Gefühle verstehen und emotional frei sein! - Michelle Amecke - E-Book

Gefühle verstehen und emotional frei sein! E-Book

Michelle Amecke

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Beschreibung

Dein umfassender Ratgeber mit vielen Übungen, um die Gefühle besser zu verstehen und kreativ verändern zu können. Mit einem 3-Wochen-Übungsplan für den Alltag Gefühle und Emotionen sind uns oft lästig, weil wir glauben, dass wir dann nicht mehr richtig funktionieren. Doch das Unterdrücken und Übergehen unserer Gefühle kann uns krank machen, da sie wichtige Signale senden. Wie können wir unsere Gefühle für uns nutzen? Wie können wir mit dem Wissen über unsere Gefühle und die Veränderung der negativen Gefühle glücklicher und zufriedener werden? Möchtest du deine Gefühle und Emotionen besser verstehen? Das Buch gibt nicht nur Hinweise auf das Entstehen der Gefühle, sondern liefert auch eine Art Gebrauchsanweisung, um mit unseren Gefühlen besser umgehen zu können. Fühlst du dich häufig als Opfer der Emotionen? Oft glauben wir, dass wir den Gefühlen ausgeliefert sind. Gerade Eifersucht, Angst, Wut, sind starke Gefühle, von denen wir uns überwältig fühlen. Das Buch zeigt dir Schritt für Schritt, dass du deine Gefühle sehr gut verändern kannst, wenn du mehr über die Entstehung weißt. Wichtige Steuerungsmechanismen wie die Gedanken und das Unterbewusstsein können wir, ebenso wie ein Muskeltraining, mit gezielten Übungen in den Griff bekommen. Was ist EMOTIONALE INTELLIGENZ? Der Begriff wurde um 1990 geprägt und der EQ und wie man ihn erlenen kann in einem separaten Kapitel erläutert. Es geht hier um die Steuerung der Gefühle, sodass man sich selbst in schwierigen Situationen besser beruhigen kann. Was ist POSITIVE PSYCHOLOGIE? Die Psychologie hat einen langen Weg hinter sich, bis sie zur empirischen, wissenschaftlichen Psychologie wurde. Die positive Psychologie entwickelte sich aus einer alten Denkweise heraus, die unangenehme Gefühle und Zustände lediglich ein wenig verbessern sollte. Gefühle & Resilienz - wie hängen sie zusammen? Auch die Resilienz ist ein wichtiger Faktor, wenn es um Glück im Leben und die Gefühle geht. Du bekommst: Gefühle in Theorie und Praxis Entstehung von Gefühlen Antworten auf die Frage: Wozu sind Gefühle da? Zusammenhang von Fühlen und Denken Was hat der Körper mit den Gefühlen zu tun? Transformation von Gefühlen 21-Tage-Übungen für bessere Gefühle Übungen zum Annehmen und Loslassen Das Wichtigste aus der Resilienz-Forschung! Das Wichtigste aus der Positiven Psychologie! Das Wichtigste aus der Emotionalen Intelligenz!

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Diplom-Pädagogin Michelle Amecke

GEfühle VERSTEHEN UND

EMOTIONAL FREI SEIN

 

 

 

Diplom-Pädagogin Michelle Amecke

 

GEfühle

verstehen und emotional frei sein

>> Vom Entlein zum Schwan <<

 

Resilienz

Emotionale Intelligenz

Positive Psychologie

 

(Mit 3-Wochen-Übungsplan für den Alltag)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

BONUS AUS MEINEM BUCH GEGEN ÄNGSTE: 

https://aengste.michelleamecke.de/

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Du bist der Schwan, nicht das Entlein!

Dipl.Päd. Michelle Amecke

Gefühle

 

 

 

 

 

Impressum

2. Auflage 2024 © SilberblattAlle Rechte vorbehaltenMichelle [email protected] 9, 58730 Fröndenberg

Umschlaggestaltung und Inhalt: Michelle Amecke via canva.com | Pluslizenzen

 

 

 

 

 

 

 

Wichtiger Hinweis der Autorin:

Die Informationen, Tipps, Ratschläge und Adressen in diesem Buch sind sorgfältig recherchiert und geprüft worden und entstammen auch der Erfahrung aus der pädagogischen Praxis. Doch die Angaben sind alle ohne Gewähr. Die Autorin kann für Schäden oder mögliche Nachteile, die aus dem Befolgen von Ratschlägen oder praktischen Hinweisen entstehen könnten, keine Haftung übernehmen. Alle Hinweise, Hilfestellungen und praktischen Anwendungen sollen sowohl einen (Fach-)Arztbesuch als auch eine Diagnose oder Untersuchung nicht ersetzen, sondern eine Information als Ergänzung darstellen. Für die Anwendung der Empfehlungen wird keine Haftung übernommen

 

 

„Wenn ich einen grünen Zweig im Herzen trage, wird sich der Singvogel darauf niederlassen.“

(Chinesisches Sprichwort)

 

 

Vorwort

Kennst du die Geschichte vom hässlichen Entlein?

Es war einmal eine Entenmama, die eine ganze Menge kleiner Baby-Enten in ihren Eiern ausbrütete. Sechs schlüpften. Das siebte Ei jedoch war viel größer und es dauerte unwahrscheinlich lange, bis ein kleines graues Entlein herausschlüpfen konnte. Dieses Baby war viel hässlicher, tollpatschiger und unbeholfener als die anderen Entlein. Weil es nicht so schön war wie die anderen, wurde es verspottet und geärgert. Es fühlte sich so schlecht und hässlich und falsch am Platz und beschloss, fortzulaufen.

Es hatte eine schreckliche Reise vor sich – es wurde von einer Bäuerin eingesperrt, musste fliehen, litt unter Ängsten, Depressionen, Neid und dem Gefühl, nicht dazu zu gehören. Es beobachtete von Zeit zu Zeit heimlich aus dem Schilf die anderen bei ihren lustigen Spielen. Es wurde Winter – und in einer Nacht fror unser Entlein in einem See fest. Glücklicherweise fand es ein Bauer, rettete es und nahm es mit. Als es erneut die Flucht ergriff und an einem See ins Wasser schaute, erschrak es:

Es war gar kein hässliches Entlein mehr – sondern ein wunderschöner großer Schwan geworden.

Ganz oft leben wir in einer Familie, wachsen mit Menschen auf, die ganz anders sind als wir selbst. Doch da wir bei ihnen aufgewachsen sind, glauben wir, genauso sein zu müssen. Die gleichen Fähigkeiten haben zu müssen, die gleichen Bedürfnisse haben zu müssen, die gleichen Werte haben zu müssen. Wir wachsen einfach unter – ich nenne es mal komischen Bedingungen – auf, die überhaupt nicht zu uns passen.

Höre nie auf, an Dich unD deine stärken zu glauben.

 

Einführung

Wie können wir unsere Gefühle für uns nutzen? Wie können wir mit dem Wissen über unsere Gefühle und die Veränderung der negativen Gefühle glücklicher und zufriedener werden?

Unser Leben ist eine Reise, eine Heldenreise könnte man sagen, für die wir von Natur aus mit verschiedenen Hilfsmitteln oder Anlagen ausgerüstet wurden. Wir bekamen mit unserer Geburt ein Fahrzeug, nämlich unseren Körper, und einen Kompass, unsere Gefühle sowie die Fähigkeit zu denken, um aus Erfahrungen reflektierend lernen zu können und unterschiedliche Kontexte in Verbindung bringen zu können.

Unser Gefühlsleben, das uns von Geburt an begleitet, ist hochkomplex und viele, viele Jahrzehnte oder Jahrhunderte gab es keinerlei Beweise dafür, dass oder wie Gefühle überhaupt existent sind, was sie bedeuten oder auslösen und ob sie steuerbar sind.

Da ich hier kein wissenschaftliches Werk schreiben möchte, erwähne ich nur kurz, dass schon lange geforscht wird und man daran interessiert ist, die Zusammenhänge von Körper, Geist und Seele in der Tiefe zu erforschen und nachzuweisen. Auch wenn heute neuronale Strukturen und Funktionen von Ionenströmen und Genen, die Zusammenarbeit von Zelle, Wahrnehmung und Bewusstsein immer mehr erforscht werden, bleibt doch vieles im Bereich der Gefühle und Emotionen noch ein Mysterium.

Mittlerweile gibt es schon sehr viel mehr wissenschaftliche Belege als nur die Vermutungen von Freud und Jung, die das Unterbewusstsein untersuchten. Ab 1967 wurde das erste neurobiologische Institut gegründet, das an einem Verständnis von Nerven und Hirnfunktionen, der sogenannten Neurowissenschaft, arbeitete.

Die Neurobiologie ist ein Bereich, in dem die Strukturen und Funktionen des Nervensystems erforscht werden. Man möchte hier herausfinden, wie das Nervensystem in Kombination mit den Körperfunktionen, das sind die Wahrnehmungen und das Verhalten, reagiert. Es gibt hier viele Impulse aus verschiedenen Bereichen der unterschiedlichsten Wissenschaften: der Molekularbiologie, Neurologie, Psychiatrie, Psychologie, Biologie, der Physik und aus den Computer-Wissenschaften.

Mich selbst haben Gefühle schon immer fasziniert. Meine eigenen ebenso wie die Gefühle anderer Menschen. Schon früh musste ich (wie wahrscheinlich die meisten Menschen) lernen, dass Gefühle wenig erwünscht sind. Gefühle waren schon in meiner Kindheit etwas, was man sich zu verkneifen hatte. Entweder es war keine Zeit für Befindlichkeiten, sie waren zu viel, zu lästig oder – was noch schlimmer war – sie waren peinlich. Das war das Einzige, worin sich alle erwachsenen Familienmitglieder einig waren.

Ich habe dies lange Zeit überhaupt nicht verstanden und fragte mich, was mit den Erwachsenen in meiner Welt nicht stimmt. Wovor sie Angst hatten. Warum es so viele Dinge gab und natürlich immer noch gibt in diesen verdrängten Welten, die man nicht ausdrücken darf, die man nicht zeigen darf, die unanständig sind. „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“,„Die Zeit heilt alle Wunden“, „Stell dich nicht so an“, „Übertreib nicht so“ und so weiter.

Jahrzehnte später, viele Seminare und Ausbildungen später, bin ich mehr denn je überzeugt, dass Gefühle die Essenz unseres Lebens sind. Gefühle sind immer schon bei uns und in uns und sind untrennbar mit uns verbunden. Und sie haben eine wichtige Aufgabe zu erfüllen: Sie sind unser Kompass durch das Leben.

Ich selbst war endlose Jahre in einem Paradoxon gefangen. Ich war entweder nicht in der Lage, adäquat zu fühlen oder meine Gefühle einzuordnen, ich war wie taub. Und dann schien ich wie ferngesteuert, als würden mich plötzlich heftige Gefühle überfallen, die ich überhaupt nicht im Griff hatte.

Sie kamen wie der Räuber aus dem Busch und hatten mich im Griff, sodass es schwer war, mich auf den Alltag zu konzentrieren. Ich fiel regelrecht in ein Loch, aus dem ich nur schwer wieder herauskam.

Heute weiß ich: Ich hatte (mich) überhaupt nicht richtig fühlen gelernt. Ich war auf unbekanntem Terrain. Auf einem vermeintlich gefährlichen Terrain.

Ich merke es daran, dass ich mich unwohl fühlte, dass ich mich falsch fühlte, dass ich mich überhaupt nicht in mir zu Hause fühlte. Zudem funktionierten meine Beziehungen nicht und auch im Studium und im Beruf fühlte ich mich unglücklich und nicht angekommen.

Je mehr ich das Gebiet der Gefühle erforschte und je mehr Seminare ich besuchte und desto mehr Mentoren ich gehabt hatte, desto mehr verstand ich, dass mich das Verdrängen nicht nur psychisch belastete, sondern auch körperlich krank machte. Aus Schutz hatte ich mich von mir selbst entfernt.

Stell dir vor, du hättest einen großen, aufgepusteten Luftballon in der Badewanne. Deine Aufgabe: Du musst ihn die ganze Zeit mit beiden Händen unter Wasser drücken. In diesem Ballon sind deine Gefühle. Du versuchst sie – wie in dem Bild den Ballon – zu unterdrücken, unter Wasser zu halten, was absolute Konzentration und Kraft erfordert. Könntest du in dieser Situation deine Aufmerksamkeit auch noch jemandem widmen, der dir etwas erzählen möchte? Hättest du die Hände frei, um jemanden in den Arm zu nehmen oder ein Geschenk zu empfangen? Könntest du dich in diesem Moment wirklich auf etwas Neues einlassen? Lebensfreude und Leichtigkeit empfinden? Stelle dir diese Situation vor und überlege: Was geschieht mit deinen Armen, deinen Schultern? Wie fühlst du dich? Wie ist deine Haltung? Und bedenke, dass dieser Zustand ja jahrelang anhalten wird!

Du stehst mit unterdrückten Gefühlen komplett unter Stress, denn du bist die ganze Zeit hiermit beschäftigt. Du verlierst Energie, deine Leichtigkeit, du verlierst deine Lebenslust, du verlierst die Harmonie in deinen Beziehungen, dein Immunsystem wird schwächer und es gibt noch viele andere Erkrankungen, die hier mit einhergehen. Doch das Verdrängen ist nur ein Umgang, den wir mit Gefühlen pflegen. Ich gehe später darauf ein, was wir noch mit Emotionen machen oder die Emotionen mit uns.

So ging es mir also. Ich verstand nur damals nicht, wie ich das ändern könnte. Richtig wach wurde ich, als ich an Brustkrebs erkrankte. So viel unterdrückte Wut – so viel Ballast, den ich Jahrzehnte lang mit mir herumgeschleppt hatte. Ich hatte mich einfach selbst verloren.

Das fast Lustige daran ist, dass ich dachte, ich wäre ein sehr gefühlvoller Mensch! Erst als mein Leben wirklich in Gefahr war und die Ärzte mich nur noch palliativ begleiten wollten, war ich in der Lage zu erkennen, dass ich viele Jahrzehnte über meine Gefühle geredet hatte, aber sie nicht gefühlt hatte. Über Gefühle zu sprechen ist das, was die meisten von uns sehr gut beherrschen. Dies hat aber leider nichts mit dem Fühlen an sich zu tun! Die Krankheit brachte mich meiner ganzen unterdrückten Verzweiflung, Wut und Ohnmacht nahe. Mir selbst. Wir haben wunderbare Ausdrücke, mit denen wir unsere Gedanken mitteilen. Jeder Satz, der mit: „Ich habe das Gefühl, dass …“, startet, soll etwas ausdrücken. Doch was wir hier zeigen, ist nicht das Gefühl, sondern der Gedanke. Selbstverständlich möchte ich hier niemandem einen Vorwurf machen, denn es ist ein Schutzmechanismus, welchen wir uns antrainiert haben, um einer Katastrophe in der Kindheit zu entgehen.

Wir haben nicht gelernt, mit negativen Gefühlen (oder überhaupt mit Gefühlen) umzugehen und schon gar nicht, sie zu verändern. Doch hier liegt der Schlüssel zu Glück, Wohlbefinden, Zufriedenheit, zur universellen Liebe. Zu unserer Selbstliebe.

Das Geheimnis, alle Gefühle spüren zu können und sie anzunehmen, sie zu fühlen und sie so zu transformieren, das ist es, worum es in diesem Buch gehen wird. Denn der kompetente Umgang mit unseren Gefühlen ist das, was Emotionale Intelligenz ausmacht. Der Begriff stammt von John D. Mayer und Peter Salovey, einem Psychologen-Team, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, uns diese Idee als psychologischen Ansatz zugänglich zu machen.

 

 

 

Kapitel 1: Gefühle – theoretisch gesehen

Ich stelle dir in diesem Kapitel Theorien und Erkenntnisse aus der Forschung vor. Es gibt einige Theorien und Begriffe, die wir häufig benutzen, aber nicht genau einordnen können. Ich möchte hier ein wenig Licht bzw. Ordnung ins Dunkle bringen. Bei allen geht es um einen gesunden Umgang mit den Gefühlen. Mit gesund ist gemeint, dass wir nicht Opfer unserer Gefühle sind, dass wir negative, stressende Gefühle in gute Gefühle umwandeln können, die uns unterstützen.

Möglicherweise hast du dich das auch schon gefragt: Wenn schmerzliche Gefühle so unangenehm sind, Ängste uns stressen – wozu existieren sie dann? Woher kommen sie? Was soll das alles, wozu das Ganze?

Gefühle können ganz wundervoll sein und uns motivieren, erheitern, leicht werden lassen. Sie lassen uns lustvoll Beziehungen eingehen, für andere sorgen, lassen uns fokussiert auf Ziele zugehen.

Ebenso können sie uns herunterziehen und sehr viel Leid verursachen. Ich glaube ja, dass wir sehr wohl in der Lage sein könnten, unsere Gefühle schlau zu nutzen und auch gut zu steuern, ohne sie zu verdrängen. Doch das funktioniert nicht so richtig, richtig gut. Dies liegt meiner Meinung nach hauptsächlich an unserer fehlenden emotionalen Intelligenz. Es ist wichtig, seine Gefühle und auch die der anderen Menschen zu (er-)kennen, um gesunde Beziehungen führen zu können.

 

 

1.1 Gefühle & Gehirn – was sagt die Forschung

Die Bereiche des Gehirns

Unser Gehirn könntest du dir wie Matroschkas, diese russischen Püppchen mit drei dieser verschachtelten Püppchen oder Schichten, vorstellen. Diese drei stehen miteinander in Verbindung: Im Zentrum befindet sich das Stammhirn. Darüber liegt das limbische System. Die oberste oder äußerste Schicht bildet die Großhirnrinde.

Großhirn

Im Großhirn finden wir die Gedanken und Gefühle. Es hat zwei gleiche Hälften, die rechte und die linke Hirnhälfte. Die rechte Gehirnhälfte ist für die linke Körperseite zuständig und die linke Gehirnhälfte für die rechte Körperseite. Jede Hälfte hat bestimmte Aufgaben, wobei die rechte eher für die Kreativität zuständig ist, die linke eher für die Logik und die Sprache.

Die beiden sind verbunden durch einen Balken, der Informationen hin und her sendet zwischen den beiden. Hier werden die Sinneseindrücke Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten in Gedanken und Gefühle umgewandelt. Wichtig ist hier zu wissen, dass dieser Balken nicht immer arbeitet – die Verbindung ist nicht automatisch gegeben, sondern wie bei einer Zugbrücke über einen Fluss ist die Verbindung manchmal da – und manchmal eben nicht. Wann diese Verbindung nicht da ist, dazu kommen wir noch. Unter starkem Stress oder bei traumatischen Erlebnissen arbeitet der Balken nämlich nicht.

Unsere Gefühle entstehen im limbischen System in unserem Gehirn. Dies ist noch nicht dem Bewusstsein angegliedert. Erst die Hirnrinde, die evolutionstechnisch gesehen ein jüngerer Teil des Gehirns ist, sorgt dafür, dass uns die Gefühle auch bewusst werden können.

Es liegt im Großhirn verborgen und wird auch Gefühlshirn genannt! Hier werden permanent Gefühle erzeugt. Diese werden aber zumeist nicht an die Hirnrinde weitergegeben. Ob also unsere Gefühle bewusst gefühlt werden, ist davon abhängig, welche Teile des Cortex (die Hirnrinde oder auch graue Substanz) hier mitarbeiten.

Und nicht nur das. Mitverantwortlich ist dieser Teil für das Gedächtnis und das Lernen, also das Lernvermögen eines Menschen.

In diesem Teil spielt auch die Entstehung von Sucht eine große Rolle, denn als Sitz oder Quelle unserer Gefühle werden hier situativ Belohnungsgefühle ausgesandt. Suchtgefühle bezüglich Alkoholes, Drogen, Schokolade oder auch Sport. Also alles, was zur Sucht werden kann, kann hier ausgelöst werden.

Stammhirn

Unser Stammhirn ist für alle körperlichen Prozesse wie z. B. die Atmung, das Immunsystem, die Hormone und auch für den Kreislauf verantwortlich. Es ist auch jener Ort, in dem sich unsere Instinkte und die angeborenen Triebe (Ernährung, Kampf und Flucht) befinden. Auch schon die Reptilien besaßen ein Stammhirn, weshalb es Reptilien-Hirn genannt wird.

 

Limbisches System

Das limbische System ist, wie schon erwähnt, der Entstehungsort von Emotionen und Gefühlen. Hier sitzt der Mandelkern, die Amygdala. Sie speichert unsere emotionalen Erfahrungen und vergleicht alle aktuellen Erfahrungen mit den abgespeicherten Erinnerungen an ähnliche oder vermeintlich ähnliche Situationen.

Das limbische System ist dabei schneller als dein Schatten! Eine Zeitspanne von einer tausendstel Sekunde der Informationen im Unterbewusstsein reicht aus, um alles, was hier ankommt, zu bewerten.

Der Hirnstamm wird in rasender Geschwindigkeit benachrichtigt, was hier gerade los ist, ein granatenstarker Türsteher für das Unterbewusstsein. Alles, was wir gesehen, gehört, gerochen, gefühlt haben, wird hier einer Bewertung unterzogen: negativ, positiv, egal.

Es wird entschieden, ob eine alte Erfahrung gut oder angenehm war und wiederholt werden soll. Oder ob sie nachteilig oder unangenehm war und vermieden werden soll. Das Ergebnis der Prüfung präsentiert uns das limbische System über ein körperliches Signal, das oft im Bauch spürbar ist.

 

Präfrontalkortex

Jetzt kommen noch die Körpersignale ins Spiel. Das Großhirn wird von einer Schicht ummantelt, der Großhirnrinde (dem Neokortex). Vor allem der Präfrontalkortex, ein Teil dieses Mantels an der Stirnseite des Gehirns, ist für unser bewusstes Erleben zuständig: Denken, Wollen, Planen, Impulskontrolle, Abschätzen von Folgen und so weiter.

Es ist genau die Hirnregion, die bei Menschen viel mehr als bei Tieren ausgebildet ist. Hier unterscheiden wir uns vom Tier am deutlichsten.

Dieser Präfrontalkortex ermöglicht es, dass wir uns über unsere Körpersignale willkürlich mithilfe unseres Willens hinwegsetzen. Vielleicht bist du schon einmal zur Arbeit gegangen, obwohl du krank warst, oder hast dir nicht die Pausen gegönnt, die eigentlich wichtig gewesen wären. Sich über die Körpersignale hinwegzusetzen, das ist genau das, was dieser Gehirnteil uns ermöglicht.

Andersherum überarbeiten sich Tiere nicht und bekommen einen Burnout oder bekommen Übergewicht. Die menschlichen Probleme gibt es so in der Tierwelt nicht, außer wir füttern unsere Haustiere dick oder treiben sie zu sehr an.

Viele Hunde z. B. werden aus Unwissenheit auch überfordert oder reizüberflutet. Normalerweise oder in der Natur leben Tiere viel enger an und mit ihren Bedürfnissen und Instinkten.

Hören wir nicht auf unsere echten Bedürfnisse oder übergehen sie, werden wir also möglicherweise krank. Und oft genug missachten wir Menschen unsere Gefühle und Körpersignale oder unterdrücken solche Signale extra, gehen über unsere Grenzen.

Gründe dafür gibt es viele: Wir wollen uns nicht schwach zeigen, wir haben Angst, den Job zu verlieren, unser Ansehen oder Denken, dass nur wer viel leistet, ein guter Mensch ist, oder dass ein Indianer keinen Schmerz kennt.

Der Lerneffekt mit dem Mandelkern, der uns normalerweise schützen soll, wird ungesund, wenn wir reagieren, obwohl keine Gefahr droht. Viele Erfahrungen und Erlebnisse aus der Kindheit sind hier gespeichert und prägen den Rest unseres Lebens. Häufig gibt es nichts zu befürchten, doch das Gefühl der Angst wird automatisch getriggert. Wir reagieren häufig emotional und sind fast machtlos in unserer ‚übertriebenen‘ Reaktion.

Dies wird zum Problem, wenn Beziehungen, Kommunikation oder sogar Arbeitsverhältnisse darunter leiden, dass unser Erlebtes immer wieder getriggert wird.

Untersuchung – Chance der Entwicklung

António Damásio aus Portugal ist ein Forscher, der sich intensiv mit dem Thema Gefühle beschäftigt hat. Er hat in einer Studie Probanden gebeten, sich Situationen vorzustellen, in denen sie Unterschiedliches gefühlt hatten.

Angst, Ärger, Wut, Glück. Mit den heutigen modernen bildgebenden Verfahren kann man genau differenzieren, welche Bereiche des Gehirns wann aktiv sind. Man konnte erkennen, dass je nach Gefühl unterschiedliche Bereiche im Gehirn aktiv werden.

Da die Bereiche sich aber zum Teil überschneiden, wurde die Studie von vielen Kollegen nicht wirklich ernst genommen. Spannend war wohl eher, dass Frauen und Männer in den Gefühlsmustern keine Unterschiede zeigten.

Wichtig ist auch zu erwähnen, dass Stimuli, die wir gar nicht bewusst wahrnehmen können, auch Einfluss auf unsere Gefühle und auch unsere Stimmungen nehmen. Das erklärt, warum wir oft nicht mitbekommen, wenn die Stimmung kippt. Dir geht es gut, du bist entspannt und plötzlich hast du das Gefühl, dir ist eine Laus über die Leber gelaufen, ein beklemmendes oder unangenehmes Gefühl, dass sich mit durch den Tag zieht.

An der holländischen Uni Tilburg wurden Versuche unternommen, die eindeutig bewiesen, dass auch Bilder, die nur unterschwellig wahrnehmbar waren, einen großen Einfluss auf die Stimmung hatten. Da hilft dann auch kein: „Stell‘ dich doch nicht so an!“, denn hier wird ein Automatismus in Gang gesetzt, den wir nicht greifen können.

Ein anderer Versuch: Menschen, die sich längere Zeit mit dem Begriff „Professor“ beschäftigt haben, beantworten Fragen eines bestimmten Tests häufiger richtig als solche Menschen, die sich mit dem Begriff „Sekretärin“ beschäftigt haben.

Interessant, oder? Hier müsste doch jeder die Chance erkennen, sich selbst zu entwickeln und zu entfalten und das Leben bewusst in eine positivere Richtung zu bringen. Hypnose oder Silent Subliminals1 zum Beispiel arbeiten damit.

 

1.2 Gefühlsverlagerungen und Interpretationen

Was versteht man denn jetzt aber genau unter Gefühlen und ist Emotion einfach ein Fremdwort für das Gefühl? Es gibt viele unterschiedliche Deutungsweisen bzw. Autoren, die Emotionen und Gefühle gleichsetzen oder auch hier ganz unterschiedlich benennen und bewerten.

Dies ist ein gängiges Problem in allen Wissenschaften. Es ist leider so, dass man sich nie ganz einig ist und es immer gegensätzliche Erklärungen von ein und dem gleichen Sachverhalt gibt.

Das Gefühl ist hier eher eine Sinneswahrnehmung. Dieses Gefühl ist eine klare Empfindung, die nicht bewertet wird. Hier gibt es kein Positiv oder Negativ oder Egal – das Gefühl ist eine einfache Wahrnehmung dessen, was ist.

Die Emotion ist hingegen schon eine Bewertung – das, was gefühlt wird, erfährt eine Bewertung. Wenn etwas heiß ist beispielsweise, ist das erst einmal eine Wahrnehmung der Sinne. Durch die Bewertung entstehen weitere Emotionen: Ich ärgere mich, ich bin wütend, dass ich mich verbrannt habe. Ich bin sauer, dass ich unachtsam war. Ich habe Schuldgefühle, weil ich mein Kind verbrannt habe. Ich habe Mitleid, weil sich ein Mitschüler verbrannt hat.

Um diese Unterscheidung etwas deutlicher zu machen, berichte ich am Beispiel einer Klientin:

Beispiel von Judith

Meine Klientin Judith kam zu mir, da sie große Eheprobleme hatte. Im Laufe langer Ehejahre hatten die beiden sich ein wenig auseinandergelebt. Dazu kam, dass sie ihre Eifersucht nicht überkommen konnte. Ihr Mann kam in den letzten zwei Jahren häufig spät heim. Er war lange im Büro, sodass sie oft mit den Kindern allein am Abendbrot-Tisch saß. Ihre Erzählungen zeigten, dass die Streitgespräche, die sie mit ihrem Mann führte, immer nach dem gleichen Schema abliefen.

Sie konnte sich dann nicht mehr kontrollieren, sodass er auch außer Rand und Band geriet, was regelmäßig damit endete, dass die beiden ein bis zwei Tage nicht mehr miteinander sprachen. Es war eine Verkettung wie ein Domino-Effekt. Ein Teufelskreis, aus dem sie einfach nicht ausbrechen konnten.

Dies lag daran, dass ihre Emotion, nämlich die Eifersucht, ein wichtiges Gefühl unter sich verbarg, welches ihr nicht bewusst war. Die Eifersucht war eine Emotion. Es handelte sich hier um Interpretation der Ereignisse, nicht um ein reines Gefühl. Sie konnte ja nicht wissen, was hier tatsächlich los war und ob ihr Mann wirklich lange arbeiten musste.

Judiths Mann kam häufig zu spät nach Hause. Regelmäßig rief das in Judith verzweifelte Emotionen der Eifersucht hervor.

Da sie diese Emotionen nicht zugeben wollte, fand sie Vorwände, um ihn schlecht dastehen zu lassen, ihm ein schlechtes Gewissen oder ihm Vorhaltungen zu machen. Im Grund hatte sie jedoch große Verlustängste. Ihre Angst war ein starkes Gefühl aus ihrer Kindheit, welches sie aber auch so stark verdrängt hatte, dass es nicht mehr spürbar war. Es war ihr einfach nicht bewusst bzw. wollte sie auch nicht schwach erscheinen, da sie das bei den Eltern auch nicht zeigen durfte.

So fing sie an, Emotionen vorzulagern. Die Eifersucht entstand aus der Bewertung der Situation: „Mein Mann kommt spät nach Hause.“ – als Schlussfolgerungen „Er liebt mich nicht mehr.“, „Ich bin nicht mehr so attraktiv wie früher.“, „Er hat bestimmt eine Geliebte.“, „Er wird mich vielleicht verlassen.“

Sie warf ihm vor, dass das Essen nun ungenießbar sei, weiterhin, dass er schuld sei, dass die Kinder schlechte Noten in der Schule haben, weil er als Vater nicht seinen Pflichten nachkam.

Es entbrannte regelmäßig ein Streit, den sie hinterher bitter bereute. Sie hatte sich einfach nicht im Griff und war nicht in der Lage, ihm ruhig mitzuteilen, dass sie unter Eifersucht litt. Diese Emotion zog also weitere negative Emotionen und Gefühle nach sich. Die Eifersucht bzw. die Verdrängung der Emotion machte sie regelrecht unfrei. Handlungsweisen, die sie normalerweise selbst schrecklich fand, wurden Tagesordnung.

In der Paarberatung wurde klar, dass es sich hier um eine Emotion handelte, nämlich die Emotion der Eifersucht, die sie an sich selbst nicht wahrhaben wollte.

Die feine Empfindung, wenn sie ihr Herz für sich selbst hätte öffnen können, wäre vielleicht eine Angst gewesen, eine Sorge. Vielleicht wäre sie als Empfindung, als Körperwahrnehmung spürbar gewesen. Meist sind wir so unter Druck, belagert vom Alltag. Wir haben selten Stille, ständig will jemand etwas von uns oder wir hören und sehen Werbung, E-Mails, Telefon, Fernsehen und vieles mehr, sodass wir unsere zarten Körperreaktionen oft gar nicht mehr spüren können. Wir sind viel zu abgelenkt, um den Fokus auf uns selbst richten können. Die Ablenkung ist das eine, meist sind wir zudem viel zu beschäftigt, denn es gibt immer etwas zu tun und die Zeit ist meist knapp.

Was können solche Reaktionen sein? Ein schnellerer Herzschlag, feuchte Hände, leicht verspannte Schultern, eine leichte Übelkeit im Magen. Oder ein leicht spürbares Unbehagen, das uns warnen möchte, dass etwas nicht stimmt oder wir in eine Richtung denken, die uns nicht guttut und nicht wahr ist.

Doch es ist so viel los und wir haben so wenig Zeit für uns, dass wir es nicht wahrnehmen. Möglicherweise macht es uns auch Angst, in uns hineinzufühlen und uns zu spüren, denn wer weiß, was auftauchen könnte? Viele Menschen leiden unter Atemproblemen, bekommen Panikattacken, wenn sie beginnen, in den Körper zu fühlen und dem Atem zu lauschen, denn dann kommen wir in einen Zustand, der unser Unterbewusstsein öffnet. In solchen Momenten könnten Gefühle oder Gedanken aus dem Unterbewusstsein auftauchen, die wir eigentlich verdrängen möchten.

Ein anderer Aspekt, der uns schwerfällt, ist, die Reaktionen unseres Körpers einzuordnen. Generell ist das Treffen von Entscheidungen etwas, was schwerfällt. Die eigene Stimme wieder hören lernen, dazu gibt es haufenweise Kurse. Sollte das nicht normal sein, sie hören zu können? Falls es dir schwerfällt, kann ich dir sagen: Wir haben es einfach nicht gelernt. Oder verlernt. Wir wurden dazu erzogen, unsere Verantwortung abzugeben an Menschen, von denen wir denken, dass sie schlauer sind, klüger, erfolgreicher. Und wir trauen unseren eigenen Gefühlen und Empfindungen nicht mehr. So kommt es dann, dass wir etwas anstauen, bis der Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt.

Bestimmt ist es dir schon passiert, dass du etwas entschieden hast, von dem du eigentlich tief in dir wusstest: „Das wird nichts.“, „Das sollte ich lassen.“ Etwas fühlte sich ‚eigentlich‘ nicht gut an. Du hast es doch getan und später kam die Reue: „Mist, ich wusste es doch!“

Noch einmal zurück zu unserem „Fall“. Denn das Verdrängen einer Emotion, die fehlende Reflexion und Nichtbeachten der tiefen, zugrunde liegenden Wahrheit hätte fast die Ehe meiner Klienten zerstört. Judith versuchte, diese Emotion, die sie nicht an sich mochte, zu verdrängen. Sie schämte sich dafür. Zugleich wollte die Emotion „Eifersucht“ die tieferliegende Angst, dass es möglich war, verlassen zu werden, überdecken. Es ging letztlich um ein „schlechtes“ Selbstbewusstsein und die tiefe Angst vor Einsamkeit. Doch diese Angst war einfach zu schmerzhaft. So schmerzhaft, dass sie diese Angst tief in sich vergraben hatte. Sie war schon zu Kinderzeiten von ihr verdrängt worden, um sich zu schützen.

Da sie sie nicht spüren konnte, war sie auch nicht in der Lage, mit ihrem Mann ruhig darüber zu sprechen und sich im anzuvertrauen. Denn hätte sie ruhig ihre Sorge mitgeteilt, hätte er sie vielleicht beruhigen können.

Ein Gefühl, das anfänglich nur mit ihr selbst und ihrer Familiengeschichte zu tun hatte, wurde nach außen projiziert und ein Vorwurf daraus gemacht: „Du kommst immer zu spät!“, „Du hast bestimmt eine andere!“

Es gibt also Gefühle und Emotionen, es gibt Empfindungen, Sinneswahrnehmungen, die ich jedoch in diesem Buch gleichwertig nutzen werde, d. h. ich werde hier keine Unterscheidung machen. Der Einfachheit halber werde ich hier in diesem Buch nicht Emotionen und Gefühle getrennt benennen.

Da so viel Uneinigkeit und Willkür bei der Begrifflichkeit herrscht, werde ich die Begriffe synonym verwenden. Die Ausführung diente lediglich der Erläuterung der Unterschiede in der Entstehung und Verstrickung von Gefühlen. Es ist wichtig, zu verstehen, dass unter den meisten Emotionen eben noch weitere, tieferliegende Gefühle vorhanden sind, die von den Emotionen geschützt werden, verborgen werden. Wie ein Zwiebelchen, das man schält.

 

1.3 Kindheit & Kultur

Noch einmal zurück zum Beispiel von Judith:

Entstanden war dieses ‚Gefühlskuddelmuddel‘ in ihrer Kindheit. Judith hatte erlebt, dass ihr Vater der Mutter fremdgegangen war. Judith war noch sehr klein, als diese Dinge geschehen waren, doch den Schmerz ihrer Mutter hatte sie sehr deutlich gespürt. Vielleicht hatte die Mutter sogar unbewusst Trost bei ihr gesucht. Dieses Gefühl des Schmerzes bzw. der Angst hatte sie von der Mutter übernommen.

Es war also nicht einmal ihr eigenes, ursprüngliches Gefühl. Doch es wurde immer wieder getriggert durch ein Verhalten anderer Personen im Außen. Mussten wir zu früh in der Kindheit Verantwortung übernehmen, können dadurch später auch starke Ängste, Perfektionismus oder Überforderungsgefühle entstehen. Durch Techniken der Reflexion und des Annehmens konnte Judith sich mit sich selbst versöhnen und war so wieder frei für liebevolle Gespräche mit ihrem Mann.

Wie man am Beispiel von Judith gut erkennen kann, entstehen unsere Gefühle meist in der Kindheit. Wir lernen das meiste von unseren Eltern bzw. Bezugspersonen: Durch Belohnung und Bestrafung, vorgelebte Werte, Ängste und Sorgen, Zweifel, Glaubenssätze darüber, was sich gehört, was wir tun müssen, um geliebt zu sein und wofür wir uns schämen müssen.

Wenn wir erwachsen sind, spielen die Dinge, die uns in der Kindheit geprägt haben, immer noch eine große Rolle, denn sie stellen eine Art Filter dar, durch den wir die Realität wahrnehmen. So ist später unsere Wahrnehmung etwas getrübt, gefärbt, und zwar in genau dem Licht der Dinge, die wir erlebt haben.

Wir lernen, was gut und böse ist und auch, was uns selbst vermeintlich wertvoll macht. Was wir tun müssen, damit wir Anerkennung erhalten und was andere über uns denken. Hier entstehen unsere Glaubenssätze und wir fangen an, Dinge über uns zu glauben, die andere uns einreden.

Alles, was wir darüber glauben, wie die Welt sein sollte und wir uns in ihr verhalten müssen, entsteht in den ersten Jahren. Wir sind so dermaßen davon überzeugt, dass uns überhaupt nicht bewusst ist, dass alles auch ganz anders sein könnte.

Wenn du immer auf eine bestimmte Art und Weise deine Wohnung sehr in Ordnung hältst und aufräumst, bevor du aus dem Haus gehst, wird es für dich unmöglich sein, sie unaufgeräumt zu verlassen. Wenn du davon überzeugt bist, dass du täglich deinen Kaffee brauchst, um wach zu werden, wirst du ohne Kaffee wie ein schlaffes Brötchen in den Tag starten.

Da wir von unseren Eltern abhängig sind, müssen wir ihnen erstmal glauben, was sie uns erzählen und vorleben. Wir sind darauf angewiesen, dass wir ihnen gefallen – wir möchten nicht nur zugehörig sein, sondern sind auch darauf angewiesen, dass wir bei ihnen bleiben dürfen und sie uns ernähren und lieben.

So fangen wir an, Gefühle zu vertuschen, wenn wir gut ankommen möchten. Wir tun so, als ob; wir verbiegen uns und schlucken negative Gefühle herunter, um zu gefallen. Unsere Gefühle, die auf diese Art und Weise entstehen, fühlen sich ganz schön mächtig an.

Wir versuchen ja meist fieberhaft, anderen zu gefallen. Das haben wir so gelernt, um sicher zu sein, dass wir bei unserer Ursprungsfamilie bleiben dürfen. Unser Perfektionismus ist somit allgegenwärtig.

Die Anstrengungen, anderen gefallen zu wollen oder zu müssen, tragen dazu bei, dass wir uns von uns selbst und unseren Sehnsüchten, Wünschen, Werten entfernen und nicht authentisch sind. Wir leben nicht mehr unseren Bedürfnissen entsprechend.

Warum fühlen wir uns von Gefühlen so oft übermannt? Weil sie sich so unangenehm oder auch bedrohlich und mächtig anfühlen und wir scheinbar abhängig sind, beginnen wir zu glauben, dass wir ein Opfer unserer Emotionen sind. Häufig identifizieren wir uns sogar damit. Wir glauben, unsere Gefühle zu sein – damit meine ich, dass wir uns damit identifizieren. Als wäre es nicht möglich, auch etwas anderes zu fühlen oder zu denken als das, was gerade in uns vorherrschend aktiv ist. Als seien wir nicht in der Lage, es zu steuern. Wir nehmen dann die Welt um uns herum ganz aus der Sicht dieses Gefühls wahr. Wie konnte das geschehen, dass es jetzt scheinbar keine Alternative gibt?

Unsere Liebe und unser Respekt sorgen dafür, dass wir den Eltern glauben. Wir haben keine Wahl, wenn wir sehr klein sind, nicht nur aus der Abhängigkeit heraus, sondern auch, weil Kinder neurobiologisch noch anders funktionieren. Wir halten die Erwachsenen in unserem Universum für schlauer als uns selbst. Es ist natürlich richtig so von der Natur eingerichtet, dass wir uns ihnen anpassen und unsere Eltern oder Bezugspersonen bedingungslos lieben, um überleben zu können. Anfänglich. Später geht es darum, dass wir uns lösen, reflektieren und unsere eigenen Glaubenssätze bilden. Wir müssen herausfinden, wer wir sind und wie wir uns wirklich wirklich fühlen.

Aus den ersten Gefühlen entstehen weitere differenzierte Gefühle und Emotionen. Sie entstehen dann, wenn wir anfangen, das, was wir wahrnehmen, zu bewerten. Ein Ereignis oder eine Tatsache, die ich objektiv betrachten könnte, werde ich dann mit schon erlebten Szenen vermischen. Z. B. mein Mann kommt spät nach Hause, vielleicht sogar häufig und als erste Emotion ist da Ärger. Dieses Ereignis sehe ich dann nicht mehr nur als Tatsache.

Es gibt einen großen Unterschied zwischen einer reinen Beobachtung und dem Bewerten dessen, was ich sehe. Ich mische Ereignisse und Erlebnisse aus der Vergangenheit in dieses Ereignis mit hinein. Die Vergangenheit spielt, wenn sie nicht bearbeitet wird, immer noch eine große Rolle für die Gegenwart und erlaubt mir keine Objektivität.

Lass‘ dir deine Gegenwart nicht von deiner Vergangenheit verderben. Genieße, indem du Achtsamkeit lernst.

Die Prägungen, die unsere Eltern oder Bezugspersonen uns aufdrücken, haben natürlich immer ganz eng damit zu tun, was kulturell und gesellschaftlich gerade akzeptabel ist. Sigmund Freud, man kann von ihm halten, was man will, schrieb sehr passend dazu, dass die Gesellschaft Regeln darüber aufstellt, wie frei und unverstellt Emotionen nach außen getragen werden dürfen.

In seinem Buch „Unbehagen der Kultur“ spricht Freud vom „moralischen Zwang der Gesellschaft“. Meine Handlungen und Verhaltensweisen haben selbstverständlich immer auch mit der Gesellschaft, in der ich lebe, tun. Gefühl und eine entsprechende, auf dieses Gefühl folgende Handlung sind untrennbar verknüpft, denn Gefühle sind der Motor der Handlungen.

1.4 Wie gehen wir mit Gefühlen um?

Bislang habe ich hauptsächlich von der Verdrängung gesprochen, doch es gibt noch weitere, wichtige Umgangsformen mit Gefühlen, die wir uns gar nicht immer deutlich vor Augen halten. Was geschieht, wenn ich etwas fühle, das mir nicht angenehm ist? Wohin weiche ich aus? Und interessant sind natürlich auch die Gründe für die verschiedenen Umgangsweisen mit den Gefühlen.

 

Diese sind: 

Verdrängung

Überwältigung

Bewusstsein

sich als Opfer fühlen

 

Verdrängung

Wir unterdrücken oder verdrängen Gefühle, wenn sie zu schmerzhaft sind, oder wir glauben, dass wir andere damit belästigen. Häufig möchten wir nicht auffallen, nicht stören, weil wir glauben, dass wir zu viel sind und uns anderen nicht zumuten können. Wir befürchten, dass unsere Gefühle nicht adäquat sind, dass wir damit anecken oder dass wir uns dafür schämen müssen.

 

Überwältigung

Häufig fühlen wir uns von unseren Emotionen komplett überwältigt. Wir haben das Gefühl, dass wir Opfer der Emotionen sind und sie über uns herfallen wie der Räuber aus dem Busch. Uns fehlt es dann an einer Art Selbstkontrolle. Häufig sind es unsere Inneren Kinder.

Vielleicht hast du den Begriff schon einmal gehört: Das Innere Kind ist ein innerer, alter Anteil von uns, der dafür sorgt, dass wir unsere Emotionen möglicherweise nicht kontrollieren können. Das Innere Kind hat Bedürfnisse oder Verletzungen erlitten, die nie geheilt wurden und noch ganz aktiv in uns leben. Wir wundern uns dann, warum wir in bestimmten Situationen immer wieder über die Maße emotional reagieren.

Gefühle zu zeigen ist im Grunde eine schöne Sache. Doch ab und zu sind die Reaktionen, die wir zeigen und mit denen wir sie ausdrücken, einfach nicht angemessen für einen erwachsenen Menschen, sondern sie sind sehr stark und passen verhältnismäßig gar nicht zum Ereignis.

Vielleicht hast du dich auch schon einmal dabei erwischt, dass du in einer bestimmten Situation wütender geworden bist, als es angebracht gewesen wäre. Du hast etwas sehr persönlich genommen, dabei war vielleicht die Kommunikation gar nicht persönlich gemeint. Vielleicht warst du auch extrem neidisch oder hast in andere Art und Weise überreagiert. Dafür sind häufig unsere Inneren Kinder verantwortlich zu machen.

Diese alten Anteile in uns, die immer wieder unterdrückt wurden und immer noch leiden. Man spricht hier auch von Altersregression. Ich reagiere dann nicht in meinem jetzigen, erwachsenen Alter, sondern mein z. B. 4-jähriger Anteil reagiert.

 

Bewusstsein

Es gibt Menschen, die sehr bewusst mit ihren Gefühlen umgehen können und hier sehr klar sind. Diesen Menschen fällt es leichter als anderen, eigene Grenzen zu erkennen, sie zu ziehen und auch Bedürfnisse zu äußern. Diese innere Haltung zeigt sich auch in einer positiveren Lebenseinstellung.

 

Sich als Opfer fühlen

Wenn ich mich als Opfer meiner Gefühle empfinde, dann identifiziere ich mich meistens mit meinen Gefühlen.

 

Opfer der Gefühle zu sein bedeutet, alles hinzunehmen oder mich vielleicht sogar in meine Gefühle hinein zu steigern. Ich pflege dann keinen gesunden, keinen aktiven Umgang mit meinen Gefühlen. Hier fehlt die Reflexionsfähigkeit und es ist eher eine Unterwerfung als ein aktives, bewusstes Umgehen mit meinen Emotionen.

1.5 Gefühle – wozu überhaupt?

Gefühle sind essenziell, sie sind ein Kompass, der uns im Leben eine Richtung weisen kann. Sie erzählen uns etwas über uns selbst – wo wir stehen, wie gut es uns geht, wie zufrieden wir in diesem Moment sind. Das Fühlen muss jeder selbst übernehmen – dies ist etwas, was man nicht anderen Menschen überlassen kann.

 

Das, was die meisten Menschen vom Fühlen abhält, ist, dass die Gefühle bzw. der Umgang mit ihnen uns nicht beigebracht wurde und Gefühle, besonders die negativen, als unangenehm empfunden werden. Häufig wurden wir für Gefühlsausbrüche bestraft.

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass wir mit einem Gefühl oft eine bestimmte Geschichte verbinden. Bei einer Trennung, oder stellen wir uns vor, dass einer der Partner fremdgegangen ist, haben wir immer wieder diese Geschichte vor Augen. Es geht gar nicht mehr um das reine Gefühl. Was uns schmerzt, was uns nicht loslassen lässt, ist die Geschichte dahinter, die unser Verstand immer und immer wieder erzählt und durchdenkt. Mit jedem Wiederkäuen wird es schlimmer.

 

Doch im Grunde ist es genau andersherum: Dadurch, dass ich ein Gefühl – sei’s auch noch so negativ – spüre und zulasse, es fühle, lerne ich sehr viel über mich selbst und es verschwindet sehr viel schneller, als wenn ich es unterdrücke, denn das kostet Kraft und es kommt immer wieder an die Oberfläche.

 

Beim Fühlen nutze ich meine Sinne, ich gehe tief in meinen Körper hinein und spüre, was in mir selbst stattfindet. Es geht hier selten um jemand anderen. Es sei denn, ich möchte die Gefühle eines anderen wahrnehmen und öffne mein Herz für diesen Menschen. Hier sprechen wir von Empathie.

 

Wenn ich jedoch das, was ich hier wahrnehme, interpretiere, dann bin ich schon aus dem Fühlen wieder hinaus. Dann fange ich an zu denken und beginne das, was ich da vor mir habe, zu bewerten. Gefühle lassen mich also auch einer Situation oder einem Menschen einen Wert zuordnen. Wir bewerten ständig. Danach treffen wir unsere Entscheidungen.

 

Wenn ich jedoch beginne zu fühlen, bin ich ganz bei mir und genau das ist es, was wir Menschen uns in Wirklichkeit wünschen. Denn die meisten schmerzhaften Gefühle oder auch Erlebnisse entstehen daraus, dass ich mich verloren fühle.

 

Ich fühle mich verloren in mir selbst, ich spüre eine gewisse Leere, die daher rührt, dass ich mich von mir selbst entfernt habe. Erinnere dich an den Luftballon in der Badewanne, den ich versuche wegzudrücken.

 

Ich bin so damit beschäftigt, etwas nicht haben zu wollen, dass ich unter Stress gerate. Wenn ich hiermit aufhöre, werde ich sofort ganz bei mir sein und mich zu 100 % fühlen können. Dies ist etwas, wonach wir alle uns sehnen: die Einheit, die Intimität, die Nähe, die Verbundenheit. Hier geht es in erster Linie immer um die Verbundenheit zu mir selbst.

 

Es geht auch um das Vertrauen und die Nähe, die ich mir selber entgegenbringe. Denn so entstehen ein gesunder Selbstwert, ein Selbstvertrauen und ein gesundes Selbstbild, weil ich mich sehr gut kenne und viel Klarheit über mich selbst und meine Bedürfnisse habe.

 

Dies zieht eine Reihe wichtiger Stärken und Fähigkeiten nach sich. Denn wenn ich mir selber wieder vertraue und mit mir selbst im Reinen bin, dann bin ich auch klarer in der Beziehung zu anderen Menschen. Ich habe es dann nicht nötig, mich ängstlich zu verhalten und meine Kommunikation zurückzuhalten. Ich kann Menschen, egal in welcher Beziehung, offen und klar gegenübertreten. Jede Beziehung und auch jede Partnerschaft besteht aus Reaktionen und Handlungen, die aus Gefühlen resultieren. Egal ob es das Gefühl der Liebe ist, der Verbundenheit oder Anziehung. Es bewirkt, dass ich mich auf jemanden zu bewege. Andere Gefühle wiederum sorgen dafür, dass ich mich von jemandem zurückziehe. Ein Magnetismus oder eine Aversion entstehen. Dies ist wichtig, um zu erkennen, welche Beziehung mir guttut und welche nicht und hilft, im Umkehrschluss Grenzen zu ziehen.

 

Auch das Abgleichen im limbischen System ist ein wichtiger Prozess für unseren Entscheidungsprozess. Denn nicht eine einzige Entscheidung wird aus dem Verstand getroffen. Entgegen dem, was viele behaupten, werden alle unsere Entscheidungen emotional getroffen. Alles das, was uns begegnet, bewerten wir emotional.

 

Gefühle sind der Motor für alles: Jedes Ziel, jede Sehnsucht, egal ob materialistisch oder idealistisch, ist von Gefühlen getrieben. Hinter all dem, was ich entscheide und hinter Allem, das ich mir wünsche, steht ein Gefühl. Wünsche ich mir ein großes Auto, das meine Familie gesund von A nach B bringen soll, dann ist das Gefühl dahinter der Wunsch nach Sicherheit.

 

Auch das Ziel, eine gewisse Summe monatlich zu verdienen zu können, kann ein Gefühl sein – das Gefühl oder der Wunsch nach Sicherheit könnte hier dahinterstehen. Möglicherweise ist es auch das Gefühl der Freiheit, das ich mir wünsche. Fakt ist, dass hinter jedem Ziel ein Gefühl steht.

 

Je intensiver die Gefühle sind, die hinter diesem Ziel stehen, desto mehr Energie werde ich aufwenden, um dieses Ziel zu erreichen. Genau so funktioniert die Arbeit mit unserem Unterbewusstsein, das man sich bei der Zielerreichung möglichst mit ins Boot holt.

 

Das Unterbewusstsein und unsere Gefühle können wir uns optimal zunutze machen, um ein glückliches und zufriedenes Leben zu leben.

1.6 Hilfe! Fühle ich zu viel?

Gefühle sind wichtig, das wurde im vorigen Kapitel deutlich. Beziehungen werden durch Gefühle geknüpft, Gefühle weisen uns den Weg durch Gefahren, wir fühlen uns zu Menschen hingezogen oder abgestoßen oder unterstützen andere, indem wir mitfühlend sind. Ist es dir auch schon einmal passiert, dass du dachtest, du bist „zu durchlässig“, wie man so schön sagt?

 

Du spürst zu viel oder andere laden ihren „Müll“ bei dir ab, schütten immer ihr Herz bei dir aus, doch du selbst kommst zu kurz? Du kannst nicht aufhören, anderen zu helfen, obwohl du schon am Ende der eigenen Kräfte bist?

 

Hier greifen meist gleich mehrere Mechanismen, denn meist hat solch ein Hindernis im Leben mehrere Ursachen, es ist komplex. Wenn du dieses Buch liest, bist schon ein wenig über deine Kindheit hinausgewachsen, denke ich. Bis wir erwachsen sind, geschehen viele Dinge und wir haben als Kinder einige Dinge aus dem Elternhaus mitgenommen oder auch gar nicht gelernt.

 

Gefühle fühlen, spüren, was meine eigenen Bedürfnisse sind, ist etwas, womit viele Menschen Probleme haben. Vielleicht musstest du zu viel Verantwortung übernehmen und kümmerst dich nun immer mehr um andere als dich selbst. Vielleicht nimmst du dich selbst nicht so wichtig oder hast verlernt, in dich hinein zu spüren.

 

Es gibt aber auch Menschen, die zu wenig Aufmerksamkeit in der Kindheit erfahren haben oder immer nur dann gelobt wurden, wenn sie etwas richtig, richtig toll gemacht haben. Beides kann dazu führen, dass wir uns emotional zu sehr bei den anderen Menschen und deren Bedürfnissen aufhalten. Wir versuchen dann als Erwachsene, uns aufzuwerten, indem wir uns mehr um andere Menschen kümmern, als uns guttut.

 

Andererseits wird ja viel über Hochsensibilität gesprochen. Hier fühlt man „zu viel“. Alles ist zu laut, zu grell, andere Menschen werden sehr intensiv wahrgenommen. Im Human Design, mit dem ich mich nun recht lange beschäftige, kann man erkennen, ob ein Mensch mit einer ausgeprägten „Fühligkeit“ für andere Menschen auf die Welt gekommen ist – ob man extra so gebaut wurde. Ich möchte hier nicht allzu sehr in die Tiefe gehen, doch um es kurz zu erklären: Das HD geht davon aus, dass man Chakren hat, die entweder wie ein Sender oder wie ein Empfänger funktionieren.

 

Hat man das Solarplexus-Chakra oder -Zentrum, wie man hier sagt, definiert, dann ist man eher in den eigenen Emotionen unterwegs. Ist es „undefiniert“, weiß, dann hat man hier damit zu rechnen, dass man leicht beeinflussbar ist.

 

Man spürt einfach mehr von den anderen. Ich finde das sehr stimmig – mein Solarplexus ist offen und als Coach oder Pädagogin profitiere ich natürlich davon, mich gut in andere Menschen einfühlen zu können. Das nicht so Positive daran: Natürlich laufe ich Gefahr, hier schneller zu erschöpfen, denn es ist auch anstrengend, sich permanent fremden Gefühlen auszusetzen, die ja nicht immer nur schön sind.

 

Es ist also immer eine Gratwanderung, die Stärke und Fähigkeit so zu nutzen, dass es meinen eigenen Bedürfnissen nicht entgegensteht. Denn dann werde ich krank. Hier ist ein gutes Bewusstsein für den eigenen Körper und die eigenen Gefühle extrem wichtig. Ist das gerade meins, welches ich da fühle, oder sind das die Gefühle meines Gegenübers?

 

Auf die Idee muss man erst einmal kommen, dass einem nicht alle Gefühle selbst gehören, dass man die Gefühle nicht alle selbst in sich „erschaffen“ hat, sondern dass diese gerade ein anderer Mensch fühlt! Da kommen wir später noch genauer zu.

Kapitel 2: Denken versus Fühlen

2.1 Denken und Fühlen – wie geht das zusammen?

 

„Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte, achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen, achte auf deine Handlungen,denn sie werden Gewohnheiten, achte auf deine Gewohnheiten,denn sie werden dein Charakter, achte auf deinen Charakter,…denn er wird dein Schicksal!" 

(Aus dem Talmud)

 

In diesem Kapitel werden wir den Zusammenhang zwischen Denken und Gefühlen betrachten.

 

Sicher kennst du Redewendungen wie: „Höre auf dein Gefühl“, „XY ist ein Gefühlsmensch“, „Herz ist Trumpf“, „Du musst auf dein Bauchgefühl hören!“...

 

Ja, definitiv sind unsere Gefühle sehr wichtig, vor allem wenn es darum geht, seine Realität zu gestalten und in gute Energien zu kommen. Doch oft vergessen wir, dass die Gedanken maßgeblich an unseren Kreationen, unseren Handlungen und Entscheidungen beteiligt sind. Und das sollten sie auch.

 

Du hast es natürlich schon längst herausgehört, da ich es schon oft angedeutet habe. Ausgelöst werden unsere Gefühle von Gedanken, die wir ständig denken. Und Gedanken, die wir sehr oft denken, sind Glaubenssätze. Ich denke etwas so lange, kaue es mir immer wieder vor, bis ich davon überzeugt bin, dass es die Wahrheit ist. Doch das Wichtige: Es muss durchaus nicht die Wahrheit sein. Es ist lediglich etwas, dass ich letztlich nicht mehr hinterfrage.

 

Diese Gedanken, die sogenannten Glaubenssätze, sind uns nicht bewusst. Sie sind uns so geläufig, so selbstverständlich, dass wir sie nicht explizit erkennen können. Sie laufen einfach so mit. Bestimmt kennst du es von zu Hause, von deinen Eltern, dass es Gewohnheiten gibt, Handlungen oder eine bestimmte Art der Ordnung, zum Beispiel wie die Wäsche gefaltet wird oder deine Familie lebt Wahrheiten über das Essen und Essgewohnheiten, die du lange für richtig erachtet hast. Irgendwann kamst du dann vielleicht in eine andere Familie, warst zu Besuch bei Freunden oder Nachbar, wo dann genau das Gegenteil erzählt wurde.

 

WIE JETZT? Was stimmt denn jetzt? Wer hat recht?

 

Und ich kann dir genau sagen, was nun die echte Wahrheit ist: Nämlich irgendwie beides. ... Denn selten gibt es ein richtig oder falsch. Das, was unsere Wahrheiten sind, sind meist eher Meinungen – oder eben Glaubenssätze, doch nicht die eine Realität.

 

Ebenso sind auch die Gefühle, die von unseren Gedanken ausgelöst werden, meist nicht bewusst. Doch sie bestimmen uns, unsere Entscheidungen und häufig färben sie unser Grundlebensgefühl. Wir haben uns so lange auf eine bestimmte Art und Weise gefühlt, dass uns gar nicht klar ist, dass es auch anders ginge. Dass es anders viel schöner sein könnte bzw. dass es möglich ist, anders zu fühlen. Mit dem Austritt aus dem gewohnten Leben, wenn eine Ausbildung, eine Arbeit beginnt oder es zum Studium geht und wir unseren Horizont erweitern, dann endlich sind wir in der Lage, zu reflektieren, was wir wirklich wollen und einen Teil unserer Konditionierungen abzulegen. Wir können unser bisheriges Leben ein wenig aus der Distanz betrachten.

 

Sind wir Opfer?

Jeder von uns erlebt Situationen, die etwas aus dem Ruder laufen. Die Stimmung ist okay, du fühlst dich gut. Dann plötzlich fällt ein Wort, etwas geschieht, du hörst etwas, egal ob es im Radio ist oder ob dein Partner etwas über das Essen sagt, dass du gekocht hast. Vielleicht ist auch auf der Arbeit etwas geschehen, die Kollegen haben einen Witz gemacht. Und in Sekunden kippt deine Stimmung.

Es kann passieren, dass sie dermaßen in den Keller kippt, dass du wie aus dem Nichts völlig aggressiv reagierst und deinem Kollegen die Arbeit vor die Füße wirfst. Oder spätestens abends zu Hause ausflippst, wenn dein Partner eine Frage stellt, die die Misere des Tages wieder hochholt, obwohl es objektiv keinen Anlass gibt. Er hat nichts damit zu tun. Irgendwie gibt es diese Momente, in denen du die Kontrolle verlierst und überreagierst.

In anderen Situationen fühlen wir uns gelähmt. Wie viele Frauen bleiben bei ihren Männern oder umgekehrt, fühlen sich wie festgewachsen, unfähig, einen Schritt aus der Situation zu machen, sind hilflos. Bzw. fühlen sich hilflos – wirklich hilflos sind wir eher selten.

 

Es handelt sich um Gefühle, die uns lähmen, nicht handeln lassen oder auch dafür sorgen, dass wir Angst haben, gesunde Grenzen zu ziehen. Egal ob es ein Partner oder ein Chef ist – häufig lassen wir uns schlechter behandeln, als uns guttut.

 

Fazit: Viel zu oft sind wir in Erlebnissen und Ereignissen Opfer unserer Gefühle, wir fühlen uns regelrecht übermannt. Es sind aber weniger die Ereignisse selbst, die uns zu den Gefühlen bringen – es sind eher unsere Interpretationen der Situation.

 

Es ist nicht so, dass ich keine Alternative habe oder nicht Nein sagen KANN. Ich habe meist Angst vor den Konsequenzen. Ich habe Angst, in die Konfrontation zu gehen. Ich habe Angst, mich zu zeigen, meine Bedürfnisse laut auszusprechen.

 

Eine Beziehung, die eine Krise durchmacht, weil die Partner häufig streiten, wird meist dafür sorgen, dass sich einer der Partner abgelehnt fühlt, vielleicht sogar beide.

 

Gerade in Beziehungen kann man sehr schön erkennen, dass sich in Momenten von extremen Gefühlsausbrüchen nicht die erwachsenen Partner gegenüberstehen, sondern ältere Anteile von uns, die sich in Gefühlen ausdrücken, die verdrängt wurden.

 

Wir können nicht auf Lebenszeit Gefühle verdrängen. Irgendwann werden diese Gefühle aufbrechen. Wir beginnen dann, unsere Erlebnisse aus der Kindheit auf unsere Partner oder Kollegen zu projizieren, wie man so schön sagt. Eine Projektion bedeutet, dass ich ein Gefühl oder einen Abwehrmechanismus übertrage.

 

Eigentlich meine ich den Menschen gar nicht, der vor mir steht. Entweder ist der eigentliche echte Adressat ein Elternteil oder eine Bezugsperson aus der Kindheit/Vergangenheit oder ich habe im anderen Fall der Projektion selbst ein unerwünschtes Verhalten, dass ich an mir nicht sehen mag. Ich möchte mich damit nicht auseinandersetzen und schreibe meinem Gegenüber dieses schlechte Verhalten oder diese Eigenschaft zu: „Immer lügst du mich an.“

 

Wir alle haben gewisse Projektionen laufen. Was bedeutet das? Im Falle von Beziehungen heißt das, dass beide Partner Muster aus der Kindheit mitgenommen haben. Verlustängste, Ängste nicht perfekt genug zu sein, zu große Belastungen dadurch, dass zu früh viel Verantwortung übernommen werden musste und so weiter.

 

Wenn jetzt z. B. die Frau mit großen Forderungen an den Mann herantritt, sehr viel Nähe will, sehr viel Unterstützung, dann kann es sein, dass das überbordende Verhalten seiner Mutter aus der Kindheit in ihm wachgerufen wird. Er erinnert sich unbewusst an die alten Erlebnisse und wird wahrscheinlich auf Distanz gehen. Es entsteht dadurch ein Abwehrverhalten, man sagt auch, es wird angetriggert. Was jetzt häufig passiert ist, dass die Frau nicht erkennt, was in ihm vorgeht. Sie versteht nicht, dass er gar nicht sie persönlich meint, dass er sich eigentlich gegen seine Mutter zur Wehr setzt. Die alte Angst, wieder zu viel kontrolliert zu werden, kommt hoch.

 

Doch das ist nicht, was sie glaubt. Das Beste wäre jetzt, erst einmal aus der Situation zu gehen, ruhig zu bleiben, zu reflektieren. Doch dies ist in einem solchen Zustand der Gefühlswallung meist nicht möglich. Im Gegenteil – bei ihr schießen vielleicht die Ängste hoch, die sonst im Verborgenen liegen. Sie fängt vielleicht an, ihre Verlustängste zu fühlen, glaubt, er will sie nicht, lehnt sie ab.

 

Für sie ist das nun die Realität und die Ablehnung, die sie fühlt, das IST sie, sie identifiziert sich mit diesem Gefühl. Um die Ablehnung oder die Ängste nicht spüren zu müssen, schiebt sich die Wut davor. Wut zu haben ist als Frau nicht schicklich, wir dürfen nicht so ausflippen und „unweiblich“ sein, das gehört sich nicht. Wir haben gelernt, das zu verdecken, daher kommt dann vielleicht eine zickige Art oder eine Migräne, um den Mann mit Sex-Entzug zu strafen. Es gibt unzählige Varianten der verdeckten Gefühle, wo eines immer noch ein weiteres schützt und versteckt.

 

Als Folge beschimpfe ich den anderen. Der andere ist schuld, dass es mir immer so schlecht geht. Es geschieht sehr häufig, dass diese Verstrickungen uns glauben lassen, dass andere Menschen für unsere Gefühle verantwortlich sind. Das sind sie aber nicht. Es ist unsere Interpretation und zum anderen unsere Identifikation mit dem Gefühl. Wir fangen an zu glauben, das Gefühl zu SEIN. Dann fangen wir an unter dem zu leiden, was wir glauben, unter dem, was wir für wahr halten. Wir sagen ja auch häufig ich BIN wütend, ich BIN eifersüchtig. Nicht ich fühle Angst, ich fühle Widerstand, ich spüre ...

Das ist es, was unsere Frau in unserem Beispiel macht. Nehmen wir noch einmal unsere Judith – sie beginnt sich in Gedanken zu sagen: Ich bin wütend, ich bin traurig, ich bin abgelehnt, ich bin nichts wert. Das alles impliziert, dass ich das Gefühl bin. Dies ist definitiv falsch, denn ich bin ich, das Gefühl ist und bleibt ein Gefühl, das ich verändern kann.

 

Die Frage ist zudem, ob sie das Gefühl wirklich spüren kann, solange sie darüber redet – sei es auch nur in Gedanken.

 

Dieser Frau wird nicht mehr klar sein, dass die Ablehnung, die der Mann ausstrahlt und die sie fühlt, ein Gefühl ist. Meist ist es so, dass sie dann beginnt zu glauben, dass sie selbst der Grund ist. Dass sie an etwas Schuld ist oder dass sie nicht wertvoll genug ist. Die Ablehnung muss ja einen Grund haben. Selbst wenn der andere mit sich beschäftigt ist, eigentlich seine Angst vor Kontrolle zum Ausdruck bringt (als Beispiel), etwas, dass gar nichts mit ihr zu hat.

 

Diese Frau beginnt dann, die Krise, die Befindlichkeit des Partners zu ihrem persönlichen Thema zu machen, obwohl sie im Grunde nichts damit zu tun hat. Es ist seins, und zwar etwas Altes aus der Kindheit. Sie denkt, es liegt an ihr.

 

 

Es wäre in solchen Situationen total wichtig, den Fokus zu verändern, um das Gefühl wieder fühlen zu können. Sich aus der Situation erst einmal herauszunehmen. Um auf eine Metaebene zu gehen und wieder klare Sicht zu bekommen.

 

Das ist es, worum es in diesem Buch hauptsächlich geht: Zu begreifen, was es heißt, zu fühlen, um die Gefühle verändern zu können. Und damit die mit den Gefühlen zusammenhängenden Glaubenssätze und das Denken zu verändern.

 

 

Die Gefühle werden niemals in der Situation, in der wir sie fühlen, „hergestellt“, sie entstehen nicht im Erwachsenenalter. Sie werden immer nur ausgelöst, getriggert, wie man sagt. Die Ursache, die Zeit, in der sie entstanden sind, liegt in der Kindheit.

 

Das Bewusstsein ist hier so wichtig, weil unser Denken meist total automatisch läuft wie Autofahren. Wenn du täglich die gleiche Strecke mit dem Auto zur Arbeit fahren musst, weißt du oft gar nicht mehr, wo genau du hergefahren bist. Du fährst die Strecke wie im Schlaf. Bei mir ist es jedes Mal so – wenn ich dann mal die Fahrtstrecke verändern muss und z. B. an einem Tag jemanden auf der Strecke abholen muss, dann ist es meist so, dass ich doch die alte Richtung fahre und mir später einfällt: „Herrje, jetzt bin ich an der Stelle vorbeigefahren, wo ich hätte abbiegen müssen.“ Wir machen aus Gewohnheit das, was wir immer so machen.

 

Ebenso ist es mit unseren Gedanken. Sie machen sich selbstständig, wenn wir nicht aufpassen! Je öfter du sie schon gedacht hast, desto automatischer laufen sie ab.

 

Merke dir: Es gibt keine negativen Gefühle ohne negative Gedanken. Wenn’s dir emotional schlecht geht, gibts auch immer den miesen Gedanken dazu.

 

 

2.2 Sind mein Denken und Fühlen gesund?

Über das Denken habe ich schon einiges geschrieben, vor allem, dass es negative Gefühle auslösen kann, wenn es denn nun negativ ist. Wie kannst du das aber erkennen?

 

Wir wissen ja schon, wie viel Macht das Unterbewusstsein hat und das die meisten Dinge, die wir so tun, automatisch ablaufen. Du weißt, ohne suchen zu müssen, wo die Kaffeemaschine steht, wo das Kaffeepulver ist. Du weißt, in welche Schublade du greifen musst, wenn du eine Gabel brauchst und eine Tasse holst du auch mehr oder weniger blind aus dem Schrank. Ein Griff und du hast das Toilettenpapier genommen, das Handtuch zum Händetrocknen hängt meist an der gleichen Stelle. Über das Schuhe zubinden, solltest du Schnürsenkel haben, denkst du hoffentlich auch nicht nach.

 

Das alles ist eine tolle Zeitersparnis, jedoch hinderlich, wenn die Gedanken um Niederlagen kreisen, dich immer wieder in die Vergangenheit bringen oder dich als Versager darstellen. „Warum habe ich damals nicht ...“, „Du bist immer noch nicht so weit, wie ...“ Und so weiter.

 

Doch wie kann ich es jetzt schaffen, mitzubekommen, was ich den ganzen Tag über denke? Wie erkenne ich die Automatismen?

Dem Denken auflauern

Es gibt hier einige Regeln, wie wir uns selbst auf die Spur kommen können. Du kannst jederzeit die Art zu denken, die dich unterstützt und dir Stärke und Kraft gibt, von negativem Denken unterscheiden, dass dir eher schadet und dich blockiert.

---ENDE DER LESEPROBE---