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Falgot, Herrscher des Blutelfen-Reiches, trifft eine Entscheidung, denn seltsame Visionen quälen ihn und es zieht ihn in die Menschenwelt, obgleich er einst geschworen hat, diese nie wieder zu betreten. Es hat eine Weile gedauert, bis er die Wahl seiner Söhne Valentin und Milad akzeptiert hat, die beide Menschenfrauen lieben. Dabei hat er einst selbst der menschlichen Kriegerin Lavinia sein Herz geschenkt – eine Erinnerung, die zu sehr schmerzt.
Nun folgt er den Söhnen trotz aller Skepsis und begegnet der rätselhaften Noelle, die andersartig und im Menschenreich nicht glücklich ist. Tief verschüttete Gefühle kommen erneut ans Licht und dann überstürzen sich die Ereignisse! Und nicht nur Falgot muss eine furchtbare Feuerprobe bestehen und sich selbst überwinden. Gelingt es ihm? Und steht Noelle ihm bei oder wendet sie sich von ihm und seiner dunklen Seite ab?
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Asmodina Tear
Im Bann der Blutelfen
Band 3
Falgots Bestimmung
Ein Fantasy-Roman
Neuausgabe
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Steve Mayer, mit einem Motiv von Steve Mayer by eedebee (KI), 2024
Dieser Roman erschien ursprünglich unter dem Titel »Queen – Kampf der Blutelfen, Band 3«.
Korrektorat: Antje Ippensen
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
Die Handlungen dieser Geschichte ist frei erfunden sowie die Namen der Protagonisten und Firmen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht gewollt.
Alle Rechte vorbehalten
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Im Bann der Blutelfen, Band 3
Falgots Bestimmung
Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
Epilog
Falgot, Herrscher des Blutelfen-Reiches, trifft eine Entscheidung, denn seltsame Visionen quälen ihn und es zieht ihn in die Menschenwelt, obgleich er einst geschworen hat, diese nie wieder zu betreten. Es hat eine Weile gedauert, bis er die Wahl seiner Söhne Valentin und Milad akzeptiert hat, die beide Menschenfrauen lieben. Dabei hat er einst selbst der menschlichen Kriegerin Lavinia sein Herz geschenkt – eine Erinnerung, die zu sehr schmerzt.
Nun folgt er den Söhnen trotz aller Skepsis und begegnet der rätselhaften Noelle, die andersartig und im Menschenreich nicht glücklich ist. Tief verschüttete Gefühle kommen erneut ans Licht und dann überstürzen sich die Ereignisse! Und nicht nur Falgot muss eine furchtbare Feuerprobe bestehen und sich selbst überwinden. Gelingt es ihm? Und steht Noelle ihm bei oder wendet sie sich von ihm und seiner dunklen Seite ab?
***
Asmodina Tear
Die Stufen knarrten, als ihre nackten Füße sie berührten. Ein muffiger Geruch hing unter der Decke, den sie jedoch kaum wahrnahm. Ein Paar grüner Augen blickte sich argwöhnisch um, auch, als sie längst wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Irgendetwas stimmte hier nicht, das spürte sie ganz genau. Nicht zum ersten Mal zwang jenes Gefühl sie dazu, nachts das Bett zu verlassen und sich in dem alten Haus besonders gründlich umzuschauen. Dabei war es schwierig zu sagen, welche Geräusche tatsächlich von außen und welche von innen kamen. Schließlich gehörte es bei einem so alten Haus zur Normalität, dass das Holz knarrte oder der Wind pfiff. Gerade in solchen Nächten.
Ein Blick durch die staubigen Fenster des Wohnzimmers verriet, dass es relativ stürmisch war. Die Zweige jener alten Eiche, die seit sie denken konnte im Garten stand, bewegten sich so schnell, als würden sie einen wilden Tanz vollführen. Außerdem krochen einige zartblaue Nebelschwaden um die Stämme. Jenes war zwar sehr hübsch anzuschauen, stellte jedoch eine Seltenheit dar. Beide Wetterlagen zusammen gab es nicht häufig, was ihren Schrecken noch vergrößerte. Etwas ging hier nicht mit rechten Dingen zu.
Sie ging weiter durch das Wohnzimmer, selbst die leichten Schmerzen bei jedem Schritt hatten keine Bedeutung. Am Fenster blieb die junge Frau stehen und schaute hinaus. Bis auf den Sturm schien alles wie immer zu sein und als sie ihren Kopf gegen die Scheibe drückte, konnten ihre Augen in die Häuser auf der anderen Straßenseite schauen. Diese waren zwar sehr viel kleiner als ihr Heim, dennoch genügte es, zu erkennen, dass dort alles in Ordnung war. Tiefes Schwarz färbte die Fenster und höchstens die schattenhaften Umrisse von Pflanzen oder Ähnlichem zeichneten sich ab. Warum um alles in der Welt beschlich sie dann eine so rätselhafte Unruhe? Wurde sie am Ende doch …?
Mehr denn je war die junge Frau erleichtert darüber, dass sie zum einen alleine lebte und deswegen niemandem Rechenschaft ablegen musste und zum anderen, dass sie niemand beobachtete. Zumindest niemand Menschliches.
Zack. Ihre eigene Hand traf die eigene Stirn. Derartige Gedanken waren verboten und sollten gar nicht erst aufkommen. Kraftlos sank die junge Frau zu Boden. Ihr Rücken rieb an der Arbeitsplatte. Hatten die anderen Einwohner des Dorfes etwa doch recht? War sie verrückt oder, freundlicher ausgedrückt, psychisch krank? Diese mutmaßliche Erkenntnis jagte ihr einen Schauer über den Rücken und sie hätte am liebsten angefangen, bitterlich zu weinen.
Schon seit ihrer Kindheit tobten jene merkwürdigen, unerklärlichen Gefühle durch ihr Innerstes und sie zu beschreiben war genauso aussichtslos wie sie zu bekämpfen. Sie hatte es wirklich versucht, mit aller Gewalt und teilweise sogar mit dem Risiko, sich selbst zu verletzen. Ohne Erfolg. Sie blieben ein Teil von ihr und weigerten sich hartnäckig zu verschwinden.
Ein tiefer Seufzer sprang über ihre Lippen und sie strich die langen roten Haare aus dem Gesicht. Wenn es wenigstens nur diese Gefühle gewesen wären, dann hätte sie vielleicht irgendwann damit leben können, schließlich kannte sie es nicht anders. Aber es gab noch mehr und die Tatsache sorgte dafür, dass sie nicht aufhören konnte zu weinen.
Ihre geröteten Augen blickten nach draußen. Noch immer erklang kein Laut, selbst der Wind schwieg mittlerweile. Dennoch hatte sie das Gefühl, draußen würde jemand stehen und sie beobachten. Ein Wesen, nicht von dieser Welt und auch nicht in böser Absicht. ER war nicht hier, um ihr etwas anzutun, oder sie in irgendeiner Weise zu verletzen. Im Gegenteil, er wollte ihr zeigen, dass sie in ihrem Außenseiterdasein nicht alleine war, dass es irgendwo jemanden gab, der sie verstand.
Aber warum hatte sie dann solche Angst?
Verflucht, ich kriege keine Luft! Mit zitternden Händen hielt Noelle sich an der Tischkante fest, um wenigstens ein bisschen Halt zu bekommen.
Ihren Kopf hielt die junge Frau gesenkt, während sie verzweifelt nach Atem rang. Ihr schmales, leicht herzförmiges Gesicht färbte sich krebsrot und einige Sekunden lang hatte Noelle das Gefühl, tatsächlich zu ersticken. Ihre Hand legte sich auf ihren Brustkorb, welcher sich schmerzhaft zusammengezogen hatte. Endlich. Jenes beklemmende Gefühl ließ nach und frische Luft strömte in ihre Kehle.
Noelle atmete tief und erhob sich anschließend mit zitternden Gliedern. Das war gerade noch einmal gut gegangen. Zwar hieß es von wissenschaftlicher Seite immer, man könnte am Essen nicht ersticken, aber manchmal bezweifelte die junge Frau, dass dies der Wahrheit entsprach. Zumindest, wenn es nach ihrem Gefühl ging.
Das Frühstück war glücklicherweise nicht in Mitleidenschaft gezogen worden, was sie sehr erleichterte. Lediglich einige Falten in der cremefarbenen Tischdecke wiesen auf ihren Zusammenbruch hin und selbst der Kräutertee befand sich unberührt in der Tasse, als wäre nichts passiert. Noelle setzte sich auf den Korbstuhl. Auch ihr Brötchen war gerade einmal zur Hälfte gegessen, aber der Appetit war ihr vergangen.
Was um alles in der Welt hatte diesen Anfall ausgelöst? Auf diese Frage hatte sie keine Antwort. Schon seit ihrer Kindheit wurde Noelle von jenen mysteriösen Krankheitsschüben oder auch Anfällen heimgesucht, deren Ursache kein Mediziner hatte feststellen können. Auch ihre Selbstbeobachtungen liefen größtenteils ins Leere, jedoch hatte Noelle im Laufe der Zeit herausgefunden, dass emotionaler Stress sowie große Menschenansammlungen dafür verantwortlich waren. Aber wo um alles in der Welt …?
Plötzlich fiel Noelle es wie Schuppen von den Augen und ihre Schultern sanken leicht nach unten. Natürlich. Wie dumm. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit hatte sie an diesem Morgen ihre Brötchen frisch vom Bäcker geholt, anstatt sie, wie sonst, aus der Tiefkühltruhe zu nehmen und aufzubacken. Ein Fehler, wie sich jetzt herausstellte. Doch wie um alles in der Welt hätte Noelle das ahnen können. Nur knapp unterdrückte sie die Tränen und strich ihre flammend roten Haare aus dem Gesicht. Jene waren nur ein Grund, warum Noelle in ihrem Heimatdorf ein Außenseiter war.
Die Türglocke verkündete ihr Eintreten und wie auf ein Zeichen hin wandten sich alle Köpfe zu ihr. Noelle zog die Luft ein, so viel Aufmerksamkeit war ihr unangenehm, zumal diese nicht positiv war. Ein Blick in die fünf Augenpaare reichte aus, um das zu wissen.
»Wieso?«, fragte ein Teil von ihr verzweifelt.
Sie trug ganz normale, saubere Kleidung, auch die roten Haare waren gewaschen und zu einem ordentlichen Pferdeschwanz gebunden. Und sie wollte doch nur frische Brötchen kaufen, war das ein Verbrechen? Offensichtlich. Ihre Haltung versteifte sich und als Noelle versuchte, sich in die Reihe zu stellen, gingen die Leute unwillkürlich auf Abstand, als hätte sie eine ansteckende Krankheit. Außerdem steckten sie die Köpfe zusammen und fingen an zu tuscheln.
»Missgeburt«, »Hexe«, »… so etwas auf die Straße zu lassen«, mehr verstand Noelle nicht, doch es genügte, um ihr Herz ganz tief sinken zu lassen.
Niemals hätte sie gedacht, dass die Antipathie oder vielmehr der Hass der anderen Menschen so groß war. Vor allem konnte sie sich keinen Grund ausmalen. Ihr Aussehen? Möglich. Aber daran konnte weder sie selbst noch irgendjemand anders etwas ändern. Ihre Art? Wie konnten die Menschen das beurteilen? Keiner von ihnen hatte bisher ein Wort mit ihr gesprochen, nicht einmal einen Gruß. Noelles Haltung verkrampfte sich, als sie an der Reihe war.
»Zwei Brötchen mit Schokolade, bitte«, ihre Stimme klang schrecklich piepsig und unsicher.
Zwar gab die Verkäuferin ihr das Gewünschte, machte sich jedoch nicht die Mühe, ihren Widerwillen zu verbergen. Sie schaute sie nicht mal an und das Geld blieb mehrere Sekunden unberührt auf der Theke liegen. Außerdem glaubte Noelle, einen erleichterten Seufzer zu hören, als sie fluchtartig das Geschäft verließ. Draußen stützte sie sich an der nächsten Mauer ab und versuchte mehr schlecht als recht, sich zu beruhigen. Sie hatte tausend Fragen und niemand beantwortete sie ihr. Allen voran jenes quälende »Warum?«, das wie ein schwarzer Vogel über ihr schwebte und niemals fortging. Dabei kannte doch niemand von ihnen ihr Geheimnis, oder?
Abrupt verharrte Noelle mitten in der Bewegung. Das konnte nicht sein, oder? Sie schüttelte den Kopf, um sich zu beruhigen. Die Einzigen, welche darüber Bescheid wusste, waren ihre Eltern gewesen und sie hätten sich eher die Zunge abgebissen, als mit jemandem darüber zu sprechen. Und die Ärzte unterlagen ihrer Schweigepflicht, welche sie wohl kaum gebrochen hatten.
»Wahrscheinlich handelt es sich einfach um Intuition«, diesen Satz wiederholte Noelle so lange, bis sie ihn selbst glaubte und auf wackeligen Beinen zurückging zu ihrem Elternhaus.
Jenes lag glücklicherweise ein bisschen abseits der anderen Gebäude und außerdem in der Nähe eines großen Waldes. Dieser leuchtete regelrecht in der Morgensonne und zauberte der jungen Frau ein Lächeln aufs Gesicht. Nach dem Frühstück würde sie einen Spaziergang machen und versuchen, unter seinem tiefgrünen Dach ein wenig Frieden zu finden. Als Noelle die Tür öffnete, kehrte auch langsam, aber sicher ihr Appetit zurück und sie freute sich auf das frische Schokoladen-Brötchen. Nach den Schrecken der vergangenen Nacht hatte sie es sich redlich verdient. Noch immer kroch eine Gänsehaut über Noelles Rücken, wenn sie daran zurückdachte. Und es war nicht das erste Mal, im Gegenteil, es passierte immer wieder, in unregelmäßigen Abständen.
Leider konnte mein Körper diese Freude wohl nicht teilen, dachte Noelle einer Mischung aus Trauer und Wut.
Zwar versuchte sie alles, deswegen nicht zu verzweifeln, aber es war nicht immer einfach. Vor allem nicht, seitdem die junge Frau alleine in diesem eigentlich viel zu großen Haus lebte. Aber das Anwesen, errichtet im 19. Jahrhundert, befand sich seit Generationen im Familienbesitz und sie würde den Teufel tun, etwas daran zu ändern. Selbst wenn dies ein Leben in Isolation und Einsamkeit bedeutete. Außerdem, wer sagte ihr, dass es woanders besser war? Niemand. Heutzutage waren die Menschen alles andere als aufgeschlossen, was das »Andersartige« betraf und versuchten lieber, es gewaltsam zu verändern.
Natürlich hatten ihre Eltern mit ihr zusammen auch verschiedene Ärzte aufgesucht, jedoch eher, um die körperlichen Folgen unter Kontrolle zu halten. Jeden Morgen mit Kopfschmerzen aufzuwachen, war weder gesund noch angenehm und doch hatten sie ihr nie das Gefühl gegeben, verrückt oder gar krank zu sein. Noelle stand auf und räumte das Geschirr in die Spülmaschine. Wenigstens hatte sie es geschafft, die beiden Brötchen mit Genuss zu essen, bevor der Anfall sie geschüttelt hatte. Zum Glück.
Noelle wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ihr Morgenmantel und das Nachthemd klebten an ihr wie eine zweite Haut. Sie musste unbedingt vor ihrem Spaziergang noch duschen. Aber vorher entschied die sich für eine kurze Pause im Wohnzimmer. Ihre Beine schienen noch immer etwas wackelig zu sein und es schien unklug, jetzt die alte Treppe nach oben zu gehen. Zumal die Stufen auch noch offen waren.
Mit einer Flasche Mineralwasser in der Hand betrat Noelle die Wohnstube. Ein Zimmer konnte man diesen Raum nicht nennen. Die Decke war, der alten Tradition gemäß sehr niedrig, sodass jeder größere Mensch sich ducken musste. Der große Schrank, welcher alle möglichen Gegenstände sowie das Familiensilber beherbergte, stand groß und unheimlich an der rechten Wand.
Früher habe ich ihn nicht berühren dürfen, die junge Frau streckte ihre Hand aus, um sie im selben Moment erschrocken zurückzuziehen.
Obwohl ihre Eltern schon lange tot und sie in diesem Haus alleine war, scheute sie sich noch immer, gewisse Regeln von einst zu überschreiten. Warum genau, konnte Noelle nicht sagen. Dabei hatte dieser Schrank schon immer etwas Geheimnisvolles ausgestrahlt, fast wie die Tür zu einer anderen Welt.
Manche Dinge sollten lieber verborgen bleiben. Noelle hörte die Stimme ihrer Mutter so deutlich, als stünde diese hinter ihr.
Sie atmete tief durch und verließ die Wohnstube sowie das Haus. Nach einer dermaßen unruhigen Nacht würde ein Spaziergang durch den Wald guttun. Zum ersten Mal an diesem Tag lächelte Noelle, wenngleich sie, nach dem Öffnen der Haustür, einen ängstlichen Blick nach links und rechts warf.
Niemand da, den Göttern sei Dank.
Zwar hatte die junge Frau sich im Laufe der Zeit an die bösen Blicke, denen häufig Beleidigungen folgten, gewöhnt, aber nach einer solchen Nacht wollte sie solche Sätze nicht hören. Außerdem war es nach wie vor schwierig zu sagen, ob es auf die Dauer dabei bleiben oder irgendwann doch eskalieren würde. Dass Menschen in ihrer Wut gerne mal den Verstand ausschalteten, hatte die Geschichte bereits ausreichend gezeigt.
Noelle machte sich auf den Weg, genoss die Sonne, die liebevoll auf ihr Gesicht schien, und mit jedem Schritt, mit dem sie dem Wald näherkam, verringerte sich ihre Anspannung. Eine Amsel begrüßte sie mit ihrem Gesang und kaum streckte die junge Frau den Arm aus, nahm das gefiederte Tier auf ihrer Hand Platz.
»Hallo mein kleiner Freund«, zärtlich schmiegte Noelle ihre Wange an den schwarzen Vogel, was dieser sich gerne gefallen ließ.
Auch machte er keine Anstalten, ihre Hand zu verlassen. Im Gegenteil, er blieb ruhig sitzen und sang, während die junge Frau weiterging. Nach und nach gesellten sich immer mehr Tiere dazu, Hasen, Eichhörnchen und sogar eine Schlange. Sie alle folgten Noelle und als diese sich auf einem umgestürzten Baumstamm niederließ, bildeten die Tiere wie von selbst einen Kreis um sie herum. Ein Hase sprang sogar neben sie, um sich seine Streicheleinheiten abzuholen, welche Noelle ihm lachend gewährte.
Ein Seufzer sprang über ihre Lippen. Zwar schätzte sie die Waldtiere, welche im Laufe der Zeit so etwas wie eine Familie geworden waren. Bei ihnen fühlte Noelle sich wohl und fand endlich Zuneigung anstatt Vorurteile. Dennoch gab es nicht selten Tage, an denen sie ununterbrochen nach dem Warum fragte. So wie heute nach diesem sonderbaren Traum und der Missachtung der Leute, welcher Noelle nur knapp entgangen war.
Wieso? Die junge Frau bedeckte das Gesicht mit den Händen und fuhr sich anschließend durch die Haare. Wieso komme ich nicht mit Menschen zurecht? Liegt es an mir oder vielleicht an ihnen?
Eine gefühlte Ewigkeit hatte sie an Ersteres geglaubt und sich selbst die Schuld gegeben, zumal die Eltern sie ohne Rücksicht darin bestärkt hatten.
Sei nicht immer so seltsam.
Pass dich an.
Andersartige haben keine Freunde.
Solche Aussagen hatten bei ihr zum Alltag gehört und, bei allen Göttern, sie hatte es versucht, war jedoch kläglich gescheitert. Zum einen gingen die meisten Menschen schon auf Abstand, sobald sie sich näherte, und zum anderen waren die meisten Verhaltensweisen ihr absolut suspekt. Warum musste man mit zunehmendem Alter vernünftig werden und seine Fantasie verlieren? Wieso ließ die Liebe zur Natur immer mehr nach? Und die Tiere, warum konnten sie nicht ihre Freunde sein, nur, weil sie in den Wäldern lebten? Andere Menschen hatten doch auch Haustiere oder etwa nicht? Wo lag der Unterschied? Zumal Noelle nichts und niemanden gezwungen hatte. Die Tiere kamen freiwillig zu ihr und blieben, so lange sie wollen.
Aber das Schlimmste, die junge Frau atmete tief durch und stand auf. Umgeben von ihren Freunden ging sie zu dem nahe gelegenen See, welcher um diese Tageszeit völlig verlassen war. Am Wochenende waren häufig Familien hier, um zu picknicken oder mit ihren Kindern zu spielen und zu Noelles Erleichterung waren die meisten von ihnen vernünftig genug, ihren Müll wieder mitzunehmen.
Nun umgab ihn jedoch eine wohltuende Stille und Noelle näherte sich mit langsamen Schritten. Sie schaute auf die Wasserfläche, betrachtete ihr eigenes Spiegelbild und nahm vorsichtig ihre Haare zurück, sodass man das linke Ohr deutlich erkennen konnte. Auf den ersten Blick wirkte es ganz normal, aber wer genauer hinschaute, erkannte eine leichte Spitze im oberen Bereich des Ohres. In einer Mischung aus Ekel und Unwillen wandte Noelle den Blick ab und unterdrückte nur knapp die Tränen.
Die Ohren waren ein Teil ihres persönlichen Fluchs und ein Grund, warum sie bis heute ein Außenseiter war. Schon seit Noelle denken konnte, hatten die anderen sie deswegen ausgelacht und verspottet. Zuerst die Kinder und später die Erwachsenen hinter vorgehaltener Hand, wobei Noelle schwer sagen konnte, was schlimmer war. Zumal das Offene nicht lange hielt. Sie schaute wieder in den See und erkannte, wie sich ihre Augen ganz langsam veränderten.
Das ansonsten strahlende Blau verschwand und wurde zu einem tiefen Rotton, den man mit der Farbe von Blut assoziieren konnte. Die junge Frau zog die Luft ein, sie verabscheute den Anblick von ganzem Herzen, denn dieser hatte den Menschen Angst gemacht und dafür gesorgt, dass sie sich noch weiter von ihr entfernten und außerdem das Wort Missgeburt in ihre Richtung spien.
Dabei hatte Noelle keine Ahnung, wo diese Veränderung herrührte. Es passierte einfach von allein, ohne dass sie etwas sagte oder tat. Mehr als einmal wandte die junge Frau sich verzweifelt an ihre Eltern, denn wenn jemand eine Antwort auf ihre Fragen hatte, dann doch mit Sicherheit sie. Aber es gab entweder unklare Antworten oder beide wichen ihren Fragen aus, was meist in einem erbitterten Streit endete.
»Was stimmt nicht mit mir?«, fragte Noelle sich verzweifelt und sank auf die Knie.
Sie gab sich nicht mehr die Mühe, ihre Tränen zu unterdrücken. Der Damm war gebrochen und sie schluchzte hemmungslos. Niemand, weder Noelle noch die Tiere, sahen den riesigen Schatten, welcher sich unterhalb der Oberfläche, in der Mitte des Sees, ausbreitete.
Nachdem Noelle sich wieder einigermaßen beruhigt und auch ihre Freunde liebevoll verabschiedet hatte, entschied sie sich, ins Dorf zurückzukehren. Obwohl ein großer Teil ihrer Seele lieber im Wald geblieben wäre, musste sie ihrem Lieblingsort schweren Herzens den Rücken kehren. Denn auch wenn die Sonne nach wie vor freundlich schien, verrieten ihre Sinne ihr, dass ein heftiges Gewitter im Anmarsch war. Was in dieser Gegend starken Wind und reichliche Regenfälle bedeutete. Jeder tat gut daran, zu Hause zu bleiben, so sehr Noelle sich auch das Gegenteil wünschte. Außerdem war es keine Lösung, dauerhaft im Wald zu bleiben, schließlich konnte sie dort nicht leben, oder?
Noch im Gehen versteifte Noelle sich. Jener Gedanke kam ihr nicht zum ersten Mal. Allein im Wald leben, allein dieser Gedanke klang absurd und doch …? Sie dachte an die Einsiedler, welche sich damals, im Mittelalter, bewusst für ein Leben abseits der Zivilisation entschieden hatten. Entweder, um eins mit irgendeiner Gottheit zu werden oder weil ihnen der Zeitgeist einfach über den Kopf wuchs. Letzteres war durchaus mit ihrer Situation vergleichbar, wie Noelle fand. Zumal einige Verhaltensweisen sich trotz des vermeintlichen geistigen Fortschritts nicht geändert hatten.
Damals hätten sie mich öffentlich als Hexe verbrannt. Heute würden sie mich zumindest aus dem Dorf jagen, und das ist noch das Harmloseste, was sie mir wünschen! Nur die Furcht der Leute vor einer möglichen Strafverfolgung schützt mich noch. Aber was nützen Recht und Gesetz, wenn ich vorher halb zu Tode geprügelt werde?
Die Straßen schienen nach wie vor wie verlassen zu sein, was die junge Frau einigermaßen wunderte. Es war ein schöner, sonniger Nachmittag. Warum um alles in der Welt blieben die Leute in ihren Häusern? War etwas passiert? Dass jemand außer ihr das nahende Gewitter spüren konnte, schloss Noelle aus. Ihre feinen Sinne waren leider einmalig, was sie eher als Fluch denn als Segen empfand. Auf der anderen Seite würde die junge Frau das Gefühl nicht los, dass es irgendwo noch Wesen geben musste, die über eine ähnliche Wahrnehmung und Fähigkeiten verfügten und ihre Liebe zur Natur teilten. Auch wenn ausnahmslos jeder, die eigenen Eltern inklusive, ihr die Hoffnung hatten nehmen wollen.
So jemand wie du wird niemals geliebt werden.
Hör auf, anders zu sein. Dann klappt es vielleicht.
Jede einzelne Aussage hatte sich wie ein Messer in ihr Herz gebohrt und Noelle hatte alle Mühe gehabt, sich trotzdem ihren Optimismus zu bewahren und nicht irgendwann der Depression zu verfallen. Jene seelische Finsternis konnte sehr verführerisch locken, besonders dann, wenn die Hoffnung meilenweit entfernt zu sein schien. Doch eines hatten ihr die zahlreichen Bücher, welche sie schon seit ihrer Kindheit mit Begeisterung verschlungen hatte, beigebracht: Du tust dem Feind einen Gefallen, wenn du ihm deinen Schmerz zeigst. Lächle und tue so, als würde es dich nicht berühren. Das ärgert ihn am meisten. Außerdem darfst du niemals aufgeben, denn das wäre sein größter Trumpf.
Jeden Tag hatte Noelle versucht, danach zu handeln, ihr Lächeln stets beizubehalten und sich an die Vorstellung zu klammern, dass es irgendwo einen Ort geben musste, an dem man sie akzeptierte. Leicht fiel es jedoch nicht, zumal die Gemeinheiten immer mehr zunahmen und es einfach keine Antworten auf ihre Fragen gab.
Dabei habe ich nicht darum gebeten, anders zu sein, dachte sie und öffnete die Tür zum Friedhof, was diese mit einem lauten Knarren beantwortete.