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Köln, die Domstadt. – Die junge Privatdetektivin Katharina ist hin- und hergerissen, als sie einen Auftrag ihres Onkels Hannes, Dompfarrer, übernehmen soll. Er bittet sie um Hilfe, obwohl das Verhältnis zwischen ihnen beiden angespannt ist. Ein Fall von Reliquiendiebstahl beunruhigt den Pfarrer, und er will das nicht an die große Glocke hängen.
Eine erste Spur führt Katharina zunächst zu den Zeugen Jehovas, wobei sie auf die Hilfe ihres Ex-Freundes Mario zurückgreifen kann. Nach und nach enthüllt sich, dass eine Verschwörung von Satanisten, abtrünnigen Anhängern der Sekte, letztendlich dahintersteckt und dass diese etwas Ungeheuerliches im Sinn haben.
Katharina glaubt nicht, dass es so etwas wie den Antichristen gibt – mit der Religiosität hat sie ohnehin Probleme –, doch sie muss erfahren, dass die Satanisten in ihrem Wahn weder vor Mord noch vor Entführung zurückschrecken. Konrad, ein charismatisches Erotik-Model, wird gekidnappt und soll das Opfer von etwas ganz und gar Ungeheuerlichem werden; in letzter Minute, so scheint es, retten Katharina und Mario den mysteriösen, äußerst attraktiven Mann.
Aber damit ist die Sache noch lange nicht ausgestanden, ganz im Gegenteil. Die wahre Prüfung steht der tapferen Privatermittlerin noch bevor, und hier kommen ihre lange verdrängten Gefühle ins Spiel …
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Asmodina Tear /
Monika Grasl
Satans Berührung
Band 1
Die Gebeine des Satans
Fantasy-Thriller
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Steve Mayer, mit einem Motiv von Steve Mayer by eedebee (KI), 2024
Korrektorat: Antje Ippensen
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
Die Handlungen dieser Geschichte ist frei erfunden sowie die Namen der Protagonisten und Firmen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht gewollt.
Alle Rechte vorbehalten
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Satans Berührung
Die Gebeine des Satans
Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
Epilog
Köln, die Domstadt. – Die junge Privatdetektivin Katharina ist hin- und hergerissen, als sie einen Auftrag ihres Onkels Hannes, Dompfarrer, übernehmen soll. Er bittet sie um Hilfe, obwohl das Verhältnis zwischen ihnen beiden angespannt ist. Ein Fall von Reliquiendiebstahl beunruhigt den Pfarrer, und er will das nicht an die große Glocke hängen.
Eine erste Spur führt Katharina zunächst zu den Zeugen Jehovas, wobei sie auf die Hilfe ihres Ex-Freundes Mario zurückgreifen kann. Nach und nach enthüllt sich, dass eine Verschwörung von Satanisten, abtrünnigen Anhängern der Sekte, letztendlich dahintersteckt und dass diese etwas Ungeheuerliches im Sinn haben.
Katharina glaubt nicht, dass es so etwas wie den Antichristen gibt – mit der Religiosität hat sie ohnehin Probleme –, doch sie muss erfahren, dass die Satanisten in ihrem Wahn weder vor Mord noch vor Entführung zurückschrecken. Konrad, ein charismatisches Erotik-Model, wird gekidnappt und soll das Opfer von etwas ganz und gar Ungeheuerlichem werden; in letzter Minute, so scheint es, retten Katharina und Mario den mysteriösen, äußerst attraktiven Mann.
Aber damit ist die Sache noch lange nicht ausgestanden, ganz im Gegenteil. Die wahre Prüfung steht der tapferen Privatermittlerin noch bevor, und hier kommen ihre lange verdrängten Gefühle ins Spiel …
***
Widmung
Und sei mein Glaube noch so fest, es kann geschehen, dass er ins Wanken gerät.
Lass dich nicht blenden von dem, was du zu glauben glaubst.
Trilogie Band 1
Asmodina Tear & Monika Grasl
Grüße ergehen an euch.
Ich sehe einige bekannte Gesichter vor mir stehen. Ein Schleier hebt sich vor euch und offenbart einen Blick auf die Zukunft. Als ihr hier eingetreten seid, habt ihr es gesehen. Doch die wesentlich wichtigere Frage ist, versteht ihr es auch?
Bei einigen von euch erkenne ich Missbilligung, das sagt mir, dass diejenigen bereits ahnen, was hier vor sich geht. Aber der kümmerliche Rest? Seht euch an. Ihr taumelt durch die Welt mit euren verständnislosen Augen. Nichts kann eure Seele wahrhaftig berühren und jetzt, da wir uns gegenüberstehen, da erscheint es mir, als würdet ihr euch vor mir verschließen. Doch welchen Grund habt ihr nun, hier zu sein?
Ihr habt diesen Weg freiwillig gewählt. Anders als gern behauptet wird, zwinge ich den Menschen nichts auf. Ich stehe abseits, beobachte und ziehe aus eurem Verhalten meine ganz eigenen Schlüsse.
Wollt ihr hören, was das Bedeutendste ist und jeder von euch in einem gleichen Ausmaß treibt?
Es ist eure Gier. Euer Hunger nach Macht und Ansehen. Mir kommen beinahe die Tränen vor Lachen, wenn ich überlege, zu was ihr Menschen fähig wärt. Aber ihr verschwendet euer Leben mit solch banalen Bestrebungen.
Auf der anderen Seite bewundere ich beinahe euren Mut, euch mir zu stellen. Nicht viele besitzen diesen Schneid, aber diejenigen, welche hier stehen, scheinen zu einer ganz besonderen Sorte Mensch zu gehören. Ihr seid noch diejenigen, welche auf Geschichten aus sind.
Nun, dann will ich euch eine Erzählung liefern. Einen Bericht über die Verkommenheit der Menschen und was geschieht, wenn man sich mir in den Weg zu stellen versucht.
An diesem 22. Septembermorgen wünschte sich der Kölner Dompfarrer Hannes Moser ein besseres Wetter. Er stand vor der Kirchentür und sah hinauf zum dunklen Himmel. Regentropfen gingen auf die Besucher nieder und führten dazu, dass die Dreikönigswahlfahrt schlechter besucht war als gewöhnlich.
Ist jetzt nicht zu ändern, überlegte Hannes.
Er fuhr sich durch das graumelierte Haar und fragte sich, warum Gott keinen Einfluss auf die Wetterlage ausüben konnte.
»Guten Tag«, begrüßte er einige Pilger, welche in ihrem durchsichtigen Regenschutz den Dom betraten.
»Ist es sehr voll?«, fragte eine ältere Frau mit Wanderstöcken unter dem Arm und einem großen Rucksack.
»Nun, es ist genügend Platz vorhanden«, erklärte Hannes.
Insgeheim verfluchte er die Leute. Sie machten kirchliche Zeremonien zu einem Trekkingausflug. Früher hatten sich die Wahlfahrer noch hübsch gekleidet mit Krawatte, Anzug und die Frauen in Blusen und Röcken. Man hatte den Gebeinen der Heiligen Drei Könige Achtung entgegengebracht. Nun verkam alles zu einem Kommerz, welchen die Kirche zusätzlich schürte. Alleine durch den Verkauf von Kerzen, Heiligenbildern und Rosenkränzen.
Unweit des Domplatzes nahm er einen Reisebus wahr, aus dem sich eben einige Leute herausquälten. Fünf von ihnen eilten in Richtung Dom, andere gingen es gemächlicher an. Auch das war die neue Art zu pilgern.
Hannes schluckte seinen Unmut darüber hinunter, sah noch einmal hoch zum Himmel und wünschte sich, dass sie alle vom Blitz getroffen würden.
In der gleichen Sekunde verfluchte er sich innerlich für diese Überlegung. Er war ein Mann der Kirche. Seit seinem fünfundzwanzigsten Lebensjahr gab es für ihn nichts weiter als Gott. Sogar mit einem Teil seiner Familie hatte er bezüglich dieser Überzeugung gebrochen und nun stand er hier und schimpfte stumm über die Pilger. Sobald die Messe vorbei war, würde er zehn -Maria und ebenso viele Vaterunser beten müssen.
Der Klang der Kirchenglocken rief dem sechzigjährigen Dompfarrer in Erinnerung, dass es an der Zeit war, die Messe zu lesen. Er blickte zu dem Reisebus und den wenigen Leuten dort hinüber. Letztlich hatte es keinen Sinn auf sie zu warten, das Protokoll für den Ablauf war streng eingeteilt und Verzögerungen führten zu einem späteren Ablauf der nächsten Messe. Hannes wandte sich somit um und betrat den Dom. Das Hauptschiff zog sich vor ihm in die Länge. Sieben Jahrhunderte und fünf Bauepochen dauerte es, die einhundertzwanzig Meter zu errichten. Von den ersten Bauplänen bestand dabei lediglich der Hochchor. Heute ging es jedoch um den Dreikönigsschrein, welcher den Chorraum dominierte.
An Heilig-Dreikönig war die trapezförmige Platte am Schrein geöffnet. Dadurch konnten die Köpfe der Könige bestaunt werden. Heute jedoch war dies nicht der Fall. Für die Pilger zählte einzig den Schrein zu sehen und womöglich ein dümmliches Selfie mit ihm zu machen. Alleine bei dem Gedanken stieg Hannes die Galle hoch. Er rückte die Brille zurecht und bewegte seine untersetzte Statur eiligst durch das Kirchenschiff.
Er setzte das übliche Lächeln auf, als er sich dem Schrein mit den Reliquien näherte. Doch etwas war heute anders. Hannes kannte diesen Teil der Kirche sehr genau. An manchen Tagen saß er hier, um die Abgeschiedenheit und Ruhe zu genießen. Besonders abends, nach der letzten Messe, sprach er hier still mit Gott und schöpfte am Morgen vor der ersten Liturgie noch einmal Kraft für den Tag. Somit bemerkte er sofort, dass der Glassturz, der das kostbare Gold vor den äußeren Einflüssen schützte, verschoben war. Minimal, aber Hannes fiel es auf und in seiner Magengegend bildete sich ein stechender Schmerz.
Nicht doch. Es darf nicht dazu gekommen sein, durchfuhr es seinen Verstand.
Hastig schaute er sich nach allen Seiten um. Die Kirchenbänke in der vorderen Reihe waren gut gefüllt. Wobei einige Plätze lediglich durch Rucksäcke und Wanderstöcke belegt waren. Die abwartenden Gesichter ruhten jedoch auf Hannes. Dementsprechend blieb ihm nichts weiter übrig, als die Messe abzuhalten. Zugleich hoffte er, dass die Leute rasch danach verschwanden und niemand von ihnen die Beichte ablegen wollte. Für Hannes war jedenfalls klar, dass er hierfür zur Rechenschaft gezogen würde. Ihm oblag die Sicherheit der Gebeine und so wie es auf ihn wirkte, war am Schrein etwas verändert worden. Etwas Gravierendes.
»Brüder und Schwestern, heute kommt ihr nach einer langen Wanderung zur Ruhe«, rief er sich den Text in Erinnerung, welchen er vor wenigen Tagen verfasst hatte. »Eure Füße sind wund, eure Rücken gekrümmt und doch erfüllt Freude euer Herz. Die gleiche Vorfreude durchströmte vor langer Zeit jene drei Männer, welche Jesus aufsuchten. Sie hatten einen ebenso langen und beschwerlichen Weg hinter sich. Aber nichts hätte sie auf diesen Anblick vorbereiten können, als sie im Stroh liegend ein Kind vorfanden, welches sie mit dem Antlitz Gottes anlächelte. Wie wir …«
Emotionslos trug Hannes seine Rede vor. Er hatte sie auswendig gelernt und wusste somit um jede Silbe. Zugleich huschte sein Blick immer wieder angsterfüllt zum Schrein hinüber. Das Gold glänzte im Licht der Scheinwerfer. Er fragte sich, ob man von der ersten Bankreihe aus erkannte, dass der Glassturz verschoben war. Als er gestern hier gesessen hatte, war dies garantiert noch nicht der Fall gewesen. Umso unruhiger wurde Hannes.
War jemand des Nachts hier eingebrochen? Das war unmöglich. Die Moderne hatte vor dem Dom keinen Halt gemacht. Videoüberwachung und Alarmanlagen sicherten den Komplex. Hinzu kam ein ständiger Strom aus Wachleuten. Die Kirche ließ sich die Sicherheit des Inventars einiges kosten. Zumal in den vergangenen Jahren immer wieder Diebstähle in den Glaubenseinrichtungen stattfanden. Das Harmloseste stellte dabei die Entwendung der Kollekte dar. Aus einer Kirche war jedoch ein Altar verschwunden. Es gab also nichts, was ihn wirklich überrascht hätte. Doch dass sich am Schrein der Heiligen Drei Könige jemand zu schaffen gemacht hatte, verwunderte doch.
Wen soll ich informieren?, überlegte Hannes, während er seine Rede weiter ausführte und von der Nächstenliebe sprach.
Es war undenkbar, die Polizei einzuschalten. Fragen würden aufkommen und am Ende müsste Hannes erklären, auf wen sein Verdacht fiele. Das würde wieder nur zu kircheninternen Konflikten führen. Am Ende müsste er seinen Posten als Dompfarrer räumen und stünde möglicherweise sogar vor einer Amtsenthebung.
Ihm blieb eigentlich nur eine Wahl. Diese jedoch widerstrebte ihm zutiefst. Das lag zum einen daran, weil er mit der Person seit Jahren nur einen sporadischen Kontakt unterhielt. Auf der anderen Seite hing es auch damit zusammen, weil sie ihm deutlich gesagt hatte, was sie von seinem Glauben im Allgemeinen dachte. Sie verachtete Gott und glaubte lieber an nichts, dabei hätte gerade sie göttliche Führung bitter nötig. Jedenfalls wenn jemand auf Hannes’ Meinung aus war.
Eine Stunde später endete die Messe damit, dass die Pilger am Dreikönigsschrein vorbeizogen. Eine Handvoll Jugendlicher posierte davor und schoss mit dem Smartphone ein Selfie nach dem anderen. Sie zogen dabei sonderbare Grimassen oder zeigten das Friedenszeichen. Hannes schüttelte innerlich den Kopf.
Erleichterung überkam ihn, als die letzten Leute an ihm vorbeigingen. Gleich danach griff er in seine Hosentasche, schoss selbst ein Foto vom Schrein und wählte die bekannte Nummer. Es läutete einige Male. Hannes war kurz davor aufzulegen, als ein Klicken erfolgte und eine Stimme sich meldete. »Was willst du?«
»Katharina, du musst in den Kölner Dom kommen.«
»Oh, hallo liebe Nichte. Ich habe dich auch vermisst. Weißt du, ich rufe dich an, weil ich mal eben nett mit dir plaudern will. Andere Leute würden damit anfangen, Onkel Hannes. Und außerdem bin ich gerade mitten in einem Job.«
Hannes schnaubte missbilligend ob dieser Farce. »Bist du nicht.«
»Woher willst du das wissen?«
»Weil du nicht abgehoben hättest, wenn dem so wäre. Das machst du nie.«
Am anderen Ende der Leitung blieb es still. Lediglich Katharinas Atem war zu hören. Hannes ahnte, dass sie nicht so einfach hier auftauchen würde. Außer er erklärte ihr, warum sie kommen sollte.
»Katharina, es ist wichtig. Ich glaube, dass …« Er unterbrach sich selbst, als er zum Schrein blickte. Bis jetzt war es ihm nicht aufgefallen, doch an den Scharnieren hatte sich eindeutig jemand zu schaffen gemacht. Der Stift, welcher das Behältnis verschloss, zeigte zudem in die andere Richtung. Hannes kannte dieses Stück fürwahr auswendig. Niemand machte ihm hier etwas vor.
»Onkel Hannes?«, kam es nun doch mit einem Anflug von Sorge aus dem Smartphone.
»Katharina, jemand hat die Gebeine der Heiligen Drei Könige gestohlen.«
»Was mache ich eigentlich hier?«
Erst nachdem ein paar Leute sich fragend nach ihr umdrehten, merkte sie, dass ihre Gedanken sich Gehör verschafften. Untypisch für eine Detektivin senkte sie den Blick. Was wiederum als demütige Geste interpretiert wurde.
Mir soll es recht sein.
Katharina presste die Lippen aufeinander. Mit so einem Andrang hatte sie nicht gerechnet, obwohl das zur Dreikönigswallfahrt durchaus gang und gäbe war. Obwohl viele, und diesbezüglich spürte Katharina eine starke Sicherheit, eher aus Sensationslust als aus religiösen Gründen hierherkamen. Schließlich brauchte man heutzutage immer etwas, was man in den sozialen Netzwerken posten konnte. Wobei solche Bilder mit Sicherheit nicht so viele Likes und Kommentare bekamen wie beispielsweise ein Nacktfoto. Die Eingangstür knarrte protestierend, als Katharina das Gotteshaus betrat. Die Stille kam für sie überraschend. Offenbar war seit der Messe und Onkel Hannes Anruf einige Zeit vergangen.
Umso besser. Sonst wäre es schwierig, mit ihm zu sprechen.
Ihr Blick wanderte umher. Zum Glück waren die meisten Leute damit beschäftigt, sich die außergewöhnlichen Kunstwerke anzuschauen. Somit würde niemand in das Gespräch platzen – zumindest hoffte Katharina das. Schließlich hatte sie noch keine Ahnung, was Onkel Hannes ihr erzählen würde. Ein Teil von ihr sträubte sich immer noch dagegen, überhaupt hier zu sein. Mit ihrer Einstellung und dem Beruf passte Katharina kaum hierher. Bei allen aus der Familie rief Hannes’ Arbeit stets Interesse und Begeisterungsstürme hervor … nur bei ihr nicht.
»Gut, dass du da bist.« Die Stimme ihres Onkels zitterte und Katharina entging die Panik darin nicht. Bedächtig drehte sie sich zu ihm um. Sein Blick wirkte gehetzt, während er immer wieder zu allen Seiten sah.
Aus diesem Grund verzieh sie ihm die fehlende Begrüßung und ließ sich in eine kurze Umarmung ziehen. Es war überhaupt das erste Mal, das Hannes sie direkt aus dem Dienst hierher gerufen hatte. Telefonate gab es öfters, wobei diese manchmal alles andere als positiv waren. Ihre Haltung versteifte sich. Irgendwo ahnte die Detektivin, dass ihr Onkel es nur gut meinte und Interesse an ihrem Leben zeigte. Seit dem Tod ihres Vaters, welcher einen Teil ihrer Arbeit noch immer beschäftigte, waren sie zwangsweise näher zusammengerückt. Denn es gab einige Ungereimtheiten und insgeheim fragte die Detektivin sich, ob Onkel Hannes’ verzweifelter Hilferuf damit in irgendeinem Zusammenhang stand. Obwohl es auf den ersten Blick absurd schien. Auf der anderen Seite hatte er am Telefon noch nicht viel erzählt. Wahrscheinlich, weil jemand unbewusst lauschen konnte.
»Ich komme immer, wenn die Familie mich braucht.«
Ihr Lächeln wurde schief, denn so ganz stimmte das nicht. In Wahrheit drückte Katharina sich so gut wie möglich vor Familienfeiern. Besonders, wenn es sich dabei um christliche Feiertage handelte. Bei solchen Anlässen stand ihr Onkel noch mehr im Vordergrund, obwohl er nicht der Mensch dafür war. Zum Glück erwies ihr Beruf sich stets als glaubhafte Ausrede. Somit musste sie wenig lügen. Als Detektivin gehörten Schicht- und Wochenenddienste zur Normalität, im Gegensatz zum Glauben. Für den Bruchteil einer Sekunde legte sich ein Schatten über das Gesicht ihres Onkels, doch sein Lächeln erstarb nicht.
»Glaube mir, ich würde dich nicht rufen, wenn es nicht wichtig wäre.«
Bevor Katharina etwas sagen konnte, fasste Hannes ihren Arm und zog sie liebevoll in sein Büro. Dieses war nur durch eine unauffällige Tür zugänglich und sollte eigentlich verschlossen sein.
Wahrscheinlich hat er es in der Aufregung vergessen.
Zum wiederholten Male grübelte Katharina über die Hintergründe des Anrufs. Ihr Onkel hatte etwas vom Diebstahl irgendwelcher Gebeine erwähnt. Bei der Vorstellung unterdrückte sie mühsam ein Lachen. Natürlich war bekannt, dass im Kölner Dom verschiedene Reliquien lagen. Dazu musste man nur in die Presse schauen. Aber … wer um alles in der Welt sollte ein Interesse haben, ein paar alte Gebeine zu stehlen? Selbst unter fanatischen Sammlern dürften diese kaum von Wert sein, oder? Katharina zog die Luft ein und hoffte inständig, ihrem Onkel mit dem notwendigen Ernst begegnen zu können.
»Setz dich bitte.«
Sie folgte der Aufforderung und zu ihrer Überraschung zündete Hannes sich eine Zigarette an.
Was zur Hölle …
Das letzte Mal, das Katharina ihren Onkel hatte rauchen sehen, war vor fünf Jahren gewesen. Und wenn sie richtig informiert war, hatte er mithilfe von Gebeten und Nikotinpflastern Abstand davon genommen. Vielleicht lag es auch an der Warnung seines Arztes, denn obwohl sein Vertrauen ohne Zweifel Gott gehörte, hörte Hannes ebenso auf die moderne Medizin.
So viel zum Thema: Religion hilft.
Katharina legte ihre Hand in den Schoß und zwang sich ihrem Onkel gegenüber zu einem neutralen Blick.
»Ich denke, es waren die Zeugen Jehovas.«
»Wie bitte?« Wieder sprach Katharina laut, ohne es zu merken. »Was hast du gesagt? Wie kommst du darauf?«
Falls sie bis vor wenigen Minuten noch mehr oder weniger desinteressiert gewesen war, hatte Hannes nunmehr ihre volle Aufmerksamkeit. Denn obwohl Katharina von Religion nicht viel hielt, so wusste sie, wie gefährlich diese Sekte sein konnte.
Doch zu ihrer Überraschung hob ihr Onkel nur abwehrend die Hände. »Nichts … Nichts, es …« Er wich ihrem Blick aus. »Ich bin ein alter Mann und rede manchmal etwas zu schnell.«
Nein, das bist du nicht, hätte Katharina am liebsten gesagt.
So kannte sie ihren Onkel nicht. Zwar wirkte Hannes in Bezug auf Gott immer ein wenig in sich gekehrt, nannte jedoch stets alles beim Namen. Aber seine Haltung verriet ihr, dass es keinen Sinn hatte, weiter nachzubohren. Ein Versuch würde nur im Streit enden.
»Also gut.« Katharina nahm eine professionelle Haltung ein. »Erzähl mir doch einfach, was passiert ist. Welche Spuren gibt es und was hast du gesehen?«
Zögernd begann ihr Onkel zu erzählen. Er berichtete von einem durchaus gründlich aufgebrochenen Schloss sowie zahlreichen Kratzspuren an dem Behälter, in dem die Gebeine normalerweise aufbewahrt wurden. Katharina hatte alle Mühe, ihre Verwunderung zu verbergen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie das Ganze irgendwo für einen Streich gehalten. Zumal absolut unklar war, was die Diebe mit den Gebeinen vorhatten. Außerdem … mussten sie nicht luftdicht aufbewahrt und transportiert werden?
Sie stellte die Frage, ohne lange nachzudenken, und ihr Onkel nickte. »Ja, die heiligen Beine müssen luftdicht aufbewahrt werden, sonst zerfallen sie zu Staub, was absolut schrecklich wäre.«
Ich verstehe nicht, warum.
Aber in ihrem Kopf arbeitete es. Was auch immer hier passiert war, es handelte sich nicht um einen Streich. Obwohl das Motiv nach wie vor unklar war. So sehr Katharina auch grübelte, sie konnte sich einfach keinen Hintergrund vorstellen.
»Meinst du, wir könnten die Polizei rufen?«, fragte sie dazwischen und sah, wie ihr Onkel bleich wurde. »Ich meine, um eventuelle Spuren zu sichern. Das ist etwas, was ich nicht tun kann.«
»Nein!«, antwortete Hannes wie aus der Pistole geschossen und auf einmal machte sein Gesicht einer Leiche Konkurrenz. »Dann würde alles herauskommen. Und …«
Ein Zittern erfasste seinen Körper. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte Katharina das Gefühl, er würde gleich umfallen oder einen Herzinfarkt erleiden. In diesem Alter war es nicht ungewöhnlich. Von der Aufregung ganz zu schweigen. So schnell wie möglich eilte sie zu ihrem Onkel und nahm ihn in den Arm.
»Ruhig. Ganz ruhig.« Sie wiegte ihn wie ein kleines Kind. »Ich werde den Täter finden. Das verspreche ich dir.«
Zwar war dies ohne die Unterstützung der Polizei um einiges schwieriger, aber Katharina würde sich hüten, ihrem Onkel das zu erzählen. Vielmehr war sie wild entschlossen und wenn es nicht funktionierte, konnte die Polizei noch immer ohne sein Wissen eingeschaltet werden. Plötzlich fiel ihr wieder etwas ein.
»Hast du jemanden im Verdacht, Onkel Hannes?« Während sie sprach, drückte Katharina seine Hand. »Bitte … ich muss dich das jetzt fragen. Gibt es jemanden, dem du das zutrauen würdest? Hast du Streit oder Probleme?«
Letzteres konnte die junge Frau sich zwar nicht vorstellen. Schließlich war ihr Onkel herzensgut und eine Seele von Mensch. Aber schließlich wusste man nicht, auf welche kranken Ideen die Leute heutzutage kamen.