, wie Sie die Dinger vorhin angestarrt haben, dürfte er in fünf Minuten verschwunden sein.«

Hatte er gerade meinen Appetit kommentiert? Ja. Ja, hatte er. Aber weil er damit vollkommen recht hatte, konnte ich ihm schlecht widersprechen. Das Walter’s war ein netter Coffeeshop im Vintagestil mit gemütlichen Couchen. Wir setzten uns an den leeren Tisch am Fenster. Als er das Jackett seines marineblauen Anzugs über die Rückenlehne seines Stuhls hängte, konnte ich für einen Moment seinen Hintern bewundern. Wahnsinn! Das war ein Detail, das ich mir auf jeden Fall einprägen wollte.

»Arbeiten Sie in einem der Unternehmen hier in der Gegend? Oder sind Sie nur für ein Meeting hier?«, fragte ich.

»Meine Firma ist gerade hierher umgezogen. Und Sie?«

»Mein Büro liegt gleich um die Ecke.« Ich erwähnte nichts Genaueres, weil ich fürchtete, dass ich nach der Erwähnung des Firmennamens an nichts anderes denken könnte als das bevorstehende Meeting mit dem Mediator. »Ich hole mir hier jeden Morgen einen Kaffee.«

Er stemmte die Ellbogen auf den Tisch und lehnte sich leicht vor. »Und einen Pfannkuchen?«

»Gelegentlich.«

»Kommen Sie, Sie können ehrlich sein.« Er zwinkerte. Ich konnte einfach nicht anders, als zu lachen. Woher wusste er, dass ich mit »gelegentlich« jeden zweiten Tag meinte?

»Nun, könnte sein, dass ich öfter als nur gelegentlich sündige. Vielleicht.«

»Ich verstehe. Ist es noch zu früh für Geständnisse?« Er zog mich auf, was ich unglaublich genoss.

»Viel zu früh«, bestätigte ich, und jetzt war er es, der lachte. Wir unterhielten uns über nichts Besonderes, während wir unsere Kaffees tranken. Er lieferte mir auch keine großartigen Informationen über sich selbst. Bisher hatten wir uns noch nicht einmal mit Namen vorgestellt.

Ich fragte mich, ob er wohl – wie ich – lieber nicht über den vor uns liegenden Tag nachdenken wollte. Für gewöhnlich gaben Leute gerne mit ihren Jobs an. Und seinem teuren Anzug und der ebenso wertvollen Uhr nach zu schließen, hatte er einen Job, mit dem er durchaus hätte angeben können. Aber mir gefiel die Anonymität unserer Unterhaltung. Es war ein befreiendes Gefühl. Dieser geheimnisvolle Fremde war zweifellos das Beste, was mir heute Morgen hatte passieren können.

Als es Zeit war aufzubrechen, stand ich auf, und er erhob sich ebenfalls sofort. Mir gefiel, dass er gute Manieren hatte. Unsere Arme berührten sich, als wir uns in Bewegung setzten. Nur ganz flüchtig, doch mein gesamter Körper reagierte darauf. Was stimmte nicht mit mir? Hungerte ich so sehr nach Zuneigung, dass die leichteste Berührung mich auf diese Weise beeinflussen konnte? Okay, es war die Berührung eines großen, attraktiven Mannes … aber trotzdem.

»Können Sie mir auch das eine oder andere Restaurant empfehlen, wo man gut zum Lunch gehen kann?«

»Ja, das Mrs Seguin.« Ich nannte den ersten Namen, der mir einfiel, weil ich vorhatte, heute dort in meiner Mittagspause hinzugehen. »Das Restaurant ist auch toll für Geschäftsessen geeignet. Sie haben eine große Auswahl.«

»Danke.«

»Ich muss mich beeilen«, meinte ich voller Bedauern. Ohne es vorzuhaben, nickte ich in Richtung meines Bürogebäudes auf der anderen Straßenseite.

»Sie arbeiten bei Valentinas Duftateliers?«

»Ja. Ich bin die Besitzerin, Valentina. Sie kennen die Firma?« Der Name stand neben dem Eingang, aber die Schrift war nicht groß genug, um von der anderen Straßenseite lesbar zu sein.

»Wir haben dieselbe Verwalterin. Sie hat mir von Ihnen erzählt.«

Kate war ein Schatz. Sie gab bei so gut wie jedem ihrer Kunden mit mir an.

»Ich bin Carter.«

Ah, ein schöner Name, der ausgezeichnet zu einem attraktiven Mann wie ihm passte.

»Ich würde gerne bleiben und mich noch ein wenig unterhalten, aber ich muss mich auf ein Meeting vorbereiten.«

»Ich wünsche dir einen schönen Tag, Valentina.«

Der Tag nahm eine unangenehme Wende, als mein Anwalt mich panisch anrief, um mir mitzuteilen, dass er auf dem Freeway in einen kleinen Auffahrunfall verwickelt worden war und es deshalb nicht rechtzeitig zu unserem Meeting schaffen würde.

»Wir sollten das Treffen verlegen«, schlug er sofort vor.

»Der Mediator wird in ein paar Minuten hier sein. Ich werde mich darum kümmern.«

Nach der Mühe, die es uns gekostet hat, uns auch nur auf eine Anwaltskanzlei für die Mediation zu einigen, wollte ich die ganze Angelegenheit so schnell wie möglich hinter mich bringen.

Die nächsten zehn Minuten verbrachte ich hinter meinem Schreibtisch und sah mir die Notizen noch einmal durch, die ich in Gesprächen mit meinem Anwalt gemacht hatte, um mir alles einzuprägen. Selbstverständlich hatte ich nicht vor, diese Unterlagen mit in das Meeting zu nehmen. Ich fühlte mich immer selbstbewusster, wenn ich frei sprach, und ich war entschlossen, stark und unbeeindruckt zu wirken – und nicht, als wolle ich mich den Forderungen der Gegenseite beugen.

Um fünf vor acht Uhr klopfte Anne, meine Assistentin, an die offene Tür. »Er ist da, Val. Ich habe ihn bereits ins Sitzungszimmer geführt.«

Sofort wurden meine Handflächen feucht, doch meine Stimme klang ruhig, als ich sagte: »Okay. Biete ihm was zu trinken an. Wasser oder Kaffee oder …«

»Gift?«, schlug Anne fröhlich vor.

»Wenn du das vorhast, darf ich nichts damit zu tun haben. Das ginge allein auf deine Kappe.« Ich grinste. »Sag ihm, dass ich in ein paar Minuten da sein werde.«

Sobald Anne verschwunden war, erhob ich mich aus meinem Stuhl, um den Raum mit großen, selbstbewussten Schritten zu verlassen. Ich würde mich von niemandem heruntermachen lassen und verhindern, dass jemand meinen Namen in den Schmutz zog – nicht, nachdem ich mehr als ein Jahrzehnt dafür gearbeitet hatte, meinen Traum zu verwirklichen.

Das Sitzungszimmer lag nur ein paar Schritte von meinem Büro entfernt. Als ich den Raum betrat, stellte sich der Mediator als Emerson Smith vor.

»Mein Anwalt hat es heute Morgen leider nicht geschafft«, erklärte ich ihm, nachdem ich ihn freundlich aufgefordert hatte, sich mir gegenüberzusetzen.

»Möchten Sie das Treffen verschieben?«

»Nein, das ist nicht nötig. Wir sollten es hinter uns bringen. Was fordert die Gegenseite?«

»Miss Connor, ich werde mich kurzfassen: Beauty SkinEssence möchte genauso wenig einen Prozess riskieren wie Sie. Sie bitten Sie lediglich, Ihre Produktlinie nicht auf den Markt zu bringen.«

Gereizt richtete ich mich höher in meinem Stuhl auf. »Lediglich? Damit würde ich quasi zugeben, im Unrecht zu sein.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust und starrte auf den Holztisch zwischen uns. »Sie haben weder ein Patent noch irgendwelche Beweise, die es Ihnen erlauben würden, mit dem Finger auf mich zu zeigen. Wir haben zur selben Zeit ein ähnliches Produkt entwickelt. In zwei Monaten werden sowieso unzählige andere Firmen auf den Zug aufspringen. Die Formel ist nicht patentierbar.«

»Wenn Sie darauf bestehen, Ihr Produkt auf den Markt zu bringen, wird die Gegenseite klagen. Sie wissen, dass es hier um Profite geht und um nichts anderes. Bis die Trittbrettfahrer ihre Produkte auf den Markt bringen können, gibt es eine Menge Geld zu verdienen. Aber wenn Sie Ihr Produkt zur selben Zeit einführen, halbiert das die Gewinne.«

»Ich kann mein Team nicht einfach auffordern, die ganze harte Arbeit in die Tonne zu treten. Wie ich schon sagte: Diesem Vorschlag zuzustimmen wäre gleichbedeutend damit, ein Fehlverhalten meinerseits anzuerkennen.« Ich leckte mir die Lippen, während ich versuchte, einen Weg zu finden, diesem Mann klarzumachen, dass es mir nicht nur ums Geld ging. »Das Produkt … ich weiß, dass Anti-Aging-Produkte für diesen Konzern bloß ein kleiner Geschäftszweig sind. Profitabel, aber trotzdem nur ein winziger Teil seines Portfolios. Für mich steht alles auf dem Spiel. Ich habe diese Firma aufgebaut.«

»Ich verstehe Ihre Sichtweise vollkommen. Wie möchten Sie das Problem lösen? Was soll ich der Gegenseite sagen?«

»Sagen Sie ihnen, dass ich keinen Grund sehe, warum wir unsere Produkte nicht gleichzeitig auf den Markt bringen sollten. Sicher, das würde geringere Einnahmen für jeden von uns bedeuten, aber so ist das Geschäft. Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man.«

Emerson und ich unterhielten uns noch ein wenig, doch insgesamt war das Treffen erstaunlich schnell vorbei. Und am Ende war ich frustriert, weil wir keine Lösung gefunden hatten. Ich hatte gehofft, dieses Thema nach dem heutigen Meeting abschließen zu können, aber offensichtlich war ich zu optimistisch gewesen.

Es war nicht das erste Mal, dass einer der größeren Player im Markt versuchte, mich einzuschüchtern. Seit ich die erste Linie für Sephora entwickelt hatte, hatten die Haie angefangen, mir die Zähne zu zeigen. Sobald Valentinas Duftateliers groß genug geworden war, um bemerkt zu werden, hatten Konkurrenten versucht, mich aus dem Markt zu drängen. Ich verstand das. In den Drogerien gab es begrenzte Platzkapazitäten, und der Wettbewerb war hart. Allein die großen Firmen entwickelten jedes Jahr Tausende neue Düfte und Produkte. Doch bisher hatte keiner der Einschüchterungsversuche wirklich vor Gericht geendet. Und ich ging davon aus, dass es diesmal genauso laufen würde.

Den Rest des Vormittages war ich schwer beschäftigt. Meine Tür stand für meine Angestellten immer offen, was bedeutete, dass sich jeder jederzeit mit Fragen oder Problemen an mich wenden konnte. Gegen zehn Uhr begann mein Magen zu knurren, aber ich hielt bis zwölf Uhr durch, um dann regelrecht ins Mrs Seguin zu rennen.

Das Restaurant war schon gut besucht, als ich ankam. Doch ich fand noch einen Tisch und ließ meinen Blick ziellos über die Karte gleiten, obwohl ich bereits wusste, was ich bestellen würde. Gerade wollte ich einen Kellner heranwinken, als ich sah, wie ein bestimmter großer, unglaublich gut aussehender Mann das Restaurant betrat. Carter.

Er entdeckte mich sofort und kam lächelnd auf mich zu. Ich erwiderte sein Lächeln. Ich hatte so das Gefühl, dass ich doch noch einen schönen Tag haben würde.

»Valentina, so sieht man sich wieder.«

»Nenn mich Val. Das tut jeder.«

»Wartest du auf jemanden?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Darf ich dich dann zum Mittagessen einladen?«

Ich lachte. »Wir können zusammen essen, aber du musst mich nicht einladen.«

»Ich bestehe darauf.« Heute Morgen hatte er mir dieselbe Antwort gegeben.

Ich kniff die Augen zusammen. »Du bist sehr hartnäckig, oder?«

Er leugnete es nicht.

Ich richtete mich auf meinem Stuhl ein wenig höher auf. »Nun, ich bestehe ebenfalls darauf. Du wirst mein Mittagessen nicht bezahlen.«

Er beobachtete mich amüsiert, aber auch entschlossen. Ich zog die Augenbrauen hoch und genoss unser schweigendes Duell. Irgendwann wurde Carter klar, dass ich nicht nachgeben würde, und er nickte ergeben, bevor er seinen Stuhl herauszog und sich setzte.

»Was kannst du empfehlen?«

»Die Pommes, die Guacamole, die Krabben. Ehrlich, eigentlich ist alles köstlich. Meistens bestelle ich das Tagesgericht.«

»Das hört sich gut an.«

Ein Kellner kam an den Tisch, und wir bestellten beide das Tagesgericht und Mineralwasser.

»Wie war dein Vormittag?«, fragte Carter, sobald wir wieder allein waren.

Ich verzog das Gesicht. »Ich will nicht einmal darüber nachdenken. Erzähl mir von deinem Tag. Wie kam es, dass du dich entschieden hast, mit deiner Firma in diese Gegend umzuziehen?«

»Meine Kanzlei ist zu groß geworden für unsere alten Räumlichkeiten. Und diese Gegend bekommt eine Menge Aufmerksamkeit.«

Meine Schultern sackten nach unten. Er war Anwalt? Es ernüchterte mich, dass mein attraktiver Fremder meinen Problemen näherstand als gedacht. War er skrupellos, wenn es um seine Arbeit ging? Vielleicht sogar herzlos? Welche Art von Fällen übernahm er? Gehörte er zu der Sorte Anwalt, die auch das Mandat eines internationalen Konzerns übernahm, der versuchte, einen kleinen Mitbewerber zu zerstören, um die Gewinne zu maximieren?

Dann ermahnte ich mich innerlich. Sicher, nach dem heutigen Tag war ich Anwälten gegenüber nicht besonders wohlwollend eingestellt, aber was ich gerade tat, war Carter gegenüber nicht fair. Ich lächelte höflich.

»Die Gegend wird immer beliebter. Ich bin schon vor Jahren hierher umgezogen, als das Viertel noch nicht so schick war. Ich liebe es. Hier gibt es noch ein Gemeinschaftsgefühl.«

»Wo wir gerade von Gemeinschaftsgefühl reden, Kate hat mich zu dem Charity-Event eingeladen. Ich habe ein wenig recherchiert. Es dient einem wirklich guten Zweck.«

»Absolut. Wirst du kommen?«

»Ja. Ich habe mir den Abend freigehalten.«

Ich lächelte. Ein herzloser Mann würde sich ja wohl kaum für Wohltätigkeitsorganisationen interessieren. Stimmt doch, oder?

3

Carter

Unser Essen wurde gebracht, und wir aßen schweigend. Währenddessen nutzte ich die Gelegenheit, Val zu beobachten, wie ich es schon im Café getan hatte. Sie war mir sofort aufgefallen, als ich sie in der Reihe vor mir entdeckt hatte. Und ich hatte einen guten Blick auf sie gehabt. Sie war atemberaubend und dazu noch sehr unterhaltsam. Die Viertelstunde, die ich heute Morgen mit Val verbracht hatte, war der Höhepunkt meiner Woche gewesen.

Als ich gerade das Restaurant betreten hatte, hatte ich zuerst ihr Haar bemerkt – diese langen, dichten Locken, die ihr über den Rücken fielen.

Ich konnte mir nur vorstellen, wie es sich anfühlen würde, meine Hände darin zu vergraben, um sie an mich zu ziehen.

Selbst jetzt konnte ich den Blick kaum von ihr abwenden. Sie war wirklich schön, mit diesem schwarzen Top, das ihr über eine Schulter fiel. Ich war größer als sie, also hatte ich heute Morgen eine gute Sicht auf ihren Ausschnitt gehabt. Allein bei der Erinnerung wurde mir innerlich bereits ganz heiß.

Irgendwann während des Essens brummte mein Telefon mit einer ankommenden Nachricht.

»Tut mir leid, ich muss kurz schauen, ob es etwas Dringendes ist.«

April: Ich gehe mit ein paar Leuten aus meinem Englischkurs ins Kino und werde erst spät nach Hause kommen.

Ich stöhnte, dann fiel mir wieder ein, dass ich nicht allein war. Val beobachtete mich neugierig.

»Ärger in der Arbeit?«

»Nein … es ist meine Nichte«, gab ich widerwillig zu. »Sie hat mir gerade eine Nachricht geschrieben, um mich wissen zu lassen, dass sie erst spät nach Hause kommen wird. Sie hat es mir mitgeteilt, mich nicht um Erlaubnis gefragt. Da wird ein negativer Präzedenzfall geschaffen. Sie wird bald fünfzehn.«

Ich hatte keine Ahnung, wieso ich ihr das alles erzählte.

Val stemmte die Ellbogen auf den Tisch und musterte mich aufmerksam. »Lass mich raten … du willst streng sein, aber natürlich nicht, dass sie dich hasst?«

»Ja, genau. Woher weißt du das?«

Sie schenkte mir ein leichtes Lächeln. Nein, Moment. Das war nicht nur ein Lächeln. Es wirkte eher, als müsste sie gegen ein Lachen ankämpfen. »Soll ich dir einen Rat geben?«

»Ja, bitte.«

Ich hatte meine Eltern gefragt, was sie an meiner Stelle tun würden, doch ich wollte eine dritte Meinung hören. Seitdem die Mädchen bei mir lebten, pendelte Mom zwischen L.A. und Montana. Meinem Vater gehörte immer noch die Tannenbaumplantage, auf der ich aufgewachsen war. Nach Hannahs Tod hatte Mom sich mehr Kontakt zu ihren Enkelkindern gewünscht. Sie hatte ihren Job als Lehrerin aufgegeben und sich stattdessen als freie Lektorin selbstständig gemacht, um flexibler zu sein. Ich hatte eine kleine Wohnung für sie angemietet und ihr auch angeboten, dass sie beide hierherziehen konnten, weil ich mühelos für alle Kosten aufkommen konnte. Doch dafür war mein Dad einfach zu stolz. Die Plantage war sein Leben, auch wenn er inzwischen etwas langsamer machen musste. Er musste sich bald einer großen Hüftoperation unterziehen. Mom war eine Woche vor Schulbeginn zurück nach Montana geflogen, und dieses Mal würde sie ein paar Monate dort verbringen.

»Du musst streng sein. Sie wird dich eine Weile hassen, aber irgendwann kommt sie darüber hinweg. Du musst ihr unbedingt klarmachen, dass du sie nicht kontrollieren willst. Und was auch sehr wichtig ist: Stell klare Regeln auf.«

»In der Theorie ergibt das Sinn. Jetzt muss ich nur noch die richtigen Worte finden.«

Dieses Mal lachte Val wirklich. Und da ich heute Morgen bereits mit ihr gelacht hatte, konnte ich den Unterschied erkennen – diesmal lachte sie über mich.

»Du bist Anwalt. Ich bin mir sicher, dass du einen Weg finden wirst, deine Meinung zu vertreten«, meinte sie.

»Das ist was anderes, fürchte ich.«

»Ich verstehe.«

»Im Ernst?«

Für gewöhnlich sprach ich nicht über meine Nichten. Den meisten Leuten war es egal, aber Val wirkte ehrlich interessiert. Das gefiel mir sehr.

Ein Kellner kam vorbei und fragte, ob wir die Rechnung haben wollten. Ich nickte, obwohl ich am liebsten noch sitzen geblieben wäre. Ich hatte bei Weitem noch nicht genug Zeit mit Val verbracht, doch ich hatte einen Termin am anderen Ende der Stadt.

Als die Rechnung gebracht wurde, griff ich instinktiv danach, aber Val legte die Hand ebenfalls darauf.

»Nein, Mister. Wir teilen die Rechnung. Darauf hatten wir uns geeinigt.«

»Ich habe nicht ausdrücklich zugestimmt.«

Ihr blieb der Mund offen stehen, und das Feuer in ihren grünen Augen brannte so hell, dass ich sie küssen wollte, bis sie diese langen Beine um meinen Körper schlang und um mehr bettelte.

»Das habe ich anders in Erinnerung. Du hast genickt.«

Ich hob kapitulierend die Hände. »Stimmt, stimmt. Ich bin ein Mann, der zu seinem Wort steht.«

»Hmmm. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dir glauben soll.«

Sie beäugte mich misstrauisch, bis wir beide unser Geld auf den Teller gelegt hatten, und sagte dann: »Bevor ich es vergesse: Hast du Kate schon Bescheid gegeben, dass du zu dem Charity-Event kommst?«

»Noch nicht, aber ich werde ihr eine E-Mail schicken.«

»Ich habe Zugang zur Gästeliste, da ich ein paar der Gäste kenne. Ich werde dich draufsetzen lassen. Es wird sicher toll. Auch wenn es für mich ziemlich anstrengend werden dürfte. Ich muss mich unter die Leute mischen.«

Aber sicherlich nicht den gesamten Abend lang. Sobald alle ein paar Cocktails intus hatten, wären alle Versuche, Kontakte zu knüpfen, sowieso hinfällig, weil sich die Leute am nächsten Tag nicht mehr an das Gespräch erinnern konnten. An den Veranstaltungsort der Gala war ein großer Garten angeschlossen. Ich könnte einen schönen Spaziergang mit Val machen, wenn sie mit dem Netzwerken fertig war. Vielleicht könnten wir sogar zu zweit ein Glas Wein trinken, damit ich sie besser kennenlernen konnte. Und vielleicht sogar diese üppigen Lippen kosten.

Davon träumte ich bereits seit heute Morgen. Ich hatte ständig an sie denken müssen, was für mich etwas vollkommen Neues war. Ich war stets fähig gewesen, in der Arbeit einen kühlen Kopf zu bewahren. Doch heute war mir immer wieder ihr Dekolleté in den Sinn gekommen. Wenn ich an einer ihrer Brustwarzen saugte, würde sie mir dann ihre Hüften entgegendrängen? Wie leidenschaftlich würde sie auf meine Berührungen reagieren?

Val zog ein riesiges Handy aus der Tasche und legte es auf den Tisch.

»Lass uns mal sehen. Hier ist die Gästeliste.« Sie rief eine Tabelle mit vier Spalten auf. Name, Begleitung, E-Mail, Telefonnummer.

Meine Fantasie war außer Kontrolle geraten, nur um jetzt gegen eine Wand zu fahren, als ich neben Vals Namen in der Spalte »Begleitung« einen Männernamen entdeckte. Sie ging nicht allein zu der Gala. War das nur ein Bekannter, oder hatte sie einen festen Freund?

Ich kämpfte darum, klar zu denken, als Val fragte: »Bringst du jemanden mit?«

»Nein.«

»Wie heißt du denn mit Nachnamen? Und gibst du mir noch deine E-Mail und deine Telefonnummer?«

»Sloane.« Ich nannte ihr auch die anderen Informationen, immer noch damit beschäftigt, meine Enttäuschung zu verarbeiten.

»Fertig.«

Ich erhob mich von meinem Stuhl, dann zog ich ihren heraus. Sie sah überrascht auf.

»Ich nehme diese Sache mit den guten Manieren sehr ernst.«

»Offensichtlich.«

»Danke, dass du mir Gesellschaft geleistet hast, Val.«

Ich konnte einfach nicht anders – als sie aufstand, kam ich ihr näher, als es der Anstand gebot. Es war wunderbar, ihr leises, überraschtes Seufzen zu hören.

4

Val

Die freitäglichen Abendessen waren in der Connor-Familie eine heilige Tradition. Ich nannte es gerne die Zeit zum Krafttanken. Egal, wie schrecklich oder ermüdend eine Woche auch gewesen sein mochte, diese paar Stunden, die ich mit meinen Geschwistern verbrachte, luden meine Batterien immer wieder auf. Ich wollte wissen, was bei jedem gerade so los war.

Während ich kochte, rief Ethan an. Ich hatte ihn aus meiner Kontaktliste gelöscht, also hob ich ab, als eine unbekannte Nummer auf dem Display aufleuchtete, weil ich dachte, es könnte etwas mit der Wohltätigkeitsgala zu tun haben.

»Hey, Val.«

Ich zuckte zusammen, als hätte mir jemand einen Stromschlag verpasst. »Ethan, warum rufst du an?«

»Hör mal, ich weiß, dass wir so unsere Differenzen miteinander hatten …«

»Du hast mich betrogen«, fiel ich ihm vorwurfsvoll ins Wort und lehnte mich gegen die Arbeitsfläche.

»Es war nie die Rede davon, dass wir uns nicht mit anderen treffen.«

Ich blinzelte mehrfach, weil meine Eingeweide sich verkrampften. Das stimmte, wir hatten nie darüber gesprochen, niemand anderen zu daten. Aber ich war davon ausgegangen, dass das eine Selbstverständlichkeit war. Wie hatte ich so gutgläubig sein können? Gott, mir war echt nicht mehr zu helfen … ständig am Träumen und am Hoffen. Betrogen zu werden traf mich tief.

»Was willst du?«

»Lass uns noch mal neu anfangen.«

»Kein Interesse.«

»Nun sei doch nicht so. Wir könnten darüber reden. Weißt du, was? Wir können vor der Wohltätigkeitsgala essen gehen.«

»Auf der wirst du nicht sein.«

Sicher, ich hatte ihn als meine Begleitung angegeben, aber dachte er wirklich, die Einladung stünde noch?

»Val, komm schon. Du hast versprochen, mich diesem Producer vorzustellen.«

Hatte Ethan bloß deswegen angerufen? Weil er sich diesen geschäftlichen Kontakt erhoffte? Ich fühlte mich klein, so klein. Aber ich hatte nicht vor, irgendjemandem zu erlauben, mir dieses Gefühl zu vermitteln.

»Ethan, nur für den Fall, dass das bisher noch nicht klar gewesen sein sollte: Ich ziehe die Einladung zurück. Ruf mich nicht mehr an.«

Damit legte ich auf, bevor ich ein paarmal tief durchatmete. Ich fühlte mich verloren, doch ich musste mich zusammenreißen. Meine Geschwister würden bald zum Abendessen kommen. Wenn ich mit langer Miene herumlief, würden sie mir sofort auf die Schliche kommen … und ich wollte unser Abendessen nicht in ein Trauerspiel verwandeln.

Landon und ich sprachen kurz über meinen Ärger mit Beauty SkinEssence, als er ankam. Ich hatte nichts Neues zu berichten, denn seit dem Mediationstreffen vor drei Tagen hatte ich nichts mehr von der Gegenseite gehört. Mein Zwillingsbruder hatte die Firma mit mir gegründet, ehe er aufgebrochen war, um sein eigenes Ding durchzuziehen, und sich zu einem schwer erfolgreichen Geschäftsmann gemausert hatte.

Als Hailey ankam, bemühte ich mich, mir nichts anmerken zu lassen. Vergeblich.

Es dauerte genau sieben Minuten, bis sie mit dem Finger auf mich zeigte und sagte: »Einen Moment mal. Wieso siehst du aus, als bräuchtest du eine ganze Flasche Pinot Noir ganz für dich allein? Dein Lächeln erreicht nicht die Augen.«

»Was?«

»Wenn du lachst oder lächelst, wirken deine Augen trotzdem ein bisschen traurig.«

Mist, jetzt war die Katze aus dem Sack. Es zu leugnen hatte keinen Sinn. Ich gab nach und erzählte ihr von dem Telefonat mit Ethan.

»Zum Teufel mit diesem Idioten«, zischte Hailey. »Weißt du, was? Ich werde ihm die Meinung geigen.«

»Nein, das wirst du nicht tun. Das ist er doch gar nicht wert.«

»Sicher, aber wie soll er sonst seine Lektion lernen?«

»Lass uns das Thema wechseln, sonst kommen uns die Jungs auf die Schliche.«

Ende der Leseprobe