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Eine heiße gemeinsame Nacht verändert ihr Leben für immer! Im fünften Band erzählt die Königin der prickelnden Romance von dem begehrtester Junggeselle Chicagos: Travis Maxwell. Eine heiße gemeinsame Nacht ist alles, was Travis Maxwell und Bonnie verbinden soll. Danach wollen sie getrennte Wege gehen. Schließlich ist Bonnie es gewohnt, sich allein durchs Leben zu kämpfen. Als sie nach dem One-Night-Stand unverhofft schwanger ist, glaubt sie, wieder ohne Hilfe dazustehen. Doch Travis denkt gar nicht daran, Bonnie im Stich zu lassen. Vor allem, weil sie ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf geht. Aber kann er als begehrtester Junggeselle Chicagos Bonnie wirklich davon überzeugen, sich auf mehr als leidenschaftliche Momente einzulassen? Die Maxwell-Brüder sind die heißesten Männer, die Chicacgo zu bieten hat! Jedes neue Buch ist wie eine süße Verführung. Layla Hagen beglückt die Leser:innen mit jeder neuen Geschichte ihrer romantisch-heißen Liebesromanreihen! »Layla Hagen ist die Queen der Familiengeschichten. Ich kann euch einfach alle Bücher der Autorin nur ans Herz legen!« lache.liebe.lese »Layla Hagens Bücher machen süchtig! Voller Verheißung, Spannung und der Suche nach der wahren Liebe!« bluetenzeilen »Jede Menge Romantik, klopfende Herzen, Charme und prickelnde Augenblicke. Ich genieße alle davon.« buchblog_lesehungrig »Ich kann sie jedem Romance-Liebhaber absolut ans Herz legen!« love_booksandpixiedust Spritzige Dialoge, große Gefühle und ganz viel Liebe – Die »The Maxwells«-Reihe bietet alles, was das Herz begehrt: This Love is Forever (The Maxwells 1) This Kiss is Forever (The Maxwells 2) This Dream is Forever (TheMaxwells 3) This Feeling is Forever (The Maxwells 4) This Passion is Forever (The Maxwells 5) This Match is Forever (The Maxwells 6)
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Aus dem amerikanischen Englisch von Vanessa Lamatsch
© Layla Hagen 2022
Titel der Originalausgabe: »Love Me Forever«,
Independently Published 2022
© everlove, ein Imprint der Piper Verlag GmbH, München 2024
Redaktion: Anita Hirtreiter
Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)
Covergestaltung: Sandra Taufer, München
Covermotiv: Bilder unter Lizenzierung von Shutterstock.com genutzt
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Cover & Impressum
1
Travis
2
Bonnie
3
Travis
4
Bonnie
5
Bonnie
6
Travis
7
Travis
8
Bonnie
Einen Monat später
Oceanwell Bay
9
Bonnie
10
Travis
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Bonnie
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Travis
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Travis
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Bonnie
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Travis
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Bonnie
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Bonnie
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Travis
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Travis
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Bonnie
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Travis
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Bonnie
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Bonnie
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Bonnie
Epilog
Travis
Inhaltsübersicht
Cover
Textanfang
Impressum
Kaum hatte ich den Flugzeugmodus ausgeschaltet, verkündete mein Handy mir piepend den Eingang neuer Nachrichten. Ich stand am Gepäckband und hielt geistesabwesend nach meinem Koffer Ausschau, während ich mir ansah, was meine Nichte mir gesendet hatte. Sie war elf Jahre alt und besessen vom Thema Fotografie, also hatte ich ihr zu Weihnachten eine gute Kamera geschenkt. Jetzt schickte sie mir alle paar Stunden Bilder, die sie gemacht hatte.
Mich störte das nicht, denn ich hatte eine Schwäche für Paisley. Bisher war sie das einzige Kind in meiner großen Familie. Ich hatte fünf Brüder, von denen inzwischen zwei verlobt und zwei sogar schon verheiratet waren, und zwei Cousinen. Hin und wieder fühlte sich meine Nichte einsam, das wusste ich, und ich war froh um unser gutes Verhältnis. Sie war ein wirklich liebes Mädchen und wurde langsam zu einer richtig guten Fotografin.
Paisley: Tausend Dank, Onkel Travis! Die Kamera ist einfach toll. Was hältst du von meinem Bild?
Ehrlich gesagt, kannte ich mich mit Fotografie nicht aus, aber ich fand, es war ihr gut gelungen, die desolate Stimmung von Chicago im Winter einzufangen.
Travis: Du hast echt Talent, Kleine.
Paisley: Ich will so gut werden, dass ich bei allen Familienhochzeiten die Fotos schießen kann.
Das erschien mir ein sehr ehrgeiziges Ziel, aber man wusste ja nie. Zwar hatten Luke und Tyler ihren Freundinnen bereits einen Heiratsantrag gemacht, doch es stand noch nicht fest, wann genau sie sich das Jawort geben würden. Wie auch immer: Wenn Paisley sich etwas vornahm, schaffte sie es auch. In dieser Hinsicht war sie wirklich eine waschechte Maxwell.
Travis: Bleib dran, dann bist du bald ein Profi!
So, das war auf jeden Fall wahr. Ich fand es wichtig, Paisleys Selbstbewusstsein zu stärken.
Über Weihnachten hatte ich mich im Kreise meiner Familie entspannt, aber jetzt hatte mich die Geschäftswelt wieder. Mein Terminkalender war voll, und ich hatte eine Menge zu erledigen. Hab immer ein Ziel vor Augen! war das Motto von uns Maxwells, das auch mich antrieb.
Vor einigen Jahren hatte ich eine große Softwarefirma mit Programmen für die Analyse von Aktientrends aufgebaut und dann verkauft, und nun bereitete ich mich darauf vor, ein Hotel zu eröffnen. Das war eine vollkommen andere Branche, doch ich liebte Herausforderungen.
Außerdem war das meine Chance, zum Familienvermächtnis beizutragen.
Das Flugzeug war relativ leer gewesen, weil nicht viele Leute an diesen abgelegenen Ort in Südkalifornien flogen, aber mir fiel eine junge braunhaarige Frau auf, die gerade ihre Tasche vom Gepäckband hob. Sie hatte im Flugzeug ein paar Reihen vor mir gesessen. Offen gestanden, fand ich sie sehr attraktiv, doch ich musste mich auf mein Vorhaben konzentrieren. Bei diesen Verhandlungen ging es ums Eingemachte.
Ich schnappte mir meinen Koffer und ging dann direkt zum Autoservice. Als ich mein Zimmer in Oceanwell Bay gebucht hatte, hatte das Hotel mir erklärt, dass es in der Gegend kein Uber gab, da die kleine Gemeinde einfach keinen Markt dafür bot. Es gab ein paar Autovermietungen, aber nicht am Flughafen selbst. Glücklicherweise hatte meine Assistentin einen Abholservice organisiert.
Zwar hätte ich auch mit dem Hubschrauber fliegen können, doch der Heliport lag noch weiter von Oceanwell Bay entfernt als der Flughafen, also hätte ich nach der Landung das gleiche Transportproblem gehabt. Meine Reisen organisierte ich gern so effizient wie möglich, was der Grund war, wieso ich mir überhaupt einen Hubschrauber gekauft hatte.
Mein Besuch hier hatte nur ein Ziel: Tim Woodson davon zu überzeugen, die Geschäftsleitung meines Hotels zu übernehmen. Ich wusste, wie man die besten Leute fand und überzeugte, für mich zu arbeiten. Das war generell mein Erfolgsrezept. Leider hatte Tim sich bisher noch nicht überzeugen lassen, daher hatte ich ihm meinen Besuch angekündigt. Wir hatten schon telefoniert, doch manche Dinge erledigte man besser von Angesicht zu Angesicht.
Als ich mich dem Tresen näherte, entdeckte ich ein bekanntes Gesicht davor. Es war dieselbe Brünette, die ich bereits im Flugzeug und am Gepäckband gesehen hatte. Sie trug einen langen Rock, von dem ich vermutete, dass er schlanke, sexy Beine verbarg. Der riesige Gürtel um ihre Taille betonte ihre Kurven. Ihr Mantel lag über ihrem Koffer. Während sie mit der Angestellten sprach, nahm ich mir die Zeit, sie endlich richtig zu mustern. Diese Frau war echt scharf.
»Es tut mir leid, aber das Taxi, das Sie gebucht haben, wird erst in ungefähr einer Stunde wieder zurück sein. Und andere gibt es gerade nicht«, erklärte die Dame hinter dem Tresen soeben. »Der einzig verfügbare Wagen ist bereits gebucht.«
Von mir.
»Sind Sie sich sicher, dass die Person, die den Wagen gebucht hat, wirklich im Flugzeug saß? Sie sollte doch inzwischen hier sein.«
»Ich bin mir ganz sicher, dass die Person angekommen ist. Sonst wären wir benachrichtigt worden.«
»Ist das denn die einzige Möglichkeit, nach Oceanwell Bay zu kommen? Oder gibt es eine Autovermietung am Flughafen?«, fragte die Brünette.
»Leider nein, Ma’am. Wir sind eine kleine Gemeinde, und normalerweise können wir alle Wünsche erfüllen. Die Verzögerung tut mir wirklich leid, aber all unsere Fahrer befördern gerade jemanden. Derjenige, den wir für Sie vorgesehen hatten, hängt nach einem Unfall im Stau fest, daher braucht er länger als erwartet.«
Ich trat an den Tresen und stellte meinen Rollkoffer neben dem Gepäck der Brünetten ab. »Guten Abend. Mein Name ist Travis Maxwell. Ich habe einen Wagen bei Ihnen gebucht.«
Die Servicekraft lächelte mich an. »Da sind Sie ja, Sir. Ich wusste doch, dass Sie im Flugzeug saßen.«
Ich warf der braunhaarigen Frau einen vielsagenden Blick zu. Die Andeutung, dass ich vielleicht meinen Flug verpasst hatte, war wirklich geschickt gewesen – und ein wenig hinterhältig.
»In Ordnung, wir haben Ihre Kreditkarte und Ihre Daten gespeichert«, sagte die Angestellte. »Ihre Assistentin hat sich um alles gekümmert. Ich werde Ihrem Fahrer sagen, dass Sie da sind.«
Als ich nickte, erhob die Frau sich von ihrem Stuhl und verschwand durch eine Hintertür. Ich drehte mich um und konzentrierte mich auf die attraktive Brünette. Sie war wirklich atemberaubend. Ihre blauen Augen fielen mir gleich auf, denn sie waren ganz leicht grün umrandet … oder war das Grau? Nur mit Mühe konnte ich mich davon abhalten, mich vorzulehnen, um ihre Pupillen genauer zu betrachten.
»Ich kann das nicht glauben«, meinte sie. Sie klang frustriert, was ich ihr nicht übel nehmen konnte. Es war schon spät, und ihre Möglichkeiten waren begrenzt.
»Ich konnte nicht anders, als mitzuhören, dass wir quasi dasselbe Ziel haben«, sagte ich.
Sie lächelte, doch es wirkte angestrengt. »Das stimmt. Nun ja, Sie werden das Ziel wohl erreichen. Ich muss noch eine Stunde warten.«
»Ich hätte einen Vorschlag. Wir könnten uns den Wagen teilen.«
Sie zog die Augenbrauen hoch, weil sie offensichtlich kurz darüber nachdenken musste. Dann lächelte sie wieder, und diesmal wirkte es ehrlich. »Schon. Aber ist es für eine Frau nicht gefährlich, mit einem Fremden mitzufahren?«, meinte sie scherzend.
Doch ich konnte die Sorge in ihren Augen sehen. Ich hätte mir auch Sorgen gemacht, wenn meine Cousinen mit einem Kerl, den sie nicht kannten, in ein Auto steigen würden, daher verstand ich ihre Vorsicht.
»Das stellt auch kein größeres Risiko dar, als ein Uber zu bestellen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Das ist nicht dasselbe. Uber stellt einem den Namen des Fahrers und Details über die Route zur Verfügung.«
»Sie haben die Dame gehört. Sie hat meine Kreditkarte und meine Kontaktdaten gespeichert, also hat sie alle Informationen über mich, die man sich nur wünschen kann. Außerdem ist da ja noch der Fahrer, und seine Daten sollten sichtbar sein. Und wenn Sie möchten, können wir Ihre Adresse in den Auftrag aufnehmen, sodass alles dokumentiert wird«, schlug ich vor.
Sie schwieg ein paar Sekunden und nickte schließlich. »Okay. Vielen Dank. Ich werde das Angebot annehmen.«
Aus irgendeinem Grund machte mich das glücklich. Ich wollte einfach nicht, dass sie hier noch eine Stunde dumm herumstehen musste. Vielleicht lag das an meinem Beschützerinstinkt. Natürlich lag es daran, verdammt! Schließlich lag uns Maxwell-Männern dieser Beschützerinstinkt einfach im Blut.
Die Angestellte kam zurück.
»Die Dame hier hat sich entschlossen, mit mir zu fahren. Haben Sie alle Informationen gespeichert, die Sie brauchen?«, fragte ich.
Die Angestellte setzte sich. »Aber natürlich. Mr Travis Maxwell. Ms Bonnie Wilson. Ich habe auch Ihre Zieladressen im System.«
»Wo fahren Sie hin?«, fragte mich Bonnie.
»Zum Winston Hotel.«
»Das ist nur ungefähr zehn Minuten von meinem Bungalow entfernt. Andererseits liegt in Oceanwell Bay eigentlich alles ziemlich nah beieinander.«
Ich schnappte mir den Griff meines Koffers und mit der anderen Hand den von Bonnie. »Ich werde mich darum kümmern«, erklärte ich ihr, weil ich bemerkt hatte, dass sie noch eine weitere kleine Tasche über der Schulter trug. Das war nur höflich.
»Vielen Dank.«
Wurde sie etwa rot?
Das Wetter draußen war kühl, aber angenehm. Der Fahrer wartete bereits mit offenem Kofferraum, um unser Gepäck zu verstauen. Ich glitt auf die Rückbank hinter dem Beifahrersitz. Bonnie wählte den Platz hinter dem Fahrer. Als sie sich auf die Bank schob, verrutschte ihr Kleid leicht, sodass ich einen kurzen Blick auf ihre nackte Haut erhaschte. Obwohl sie den Rock schnell wieder zurechtrückte, hatte ich genug gesehen, um meine Fantasie anzuregen. Ich hatte recht gehabt. Sie hatte unendlich lange Beine.
»Was führt Sie nach Oceanwell Bay?«, fragte ich, als der Fahrer sich in den Verkehr einfädelte.
»Ich wohne seit letztem Frühling hier und war nur über die Feiertage zu Hause. Eigentlich arbeite ich in einer Tierklinik in Chicago, aber dann habe ich das Angebot bekommen, ein Jahr hier zu verbringen. Ich wollte immer schon mal Erfahrungen mit Wildtieren sammeln, also habe ich den Job angenommen. Und Sie?«
»Ich eröffne bald ein Hotel in Chicago und will den Geschäftsführer des Winston überzeugen, stattdessen für mich zu arbeiten.«
Bonnie musterte mich einen Moment schweigend, dann fing sie an zu lachen. »Sie wollen den Geschäftsführer des Hotels, in dem Sie wohnen werden, abwerben?«
»Ja.«
»Sie sind wirklich dreist!«
Der Fahrer verschluckte sich angesichts ihres Kommentars. Ich lachte nur, beeindruckt von ihrer Ehrlichkeit.
»Stimmt. Das höre ich ziemlich oft, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass Sie mich so schnell durchschauen.«
»Oh, das habe ich sofort bemerkt. Das hier hat es mir bloß noch mal bestätigt.«
»Da redet die Richtige. Sie haben doch versucht, die Angestellte davon zu überzeugen, Ihnen mein Taxi zu überlassen, oder?«
Sie errötete und presste die Lippen aufeinander. »Ich war davon ausgegangen, dass Sie Ihr Flugzeug verpasst haben.«
»Ach wirklich?«
»Wie heißen Sie eigentlich? Ich habe nicht aufgepasst, als die Angestellte Ihren Namen genannt hat.«
»Travis. Wollen wir uns nicht duzen?«
»Gern. Schön, dich kennenzulernen, Travis. Danke, dass du mich heute Abend gerettet hast. Ich hatte schon das letzte Mal genau dasselbe Problem.«
»Wie hast du es da gelöst?« Mir gefiel die Vorstellung nicht, dass sie allein in der Dunkelheit herumstand und auf einen Wagen wartete.
»Ich habe einen Freund in der Stadt angefleht, mich abholen zu kommen.«
»Und dieser Freund konnte heute Abend nicht?« Aus irgendeinem Grund nervte mich der Gedanke, dass ein anderer Kerl ihr geholfen hatte.
»Ich hatte keine Gelegenheit, ihn anzurufen. Dein Vorschlag klang ganz vernünftig. Außerdem wollte ich ihn nicht schon wieder belästigen.«
»Also bin ich jetzt vernünftig und nicht mehr dreist?«
Sie grinste. »Es ist durchaus möglich, dass beides gleichzeitig zutrifft.«
Ich musterte sie anerkennend. Mir gefielen schlagfertige Frauen.
Ein paar Minuten später erreichten wir Oceanwell Bay. Ich bestand darauf, dass wir sie zuerst bei ihrem Bungalow absetzten. Laut unserem Fahrer lag es auf dem Weg, folglich passte das perfekt.
»Was hast du heute Abend vor?«, fragte ich, als wir uns der Adresse näherten.
»Oh, keine Ahnung. Die Reise war anstrengend, also werde ich es wahrscheinlich ruhig angehen lassen. In Ruhe duschen, ein Buch lesen und dann ins Bett gehen. Morgen muss ich schon um halb sechs aufstehen.«
»So früh?« Das war eine sinnlose Frage, doch es hatte mich überrascht, dass ihr Wecker bereits um diese Uhrzeit klingelte.
»Ja. Das glamouröse Leben einer Tierarzthelferin. Aber mir macht das nichts aus. Ich habe meine Tiere vermisst. Ich kann es kaum erwarten, sie morgen wiederzusehen.«
»Ich dachte, du arbeitest mit Wildtieren. Wie können es da deine Tiere sein?«
»Einige von ihnen brauchen längere Behandlungen, daher nehmen wir sie für eine Weile auf, bevor wir sie wieder freilassen. Die Fachwelt diskutiert heftig darüber, ob es ihnen wirklich hilft, wenn sie so viel Kontakt zum Menschen haben. Das könnte Einfluss auf ihr weiteres Leben haben, sobald wir sie wieder in ihr Habitat entlassen haben. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass Streicheleinheiten irgendwem schaden.«
Jetzt zeigte sie sich von einer ganz anderen Seite, womit ich nicht gerechnet hatte. Die Wärme in ihrem Blick verriet mir deutlich, wie sehr sie diese Kreaturen liebte. Bonnie faszinierte mich.
»Iss mit mir zu Abend«, sagte ich.
Sie machte große Augen und zeigte dann eine vollkommen unerwartete Reaktion: Sie fing an zu lachen. Was nicht allzu gut für mein Ego war, doch sobald sie sich beruhigt hatte, meinte sie: »Wieder ein Beispiel für deine Dreistigkeit.«
Der Fahrer stieß ein seltsames Geräusch aus. Ich war mir nicht sicher, ob er lachte oder hustete. Vielleicht hustete er, um ein Lachen zu unterdrücken. Aber wieso belauschte er unser Gespräch überhaupt?
»In Ordnung. Deine Argumente, mir diesen Wagen mit dir zu teilen, waren überzeugend. Aber jetzt bin ich neugierig, wieso ich mit einem Wildfremden zu Abend essen sollte.« Ihre schelmische Miene verriet mir, dass ihre freche Seite wieder die Oberhand gewonnen hatte. Sie strich sich eine Strähne hinters Ohr und musterte mich eingehend. Wieder musste ich den Impuls unterdrücken, mich vorzulehnen, um ihre Augen genauer zu betrachten. Außerdem war es hier im Wagen sowieso zu dämmrig dafür. Allerdings verlockten mich ihre Lippen.
»Wenn du mit mir zu Abend isst, wäre ich ja kein Fremder mehr. Sondern ein gut aussehender Mann, der dich ausführt«, sagte ich mit jedem Quäntchen Maxwell-Charme, das ich aufbringen konnte.
Bonnie nickte. Ich wollte meinen Sieg bereits feiern, doch dann stieß sie einen Pfiff aus. »Es ist eine Sache, zu akzeptieren, dass du dreist bist, aber einfach hinzunehmen, dass du dich selbst als gut aussehend bezeichnest, ist etwas ganz anderes. Du weißt schon, was man über Leute sagt, die sich selbst wahnsinnig toll finden?«
»Ja, aber das trifft nicht zu, wenn das Selbstlob den Tatsachen entspricht.«
Bonnie lachte wieder, als der Wagen langsamer wurde. »Ich glaube nicht, dass ich das unterschreiben kann. Es war schön, dich kennengelernt zu haben, Travis. Danke fürs Mitnehmen und das Gespräch. Ich konnte diese nette Ablenkung am Ende eines anstrengenden Tages gut brauchen. Viel Glück dabei, den Geschäftsführer abzuwerben!«
Damit stieg sie aus dem Wagen.
Verdammt.
Ich war wie vor den Kopf gestoßen. So eine Abfuhr hatte ich schon seit einer Weile nicht mehr bekommen.
Eine nette Ablenkung. Ich war viel mehr als das.
Ich hätte das als Hinweis nehmen können, es einfach gut sein zu lassen. Aber so war ich einfach nicht. Gut, ich war hier, um Tim davon zu überzeugen, sich meinem Team anzuschließen. Geschäft war Geschäft. Doch Bonnie lebte nicht weit vom Hotel entfernt. Und ich war entschlossen, sie wiederzusehen.
»Das war’s. Du bist so ein guter Junge. Bald wird es dir besser gehen, versprochen. Ich weiß, dass es wehtut, aber es wird helfen«, sagte ich mit beruhigender Stimme, als ich die Salbe einmassierte.
Ich stand bis zur Hüfte im Salzwasser-Innenbecken. Oceanwell Rescue gehörte zu den anerkanntesten Kliniken für die Behandlung von Wildtieren, obwohl diese südkalifornische Kleinstadt ziemlich abgelegen und verschlafen war.
Der Delfin, um den ich mich gerade kümmerte, hatte sich in einem Fischernetz verfangen und Wunden davongetragen, die noch heilen mussten. Einige davon wären auch auf natürlichem Weg verheilt, doch ein hässlicher Riss hatte genäht werden müssen. Und daher musste ich tagsüber alle vier Stunden antibiotische Salbe auftragen.
Ich zitterte. Für meine Patienten war das Wasser perfekt temperiert, für mich allerdings zu kalt. Zu Hause in Chicago arbeitete ich normalerweise mit Katzen, Hunden und Hamstern – Fellbabys, wie ich sie nannte –, auch wenn uns hin und wieder mal eine Schildkröte gebracht wurde. Jetzt hatte ich das Vergnügen, zum ersten Mal einen Delfin zu behandeln, und das erforderte gewisse Opfer.
Ich hatte festgestellt, dass Delfine sich nicht so sehr nach Streicheleinheiten verzehrten wie meine Fellbabys, obwohl sie grundsätzlich freundlich waren. Aber mein Patient schien es trotzdem zu mögen, wenn ich seine Flossen streichelte. Ich hatte ihm den Spitznamen Steve gegeben. Der einzige Nachteil an der Arbeit mit Steve war das Wasser, und im Moment wünschte ich mir, mein Neoprenanzug wäre dicker.
Steve schüttelte sich quasi vor Glück. Inzwischen hatte ich gelernt, dass dieses Verhalten Freude ausdrückte, ähnlich wie ein Hund mit dem Schwanz wedelte. Ich trug die Salbe auf, wann immer er mehr als ein paar Sekunden stillhielt.
Die Tür zum Beckenbereich schwang auf, und Dante kam herein. Er war ein Kollege von mir und für die Fütterung der Tiere verantwortlich. Als er eine Kappe in der Seitenwand des Pools öffnete, schwamm Steve davon, um sich seine Mahlzeit schmecken zu lassen.
Ich kletterte aus dem Becken. »Mittagspause, hm?«, fragte ich.
»Ja. Ein paar von uns wollen ins Barbecue-Restaurant gehen. Willst du mitkommen, Bonnie?«
»Nein, danke. Ich hole mir was zum Mitnehmen und esse es dann am Strand.« Es war Januar, also war das Wetter nicht so toll. Nicht einmal hier, allerdings definitiv besser als in Chicago. Und die Sonne schien. »Aber danke, dass du mich gefragt hast, Dante.«
»Natürlich.«
Ich liebte das Leben hier. Abends war es manchmal ein bisschen zu ruhig, doch insgesamt sehr entspannend. Alle fanden es vollkommen normal, eine ganze Stunde Mittagspause zu machen. Für gewöhnlich gingen wir in eines der Restaurants in der Nähe. Ganz anders als zu Hause, wo wir in der Regel so beschäftigt waren, dass wir uns nur ein paar Minuten gönnten, um unsere mitgebrachten Sandwiches zu verschlingen, bevor wir uns wieder in die Arbeit stürzten. Wenn wir mal Pizza für alle Angestellten bestellten, was nur äußerst selten vorkam, war sie die Hälfte der Zeit schon kalt, ehe wir überhaupt zum Essen kamen.
Sonst schloss ich mich meinen Kollegen an, aber heute wollte ich einen Strandspaziergang machen. Ich konnte es kaum erwarten, nach dem kalten Wetter in Chicago über Weihnachten und Neujahr die Sonne von Kalifornien zu genießen.
Doch davor duschte ich noch kurz. Das Salzwasser trocknete meine Haut immer aus, und da ich heute Nachmittag nicht noch mal ins Becken musste, wollte ich mir das Salz von der Haut waschen. Glücklicherweise würde meine Kollegin Cheryl sich später um Steves Wunde kümmern.
Nachdem ich mich wieder angezogen hatte, schnappte ich mir meine Tasche und verließ die Tierklinik, wobei ich mit einem leisen Lachen feststellte, dass ich die Letzte im Gebäude war. Es war echt erheiternd, wie schnell alle zur Mittagszeit verschwanden.
Ich war jetzt seit acht Monaten hier. Was ich wirklich an Chicago vermisste, waren die vielen Foodtrucks und Restaurants mit Essen zum Mitnehmen. In Oceanwell Bay gab es bloß drei Gaststätten, und keine davon bot Take-away-Gerichte an. Das war nett, wenn man sich hinsetzen und sich in Ruhe stärken wollte, aber heute wollte ich etwas auf die Hand. Also konnte ich nur etwas vom Bäckerei-Truck gegenüber der Tierklinik kaufen. Ich ging hin und las die Karte, obwohl ich das Angebot mittlerweile auswendig kannte, denn ich gönnte mir dort regelmäßig Donuts und Muffins.
»Ein zweiter Besuch heute, Bonnie?«, fragte Alan, der Besitzer des Trucks. Er war schon ziemlich alt, aber rüstig. Er beharrte darauf, dass ihn die Arbeit im Truck fit hielt.
»Ja. Ich versuche gerade zu entscheiden, welche deiner Köstlichkeiten ich zum Mittagessen deklarieren kann.«
»Ich würde sagen, die Muffins. Schließlich werden sie mit Butter und Ei gebacken, das sind zwei Proteine. Achte darauf, dass du dir abends einen Salat gönnst, wenn dir gesunde Ernährung wichtig ist.«
Ich lächelte. »Dann zwei Muffins.«
»Kommt sofort.«
Auf einem Muffin entdeckte ich Blaubeeren, beim anderen vermutete ich schwer, dass er Schokolade enthielt. Mein Magen knurrte bereits.
Alan richtete das Gebäck für mich auf einem Papierteller an, dann bezahlte ich. Ich balancierte den Teller vorsichtig auf der Handfläche, als ich zum Strand schlenderte, um das Rauschen der Wellen und die salzige Brise zu genießen. Der Wind war stark genug, um an meinem Haar und meiner Kleidung zu zerren. Ich liebte es hier und wusste genau, dass ich Oceanwell Bay vermissen würde, wenn ich nach Chicago zurückkehrte. Natürlich hatten wir den Lake Michigan, an dessen Ufern es auch eine Menge Strände gab, aber das war nicht dasselbe.
Selbst an kühleren Tagen war am Strand eine Menge los – und an warmen Tagen war es rappelvoll. Die meisten Leute entspannten sich auf Handtüchern oder Liegestühlen, während andere sich Decken mitgebracht hatten oder leichte Jacken trugen. Die meisten schienen zu lesen oder mit ihrem Handy beschäftigt zu sein, wobei diejenigen ohne Sonnenbrille die Augen ganz schön zusammenkneifen mussten. Eine Mutter wanderte mit einem Kleinkind an der Hand den Strand entlang. Gott, wie süß dieser Junge aussah!
Ich liebte Kinder. Leider hatte bisher keine meiner Freundinnen Nachwuchs. Ich hatte auch keine Geschwister, die mir Neffen oder Nichten hätten schenken können, und ich hatte auch keine Cousins oder Cousinen. In meiner Familie gab es nur Mom, Dad und mich.
Ich hatte mir immer Kinder gewünscht, doch bisher war es nicht dazu gekommen, was völlig okay war. Ich fand es wichtig, auf den richtigen Mann und den richtigen Zeitpunkt zu warten. Allerdings war ich schon neunundzwanzig. Beruflich war bei mir alles wunderbar, doch privat könnte es besser laufen. Mein letzter Freund hatte mit mir Schluss gemacht, sobald ich nach Kalifornien gezogen war, und hier gab es kaum Gelegenheiten, Männer kennenzulernen. Glücklicherweise hatte ich in der Tierklinik mehr als genug zu tun, um mich zu beschäftigen. Ich hoffte nur, dass mein Liebesleben Schwung aufnehmen würde, wenn ich wieder in Chicago war. Die Woche zwischen Weihnachten und Silvester hatte ich mit meiner besten Freundin Ashley verbracht. Sie hatte versucht, mich zum Dating zu überreden, doch ich hatte lieber die festliche Stimmung und die Gesellschaft meiner Freunde genießen wollen.
Gerade als ich in meinen Blaubeermuffin biss, entdeckte ich eine vertraute Gestalt ein paar Schritte entfernt. Widerspenstiges Haar, hohe Wangenknochen, wunderbar muskulöser Bizeps. Travis Maxwell stand vor mir und hielt sein Anzugsjackett über dem Arm. Letzte Nacht hatte ich ihn nicht anständig bewundern können, da es im Wagen zu dunkel gewesen war, um viel zu erkennen, aber jetzt, wo er im Sonnenlicht vor mir stand, musterte ich ihn genauer. Sieh an, sieh an. Das war jetzt genau das Richtige: ein kleiner Augenschmaus zu meinen Mittagsmuffins.
Er bemerkte mich sofort und kam mit einem strahlenden Lächeln langsam auf mich zu. Gott, er war wirklich atemberaubend.
»Ich dachte mir schon, dass wir uns früher oder später noch mal begegnen würden«, meinte er. »Mein Glück, dass ich dich hier erwischt habe. Wie läuft es heute in der Tierklinik?«
»Alles gut. Ich habe mir fast den Hintern abgefroren, als ich versucht habe, Salbe auf die Wunde eines Delfins aufzutragen.« Bei der Erinnerung an das kalte Wasser überlief mich ein leichter Schauder.
Er hob die Augenbrauen. »Ihr habt einen Delfin?«
»Ja. Er ist wunderbar. Zwar habe ich eine Weile gebraucht, mich an ihn zu gewöhnen, aber inzwischen liebe ich ihn.«
Travis schob die Hand in die Hosentasche. Die Ärmel seines Hemdes waren aufgerollt, und mir fiel erst jetzt auf, dass auch seine Hosenbeine hochgezogen waren. Seine Füße waren nass.
»Warst du im Wasser?«, fragte ich, als ich bemerkte, dass er Schuhe und Socken in der anderen Hand trug.
»Ja. Ist eiskalt.«
Das brachte mich zum Lachen.
»Es sieht so einladend aus«, fuhr er fort, »aber es fühlt sich an, als wäre es gerade genauso kalt wie der Lake Michigan.«
»Oh, ich weiß. Vertrau mir. Ich habe einen Neoprenanzug für unser Innenbecken, aber selbst damit würde ich nicht ins Meer gehen. Mir würden die Füße abfrieren.«
»Meine sind schon steif gefroren.« Er schmunzelte, und das beruhigte mich auf eine Weise, die ich nicht ansatzweise erklären konnte.
Ich hätte nie gedacht, dass er der Typ Mensch war, der sich am Strand entspannte und barfuß durchs Wasser wanderte. In seinem Anzug mit dem weißen Hemd gestern hatte er so streng gewirkt. Andererseits hatte er gestern Abend bewiesen, dass er einen tollen Sinn für Humor hatte. Doch irgendwie konnte ich das Bild des skrupellosen Geschäftsmanns nicht mit dem lockeren Kerl, der seine Hosenbeine aufrollte, um durchs Wasser zu tapsen, in Einklang bringen. Dieser Widerspruch faszinierte mich.
»Wie war das Meeting? Hast du es schon geschafft, den Geschäftsführer abzuwerben?«
»Bisher hatte ich noch kein Glück. Aber ich bin hartnäckig.« Er zwinkerte mir zu.
»Darauf würde ich wetten.«
»Meine Familie würde sogar so weit gehen, mich unerbittlich zu nennen.«
»Sie halten sich nicht zurück, hm?«
Er grinste. »Niemals. Machst du gerade Mittagspause?«
»Ja.«
Er musterte mich. »Was für ein Zufall, ich auch! Wollen wir gemeinsam essen?«
Ich hob meine Muffins. »Das ist mein Mittagessen.«
Er starrte mich ungläubig an. »Das ist ein Snack, nicht mehr.«
Ich fing an zu lachen. »Machst du mein Mittagessen schlecht? Ich glaube, ich muss mich auf die Seite deiner Familie schlagen. Attraktivität kann einen unerträglichen Charakter nicht ausgleichen, das weißt du schon, oder?«
»Also bist du durchaus der Meinung, dass ich attraktiv bin?« Seine Augen funkelten schelmisch.
»Ich darf das sagen. Nur du nicht.«
»Wenn du meinst.«
Ich lachte wieder, was zu meinem Entsetzen dafür sorgte, dass die Muffins von meinem Teller rollten und in den Sand fielen. Ich kreischte entgeistert. Travis lachte immer noch. Das hast du jetzt davon, dass du ihn angegafft hast. Laut meinem Karma durfte ich nicht gleichzeitig meine Augen und meinen Magen erfreuen.
»Also das ist doch sicher ein Zeichen dafür, dass es dir bestimmt ist, mit mir zu Mittag zu essen.«
Bei seinem Kommentar bekam ich einen Lachanfall und konnte kaum mehr atmen. Und mir fiel echt kein Grund ein, Nein zu sagen. Der Mann war definitiv nett anzusehen, und ich mochte seinen Humor wirklich sehr.
Und mein Mittagessen hatte jetzt eine Sandschicht.
»Schön, du sturer Kerl! Aber erst muss ich die Muffins wegwerfen. Schließlich will ich keinen Müll am Strand hinterlassen.« Ich sammelte das Gebäck ein, legte es wieder auf den Teller und warf alles voller Bedauern in einen Mülleimer am Ende des Strandes.
»Magst du Seafood?«, fragte ich. Wenn wir schon zum Mittagessen gingen, dann wollte ich etwas richtig Leckeres.
»Ja. Hast du eine Empfehlung?«
»Ja, lass uns zu The Fish gehen. Dort gibt es – offensichtlich – immer frischen Fisch.«
Travis deutete auf eine Bank, dann setzte er sich, um seine Socken und Schuhe wieder anzuziehen. Ich lachte nur, als er sich über den Sand beschwerte.
Eine Minute später betraten wir The Fish, und ich musste einfach grinsen. Das Restaurant war voll, und ich konnte keinen freien Tisch entdecken. Travis musterte mit großen Augen die Menschenmenge.
Ich schmunzelte. »Ich wette, du hast nicht mit einem solchen Andrang gerechnet.«
»Nein.« Er wirkte wie vor den Kopf geschlagen. »Scheint, als hätte sich der ganze Ort hier versammelt.«
»O nein. In den anderen zwei Gaststätten sieht es ähnlich aus.«
»Hab’s kapiert.«
Da es hier nicht viel Auswahl gab, waren die wenigen Restaurants meistens gut besucht. Glücklicherweise erhob sich in diesem Moment ein Paar von einem Ecktisch neben der Tür, und Travis führte mich dorthin. Kaum hatten wir uns gesetzt, räumte John, der Besitzer, den Tisch ab und erklärte, dass er uns zwei Portionen des Tagesgerichtes bringen würde.
Travis sah mich überrascht an. »Es gibt keine Karte?«
»Nö. John hat mir mal erklärt, er würde so dafür sorgen, dass immer alles frisch ist. Oh, das hatte ich vergessen zu erwähnen: Hinterher werden wir wahrscheinlich nach frittiertem Fisch riechen. Die Belüftung hier ist schrecklich.« Ich wusste, dass der Geruch in unsere Kleidung kriechen würde, obwohl wir relativ weit von der Küche entfernt saßen.
»Das ist kein Problem. Ich habe heute keine Meetings mehr.«
»Also beinhaltet deine Überzeugungsarbeit nicht, dass du deinen Gegner von morgens bis abends belagerst?«
Travis strahlte, und ungelogen, mein Höschen drohte in Flammen aufzugehen.
Wieso machte mich dieser Kerl plötzlich so an? Das war doch bizarr!
»Wäre er tatsächlich ein Gegner, würde ich genau das tun. Aber das ist er nicht. Er ist jemand, mit dem ich zusammenarbeiten will.« Einen Moment hielt er inne und fügte dann hinzu: »Also umwerbe ich ihn.«
Im Restaurant war es laut genug, dass wir uns beide leicht vorgelehnt hatten, um uns besser zu verstehen. Ich kam nicht darüber hinweg, wie grün Travis’ Augen leuchteten. Er war vielleicht der attraktivste Mann, dem ich je begegnet war.
»Wie kommt es, dass du den Geschäftsführer eines kleinen Boutiquehotels in einer Stadt von zweitausend Einwohnern abwerben willst, damit er dein Großstadthotel in Chicago führt? Ich wette, das spricht eine vollkommen andere Klientel an.«
»Das stimmt. Aber er besitzt Fähigkeiten, die ich sehr schätze. Diese kleinen Luxushotels verleihen jedem Besuch eine persönliche Note, und genau danach suche ich. Das Hotel in Chicago wird klein, mit nur dreißig Zimmern. Die Idee ist, es zu einer exklusiven Unterkunft zu machen, und dieser Geschäftsführer weiß genau, wie das geht.«
»Oh, das ist wirklich klein«, stimmte ich ihm zu. »Wo wird es sein?«
Er nannte eine Adresse auf dem West Fullerton Parkway, der eine der schönsten Straßen Chicagos war. Die Architektur aus der Mitte des letzten Jahrhunderts war bezaubernd, ein eklektischer Stilmix und damit atemberaubend.
»Oh, die Adresse kenne ich. Mein Lieblingsbuchladen, The Happy Place, liegt im Erdgeschoss dieses Gebäudes.«
»Wirklich? Der gehört meiner Großmutter.«
Ich brauchte ein paar Sekunden, um eins und eins zusammenzuzählen. »Maxwell wie in Maxwell Bookstores?«
Seine Miene wurde ausdruckslos, doch er nickte. Störte es ihn, dass ich seine Familie kannte? Jeder kannte seine Familie, denn die Maxwells waren in Chicago quasi Prominenz. Na ja, eigentlich waren sie sogar im ganzen Land bekannt – aber vor allem in Chicago, weil sie nun mal daher stammten.
»Ich wusste nicht, dass deiner Familie noch Buchläden gehören.« In The Happy Place verbrachte ich unglaublich gern Zeit. Nicht nur wegen der Bücher, sondern auch, weil sie außerdem schöne Notizbücher und Karten, einzigartige Stifte und hochwertiges Papier, das man mit seinem Briefkopf bedrucken lassen konnte, verkauften.
»Tun wir nicht. Gran hat bloß diesen einen Laden behalten, weil es der erste war, den sie zusammen mit meinem Großvater eröffnet hat.«
Ich hatte immer mal wieder Geschichten von den Maxwells gehört, aber nie groß darauf geachtet, denn ich hielt nichts von der Regenbogenpresse oder dementsprechenden Internetseiten. Das überließ ich meiner Mom, deren geheimes Laster Promiklatsch war.
»Auf jeden Fall gehört Gran das ganze Gebäude«, fuhr er fort. »Die oberen Stockwerke stehen jetzt schon seit einigen Jahren leer. Sie hat immer mal wieder angedeutet, wie schön sie es fände, wenn die Räume wieder mit Leben gefüllt werden.«
Ich versuchte, mir die Größe des Gebäudes ins Gedächtnis zu rufen. »Ist das groß genug für dreißig Zimmer?«
»Nein. Ich habe die Häuser daneben dazugekauft.«
Er hatte sie gekauft?!
»Das klingt nach einem ehrgeizigen Projekt. Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, ins Hotelbusiness einzusteigen?«
»Ich hatte eine Softwarefirma, die ich noch im College gegründet und letztes Jahr verkauft habe. Dann hatte ich plötzlich unglaublich viel Freizeit, und irgendwann wurde ich ruhelos. Ich habe sozusagen nach meinem neuen Abenteuer gesucht. Gran hat das Gebäude bei Familientreffen immer mal wieder erwähnt. Daraufhin hat eins zum anderen geführt, und nun eröffne ich ein Hotel.«
Dieser Mann war unglaublich, und ich fand es wirklich aufmerksam, dass er die Wünsche seiner Großmutter mit in Betracht gezogen hatte.
Er fuhr fort: »Mir gefällt der Gedanke, in gewisser Weise das Vermächtnis meiner Familie weiterzuführen. Als sie die Buchläden verkauft haben, war ich noch ziemlich jung, aber ich hatte immer das Gefühl, dass ich gern im Familienunternehmen gearbeitet hätte.«
Mir gefiel, wie er über seine Familie sprach und dass er offensichtlich ein enges Verhältnis zu ihr pflegte. Und ich war ein ganz kleines bisschen neidisch. Zu Weihnachten und an unseren Geburtstagen telefonierte ich mit meinem Dad, doch das war es dann auch schon. Meiner Mom fiel meistens nur ein, dass sie eine Tochter hatte, wenn sie Geld brauchte. Es war ziemlich offensichtlich, dass Travis und ich in verschiedenen Welten aufgewachsen waren.
»Was machen deine Geschwister?«
»Declan ist Anwalt, Luke Architekt, Tyler spielt Eishockey, und Sam ist Arzt. Tate leitet eine riesige Weinfirma. Seine Tochter, Paisley, ist noch jung, aber ich wette, sie wird in seine Fußstapfen treten.«
»Oh wow! Ihr habt alle unterschiedliche Berufe gewählt. Wie spannend!«
»Genug von mir. Wie bist du in einer Tierklinik gelandet?«
Ich zuckte mit den Achseln. »Ich habe Tiere immer geliebt. Schon mit sechs habe ich mich um das erste Tier gekümmert. Es war ein Lamm, das in einen Graben gefallen war und sich dabei das Bein zwischen dem Boden und einem Stein eingeklemmt hatte. Ich habe es befreit. Damals habe ich viel Zeit draußen verbracht, denn wir haben auf dem Land gewohnt.«
Wann immer Mom und Dad angefangen hatten zu schreien, war ich nach draußen geflohen. Ich war viel draußen gewesen.
In diesem Moment wurde unser Essen gebracht, und ich stürzte mich darauf. Wie immer war es köstlich.
Ich sah Travis an. »Wie lautet das Urteil?«
»Das ist gut genug, um den Gestank in meiner Kleidung wert zu sein.«
Ich lachte. Er war wirklich schlagfertig, was man nicht von vielen Leuten behaupten konnte.
Wir aßen schnell und verließen dann das Restaurant. Drinnen war es einfach zu voll und zu geruchsintensiv, um lange sitzen zu bleiben, und das Wetter war so schön. Außerdem musste ich bald zurück zur Arbeit.
»Also, erzähl mal, was macht man hier freitagabends so, wenn man sich amüsieren will?« Eine Seite von Travis’ Gesicht wurde von der Sonne angeschienen, die andere lag im Schatten der riesigen Banyanfeige hinter ihm.
»Man geht in einem der drei Restaurants essen. Die meisten Leute scheinen ihre Zeit gern in ihren Wohnungen zu verbringen. Aber es gibt auch ein Kino. Momentan läuft ein Krimi, den ich sehen wollte.«
»Was für ein Zufall! Genau wie ich.« Er schenkte mir ein trockenes Lächeln. »Wollen wir uns den Film gemeinsam anschauen?«
Ah, dieser sexy Mann will mir an die Wäsche. Bei diesem Gedanken sammelte sich Hitze zwischen meinen Beinen. So was passierte nach einer achtmonatigen Durststrecke.
»Ich könnte mich überreden lassen«, zog ich ihn auf.
Seine Augen funkelten triumphierend. »Sag mir, wann ich dich abholen soll.«
»Wir treffen uns einfach in der Hotellobby.«
Er beugte sich leicht vor, und ich schnappte nach Luft. Mein Mund war trocken, doch ich widerstand dem Drang, mir die Lippen zu lecken. Eine Sekunde später senkte sich Travis’ Blick auf meinen Mund.
»Ein Gentleman holt sein Date immer ab.«
Ich schmolz dahin. »Moment, wann ist das von einem gemeinsamen Kinoabend zu einem Date eskaliert?«
»Ich lasse die Situation hiermit eskalieren. Dem Kinoabend hast du schon zugestimmt.«
Mein Herz raste wie wild. Er musterte mich konzentriert, und ich spürte seinen Blick wie eine Liebkosung auf der Haut. Natürlich konnte ich die Scheue spielen, aber wieso sollte ich das tun? Ich freute mich darauf, den Abend mit Travis zu verbringen. Vermutlich war er nur für eine Woche in der Stadt, und dann würden wir uns wahrscheinlich nie wieder begegnen, doch er war faszinierend. Und wahnsinnig unterhaltsam.
»Schön. Aber nur unter einer Bedingung.«
»Wie lautet die?«
»Du darfst dich nicht an meinem Popcorn bedienen.«
Er lachte leise. »Abgemacht.«
Den Nachmittag verbrachte ich in Videocalls mit Kandidaten für die Marketing- und Kundendienstpositionen. Mehrere Freunde und sogar meine Brüder verstanden nicht, wieso ich die Vorauswahl nicht einer Headhunting-Firma überließ, aber das hatte ich früher schon getan und war mit den Ergebnissen nie besonders zufrieden gewesen. Für mich war es wichtig, die richtigen Leute zu finden. Ich brauchte eine Verbindung zu meinem Team, besonders mit dem Management.
Die Bewerber an diesem Nachmittag beeindruckten mich nicht, doch ich hatte noch mehr Gespräche angesetzt. Den heutigen Tag und die nächste Woche hatte ich minutiös durchgeplant und würde mich ganz auf die Mitarbeitersuche konzentrieren.
Und dann war da noch Bonnie. Für sie würde ich auf jeden Fall auch Zeit finden.
Eine halbe Stunde, bevor wir uns trafen, ging ich in die Lobby, weil ich mir erst noch einen Drink gönnen und ein Gespräch mit dem Barkeeper führen wollte. Ich war immer noch im Geschäftsmodus.
Das Winston Hotel war das kleinste Hotel, in dem ich je abgestiegen war. Momentan waren nur zwei andere Gäste hier, daher überraschte es mich, dass die Bar überhaupt geöffnet hatte. Sie war in einer Mischung aus Dunkelblau und Weiß eingerichtet – vermutlich als Anlehnung an Strand und Meer.
Als ich den Barbereich betrat, bemerkte ich, dass Tim, der Geschäftsführer, auf einem der Hocker saß. Sonst war außer dem Barkeeper niemand anwesend. Und Tim wirkte viel entspannter als heute Vormittag.
Als er mich entdeckte, nickte er mir zu. »Maxwell!«
Diese Gelegenheit konnte ich mir nicht entgehen lassen. Dad hatte wiederholt erklärt, dass er ein paar seiner besten Abschlüsse jenseits des Büros getätigt hatte. Mir blieb noch Zeit, bis ich mich mit Bonnie treffen wollte, also ging ich direkt hinüber.
»Ist dieser Platz besetzt?«, fragte ich und deutete auf den Hocker neben ihm.
Er schüttelte den Kopf.
»Was trinken Sie?«
»Ich habe mich noch nicht entschieden, aber wahrscheinlich einen Scotch.«
»Ich zahle.«
Er schmunzelte. »Sie sind ganz schön hartnäckig, hm?«
Er hatte mich durchschaut, und ich hatte nicht vor, meine Absichten zu leugnen.
»Hey, ich nutze nur eine günstige Gelegenheit«, sagte ich.
Als der Barkeeper zwei Scotch vor uns abstellte, stießen wir kurz an, dann nahm Tim den ersten Schluck. Ich folgte seinem Beispiel, zufrieden mit der Qualität. Es war ein Glenmorangie Grand Vintage von 1996.
Ich hatte nicht vor, Tim zu bedrängen, wie ich es heute Morgen getan hatte. Zuerst wollte ich mir anhören, wieso er meinem Angebot skeptisch gegenüberstand. Vorhin hatte er es mir nicht erzählen wollen, aber ich hatte so das Gefühl, dass er sich jetzt öffnen würde.
»Ich habe zur Mittagszeit einen Spaziergang durch die Stadt gemacht«, meinte ich.
»Ach ja? Wo genau?«
»Ich bin zum Strand gelaufen und habe dann im The Fish zu Mittag gegessen.«
»Das Essen ist wirklich toll, aber meine Kleidung stinkt nach jedem Besuch dort. Ich verstehe einfach nicht, warum sie ihre Belüftung nicht auf die Reihe kriegen.«
»Stimmt, aber das Essen ist es wert.«
»Probieren Sie auch mal Barney’s aus, während Sie hier sind. Dort gibt es eine tolle Pizza.«
»Werde ich. Danke für die Empfehlung. Ich muss sagen, dieser Ort tickt wirklich ganz anders als Chicago.«
»Ich lebe gern hier.«
Er war erst vor einem Jahr hierhergezogen. Was genau hielt ihn hier fest?
»Das Gehalt in Chicago wäre um einiges besser.«
»Vielleicht. Aber ich mag, wie persönlich hier alles ist. Mir gefällt mein Job«, hielt er dagegen. »Ich kenne meine Gäste, meine Angestellten und kann ihnen anbieten, was auch immer mir gefällt. Ich entscheide.«
»Und genau deswegen möchte ich Sie anstellen. Genau das will ich für Maxwell Hotels. Sie hätten freie Hand. Noch ist der Umbau nicht abgeschlossen, und ich hätte gern Ihren Input.«
Er richtete sich auf, ohne den Blick auch nur einen Moment von mir abzuwenden. Zum ersten Mal wirkte er interessiert. Endlich hatte ich herausgefunden, was ihn antrieb. Es war bloß eine Frage der Zeit, wie ich immer gesagt hatte.
»Und doch haben Sie vor, in fünf Monaten zu eröffnen?«
Meine Mundwinkel zuckten, weil ich genau wusste, worauf er hinauswollte.
»Ja. Wir können noch kurzfristige Änderungen vornehmen.«
»Offensichtlich haben Sie eine Menge Geld zur Verfügung.«
Massenweise, aber diese Info behielt ich lieber für mich. Ich hatte Bonnie scherzhaft erklärt, dass Selbstlob in Ordnung war, wenn es der Wahrheit entsprach – aber mit seinem Reichtum angeben, war meines Erachtens einfach bloß widerlich.