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Heißes Verlangen und große Gefühle! Der attraktive Fußballstar Jace Connor wird von seinen weiblichen Fans umschwärmt. Der 28-Jährige genießt zwar die Aufmerksamkeit, hat jedoch genug von oberflächlichen Beziehungen. Denn hinter seinem ansehnlichen Äußeren steckt ein großes Herz, das auf einmal höherschlägt, als er Brooke kennenlernt, die Tochter seines Trainers und neue Managerin des Fußballclubs. Auch Brooke geht der sexy Sportler nicht mehr aus dem Kopf, doch sie will Berufliches und Privates strikt trennen und geht nicht auf Jace' Flirts ein. Auf dem Spielfeld ist Jace ein Gewinner, aber kann er auch in der Liebe siegen? Die Erfolgsgeschichte von Bestsellerautorin Layla Hagen geht weiter: Nach den »Diamonds for Love« folgt mit den »Flowers of Passion« die nächste sinnlich-romantische Reihe. Prickelnde Hot Romance für alle Fans von Geneva Lee und Lauren Rowe!
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Aus dem Amerikanischen von Vanessa Lamatsch
© Layla Hagen 2019
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
»Fighting For You«, Verlag, Independently Published 2019
© der deutschsprachigen Ausgabe:
Piper Verlag GmbH, München 2021
Redaktion: Anita Hirtreiter
Covergestaltung: zero-media.net, München
Covermotiv: FinePic®, München
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Cover & Impressum
1 – Jace
2 – Brooke
3 – Jace
»Onkel Jace, können wir den Übersteiger noch mal üben?«
»Kumpel, dafür haben wir keine Zeit. Wenn wir zu spät kommen, wird deine Mom mich in den …« Eigentlich hatte ich Arsch treten sagen wollen, hielt mich allerdings gerade noch rechtzeitig davon ab.
»Ist schon okay. Ich weiß, dass du Arsch treten sagen wolltest. Aber ich bin doch jetzt schon neun und ein großer Junge.«
»Stimmt, aber Lori wird mich mehr als nur in den Arsch treten, wenn sie hört, dass ich in deiner Gegenwart Kraftausdrücke verwende.«
Milo grinste. »Dafür ziehst du Mom immer auf.«
»Ich weiß, doch ich verrate dir ein Geheimnis. Ich überlege mir meine Schachzüge immer ganz genau. Das ist eine sehr wichtige Lektion fürs Leben.«
Als Fußballprofi und Milos Onkel war ich verdammt stolz darauf, dass er meine Leidenschaft für den Fußball teilte. Er hatte mich beim Training beobachtet und danach darauf bestanden, dass ich ihm ein paar Moves genauer erklärte. Ich war immer bereit, ihm etwas beizubringen, aber heute fehlte uns einfach die Zeit dafür. Das Management des Vereins hatte ein Meeting anberaumt, zu dem ich nicht zu spät kommen durfte, und Lori wollte mit Milo pünktlich zu Abend essen.
Sie wartete lächelnd an der Tür zur Umkleide auf uns.
»Wieso seht ihr beide so selbstgefällig aus?«, fragte sie.
»Dürfen wir keine Geheimnisse haben?«, hielt ich dagegen, nach einem verstohlenen Blick zu Milo.
»Soso, ihr habt also Geheimnisse. Das sagt mir bereits, dass ihr etwas im Schilde führt.«
»Diesmal nicht«, schaltete Milo sich ein.
Meine Schwester sah uns misstrauisch an, hakte allerdings nicht weiter nach. »Nun, wir sollten dann mal gehen. Wir sehen uns Freitag.«
Nachdem sie verschwunden waren, ging ich duschen und im Anschluss mit meinen Teamkameraden nach oben.
»Hast du eine Ahnung, worum es geht? Hat Graham beim freitäglichen Abendessen irgendwas gesagt?«, fragte mein Stürmerkollege Levi.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
Levi musterte mich skeptisch. Seitdem der Besitzer des Fußballclubs, Graham Frazier, meine Schwester Lori geheiratet hatte, erwarteten meine Teamkameraden ständig Insiderinformationen von mir. Doch Graham und ich redeten beim wöchentlichen Familienessen nie über die Arbeit. Diese Zusammenkünfte waren ausschließlich dazu da, mich mit meinen Geschwistern über Privates auszutauschen und Milo neue Moves beizubringen.
Die Verwaltung der L. A. Lords befand sich in einem großen Gebäude neben dem Stadion. Unsere Umkleiden waren ganz unten untergebracht, die Büros des Managements in den oberen Stockwerken.
Nachdem wir uns alle um den großen, ovalen Tisch im Sitzungszimmer versammelt hatten, betrat Graham den Raum, begleitet von Tina, unserer Vice President of Business Operations, und einer sehr hübschen Blondine, die ich noch nie gesehen hatte. Sie hatte ein schlichtes schwarzes Kleid mit einem breiten Gürtel um die Taille an, und ihr blondes Haar war zu einem Dutt hochgesteckt. Außerdem trug sie eine rechteckige Brille mit schwarzem Rand, die ihre blauen Augen wunderbar umrahmte.
Ich setzte mich aufrechter hin und hörte genau zu, als Graham anfing zu sprechen.
»Schönen Nachmittag, Team. Danke, dass ihr gekommen seid. Ich werde mich kurzfassen. Wir ihr wisst, hat Bree uns letzten Monat verlassen, und es hat eine Weile gedauert, jemand neuen für die Position als Sponsorship Business Developer zu finden. Doch jetzt bin ich überzeugt, dass Brooke perfekt zu uns passt.«
Brooke nickte Graham kurz zu, dann trat sie einen Schritt vor und ließ ihren Blick über alle am Tisch gleiten.
»Ich bin Brooke Derringer. Der Name kommt euch vielleicht bekannt vor.« Sie deutete zur hinteren Wand des Raums, wo unser Trainer Stephen Derringer stand und stolz lächelte. »Euer Trainer ist mein Vater, aber ich verspreche, dass das nicht der Grund ist, warum Tina mich angestellt hat.«
Mir gefiel, dass diese Frau den Stier bei den Hörnern packte und das Thema einfach ansprach, auch wenn ihr diese Direktheit bei mehreren Leuten ein fieses Grinsen einbrachte. Henry, unser Torwart, lachte sogar höhnisch auf. Daraufhin musterte ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen, und sofort nahm er sich ein wenig zurück. Ich war zwar nicht Mannschaftskapitän, aber der wertvollste Spieler, und auf meine Meinung wurde Wert gelegt.
»Inzwischen habe ich sieben Jahre Erfahrung mit Sponsoren- und Werbeverträgen. Daher glaube ich, dass ich neue Perspektiven bieten kann, genauso wie meine Kontakte neue Gelegenheiten eröffnen dürften.«
Einige meiner Teamkollegen grinsten schon wieder fies. Später würde ich mal ein ernstes Wort mit ihnen reden. Auf mich wirkte Brooke absolut kompetent. Und ich vertraute Grahams Urteil, wenn es um Stellenbesetzungen ging. Das Management brauchte weder die Meinung noch die Zustimmung des Teams. Die Mannschaft hatte zwei Aufgaben. Erstens: so gut zu spielen, wie wir nur konnten. Zweitens: uns anständig zu benehmen, damit möglichst viele Sponsoren sich für das Team und die Spieler interessierten.
Sich in die Einstellungspolitik des Managements einzumischen gehörte nicht dazu. Ehrlich gesagt, überraschte es mich, dass Graham dieses Meeting überhaupt einberufen hatte. Normalerweise merkte das Team nicht mal, wenn neue Leute im Büro arbeiteten. Vermutlich hatte Brooke um diesen Termin gebeten, damit sie in Bezug auf ihre Verwandtschaft mit dem Trainer reinen Tisch machen konnte.
»Ich habe Graham versprochen, mich kurzzufassen, also möchte ich nur ein paar Dinge ansprechen, die ich geplant habe. Natürlich bin ich mir bewusst, dass bereits zahlreiche Verträge bestehen, aber ich habe eine Liste mit zusätzlichen Sponsoren, die ich gerne kontaktieren würde. Ich glaube, dass dies der Mannschaft nutzen wird. Außerdem möchte ich mich gerne mit jedem von euch persönlich treffen, um mehr über euch herauszufinden und weitere Möglichkeiten für Werbeverträge auszuloten. Ich weiß, dass sich eure Agenten um die persönlichen Werbeverträge kümmern, also könnt ihr sie gerne zu dem jeweiligen Meeting mitbringen. Meine Philosophie lautet, dass alles, was euch persönlich hilft, auch der Mannschaft insgesamt von Nutzen ist.«
Auf mein Vieraugengespräch mit ihr freute ich mich, denn ihre zupackende Herangehensweise beeindruckte mich sehr. Dank der Tatsache, dass GQ mich drei Jahre hintereinander zum attraktivsten Fußballspieler des Jahres gewählt hatte, hatte ich schon eine Menge Werbeverträge in der Tasche. Die Titel hatten mir unerwarteten Ruhm eingebracht. Damit gingen zwar auch ein paar Nachteile einher, doch grundsätzlich konnte ich mich nicht beschweren.
Die Aufmerksamkeit von GQ war reines Glück gewesen. Aber andererseits war ich bereits mein Leben lang ein ziemlicher Glückspilz. Was nicht heißen sollte, dass ich mir nicht den Arsch aufriss und hundert Prozent für die Mannschaft gab. Es hätte allerdings auch alles ganz anders laufen können, wenn die Sterne nicht zu meinen Gunsten gestanden hätten – das war mir durchaus bewusst.
Es war Mitte Juli, ungefähr Saisonmitte, und wir hatten gerade eine Reihe Siege eingefahren. Ich hatte die meisten Tore geschossen, was mir das Label als Most Valuable Player – MVP – einbrachte. Mit achtundzwanzig hatte ich noch ein paar gute Jahre vor mir, aber bei Karrieren im Profisport konnte viel schiefgehen. Man war nur so viel wert wie die letzte Saison – ganz zu schweigen davon, dass eine Verletzung eine Karriere jederzeit vorzeitig beenden konnte. Es war wichtig, so viele Marketing-Verträge wie möglich abzuschließen, während man noch richtig absahnen konnte.
Ich war schon neugierig, was Brooke mir wohl vorschlagen würde. Obwohl ich mich bemühte, sie nicht abzuchecken, konnte ich einfach nicht anders. Ich saß am äußersten Ende des ovalen Tisches, sodass ich einen direkten Blick auf sie hatte. Dieser konservative Bibliothekarinnen-Look war einfach sexy und sorgte dafür, dass ich ihr die Brille abnehmen wollte, um genauer hinzuschauen. Wie sähe sie aus, wenn ihr Haar offen und verwuschelt war? Wenn diese rosigen Lippen von Küssen geschwollen wären?
Brooke drehte sich um, um die Namen möglicher Sponsoren auf das Whiteboard hinter sich zu schreiben, und verschaffte mir damit eine gute Sicht auf ihren Hintern. Ich bemühte mich wirklich sehr, mich auf ihr Tafelbild zu konzentrieren.
Als sie sich mit einem Räuspern wieder umdrehte, versuchte ich erneut, sie nicht zu aufdringlich anzustarren. Oder, um genauer zu sein … ich versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, dass ich sie anstarrte.
Ich sah mich im Raum um und musterte die Mienen der Spieler. Selbstverständlich wusste ich, dass man mich angesichts von Dads Stellung als Trainer mit einer gewissen Skepsis konfrontieren würde, doch ich war entschlossen, alle für mich zu gewinnen. Das konnte ich zwar nicht in der Viertelstunde schaffen, die uns heute zur Verfügung stand, aber irgendwann würde ich mich beweisen.
Dad hatte der Mannschaft die Nachricht selbst überbringen wollen, ich hatte allerdings darauf bestanden, diese Sitzung abzuhalten. Mir war es immer lieber, Reaktionen persönlich einzuschätzen. Wenn es darauf ankam, konnte ich wahnsinnig stur sein. Meine Schwester zog mich ständig damit auf.
Als ich dieses Jobangebot bekam, hatte ich es einfach nicht ablehnen können. Ich liebte neue Herausforderungen … und unglücklicherweise konnte ich meinen alten Arbeitsplatz nicht behalten.
Dad fing meinen Blick ein und zwinkerte. Ich wusste, wie stolz er war; wie glücklich ich ihn damit gemacht hatte, dass ich diese Stelle angenommen hatte.
»Ein Sportausrüster in Washington sucht nach einer Fußballmannschaft, die seine neue Kollektion präsentieren soll. Nach dem Meeting werde ich euch allen eine E-Mail schicken, in der alles Genauere steht. Lasst euch Zeit und denkt in Ruhe darüber nach … diskutiert gerne auch als Team darüber. Falls ihr interessiert seid, mache ich mich an die Arbeit. Soweit es die Logistik angeht: Ihr müsstet zusammen für zwei Tage zu einem Fotoshooting fliegen, aber ich habe mir den Spielkalender bereits angeschaut, und wir könnten es in die Pause nach eurem Auswärtsspiel in Texas legen.«
Ein paar Spieler nickten, teilweise sichtlich erstaunt. Anscheinend waren sie überrascht, wie schnell ich vorging, aber niemand hier hatte Zeit zu verschwenden. Außerdem wusste ich, dass ein erstes echtes Angebot bei dieser ersten Sitzung meine Kompetenz bewies – nicht nur der Mannschaft, sondern auch Graham und meiner direkten Vorgesetzten Tina gegenüber.
»Irgendwelche Fragen?«
»Einige von uns haben schon Verträge mit anderen Sportausrüstern. Ist das ein Problem?«, fragte Jace Connor.
»Ich habe mir die Freiheit genommen, die Verträge durchzusehen, die ihr als Team unterschrieben habt, und zusätzlich bei euren Agenten in Bezug auf individuelle Verträge nachgefragt. Auch wenn es einige Wettbewerbsklauseln gibt, verstößt dieser spezielle Vertrag nicht dagegen, weil es lediglich um Katalogaufnahmen geht.«
Jace lächelte anerkennend. Ich erwiderte das Lächeln, dann riss ich meinen Blick von ihm los, um den Rest der Spieler anzusehen. Schließlich wollte ich niemanden bevorzugen. Aber jeder hatte gewisse Schwächen, nicht wahr?
Mit seinem hellbraunen Haar und den grünen Augen war Jace Connor der sexyste Spieler von allen. Die Mannschaft posierte jedes Jahr für einen Kalender, mal vollständig, mal nur halb bekleidet. Es könnte sein, dass ich die Januar-Seite (Jace’ Monat) auch noch nach dem 31. hängen gelassen hatte, doch ich hätte darauf gewettet, dass dies für die Hälfte Kaliforniens galt. Jace war auf dem Foto mit nacktem Oberkörper abgebildet. Ich konnte kaum glauben, dass er auch in echt so unglaublich toll aussah. Jetzt verstand ich, wieso GQ ihn wiederholt zum attraktivsten Fußballspieler des Jahres gekürt hatte.
Wenn man Twitter glaubte, war er auch noch ein Herzensbrecher – ein Ruf, der bei Sponsoren ein zweischneidiges Schwert sein konnte. Manche mochten es, ihre Marke von einem Bad Boy präsentieren zu lassen, andere schreckten genau davor zurück. Bad Boys wurden für gewöhnlich in Skandale verwickelt. Doch bei Jace hatte es während seiner langjährigen Vereinszugehörigkeit zu den L. A. Lords keine größeren Probleme gegeben. Ich konnte es kaum erwarten, mit ihm zu arbeiten. Aber jetzt erzählte ich der Mannschaft erst mal noch etwas über die Gelegenheit in Washington.
»Noch irgendwelche Fragen?«, meinte ich, nachdem ich einen längeren Vortrag über Wettbewerbsklauseln gehalten hatte. Fast ohne mein Zutun huschte mein Blick erneut zu Jace.
Er schenkte mir ein unwiderstehliches Lächeln. »Klingt toll. Wo soll ich unterschreiben?«
Das Abendessen am Freitag war seit Jahren ein fester Termin in unserer Familie. Meine älteste Schwester Valentina hatte die Tradition angeregt, nachdem Will, mein zweitältester Bruder, achtzehn geworden und ausgezogen war. Sobald ich angekommen war, ging ich direkt in die Küche und küsste Val auf die Wange.
»Meine Liebe, das riecht schon so gut … Wie immer.«
Meine Schwester war die beste Köchin, die ich kannte. Davon war ich bereits als Kind überzeugt gewesen, und auch als Erwachsener hatte sich an dieser Meinung nichts geändert, selbst nach unzähligen Restaurantbesuchen.
»Wo sind deine Mädchen?«, fragte ich.
»Plündern meinen Kleiderschrank.«
»Natürlich.«
»Hey! Ich habe einen tollen Sinn für Mode. Ist doch klar, dass die Mädchen das ausnutzen wollen.«
Vals Verlobter hatte zwei Nichten, die sie gemeinsam aufzogen. Peyton war sechs. April war fünfzehn und hatte sich schon bei Val mit dem Shopaholic-Virus angesteckt. Ich nervte Val, indem ich mir ein Stück Kuchen klaute, dann ging ich in den Garten. Milo machte bereits Dehnübungen. Wir trainierten, bis Lori auftauchte, um uns zu sagen, dass alle angekommen waren. Dann kehrten wir ins Haus zurück.
Unsere freitäglichen Abendessen waren laut und verrückt, und ich liebte sie. Wir waren insgesamt sechs Geschwister, also war ich in einem großen Haushalt aufgewachsen, wo meistens ein Drittel der Bewohner (in der Regel Hailey und ich) gerade nichts Gutes im Schilde führte. Ich war der Jüngste und Hailey nur zwei Jahre älter als ich. Lori war die mittlere Schwester. Will hatte sich immer als Teil der Älteren betrachtet, was wahrscheinlich damit zu tun hatte, dass Landon und Val Zwillinge waren. Nachdem unsere Eltern gestorben waren, hatten diese beiden den Rest von uns großgezogen.
Sie hatten gerade ihr Studium in Harvard begonnen, es aber abgebrochen, um nach L. A. zurückzukehren und Dads Pub und die Verantwortung für uns alle zu übernehmen. Da ich damals erst neun war, konnte ich mich nur verschwommen an all das erinnern. Aber ich wusste noch, dass ich Mom und Dad sehr vermisst hatte. Irgendwann hatte ich jedoch angefangen, Landon und Val als meine Eltern zu sehen. Selbst heute noch fühlte ich mich in Vals Haus wohler als in meiner eigenen Wohnung.
»Du hast einen neuen Tisch gekauft«, kommentierte ich, als wir uns setzten.
»Nun, der alte wurde langsam zu klein«, antwortete Val.
Unsere Familie war in den letzten Jahren ganz schön gewachsen.
»Wenn ihr beide mal unter die Haube kommt, werde ich ein größeres Wohnzimmer brauchen«, meinte Val neckend und deutete auf Hailey und mich. Wir waren die einzigen Connors, die noch solo waren.
Ich fing Wills Blick ein.
»Ich wette, Hailey erwischt es als Erstes«, sagte er.
Ich schüttelte den Kopf. »Ach, komm schon, Mann. Ich wollte genau dasselbe wetten. Du musst doch dagegenhalten.«
»Ich tue dir den Gefallen und wette, dass du als Erstes jemanden findest«, sagte Hailey.
Ich grinste. Wills und meine Wettleidenschaft hatte auf unsere Schwester abgefärbt.
Hailey hatte uns nicht verraten, ob sie gerade mit jemandem ausging. Unseren Schwestern vertraute sie immer mehr Informationen an … und das war für mich vollkommen in Ordnung. Ich hatte mal aus Versehen eines ihrer Gespräche belauscht und … so genau wollte ich das alles gar nicht wissen. Außerdem war ich mir durchaus bewusst, dass ich in Bezug auf meine Schwestern manchmal übermäßig beschützend reagierte, schließlich waren sie alle erwachsen. Sie brauchten meine Fürsorge nicht. Nicht, dass ich etwas an meinen Reaktionen hätte ändern können.
Ich konnte mir durchaus vorstellen, wie Hailey uns eines Tages mit der Nachricht überraschte, dass sie es ernst mit jemandem meinte.
Soweit es mich anging, war ich mit meinem Leben, so wie es war, ganz zufrieden … oder zumindest redete ich mir das selbst ein. Nach dem ersten GQ-Titel vor ein paar Jahren war ich zu einem Internetstar geworden. Dann war mein Ruhm in die Offline-Welt übergeschwappt, was nur selten geschah. Fußball gehörte nicht zu den drei großen Sportarten in den USA, aber ich machte mir auch keine Illusionen. Ich war wegen meines Aussehens bekannt geworden, nicht wegen meiner spielerischen Qualitäten.
Zu Beginn hatte ich mich einfach am Erfolg berauscht. Es machte Spaß. Ich war bei Frauen schon immer gut angekommen, aber nach dem GQ-Titel hatte meine Beliebtheit ungeahnte Höhen erreicht. Ich hatte die Aufmerksamkeit genossen und sie weidlich ausgenutzt. Irgendwann allerdings war mir klar geworden, dass mein Ruhm eine Menge Leute anzog, die sich nicht für mich interessierten, sondern nur dafür, dass es ihnen von Vorteil sein konnte, mit mir gesehen zu werden. Das war ich inzwischen leid. Trotzdem konnte ich mir nicht vorstellen, bald sesshaft zu werden.
»Jace, ich habe die Standfotos vom letzten Shooting bekommen, aber vergessen, sie an dich weiterzuleiten. Sie sind fantastisch. Ich glaube, die Hälfte der Frauen in meiner Firma sind ein wenig in dich verliebt«, sagte Val.
»Quatsch. Sie sehen mich bloß gerne mit nacktem Oberkörper.«
»Übrigens danke noch mal, dass du zugestimmt hast.«
»Du kennst mich doch. Ich ziehe mein Hemd nur für den Kalender und die Werbekampagnen meiner Schwester aus.«
Val führte eine sehr erfolgreiche Kosmetik- und Parfümfirma … und ich trat in ein paar ihrer Werbespots auf. Es war das erste Mal, dass Val mich um etwas gebeten hatte, daher war mir nicht mal der Gedanke gekommen, abzulehnen. Für meine große Schwester hätte ich alles getan.
»Und wo wir gerade von Leuten reden, die dich gerne ohne Hemd sehen, Leta spricht ständig von dir.«
Mann, das war etwas, was ich auf keinen Fall wollte: mit Leta ausgehen.
»Val, ich dachte, für dich bin ich ein viel zu großer Herzensbrecher, um mich mit einer deiner Freundinnen zu verkuppeln?«
Val zog einen Schmollmund. Hailey lachte, genau wie Lori, aber ich konnte sehen, dass sie die Idee toll fand, ich würde mich endlich auch mal fest binden. Unsere mittlere Schwester war Hochzeitsplanerin – und nachdem weder Val und Carter noch Will und seine Verlobte Paige bisher einen Termin für die Hochzeit festgelegt hatten, wirkte es fast, als warte sie darauf, dass Hailey oder ich ihre Dienste brauchten. Sie war im siebten Monat schwanger, doch ich bezweifelte stark, dass sie selbst mit einem Baby im Arm langsamer machen würde.
»Ich gebe zu, dass ich mich geirrt habe. Dich wird es auch bald erwischen, wart’s nur ab.«
»Aber ich werde nicht mit Leta ausgehen.«
Ich hatte sie oft genug getroffen, um zu wissen, dass wir kaum etwas gemeinsam hatten.
»Sei vorsichtig mit diesem Herzensbrecher-Etikett«, riet Hailey. »Das könnte dir noch zum Verhängnis werden.«
Ich stöhnte. Aber Hailey war PR-Profi, und wann immer sie mir Ratschläge gab, hörte ich aufmerksam zu.
»Haben sie inzwischen jemanden gefunden, der sich um die Sponsorenverträge kümmert?«, fragte Hailey. Ihr Blick huschte von mir zu Graham, der ihr gegenübersaß.
»Ja.«
»Ihr hattet dieses Jahr ziemliche Personalfluktuationen.«
Im letzten Jahr hatte bei den L. A. Lords quasi ein großer Schichtwechsel stattgefunden. Nicht nur hatte Bree uns verlassen, sondern auch unsere ehemalige PR-Chefin Amber war fast gleichzeitig in Elternzeit gegangen. Grahams Vater hatte in der PR-Abteilung des Clubs gearbeitet, aber Graham hatte vor Kurzem zusätzlich ein Restaurant eröffnet, und sein Dad kümmerte sich um das Marketing.
»Ja. Wir haben Brooke Derringer angestellt«, fuhr Graham fort.
»Irgendwie verwandt oder verschwägert mit dem Trainer?«, fragte Hailey.
»Seine Tochter. Sie hat viel Erfahrung im Business Development. Das Timing war perfekt. Bree ist gegangen, und wir hatten Probleme, einen Ersatz für sie zu finden. Dann ist Trainer Derringer an mich herangetreten und meinte, seine Tochter möchte sich gern beruflich verändern. Sie wird sich bei uns toll machen, dessen bin ich mir sicher.«
Ich war mir da ebenfalls sicher. Und ich bekam Brooke einfach nicht aus dem Kopf. Ständig sah ich ihre blauen Augen vor mir, genau wie ihren Hüftschwung und ihren eleganten Hals. Mehr als einmal hatte ich mir vorgestellt, wie ich ihren Kopf genau richtig neigte, um mir freien Zugang zu gewähren.
»Sie wirkt sehr kompetent«, warf ich ein. Ich sagte nicht, dass ich sie zudem auch noch superheiß fand. Graham hätte diesen Kommentar unangebracht gefunden.
Beim Abendessen sprach ich mit Will und Paige über meine Termine diese Woche. Sie leiteten ein Bildungszentrum, das verschiedene Programme für Leute aus schwierigen Verhältnissen anbot, besonders für Menschen, die irgendwie in die Obdachlosigkeit gerutscht waren. Ich hatte das Bildungszentrum ein paarmal zum Spaß besucht, aber ich wollte mich mehr einbringen.
»Wir werden etwas finden«, sagte Paige. Ich respektierte sie sehr. Schließlich war sie diejenige gewesen, die die Idee für die Stiftung gehabt hatte, und hatte Will mit eingebunden. Mein Bruder war vorher Detective beim Los Angeles Police Department gewesen. Ich war tief davon überzeugt, dass jeder den Beruf ergreifen sollte, der ihn glücklich machte, aber ich wollte nicht lügen: Ich war erleichtert, dass Will in einen weit weniger gefährlichen Job gewechselt hatte.
Nach dem Dessert bettelte Milo mich an, noch mal mit ihm Fußball zu spielen. Er bereitete auch eine Überraschung für Loris Geburtstag vor, und ich war sein Komplize. Ein wenig musste ich ihm noch dabei helfen, und ich war stolz darauf, dass mir immer irgendwas einfiel.
»Ihr beide wirkt ein wenig schuldbewusst«, meinte Hailey, als Milo und ich vom Tisch aufstanden.
»Da hast du natürlich recht. Ich ziehe gerade los, um einen schlechten Einfluss auf ihn auszuüben.«
»Dass du auch immer Unruhe stiften musst«, schoss meine Schwester zurück.
Ich zuckte mit den Achseln und wechselte einen verschwörerischen Blick mit Milo. »Bist du startklar?«
Der Junge nickte. »Und ob!«
Hailey sah uns beide böse an, bevor wir loszogen.
Beim Training sprachen wir mehr über Loris Party, als dass wir Fußball spielten. Als ich gerade ein paar Bestellungen auf meinem Handy aufgab, bemerkte ich, dass ich eine ungelesene E-Mail von Brooke hatte. Wie sie uns informierte, würde sie bei dem Fotoshooting nächsten Dienstag anwesend sein. Sie wollte mit jedem von uns reden, um vor unseren persönlichen Gesprächen ein paar Infos einzuholen.
Ich schickte ihr eine kurze Antwort zurück.
Jace: Klingt gut.
Brooke: Wenn es irgendetwas Spezielles gibt, über das du sprechen möchtest, lass es mich wissen, damit ich ein paar Ideen vorbereiten kann.
Inzwischen war ich ihr ein paarmal im Club begegnet, und mir ist schnell klar geworden, dass sie am ersten Tag besonders darauf geachtet hatte, sich konservativ zu kleiden – wahrscheinlich, um einen guten Eindruck zu hinterlassen. Wann immer ich sie sonst gesehen hatte, trug sie lässigere Klamotten: Jeans und Poloshirts, hin und wieder einen Rock. Allerdings war ihre Lieblingsfrisur anscheinend ein strenger Dutt. Ihr langer Hals hatte es mir total angetan und machte mich völlig verrückt. Wann immer ich einen Blick darauf erhaschte, fragte ich mich, wie es wohl wäre, meine Lippen über diese zarte Haut gleiten zu lassen. Ich schrieb ihr zurück, wobei ich mich bemühte, mich ganz auf meine Nachricht zu konzentrieren.
Jace: Dieses Wochenende bin ich beschäftigt, aber wir können am Dienstag Ideen austauschen.
Brooke: Gerne.
Ihre Antworten kamen schnell. Wieso arbeitete sie so spät noch? Saß sie noch im Büro, oder war sie schon zu Hause? Saß sie vielleicht in einem bequemen Sessel, mit einem Glas Wein? Der Trainer sprach nie über seine Familie, aber ich wollte mehr über Brooke wissen.
Ich freute mich schon auf Dienstag … und noch mehr auf unser persönliches Treffen.
Dienstag war erst mein fünfter Arbeitstag, aber mein Enthusiasmus schien grenzenlos. Heute war ich unterwegs aufs Spielfeld, wo die Mannschaft ein Fotoshooting für einen unserer Sponsoren hatte. Es war fast Zeit fürs Abendessen und meine Anwesenheit eigentlich nicht notwendig, doch ich ging aus zwei Gründen hin. Erstens wollte ich die Spieler besser kennenlernen und Termine für die Einzelgespräche ausmachen, und zweitens wollte ich mir eine richtige Freude machen und all diese griechischen Götter anstarren. Wenn mir das irgendwer vorhalten wollte, dann konnte er das gerne tun. Hin und wieder musste eine Frau sich etwas gönnen … und wie oft ergab sich schon die Gelegenheit, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden?
Ich liebte meinen neuen Job. Für meinen alten hatte ich auch gebrannt, aber die Spannungen hatten so zugenommen, dass ich einfach gehen musste. In den letzten paar Monaten hatte sich in meinem Leben viel verändert. Ich musste mir nicht nur eine neue Stelle suchen, sondern es hatte sich auch herausgestellt, dass mein Ex-Freund nicht der Mann war, für den ich ihn gehalten hatte. Seitdem konnte ich nicht anders, als jedes Mal schwermütig zu seufzen, wenn ich ein Händchen haltendes Pärchen sah oder ein süßes Baby im Arm hielt. Vielleicht war es mir einfach nicht vorherbestimmt, Glück in der Liebe zu haben.
Aber hey, vielleicht passierte alles auch aus einem bestimmten Grund. Wären die Dinge anders gelaufen, wäre ich heute nicht hier. Und für die L. A. Lords zu arbeiten war unglaublich aufregend. Graham Frazier war einer der klügsten Männer, denen ich je begegnet war. Besitzer von Fußballvereinen waren für gewöhnlich noch in anderen Geschäftsfeldern tätig, um finanziell unabhängig zu sein, aber die L. A. Lords waren auch als Firma sehr erfolgreich. Der Club zog zahlreiche Sponsoren an und verkaufte jede Menge Merchandising-Artikel. Graham hatte inzwischen auch noch ein Restaurant eröffnet, doch soweit ich gehört hatte, entsprang diese Idee seiner Leidenschaft fürs Kochen und hatte nichts mit einer weiteren finanziellen Einnahmenquelle zu tun.
Die Spieler standen bereits auf dem Platz, als ich ankam. Während die Fotografen einen nach dem anderen heranriefen, trat ich an diejenigen heran, die noch warteten. Ich hatte mein iPad in der Hand, um Termine auszumachen. Gerade hatte ich mein Gespräch mit Andrew, dem Kapitän, beendet, als ich plötzlich das unheimliche Gefühl hatte, beobachtet zu werden.
So diskret wie möglich spähte ich nach rechts und ertappte Jace dabei, wie er mich anstarrte. Dieser Blick. Ich wusste nicht, ob er absichtlich charmant war oder ob ihm seine Aura einfach angeboren war, aber ich reagierte auf jeden Fall darauf. Ich war mir nicht mal sicher, ob er persönlich auch so galant war. Auch wenn ich bei seinem Lächeln weiche Knie bekam, konnte Jace genauso gut zu diesen Leuten gehören, die unglaublich charismatisch wirkten … bis sie tatsächlich den Mund aufmachten. Bisher hatte ich nur ein paar Worte mit ihm gewechselt. Er wartete immer noch darauf, aufgerufen zu werden. Ich senkte den Blick eilig auf mein iPad und wappnete mich innerlich, ehe ich zu ihm ging.
»Hey du!«, begrüßte er mich fröhlich. »Ich habe mich schon gefragt, wann ich endlich drankomme.«
»Tut mir leid, aber ich wusste, dass du erst gegen Ende des Fotoshootings dran bist, und wollte mit den anderen reden, bevor sie verschwinden.«
»Ah, ich verstehe. Also muss ich noch warten.«
»Ich hätte einen Vorschlag. Ich werde ganz kurz mit Mark und Luke sprechen und dann wieder zu dir kommen, ehe die Fotografen dich brauchen. Unser Gespräch wird nicht lange dauern. Ich möchte nur einen Termin für unser persönliches Gespräch ausmachen und herausfinden, ob du etwas Bestimmtes im Blick hast, damit ich eventuell bereits Vorarbeit leisten kann.«
»Ich hätte einen besseren Vorschlag.«
»Oh! Okay. Lass hören.«
»Warte, bis ich mit dem Shooting fertig bin, dann können wir unser Treffen heute beim Abendessen abhalten.«
»Abendessen?«
»Hast du schon etwas vor?« Er musterte mich entschlossen, als hätte er fest vor, mich davon zu überzeugen, meine Pläne über den Haufen zu werfen, wie auch immer sie aussehen mochten.
»Nein, aber willst du wirklich beim Abendessen übers Geschäft reden?«
»Mir macht das nichts aus. Kleiner Tipp: Man kann mich zu einer Menge Dinge überreden, wenn es dabei etwas zu essen gibt. Frag am besten meine Familie.«
Er trat ein wenig näher an mich heran und hielt mich mit seinem Blick aus diesen Wahnsinnsaugen gefangen.
»Vorsicht. Wer weiß, was du am Ende unterschreiben wirst.«
»Da kann ich nur hoffen, dass du meine Schwäche nicht ausnutzt. Zumindest nicht zu sehr.«
Okay. Also war er sogar noch charmanter, als ich erwartet hatte. Jace trat einen weiteren Schritt vor, bis er so nahe vor mir stand, dass ich den Bartschatten auf seinem Kinn und seinen Wangen sehen konnte. Wie würde er sich an meiner Haut anfühlen?
O nein. Nein. Daran durfte ich nicht mal denken. Doch diese grünen Augen blieben unverwandt auf mich gerichtet und drängten meine Gedanken quasi in diese Richtung.
»Was sagst du zu dem Vorschlag?«, fragte er.
»Dann kann ich aber vorher keine Informationen einholen.«
»Dafür ist immer noch genug Zeit. Haben wir eine Abmachung?« Er schob die Hände in die Hosentaschen und lehnte sich leicht vor.
»Ja, haben wir.« Ich nickte einmal, bevor ich zu Mark und Luke ging. Doch während ich mit ihnen sprach, waren meine Gedanken die ganze Zeit bei Jace. Bisher war er seinem Medienbild gerecht geworden.
Charmant? Check. Heiß? Doppelcheck. Aber war er auch der Spieler, als der er präsentiert wurde?
Sobald die Fotografen verkündeten, dass das Shooting vorbei war, kam Jace zu mir.
»Ich gehöre ganz dir«, verkündete er mit einem verführerischen Lächeln, das ihn nur noch atemberaubender machte. Lächelte dieser Mann eigentlich ständig?
»Ich habe bei meiner Anfahrt ein chinesisches Restaurant direkt um die Ecke gesehen.«
»Das ist für mich in Ordnung. Geh voran.«
Das Restaurant war groß, und wir fanden einen leeren Tisch ganz hinten. Der Innenraum war mit chinesischen Motiven verziert. Stilisierte chinesische Drachen umgaben uns, und köstliche Düfte hingen in der Luft.
Sobald wir bestellt hatten, erklärte ich ihm: »Also, Jace, wie ich schon sagte, bei diesem Treffen geht es darum, herauszufinden, was du willst und ob du spezielle Wünsche hast – bestimmte Verträge, die dich interessieren oder die du vermeiden möchtest. Ich habe mir deinen Kalender mal angesehen. Du bist so gut wie ausgebucht, aber auch der vermarktbarste Spieler der L. A. Lords. Ich nehme an, du willst das ausnutzen.«
»Damit liegst du richtig. Meine Karriere wird nicht ewig dauern, und mit meinem Ruhm wird es noch viel früher vorbei sein. Ich bin mir bewusst, dass bereits in ein paar Jahren kein Hahn mehr nach mir krähen wird.«
Mir gefiel seine realistische Einstellung. Aufgrund seiner unbekümmerten Art hätte ich vermutet, er würde sich von seinem Erfolg leicht blenden lassen. Aber da hatte ich mich wohl geirrt, was mich sehr freute.
»Schön zu hören, dass wir uns einig sind. Gibt es etwas, das du lieber nicht machen willst? Ich werde mein iPad rausholen und mitschreiben, damit ich nichts vergesse.«
Jace presste die Lippen aufeinander, als müsse er ein Lächeln unterdrücken. Das war mal etwas Neues.
»Was hat es damit auf sich?«, fragte ich.
»Womit?«
»Du siehst aus, als müsstest du dich anstrengen, nicht über mich zu lachen.«
»Du bist so formell.«
Ich blinzelte überrascht. »Das hier ist Arbeit. Natürlich bin ich formell.«
Und da war es wieder – erst versuchte er ein Lächeln zu unterdrücken, dann schüttelte er den Kopf. Ich schlug die Beine unter dem Tisch übereinander und öffnete ein neues Dokument auf meinem Tablet.
»Okay. Also, irgendwelche Sponsorenverträge, die du nicht eingehen willst?«
»Grundsätzlich bin ich zu fast allem bereit, würde mich allerdings lieber nicht ausziehen.«
Ich sah auf. »Aber für den Kalender hast du es getan.«
»Das ist eine Vereinssache, nichts Individuelles.«
»Und du erscheinst im Großteil der Kampagne für Valentinas Duftateliers ohne Hemd.«
»Du hast sie dir angesehen?«
Anscheinend hatte Jace es aufgegeben, seine Erheiterung zu verbergen. Seine Mundwinkel hoben sich zu einem Lächeln, das ich nur als … herausfordernd bezeichnen konnte. Es warf mich aus der Bahn. Ich errötete, hielt jedoch den Blickkontakt.
»Natürlich habe ich das getan. Zu Recherchezwecken.«
»Du bist sehr gründlich.« Er musterte mich mit schief gelegtem Kopf. »Was hat dir am besten gefallen?«
Es gab ein Bild, auf dem er besonders sexy aussah … als wäre er gerade aus der Dusche getreten. Doch bevor ich das zugab, musste schon etwas sehr Schlimmes passieren.
Stattdessen sagte ich ruhig: »So genau habe ich die Bilder nicht betrachtet.«
Jace wackelte mit den Augenbrauen. Mist. Er hatte meinen Bluff durchschaut.
Bevor er mich richtig auffliegen lassen konnte, fragte ich: »Aber zurück zum Thema: Wieso der plötzliche Sinneswandel?«
»Es ist eigentlich kein Sinneswandel. Diese Regel bestand schon immer, aber manchmal mache ich Ausnahmen. Valentinas Duftateliers gehört meiner Schwester – Valentina Connor.«
»Das wusste ich nicht«, meinte ich überrascht. »Es stand nirgendwo in den Angaben zur Werbekampagne. Und wie du bereits erwähnt hast … ich bin bei meinen Recherchen in der Regel sehr gründlich.«
»Val und ich hielten es für besser, die Familiensache nicht an die große Glocke zu hängen.«
»Okay. Das verstehe ich. Und der Vertrag ist längerfristig, oder?«
»Ja. Hilft meiner Schwester, macht meine Fans glücklich. Warum also nicht?«
Ich notierte mir, dass die Kampagne weiterlief. Gleichzeitig konnte ich mich kaum davon abhalten, persönliche Fragen zu stellen. Ich wollte mehr über Jace, den Mann wissen statt nur über Jace, den wertvollsten Spieler.
»Ich denke, damit sind Werbeverträge für Unterwäsche vom Tisch. Dafür ist es eigentlich immer notwendig, sich auszuziehen.«
Ich konnte verstehen, dass er nicht zum Objekt degradiert werden wollte, doch der Gedanke an Werbetafeln mit einem halb nackten Jace machte mich sehr glücklich. Um ehrlich zu sein, war er allerdings auch bekleidet kaum weniger eindrucksvoll. Sein Baumwollhemd verbarg seine Muskeln keineswegs – sondern betonte nur, wie viel er offensichtlich trainierte.
»Stimmt. Ich habe bereits drei Angebote abgelehnt.«
»Vermerkt. Wie stehst du zu Reisen? Wenn irgendwelche Verträge verlangen würden, dass du für ein paar Tage an andere Orte fliegst, wäre das für dich in Ordnung?«
»Sicher, solange es keinen Einfluss auf die Spiele hat. Allerdings esse ich jeden Freitag mit meiner Familie, also wäre ich an Freitagen gerne hier. Ich verpasse die Essen ja schon, wenn wir bei Auswärtsspielen sind.«
»Wow, jeden Freitag, hm? Wie schön.«
Ich ließ Persönliches mit einfließen, aber ich konnte einfach nicht anders. Bisher hatte ich das Gefühl gehabt, Jace zu kennen, weil ich meine Hausaufgaben in Bezug auf alle Spieler gemacht hatte. Doch jetzt hatte ich das Gefühl, eine ganz neue Seite an ihm zu entdecken. Und ich wollte mehr erfahren.
Er nickte. »Meine Schwester Val hat die Tradition vor ein paar Jahren gestartet. Sie hat darauf bestanden, dass wir sechs uns einmal die Woche treffen müssen, um uns auf den neuesten Stand zu bringen. Inzwischen ist mehr als die Hälfte von uns verheiratet. Ein paar haben sogar bereits Kinder. Die Treffen sind extrem laut, machen aber auch eine Menge Spaß. Ich würde sie ungern verpassen. Aber ich nehme an, ich könnte immer noch freitags nach dem Essen aufbrechen, wenn jemand mich übers Wochenende braucht.«
»Ich werde dafür sorgen, dass alles angemessen organisiert wird.«
»Danke.«
Ich sehnte mich danach, mehr zu erfahren, unterdrückte allerdings den Drang, nachzuhaken. Zurück zur Arbeit. Persönliche Themen hatten hier nichts zu suchen. Ich wollte mit keinem der Spieler befreundet sein. Daddy sagte immer: Es war gut, einen freundlichen Umgang zu den Spielern zu pflegen, aber nicht mit ihnen befreundet zu sein, weil das die eigene Objektivität einschränkte.
In meinem Fall ging es nicht darum, objektiv zu sein. Ich würde hart dafür arbeiten, allen Spielern die besten Möglichkeiten zu eröffnen, egal, was ich von der betreffenden Person hielt. Zum ersten Mal in meiner Karriere wollte ich mich an Dads Credo halten. Er war sehr gut darin, Privates von Beruflichem zu trennen.
Ich war das genaue Gegenteil, was mich eine Menge gekostet hatte. Zuletzt war ich für ein Modemagazin tätig gewesen. Die Gründerin, Cami, und ich wurden beste Freundinnen. Mein Freund, Noah, hatte ebenfalls mit uns gearbeitet.
Als sich die Gelegenheit ergeben hatte, das Geschäft nach London auszuweiten, hatte Cami vorgeschlagen, dass wir alle drei umzogen. Ich konnte nicht.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich unbedingt für meine Familie da sein müssen: Dad hatte einen Herzinfarkt gehabt und brauchte Fürsorge und Aufmerksamkeit (er versuchte das zu leugnen, aber ich konnte sehr hartnäckig sein). Meine Schwester Franci machte gerade eine schwere Trennung von ihrem Mann durch. Mom war weggezogen, nachdem sie sich vor Jahren von Dad hatte scheiden lassen, daher wusste ich einfach, dass Franci und besonders Dad mich brauchten.
Cami und Noah hatten widerwillig eingesehen, dass es Sinn ergab, wenn ich noch eine Weile in L. A. blieb, um das Geschäft hier zu führen. Doch nachdem die beiden umgezogen waren, wirkte es plötzlich, als wollten sie mich nicht mehr in der Firma haben. Sie stellten sich gegen jede Entscheidung, die ich traf; verwarfen jeden Vorschlag, den ich machte. Die Spannungen zwischen uns gerieten vollkommen außer Kontrolle, als Noah sich von mir trennte. Für mich kam das völlig unerwartet. Ich hatte bereits Pläne geschmiedet, in ungefähr einem halben Jahr nach London zu ziehen – sobald es Dad und Franci besser ging –, da informierte mich Noah, dass unsere Beziehung zu nichts führen würde. Und er auch keine gemeinsame Zukunft für uns sah.
Zur selben Zeit hatten auch Cami und ich uns voneinander entfernt, also hatte ich mich nicht mal bei meiner besten Freundin ausheulen können.
Obwohl ich in meiner Jugend beobachtet hatte, wie die Ehe meiner Eltern langsam zerbrochen war, hatte ich immer davon geträumt, selbst eine Familie zu gründen. Doch nach der Trennung von Noah hatte sich das geändert.
Nach meiner Kündigung hatte ich mich oft gefragt, ob die Dinge wohl anders gelaufen wären, wenn es all diese persönlichen Verwicklungen nicht gegeben hätte.
Jetzt wollte ich mich nur noch mit allen, mit denen ich beruflich zusammenarbeitete, so gut verstehen, wie es eben möglich war – aber mehr auch nicht. Was der Grund war, warum ich mich bei Jace nicht weiter nach den Familienabendessen erkundigte. Stattdessen musste ich mit ein paar unangenehmen Fragen weitermachen.
»Sind die Herzensbrecher-Gerüchte wahr? Die Sponsoren fragen immer danach. Ich kann ihnen erzählen, dass ich nichts dazu sagen kann, aber das werden sie mir kaum abnehmen. Ich gehe nicht davon aus, dass es sich nachteilig für dich auswirken würde, solange du nicht in Skandale verwickelt wirst. Für manche Firmen ist das Bad-Boy-Image interessant.«
»Auch für dich?« Dieses herausfordernde Lächeln war zurück. Es blendete mich, doch diesmal ließ ich mich nicht ablenken. Was schon mal ein Fortschritt war.
»Netter Versuch, einer unangenehmen Frage auszuweichen.«
»Ich weiche nicht aus. Ich möchte einfach nur mehr über dich erfahren.«
Jace lehnte sich leicht über den Tisch, den Blick auf meinen Mund gerichtet. Mir stockte der Atem. Plötzlich wurde mir bewusst, dass seine Beine unter dem Tisch meine berührten. Der Kontakt verbrannte mich fast.
»Aber hier geht es darum, dass ich so viele Informationen wie möglich über dich bekomme. Es ist ein Arbeitsessen.« Ich hob mein Tablet wie einen Schutzschild. Jace ließ sich in seinen Stuhl sinken und musterte mich aus diesen sündhaften grünen Augen. Sein Blick huschte für einen Moment zu meinem Hals. O Gott, jetzt kribbelte die Haut dort, als hätte er sie berührt. Als hätte er sie geküsst.
»Nein«, sagte er leise.
»Was?«
»Du hast nie gesagt, dass es ein Arbeitsessen ist. Da wir das nicht vorher festgelegt haben, steht es mir frei, dieses Essen als Essen unter Freunden zu betrachten.«
Das ließ mich zögern. Ich senkte mein iPad, während ich darüber nachdachte, wie ich meine nächste Aussage am besten formulieren sollte. Hmmm … wie zog ich klare Grenzen, ohne den Sexgott zu verärgern? Schließlich wollte ich nicht unhöflich sein.
»Jace, ich mag es vorher nicht so genannt haben, aber das hier ist ein Arbeitsessen. Ich bin mir sicher, du kennst Dads Regel über freundlich im Gegensatz zu freundschaftlich.«
»Tue ich.«
»Nun, ich gebe mir Mühe, diese Regel ebenfalls zu befolgen.«
Überraschenderweise sagte Jace nichts dazu. Bisher hatte er immer eine Antwort auf alles gehabt. Glücklicherweise wurde ein paar Minuten später unser Essen gebracht, und das Klappern des Bestecks auf den Tellern füllte das unangenehme Schweigen. Das lief nicht allzu gut. Ich redete nicht gerne um den heißen Brei herum, aber offensichtlich war ich diesmal etwas zu deutlich geworden. Ich hatte Jace weder beleidigen noch aufregen wollen.
Beim Essen unterhielten wir uns über verschiedene Verträge. Ich war entschlossen, das Problem noch einmal anzusprechen, sobald wir beide fertig waren, doch bevor Jace auch nur aufgegessen hatte, traten zwei Frauen an unseren Tisch.
»O mein Gott, Sie sind Jace Connor …«
»Ich kann es nicht glauben …«
»Kann ich ein Autogramm haben?«
Jace stand lächelnd auf und unterschrieb auf allem, was sie ihm vor die Nase hielten.
»Können wir ein Selfie machen? Sonst werden meine Freunde mir das niemals glauben.«
Um mich nützlich zu machen, bot ich an, die Fotos zu schießen.
Jace ging sehr souverän mit der Situation um. Er war freundlich und blieb immer geduldig. Außerdem war er sehr geschickt darin, Fragen auszuweichen – er antwortete nicht, als die beiden ihn fragten, ob er gerade jemanden datete.
»Eins, zwei, drei … lächeln!«, sagte ich, auch wenn ich mir die Mühe hätte sparen können. Jace war ein Naturtalent. Er schickte ein Lächeln in die Kamera, bei dem jede Frau dahinschmelzen würde, und die Mädchen sahen ihn an, als wäre er das achte Weltwunder. Wieder fragte ich mich, ob die Gerüchte über seinen Herzensbrecher-Status wohl stimmten.
Als die zwei Frauen verschwunden waren, setzten wir uns wieder, doch Jace’ Telefon klingelte, ehe ich etwas sagen konnte.
»Tut mir leid, das ist meine Schwester. Da muss ich drangehen.«
»Sicher!«
Ende der Leseprobe