Fürsten-Roman 2691 - Marlene von Mainau - E-Book

Fürsten-Roman 2691 E-Book

Marlene von Mainau

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Anna Prinzessin von Rosenblum setzt sich seit Jahren für den Umweltschutz ein. Als ihr Lieblingssee zugeschüttet werden soll, um an ebendieser Stelle Mietwohnungen hochzuziehen, geht sie vor Gericht, scheitert jedoch an Simon Habermann, dem smarten Anwalt der Gegenseite.
Daraufhin schließt sie sich einer Aktivistengruppe an und setzt ihren bekannten Namen für die gute Sache ein. Doch nichts und niemand scheint das Bauvorhaben stoppen zu können, nicht einmal ihr flammendes Interview vor der Presse, das sogar viral geht.
Als Anna dann auch noch Simons interessierte Blicke bemerkt und plötzlich lieber auf ihre Gefühle hört anstatt auf ihren Verstand, tritt sie eine Lawine los, die sie beide mitreißt ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 126

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Sorgen um Prinzessin Anna

Vorschau

Impressum

Sorgen um Prinzessin Anna

Adelsroman um ein alarmierendes Interview

Von Marlene von Mainau

Anna Prinzessin von Rosenblum setzt sich seit Jahren für den Umweltschutz ein. Als ihr Lieblingssee zugeschüttet werden soll, um an ebendieser Stelle Mietwohnungen hochzuziehen, geht sie vor Gericht, scheitert jedoch an Simon Habermann, dem smarten Anwalt der Gegenseite.

Daraufhin schließt sie sich einer Aktivistengruppe an und setzt ihren bekannten Namen für die gute Sache ein. Doch nichts und niemand scheint das Bauvorhaben stoppen zu können, nicht einmal ihr flammendes Interview vor der Presse, das sogar viral geht.

Als Anna dann auch noch Simons interessierte Blicke bemerkt und plötzlich lieber auf ihre Gefühle hört anstatt auf ihren Verstand, tritt sie eine Lawine los, die sie beide mitreißt ...

Anna Prinzessin von Rosenblum lauschte in die Stille der Natur. Das Vogelgezwitscher und das Summen der Bienen beruhigten sie bereits seit ihrer Kindheit. Der See lag ruhig da. Nicht einmal der Wind bewegte die spiegelglatte Oberfläche. Hier und da drehte ein Frosch seine Runden, um sich ein Insekt zu schnappen, und ein Entenpärchen döste im hohen Gras nicht weit von ihr.

Wieso in den Urlaub fahren, wenn man das Paradies direkt vor der Nase hat?, fragte sie sich verträumt und schloss einen Moment lang die Augen, um sich ganz der Stille hinzugeben und die Waldlichtung mit allen Sinnen auf sich wirken zu lassen. Sie sog den Duft der Blumenwiese ein, fühlte das Kitzeln der Grashalme an ihren nackten Füßen und fröstelte, wenn eine angenehme Brise auf ihre Wangen traf.

Sie hatte dieses kleine Paradies ganz für sich allein, seit die meisten Menschen in die Stadt gezogen waren, um dort ihr Glück zu versuchen. Bis auf die Landwirte und die Rosenblums war kaum jemand übrig. Das Zuhause ihrer Familie stand bereits seit Jahrhunderten an ebendieser Stelle.

Anna öffnete die Augen einen Spaltbreit und erkannte die hohen Zinnen hinter der Waldgrenze. Lediglich ein paar Touristen verirrten sich ab und an nach Schloss Rosenblum, um an einer kleinen Führung hinter den Schlossmauern teilzunehmen und Bilder zu schießen; der Rest suchte lieber die schillernde Stadt mit ihren ganz eigenen Facetten und Möglichkeiten. Anna selbst war sie zu laut, zu eng und zu schmutzig. Lieber ruhte sie sich inmitten der Natur aus und ließ die Gedanken kreisen. Dass der Trubel hier draußen noch einmal mehr werden würde, darüber machte sie sich keinen Kopf. Heutzutage wollte kaum jemand Landwirt werden oder handwerklichen Arbeiten auf den Dörfern nachgehen, was Anna sehr schade fand. Höfe wurden aufgegeben, weil die Kosten die Gewinne weit überstiegen. Massentierhaltung, Billigprodukte aus dem Supermarkt sowie Gemüse und Obst aus dem Ausland statt vom Bauern direkt – das stand heute an erster Stelle.

Anna war froh, dass ihre Eltern, vor allem ihr Vater Julius, sie früh mit der Natur in Berührung gebracht und ihr deren Schönheit gezeigt hatten. Aus diesem Grund studierte sie inzwischen Umweltschutz an der Universität und setzte sich auch privat viel für die Erhaltung von Lebensräumen und das Tierwohl ein. Was bei ihrer Mutter Constanze für ein Augenrollen sorgte, weil Anna inzwischen ganz eigene und manchmal etwas verbohrte Ansichten hatte, machte die Prinzessin glücklich. Sie kannte ihre Bestimmung.

Für Anna war es ein Graus, dass Menschen Luft, Wasser und Boden vergifteten und das wahre Wunderwerk Natur mutwillig zerstörten, um Profit herauszuschlagen. Kaum jemand dachte an die Zukunft der Kinder und Enkel. Sie lebten in einer Gesellschaft voller Egoisten. Anna versuchte stets, Lösungen für ein Miteinander zu finden, doch solange ihr Studium nicht beendet war und sie nicht wusste, wie es danach weiterging, blieben es nur Spendenaktionen unter dem bekannten Namen ihrer Familie. Anna hätte so gern selbst etwas getan und verändert in dieser Welt.

Wie wäre es mit einer eigenen Naturschutzorganisation?, dachte sie nicht das erste Mal. Ich könnte selbst mit anpacken und Wälder und Flüsse vor diesen Verbrechern beschützen.

Die beruhigende Idylle wurde von einem metallischen Schaben, gefolgt von einem Hämmern, das in den Ohren schmerzte, unterbrochen. Die Geräusche rissen Anna aus ihren Zukunftsgedanken. Entsetzt sah sie auf und wendete den Kopf in alle Richtungen. Weder konnte sie ausmachen, aus welcher Richtung das störende Geräusch kam, noch kannte sie dessen Quelle. Anna bildete sich ein, Baggerlärm und Stimmengewirr hinter dem Waldstück zu hören.

Sie setzte sich vollständig auf und packte Decke und Trinkflasche in den Rucksack, den sie sich daraufhin wieder auf den Rücken warf. Niemand hätte sie hier und jetzt – ohne den teuren Familienschmuck, edle, maßgeschneiderte Abendkleider und schicke Pumps – für eine Prinzessin gehalten. Stattdessen wanderte sie gern in Trecking-Bekleidung und Stiefeln durch Wälder und Wiesen und übernachtete manchmal sogar im Freien unter dem Sternenhimmel, wenn es Wetter und Temperatur zuließen. Oder sie schlug kurzerhand ihr Zelt auf. Dabei trug sie ihr dunkles Haar zu einem wilden Zopf gebunden und höchstens etwas Make-up, um sich nicht vor sich selbst zu erschrecken.

Seit ihre einzige Freundin ausgewandert war und ihr Studium in Spanien fortsetzte, tat Anna all dies allein. Ein Mann an ihrer Seite wäre zwar schön gewesen, doch die bisherigen Anwärter hatten sich als Volltrottel, hochnäsige Snobs oder toxische Narzissten erwiesen. Anna hatte einfach kein Glück bei den Männern. Die meisten suchten sowieso nur ein schnelles Abenteuer und keine feste Bindung. Manch einer hatte es auch auf ihr Geld abgesehen. Eine reiche Adlige wie sie musste sich vor Lügnern und Betrügern schützen und auf der Hut sein. Allem voran vor der Presse, deren Überschriften und Artikel von Jahr zu Jahr immer unverschämter zu werden schienen.

Anna ging eine Weile zwischen den dichten Bäumen entlang und entfernte sich immer weiter vom See, der sie an diesem Morgen mit seiner schön-schaurigen Aura angelockt hatte. Anna hielt sich dort am liebsten auf, wenn noch Reif die Gräser bedeckte und Nebelschwaden über die Wiesen und Kornfelder zogen. Manchmal traf sie auf Füchse und Waschbären, die sich bei ihrer Ankunft aber schnell im Dickicht versteckten.

Sie hatte ein paar Stunden Ruhe getankt, bis das seltsame Geräusch aufgetaucht war, dem sie nun folgte. Als sie durch die Waldgrenze brach, eröffneten sich weite Felder und Wiesen, aber auch eine Großbaustelle, von der sie nichts wusste.

Annas Herz rutschte ihr in die Hose. Beinahe wäre sie zurückgetaumelt. Das konnte doch nicht wahr sein!

Sie eilte zu einem Mann mit blauem Helm und Klemmbrett unter dem Arm, den sie für den Verantwortlichen hielt. »Was hat das hier zu bedeuten?«, fragte sie aufgebracht. »Nebenan ist doch der Hof von Kilian Wagner, soweit ich weiß. Er und seine Familie leben hier. Das sind seine Felder!« Ihre Stimme überschlug sich leicht. Anna war für ihr hitziges Temperament bekannt.

Er tippte sich zum Gruß an den Helm. »Guten Morgen. Bedaure, aber der Besitzer hat verkauft. Schon letzten Herbst. Sie sind eine Anwohnerin, nehme ich an?«

Anna schluckte. »Guten Morgen«, schickte sie schnell hinterher, um nicht wie eine Furie zu wirken. »Er hat verkauft? Aber Kilian ... Herr Wagner ... Er hat doch an seinem Erbe gehangen.«

»Das passiert den Besten«, meinte der Mann und setzte eine bedauernde Miene auf. »Ich führe nur Befehle aus. Tut mir leid.«

Er rief seinem Kollegen ein paar Anweisungen zu. Sogleich begann der Baggerlärm von Neuem.

Anna zuckte zusammen und hielt sich die Ohren zu. Erde wurde ausgehoben, während das Gebiet an anderer Stelle noch abgemessen wurde. Sogar Presslufthammer waren im Einsatz, um große Steine im Boden zu zerkleinern.

Anna war fassungslos. Sie glaubte nicht, was sie da sah, und stellte sich direkt vor den Mann mit dem Helm auf dem Kopf. »Und Sie sind sich sicher, dass Sie das dürfen? Hier leben verschiedenste Tierarten! Diese Felder und Wiesen sind ein Lebensraum, den Sie ihnen nehmen!«

»Was haben Sie gesagt?«, brüllte er gegen den Lärm an.

»Dürfen Sie das hier überhaupt?«, schrie sie ihm direkt ins Ohr.

»Kommen Sie mir jetzt nicht mit Befugnissen und Paragrafen! Ich habe den Auftrag bekommen und führe ihn aus! Punkt!« Er machte eine wegwerfende Geste und wandte sich von ihr ab. Für ihn war das Gespräch beendet. Wahrscheinlich traf er häufig auf Widerstand. »Im Übrigen ist das hier eine abgesperrte Baustelle! Ohne Helm sind Sie in Lebensgefahr! Bitte verlassen Sie den Platz auf dem schnellsten Weg!«

Sie schnappte sich kurzerhand einen herumliegenden weißen Helm und setzte ihn sich auf den Kopf. Er war zu groß, aber das kümmerte die aufgebrachte Prinzessin herzlich wenig. Gehen würde sie noch lange nicht, so viel stand fest.

Anna wartete auf die nächste Lärmlücke und beruhigte sich bis dahin. So aufgebracht kam sie ohnehin nicht weiter. Wenn sie jemanden zur Rede stellen sollte, dann den Verantwortlichen hinter diesem schrecklichen Auftrag.

»Und was soll hier entstehen? Bei dem Aufgebot an Arbeitern und abgesteckter Fläche gehe ich von einem Großprojekt aus.« Anna machte sich auf das Schlimmste gefasst.

Sie dachte an die vielen schönen Stunden an genau diesem Platz zurück. Eine große Eiche hatte keine sieben Meter vor ihr gestanden, bis man sie brutal aus der Erde gerissen und klein gehackt hatte. Die Holzreste lagen sicher bereits aufgehäuft in irgendeinem Container. Was Kilian wohl dazu sagte, wenn sie ihn darauf ansprechen würde?

Sie kannten sich aus der Kindheit, hatten gemeinsam hier draußen gespielt, waren auf Bäume geklettert und über die Felder gerannt. Etwas, das Anna heutzutage wohl nicht mehr machen würde. Sie lächelte immer, wenn sie daran zurückdachte und sich in ihrer schönen Kindheit verfing. Es war eine unbeschwerte Zeit gewesen, in der man sich um solche Dinge wie Steuern, Jobsuche, Studium und Finanzen keine Gedanken machen musste.

»Mietwohnungen und Eigenheim, soweit ich weiß. Die ganze Region wird für den Fortschritt und mehr Wohnraum umgestaltet«, bestätigte der Mann. »Alle Landwirte im Umkreis haben mittlerweile verkauft. Falls Sie hier wohnen, sollten Sie darüber nachdenken mitzuziehen. Den Fortschritt hält niemand auf Dauer auf.«

Sein gut gemeinter Rat sorgte bei Anna für Bauchkrämpfe. Sie wollte nicht wahrhaben, dass ihre geliebte Heimat, all die Felder und Wälder bald dem Erdboden gleichgemacht wurden, um Straßen, Parkplätze und Wohnungen zu bauen.

»Und ... der See?«, hauchte sie zögernd. »Was ist damit? Er liegt gleich hinter dem Waldstück.«

Der Mann schnaufte und kaute auf seiner Unterlippe, während er in seinen Dokumenten nachsah. »Tut mir leid, aber auch der ist eingeplant. Das Areal erstreckt sich über mehrere Kilometer. Es wird eine ganze Siedlung gebaut, die Platz braucht.«

»Sie ... Sie wollen den See einfach zuschütten und Wohnungen daraufsetzen?«, rief sie schockiert und taumelte nun doch zurück. Ihr ganzer Körper bebte.

»Nicht ich will es, sondern mein Chef. Der See wird sowieso kaum besucht, und schwimmen kann man darin auch nicht, heißt es. Irgendeine Alge verhindert das. Er hat keinen Nutzen für die Menschheit, so böse das klingt. Viel zu flach, zu bewachsen ... Da die Städte aus allen Nähten platzen, baut man eben hier Wohnungen hin, die sich auch Otto Normalverbraucher leisten kann. Wenden Sie sich an den Zuständigen, wenn Sie sich beschweren wollen. Ich muss jetzt weitermachen.« Er tippte erneut, dieses Mal etwas härter, an die Kante seines Helms und wandte sich genervt ab.

Bevor er ging, hatte sich Anna aus ihrer Schockstarre gelöst und einen schnellen Blick auf den Briefkopf seiner Dokumente geworfen. Sie waren von einer Baufirma in der Stadt: Sanders & Schultheim. Der Name war Anna schon ein paarmal während ihrer Zeit als junge Aktivistin untergekommen. Damals, als sie noch Tiere aus Heimen und Laboren befreit und Parolen an Wände gesprayt hatte, weil sie es nicht besser gewusst hatte. Das Fürstenpaar war in dieser Zeit in großer Sorge gewesen.

Ihre Verbündete von damals, Klara, arbeitete nun in Spanien an einem neuen Trinkwassersystem für Afrika. Und was hatte Anna bislang bewegt und geschafft? Gar nichts! Sie studierte noch immer und ruhte sich auf dem Geld ihrer Eltern aus. Anna war sich selten so machtlos vorgekommen wie heute. Ihre wilden Zeiten hatte sie zwar weit hinter sich gelassen, der Drang, die Natur zu schützen, war jedoch geblieben.

Diese Baufirma arbeitete aggressiv und beachtete Umwelt und Natur in keiner Weise. Es wurde Zeit, ihre Möglichkeiten auszuschöpfen und etwas zu unternehmen. Anna würde sich aus ihrer Starre befreien und sich für das Gute einsetzen, so, wie sie es früher einmal getan hatte.

Sie schoss heimlich ein paar Fotos mit ihrem Smartphone und kehrte danach um. Als sie wieder am See war, starrte sie angespannt auf das Wasser. Aus einem wunderschönen Biotop würde bald ein hässliches Mietshaus werden, das grau und starr in den Himmel ragte. Irgendeine Bausünde, die Licht abschirmte und Leben tötete, dazu eine große versiegelte Fläche für die Autos, auf der nichts mehr leben konnte.

Das lasse ich nicht zu, dachte sie entschlossen. Das hier ist auch meine Heimat!

Ihre Vorfahren hatten einen großen Fehler begangen, als sie ihr Land abgetreten hatten. Bis auf das Schloss und den angrenzenden Garten gehörte den Rosenblums heute nichts mehr. Sie konnten also nicht darüber bestimmen. Bis heute wäre es allerdings auch nicht einmal nötig gewesen, das Gelände zurückzukaufen, weil man sich mit den Landwirten bestens verstanden hatte.

Sie presste sich das Handy angespannt ans Ohr, während sie zum Schloss aufbrach. Anna sehnte sich nach einer Dusche, um den Stressschweiß abzuwaschen, der ihr am Rücken hinablief.

»Hallo, Kilian«, sagte sie erleichtert, als jemand abhob. Es war eine Weile her, dass sie zuletzt miteinander gesprochen hatten.

Seine Stimme klang rauer als vor ein paar Jahren. »Anna? Bist du das? Wie schön, von dir zu hören.«

»Freut mich auch. Du, sag mal, habt ihr den Hof verkauft?«, fiel sie mit der Tür ins Haus.

Ein Seufzen war Bestätigung genug. »Wir hatten Schulden, und dieses Angebot konnte ich schlecht ausschlagen. So ein Gestüt schluckt einfach zu viel Geld, weißt du. Und ich möchte ja noch etwas für meine Kinder übrig haben. Eine Stadtwohnung war genau das Richtige. Dort haben die Zwillinge mehr Chancen.«

»Aber es war das Gestüt deiner Familie!«, rief sie etwas zu aufgebracht ins Telefon. »Entschuldige, aber ich habe gerade erst davon erfahren. Die Bauarbeiten starten bereits. Du kannst dir vorstellen, wie entsetzt ich war. Wie konnte das nur an meiner Familie vorbeigehen? Niemand hat uns Bescheid gegeben.«

»Oh doch. Ich habe sogar selbst mit deiner Mutter gesprochen und mich verabschiedet.«

Anna ballte die Fäuste. »Meine Eltern wussten von dem Bauvorhaben?«

»Ich befürchte, ja. Tut mir leid, dass sie dich außen vor gelassen haben. Das habe ich nicht geahnt. Uns geht es jedenfalls prächtig hier in der Stadt.«

»Weil ihr wirklich dort leben wollt oder weil eure Schulden getilgt wurden?«, hakte sie skeptisch nach. »Für Kinder gibt es doch nichts Schöneres, als auf dem Land groß zu werden.«

»Zweiteres«, gab er bereitwillig zu. »Es war eine ganz schöne Umstellung. Ich musste aus der Situation heraus entscheiden. Das war nicht einfach, aber das Beste, was ich tun konnte. Du kannst dir vorstellen, wie groß der Kummer von Noah und Sophie war, weil wir die Pferde und Kühe weggegeben haben, aber nach der ersten Spielekonsole waren die Tiere auf einmal vergessen.« Er lachte kurz auf. »Und Judith geht es nun auch endlich besser.«

»Wieso? Was war denn mit ihr? War sie krank?« Annas Sorge verdrängte ihre Wut für einen kurzen Augenblick.

»Was machst du inzwischen so? Wir haben uns ja eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesprochen.«