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Lesen, was glücklich macht. Und das zum Sparpreis!
Seit Jahrzehnten erfreut sich das Genre des Heimat-Bergromans sehr großer Beliebtheit. Je hektischer unser Alltag ist, umso größer wird unsere Sehnsucht nach dem einfachen Leben, wo nur das Plätschern des Brunnens und der Gesang der Amsel die Feierabendstille unterbrechen.
Zwischenmenschliche Konflikte sind ebenso Thema wie Tradition, Bauernstolz und romantische heimliche Abenteuer. Ob es die schöne Magd ist oder der erfolgreiche Großbauer - die Liebe dieser Menschen wird von unseren beliebtesten und erfolgreichsten Autoren mit Gefühl und viel dramatischem Empfinden in Szene gesetzt.
Alle Geschichten werden mit solcher Intensität erzählt, dass sie niemanden unberührt lassen. Reisen Sie mit unseren Helden und Heldinnen in eine herrliche Bergwelt, die sich ihren Zauber bewahrt hat.
Dieser Sammelband enthält die folgenden Romane:
Alpengold 218: Ein Kräuterl gegen die Liebe
Bergkristall 299: Im Dorf hieß sie nur Gänseliesl
Der Bergdoktor 1793: Advent bei uns im Doktorhaus
Der Bergdoktor 1794: Ausritt durch den Winterwald
Das Berghotel 155: Der verzauberte Wunschzettel
Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 320 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 584
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben
Für die Originalausgaben:
Copyright © 2015/2016/2017 by
Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln
Vervielfältigungen dieses Werkes für das Text- und Data-Mining bleiben vorbehalten.
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
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Für diese Ausgabe:
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Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln
Covermotiv: © AntonMaltsev / Shutterstock
ISBN: 978-3-7517-6440-7
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Cover
Titel
Impressum
Inhalt
Alpengold 218
Ein Kräuterl gegen die Liebe
Bergkristall - Folge 299
Im Dorf hieß sie nur Gänseliesl
Der Bergdoktor 1793
Advent bei uns im Doktorhaus
Der Bergdoktor 1794
Ausritt durch den Winterwald
Das Berghotel 155
Der verzauberte Wunschzettel
Plätzchenrezepte
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Contents
Ein Kräuterl gegen die Liebe
Bezaubernder Roman um den Herzensschmerz der schönen Moni
Von Sissi Merz
Nur eine Woche vor der Hochzeit muss die hübsche Angermaier-Moni fassungslos erkennen, dass ihr Glück mit Benjamin auf einer einzigen großen Lüge aufgebaut ist. Um ihren untreuen Verlobten zu vergessen und über die schlimme Demütigung hinwegzukommen, zieht sie zu ihrer Großmutter auf den Berghof. Schließlich kennt die alte »Kräuter-Vroni« gegen fast jede Krankheit ein Mittel – und Monis Herz ist ganz krank vor Liebe …
Mit hellem Strahlen ging die Sonne an diesem Maimorgen über dem Schliersee in Oberbayern auf. Ihr goldenes Licht zauberte unzählige schimmernde Punkte auf das klare Wasser des Sees, die sich zugleich im unendlich weiten Frühlingshimmel spiegelten.
Weit im Norden grüßten die majestätischen Gipfel des hinteren Sonnwendjochs, das an die zweitausend Meter hoch war. Der Brecherspitz war der Hausberg von Fischhausen am See.
Die kleine Gemeinde erstreckte sich vom Ufer des Schliersees bis hinüber nach Neuhaus. Die Menschen hier lebten noch traditionell von der Landwirtschaft, es gab sehr schöne und gepflegte Höfe mit einer langen Tradition. Aber auch dem Fremdenverkehr wurde schon lange Rechnung getragen. Einige Hotels und Fremdenpensionen luden die Menschen von nah und fern dazu ein, die herrliche Landschaft am See zu genießen.
Eines der schönsten Anwesen in Fischhausen war gewiss der Sonnenhof. Seit fünf Generationen im Besitz der Familie Angermaier, fand der Erbhof sich etwas außerhalb des Dorfes auf einer kleinen Anhöhe. Eine Privatstraße, gesäumt von schlanken Erlen, führte zum Sonnenhof.
Hier hatte man einen wunderbaren Blick in die Landschaft. Zwischen den himmelhohen Berggipfeln im Norden und dem See im Süden schaute man auf Suttenstein, Rotkopf und Schinder im Osten, hinter denen die Nachbardörfer Tanneck und Oberleiten zu finden waren. Und in westlicher Richtung schloss sich der kleine Weiler Oberbach an, zu Füßen von Nagelspitz und Jägerkamp. Die beiden letztgenannten Berge waren bewaldet, während sich am Südhang des Brecherspitz mehrere Berghöfe befanden, die zur Gemarkung von Oberleiten gehörten.
Der Sonnenhof war im landestypischen Stil erbaut. Das große Haupthaus bestach mit einem breiten, schindelgedeckten Dach, das sich nahtlos an die Holzvertäfelung des Obergeschosses anschmiegte. An der Brüstung des kunstvoll beschnitzten Holzbalkons blühten bereits die Geranien. Die restliche Fassade war weiß gestrichen und mit Lüftlmalerei verziert.
Fenster, Läden und die massive Haustür bestanden aus dem Holz der heimischen Eiche. Freilich fehlte auch eine Nische neben der Haustür nicht, in der der heilige Florian über das Wohl und Wehe der Bewohner wachte.
Zu beiden Seiten wurde das Haupthaus von den weitläufigen Stallungen, der Remise, dem Heustadel und dem Gesindehaus eingerahmt. Gut fünfzig Stück Vieh hatte Georg Angermaier im Stall stehen.
Seine Milchwirtschaft beruhte auf dem Prinzip der Qualität. Und da er die Tiere den Sommer über auf seine Alm trieb, konnte er die Milch zu einem angemessenen Preis verkaufen.
Daneben gab es auf dem Erbhof Schweine, Gänse, Hühner und allerlei Kleinvieh, das besonders der Hoftochter Moni am Herzen lag. Die Angermaiers betrieben aber auch Ackerbau und konnten so ihre Tiere selbst versorgen. Es war ein geschlossener Kreislauf, der Bauersleute und Gesinde auch in einer Zeit von Preisverfall und immer höheren Energiekosten ernährte.
Georg Angermaier stand heuer im dreiundfünfzigsten Lebensjahr. Mit seiner Frau Katharina hatte er vor zwei Jahren Silberne Hochzeit gefeiert, doch es traf durchaus zu, dass die Bauersleute noch immer ineinander verliebt waren.
Seinerzeit hatte der schneidige Bursch die schöne Förstertochter aus Liebe geheiratet. Und diese hatte sich in der Ehe vertieft, war gereift und hatte Früchte getragen.
Die Angermaiers, die kurz nach der Hochzeit den Hof von Georgs Onkel übernommen hatten, hatten zwei erwachsene Kinder. Tobias, den Jungbauern, der mittlerweile gleichberechtigt an der Seite des Vaters arbeitete und die Geschicke des Erbhofs lenkte, und Moni, seine zwei Jahre jüngere Schwester. Das bildhübsche Madel hatte die Hauswirtschaftsschule in Schliersee mit gutem Erfolg besucht und sich vor einem halben Jahr mit dem Hoteliersohn Benjamin Wendler verlobt. Bald sollte nun Hochzeit gefeiert werden.
Tobias hatte die Seine bereits heimgeführt. Die zauberhafte Stefanie Dengler, ein Madel aus dem Nachbarort Oberbach, hatte sein Herz erobert. Nun waren die beiden fast ein Jahr lang verheiratet, und Stefanie stand in der Hoffnung. Das junge Ehepaar freute sich bereits sehr auf das erste Kind.
An diesem sonnigen Maimorgen richtete Stefanie zusammen mit ihrer Schwiegermutter Katharina und ihrer Schwägerin Moni das Frühstück auf dem Sonnenhof.
Die Jungbäuerin war etwas behäbiger geworden. Ihre zunehmende Leibesfülle sorgte dafür, dass sie nicht mehr so flott und wendig war, wie man sie sonst kannte. Und das gefiel ihr ganz und gar nicht.
»Überleg es dir gut, bevor du dir das erste Butzerl anschaffst!«, riet sie Moni mit einem schmalen Lächeln, während sie versuchte, einige Teller von einem oberen Schrankbord zu holen. »Das Gefühl, dick wie ein Walfisch zu sein, ist wirklich net das Schönste, was man sich denken kann.«
Moni lachte. Sie war ein schlankes, gut gewachsenes Madel mit glänzendem, honigblondem Haar und klaren, tiefblauen Augen. Praktisch, wie sie veranlagt war, nahm sie Stefanie die Teller ab und versicherte ihr: »Das gibt sich wieder, wenn das Kleine auf der Welt ist. So wie ich dich kenne, hast du gewiss im Handumdrehen deine schlanke Figur zurück, net wahr, Mama?«
Die Altbäuerin nickte lächelnd. »Mir ist das damals net so schnell gelungen. Aber ich war auch ein rechtes Naschkatzerl. Vor allem, als ich mit dem Tobias in der Hoffnung war. Von morgens bis abends hat mir der Sinn nach Zuckerle gestanden. Du, Stefanie, bist da ja vernünftiger. Viele Frauen gehen während der Schwangerschaft so in die Breite, dass es ihnen später schwerfällt, wieder abzunehmen. Aber ein Naschkatzerl bist du net, oder?«
»Ich mag’s lieber herzhaft«, gab die Jungbäuerin zu. »Süßigkeiten hab ich schon als Kind net besonders gern gemocht.«
»Dann wirst du wohl heimlich Senfgurken mit Marillenkompott naschen«, scherzte Moni.
Ihre Schwägerin schüttelte sich. »Igitt, das klingt ja so richtig grauslig! Na, seltsame Gelüste hab ich noch net verspürt. Nur eines wünsch ich mir: dass mein Kreuz nimmer so wehtut. Manchmal könnt ich grad schreien.«
»Lang musst du deine ›lebende Last‹ ja nimmer schleppen«, merkte die Hoftochter an. »Wann ist’s eigentlich so weit?«
»Der Doktor hat Ende Juni ausgerechnet.« Stefanie seufzte. »Ich hoffe, es stimmt, und das Kleine lässt mich net warten.«
»So, ich deck jetzt den Tisch«, beschloss Moni, stemmte das schwer beladene Tablett und eilte hinüber ins Esszimmer, wo Bauersleute und Gesinde die Mahlzeiten am großen Tisch stets gemeinsam einnahmen, wie es von jeher Sitte war. Stefanie schickte dem Madel einen bekümmerten Blick hinterher.
»Keine Sorge, du wirst bald auch wieder so rank und schlank sein«, versicherte die Schwiegermutter ihr noch einmal. Sie wusste, dass die sportliche Stefanie, die während der Schulzeit lokale Meisterin im Skiabfahrtslauf gewesen war und sich sehr bewusst ernährte, viel auf ihre gute Figur gab.
»Ich hoffe, du hast recht, Mama«, seufzte sie. »Ich freu mich von Herzen auf unser erstes Butzerl. Aber ich werde auch sehr froh sein, wenn ich wieder so schlank und wendig bin wie die Moni. Nur dann fühl ich mich nämlich wirklich wohl …«
Wenig später saßen die Angermaiers dann beisammen am Frühstückstisch. Georgs Platz war am Kopf der Tafel, zu seiner Rechten saß Katharina. Ihr gegenüber Tobias, der Jungbauer, und seine Frau Stefanie. Moni hockte neben der Mutter. Die restlichen Plätze am Tisch wurden vom Gesinde beansprucht.
Während der Mahlzeiten herrschte hier stets eine entspannte und heitere Stimmung. Man lachte und unterhielt sich, ließ es sich schmecken und sprach über die anstehenden Arbeiten auf dem Hof. Georg hatte an diesem Morgen einiges mit Tobias zu bereden, das auch den Großknecht anging. Moni unterhielt sich mit ihrer Mutter über das anstehende Hochzeitsfest.
Ende des Monats wollte die schöne Hoftochter ihrem Liebsten nämlich das Jawort geben. Eigentlich war es Sitte, dass die Brauteltern die Hochzeit ausrichteten. Bei Stefanie war das anders gewesen, denn auf dem Sonnenhof gab es einfach mehr Platz als bei ihr daheim, deshalb hatte man sich entschlossen, hier zu feiern.
In Monis Fall gab es aber ganz bestimmte Gründe, das Fest im »Hotel Wendler« am See zu begehen.
Sepp Wendler, Monis zukünftiger Schwiegervater, war nämlich ein ausgebuffter Geschäftsmann, ein rechter Bazi, der aus allem ein Geschäft machte. Kürzlich hatte er einen neuen, verglasten Anbau an sein Hotel setzen lassen, der einen wunderbaren Blick über den See gestattete.
Nachdem Benjamin sich mit Moni verlobt hatte, war dem Hotelier die Idee gekommen, diesen Anbau »Hochzeitspavillon« zu nennen. Freilich musste nun darin geheiratet werden, um eine Tradition zu begründen, die man dann in klingende Münze umwandeln konnte. Und so hatte man sich geeinigt, das Hochzeitsfest im Hotel zu feiern statt auf dem Sonnenhof. Moni war das im Grunde einerlei, ihre Mutter aber war ein wenig enttäuscht gewesen.
Allerdings wäre der Wendler nicht der Wendler, hätte er diese kleine Unstimmigkeit nicht umgehend aus der Welt geschafft. So hatte er seine Frau Gudrun und Katharina Angermaier animiert, den schönsten Tag im Leben ihrer Kinder gemeinsam zu planen. Und dies taten die beiden nun bereits seit einer Weile mit wachsendem Eifer und großer Freude.
»Du musst den Benjamin unbedingt fragen, ob das Festmenü jetzt steht«, mahnte Katharina ihre Tochter gerade. »Die Gudrun hatte so eine ausgefallene Idee fürs Dessert. Ich weiß net, ob der Hotelkoch das hinbekommt.«
»Wir sehen uns heut Abend, dann red ich mit ihm darüber«, versprach das Madel. »Aber ich find, ihr solltet euch net zu viel Arbeit machen, Mama. Ein ganz normales Essen tät es auch. Der Ben und ich, wir mögen’s bodenständig.«
Katharina lächelte vielsagend. »Sag das deiner zukünftigen Schwiegermutter. Für sie kann’s nämlich net ausgefallen genug sein …«
***
Nach dem Frühstück räumte Moni den Tisch ab und half der Mutter dann dabei, das Mittagessen vorzubereiten. An diesem Tag sollte es einen deftigen Eintopf mit geräucherten Würsteln geben.
Als das Madel ein wenig Zeit hatte, rief es seine Großmutter im nahen Oberleiten an. Veronika Angermaier, Georgs Mutter, war in diesem Monat sechsundsiebzig Jahre alt geworden. Seit dem Tod ihres Mannes vor ein paar Jahren lebte sie allein mit dem Gesinde auf dem großen Berghof oberhalb des Dorfes.
Die »Kräuter-Vroni«, wie sie im Umkreis hieß, hatte einen tüchtigen Verwalter eingestellt, der den Berghof führte, damit sie sich ganz ihrer Leidenschaft, der Naturheilkunde, widmen konnte.
Schon als junges Madel war Veronika seinerzeit im Frühling und Sommer in die Berge gegangen, um Wildkräuter zu sammeln, die sie dann zu heilkräftigen Salben und Tinkturen verarbeitet hatte. Das Wissen hatte sie wiederum von ihrer Großmutter und diese von der ihren. Es gab also eine lange Tradition in der Familie Angermaier. Doch keine hatte es bislang zu einem so detaillierten Fachwissen gebracht wie Veronika.
Die Berghofbäuerin hatte lange mit dem hiesigen Landarzt auf Kriegsfuß gestanden, weil der stets behauptet hatte, sie würde ihm die Patienten stehlen und sei eine Gefahr für jeden Kranken. Freilich stimmte das nicht, denn Veronika wäre nie auf die Idee gekommen, dem Doktor ins Handwerk zu pfuschen. Sie hielt sich an die Beschwerden des Alltags, die mit den Mitteln der Natur besser zu kurieren waren als mit »chemischen Keulen«, wie sie das nannte.
Und sie hatte sich im Laufe ihres Lebens mit den Lehren der heiligen Hildegard von Bingen vertraut gemacht. Dass ihre Mittel halfen, zeigte schon der rege Zuspruch aus der Bevölkerung.
Und seit es in Oberleiten einen jungen Landarzt gab, war es für Veronika zudem leichter geworden. Denn Dr. Max Gruber war ihren Ideen gegenüber aufgeschlossen und griff nur zu gern auf ihr Wissen und ihre lange Erfahrung zurück.
Moni bewunderte ihre Großmutter. Sie war noch gut zu Fuß und so lebhaft und munter, dass sich manch Junger eine Scheibe von ihr hätte abschneiden können. Und sie wusste immer einen Rat, wenn es wo zwickte. Ob am Körper oder an der Seele …
»Grüß dich, Oma«, sagte das Madel nun in den Hörer. »Ich komm dich morgen besuchen, wenn’s recht ist.«
Veronika freute sich, die Stimme ihrer Enkelin zu hören.
»Freilich ist es recht«, versicherte sie. »Ich hab dich allerweil gern bei mir, Madel. Wie geht es denn bei euch? Sind alle gesund und munter?«
»Schon. Nur die Stefanie klagt über Rückenschmerzen.«
»Das denk ich mir. Das Butzerl wird ihr auf den Steiß drücken. So was kommt oft vor.« Veronika überlegte kurz. »Ich mische eine Salbe, die kannst du morgen mitnehmen. Am besten mit Beinwell. Der blüht gerade, da ist er am heilkräftigsten. Die Stefanie soll sie gut in die Haut einreiben, dann wird sie ihr gewiss rasch Linderung verschaffen.«
»Und es gefällt ihr auch net, dass sie so behäbig ist«, erzählte Moni weiter. »Du kennst sie ja. Vor der Schwangerschaft ist sie allerweil umeinand’ gehüpft wie ein junges Reh.«
Veronika lachte. »Dagegen gibt es leider kein Kräuterl. Das muss man einfach vorbeigehen lassen. Und wie geht es dir? Bist noch glücklich und zufrieden mit deinem Hallodri?«
»Der Ben ist kein Hallodri mehr«, erwiderte das Madel ernsthaft. »Die Zeiten sind vorbei.«
»Tatsächlich? Ich will net unken, Schatzerl. Aber du weißt, ich hab dich von Herzen lieb und möchte, dass du glücklich wirst. Und ich hab in meinem langen Leben die Erfahrung gemacht, dass ein Mannsbild sich nur selten ändert.«
»Der Ben hat mich lieb. Er schaut keine andere mehr an.«
Die Berghofbäuerin schwieg kurz, dann beschloss sie: »Ich will es dir glauben. Wenn du zufrieden bist, bin ich es auch. Wir sehen uns also morgen? Ich freu mich.«
»Ich mich auch, Oma. Pfüat di!«
Die Hoftochter musste noch eine ganze Weile über die Worte ihrer Großmutter nachdenken, auch wenn sie Benjamin Wendler vor Veronika in Schutz genommen hatte. Ganz grundlos waren ihre Bedenken ja schließlich nicht. Benjamin hatte tatsächlich einen Ruf als Schürzenjäger. Bis vor Kurzem war kein schönes Madel vor ihm sicher gewesen. Er hatte die Freundinnen sozusagen wöchentlich gewechselt und seine Rolle als Platzhirsch von Fischhausen ausgiebig genossen.
Dann waren er und Moni sich auf einem Tanzfest näher gekommen. Das schöne Madel hatte diesen Flirt zunächst nicht ernst genommen. Auch als Benjamin angefangen hatte, ihr intensiv den Hof zu machen. Irgendwann aber hatten seine ernsthaften Bemühungen und seine Hartnäckigkeit sie überzeugt. Und nachdem aus ihnen ein Paar geworden war, hatte Moni angefangen, an Liebe zu glauben.
Seither hatte der fesche Bursche nur Augen für sie. Noch hatte sie es nicht bereut, ihm vertraut zu haben.
Ein leiser Zweifel war freilich in ihrem Herzen geblieben. Und die mahnenden Worte der Großmutter hatten diesen nun wieder wachgerufen. Doch Moni war fest entschlossen, ihrer Liebe zu Benjamin eine Chance zu geben. Sie wusste, dass seine Gefühle für sie aufrichtig waren. Und sie war sicher, dass allein dies zählte.
Sie gehörten zusammen, und schon bald würde sie seinen Ring tragen …
***
»Hast du heut noch was vor?« Sepp Wendler maß seinen Sohn fragend, der gerade im Sturmschritt sein Büro im Hotel verließ. »Bist vielleicht mit der Moni verabredet?«
Der fesche Bursche lächelte seinem Vater vielsagend zu.
»Freilich, mit wem denn sonst? Wir gehen noch ein bisserl spazieren. An einem so schönen Abend bietet sich das doch an.«
»Mach jetzt nur keinen Fehler. Die Moni ist die perfekte Frau für dich. Ihr zwei gehört zusammen. Dass du mir allerweil daran denkst und keinen Unsinn anstellst, verstanden?«
Benjamin lächelte selbstsicher. »Ich weiß schon, was ich an der Moni hab, keine Sorge, Vater. Um nix in der Welt würde ich sie wieder hergeben. Schon sehr bald wird sie meine Frau sein.«
»Das will ich hoffen.« Der gewiefte Geschäftsmann maß seinen Sohn streng. »Aber ich kenn auch dein unstetes Naturell. Hast es dir net gestohlen. In jungen Jahren war ich ebenfalls ein rechter Hans Dampf in allen Gassen, wenn du verstehst, was ich mein. Aber irgendwann muss damit Schluss sein. Wenn man die Rechte gefunden hat, wird man seriös.«
»Ist schon recht, Vater. Du musst dir gewiss keine Sorgen machen. Die Moni und ich, da stimmt alles«, versicherte der Bursche und beeilte sich dann, das Hotel zu verlassen. Er konnte es nicht leiden, wenn der Alte ihn ins Verhör nahm.
Sepp Wendler musste immer alles unter Kontrolle haben, beruflich wie privat. Dass er sich in Benjamins Leben einmischte, ging diesem nicht nur auf die Nerven. Es gab da auch einige Dinge, die keiner zu wissen brauchte, weder Moni noch seine Mutter und schon gar nicht sein Vater. Deshalb ging er solchen Gesprächen, die eher Verhören glichen, lieber geschmeidig aus dem Weg und tat dann, was er wollte …
Wenig später hatte Benjamin Moni daheim abgeholt, und das junge Paar spazierte Hand in Hand über die Seepromenade.
Es war ein angenehm milder Frühlingsabend. Auf dem Wasser schimmerte das letzte Tageslicht, die Sonne war bereits hinter der Nagelspitz untergegangen, und am klaren Himmel stieg noch blass der zunehmende Mond auf. Vor den Cafés luden Tische und Stühle zum Verweilen ein, der Betrieb hielt sich in Grenzen, denn die Saison hatte noch nicht angefangen. Benjamin wollte seine Liebste auf einen Schoppen Wein einladen, aber Moni war nicht danach. Sie wollte lieber mit ihrem Schatz allein sein.
So verließen sie schließlich die Seepromenade und schlugen einen Weg ein, der in Richtung Brecherspitz führte. An den bewaldeten Hängen der Nordseite stand der Tann still, und die Schatten waren bereits lang. Der Wanderweg lag im Grau der Dämmerung.
Aber das junge Paar kannte sich hier gut aus. Bald hatten sie eine Bank erreicht, die an einem Wegkreuz neben einem Marterl stand. Dort legten sie eine Pause ein, tauschten ein verliebtes Busserl und waren einander genug.
»Noch zwei Wochen, dann bist du endlich meine Frau. Und ich lass dich nie wieder gehen«, schmeichelte Benjamin und stahl seiner Verlobten noch ein zärtliches Busserl. »Du machst mich glücklich, Schatzerl. So hab ich mein Lebtag noch net gefühlt.«
»Das will ich aber auch hoffen«, neckte sie ihn und lachte, als er sie verdutzt anschaute.
»Mein kleiner Schelm«, nannte er sie da in gleicher Manier. »Du magst mich wohl net ernstnehmen. Da hock ich mit meinen Liebesschwüren, und du lachst nur.«
»Ich mag heut eben net ernst sein. Es ist so ein schöner Abend. Den wollen wir einfach genießen und net so tiefsinnig werden, versprochen?«
»Ganz wie du willst. Ich hoff nur, der Gedanke an unsere Hochzeit gefällt dir ebenso gut wie mir.« Er musterte sie so forschend, dass sie versicherte: »Freilich. Ich find nur die vielen Vorbereitungen für das Fest ein bisserl nervig. Eine ganz normale Feier hätte es doch auch getan. Aber die Mütter übertreffen sich mittlerweile gegenseitig mit ihren ausgefallenen Ideen. Die Mama hat mir heut beim Frühstück aufgetragen, dich nach dem Hochzeitsmenü zu fragen. Sie macht sich Sorgen wegen des komischen Nachtischs …«
»Du meinst das Soufflé mit der Crème brûlée?«
Moni verdrehte seufzend die Augen. »Ich sollte es mir merken können, aber mein Hirnkasterl weigert sich.«
Benjamin lachte. »Ich bin auch net für diesen ganzen Schnickschnack, das weißt du schon. Aber wenn es den Müttern Freude macht, spielen wir halt mit. Und was den Nachtisch angeht, unser Koch hat ihn nach mehreren Versuchen hingekriegt, das kannst du deiner Mama sagen.«
»Sie wird beglückt sein«, scherzte Moni, und sie lachten beide.
In der Zwischenzeit war es dunkel geworden. Die Mondsichel stand nun über dem karstigen Gipfel des Suttensteins, ungezählte Sterne flimmerten am klaren Frühlingshimmel. Es war ein Abend wie gemacht für Verliebte.
»Wir sollten uns allmählich auf den Heimweg machen, sonst verlaufen wir uns noch«, frotzelte Moni.
Benjamin seufzte. »Unsere gemeinsame Zeit vergeht allerweil wie im Flug. Kommst noch auf einen Sprung mit zu uns? Ich mag dich noch net hergeben.«
»Auf einen Sprung schon, aber ich bin rechtschaffen müd. Und morgen muss ich ein bisserl früher aufstehen, damit ich meine Arbeit geschafft hab, bevor ich zur Oma fahre.«
»Du besuchst sie recht oft, deine Großmutter.«
Sie standen auf und schlenderten Hand in Hand zurück zur Seepromenade. Moni nickte. Für sie war das selbstverständlich, aber sie wusste auch, dass in der Familie Wendler keine solche herrschte, so wie sie es von daheim gewohnt war.
Sepp Wendler hatte sich nie mit seinem Vater verstanden und war erleichtert gewesen, als dieser sich entschlossen hatte, seinen Ruhestand im sonnigen Süden zu verbringen. Benjamin hatte kein richtiges Verhältnis zum strengen Großvater entwickeln können, der wohl auch kein wirkliches Interesse an dem Buben gezeigt hatte. Moni fand das schade, sie gab viel auf die familiären Bande und konnte sich ihr Leben ohne die geliebte Großmutter überhaupt nicht vorstellen.
»Ich bin gern bei der Oma auf dem Berghof«, gab sie zu. »Komm doch morgen einfach mal mit! Dann kannst du sie gleich davon überzeugen, dass du dich gebessert hast und einen wunderbaren Ehemann abgeben wirst.«
Benjamin stutzte. »Bin ich bei deiner Oma denn schlecht angeschrieben?«
»Das net. Sie weiß nur, dass du ein Wendler bist. Und sie ist der Meinung, dass euch net über den Weg zu trauen ist.«
»Und worauf stützt sich diese Meinung?«, forschte er weiter.
Moni lächelte vielsagend. »Dein Großvater war ein rechter Weiberheld. Und dein Vater hat in der Jugend ebenfalls nix anbrennen lassen. Ja mei, und über deine Vergangenheit müssen wir wohl net reden, oder?«
Der Bursche seufzte. »Deine Oma kennt sich erschreckend gut aus in unserer Familiengeschichte.«
»Du kannst ihr beweisen, dass du mit der Tradition gebrochen hast«, schlug Moni vor, während Benjamin ihr die Tür zum Hotel aufhielt. An der Rezeption saß bereits der Nachtportier, der die jungen Leute freundlich grüßte.
»Ich komm gern mal mit auf den Berghof, nur morgen kann ich net weg. Die erste Reisegruppe für diese Saison kommt an, das ist allerweil ein rechter Aufstand, da wird jede Hand gebraucht. Und der Vater sieht es net gern, wenn sich einer davor drückt.«
»Also schön, dann ein andermal.«
»Bist du bös?« Er vertrat ihr den Weg. »Wenn du bös auf mich bist, hab ich für morgen eine Entschuldigung und komme mit. Ich will nämlich net, dass es eine Missstimmung zwischen uns gibt.«
»Schmarren. Ich bin net bös. Außerdem besuche ich meine Oma oft. Da wird sich gewiss noch die eine oder andere Gelegenheit ergeben, dass du mitkommst.«
Benjamin seufzte. »Also kein Notfall, der mich zwingt, dem morgigen Ansturm auszuweichen?«
»Ach, so war das gemeint.« Moni lachte. »Tu du nur deine Arbeit! Die weiblichen Reisenden werden auf deinen Charme gewiss net verzichten wollen.«
»Was war denn das? Eine Anspielung?«
Sepp Wendler hatte die Jungen gehört und kam nun aus der guten Stube, um Moni zu begrüßen. Sogleich belegte er seine zukünftige Schwiegertochter mit Beschlag. Er war stets sehr darauf bedacht, dass Moni sich bei ihnen wohl und schon ganz daheim fühlte.
So blieb das Madel doch noch eine Weile, trank ein Glas Wein und unterhielt sich angeregt. Als Benjamin seine Liebste dann heimbrachte, war er ungewöhnlich still und ernst.
An der Gartenpforte fragte er Moni: »Meinst, ich flirte zu viel mit den weiblichen Gästen? Das wäre mir leid.«
Der Gedanke war ihm offenbar die ganze Zeit durch den Sinn gegangen, während das Madel seine Anspielung längst vergessen hatte. Moni war gerührt.
»Mach dir halt net so viele Gedanken, Ben! Ich weiß ja, dass du mich lieb hast und mir treu bist. Ich vertrau dir.«
»Das wollte ich nur hören.« Er stahl ihr ein Abschiedsbusserl, dann lachte er ihr jungenhaft zu und stellte fest, während er davoneilte: »Was bin ich doch für ein Glückspilz!«
Moni schaute ihm lächelnd hinterher, dann ging sie ins Haus.
***
Der Weg nach Oberleiten war nicht lang. Am nächsten Tag setzte Moni sich in ihr kleines Auto und folgte der Landstraße, die an Suttenstein, Rotkopf und Schinder vorbeiführte, dann eine Kurve beschrieb, als sie Tanneck erreichte, und schließlich nach Oberleiten führte. Die Fahrt dauerte nur gut zwanzig Minuten.
Als das Madel sein Ziel erreichte, schlug es vom Turm der Kirche Sankt Sixtus eben dreimal. Moni hatte sich gesputet, denn sie wollte so viel Zeit wie irgend möglich auf dem Berghof verbringen. Schon als kleines Madel war sie oft bei den Großeltern gewesen, war durch die Natur gestromert, hatte mit dem Großvater Bergwanderungen gemacht und der Großmutter bei allen Arbeiten in Haus und Garten über die Schulter geschaut.
Freilich hatte Moni sich schon damals besonders für die Kräuterkunde interessiert und immer genau wissen wollen, wozu welches Kraut gut war. Sie war die emsigste und gelehrigste Schülerin der Oma gewesen. Bei diesem Gedanken musste Moni lächeln. Wenn sie daran dachte, wie geduldig diese all ihre neugierigen Fragen beantwortet hatte …
Im Dorf bog das Madel auf eine schmale Straße ab, die bergan führte. Nach ein paar Minuten tauchte dann der Berghof vor ihr auf. Gepflegt und imposant stand er da inmitten der majestätischen Bergwelt, als wäre dies schon immer so gewesen. Und für Moni war es auch so. Sie konnte es sich nicht anders denken.
Das dreistöckige Gebäude mit den umlaufenden Holzbalkonen und dem mächtigen Dach, auf dem die breiten Holzbohlen im Winter den Schnee fingen, bevor er zur Dachlawine werden konnte, war dem Madel so vertraut wie sein eigenes Daheim.
Vor dem Haus fand sich eine imposante Bergkiefer. Ihr frisch grüner Austrieb duftete aromatisch. Der Großvater selig hatte den großen Hausbaum des Öfteren fällen wollen, denn er nahm einfach viel Platz weg und beschattete einen Teil des Hauses. Veronika hatte davon aber nichts wissen wollen.
Bergkiefern lieferten so viele heilkräftige Zutaten, dass sie ihn kurzerhand zu ihrem Lieblingsbaum ernannt und sozusagen unter Schutz gestellt hatte. So durfte er auch heute noch seine mächtigen Zweige schützend über den Berghof breiten.
Das Madel stellte sein Auto ab und lief hinüber zum Haus. Moni musste nicht am Klingelstrang ziehen, die Haustür stand einladend offen. Als sie die Küche betrat, werkelte dort die Hauserin Zilli. Die altgediente Kraft begrüßte das Madel freundlich und bot ihm sogleich einen frischen Kaffee an.
»Wo ist denn die Oma? Ist sie wieder draußen?«
Zilli lachte. »Bei dem schönen Wetter wirst du die Bäuerin net im Haus finden. Sie ist schon vor Sonnenaufgang aufgestanden und hat auf der oberen Bergwiese Kräuter gesammelt. Und jetzt werkelt sie im Garten.«
»Dann gib mir zwei Haferln Kaffee, ich überred die Oma, eine Pause zu machen«, schlug Moni vor.
Zilli hatte nichts dagegen. Zum Kaffee gesellten sich noch zwei Stücke Hefezopf, alles praktisch verstaut auf einem genügend großen Tablett. Die Hauserin öffnete Moni die hintere Tür, die aus der Küche direkt in den Garten führte. Das Madel musste sich erst einmal umschauen, denn hier grünte und blühte es bereits in aller Üppigkeit. Veronika Angermaier verfügte im wahrsten Sinne des Wortes über den grünen Daumen.
Moni balancierte ihr Tablett zwischen Haselnusssträuchern, Holunder und Kernobst hindurch zu den Kräuterbeeten im hinteren Teil des Gartens. Äpfel, Birnen und Kirschen hatten ihre weißen Blütensterne geöffnet, ein süßer Duft lag in der Luft und das fleißige Summen und Brummen der Insekten. Meisen zwitscherten munter, während sie ihre Nester bauten. Eine Amsel hockte auf dem Brunnen und schaute Moni neugierig entgegen. Erst als diese ihr zu nah kam, stob sie zeternd davon.
Veronika hatte ihre Enkelin schon gesehen und winkte sie zu sich. Die Berghofbäuerin zog die dicken Arbeitshandschuhe aus, mit denen sie ein Beet von übermäßigem Brennnesselwuchs befreit hatte, nahm Moni das Tablett ab und schloss ihre Enkelin liebevoll in die Arme.
»Schön, dass du da bist, Tschapperl«, sagte sie und strich dem Madel über das glänzende Haar.
Veronika sah ihrer Enkelin sehr ähnlich. Die ebenmäßigen Züge, die klaren, blauen Augen, all dies bezeugte eine enge Verwandtschaft. Aber auch die vertraute Art und Weise, wie die beiden miteinander umgingen, sprach für sich. Die Berghofbäuerin hielt sich gerade, und sie strahlte eine Frische und Spannkraft aus, die Moni sich nur wünschen konnte, wenn sie einst in ihrem Alter war.
»Du bist ja schon wieder fleißig, Oma«, stellte das Madel fest. »Jetzt machst aber eine Pause, und wir unterhalten uns ein bisserl, einverstanden?«
Veronika lächelte. Die vielen Lachfältchen um ihre Augen machten sie sehr sympathisch. »Ich hab nix dagegen.«
Sie ließen sich am Brunnen nieder, wo eine Sitzgruppe stand. Die Großmutter wusch sich im klaren Bergwasser die Hände, dann griff sie gerne zu und ließ sich den Hefezopf schmecken.
»Die Zilli ist eine gute Zuckerbäckerin«, lobte sie dabei. »Mir geht das ein bisserl ab. Ehrlich gesagt bin ich froh, dass sie mir die meiste Hausarbeit abnimmt.«
»Und der Matthias? Bist du mit ihm auch zufrieden?«
Matthias Brand war der Verwalter des Berghofes. Nach dem Tod ihres Mannes hatte Veronika ihn eingestellt, damit sie sich ganz ihrer Kräuterheilkunde widmen konnte. Er ging auf die fünfzig zu und hatte sich kaum noch Chancen auf eine neue Arbeitsstelle ausgerechnet, nachdem sein früherer Chef Pleite gemacht hatte. Veronika hatte ihm gern eine Chance gegeben, denn sie besaß eine gute Menschenkenntnis und hatte ihn sogleich als ehrlich und fleißig eingeschätzt. Und sie hatte sich nicht geirrt.
»Seit er den Hof führt, stehen wir besser denn je da. Er hat wirklich ein Händchen fürs Geschäftliche. Und er ist ein verträglicher, netter Mensch. Ich bin froh, ihn hier zu haben.«
»Das freut mich.« Moni blickte auf, als sich ihnen Schritte näherten. Sie dachte an Zilli, aber es war ein junger Mann, der nun neben ihr stehen blieb und ihr die Hand hinstreckte.
»Moni, das ist unser neuer Doktor, der Max Gruber«, stellte Veronika den Landarzt vor. »Max, meine Enkelin Moni.«
Sie reichten sich die Hände, und Moni erwiderte das Lächeln, das Max Gruber ihr schenkte. Sie stellte fest, dass der Mediziner ein fesches Mannsbild war, groß und sportlich, mit dichtem, dunklem Haar und klugen, grauen Augen, die in dem markanten Gesicht bestachen. Er war ihr auf Anhieb sympathisch.
Und ihm schien es nicht anders zu ergehen, denn sein Blick ruhte mit sichtlichem Wohlwollen auf ihr.
»Ich freu mich, dass ihr euch mal kennenlernt«, erklärte Veronika und wandte sich dann an Moni. »Der Max ist ein kluger Kopf. Du weißt ja, wie viel Ärger ich allerweil mit seinem Vorgänger hatte.« Sie seufzte. »Manche Menschen sind nun leider Gottes recht beschränkt und lehnen alles, was außerhalb vom Tellerrand liegt, gleich ab. Der Max ist da anders.«
»Ihr habt euch wohl gleich verstanden«, vermutete Moni.
»Ihre Großmutter ist eine sehr weise Frau«, lobte Dr. Gruber. »Ich habe viel von ihr gelernt und werde das Gefühl net los, dass dies noch längst net alles ist.«
Die Berghofbäuerin lächelte geschmeichelt. »Nur net tiefstapeln, Max! Du bist ein guter Mediziner. Überall singen die Leut nur Lobeshymnen, wenn dein Name fällt.«
»Ihr seid also ein Team«, stellte das Madel fest.
Max Gruber nickte. »Ich denk, das kann man so sagen. Und das bringt mich auch auf dem Grund meines Besuches. Ich brauch noch eine Flasche von der Arnikatinktur, Veronika. Nirgendwo sonst kriegt man sie in der Qualität, wie du sie herstellst. Ich bin nämlich gerade dabei, meine Hausbesuche zu machen. Und der Preißler-Bauer schwört auf dieses Mittel.«
»Komm nur mit, ich hol gleich ein Flascherl«, bat Veronika.
Max Gruber war einverstanden. Er verabschiedete sich freundlich von Moni und folgte der Berghofbäuerin dann in ihre Vorratskammer. Hier gab es mehrere Regale mit allem Guten, was die Natur der Bergwelt zu bieten hatte. Veronika hatte das Gewünschte rasch gefunden, ließ Dr. Gruber aber nicht gehen, ohne ihn zum Nachtmahl einzuladen.
»Die Moni wird dann auch noch da sein«, lockte sie, denn ihr war nicht entgangen, dass zwischen den beiden jungen Menschen eine spontane Sympathie entstanden war.
»Ich komm gern«, sagte Max. »Deine Enkelin ist nett.«
»Das will ich meinen. Sie kommt nach mir«, scherzte Veronika, dann verabschiedete sie sich von dem jungen Landarzt. Nachdem dieser abgefahren war, kehrte sie zu Moni zurück.
»Er ist nett«, stellte das Madel fest.
»Das hat er gerade von dir gesagt. Schaut aus, als ob ihr zwei euch gut versteht. Du musst übrigens zum Nachtmahl bleiben. Ich hab ihn eingeladen und ihm versprochen, dass du auch da bist.«
»Aber, Oma, du wirst doch net kuppeln wollen? Hast du denn vergessen, dass ich bald heirate?«
»Leider net. Und ich muss zugeben, ich kann mich mit dem Gedanken noch immer nicht recht anfreunden. Ein Wendler bleibt ein Wendler. Auch wenn man einem Wildkatzerl Socken anzieht, die Krallen drunter bleiben …«
»Ich bitt dich, der Vergleich hinkt nun wirklich. Und wenn du willst, dass ich zum Nachtmahl bleibe, dann wechseln wir jetzt lieber das Thema. Erzähl mir was vom Dr. Gruber.«
»Also gut. Er ist seit einem Vierteljahr hier in Oberleiten. Als er ankam, war seine Frau Ingrid dabei. Ein aufgeputztes Ding, net nach meinem Geschmack. Es dauerte nur ein paar Wochen, dann ist sie ihm auf und davon. Das Landleben war ihr zu fad.«
»Wie schrecklich! Der arme Max!«
»Ja, er leidet noch immer unter der Trennung. Sie hatte wohl schon ein Gspusi, als sie noch in der Stadt gelebt haben. Das hat der Max aber erst hier erfahren. Er war der Meinung, dass seine Ehe glücklich wäre. Den Schock kannst du dir vorstellen. Nun mag er von der Liebe nix mehr wissen.«
»Das kann ich verstehen. Wenn mir so was passieren tät, wollte ich von der Liebe gewiss auch nix mehr wissen.«
Moni konnte nicht ahnen, wie bald dies geschehen sollte …
***
»Deine Oma ist die Beste.« Stefanie ließ sich mit einem zufriedenen Lächeln an der Eckbank nieder und begann, Bohnen zu schneiden. »Diese Salbe hat bei mir wahre Wunder bewirkt. Sag ihr Danke, wenn du sie das nächste Mal besuchst!«
»Die Oma will keinen Dank. Sie ist zufrieden, wenn es den Leuten durch ihre Mittel besser geht«, wusste Moni, die Erdäpfel schälte.
»Und wie ist der neue Doktor von Oberleiten?«
Das Madel hob die Schultern und meinte gleichmütig: »Nett.«
Stefanie tauschte einen vielsagenden Blick mit Katharina. Die Altbäuerin wollte wissen: »Hat er denn gar keinen Eindruck auf dich gemacht? Alle weiblichen Wesen in seinem Umkreis schwärmen von ihm. Und als Mediziner soll er auch sehr tüchtig sein.«
Moni lächelte angedeutet. »Die Oma sagt, er ist ein guter Arzt. Ich hab mich neulich beim Nachtmahl nett mit ihm unterhalten. Das ist alles.«
»Du schaust wohl keinen anderen mehr an. Dein Ben kann stolz auf sich sein«, stichelte Stefanie.
»Ich werde bald heiraten. Was gehen mich da andere Mannsbilder an?«, fragte Moni verständnislos. »Oder seid ihr vielleicht der gleichen Meinung wie die Oma, dass der Ben mir in der Ehe net treu sein wird?«
»Reg dich net auf! Man wird ja wohl noch ein Scherzerl machen dürfen«, entgegnete Stefanie begütigend.
»In der Beziehung bin ich empfindlich, tut mir leid«, gab Moni zu. »Ihr wisst, wie wichtig Treue für mich ist. Wenn ich dem Ben in der Beziehung nimmer vertrauen könnte, wäre alles aus.«
»Darüber musst dich net sorgen«, versicherte Katharina ihrer Tochter. »Soll ich nachher mitkommen zur Schneiderin? Du hast doch heut die letzte Anprobe für dein Hochzeitsdirndl.«
Moni seufzte. »Das hätte ich fast vergessen.«
»Ja, die letzten Tage vor der Hochzeit sind immer hektisch«, meinte Stefanie. »Das ist ganz normal.«
»Du kannst gerne mitkommen, Mama. Ich bin noch ein bisserl unsicher, was den Schleier angeht.«
Die Altbäuerin nickte. »Das kriegen wir schon hin.«
Am Nachmittag fuhren Moni und ihre Mutter dann zur Schneiderin in Schliersee. Das traditionelle Hochzeitsdirndl, das für Moni angefertigt worden war, passte wie angegossen. Das Madel sah darin wie eine Prinzessin der Berge aus. Sowohl Katharina als auch die Schneiderin waren begeistert.
»Das Kränzel mit dem kurzen Schleier gefällt mir net«, stellte das Madel aber fest. »Es liegt so platt auf dem Kopf und schaut irgendwie unvorteilhaft aus.«
»Wir könnten das Kränzel auch in die Haare einarbeiten«, schlug die Schneiderin da vor. »Wenn Sie eine Hochsteckfrisur tragen möchten, wäre das kein Problem. Momenterl, ich hab da ein Foto, das können Sie sich mal anschauen.«
Die Schneiderin verschwand kurz, Moni seufzte. »Mei, Mama, der ganze Aufwand für einen Tag! Wir hätten ein einfaches weißes Kleid nehmen können. Das hätte Zeit und Geld gespart.«
»Tschapperl, man heiratet nur einmal im Leben. Es soll doch ein besonderer Tag werden. Und dazu gehört nun einmal auch ein besonderes Gewand«, erinnerte die Mutter sie geduldig.
»Also schön. Ich füg mich. Aber im Grunde ist das gar net mein Hochzeitsfest, weil ich mir das alles ganz anders vorgestellt hab. Ich hab das Gefühl, nur eine Werbeveranstaltung für den Sepp Wendler zu machen.« Das Madel bemerkte den bekümmerten Blick der Mutter und lenkte ein: »Du und die Gudrun, ihr habt euch sehr viel Mühe gegeben, das weiß ich schon zu schätzen. Und wahrscheinlich wird alles wunderbar. Ich hab nur Lampenfieber.«
Katharina lächelte ein wenig, da erschien die Schneiderin und brachte das Foto, mit dem Moni sich einverstanden zeigte.
»So machen wir es«, beschloss sie, um endlich die lästige Anprobe hinter sich zu bringen.
»Ich schau nachher beim Ben vorbei und sag ihm das mit dem Schleier«, entschied Moni auf der Heimfahrt. »Hoffentlich gefällt es ihm. Dann kann ich das auch abhaken.«
»Es wird ihm bestimmt gefallen. Ich glaub, alles an dir gefällt ihm«, versicherte die Mutter lächelnd.
Monis Laune besserte sich, als sie sich wenig später auf den Weg zum »Hotel Wendler« machte. Auch wenn ihr die unzähligen Details, die zu den Hochzeitsvorbereitungen dazugehörten, auf die Nerven gingen, wollte sie doch die Hauptsache nicht aus den Augen verlieren. Immerhin würde sie den Burschen heiraten, dem ihr Herz gehörte. Nur das zählte, alles andere waren Äußerlichkeiten. Und wenn es die Mütter glücklich machte, wollte sie damit einverstanden sein.
Als das Madel das Hotel betrat, unterhielt sich der Portier gerade mit einigen Gästen. Moni querte die Halle und steuerte auf Benjamins Bürotür zu, die nur angelehnt war. Sie hatte ihre Hand bereits gegen das Türblatt gelegt, als drinnen eine weibliche Stimme sagte: »So kannst du net mit mir umspringen. Ich hab auch Rechte. Ich lasse mich nicht einfach abschieben.«
Benjamin bat begütigend: »Sei halt friedlich, Leni! Es hat keinen Sinn, wenn du da einen Aufstand machst. Das ändert nix an den Tatsachen. Ich werde in ein paar Tagen heiraten. Und du bist net die glückliche Braut, mach dir das mal klar!«
Moni verharrte mitten in der Bewegung. Was hatte das zu bedeuten? Wer war diese Leni? Und warum sprach Benjamin dermaßen vertraulich mit ihr?
Das Madel drinnen trumpfte auf: »So einfach ist das net. Ich steh in der Hoffnung! Du bist der Vater meines Kindes. Das heißt, ich habe schon gewisse Rechte.«
Moni schloss kurz die Augen, denn ihr wurde plötzlich übel, alles schien sich um sie herum zu drehen. Was hatte das Madel behauptet? Benjamin sei der Vater ihres Kindes? Aber das war doch einfach … unmöglich! Oder?
Mit wild pochendem Herzen lauschte das Madel weiter, obwohl es das eigentlich gar nicht wollte. Tief in Moni stieg bereits die Ahnung auf, dass dies das Ende einer Illusion, einer Liebe war. Dass Ben ihr eben doch nicht treu gewesen war, sondern …
»Das behauptest du . Aber wer sagt mir, dass ich wirklich der Kindsvater bin? Gab es da net auch noch andere?« Seine Stimme klang kalt, anzüglich und gemein. So kannte Moni ihren Verlobten nicht. Sie meinte, einen Fremden auf der anderen Seite der Tür reden zu hören. Und eigentlich wäre ihr das auch lieber gewesen!
Ein klatschendes Geräusch markierte eine Watschen. Dann fing das Madel, das Benjamin Leni nannte, an zu weinen.
»Nimm dich zusammen!«, herrschte er sie grob an. »Ich zahl dich aus. Aber du musst verschwinden. Ich geb die Moni niemals auf. Sie ist das Madel, das ich lieb hab und heiraten werde, begreif das endlich und hör auf, dir falsche Hoffnungen zu machen!«
»Die hast du mir gemacht«, beschwerte Leni sich bitter. »Und net nur mir! Ich weiß, dass du auch mit der Birgit und der Immi was hast. Du Schuft, du gemeiner! Am liebsten tät ich deiner sauberen Braut die Augen über dich öffnen. Das wäre die richtige Strafe für dich!«
»Nimmer nötig!« Moni wusste später nicht mehr, woher sie die Kraft genommen hatte, die Tür aufzustoßen und ins Zimmer zu treten. Das alles geschah automatisch, fast wie in einem Traum.
Benjamin wurde kreidebleich. Er starrte seine Verlobte an wie einen Geist, während Leni, ein Stubenmadel, rasch verschwand.
»Moni, wo kommst denn du her?«, fragte der Bursche schließlich lahm. »Ich …«
»Verlobte haben manchmal die Angewohnheit auch ohne Anmeldung zu erscheinen«, versetzte sie, während ihre Stimme vor Empörung kippte. »Wie konntest du mir das nur antun, Ben? Ich hab dir vertraut. Ich hab geglaubt, dass du mir treu bist. Und du hast nix anderes im Sinn, als hinter meinem Rücken gleich mehrere Gspusis zu unterhalten. Du gemeiner Kerl!« Sie versetzte ihm links und rechts eine Watschen, die sich gewaschen hatte, dann machte sie auf dem Absatz kehrt und stürmte aus dem Büro.
Benjamin brauchte einen Moment, um reagieren zu können. Als er Moni folgte, hatte die bereits das Hotel verlassen und rannte über die Seepromenade davon. Der Bursche nahm die Beine in die Hand und schnitt seiner Liebsten den Weg ab. Noch ehe Moni heimkam, hatte er sie eingeholt und hielt sie am Arm fest.
Das Madel schrie und wehrte sich. Böse Verwünschungen musste Benjamin über sich ergehen lassen, doch er gab Moni nicht frei. Schließlich wurde sie ruhiger. Aber als er sie losließ, kassierte er gleich noch eine Watschen. Sie funkelte ihn an wie eine Wildkatze und warnte ihn: »Komm mir net zu nah! Ich will dich nie wiedersehen, du Lügner!«
»Jetzt hör mir doch mal zu!«, bat er da besänftigend. »Es ist alles ganz anders, als du denkst. Zwischen der Leni und mir war mal was, das geb ich auch zu. Aber das war, bevor wir uns verlobt haben. Bitte, Moni, glaub mir! Ich hab dich niemals betrogen. Die Leni, das ist sozusagen eine Altlast aus meiner bewegten Vergangenheit!«
Sie musterte ihn argwöhnisch. »Ich glaub dir kein Wort.« Damit rannte sie davon und war gleich darauf im Haus verschwunden.
Benjamin fluchte leise. Im Moment, das wurde ihm nun klar, konnte er nichts tun, um die Lage zu entschärfen. Das Beste würde sein, er ging heim und dachte in aller Ruhe darüber nach, wie er Moni versöhnen konnte. Vielleicht hatte sein Vater ja auch eine Idee. Wenn er ihm die Sache mit Leni nur richtig verkaufte, war dieser gewiss auf seiner Seite. Schließlich wollte er Moni unbedingt zur Schwiegertochter. Und wenn die Gemüter sich beruhigt hatten, würde alles wieder ins Lot kommen.
Zuvor musste er allerdings Leni loswerden, damit diese ihm nicht doch noch einen Strich durch die Rechnung machte.
Die Hochzeit mit Moni Angermaier musste stattfinden. Nicht nur, weil er Moni lieb hatte, sondern und vor allem, weil sein Vater es so wollte. Platzte der Traum, war Benjamin bei dem Alten unten durch. Das durfte nicht passieren. Denn Sepp Wendler hatte eine sehr drastische Art, seinen Unmut über das Versagen seines Sohnes zu zeigen. Er würde Benjamin für den Rest seines Lebens als Schuhabstreifer benutzen.
***
Wie erwartet, tobte Sepp Wendler, als er erfuhr, was passiert war. Er brüllte seinen Sohn hemmungslos an, nannte ihn einen Deppen und Versager und drohte damit, ihn zu enterben. Das war sozusagen das Standardprogramm, wenn Benjamin sich etwas hatte zuschulden kommen lassen. In diesem Fall ging es aber noch weiter, denn der Alte ärgerte sich von Herzen.
»Was hast du also vor? Wie willst du die Moni versöhnen? Dir ist doch wohl klar, dass wir die Hochzeit nimmer absagen können. In drei Tagen ist es schon so weit …«
»Ich hab ihr schon gesagt, dass die Leni eine alte Flamme von mir ist. Und dabei bleibe ich auch. Seit wir uns verlobt haben, die Moni und ich, bin ich ihr treu gewesen, das schwöre ich!«
»Meineid ist eine Sünde, für die man in die Hölle kommt«, knurrte der Hotelier, dann packte er seinen Sohn am Schlafittchen und herrschte ihn an: »Die Wahrheit sagst mir, auf der Stell! Ich frag nur einmal: Hast du deiner Verlobten gegenüber ein reines Gewissen? Stimmt es, dass du ihr treu gewesen bist? Jetzt keine Ausflüchte! Ich verlange, dass du mir offen und ehrlich antwortest. Also?«
Benjamin schluckte. »Ich … ja, also …«
Sepp Wendler ließ seinen Sohn los und schüttelte verächtlich den Kopf. »Das hätte ich mir ja denken können. Du Depp, du damischer! Ich hab’s doch gewusst, dass du alles kaputtmachen würdest. Weil du dich net beherrschen kannst! Aber eines sag ich dir: Die Suppe hast du dir selbst eingebrockt, die wirst du auch ganz allein auslöffeln. Ich helf dir net dabei, die Moni zu belügen.
Lass dir was einfallen, damit sie auf eine Versöhnung eingeht. Aber ich warn dich: Die Hochzeit hat in drei Tagen stattzufinden, egal, wie du das anstellst. Wenn net, dann kannst du mich mal von einer ganz anderen Seite kennenlernen!«
Benjamin nahm sich die Warnungen seines Vaters durchaus zu Herzen. Und da der Alte ihn diesmal im Regen stehen ließ, musste er wohl oder übel allein versuchen, die Scharte wieder auszuwetzen. Er fing damit an, Moni gleich am nächsten Morgen mit einem verschwenderischen Bouquet tiefroter Rosen zu überraschen. Ein Bote gab sie auf dem Sonnenhof ab. Und auf der Karte stand theatralisch: Verzeih mir!
Moni würdigte die Blumen keines Blickes, ebenso wenig wie Benjamin, der am Nachmittag vorbeischaute.
Georg Angermaier nahm den jungen Mann beiseite und unterzog ihn einem strengen Verhör. Danach war er der Meinung, dass Benjamin seinen Fehltritt ehrlich bereute, und riet ihm, mit Moni zu reden. Doch seine Tochter war nicht gewillt, ihrem Verlobten zuzuhören. So musste er unverrichteter Dinge abziehen.
»Vielleicht hättest du doch mit ihm reden sollen«, merkte Katharina am Abend an, als Moni mit trübsinniger Miene in der Küche auf der Eckbank hockte und noch ein Haferl Kaffee trank. »Der Vater meint, dass Benjamin sehr zerknirscht und recht von Herzen unglücklich war.«
»Das kann ich mir denken.« Moni verzog abfällig den Mund. »Das dumme Hascherl, das er von vorne bis hinten beschwindelt hat, ist ihm auf die Schliche gekommen. Und das so kurz vor der Hochzeit. Wirklich ärgerlich, net wahr?«
»Moni …«
»Mei, Mama, ich komm mir so dumm vor!«, brach es da aus dem Madel hervor. »Alle haben mich vor Ben gewarnt. Ich hab net hören wollen, hab mich für schlauer gehalten.« Sie schnaubte verächtlich. »Jetzt kann ich fühlen.«
»Du solltest ihm wirklich die Gelegenheit geben, sich zu rechtfertigen. Ich finde, das wäre nur fair.«
»Ist er vielleicht fair zu mir? Ein Gspusi hat ihm net genügt, es müssen gleich drei sein. Und das Madel, das von ihm in der Hoffnung steht, was soll denn aus dem werden? Immerhin trägt sie Bens Kind unter dem Herzen. Das kann ich doch net einfach ignorieren und so tun, als wäre alles gut. Das kann kein Mensch von mir verlangen!«
»Gewiss verlangt das keiner«, versicherte die Mutter nachsichtig. »Du weißt, wir stehen hinter dir, Moni. Wenn du den Benjamin net heiraten magst, wird die Hochzeit abgesagt, das ist net das Thema. Aber du hast dich für ihn entschieden. Bis gestern hast du seine Frau werden wollen. Da geht man dann net einfach sang- und klanglos auseinander. Ihr müsst wenigstens miteinander reden.«
»Also schön«, seufzte das Madel bekümmert. »Aber ändern wird das auch nix. Was der Ben getan hat, das hat alles zwischen uns zerstört. Ich kann ihm nimmer vertrauen.«
Benjamin war sehr erleichtert, als Moni ihn am nächsten Tag anhören wollte. Er hatte ihr wieder einen Rosenstrauß verehrt, ihn diesmal selbst vorbeigebracht. Und er sank theatralisch auf die Knie, als er beteuerte: »Zwischen uns steht nur ein riesiges Missverständnis. Ich will alles tun, um das zu beseitigen. Du bist das Madel, dem mein Herz gehört, Moni. Niemals könnte ich mein Leben mit einer anderen verbringen, du allein bist für mich alles!«
»Steh auf und hör auf mit dem Schmarren!«, brummte das Madel da unwillig. »Eine Schau hast du hier lange genug abgezogen. Ich will jetzt die Wahrheit hören.«
»Freilich, alles, was du willst«, säuselte er geschmeidig.
»Was war zwischen dir und diesem Stubenmadel?«
»Die Leni ist eine alte Freundin, aus der Zeit, bevor wir zwei uns nähergekommen sind«, behauptete er dreist.
»Und wie kommt es dann, dass sie in der Hoffnung von dir steht? Sie schaut mir ein bisserl zu schlank aus, um hochschwanger zu sein.«
»Ich hab keine Ahnung, wer der Vater des Kindes ist. Ich komme dafür allerdings net infrage, denn seit wir zwei beisammen sind, hab ich keine andere mehr angeschaut. Das weißt du, Moni.«
»Das hast allerweil gesagt. Aber ob es stimmt …«
»Es ist die Wahrheit. Das schwöre ich!«
»Und diese beiden anderen Madeln, die Leni erwähnt hat? Was ist mit denen?«
»Die kenn ich kaum«, spielte er den Unschuldigen. »Die Leni war allerweil sehr eifersüchtig. Wenn ich nur mit einer anderen geredet hab, ist sie gleich misstrauisch geworden.«
»Sie scheint auch Grund dafür gehabt zu haben. Beim Reden hast du es ja selten belassen«, spöttelte sie.
»Bitte, Moni, vergiss das alles!«, beschwor Benjamin sie da. »Du hast gewusst, was ich für einen Ruf hab, als wir uns verlobt haben. Aber ich hab dir geschworen, dass damit Schluss ist, dass es nur noch eine für mich gibt, nämlich dich.« Er nahm ihre Rechte in seine und beteuerte: »Du bist die Liebe meines Lebens, Moni. Gib mir noch eine Chance, du sollst es net bereuen!«
Moni schaute den Burschen nachdenklich an. Er schien wirklich völlig am Boden zerstört zu sein. Seine Bemühungen, sich mit ihr zu versöhnen, ließen sie nicht kalt. Und sie musste nur in seine Augen sehen, um zu wissen, dass es ihm wichtig war, er es ehrlich meinte.
Befragte Moni ihr Herz, so blieb es nicht stumm. Sie hatte Benjamin noch immer lieb. Unter anderen Umständen wäre sie vielleicht über ihren Schatten gesprungen und hätte ihm tatsächlich noch eine Chance gegeben. Doch wenn sie daran dachte, welchen Ruf er in Fischhausen genoss, dann erschien ihr ein solches Einlenken töricht und falsch. Es war nur eine Frage der Zeit, bis das nächste heimliche Gspusi auftauchte, das ein Kind von ihm erwartete. Und Moni wollte dies nicht als hintergangene Ehefrau erleben. Das wirklich nicht!
»Nun, wollen wir uns ein Busserl geben und vergessen, was gewesen ist?«, drängte er sanft. Ihr Zögern machte ihm Hoffnung, er schien schon wieder obenauf zu sein. Denn ohne auf ihre Antwort zu warten, nahm er sie in den Arm und drückte ihr ein Busserl auf die weichen Lippen. Als sie seine Zärtlichkeit aber nicht erwiderte, stutzte er und gab sie frei.
»Es tut mir leid, Ben, ich kann dir net verzeihen«, erklärte sie mit ernster, trauriger Stimme.
»Aber wir haben uns doch lieb! Menschen machen Fehler, so was kommt vor, keiner ist perfekt. Auch du net!«
Sie lächelte müde. »Gewiss bin ich net perfekt. Sonst hätte ich mich niemals auf einen Hallodri wie dich eingelassen, sondern auf meine Oma gehört. Die hat mich nämlich davor gewarnt, dass Mannsbilder sich net wirklich ändern. Und genau das hab ich jetzt einsehen müssen.«
»Bitte, Moni, denk noch einmal über alles nach. Übermorgen wollen wir zwei vor den Altar treten, den Bund fürs Leben schließen. Ein wunderbares Leben, das verspreche ich dir. Alles will ich tun, um dich glücklich zu machen. Das kannst du doch net wegwerfen wegen so eines kleinen Ausrutschers. Die Leni wird Fischhausen verlassen, das hab ich schon geregelt. Nix kann dich dann noch an dieses dumme Missverständnis erinnern. Alles wird wieder perfekt für uns beide. Wir werden so glücklich, wie wir es gewesen sind, bevor dieser Schmarren passiert ist.«
»Du kannst sagen, was du willst, Ben, es nützt doch nix. Ich kann dir nimmer vertrauen, und das macht es sinnlos. Es tut mir leid, ich kann nimmer deine Frau werden. Wir müssen die Hochzeit absagen.«
»Die Hochzeit ist mir einerlei«, behauptete er da aalglatt. »Ich will nur dich. Ohne dich hat mein Leben seinen Sinn verloren. Bitte denk wenigstens noch einmal darüber nach! So können wir doch net auseinandergehen.«
»Das hättest du dir früher überlegen sollen, als du mit der Leni angebandelt hast. Jetzt ist es zu spät.«
»Ich geb aber net auf«, beharrte er da. »Ich werde dich noch umstimmen, warte nur ab …«
***
Dass Benjamin wirklich meinte, was er sagte, zeigte sich in den nun folgenden Tagen. Als sich abzeichnete, dass die Hochzeit nicht stattfinden würde, bekam sein Vater einen weiteren Wutanfall und redete danach nicht mehr mit seinem Sohn. Die Mutter beschränkte sich darauf, ihm vorwurfsvolle Blicke zuzuwerfen. Im Hause Wendler hing der Haussegen mehr als schief.
Auf dem Sonnenhof gab es zum Thema Hochzeit hingegen keine Diskussionen mehr. Nachdem Moni ihren Eltern ausführlich erklärt hatte, was sie bewegte, zeigten diese sich mit ihrer Entscheidung einverstanden.
Benjamin hingegen kämpfte weiter. Zu viel hing für ihn davon ab, dass er Moni zurückgewann. Jeden Tag schickte er ihr Blumen, schrieb ihr glühende Liebesbriefe und spickte diese zugleich mit versteckten Drohungen wie: Wenn Du mich nimmer willst, geh ich ins Wasser! Oder: Ohne dich hat doch alles keinen Sinn mehr, mein Leben ist vorbei .
Moni las die Briefe zwar, beantwortete sie aber nie. Je mehr Zeit verging, desto lästiger wurde ihr Benjamins drängendes Werben um ihre Gunst.
Ende Juni wurde Moni dann Tante. Stefanie brachte einen gesunden Buben zur Welt, der sogleich zum Sonnenschein auf dem Erbhof avancierte und sich in aller Herzen stahl. Katharina hatte einen Narren an ihrem Enkel gefressen, ebenso Georg. Und Tobias war ganz der stolze Papa, der sich nicht sattsehen konnte an seinem Nachwuchs. Auch Moni schloss ihren kleinen Neffen ins Herz. Und als Veronika vorbeikam, um das neue Familienmitglied in Augenschein zu nehmen, eroberte der Kleine auch sie sofort.
Die Großmutter registrierte jedoch, dass ihre Enkelin alles andere als glücklich war. In einer stillen Stunde nahm sie Moni beiseite und hörte sich deren Kummer an.
»Du brauchst einen Tapetenwechsel«, entschied sie dann. »Wenn du allerweil daheim hockst und grübelst, wird es nie besser.«
»Ach, Oma, ich bin so unglücklich!«, seufzte das Madel. »Ich wünschte, ich wäre dem Ben nie begegnet. Warum muss man sich auch verlieben? Bloß damit man enttäuscht wird? Gibt es denn kein Kräuterl gegen die Liebe?«
Veronika lächelte verständnisvoll. »Das haben sich gewiss schon viele Leut gewünscht, wenn der Liebeskummer sie erwischt hat. Aber so was gibt es leider net. Den muss man schon aushalten. Und irgendwann kommt dann der Rechte, der, bei dem alles stimmt.«
»Ich mag von der Liebe jedenfalls nix mehr wissen«, stellte Moni entschieden fest. »Nie wieder will ich einem Burschen vertrauen. Dann kann mir auch keiner mehr wehtun oder mich enttäuschen!«
»Wenn du nix wagst, kannst du auch net gewinnen. Und das wäre dann doch ein recht fades Dasein«, gab Veronika zu bedenken.
»Besser fad als unglücklich«, war Monis Meinung dazu.
»Nun gut, wir wollen nimmer darüber reden. Du musst deinen Liebeskummer überwinden, das dauert seine Zeit. Magst net zu mir auf den Berghof kommen? Jetzt im Sommer ist die beste Zeit, um die Kräuterheilkunde zu erlernen. Ich bring dir gern alles bei, was ich weiß. Das wird dich von deinem Kummer ablenken. Na, was sagst? Ist das keine gute Idee?«
»Du magst mich in deine Geheimnisse einweihen? Mei, Oma, das ist schon eine reizvolle Vorstellung. Denkst du denn, dass ich das auch alles kann?«
»Freilich. Du hast ein helles Kopferl. Und es wird Zeit, es für etwas Sinnvolles zu benutzen, statt dich mit Liebeskummer zu plagen.«
»Also schön, dann komme ich. Aber ich muss das erst mit den Eltern besprechen. Die Stefanie hat ja jetzt so viel mit ihrem Butzerl zu tun. Und wenn ich länger fort bin, dann brauchen wir vielleicht noch eine Küchenmagd, damit nix liegen bleibt. Bald kommt die Zeit der großen Ernte, da wird jede Hand gebraucht.«
»Deine Eltern werden Verständnis haben«, war Veronika überzeugt. Und sie sollte sich nicht geirrt haben, denn als Moni ihnen von ihrem Vorhaben erzählte, waren sie beide gleich einverstanden. Schließlich hatten sie täglich Monis blasses Gesicht mit dem traurigen Blick vor Augen und wussten, dass ihre Tochter dringend eine Aufmunterung brauchte.
»Die Oma will mich in ihre Kräuterkunde einweihen. Mei, darauf freu ich mich schon«, meinte das Madel eifrig. »Aber ihr dürft dem Ben net sagen, wo ich bin. Ich will nicht, dass er ständig auf dem Berghof aufkreuzt.«
»Er kann net einsehen, dass du ihn nimmer willst«, sinnierte der Vater. »Es scheint ihm doch ernst gewesen zu sein.«
»Dann hätte er sein Versprechen halten müssen«, erinnerte Katharina ihren Mann. »Man kann im Leben net alles haben.«
Moni packte also ihre Sachen und fuhr am nächsten Tag zusammen mit der Großmutter zum Berghof. Ihr eigenes Auto blieb daheim in der Remise, und als Benjamin ein paar Tage später auf dem Sonnenhof vorbeischaute, wollte er nicht glauben, dass Moni fortgefahren war.
»Ihr Auto steht doch da. Sie muss daheim sein«, beharrte er und musterte Tobias finster. »Lass mich zu ihr! Ich hab ihr etwas sehr Wichtiges zu sagen.«
»Geh halt hinauf in ihre Kammer«, riet der Jungbauer dem Burschen gelassen. »Dort wirst sehen, dass ich dich net beschwindelt hab.«
Benjamin ließ sich nicht lange bitten. Dann stand er aber ratlos in der leeren Kammer und starrte in den Schrank, der ausgeräumt war. Was hatte das zu bedeuten? Offenbar hatte Tobias ihm doch die Wahrheit gesagt. Dass er aber nicht wusste, wo seine Schwester sich aufhielt, nahm Benjamin ihm nicht ab.
Der Bursche hatte wieder einmal eine Auseinandersetzung mit seinem Vater hinter sich, und es erschien ihm dringender denn je, bei Moni wieder Land gutzumachen. Seit der geplatzten Hochzeit war Benjamin tatsächlich zum besseren Fußabstreifer seines Vaters geworden. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit brüllte der Alte ihn an und machte ihn vor dem Personal zur Schnecke.
Zudem hatte Benjamin Ärger mit seinen heimlichen Gspusis, die sich offenbar gegen ihn verbündet hatten und nun ebenfalls darauf aus waren, ihm das Leben schwerzumachen.
Der Bursche meinte, all diesen Ärger auf einen Schlag loswerden zu können, wenn er es nur schaffte, sich endlich wieder mit Moni zu versöhnen.
Benjamin seufzte. Er wollte sein angenehmes Leben zurück! Die Zeit, als Moni ihm blind vertraut hatte und er tun und lassen konnte, was ihm gefiel, vermisste er schmerzlich. Aber er wollte alles dafür tun, dass es wieder so wurde wie vor der Trennung. Wie wenig wahrscheinlich dies war, schien ihm einerlei zu sein. Er hatte nur sein Ziel vor Augen. Und darauf steuerte er zu, ohne Rücksicht auf Verluste.
Als Benjamin die Stiege herunter kam, begegnete er Stefanie. Sie maß ihn überrascht. Noch ehe sie etwas sagen oder fragen konnte, bat er: »Verrat mir, wo die Moni ist! Ich muss ganz dringend mit ihr reden. Es geht dabei um unser beider Glück!«
Die Jungbäuerin lächelte schmal. »Du hast es in den letzten Wochen net geschafft, sie wieder einzuseifen. Warum gibst du net endlich auf? Die Moni ist schlauer geworden. Sie hat dich durchschaut. Und rate mal, warum sie verreist ist!«
»Sie wollte sich vermutlich ein bisserl erholen.«
Stefanie lachte abfällig. »Stell dich doch net dumm! Sie wollte dich nimmer sehen. Du rennst ihr ja ohne Sinn und Verstand die Bude ein, obwohl dir längst klar sein müsste, dass du sie verloren hast. Die Moni will dich nimmer, finde dich endlich damit ab.«
»Das scheint dir ja sehr zu gefallen.«
Die Jungbäuerin hob die Schultern und gab zu: »Ich kann’s net leugnen. Dass die Moni dich heiraten wollte, hab ich nie verstehen können. Ein Hallodri wie du, der ändert sich doch nicht. Und du hast es ja selbst bewiesen, dass es so ist.«
Benjamin verzog unwillig den Mund. »Du sagst mir also net, wo die Moni ist?«
»Gewiss net. Aus mir kriegst du nix raus.«
»Dann eben net. Ich werde es auch so herausfinden«, knurrte er und eilte aus dem Haus.
Benjamin schwang sich seufzend in sein Auto und brauste mit einem Kavalierstart vom Sonnenhof.
»Wo bist du nur, Moni?«, murmelte er verbissen. Und dann kam ihm ganz plötzlich eine Idee …
***
Moni betrachtete das unscheinbare Kräutlein, das ihre Großmutter ihr gereicht hatte, und runzelte dabei die Stirn. »Und das soll gegen Zahnschmerzen, Verbrennungen, Magenbeschwerden, Sodbrennen und Herzrasen helfen? Ich weiß net, Oma, das erscheint mir beinahe unglaublich.«
»Johanniskraut ist eben besonders vielseitig einsetzbar. Aber all diese Anwendungen stecken net in einer Pflanze. Dazu muss man sie mit anderen kombinieren«, wusste Veronika. »Bei Magenbeschwerden kommen zum Beispiel noch Tausendgüldenkraut, Brennnesseln und Wermut hinzu.«
»Mei, das ist kompliziert. Und was stellen wir daraus her?«