Im Wahnsinn meiner Vergangenheit - Asmodina Tear - E-Book

Im Wahnsinn meiner Vergangenheit E-Book

Asmodina Tear

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Beschreibung

Wer nicht um Verzeihung bittet, verliert!
Anja und Jonas leben zufrieden miteinander, nachdem sie ihre düstere, von Psychosen und seelischen Belastungszuständen geprägte Vergangenheit hinter sich gelassen haben. Die Gegenwart, in der sie beide Jobs und somit einen geregelten Alltag haben, sieht heiter aus … wären da nicht die plötzlich auftretenden »Erscheinungen«, von denen Anja heimgesucht wird. Bei ihrer Umgebung, auch bei Jonas, stößt sie auf wenig Verständnis, man hält sie eher für seelisch labil oder gar für verrückt; nur ihre beste Freundin Susanne hält zu ihr. Nach und nach muss Anja erkennen, dass ihre Fehler aus den dunklen Zeiten sie einzuholen drohen – und auch Jonas kann sich nicht mehr dagegen wehren, dass die Vergangenheit nicht so tot ist, wie er sich das wünscht.
Entschlossen geht Anja der mysteriösen Sache auf den Grund und kämpft darum, eigene Erinnerungslücken zu schließen und sich den Konsequenzen ihres damaligen Fehlverhaltens zu stellen. Endlich macht sie eine erschütternde Entdeckung … doch dann spitzen sich die Ereignisse auf dramatische Weise zu!

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Asmodina Tear

 

 

Im Wahnsinn meiner

Vergangenheit

 

 

 

 

Dark Fantasy

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv

Cover: © by Steve Mayer, mit einem Motiv von Steve Mayer by eedebee (KI), 2024

Korrektorat: Antje Ippensen

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die Handlungen dieser Geschichte ist frei erfunden sowie die Namen der Protagonisten und Firmen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht gewollt.

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Das Copyright auf den Text oder andere Medien und Illustrationen und Bilder erlaubt es KIs/AIs und allen damit in Verbindung stehenden Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren oder damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung erstellen, zeitlich und räumlich unbegrenzt nicht, diesen Text oder auch nur Teile davon als Vorlage zu nutzen, und damit auch nicht allen Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs nutzen, diesen Text oder Teile daraus für ihre Texte zu verwenden, um daraus neue, eigene Texte im Stil des ursprünglichen Autors oder ähnlich zu generieren. Es haften alle Firmen und menschlichen Personen, die mit dieser menschlichen Roman-Vorlage einen neuen Text über eine KI/AI in der Art des ursprünglichen Autors erzeugen, sowie alle Firmen, menschlichen Personen , welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren um damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung zu erstellen; das Copyright für diesen Impressumstext sowie artverwandte Abwandlungen davon liegt zeitlich und räumlich unbegrenzt bei Bärenklau Exklusiv. Hiermit untersagen wir ausdrücklich die Nutzung unserer Texte nach §44b Urheberrechtsgesetz Absatz 2 Satz 1 und behalten uns dieses Recht selbst vor. 13.07.2023 

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Im Wahnsinn meiner Vergangenheit 

Prolog 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

15. Kapitel 

16. Kapitel 

18. Kapitel 

Epilog 

 

Das Buch

 

 

 

 

Wer nicht um Verzeihung bittet, verliert!

Anja und Jonas leben zufrieden miteinander, nachdem sie ihre düstere, von Psychosen und seelischen Belastungszuständen geprägte Vergangenheit hinter sich gelassen haben. Die Gegenwart, in der sie beide Jobs und somit einen geregelten Alltag haben, sieht heiter aus … wären da nicht die plötzlich auftretenden »Erscheinungen«, von denen Anja heimgesucht wird. Bei ihrer Umgebung, auch bei Jonas, stößt sie auf wenig Verständnis, man hält sie eher für seelisch labil oder gar für verrückt; nur ihre beste Freundin Susanne hält zu ihr. Nach und nach muss Anja erkennen, dass ihre Fehler aus den dunklen Zeiten sie einzuholen drohen – und auch Jonas kann sich nicht mehr dagegen wehren, dass die Vergangenheit nicht so tot ist, wie er sich das wünscht.

Entschlossen geht Anja der mysteriösen Sache auf den Grund und kämpft darum, eigene Erinnerungslücken zu schließen und sich den Konsequenzen ihres damaligen Fehlverhaltens zu stellen. Endlich macht sie eine erschütternde Entdeckung … doch dann spitzen sich die Ereignisse auf dramatische Weise zu!

 

 

***

Im Wahnsinn meiner Vergangenheit

 

 

Asmodina Tear

 

 

 

Prolog

 

Der Wind streichelte liebevoll über ihr harmonisch rundes Gesicht und die langsam stärker werdende Sonne brachte die feinen Sprossen wieder zur Geltung. Die junge Frau lächelte, obwohl die Kälte aus Trauer und Vergänglichkeit ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Aber jene schreckte sie nicht, im Laufe der Monate hatte sie sich daran gewöhnt.

Schritt für Schritt. Der steinige Boden knarrte unter ihren hochhackigen Schuhen. Seitdem sie in regelmäßigen Abständen hierherkam, hatte sich viel in ihrem Leben verändert, nicht nur zum Positiven, aber sie kam zurecht. Auf jeden Fall gab es weniger Schatten und auch die Geister schwiegen mit jedem Tag mehr. Ob diese jemals vollständig verschwinden würden, konnte die junge Frau nicht sagen und hatte im Laufe der Jahre auch aufgegeben, danach zu fragen. Ihre größte Schuld war vergeben … hoffentlich.

Mit einem großen Schritt verließ sie den Weg, bog ab in Richtung der älteren Gräber, wobei alt relativ war. Das Gras glänzte infolge der zahlreichen Tautropfen, welche sie unwillkürlich an Tränen erinnerten. Die junge Frau zog die Luft ein, während ihr Herz ein paar Takte schneller schlug; auch nach dieser langen Zeit gab es noch immer Situationen, in denen die alten Gefühle zurückkehrten, als wären sie niemals fort gewesen. Eine Bürde für ihr ganzes, noch recht junges Leben. Doch vielleicht war es eine Art von Sühne, denn auch wenn sie bereute und Vergebung erfahren hatte, rückgängig machen ließ ihre Tat sich nicht, so sehr sie es sich auch wünschte.

Langsam wandte die junge Frau ihren Kopf in Richtung der neueren Gräber. Diese befanden sich auf der gegenüberliegenden Seite des Friedhofs. Auch dort gäbe es einen Grund, vorbeizuschauen, doch ihr Innerstes und auch sie selbst weigerten sich hartnäckig. Der Mensch, dessen Körper dort begraben lag, war schon lange vorher gestorben, wann genau, wusste sie nicht. Vielleicht an dem Tag, als die Ereignisse ihren Anfang nahmen oder vielleicht an ihrem tragischen Höhepunkt? Bei Letzterem, hatte sie die Erkenntnis gewonnen, doch seit wann hatte die bösartige Dunkelheit wieder Zugang zu seinem Herzen, zu seiner Seele gefunden? Eine Antwort auf diese Frage gab es nicht.

Ihre Hände zitterten und krampften sich um den Rosenstrauß, während sie wild den Kopf schüttelte. Die Vergangenheit war tief vergraben in ihrem Innern und sie würde alles dafür tun, damit es diesmal so blieb. Schon die Vorstellung, jenes Martyrium erneut zu durchleben, machte ihr Angst, zumal nicht nur die körperlichen Narben schwer verheilt waren. Manche von ihnen sah ein aufmerksamer Betrachter immer noch. Die einzige Ausnahme war ihr Besuch auf dem Friedhof.

Endlich hatte die junge Frau ihr Ziel erreicht. Ein winziges Lächeln zierte ihre Mundwinkel, als sie über die silberne Inschrift des Grabsteins strich. Den oberen Teil bildete eine huldvolle Engelsstatue, was in ihren Augen sehr passend war. Sachte legte die junge Frau die weißen Rosen zu seinen Füßen nieder und setzte sich daneben. Trotz ihres inneren Friedens brannten Tränen in ihren Augen. Wäre alles anders gekommen, wenn sie vorher klar gesehen, nachgedacht hätte? Zärtlich fuhr ihre Hand die Inschrift nach, bei den Jahreszahlen stockte sie. Viel zu jung gestorben, und das war ihre Schuld. Die junge Frau schluchzte auf und verbarg das Gesicht mit ihren Händen. Zu spät hatte sie es erkannt, viel zu spät bereut.

»Ich wünschte, ich könnte dir deinen Wunsch erfüllen. Es hat dich so viel Kraft gekostet, ihn mir mitzuteilen.«

 

 

1. Kapitel

 

»Anja, kommst du? Das Essen ist gleich fertig.«

»Ja«, erwiderte die Angesprochene und befreite ihre Hände von den Gummihandschuhen. Anschließend richtete sie sich auf und wischte den Schweiß von ihrer Stirn.

Die Gartenarbeit war wieder einmal sehr anstrengend gewesen und dennoch hatte sie sich ausgezahlt. Die knapp zwanzig Quadratmeter waren sauber, wenn auch nicht streng symmetrisch geordnet. Es gab ausreichend Platz für zwei kräftige Obstbäume, die, so hoffte sie, im Herbst reichlich tragen würden, einige Beete voller Blumen und sogar eine Ecke für ihren eigenen kleinen Kräutergarten. Darauf hatte Anja sehr viel Wert gelegt, denn sie liebte es, Dinge selbst anzubauen und sich nicht auf industrielle Produkte zu verlassen. Sie legte die Gartenhandschuhe sorgfältig in eine Holzkiste, warf einen lächelnden Blick zurück und ging ins Haus.

Aus der Küche drang ein einladender Duft in ihre Nase und Anja schnupperte. Eindeutig: Jonas hatte einen Nudelauflauf mit Gemüse gemacht. Sofort lief ihr das Wasser im Munde zusammen und am liebsten wäre sie vor dem Backofen stehen geblieben, doch dort hatte Jonas bereits Position bezogen und sein verschmitztes Grinsen verriet deutlich, dass er wusste, was sie am liebsten tun würde.

»Hab noch ein paar Minuten Geduld«, sagte er liebevoll und küsste sie flüchtig. »Er ist gleich fertig.«

Anja grinste daraufhin und nahm ihre Warteposition am Tisch ein, indem sie Messer und Gabel anhob und ihren Freund erwartungsvoll anschaute. Viele Menschen würden ihre Handlung als kindisch oder auch als verrückt bezeichnen, aber die junge Frau störte es herzlich wenig. Im Gegenteil, sie selbst und auch Jonas genossen es, hin und wieder mal ein bisschen kindlich und im positiven Sinne abgedreht zu sein. Schließlich gab es eine längere Zeitspanne in ihrer beider Leben, in der das kaum möglich gewesen war. Weil in diesen Jahren die Dunkelheit reagiert hatte.

Anja kniff die Augen zusammen und machte eine schnelle Kopfbewegung, um die aufkeimenden Erinnerungen zu vertreiben. Sie wollte nicht daran zurückdenken, jetzt nicht und später auch nicht. Zwar sprachen die Therapeuten sich entschieden gegen diese Methode aus und bedrängten, jene verschiedenen Traumata doch lieber anderweitig aufzuarbeiten. Die Vorschläge hatten nicht lange auf sich warten lassen, von diversen Medikamenten bis hin zu einer stationären Behandlung in einer weit entfernten Klinik war alles dabei gewesen. Doch Anja hatte die Dollar-Zeichen in ihren Augen erkannt und sich den scheinbar gutgemeinten Vorschlägen widersetzt. Mehr noch, im Laufe der Zeit war sie einfach nicht mehr zu den Sitzungen hingegangen.

Ein lautes Klappern und der sich verstärkende Duft des Auflaufs rissen sie aus ihren Grübeleien und Anja wandte den Blick zur Tür.

»Vorsicht. Heiß und fettig«, meinte Jonas grinsend, während er den Auflauf auf den Tisch stellte, und sie schnalzte begeistert mit der Zunge.

Während die beiden aßen, beobachtete Anja ihren Lebensgefährten glücklich; obwohl sie besser als jeder andere Mensch wusste, welchen Leidensweg und welche Verwandlung sie selbst und besonders Jonas vollzogen und wieviel Kraft es sie gekostet hatte, empfand sie nur reines Glück. Die schulterlangen, leicht gewellten Haare reichten dem jungen Mann bis knapp in den Nacken und zeigten momentan seine dunkelbraune Naturfarbe. Früher hatte er sie häufig rot oder schwarz gefärbt, was Anja zwar ebenfalls sehr gut gefallen hatte, jedoch wusste sie auch, dass es bis zum gewissen Grade Ausdruck seines inneren Selbstbildes gewesen waren.

Denn Jonas hatte schon früh lernen müssen, dass Geld keine Liebe ersetzte. Sein Vater, ein angesehener Polizist, hatte die Anforderungen von der Arbeit gnadenlos in sein Privatleben übertragen. Strenge, in gewisser Form Drill sowie Gefühllosigkeit waren an der Tagesordnung und zu viel für Jonas. Zuerst hatte der von Kindesbeinen an sehr sensible junge Mann sich in sich selbst und in eine Traumwelt zurückgezogen. Dann, in der Pubertät, begann die Phase der Rebellion, die zugleich sehr von seiner künstlerischen Ader geprägt wurde. Einige Werke aus jener Phase besaßen sie noch und nicht selten lief Anja ein Schauer über den Rücken, wenn sie sie betrachtete.

Jonas' Vater war mit den musischen Anwandlungen seines Sohnes jedoch nicht einverstanden gewesen und hatte dies in Form von massiven Beleidigungen und nicht zuletzt Prügel zum Ausdruck gebracht. Die Mutter hatte die Familie verlassen, als er noch ein Kind gewesen war und im Laufe der Jahre spürte Jonas den Grund immer deutlicher. Und ebenso, warum sie ihm, dem eigenen Sohn, den Rücken gekehrt hatte. Höchstwahrscheinlich wollte sie mit ihrem alten Leben nichts mehr zu tun haben. Gleichgültig, ob ein Kind involviert war oder nicht. Immer öfter gab es Streitereien, in dessen Verlauf der damalige Jugendliche wimmernd und verletzt am Boden lag, ohne selbstständig aufstehen zu können. Aber von Beginn verbot Jonas es sich selbst zu weinen, jenen Triumph wollte er seinem Erzeuger, wie er seinen Vater seit der ersten Ohrfeige nur noch nannte, nicht gönnen.

Im Alter von achtzehn Jahren kam es zu einem schrecklichen Vorfall. Eine von unzähligen Streitereien eskalierte komplett und sein Vater packte Jonas am Kragen und schleuderte ihn gegen einen Wandspiegel. Es krachte, klirrte und ein Meer aus Scherben ergoss sich über Jonas schmalen Körper, viel zu schnell, als dass er reagieren konnte. Erbarmungslos schnitten die Scherben in sein Gesicht, wobei die meisten Wunden erst nach und nach sichtbar wurden, so fein waren sie. Trotzdem lief das Blut wie rote Tränen über seine Wangen, doch anstatt wirklich zu weinen, ballte Jonas die Hände zu Fäusten und erhob sich mit wackeligen Beinen. Ehe sein Vater reagieren oder auch nur Luft holen konnte, hatte der junge Mann ihm einen Faustschlag ins Gesicht und anschließend einen gezielten Tritt zwischen die Beine verpasst. Glücklicherweise war seinem Erzeuger entgangen, dass Jonas seit einiger Zeit Kampfsportunterricht nahm.

Jenes kam ihm nun zugute, auch weil der Vater zu überrascht war, um zu reagieren. Diesen Augenblick nutzte Jonas, um sein Portemonnaie sowie eine Jacke zu schnappen und ohne einen Blick zurück die vornehme Wohnung zu verlassen. Sein Zuhause war sie schon lange nicht mehr gewesen. Danach lebte der junge Mann mehrere Monate auf der Straße. Eine harte Zeit, die er allein aufgrund seiner souveränen, teilweise manipulativen Art überlebte: ein Wesenszug, der skurriler kaum sein konnte.

Eines Tages nahm er seinen ganzen Mut zusammen, ging zum Jugendamt und schilderte seine Situation. Da sein Vater bereits wegen ungebührlichen Verhaltens vom Dienst suspendiert war, erübrigte sich eine Stellungnahme. Weil Jonas sich vehement dagegen sträubte, in eine betreute Einrichtung zu gehen, sondern seiner psychischen Probleme zum Trotz auf ein selbstständiges Leben pochte, organisierten die Mitarbeiter ihm protestierend eine Wohnung. Selbst der Hinweis auf seine mit tiefen Narben übersäten Arme sowie die immer häufiger auftretenden depressiven Phasen brachten ihn nicht von seinem Entschluss ab. Viel zu lange hatte er wie ein misshandeltes Tier an der Kette gelegen, damit war jetzt endgültig Schluss.

Leider schenkte das Leben mit Sozialhilfe nur eine geringe Besserung. Zwar hatte er seine eigenen warmen Räume und ein Dach über dem Kopf, doch das Geld reichte selten. Nach einigem Überlegen entschloss Jonas sich, in die Selbstständigkeit zu gehen, denn obwohl seine schulischen Leistungen wegen der damaligen familiären Situation nicht unbedingt optimal waren, besaß er einen hohen Intellekt. Zumindest sah Jonas es selbst so und hatte keine Schwierigkeiten damit, das anderen Menschen glaubhaft zu versichern.

Aus diesem Grund mangelte es ihm nicht an Unterstützern und Fürsprechern und er rief eine längere Veranstaltungsreihe ins Leben, Tanzabende für Liebhaber der düsteren, melancholischen Musik sowie der metallischen Klänge. Leider hatte seine gewinnbringende Art im Vorfeld schon einige Leute vergrault und die Partys wurden nicht der Erfolg, von dem er so lange geträumt hatte. Obwohl Jonas seine rhetorischen Fähigkeiten so gut wie möglich einsetzte und alles versuchte, um das fehlende Geld zu organisieren, war es Besuchern sowie Besitzern der Location zu viel. Alle weigerten sich geschlossen, ihm ihre Räume zu überlassen.

Nachdem seine Party-Reihe das letzte Mal gestiegen war, machte Jonas seiner gesamten Wut Luft. Er tobte und schrie seine ganze Verzweiflung heraus, egal wer ihn dabei hören und sehen konnte oder nicht. Fassungslos standen die letzten Besucher daneben und ihnen allen war in diesem Moment klar, dass es einem Wunder gleichkam, wenn keine Einrichtungsgegenstände kaputtgingen. Jenes war zum Glück nicht der Fall und als sein Wutanfall vorüber war, verließ Jonas, ohne sich einmal umzudrehen, die Location und als er die Schwelle übertrat, waren die Leute darin für ihn gestorben. Niemals mehr sollten ihre Wege sich kreuzen.

Es war eine kalte Nacht, als Jonas gedankenverloren auf eine Bank niedersank und sein Gesicht mit den Händen bedeckte. Sein Leben schien in Scherben zu liegen, wie damals, als sein Vater ihn gegen den Spiegel geworfen hatte … nur diesmal waren die Schmerzen noch schlimmer. Sie brannten nicht äußerlich, aber dafür zerrissen sie sein Innerstes und ließen nichts als ein blutiges Ödland zurück. Zum ersten Mal seit seiner Flucht aus dem Elternhaus dachte Jonas daran, sich das Leben zu nehmen. Welchen Sinn hatte es, noch länger auf dieser Welt zu bleiben?

In diesem Moment hörte er eine Stimme, welche ihm seltsam vertraut schien. Er hatte sie schon einmal gehört, vor langer Zeit … jetzt wirkte sie auf ihn wie aus einem anderen Leben. Sie sagte seinen Namen, erst leise, dann lauter, bis er endlich den Kopf hob und sie anschaute. Durch den Tränenschleier dauerte es einige Sekunden, bis Jonas erkannte, wer vor ihm stand. Seine kalten Lippen zitterten.

»Anja.«

 

Diese beobachtete ihren Liebsten, während er seelenruhig den Auflauf verschlang. Offensichtlich hatte er von ihren quälenden Erinnerungen nichts mitbekommen und das war gut so. Zwar hatten sie sich am Anfang ihrer Beziehung geschworen, dass es keine Geheimnisse zwischen ihnen geben würde. Doch rückblickend erkannte die junge Frau, dass dieser Schwur reine Utopie gewesen war. Manche Dinge blieben besser unausgesprochen, alleine schon, um den anderen nicht unnötig zu belasten. Und welchen Sinn hätte es, Jonas zu sagen, dass sie sich in letzter Zeit wieder mehr mit der Vergangenheit beschäftigte, ohne den Grund dafür zu kennen? Nur wenn sie in ihrem geliebten Garten arbeitete, schienen jene Überlegungen unendlich weit weg, dabei war es nicht, dass Anja gezielt nach der Vergangenheit suchte. Vielmehr lauerte diese ihr regelrecht auf … wie ein Geist.

Anja seufzte und hatte plötzlich den Appetit regelrecht verloren. Trotzdem zwang sie sich, Bissen für Bissen in den Mund zu schieben, damit Jonas sich keine Sorgen machte. Schließlich kannte er ihre Verhaltensmuster ebenso gut wie sie seine. Obwohl ihre eigene Vergangenheit zwar auch von Verlusten und Trauer geprägt war, jedoch nicht, und das wurde ihr immer öfter bewusst, im Ansatz so schrecklich wie Jonas’.

Ihr Elternhaus war typischer Durchschnitt und außerdem recht klischeehaft gewesen, alles lief nach gesellschaftlichen Maßstäben normal. Aber dahinter verbarg sich etwas anderes; eine sehr starke Gefühlskälte, gefolgt von Ignoranz, Einschränkungen und Beleidigungen. Während andere Kinder draußen spielten oder im späteren Alter in die Disco ginge, musste Anja im Haushalt helfen oder sich um die Schule kümmern. Freizeit war für sie ein Fremdwort, wobei das nicht einmal das Schlimmste war. Denn obwohl sie alles tat, was ihre Eltern von ihr verlangten, gab es anstelle von Lob oftmals niederschmetternde Kritik.

»Du bist ein nutzloses Ding. Warum bist du überhaupt geboren worden?« Diese und ähnliche Sätze standen an der Tagesordnung, ohne korrekt den Fehler benennen zu können.

Am Anfang hatte Anja noch versucht, sich gegen diese Äußerungen zu wehren und eine innere Mauer hochgezogen. Als diese jedoch bröckelte und schließlich ganz in sich zusammenstürzte, folgte eine Kette aus depressiven Schüben und Selbstverletzungen. Auch eine Persönlichkeitsspaltung wurde vermutet, was ihr zusätzlich Angst machte. Sie war doch nicht krank, oder doch? Jene Selbstzweifel drohten, ihr Innerstes zu zerreißen, und Anja hatte das Gefühl, machtlos daneben zu stehen.

Einziger Trost in dieser scheinbar ausweglosen Situation waren ihre Großeltern. Besonders ihr Großvater kümmerte sich liebevoll um sie, zeigte ihr den Garten, nahm sie mit beim Gassi gehen und förderte damit ihre Liebe zur Natur sowie zu den Tieren, während ihre Oma sie im Kochen unterrichtete und Anja außerdem ermutigte, so schnell wie möglich von zu Hause auszuziehen. Bis zuletzt konnte keiner von den beiden verstehen, warum ihre Kinder beziehungsweise Schwiegerkinder so handelten, doch auch mehrere Gesprächsversuche verliefen im Nichts.

Anja hingegen folgte dem Rat ihrer Großeltern und verließ mit achtzehn Jahren ihr Elternhaus, was erneut in einen riesigen Streit mündete. Ihr Vater warf ihr vor, die Familie im Stich zu lassen, während ihre Mutter unzählige Krokodilstränen vergoss. Zum ersten Mal war in Anja so etwas wie Trotz aufgestiegen.

Vorher hast du mich lieber verspottet und jetzt, wo ich gehen will, heulst du, doch zum Aussprechen hatte ihr Mut nicht gereicht.

Ohne einen Blick zurück ließ Anja die Tür ins Schloss fallen und zog in ihre eigene Wohnung. Leider stellte sich die erhoffte Besserung nicht ein, im Gegenteil, die ersten Monate war sie auf Sozialhilfe angewiesen und auch die psychischen Probleme verebbten nicht. Schlaflose Nächte, Heulkrämpfe und Panikattacken sowie einige tiefe Schnittwunden waren die Folgen, zumal nur drei Monate nach ihrem Auszug ihr Großvater ins Krankenhaus kam und trotz optimaler Betreuung einige Tage später verstarb. Fast zeitgleich wurde bei ihrer Oma eine fortgeschrittene Demenz festgestellt, welche die sofortige Unterbringung in einem Pflegeheim notwendig machte. Ihren eigenen Problemen und dem Seelenschmerz zum Trotz kümmerte Anja sich um alles, was sie erneut an ihre Grenzen brachte.

Oftmals dachte die junge Frau, dass es in ihrem Leben kein Glück mehr geben würde. Sogar Selbstmordgedanken belasteten sie so sehr wie nie zuvor. Was vorher eher situationsbedingt geschah, wuchs nach und nach zu einem festen Plan. Eines Abends befand Anja sich auf dem Weg zur Apotheke, um sich Schlaftabletten zu holen. Eine Flasche Alkohol trug sie ebenfalls bei sich, ebenso wie die Gewissheit, dass alles bald vorüber sein würde. Ein paar Stunden noch und danach würden sie nie mehr Schmerzen plagen.

Doch plötzlich bemerkte sie eine Gestalt, die zusammengekauert auf einer Bank saß. Die Hände waren ins Gesicht gestützt und auf den ersten Blick schien es, als hätte er oder sie großen Kummer. Zögernd näherte Anja sich. Eigentlich hatte sie keinen Nerv, sich auch noch die Probleme anderer, insbesondere fremder Personen anzuhören. Doch irgendetwas zwang sie, näher zu treten, obwohl der oder die Fremde nicht zu erkennen war. Nur ein paar vereinzelte tiefrote Strähnen lugten hinter den langen, schmalen Fingern hervor und diese reichten aus, um ihr Herz einige Takte schneller schlagen zu lassen. War das möglich? Konnte es sein? Noch immer zweifelnd streckte Anja die Hand aus, um ihn an der Schulter zu berühren.

»Jonas?«, flüsterte sie dabei kaum hörbar.

 

»Schatz? Ist alles in Ordnung? Oder schmeckt dir der Auflauf nicht?« Die Stimme ihres Freundes holte Anja in die Wirklichkeit zurück. Hastig nickte sie.

»Doch, doch, alles in Ordnung«, versicherte die junge Frau schnell und aß wie zur Bestätigung einige Happen. »Ich habe nur nachgedacht.«

Jonas musterte sie tief und in seinen Augen blitzte die typische Neugierde.

»Worüber?« Während er sprach, griff seine Hand nach ihrer und streichelte sie.

Anja zögerte mit der Antwort. »Über unsere Vergangenheit.«

Stille. Jonas' Augen ruhten ununterbrochen auf ihr, als wollten diese ihre Seele durchleuchten. Eigentlich mochte Anja diese Eigenschaft, aber jetzt machte sie ihr fast Angst.

»Schatz, das sollten wir nicht tun. Das weißt du auch«, erwiderte Jonas tröstend. »Wir sind doch extra hierhergezogen, um mit dem, was war, abschließen zu können. Und jenes kann nur funktionieren, wenn wir absolut nicht mehr zurückschauen, verstehst du?«

»Ja, aber …« Anja verstummte.

Eigentlich war es sinnlos, darüber zu diskutieren. Sie wusste selbst nicht, warum ihre Gedanken in letzter Zeit immer wieder in die Richtung gingen. Jonas war der Ansicht, dass jeder die Vergangenheit einfach hinter sich lassen konnte. Und jenes stimmte doch, oder?

Niemand ahnte, wie berechtigt Anjas Zweifel waren.

 

 

2. Kapitel

 

Leicht fröstelnd zog Anja den schwarzen Lodenmantel enger um ihren Körper und verließ den Bus. Die Temperaturen waren in den letzten Tagen zwar ein wenig angestiegen, doch von »warm« und »sonnig« konnte noch keine Rede sein, obwohl die langerwarteten Strahlen sich manchmal durch die dichte Wolkendecke schoben.

Die junge Frau lächelte und warf einen Blick auf die Uhr. Sie war pünktlich. Etwas, das früher nicht unbedingt zu ihren Eigenschaften zählte. Doch seitdem sie ihrer festen Arbeit in einer Kindertagesstätte nachging, hatte es sich geändert. Anja wollte den Kindern auf jeden Fall ein Vorbild sein und jenes funktionierte nur, wenn sie bei sich selbst anfing. Das hatte ihre Oma ihr beigebracht. Die junge Frau seufzte und schüttelte ihre roten Haare, sodass sich einige Strähnen aus den Zöpfen lösten. Was war nur mit ihr los? Die halbe Diskussion mit Jonas hatte Anja so gut wie möglich verdrängt, da diese zu keinem Ergebnis geführt hatte. In diesem Punkt waren beide unterschiedlicher Ansicht und es war sinnfrei, den anderen überzeugen zu wollen, wenngleich sie zugeben musste, dass er bis zu einem gewissen Grad recht hatte. Schließlich hatte das Verdrängen einige Jahre sehr gut funktioniert, nur jetzt …

Anja zwang sich zur Ruhe und stellte sich an eine Laterne, um von dort aus Ausschau zu halten. Nur wenige Augenblicke später bemerkte sie eine ebenfalls komplett in Schwarz gekleidete junge Frau, welche die S-Bahn verließ.

»Susanne«, rief sie und winkte heftig.

 Dass einige Fußgänger und Autofahrer sich nach ihr umdrehten, störte Anja wenig. Sie war es gewöhnt, ihre Gefühle, ob positiver oder negativer Art, offen zu zeigen. Einzige Ausnahme bildete dabei ihr Arbeitsplatz, denn wenn sie dort einigen Eltern ins Gesicht sagen würde, was sie von deren Erziehungsmethoden hielt, würde das Arbeitsamt sich über eine erneute Kundschaft freuen. Strahlend folgten Anjas Augen ihrer Freundin, wie diese erst einen Grünstreifen, dann die Straße überquerte und schließlich auf sie zu rannte.

---ENDE DER LESEPROBE---