Heimat-Roman Treueband 42 - Sissi Merz - E-Book

Heimat-Roman Treueband 42 E-Book

Sissi Merz

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Beschreibung

Lesen, was glücklich macht. Und das zum Sparpreis!

Seit Jahrzehnten erfreut sich das Genre des Heimat-Bergromans sehr großer Beliebtheit. Je hektischer unser Alltag ist, umso größer wird unsere Sehnsucht nach dem einfachen Leben, wo nur das Plätschern des Brunnens und der Gesang der Amsel die Feierabendstille unterbrechen.
Zwischenmenschliche Konflikte sind ebenso Thema wie Tradition, Bauernstolz und romantische heimliche Abenteuer. Ob es die schöne Magd ist oder der erfolgreiche Großbauer - die Liebe dieser Menschen wird von unseren beliebtesten und erfolgreichsten Autoren mit Gefühl und viel dramatischem Empfinden in Szene gesetzt.

Alle Geschichten werden mit solcher Intensität erzählt, dass sie niemanden unberührt lassen. Reisen Sie mit unseren Helden und Heldinnen in eine herrliche Bergwelt, die sich ihren Zauber bewahrt hat.

Dieser Sammelband enthält die folgenden Romane:

Alpengold 200: Der Bergsee sah ihr Glück und Leid
Bergkristall 281: Mit einem Fremden zum Altar?
Der Bergdoktor 1757: Der einsame Sieger
Der Bergdoktor 1758: Zwischen Enzian und Edelweiß
Das Berghotel 137: Weil ich dich so lieb hab

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 320 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 606

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Sissi Merz Andreas Kufsteiner Verena Kufsteiner
Heimat-Roman Treueband 42

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben

Für die Originalausgaben:

Copyright © 2015/2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2022 by Bastei Lübbe AG, Köln

Covermotiv von © Zoia Kostina / Shutterstock

ISBN 978-3-7517-2970-3

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Heimat-Roman Treueband 42

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Alpengold 200

Der Bergsee sah ihr Glück und Leid

Bergkristall - Folge 281

Mit einem Fremden zum Altar?

Der Bergdoktor 1757

Der einsame Sieger

Der Bergdoktor 1758

Zwischen Enzian und Edelweiß

Das Berghotel 137

Weil ich dich so lieb hab

Osterbäckerei

Guide

Start Reading

Contents

Der Bergsee sah ihr Glück und Leid

Warum ihre Liebe von dunklen Wolken überschattet wurde

Von Sissi Merz

Wie jede Nacht, so schleicht die hübsche Sendlinger-Melanie auch heute aus der Pension und huscht hinüber zum Ufer des Ettensees, wo sie sich auf dem alten Holzsteg niederlässt, um ungestört ihren Träumen nachzuhängen. Es sind verbotene Träume, denn sie kreisen um den gut aussehenden Andreas Schubert aus München, der in der Pension »Seeblick« seinen Urlaub verbringt und in den Meli sich Hals über Kopf verliebt hat. Doch diese Liebe darf nicht sein, denn ihre Erfüllung würde bedeuten, dass sie Florian Maiering, ihrem Verlobten, sehr, sehr wehtun müsste …

Als es plötzlich auf dem alten Steg leise knarrt und Meli erschrocken aufblickt, ist er plötzlich da, der Mann ihrer Träume, und nimmt sie zärtlich in den Arm! Unter Andreas’ leidenschaftlichen Küssen vergisst Meli das Versprechen, das sie Florian gegeben hat. Aber mit dem Morgengrauen kommen die Schuldgefühle – und die dunkle Ahnung, einen großen, nicht wiedergutzumachenden Fehler begangen zu haben …

Franz Sendlinger öffnete sein Kammerfenster und schaute hinaus. Es war noch früh, vom nahen Kirchturm her hatte es nicht einmal sechs geschlagen. Der Pensionswirt war es gewohnt, mit den Hühnern aufzustehen, auch wenn er das nun eigentlich gar nicht mehr musste, denn seine Tochter Melanie hatte die Pension »Seeblick« vor einer Weile übernommen.

Einen Seeblick gab es hier tatsächlich, und den genoss Franz jeden Tag aufs Neue. Obwohl er in Wimbach im Berchtesgadener Land geboren und aufgewachsen war, wusste Franz doch die großartige Majestät der Bergwelt noch immer ebenso zu schätzen wie die liebliche Landschaft im Tal des Ettensees.

Es war August, die Tage waren nun lang und heiß, oft kletterte das Thermometer auf dreißig Grad oder sogar darüber. Für den Sendlinger, der vor etwa einem Jahr einen leichten Infarkt erlitten hatte, waren diese »Hundstage« nicht sehr angenehm. Der frühe Morgen aber bot erholsame Kühle, frische, klare Luft und vielerlei angenehme Düfte.

Von seinem Kammerfenster aus im oberen Stockwerk der Pension hatte Franz einen weiten Blick über das Tal. Das große Haus, das sein Vater gebaut hatte, lag am Ortsrand. Zwei hohe Kastanien breiteten ihre gewaltigen Blattdächer auf dem Platz davor aus, wo die Gäste in zwei Stunden frühstücken konnten. Dahinter lagen der Parkplatz und die Allee, die zur Pension führte. Sie zweigte von der Hauptstraße ab und gehörte schon zum Besitz der Sendlingers.

Wimbach war eine kleine Gemeinde, etwa fünf Kilometer nördlich von Markt Berchtesgaden gelegen. Es gab hier mehrere Pensionen, die meisten Menschen lebten vom Fremdenverkehr.

In der herrlichen Landschaft fanden sich ausgedehnte Wanderwege, eine Seilbahn, die zur Spitze des Untersbergs hinaufführte, und auch Angebote für Aktivsportler wie Bergsteiger oder Drachenflieger. Das Dorf war gepflegt, die Landschaft lieblich und die Menschen freundlich. Wer Ruhe und Erholung in einer überaus angenehmen Umgebung suchte, der war in Wimbach genau richtig.

Franz ließ seinen Blick über das weit im Norden gelegene Tennengebirge und den schroffen Gipfel des Hohen Göll gleiten und seufzte leise. Als junger Bursch war er Mitglied der Bergwacht gewesen und hatte manchen Kraxelausflug mit seinen Kameraden unternommen. Auch einige schwierige Wände hatte er bezwungen, denn er war sportlich gewesen und hatte sich gern und viel bewegt. Damit war es nun leider vorbei.

Als er seine Ursel heimgeführt hatte, war Franz ein glücklicher Mann gewesen. Die bildschöne Hoftochter war ihm eine liebevolle Frau gewesen. Und als sie ihm ein zauberhaftes kleines Madel in die Wiege gelegt hatte, da war sein Glück vollkommen gewesen.

Leider war es dem Ehepaar aber nicht vergönnt gewesen, gemeinsam alt zu werden. In der Blüte ihrer Jahre war Ursel mit dem Auto verunglückt und hatte einen gebrochenen Mann zurückgelassen.

Franz war lange sehr unglücklich gewesen. Ohne seine Tochter Melanie, die damals noch fast ein Kind gewesen war, hätte er wohl allen Lebensmut verloren und sich aufgegeben. Zu hart kam ihn das Schicksal an, seine geliebte Ursel nie wieder in die Arme schließen zu dürfen.

Bei diesem Gedanken wischte der Pensionswirt sich über die Augen, denn der Verlust schmerzte noch immer, auch nach all den Jahren. Melanie hatte ihm nicht nur neuen Lebensmut gegeben, sie hatte ihn auch wieder an die Zukunft glauben lassen.

Fleißig und verständig war sie schon damals gewesen, hatte einen guten Schulabschluss gemacht und war dann Hotelkauffrau geworden. Sie hatte die Arbeit, die Franz und Ursel sich selbst angeeignet hatten, professionell gelernt und kam ihren Aufgaben und Pflichten in der Pension seither mit Elan und Leidenschaft nach. Man konnte ohne Übertreibung sagen, dass Melanie ihre Arbeit liebte. Und Franz liebte seine Tochter dafür.

Schon vor seinem »Herzkasper« hatte das patente Madel fleißig mit angepackt. Melanie war beliebt bei Gästen und Personal, kam mit einem jeden aus und schaffte es ohne ein lautes Wort, ein faules Küchenmadel ebenso zum Fleiß anzutreiben, wie einen renitenten Gast zur Ruhe zu mahnen.

Ja, mit seiner Melanie hatte Franz großes Glück, das wusste er. So hart ihn das Schicksal gestraft hatte durch den frühen Tod seiner Frau, so sehr hatte es ihn mit seiner Tochter Melanie belohnt.

Als der Pensionswirt zunehmend mit Herzbeschwerden zu kämpfen hatte, war es Melanie gewesen, die ihn immer wieder gemahnt hatte, sich an die Anweisungen des Doktors zu halten, die verschriebenen Medikamente zu nehmen und sich zu schonen. Dass sie den »Seeblick« ohne Probleme allein führen konnte, hatte sie längst bewiesen. Heute fragte Franz sich, warum er nicht gleich auf seine Tochter gehört hatte und kürzergetreten war.

Doch sein Stolz hatte dagegen gestanden. Er war ja schließlich nicht mal sechzig. In diesem Alter schon den Rentner zu spielen wollte ihm ganz und gar nicht schmecken. So hatte er viel zu lange getan, als ginge es ihm gut, alle Ratschläge in den Wind geschrieben und sein Leben wie bisher weiter geführt. Das konnte natürlich nicht gut gehen. Und an einem heißen Tag im vergangenen Juli hatte ihn dann das Schicksal ereilt.

Dachte Franz Sendlinger an diesen Tag, dann lief es ihm noch immer kalt den Rücken herunter. Das alles vernichtende Gefühl, das ihn mit einem Mal – wie der berühmte Blitz aus heiterem Himmel – überkommen war, würde er wohl niemals vergessen können. Er war überzeugt gewesen, dass dies nur das Ende sein konnte. Schon hatte er erwartet, seiner Ursel wieder ins Angesicht schauen zu können, aber der dunkle Schnitter hatte ihn doch noch nicht haben wollen.

Trotzdem war dieses schlimme Erlebnis nicht ganz sinnlos gewesen. Als Franz das Spital in Markt Berchtesgaden hatte verlassen dürfen, hatte er seine Einstellung gründlich geändert. Von diesem Tag an schonte er sich.

Wohlwollend schaute er zu, wie Melanie die Pension führte. Und nur noch ab und an stand er hinter der Rezeption oder hielt ein Schwätzchen mit einigen Gästen. Er hatte gelernt, den Wert des eigenen Lebens zu schätzen. Und er wollte dieses nie wieder leichtfertig und aus reiner Gedankenlosigkeit aufs Spiel setzen.

Nun schlug es vom Kirchturm in der Ortsmitte her sechs Mal. Franz Sendlinger atmete die frische Morgenluft, die süß und würzig zugleich roch, tief ein und lächelte dabei zufrieden.

Im Haus regte sich bereits das Leben. In der Küche wurde das Frühstück vorbereitet, in der Halle surrte ein Staubsauger. Draußen war es noch still. Nur Meise, Bergfink und Rotschwanz zwitscherten munter in den Kastanienbäumen, und der Morgenhimmel leuchtete tiefblau. Franz schaute hinüber zum Nachbarn.

Florian Maiering querte eben den Wirtschaftshof und verschwand im Stall. Franz dachte daran, dass er am Nachmittag mit dessen Vater verabredet war. Johannes Maiering war nicht nur der direkte Nachbar der Sendlingers, sondern auch Franz’ bester und ältester Freund, bereits seit Schulzeiten.

Dass der Maiering der reichste Bauer im Tal war, dazu Viehhändler und ehrenamtlicher Bürgermeister, spielte zwischen den Spezln keine Rolle. Sie waren in ihrer Jugend gemeinsam bei der Bergwacht gewesen und gingen nun schon seit vielen Jahren zusammen auf die Jagd. Sie kümmerten sich auch beide um dasselbe Revier, das streng genommen dem Maiering gehörte.

Doch der Großbauer, der sonst auch ein rechter Großkotz war, gab bei seinem Spezl Franz nichts auf solche Feinheiten. An diesem Abend wollten sie die Ansitze kontrollieren, denn die Jagdsaison war nicht mehr fern.

»Grüß dich, Onkel Franz!« Das war Florian, der ihm zuwinkte. Er war ein netter Bursch, hatte ein goldenes Herz und ein gutes Gemüt. Deshalb war es Franz nur recht gewesen, als Melanie sich vor einiger Zeit mit ihm verlobt hatte. Mit Florian hatte sie den Rechten gefunden, da war Franz sicher. Er war einfach eine Seele von einem Menschen.

Franz winkte zurück. »Guten Morgen, Flori. Bei euch drüben alles in Ordnung?«

»Freilich, wie immer. Ich schau am Abend noch zu euch rüber, hole die Meli zum Spaziergang ab.« Er lächelte impulsiv. »Mei, ich freu mich schon. Aber jetzt muss ich mich sputen!«

»Ist schon recht.« Franz schaute dem Bursch lächelnd nach, wie er mit langen Schritten wieder zum Stall eilte. Florian war fleißig, ein guter Jungbauer. Eines Tages würde er den großen Betrieb vom Vater übernehmen und ihn gewiss mit Sorgfalt und Umsicht zu neuer Blüte bringen. Und er hatte nichts dagegen, dass Melanie weiterhin den »Seeblick« führte, das wusste Franz.

So betrachtet, sprach nichts dagegen, die Füße noch ein wenig hochzulegen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Die Zukunft stand für Franz Sendlinger auf festem Fundament. Er wusste, dass er sich auf seine Tochter ebenso verlassen konnte wie auf seinen Schwiegersohn in spe. In nicht allzu ferner Zukunft würde er gewiss unter den Kastanien auf einer der Baumbänke sitzen und das erste Enkelkind auf den Knien schaukeln.

Wenn nur seine Ursel dies noch hätte miterleben können! Dann wäre sein Glück vollkommen gewesen. Aber das war es nicht mehr und konnte es nie mehr sein, seit er seine geliebte Frau hatte hergeben müssen.

Mit einem Seufzer verließ Franz seine Kammer. Bald gab es Frühstück, und er wollte hören, ob er Melanie an diesem Tag vielleicht etwas helfen konnte.

Dass die Zukunft womöglich doch nicht ganz so fest gefügt war, wie Franz Sendlinger glaubte, konnte er nicht ahnen. Doch schon recht bald sollte er es erfahren …

***

Auch Melanie war bereits auf den Beinen. Jeden Morgen um halb sechs klingelte der Wecker die junge Pensionswirtin aus dem Schlaf, denn ihre Devise hieß, dass die Chefin stets und immer mit gutem Beispiel vorangehen musste. So hatten es schon die Mutter selig und der Vater gehalten, die beide Melanies Vorbilder waren. Nicht nur als tüchtige Geschäftsleute, sondern auch als glücklich verheiratetes Paar.

Das bildsaubere Madel mit dem goldblonden Haar und den klaren, tiefblauen Augen erinnerte sich gut an jene Zeit, als die Mutter noch da gewesen war.

Damals war der Vater ein ganz anderer gewesen, lustig und stets zu Scherzen aufgelegt. Mit ihm war es nie langweilig geworden, er hatte die Pension mit Herzblut aufgebaut und geführt und seine kleine Familie innig lieb gehabt. Dann war jener schreckliche, sinnlose Unfall passiert, der ihr die Mutter und dem Vater alles genommen hatte. Lange war er kaum ansprechbar gewesen vor tiefem Gram.

Melanie hatte sich seinerzeit sehr um ihn gekümmert. Mit ihren fünfzehn Jahren hatte sie sich manchmal ein wenig überfordert gefühlt, aber der Wunsch, dem Vater beizustehen, war stärker gewesen als alles andere. Und die unverbrüchliche, selbstlose Liebe, die ihr reines Herz dem Trauernden so reichlich geschenkt hatte, war letztendlich ausschlaggebend gewesen. Der Vater hatte gelernt, mit dem Verlust zu leben, und sie beide hatten sich dieses Leben gemeinsam aufgebaut und eingerichtet.

Nun, zehn Jahre später, war Melanie die Seele der Pension »Seeblick«. Sie war erst zufrieden und konnte Feierabend machen, wenn alles seine Richtigkeit hatte, die Gäste versorgt waren und die Abrechnungen auf den Cent genau stimmten.

An diesem Morgen hatte das Madel seine tägliche Runde durch das Haus und die Besprechung der Mahlzeiten mit dem Koch bereits hinter sich und saß im Büro am Schreibtisch, als der Vater eintrat. Franz lächelte bei diesem Anblick, stolz und liebevoll.

»Hübsch schaust aus, Melanie, wie der junge Morgen. Und allerweil bist fleißig«, lobte er und drückte ihr ein Busserl aufs glänzende Haar. »Wollen wir zusammen frühstücken?«

»Gern, Vaterl. Ich bin schon mal die Reservationen für den nächsten Monat durchgegangen und hab festgestellt, dass wir ausgebucht sind. Net schlecht für den September, oder?«

Franz warf einen Blick auf die Liste und meinte: »Ich hab’s net anders erwartet. Bei der tüchtigen Wirtin …«

Melanie lachte. »Geh, Vater, die Leut kommen doch net meinetwegen nach Wimbach. Da spielt schon unsere herrliche Natur die Hauptrolle. Und das gute Essen, das der Toni kocht.«

»Und die fesche Wirtin, die einen jeden bezaubert. Apropos: Ich hab eben den Flori gesehen. Er hat mir erzählt, dass ihr zwei heut auf d’ Nacht verabredet seid. Und dabei hat er vor Freude geleuchtet wie ein Weihnachtsbäumerl.«

Das Madel erhob sich und lächelte angedeutet. Wieder bemerkte Franz Melanies deutliche Zurückhaltung, wenn es um Florian ging. Und nicht zum ersten Mal fragte er sich, ob da etwas nicht stimmte zwischen den Jungen.

Doch er zögerte, diese Frage in Worte zu kleiden, denn er mochte sich nicht einmischen. Seit Melanie erwachsen war, respektierte er ihre Entscheidungen, weil er wusste, dass er in allem auf sie bauen und ihr vertrauen konnte. Das Madel kam nun selbst, auf Florian zu sprechen.

»Wir gehen nur ein bisserl spazieren. Für mehr haben wir beide keine rechte Zeit. Ausgehen, mal ins Kino oder essen gehen, das ist nur außerhalb der Saison drin. Und beim Flori wird es das ganze Jahr über eng. Manchmal hab ich den Eindruck, dass sein Vater ihn ziemlich ausnutzt.«

Sie hatten das Büro verlassen und gingen in ihre privaten Räume, die sich im oberen Stockwerk der Pension befanden. Die Küchenmagd Karin hatte das Frühstück bereits gerichtet.

»Der Hannes denkt allerweil nur ans Geschäft«, gab Franz seiner Tochter recht, die ihm Kaffee eingoss. »Er treibt einen jeden auf dem Hof und in der Viehhandlung an und macht keinen Unterschied zwischen dem Gesinde und seinem Sohn.«

»Ich finde das net richtig. Vor allem, weil der Flori sich net wehren kann. Du weißt doch, wie gutmütig er ist.«

»Arbeit hat noch keinem geschadet. Und ich mein, der Bursch ist von Natur aus fleißig.«

»Du magst wohl nix auf deinen ältesten Spezl kommen lassen.«

»Gewiss hat der Hannes seine Fehler, und net zu knapp. Aber man sollte auch nicht vergessen, dass er aus kleinen Verhältnissen stammt. Alles, was er besitzt, hat er sich selbst erarbeitet.«

»Der Hof hat seiner Frau gehört«, gab Melanie zu bedenken. »Der Johannes hat sie net gut behandelt, den gleichen Fehler sollte er jetzt nicht bei seinem Sohn begehen, finde ich. Der Flori ist zwar sehr langmütig. Aber wenn dem mal der Kragen platzt, mei, dann möchte ich net in der Nähe sein.«

Franz musste schmunzeln. »Hast du das schon mal erlebt?«

»Als wir noch Kinder waren, ja. Da hat ihn ein frecher Bub so lange geärgert, bis der Flori richtig wütend wurde. Hernach gab es eine Rauferei, die sich gewaschen hatte. Und der Frechdachs hat den Flori von da an gemieden wie der Teufel das Weihwasser.«

Franz lachte. »Ja, mei, die stillen Wasser halt.«

»Ja, der Flori ist schon ein stilles Wasser, das stimmt«, sinnierte das Madel versonnen.

»Gelt, du hast ihn von Herzen lieb, den Burschen?«, fragte der Vater da spontan.

Melanie zögerte nicht mit einer Antwort. »Freilich hab ich ihn lieb. Man muss ihn einfach lieb haben, den guten Heinrich.« Sie lachte, weil der Vater sie gar so verständnislos anschaute. »So nenne ich den Flori im Stillen. Sag es ihm aber bitt schön net, ich möchte vermeiden, dass er denkt, ich will ihn pflanzen oder nehme ihn net ernst. Das tue ich nämlich. Ich hab einen großen Respekt vor ihm. Einen besseren und lieberen Menschen als ihn wird man nicht so leicht finden.«

»Das hast du schön gesagt, Madel. Dann bin ich beruhigt. Mir bedeutet es schon was, dass ihr zwei euch gut seid. Ich glaub nämlich, dass der Florian der Rechte für dich ist. Er wird dich gewiss sehr glücklich machen.«

»Ja, ganz gewiss.« Melanie wechselte nun das Thema, denn sie mochte dem Vater ihr Innerstes nicht offenbaren. In einem ganz versteckten Winkel ihres Herzens lauerte nämlich ein leiser Zweifel, der beständig nagte und dafür sorgte, dass das Madel sich fragte, ob Florian tatsächlich der Rechte für sie war.

Immerhin kannten sie einander von Kindesbeinen an. Da konnte die Harmonie noch so groß sein, diese Vertrautheit, die nahm einfach jede Spannung fort. Manchmal wünschte Melanie sich eine ganz andere Liebe, die etwas Atemloses hatte, unbekannt, fremd und spannend war. Sie stellte sich vor, wie es sein könnte, einem Fremden zu begegnen und sich auf den ersten Blick zu verlieben. Sich einfach auf ein Abenteuer einlassen, dessen Ausgang völlig ungewiss war.

Freilich hätte das Madel dies niemals laut gesagt. Schon gar nicht zu Florian. Nichts lag ihr ferner, als ihrem Schatz Kummer zu bereiten. Schließlich wusste sie, wie lieb er sie hatte und dass sie für ihn die Erfüllung war.

Es war einfach schön, so innig geliebt zu werden. Und Melanie war davon überzeugt, dass das Leben an Florians Seite sie durchaus glücklich und zufrieden machen würde. Doch eine leise Sehnsucht blieb.

»Man kann eben net alles im Leben haben«, sagte das Madel sich, wenn solche Gedanken eine gewisse Unruhe in ihr auslösten.

Und war es denn nicht auch undankbar, so zu denken? Forderte sie damit nicht sogar das Schicksal heraus? Schließlich war es ein großes Glück, wenn sich alles so anstandslos fügte, oder?

***

»Der Viehdoktor ist sehr zufrieden mit dem Wurf Ferkel, alle sind pumperlgesund. Ich glaub, es war doch recht, auf die Halleschen umzusteigen, Vater. Wir werden vielleicht ein bisserl weniger aufmästen, aber die bessere Qualität gleicht das aus.« Florian Maiering wirkte mit sich und der Welt zufrieden, sein Vater machte aber eine eher skeptische Miene.

»Ob sich dieses Experiment rechnet, wird sich erst noch zeigen. Und zwar bei dem, was unter dem Strich rauskommt. Und da bin ich noch längst net sicher, dass wir ein Plus zu sehen kriegen. Ich mein, du gehst in die Richtung Biolandwirtschaft. Alte Rassen, weniger Fleisch, bessere Qualität, mir schmeckt das alles net. Der Gewinn muss stimmen, wie bei jedem Unternehmen.«

Florian schüttelte leicht den Kopf. Der dunkelhaarige Bursch mit dem gut geschnittenen Gesicht war durchaus anderer Meinung als sein Vater. Wenn es um den Hof ging, dann vertrat Florian diese Meinung auch, denn die Landwirtschaft war für ihn in der Tat eine Herzenssache. Gab er auch sonst in fast allem seinem beherrschenden Vater nach, als Jungbauer hatte er seinen eigenen Kopf.

»Ein Hof ist viel mehr als nur eine Firma. Ich find, jeder Landwirt sollte seine eigene Philosophie haben und auch danach leben. Und dass ich die ökologische Idee net schlecht finde, ist ja kein Geheimnis. Heutzutage wollen die Leut eh lieber Qualität als Quantität. Wenn mein Vieh zufrieden im Stall steht, bin ich es auch.«

»Amen«, spottete Johannes. »Wenn das net das Wort zum Sonntag gewesen ist!«

Einige der Mägde am Tisch kicherten, verstummten aber, als der Großbauer sie streng maß.

Johannes Maiering war eine imposante Erscheinung. Ein echter bayerischer Querschädel mit dichtem, grauem Haar, gezwirbeltem Schnauz und eisblauen Augen. Unnachgiebige Härte spiegelte sich in seinem Blick, aber durchaus auch eine gewisse Nonchalance, ging es um die angenehmen Dinge des Lebens. Dass sein Sohn so völlig nach der gutherzigen Mutter geraten war, gefiel ihm ganz und gar nicht. Schon aus Prinzip musste er deshalb Florians Argumente zerpflücken und ließ dessen Meinung niemals gelten.

Am Abendbrottisch wurde täglich über das gesprochen, was der Tag gebracht hatte. Und nicht selten entwickelten sich daraus hitzige Debatten zwischen Vater und Sohn. Auf der einen Seite der ausgefuchste Geschäftsmann, dem der Profit über alles ging, auf der anderen Seite der naturverbundene Landwirt, der die Schöpfung zu achten wusste. Das Gesinde auf dem Erbhof lauschte solchen Diskussionen oft andächtig.

An diesem Abend wollte Florian sich allerdings nicht aufs Debattieren einlassen. Schließlich war er mit seiner Liebsten verabredet und in Gedanken schon bei ihr.

Johannes wusste davon und machte sich seinen eigenen Reim darauf, als Florian schwieg und sein Abendbrot rasch in sich hineinstopfte. Und er war dann auch der Erste, der den Tisch verließ. Der Großbauer passte seinen Sohn allerdings noch einmal ab, bevor dieser das Haus verlassen konnte.

Im besten Janker machte Florian eine gute Figur, das musste sein Vater ihm neidlos zugestehen. Er hatte das fesche Aussehen der Mutter geerbt und hatte eine Weile als begehrtester Junggeselle im Tal gegolten. Dass er sich für Melanie Sendlinger entschieden hatte, war keine wirkliche Überraschung. Johannes war mit der Wahl seines Sohnes durchaus zufrieden. Das Madel war fleißig und klug und brachte ein Geschäft mit in die Ehe. So sollte es sein, fand der Maiering.

Allerdings hatte der Alte den Eindruck, dass sein Spross sich etwas zu lange auf seinen Lorbeeren ausruhte. Verlobung gut und schön, doch Florian sollte allmählich auch mal ans Heiraten denken, fand sein Vater. Und das sagte er ihm unverblümt.

»Was hältst du von der Idee, heut einmal net in der Pampa umeinand’ zu schleichen und im Dunkeln Busserln zu tauschen und stattdessen einen Termin für die Hochzeit festzulegen?« Johannes maß seinen Sohn streng, denn der wollte ihm ausweichen.

»Kommt schon noch«, erwiderte er vage und ging zur Tür.

»Momenterl mal«, forderte der Großbauer knapp. »Also, was ist jetzt? Entweder willst du die Melanie heiraten oder net. Was gibt es da noch zu zögern?«

»Ich zögere ja gar net. Es wird sich schon ein Termin finden lassen. Aber ich mag die Meli auch nicht drängen. Du weißt, das ist einfach nicht meine Art, Vater.«

»Was du so ›drängen‹ nennst! Soll ich vielleicht mal mit dem Madel reden? Du bist einfach zu nachgiebig. Sie wird darauf warten, dass du was sagst, und du wartest, dass sie was sagt. So kommt ihr nie zusammen.«

»Ich hab sie gefragt, ob sie die Meine werden will«, erinnerte Florian seinen Vater mit ruhiger Stimme. »Und sie hat Ja gesagt. Wieso soll ich jetzt was überstürzen? Dazu besteht überhaupt kein Anlass. Wir werden uns zu passender Zeit Gedanken über den Termin machen. Und jetzt muss ich los, will mein Madel net warten lassen.«

Der Großbauer verzog ärgerlich den Mund, als die Haustür hinter Florian ins Schloss fiel. Der Bursch wurde für seinen Geschmack ein wenig zu aufsässig. So ging es nicht weiter. Er würde beizeiten ein Machtwort sprechen und seinen Sohn zurechtstutzen, wie er das bislang immer getan hatte.

Auf dem Erbhof konnte es schließlich nur einen Bauern geben. Und der hieß ganz bestimmt nicht Florian. Noch lange nicht …

***

Melanie stand an der Rezeption und unterhielt sich mit einem Gast, als Florian die Pension betrat. Er wartete artig ab, bis sie allein war, dann trat er zu ihr und begrüßte sie mit einem zarten Busserl. Liebevoll umfing sein Blick sie, und er fragte erwartungsvoll: »Können wir gleich los, Schatzerl?«

»Freilich. Ich hab schon auf dich gewartet.« Sie schob ihre Hand in seine, und gemeinsam verließen sie die Halle.

»Der Vater hat mich net weglassen wollen«, erzählte der Bursch, als sie in den lauen Sommerabend traten.

Der Tag war sehr warm gewesen, nun wehte aber vom Ettensee her ein frisches Lüftchen, das überaus angenehm war. In den Kastanien sangen die Vögel ihre Schlaflieder. Die Sonne war längst hinter dem Untersberg versunken, am klaren Himmel konnte man bereits ganz blass die Scheibe des fast vollen Mondes erkennen.

Süß und verlockend dufteten die Rosen, die an der Hauswand an einem Spalier rankten. Von drüben klang das leise Muhen der Kühe im nahen Stall herüber, und Lumpi, der alte Bernhardiner der Maierings, lag ausgestreckt vor seiner Hütte und ließ sich den leichten Wind über den umfangreichen Bauch wehen.

Abendfriede lag über Wimbach. Einige Pensionsgäste ließen den Tag bei einem Glas Wein im Freien unter den Kastanien ausklingen. Windlichter brannten auf den Tischen und schufen eine romantische Atmosphäre.

Bevor das junge Paar sich entfernte, fragte Melanie bei den Gästen nach, ob alles zu ihrer Zufriedenheit sei. Die Bedienung war zuverlässig, aber das Madel wollte auf Nummer sicher gehen. Niemand hatte etwas zu beanstanden, und so spazierten Melanie und Florian wenig später hinüber zum Ettensee.

Sie folgten einem gut befestigten Weg, der zwischen saftigen Weiden und blühenden Wiesen hindurchführte und ihnen ein wenig den Eindruck vermittelte, als wären sie ganz allein auf der Welt.

»Was war denn bei euch los?«, fragte Melanie ihren Liebsten.

»Ach, nix Besonderes. Der Vater meint, dass wir endlich heiraten sollen. Du kennst ihn ja, besonders feinfühlig ist er net. Und wenn es drum geht, seinen Willen durchzusetzen, dann nimmt er kein Blatt vor den Mund. Aber ich hab ihm gesagt, dass wir das entscheiden.« Er lächelte schmal. »War wohl zu viel nach den Halleschen.«

»Hm?« Melanie runzelte die Stirn, denn sie konnte den Gedanken von Florian nicht ganz folgen. Also berichtete er von dem Gespräch beim Nachtmahl und seinen Ideen zur Schweinemast. Das Madel hörte ihm gern zu, denn es wurde in jedem Wort deutlich, wie ernst Florian seinen Beruf nahm und wie wichtig er für ihn war. Man konnte ohne Übertreibung behaupten, dass der Bursch Bauer aus Leidenschaft war. Das gefiel Melanie, denn ihr ging es mit dem »Seeblick« ja nicht anders.

»Ich find es gut, dass du deinem Vater Paroli bietest. Er spielt sich allzu gern als Alleinherrscher auf. Das ist net recht. Schließlich hast du auf dem Hof ebenso viel zu sagen wie er. Außerdem verbringt er eh die meiste Zeit in der Viehhandlung, respektive mit seinen Geschaftelhubereien.«

»Oder im Forst. Heut Abend zum Beispiel.«

»Ja, ich weiß, er fährt mit dem Vater die Anstände ab. Die zwei fiebern schon der Jagdsaison entgegen.«

Florian schüttelte leicht den Kopf. Und als Melanie wissen wollte, woran er dachte, gab er zu: »Ich werde nie verstehen, was man an der Jagd finden kann. Schon als Bub hab ich mich gefreut, wenn ich im Forst ein Tier hab beobachten können. Es totzuschießen wäre mir nie in den Sinn gekommen.«

»Das find ich gut«, meinte sie anerkennend. »Ich mag das auch net. Aber ich red dem Vater nicht rein, bin ja froh, wenn er noch ein Hobby hat, das ihm gefällt und net zu anstrengend ist.«

»Gelt, Meli, du hast auch ein Herz für alle Viecherln.«

»Darauf kannst du wetten. Weißt du noch, als dein Vater letztes Jahr den Lumpi einschläfern lassen wollte, weil der angeblich außer Fressen und Schlafen nix mehr macht? Ich hab es ihm ausgeredet. Abkaufen wollte ich ihm den Hund, da hat er nachgegeben.«

»Halb Wimbach hätte ihn sonst ausgelacht, das hast du fein hingekriegt, Meli.« Er seufzte. »Ich wünschte, ich könnte mich auch so leicht gegen den Vater durchsetzen. Aber meistens komm ich ja net mal zu Wort, wenn er erst so recht in Fahrt ist.«

»Wenn’s den Hof betrifft, beharrst du aber auf deinem Standpunkt. Das musst du öfter tun«, riet sie ihm mit Nachdruck. »Du solltest dir endlich Respekt bei dem Alten verschaffen. Anders wird das nix, glaub mir.«

»Ja, ich weiß. Aber das ist mir zuwider. Warum sich streiten, wenn es auch friedlich geht?«

Das Madel seufzte leise. »Das funktioniert nur, wenn beide friedlich sind …«

Sie hatten den Ettensee erreicht, dessen Wasser klar wie ein Spiegel im letzten Licht des Tages vor ihnen lag. Das Gewässer, das recht groß war und auf dem schon viele Feriengäste eine Bootspartie unternommen hatten, verfügte am gegenüberliegenden Ufer über einen ausgedehnten Schilfgürtel. Dort brüteten seltene Vögel, weshalb dieses Gebiet unter Naturschutz stand. An dieser Seite des Sees gab es einen Holzsteg, der ein ganzes Stück aufs Wasser hinausführte, und am Ufer Bänke, wo man gemütlich sitzen und im Schatten hoher Weiden ausruhen konnte.

Florian schlug seiner Liebsten vor, sich ein wenig zu setzen, und sie hatte nichts dagegen.

»Ich weiß, du musst mich für einen nachgiebigen Trottel halten, wenn es um den Vater geht. Aber ich kann eben net aus meiner Haut. So wie er allerweil gleich brüllt und über alles und jeden bestimmen will, so sitzt mir die Friedfertigkeit im Herzen.« Er legte einen Arm um Melanies Schultern und seufzte leise. »Wenn ich mich sehr anstrenge, schaffe ich es vielleicht irgendwann, mir ein Scheiberl vom Vater abzuschneiden …«

»Nur net!« Sie kuschelte sich an ihn und lächelte, als er ihr ein Busserl schenkte. »Ein Trottel bist du nämlich ganz gewiss net, sondern genau recht. Ich hab jedenfalls nix an dir auszusetzen, Flori.«

»Dann bin ich zufrieden«, versetzte er und schaute auch genauso aus, als sein Blick sie liebevoll umfing.

***

Während Melanie und Florian den milden Sommerabend am Ettensee genossen, hatte Johannes Maiering seinen Nachbarn daheim abgeholt, und die beiden waren zusammen im protzigen Jeep des Großbauern in den Forst gefahren.

Wie immer fragte Johannes seinen Spezl ein wenig über dessen Gäste aus. Er war nicht nur notorisch neugierig, er wollte auch jede mögliche Anregung zur Dorfverschönerung aufschnappen. Schon manches Mal war es vorgekommen, dass ein Gast der Pension »Seeblick« sich über etwas beschwert oder das Fehlen von etwas moniert hatte. Die neuen Bänke am Brunnen in der Dorfmitte gingen auf solch eine Anregung zurück. Und auch ein höheres Geländer am Aussichtspunkt der Untersbergklamm. Der Maiering war als ehrenamtlicher Bürgermeister ebenso rührig wie als Bauer und Viehhändler.

Doch Franz hatte an diesem Abend nichts Neues zu berichten.

»Die Gäste sind alle zufrieden, keiner hat sich beschwert«, erklärte er.

»Kunststück bei der Wirtin …« Johannes kniff ein Auge zusammen und lachte dröhnend. »Ich glaub, ich müsste net lügen, wenn ich behaupte, die fescheste Schwiegertochter im ganzen Landkreis zu kriegen, net wahr?«

»Da hörst du keinen Widerspruch«, kam es schmunzelnd von Franz Sendlinger. »Dein Flori und meine Melanie geben schon ein schönes Paar ab.«

»Wenn sie nur endlich Nägel mit Köpfen machen würden.« Johannes stoppte vor der Schranke, die den privaten Waldweg absperrte, Franz stieg aus und öffnete sie, um sie hinter seinem Spezl wieder zu schließen.

»Was hast du denn eben damit sagen wollen?«, fragte er, nachdem er eingestiegen war.

»Ja, mei, ich mein halt, dass unsere Kinder endlich heiraten sollten. Lang genug sind sie verlobt. Worauf warten sie also noch? Das will mir net so recht in den Schädel.«

Franz hob die Schultern. Er blickte hinaus in den abendlichen Forst, der ein friedliches Bild abgab. Zu beiden Seiten des Wegs wuchsen himmelhohe Föhren neben Buchen und Eichen. Der Mischwald war an die hundert Jahre alt und durchweg gesund. Durch die traditionelle Holzwirtschaft, wie sie im Tal von Wimbach noch mit Drückerpferden betrieben wurde, konnte die Natur sich nach jedem Holzeinschlag problemlos regenerieren.

»Das ist doch die Sache der Kinder«, meinte Franz schließlich besonnen. »Da sollten wir uns net einmischen.«

»Du bist viel zu nachgiebig. Manchmal muss man auch mal ein Machtwort sprechen, damit es vorangeht.«

»Ich mein, du sprichst ein bisserl zu oft so ein Machtwort«, deutete Franz an. Er verließ zusammen mit seinem Spezl den Wagen, denn sie hatten den ersten Hochsitz erreicht.

Was Johannes Maiering sich von sonst niemanden hätte sagen lassen, das regte ihn bei Franz zum Nachdenken an.

»Meinst du wirklich? Ich hab manchmal den Eindruck, dass der Flori ohne mich net zurechtkommt. Freilich ist er ein fleißiger Jungbauer. Aber in vielen Dingen einfach zu zaghaft, verstehst?«

Franz deutete auf eine Verstrebung. »Da ist der Holzwurm drin, ist schon ganz morsch. Der muss repariert werden.«

Sein Spezl notierte es, dann kehrten sie zum Auto zurück.

»Schau, Hannes, was einer sein Lebtag geglaubt und getan hat, das prägt. Ich hab es selbst erlebt. Als ich herzkrank geworden bin, da konnte ich mich net auf die veränderte Situation einstellen und hab einen schwerwiegenden Fehler gemacht. Ich hab einfach so getan, als sei alles wie immer. Und was hat es mir eingebracht?«

»Aber das kannst du doch net mit meiner Situation vergleichen.« Der Großbauer warf sich in die Brust. »Immerhin bin ich gesund und munter.«

»Ein Herzinfarkt ist nix anderes als Gottes Fingerzeig«, sinnierte Franz. »Ich hab ihn mir zu Herzen genommen. Und du solltest mal darüber nachdenken, was es bedeutet, einen erwachsenen Sohn zu haben. Der Florian ist ein gutmütiger, duldsamer Charakter. Aber er könnte irgendwann genug haben von der ewigen Bevormundung. Wenn er geht, dann verlierst net nur du den Jungbauern, dann verliere ich auch die Melanie. Und das würde mir weiß Gott net schmecken.«

Der Maiering sagte dazu weiter nichts, denn er war ganz anderer Meinung und sah keinen Grund, sich zu ändern. Schließlich gab der Erfolg ihm recht. Was er aufgebaut hatte, das war weder mit Geduld noch mit Herzensgüte entstanden, sondern einzig und allein mit Durchsetzungsvermögen. Und darauf setzte der Großbauer nach wie vor.

Nachdem die beiden Spezln ihr Revier kontrolliert hatten, wollte Johannes Franz noch auf ein Stamperl zu sich einladen, aber der ehemalige Pensionswirt lehnte ab.

»Es ist schon recht spät, ich will ins Bett«, verriet er und gähnte verhalten.

»Du kannst doch morgen ausschlafen, wenn du nur magst.«

Franz lächelte. »Ich mag aber net. Pfüat di, Hannes. Und denk einmal über das nach, was ich dir gesagt hab.«

»Ja, freilich«, versprach der Großbauer, obwohl er schon wieder vergessen hatte, worum es überhaupt gegangen war.

Als Johannes Maiering wenig später heimkam, empfing ihn das Klingeln des Telefons. Florian, der kurz vor seinem Vater eingetroffen war, meldete sich gerade. Nun hielt er dem Alten den Hörer hin und erklärte: »Da ist ein Dr. Tuchel aus München dran. Kennst du den?«

»Freilich. Gib nur her. Und bleib da, ich hab dir in dem Zusammenhang was zu erzählen.« Johannes ließ sich hinter seinem protzigen Schreibtisch aus poliertem Wurzelholz nieder und meldete sich mit aufgesetzter Liebenswürdigkeit. Florian hörte zu, wie sein Vater dem Anrufer eine Weile um den Bart ging und schließlich meinte: »Das wäre sehr schön, darüber würde ich mich wirklich freuen. Wie? Nächste Woche? Freilich, gern.«

Nachdem das Gespräch beendet war, spöttelte der Jungbauer: »Hast du vielleicht einen neuen Lieferanten für Saatgut aufgetan, bei dem wir ein paar Cent sparen können?«

»Sparsamkeit ist eine hohe Tugend. Ich dulde keine dummen Reden darüber«, stellte der Großbauer klar, dann erklärte er gravitätisch: »Der Dr. Tuchel repräsentiert eine große Hotelkette, der Häuser in ganz Europa gehören. Ich hab ihn bei einer Klausurtagung kennengelernt.«

»Und warum bist so ausgesucht freundlich zu ihm gewesen? Wir haben ja schließlich kein Hotel, das steht nebenan.«

»Der ›Seeblick‹ ist zu klein für diese Leute. Da geht es um große Häuser, Luxushotels. Und wir könnten mit ins Boot, wenn wir es nur wollten.«

Florian wusste nicht recht, was er davon halten sollte. »Wir sind Bauern, keine Hoteliers.«

»Du vielleicht. Ich bin Geschäftsmann«, stellte sein Vater in einem Anflug von Selbstgefälligkeit klar. »Die alte Scheune und der ehemalige Schweinestall sind überflüssig. Wir haben doch erst neulich darüber geredet, beides abreißen zu lassen. Mit den Wiesen, die sich nach hinten anschließen, gewinnen wir da ein ordentliches Terrain, an die tausend Quadratmeter.«

»Und darauf willst du ein Luxushotel bauen, Vater?« Florian lachte herzlich. »Na dann, viel Spaß. Ich seh schon das Gesicht vom Onkel Franz, wenn wir ihm Konkurrenz machen …«

Damit verließ er das Arbeitszimmer, sein Vater winkte geringschätzig ab und murmelte: »So ein Depp! Keinen Sinn fürs Innovative. Na, warte nur, Burschi, wenn mein Haus ›Seeblick‹ da steht und ich meinen Schnitt mach. Dahinter kannst du dich mit deinen Halleschen aber verstecken …«

***

Ein paar Tage später hielt eine dunkle Limousine mit Münchner Kennzeichen im Wirtschaftshof vom Maiering.

Lumpi hob kurz den mächtigen Kopf, als der geschniegelte Fahrer ausstieg und auf die Haustür zusteuerte. Offenbar betrachtete der betagte Wachhund den Besucher aber nicht als Bedrohung, denn er legte sich nach einem prüfenden Blick gleich wieder lang, schmatzte und schlief mit einem tiefen Seufzer zufrieden ein.

Johannes Maiering hatte den Besucher schon erwartet. Er drückte dem Münchner im schicken Maßanzug herzhaft die Hand und bat ihn wortreich ins Haus.

Der Besucher lächelte dünn, als er feststellte: »Ihr Wachhund scheint mich zu mögen. Er hat bei meinem Anblick net angeschlagen. Seltsam, sonst kann ich eigentlich so gar net mit Tieren.«

»Der Lumpi ist ein freundlicher Gesell, wie alle Wimbacher. Sie werden sehen, Herr Doktor, ein Hotelprojekt hier bei uns im Tal wird sich leicht rechnen. Dabei können Sie nur gewinnen!«

Der Besucher nickte, sagte aber nichts. Die herzhafte Brotzeit, die Johannes zur Begrüßung auffahren ließ, rührte er mit Hinweis auf seinen empfindlichen Magen kaum an. Ein Haferl Kaffee verschmähte er aber nicht und schlug dann vor, sich gleich die Örtlichkeiten anzuschauen.

»Wichtig ist vor allem genug Land«, führte er aus, während sie den Wirtschaftshof querten. »Das Hotel darf nicht eingequetscht sein, von den Fenstern in den oberen Stockwerken aus muss der Blick frei in die Berge und auf den See gehen.« Er nickte anerkennend. »Den habe ich schon bei meiner Ankunft bewundert. Ein wirklich schönes Fleckerl Erde.«

Johannes blieb stehen und wies in die Runde. »Diese Gebäude da werden bald abgerissen. Dahinter liegt noch eine Wiese, alles zusammen an die tausend Quadratmeter. Ich denk mir, das sollte genügen, net wahr?«

Dr. Tuchel schüttelte den Kopf. »Mehr ist es nicht? Sie sprachen am Telefon von einem ordentlichen Stück Land.«

»Aber ich bitte Sie! Tausend Quadratmeter in dieser Gegend, ja mei, da könnten Sie aber tief in die Tasche greifen …«

»Darum geht es net.« Der Geschäftsmann nahm ein handliches Tablet aus seiner Aktenmappe und zeigte Johannes einige Hotelneubauten. »Das hier steht am Tegernsee im Salzburger Land. Und hier, eine wahre Perle, letztes Jahr in Davos eröffnet. Schauen Sie genau hin, Herr Maiering, dann wird Ihnen aufgehen, was ich meine.

Diese Häuser stehen alle an exponierter Stelle, sie bieten eine wunderbare Aussicht und genügend Land, um die Gäste auch in ihrer Freizeit zu halten. Unser Haus in St. Moritz kann mit einem eigenen Skilift aufwarten. Und hier, in Bregenz, da gibt es einen hoteleigenen Golfplatz.«

Johannes betrachtete die Bilder nachdenklich, dabei zwirbelte er seinen Schnauz. Das tat er immer, wenn etwas nicht nach seinen Wünschen ging. Und das schien hier tatsächlich der Fall zu sein.

Die Bekanntschaft mit dem Parteigenossen war dem Großbauern zunächst als echter Glücksfall erschienen. Die Idee, auch in der Tourismusbranche Geld zu verdienen, spukte Johannes schon länger im Schädel herum. Schließlich sah er, wie gut die Pension seines Spezls Franz lief. Und es gleich im großen Stil zu versuchen, war seiner Meinung nach sinnvoll.

Doch ganz allein ins finanzielle Risiko zu gehen, schmeckte dem ausgefuchsten Geschäftsmann nicht. Er wollte jemanden hinter sich haben, der ihm Schützenhilfe leisten konnte, jemanden, der sich in der Branche auskannte. Und Dr. Tuchel war ein Fachmann, das zeigten seine jetzigen Anmerkungen deutlich, auch wenn sie Johannes nicht gefielen.

»Sie haben also kein Interesse?«, brachte er seine Überlegungen schließlich auf den Punkt. »Darauf läuft es doch hinaus, oder? Ich hab net genug Land.«

»Hm, das würde ich nicht sagen. Die tausend Quadratmeter sind ein guter Ausgangspunkt.« Der Geschäftsmann schaute sich um. »Die kleine Pension gleich nebenan, ist die noch rentabel?«

»Freilich. Sie gehört meinem alten Spezl Franz Sendlinger. Seine Tochter führt das Haus, seit er gesundheitlich nimmer so gut aufgestellt ist. Wir werden übrigens bald verwandt sein. Die Melanie heiratet nämlich meinen Sohn Florian. Deshalb bin ich auch im Bild, was die Pension angeht. Die machen da drüben durchaus ihren Schnitt.«

Dr. Tuchel rieb sich mit nachdenklicher Miene das Kinn und schlug vor: »Reden wir drinnen weiter. Vielleicht gibt es ja doch einen Weg, Ihr Projekt zu verwirklichen, Herr Maiering. Sie müssen nicht glauben, dass ich engstirnig bin. Mir liegt auch daran, neue Geschäftspartner zu gewinnen.«

»Na, das klingt doch schon ein bisserl besser«, freute Johannes sich. »Vielleicht ein Stamperl auf das Geschäft?«

Der Besucher verzog leicht den Mund und deutete auf seinen Magen. Er ließ sich vor dem Schreibtisch des Großbauern nieder und erklärte direkt: »Wenn Sie das Nachbarland mit ins Spiel bringen, sind wir im Geschäft.«

»Das Nachbarland?« Der Großbauer stand einen Moment lang auf dem Schlauch, dann aber lachte er wie über einen guten Witz. »Da würde der Franz sich aber beschweren, wenn ich mein Hotel auf seinen Grund setze …«

»Ich meine es ganz ernst. Wie groß ist das Nachbargrundstück? Sie werden die Zahlen wohl net im Kopf haben.«

»Da irren Sie sich aber. Ich bin schließlich net umsonst hier Bürgermeister. Der Sendlinger hat etwa dreitausend Quadratmeter Grund. Aber darauf kann ich net zurückgreifen.«

»Und warum nicht? Haben Sie nicht eben gesagt, dass es da bald eine Hochzeit geben wird?«

Johannes machte eine bedenkliche Miene, denn plötzlich erschien ihm sein Geschäftspartner ziemlich verschlagen. Auch wenn der Großbauer stets auf Profit aus war, sich als Dieb und Betrüger zu betätigen, das ging ihm gegen den Strich. Und das sagte er seinem Gegenüber auch offen. Hatte er geglaubt, Dr. Tuchel damit beleidigen zu können, so irrte er.

Der Münchner lächelte nur ein wenig und stellte klar: »Ich rede hier net von krummen Geschäften. Aber wenn der Nachbar mit Ihnen verwandt ist, würde nichts mehr gegen ein solches Bauvorhaben sprechen. Freilich müsste die Pension weichen. Sie könnten den Leuten dann eine Beteiligung an dem neuen Haus anbieten oder vielleicht auch eine Anstellung. Das bleibt Ihnen überlassen, Herr Maiering.«

»Ich weiß net, den Gedanken muss ich erst mal sacken lassen. Und ohne das Land vom Nachbarn …«

»Ich fürchte, da ist nichts zu machen. Sie wissen ja, dass unser Unternehmen nur Luxushotels ab einer gewissen Größe baut. Wenn Sie kleiner bleiben wollen, dann können Sie das auch ohne unsere Unterstützung tun.«

»Na, ich will schon net kleckern, sondern klotzen. Es ist nur, der Franz und seine Tochter hängen eben an dem Haus. Es hat Tradition. Und der Gedanke, es einfach abzureißen, der ist sogar mir irgendwie unangenehm.«

Der Geschäftsmann reichte Johannes die Hand. »Das bleibt Ihre Entscheidung, Herr Maiering.«

»Und wie geht es weiter, wenn ich … Also, falls ich das zusätzliche Land bieten kann?«

»Dann schickt unser Unternehmen einen Architekten her, um vor Ort die Pläne für das Haus zu erstellen. Es soll ja schließlich in die Landschaft passen und net zum Schandfleck werden.«

»Also gut. Dann schicken Sie den Architekten. Ich werde dafür sorgen, dass genügend Bauland vorhanden ist.«

Dr. Tuchel wirkte angenehm überrascht. »Sie sind ein Mann von schnellen Entschlüssen, das lobe ich mir. Sobald der Entwurf fertig ist und alle Unterlagen vorliegen, schließen wir den Vertrag. Ich freue mich, Sie mit ins Boot zu holen, Herr Maiering. Warten Sie nur ab, Sie werden diesen Schritt ganz sicher net bereuen.«

»Das will ich auch net hoffen«, scherzte Johannes, doch sein Lachen fiel ziemlich gezwungen aus.

***

Eine Weile ließ Johannes Maiering sich die Idee vom großen Luxushotel noch durch den Kopf gehen, dann beschloss er, es zu wagen. Allerdings musste er sehr geschickt vorgehen. Einfach beim Franz mit der Tür ins Haus zu fallen, kam ihm dabei nicht in den Sinn. So wie er den alten Sturkopf kannte, würde der nur aus Prinzip Nein sagen. Sie hatten sich zwar ihr Leben lang gut verstanden, doch wenn es ums Geld ging, hörte bei dem Großbauern die Freundschaft auf. Er wollte Franz keinen Neid unterstellen, aber er wusste, dass der alte Spezl ihm gerne ab und an einen Dämpfer versetzte. Und bei diesem Geschäft, da verstand Johannes keinen Spaß.

Also zitierte er am nächsten Abend seinen Sohn zu sich und wies ihn an, die Tür des Arbeitszimmers sorgsam zu schließen.

»Was wir zu besprechen haben, das geht keinen was an«, stellte er zunächst klar. »Das unterliegt sozusagen der Geheimhaltung.«

Florian verschränkte die Arme vor der Brust und musterte seinen Vater mit undurchdringlicher Miene. Freilich war ihm der Besuch aus München nicht entgangen. Und er hatte den Eindruck, dass sein Vater wieder einmal eine besondere Geschaftelhuberei vorhatte. Dass er diese allerdings mit ihm besprach, war neu.

Den Grund dafür sollte Florian gleich erfahren. Sein Vater deutete auf einen der wuchtigen Ledersessel, die in einer Ecke des Arbeitszimmers standen. Hier wurden sonst besonders lukrative Geschäftsabschlüsse mit einem Stamperl begossen. Den Enzian holte Johannes nun auch hervor, dazu zwei Stamperln. Als er sich zu seinem Sohn gesellte, wollte der scherzhaft wissen: »Magst du mich vielleicht in die hohe Kunst der net ganz astreinen Geschäfte einweihen? Da passe ich allerdings.«

Der Großbauer verzog leicht den Mund, schenkte sich aber eine Erwiderung. Er füllte die Stamperln und prostete seinem Sohn zu. Dann lehnte er sich zurück und fragte: »Also, was ist? Habt ihr jetzt einen Termin zum Heiraten ins Auge gefasst?«

Florian hatte mit etwas ganz anderem gerechnet, auch wenn er nicht genau sagen konnte, womit. Aber dass sein Vater plötzlich so großen Wert auf die Hochzeit legte, irritierte ihn. Hatte er am Ende noch andere Interessen als nur das väterliche Wohlwollen und die Freude, ein Madel wie Melanie in die Familie aufzunehmen?

»Noch net. Wie gesagt, es eilt uns nicht«, erwiderte er vage.

»Oh doch, das tut es«, widersprach der Vater ihm mit Nachdruck. »Ich will dir das mal auseinandersetzen, damit du verstehst, worum es geht.«

Florian lächelte schmal. »Ich denk, das weiß ich bereits.«

»Red keinen Schmarren! Du wirst in nächster Zeit einen Termin festlegen. Weil ich nämlich will, dass zwischen uns und unseren Nachbarn das stabile Band der Verwandtschaft geknüpft wird.«

»Und wieso?«

»Weil ich das Land vom Franz brauch. Und zwar alles.«

Florian musterte seinen Vater eine Weile mit verschlossener Miene, dieser seufzte leise und bekannte: »Ich kann nur mein Hotel bauen, wenn ich dem Dr. Tuchel genug Land vorzuweisen hab. Unser Stückerl reicht ihm net, deshalb brauch ich noch das vom Franz. Freilich wollen wir es ihm net stehlen. Wir kaufen es ihm ab. Die Melanie wird nachher bei uns Empfangschefin. Und sie kriegen beide eine Gewinnbeteiligung. Na, wie klingt das?«

»Wie ein krummes Geschäft.«

»Mei, ich fasse es net! Du bist doch sonst nicht auf den Kopf gefallen. Was ich hier versuche, ist, uns allen ein Stückerl mehr Wohlstand zu sichern. Und wer dagegen was hat, der ist für mich ein ausgemachter Depp.«

»Deine Idee ist gewiss nicht schlecht«, gestand Florian seinem Vater nun um des lieben Friedens willen zu. »Aber du packst es, glaub ich, falsch an. Warum lassen wir die alten Stallungen net stehen, renovieren sie und nutzen sie wieder? Und dein Hotel, das baust du auf der grünen Wiese. Du kennst doch die besten Fleckerln hier bei uns im Tal. Dann sind alle zufrieden.«

Johannes kippte noch einen Enzian, denn ihm schwoll schon wieder die Zornesader. Dass sein Sohn, sein eigen Fleisch und Blut, dermaßen begriffsstutzig sein konnte, war unglaublich.

Er räusperte sich und war bemüht, ruhig zu bleiben, als er feststellte: »Ich will aber keine Unsummen ausgeben für ein Projekt, das sich dann erst rechnet, wenn ich im Engelschor mitsinge. Unser Land und das vom Franz, das rechnet sich schon gleich, verstehst? Und deshalb wirst du heut noch mit der Melanie über die Hochzeit reden.«

»Aber sie wird dagegen sein, den ›Seeblick‹ zu opfern.«

Johannes verdrehte entnervt die Augen. Es fiel ihm zunehmend schwerer, die Beherrschung nicht zu verlieren. Allerdings wusste er, dass er mit Brüllen bei seinem Sohn wenig erreichen konnte. Der stellte dann einfach die Ohren auf Durchzug oder flüchtete.

»Wenn ihr verheiratet seid, hast du zu bestimmen. Der Franz hat ihr das Haus doch überschrieben, net wahr?«

»Das schon, aber ich kann es ihr ja net einfach abnehmen.«

»Gut, Flori, jetzt reicht es.« Johannes schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte, dass es knallte, starrte seinen Sohn streng an und zischte: »Wenn ich dir was auftrage, hast du zu gehorchen, verstanden?« Florian nickte nur. »Du redest heut mit deiner Braut übers Heiraten. Du kannst auch meine Pläne erwähnen und einmal zaghaft anklopfen. Aber bitte schön geschickt! Hast du das verstanden?«

»Ist schon recht.« Der Bursch stand auf und wollte gehen, aber sein Vater packte ihn am Arm und musterte ihn kalt. »Vermassle es net, sonst kannst du mich kennenlernen. Wir reden hier von Millionen, um die wir reicher oder ärmer sein könnten. Ich hoffe, das ist eine kleine Gedankenstütze für dich!«

»Schon recht!« Florian machte sich ärgerlich los und eilte aus der Stube. Was der Vater gefordert hatte, ging ihm hundertprozentig gegen den Strich. Am liebsten hätte er gleich offen mit Melanie und ihrem Vater geredet. Aber er brachte es nicht über sich. Florian schaffte es einfach nicht, sich gegen seinen beherrschenden Vater aufzulehnen.

***

Melanie wunderte sich darüber, dass Florian an diesem Abend so schweigsam war. Er mochte nicht spazieren gehen, saß nur in der Küche auf der Eckbank herum und schaute zu, wie sie Kaffee kochte und Kuchen aufschnitt.

Als sie sich dann zu ihm gesellte, fragte sie behutsam: »Was war denn los drüben? Du schaust aus, als ob dir ein Läuserl über die Leber gelaufen wäre.«

Florian nahm ihre Rechte, drückte ein Busserl hinein und gab zu: »Das stimmt schon. Aber wenn du bei mir bist, Schatzerl, dann geht es mir gleich wieder gut. Und der Strudel ist ein Gedicht, der zergeht einem auf der Zunge. Dass du zu allem auch noch eine gute Hausfrau bist, kann ich manchmal kaum fassen.«

»Jetzt hast du mir aber genug Komplimente gemacht«, scherzte sie und suchte seinen Blick. »Sag mir, was los ist, Flori. Ich kenn dich zu gut, als dass du mir was vormachen kannst.«

Er seufzte und meinte: »Der Vater hat große Pläne. Er will jetzt auch Hotelier werden.«

»Im Ernst? Mag er sich bei uns einkaufen?«, witzelte Melanie.

»So ähnlich. Wir brauchen doch die alten Stallungen nimmer, wenn die weg sind, wäre da Platz für ein Hotel. Direkte Konkurrenz sozusagen. Was meinst du?«

»Ich kann es mir net so recht vorstellen. Wie will er das Haus denn nennen? ›Zum Misthaufen‹ vielleicht?«

Florian lächelte schmal und murmelte: »Keine schlechte Idee.« Dass er aber ernst blieb, machte Melanie deutlich, wie bedrückt er war. Etwas stimmte ganz und gar nicht.

»Bist du sauer auf ihn wegen dieser Idee? Das ist doch bestimmt nur so ein narrischer Gedanke, den er wieder fallen lässt. Oder meinst du, dass seine Geschaftelhuberei so weit geht, dass er sich sogar auf so was einlassen würde?«

»Es wäre möglich«, deutete Florian an und behielt seine Liebste genau im Blick, als er fragte: »Könntest du dir denn vorstellen, dass wir uns auch beruflich zusammentun? Ich mein, dass es nur noch ein Hotel gäbe, ein großes Haus, das von den Sendlingers und den Maierings gemeinsam bewirtschaftet wird?«

Zuerst wollte Melanie lachen, denn dieser Gedanke erschien ihr einfach absurd. Dann aber versicherte sie mit Nachdruck: »Nein, das könnte ich mir ganz und gar net vorstellen. Unser ›Seeblick‹ ist schließlich etwas Besonderes. Der Vater hat die Pension aufgebaut. Sie ist net nur unser Lebensunterhalt, sondern auch unser Daheim. Das würde ich nie und nimmer gegen so einen unpersönlichen großen Kasten tauschen wollen. Tut mir leid, Flori, aber so was käme für mich net infrage.«

Der Bursch nickte und schenkte seiner Liebsten ein Lächeln, das erleichtert und auch zufrieden ausfiel. »Das habe ich mir schon gedacht«, beteuerte er. »Und es ist gut so. Jetzt hätt ich doch noch Lust, ein bisserl spazieren zu gehen. Bist du dabei, Liebes?«

»Schon, aber … Ich verstehe net ganz, worauf du eigentlich hinauswolltest. Hat dein Vater denn vor, uns aufzukaufen? Oder was ist das für eine Idee mit diesem Hotel?«

»Eine, die er am besten ganz schnell wieder vergessen sollte«, meinte der Bursch und erhob sich. »Komm, gehen wir an die frische Luft, die brauche ich jetzt einfach!«

Der Bursch war nun im Herzen froh, dass seine Liebste genauso reagierte, wie er es erwartet hatte. Die Vorstellung, in der näheren Umgebung alles platt zu walzen, was in langen Jahren gewachsen war und sich entwickelt hatte, war Florian vom ersten Augenblick an zuwider gewesen. Und dass ein großer Hotelneubau niemals den Charme des »Seeblick« haben könnte, schien klar.

Nachdem seine Verlobte ihm eindeutig ihre Meinung gesagt hatte, verzichtete Florian auch darauf, das Thema »Hochzeit« anzusprechen. Er wollte mit Melanie über einen Termin reden, wenn es ihnen beiden passte, nicht weil sein Vater darauf bestanden hatte. Und dabei fühlte er sich richtig gut.

Das änderte sich allerdings schlagartig, als Florian später heimkam. Der Vater hatte auf ihn gewartet. Kaum hatte der Jungbauer die Diele betreten, stand der Alte auch schon vor ihm und wollte wissen: »Wann soll es also so weit sein?«

Florian stellte sich dumm. »Wann soll was so weit sein?«

»Burschi, ich warn dich! Reiz mich net«, knurrte Johannes da und schob seinen Sohn ins Arbeitszimmer. Nachdem er die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, erinnerte er Florian: »Ich hab dir aufgetragen, mit der Melanie wegen eurer Hochzeit zu reden. Das wirst du doch wohl nicht vergessen haben?«

»Freilich net. Aber ich hab keine Notwendigkeit gesehen.« Florian lächelte gemütlich. »Ich hab ihr von der anderen Geschichte erzählt. Sie war net eben begeistert. Wie es ausschaut, kommt eine Anstellung in einem Hotelkasten für die Meli net infrage. Sie will ihre Pension behalten. Und daran würde auch eine Heirat nix ändern. Deshalb …«

»Jetzt schlägt’s aber dreizehn!«, fuhr der Maiering da auf. »Bist du vielleicht von allen guten Geistern verlassen? Wie kommst du auf die narrische Idee, so etwas entscheiden zu können? Ich warn dich, Florian. Einmal noch tust du net, was ich dir anschaff, dann wirst du mich aber mal kennenlernen!«

»Ich glaub, ich kenn dich schon recht gut, Vater«, erwiderte der Jungbauer besonnen und erhob sich. »Aber wann die Meli und ich heiraten, das ist unsere Sache. Ich muss dich bitten, dich da nimmer einzumischen. Und schon gar net wegen eines Geschäftes, das meiner Meinung nach nie funktionieren kann.«

»Ach, bist du neuerdings auch noch Geschäftsmann?«, spottete der Alte giftig. »Ich wünschte, du hättest genug im Hirnkasterl, um zu tun, was ich sage. Aber net mal das schaffst du!«

Florian hob nur die breiten Schultern und verließ die Stube. Sein Vater schnaufte verächtlich. Den direkten Weg konnte er also vergessen. Selbst wenn die Jungen schon verheiratet wären, hätte er in Florian wohl kaum eine Hilfe oder Unterstützung bei seinem großen Hotelprojekt.

Der Bursch besaß einfach nicht den nötigen Weitblick, um ein solches Geschäft richtig einschätzen zu können. Zudem war wohl klar, wer in dieser Ehe die Hosen anhaben würde. Und wenn Melanie den »Seeblick« nicht hergeben wollte, würde Florian sie gewiss nicht dazu überreden.

Johannes Maiering machte ein nachdenkliches Gesicht. In seinem Kopf arbeitete es fleißig. Schon recht bald würde der Architekt eintreffen, der sein Hotel planen sollte. Und wenn der erst einmal da war, dann mussten sich seine Zusagen Dr. Tuchel gegenüber als glaubhaft erweisen, sonst würde aus dem schönen Projekt nichts weiter als ein Luftschloss. Und das wollte der Maiering auf gar keinen Fall erleben!

***

Ein paar Tage später stand Melanie am Vormittag hinter der Rezeption und empfing die neuen Gäste, die ankamen. Zu Beginn der Woche herrschte im »Seeblick« stets ein geschäftiges Kommen und Gehen, denn Ankunft und Abreise waren hier wochenweise.

Das Madel hatte alle Hände voll zu tun. Franz kümmerte sich um die Zimmerbelegung und half, wie in den Stoßzeiten immer, hier und da aus. Als ein junger Mann die Halle betrat, war er gerade in der Küche, denn Koch Toni hatte Ärger mit einem Kollegen, der nicht zum ersten Mal angetrunken zum Dienst erschienen war. Franz wäre es lieber gewesen, wenn seine Tochter den Streit hätte schlichten können, doch die konnte die Rezeption keinen Augenblick verlassen. Also versuchte er sein Bestes.

Melanie händigte gerade einem älteren Ehepaar aus Remscheid seinen Zimmerschlüssel aus und wandte sich dann an den nächsten Gast. Dieser trat an die Rezeption, stellte seinen Koffer ab und schaute das Madel an. Für ein paar Augenblicke schien es da, als stünde die Zeit still.

Der junge Mann mit dem braunen Haar, dem gut geschnittenen Gesicht und den klaren, grauen Augen starrte Melanie an wie eine Traumgestalt. Und genau so kam sie ihm auch vor. Ihr Liebreiz traf ihn mitten ins Herz, wo gerade schon Amor seinen Pfeil platziert hatte. Nie zuvor war ihm ein Madel begegnet, das ihm schöner und zauberhafter erschienen war. Er war sonst nicht auf den Mund gefallen, aber nun brachte er keinen Ton heraus und schaffte es auch nicht, den Blick zu wenden.

Und Melanie? Der erging es nicht anders. Als sie in die Augen des Fremden blickte, da setzte ihr Herz für einen Schlag aus, um gleich darauf in unvernünftigem Stakkato loszustolpern. Sie spürte die berühmten Schmetterlinge im Bauch und war für ein paar Sekunden wie paralysiert. Doch es gelang ihr schließlich, sich zusammenzunehmen und freundlich zu fragen: »Sie wünschen?«

»Ich … ja, ich hab ein Zimmer bestellt.« Er lächelte ihr zu, ein wenig jungenhaft, ein wenig verlegen, und brachte ihr Herz damit zum Singen. »Mein Name ist Andreas Schubert, ich komm aus München.«

»Ja, ich seh schon.« Melanie griff nach dem entsprechenden Zimmerschlüssel. »Wir haben Sie bereits erwartet, Herr Schubert. Einen schönen Aufenthalt in Wimbach wünsche ich.«

»Vielen Dank.« Als er den Schlüssel in Empfang nahm, berührten sich ihre Fingerspitzen, und sie hatten beide das Gefühl, einen leichten elektrischen Schlag zu erhalten. Melanie zog ihre Hand erschrocken zurück, Andreas Schubert senkte verlegen den Blick.

Rasch entfernte er sich und verschwand über die Treppe in den ersten Stock, wo sein Zimmer lag. Melanie bedauerte, dass sie ihn nicht begleiten konnte, doch der Andrang ließ einfach nicht nach. Sie hatte keine Zeit, sich um jeden Gast einzeln zu kümmern, wie das sonst ihre Art war. Aber sie nahm sich fest vor, so bald wie möglich nach dem jungen Mann aus München zu schauen. Aus einem unerfindlichen Grund war es ihr besonders wichtig, dass er sich im »Seeblick« vom ersten Augenblick an so richtig wohlfühlte …

Gegen Mittag waren alle Gäste an- und abgereist, und es wurde wieder ruhig am Empfang. Melanie wollte eben nach oben gehen, als ihr Vater erschien und sie bat: »Komm halt einmal mit in die Küche, Melanie. Der Toni weigert sich zu arbeiten, solange der Hans ihm seine Fahne ins Gesicht bläst. Ich hab schon mit Engelszungen auf die beiden eingeredet, aber sie wollen sich einfach net vertragen.«

Das Madel seufzte. »Ich hab den Hans schon zweimal abgemahnt. Wenn er sich net endlich einsichtig zeigt, müssen wir uns einen anderen zweiten Koch suchen. Das geht so nicht weiter. Der Toni leistet einwandfreie Arbeit, was man vom Hans leider nimmer behaupten kann.«

Sie gingen zusammen zur Hotelküche. »Dass der Hans das Saufen wieder angefangen hat, ist arg. Was könnte man denn da tun?«, sinnierte der Sendlinger.

»Unterhalte dich halt mal in Ruhe mit ihm. Er muss begreifen, dass wir net immer weiter ein Auge zudrücken können. Wenn die Küche net funktioniert, sind wir aufgeschmissen.«

Melanie redete dem zweiten Koch ins Gewissen, der auch gleich versprach, sich zu bessern. Doch sie wurde den Eindruck nicht los, dass dies nur ein Lippenbekenntnis war. Franz nickte ihr zu, zum Zeichen, dass er sich den Koch noch einmal zur Brust nehmen würde. Als das Madel die Küche verließ, bemerkte es Andreas Schubert, der an der Rezeption wartete. Melanie spürte, wie sie errötete. Ihr Herz pochte schon wieder unvernünftig schnell, und sie musste sich selbst zur Ordnung rufen. Was war nur in sie gefahren?

»Herr Schubert, kann ich etwas für Sie tun?«, fragte sie und bemühte sich, ruhig und freundlich zu klingen, obwohl ihr das Herz hoch im Halse klopfte.

Der junge Mann wirkte unschlüssig. »Ja, ich wollte Sie fragen, ob es da irgendwelche Sehenswürdigkeiten gibt, die man kennen sollte. Sie sind doch von hier, net wahr?«

»Ja, freilich. In Wimbach geboren und aufgewachsen.« Sie erwiderte das Lächeln, das er ihr schenkte, automatisch. Ein warmes Gefühl breitete sich in Melanie aus, das an ein inniges Sehnen erinnerte. Das Madel verstand sich selbst nicht mehr, denn so hatte Melanie noch nie empfunden.

»Wir haben eine sehr schöne Natur hier«, erzählte sie, während sie die Blicke von Andreas Schubert fast körperlich spürte. Etwas wie pure Magie lag in der Luft. »Es gibt eine Seilbahn, am Untersberg eine Klamm, die von einem Aussichtspunkt zu bestaunen ist, und …« Sie zählte alles auf, was ihr in den Sinn kam, und hatte das Gefühl, nur Unsinn zu reden, denn sie konnte kaum klar denken.

Der junge Mann hörte ihr aufmerksam zu. »Das klingt alles sehr schön. Als Städter werde ich die Ausflüge in die Natur gewiss genießen. Ich habe da nur einen Vorbehalt.«

»Wenn ich etwas für Sie tun kann?«