In Jesu Sommerhaus - Frank Krause - E-Book

In Jesu Sommerhaus E-Book

Frank Krause

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Beschreibung

Als der Autor eines Tages entspannt auf seinem Balkon sitzt, nimmt er plötzlich eine „Öffnung“ zur Dimension des Geistes hin wahr. Unvermittelt steht er im Geist vor einem Gartenhaus, dem „Sommerhaus Jesu“, in einem weiten Gartenland unter einem wunderbar blauen Himmel. Diese Kulisse bildet den Auftakt für etliche Visionen, in denen er Einsichten in eine Reihe von Themen erhält, die darum kreisen, wie Himmel und Erde sich begegnen: Wie stehen Zeit und Ewigkeit zueinander? / Wie lässt sich der heilige Weg in einer unheiligen Welt finden und gehen? / Das irdische und himmlische Menschenbild / Die Kirche von morgen / Die Bedeutung der Wunden Jesu / Der Weg der Verwandlung / In die Ruhe Gottes eingehen. Das Buch ist eine Art Handbuch der „Schule auf der Schwelle“. Als Christen stehen wir auf der Schwelle zwischen den Dimensionen, zwischen Oben und Unten, Finsternis und Licht. Damit umzugehen, ist eine Kunst und Lebensaufgabe.

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Frank Krause

In Jesu Sommerhaus

Meine Begegnungen im ewigen Garten

GloryWorld-Medien

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Auflage 2019

© 2019 Frank Krause

© 2019 GloryWorld-Medien, Xanten, Germany, www.gloryworld.de

Alle Rechte vorbehalten

Bibelzitate sind, falls nicht anders gekennzeichnet, der Elberfelder Bibel, Revidierte Fassung von 1985, entnommen.

Das Buch folgt den Regeln der Deutschen Rechtschreibreform. Die Bibelzitate wurden diesen Rechtschreibregeln angepasst.

Lektorat: Brigitte Krause, Manfred MayerSatz: Manfred MayerUmschlaggestaltung: Kerstin & Karl Gerd Striepecke, www.vision-c.deFoto: Adobe Stock

Printed in the EU

ISBN (epub): 978-3-95578-465-2

ISBN (Druck): 978-3-95578-365-5

 

Inhalt

Einführung

1 Über die Schwelle

2 Die Arche

3 Der Wein des Geistes

4 Reinigung

5 Ich bin

6 Glückseligkeit

7 Eine neue Kirche

8 Schule auf der Schwelle

Nachwort

Über den Autor

 

 

Einführung

Ruft ihr mich an, geht ihr hin und betet zu mir,dann werde ich auf euch hören.Und sucht ihr mich, so werdet ihr mich finden,ja, fragt ihr mit eurem ganzen Herzen nach mir,so werde ich mich von euch finden lassen, spricht der Herr.

Jeremia 29,12-14a

Irgendwann im Sommer saß ich auf dem winzigen Balkon meines Hauses und hatte nichts zu tun. Sie lesen richtig: nichts. Es gibt diese Momente – und sie sind selten genug –, wo einem gar nicht einfallen mag, was unbedingt und sofort als Nächstes zu regeln ist.

Die Dringlichkeit des Unwesentlichen ließ mir also eine Verschnaufpause und in ihr ereignete sich auf einmal ganz unerwartet ein Wechsel der Wahrnehmung. Plötzlich nahm mein Geist eine Veränderung wahr, eine „Öffnung“ zur Dimension des Geistes hin. Erfreut und überrascht wandte ich mich dieser Einladung zu und stand im Geist unvermittelt vor dem Eingang eines sommerlichen Gartenhauses. Ich wusste in­stinktiv, dass dieses Haus ein „Sommerhaus Jesu“ ist, gelegen in einem weiten Gartenland unter einem wunderbar blauen Himmel mit einer warmen Brise in der Atmosphäre.

Diese Kulisse bildete den Auftakt für eine Reihe von Visionen, die sich über ein ganzes Jahr hin ereigneten und mich vieles lehrten. Weil ich davon ausgehe, dass sie auch andere Menschen inspirieren, ermutigen und in ihrer eigenen Auseinandersetzung mit geistlichen Fragen anregen können, habe ich einige davon in diesem Buch zusammengefasst.

Persönliche Ansprache

Viele dieser Offenbarungen sind sehr persönlich, was in der Natur der Sache liegt, jedoch kann uns gerade diese ganz persönliche und unmittelbare Ansprache helfen, nicht zu sachlich und rational an Themen heranzugehen, die herzlich sind.

Es hat mich in Gottesdiensten und Predigten schon immer gestört, wie über die größten und wunderbarsten Dinge häufig so gleichförmig und langweilig gesprochen wurde, dass es zu keinerlei Regung auf Seiten der Zuhörerschaft führte. Dies wurde auch gar nicht erwartet. So wurden etwa die Auferstehung Jesu, die Wiedergeburt und Erfüllung mit dem Heiligen Geist oder selbst das Reich Gottes und der Himmel so nichtssagend und in einer so unwirklichen Theologensprache abgehandelt, dass einem nicht einfallen konnte, es handele sich dabei um reale oder gar für das praktische Leben relevante „Dinge“.

Wie in meinen anderen Büchern auch, muss ich gleich zu Anfang darauf hinweisen, dass Gott meines Erachtens offensichtlich nicht so sehr an die Macht der Information und des Wissens glaubt, wie wir modernen Menschen das heutzutage tun. Er spricht erstens in einer ganzheitlichen Art und Weise zu uns, d. h. er bezieht in seine Rede Bilder, Gleichnisse und Gefühle mit ein, um nicht nur unseren Verstand, sondern auch unsere Emotionen und unser Herz anzusprechen. Zweitens bleibt er oft über lange Zeit bei einem Thema – bis uns klar wird, wie vielschichtig es ist und wie oberflächlich wir damit umgegangen sind. Bis etwas wirklich „in unser Herz fällt“, braucht es viel mehr Zeit, als wir meinen. Da wir ohne ständige Abwechslung schnell ermüden, fällt uns diese Seite des Redens Gottes nicht leicht; er aber legt seinen Finger penetrant und anhaltend auf wenige Bereiche oder gar nur einen einzelnen Punkt, um uns aus der Zerstreuung zu sammeln und zu konzentrieren. Dadurch will er eine wirkliche Veränderung bewirken, ja, eher eine Verwandlung. Darum geht es ihm, und nicht darum, Wissen anzuhäufen und kleine Schriftgelehrte zu werden.

In die Tiefe gehen

Die Feststellung, dass viele Themen, die uns scheinbar völlig vertraut und gewohnt sind, nie bis in unsere Tiefe vorgedrungen sind und dort, im Wurzelbereich unseres Wesens, keinerlei Niederschlag gefunden haben, ist gleichermaßen erschütternd wie auch herausfordernd. Wir sind mit Vielem fertig – meinen wir –, aber das Viele ist noch lange nicht fertig mit uns! Gott hat erst mit uns angefangen; und wenn wir in einen Dialog mit ihm eintreten, entdecken wir, wie klein und nichtig unsere Vorstellungen sowohl von ihm und uns als auch von Himmel und Erde sind. Wir entdecken die Ambivalenz, in der wir stecken: Einerseits sehnen wir uns nach der Größe, Weite und dem Abenteuer eines offenen Horizontes, andererseits fürchten wir uns davor und schrecken zurück in unsere kleinen Illusionen einer berechenbaren Welt und ebenso berechenbaren Geistlichkeit.

„Berechenbarkeit“, oder sagen wir „Kontrolle“, ist eine ebenso große Versuchung wie Fiktion. Sie verschont uns vor der Herausforderung, vertrauen zu müssen, um die Wahrheit zu finden und den Heiligen Weg zu gehen, der höher ist als unser Verstand.

Gott ist kein Versicherungsmakler, sondern der Schöpfer von Himmel und Erde – und mal ehrlich: was wissen wir denn von Himmel und Erde? Seltsamerweise haben die meisten Christen die Vorstellung von Gott, dass er im Himmel auf seinem Thron sitzt und, tja, was eigentlich tut? Er hat die Hände fromm gefaltet im Schoß liegen, während die Welt zum Teufel geht, und scheint ausschließlich abzuwarten, bis die Uhr abgelaufen und „game over“ ist. Dann kommen die Entrückung und das Gericht, wo er wieder aktiv wird.

Jawohl, es gibt Bibelstellen, die nahelegen, dass Gott alle seine Werke bereits vollbracht hat, aber wie er sich darin bewegt und handelt, was verstehen wir davon? Wenn wir ein Haus gebaut haben, kann uns sein Äußeres keinen Aufschluss darüber geben, wie das Leben einer Familie darin aussieht; nicht einmal das Wissen um alle seine Baumaterialien würde uns dabei helfen. Aber eben um das Leben geht es, darüber lässt Jesus in den Evangelien gar keinen Zweifel. Er ist gekommen, um uns das Leben zu bringen, sein Leben, das ewige Leben – und es ist menschlich unberechenbar und größer, als wir uns vorstellen können; denn sonst ist es nicht wirklich lebendig und schon gar nicht göttlich. Mögen wir also in der Bibel auch viele Details über das Reich Gottes und allerlei Prinzipien des Glaubens mitgeteilt bekommen, so ist es doch etwas ganz anderes, darin zu leben, als nur viel darüber zu wissen.

Kennen wir Gott?

Wir wissen von den schöpferischen und kreativen Dimensionen des Himmels im Allgemeinen und praktisch gesehen wenig und neigen dazu, unsere menschlich-irdischen Begrenzungen auf diese Dimensionen zu projizieren und sie somit unseren irdischen und kulturellen Gegebenheiten anzugleichen. Zumeist wollen wir Gott „zwingen“, nach unseren Regeln zu spielen und unsere Sprache zu sprechen, anstatt umgekehrt. Wir meinen, wenn die Regeln nur religiös sind und das Gerede fromm, dann sei alles okay, aber seltsamerweise hält sich Gott nur selten an unsere Vorgaben und Predigten über ihn. Auch will er uns nicht immer hinterherlaufen, sondern fordert uns geduldig, aber bestimmt, dazu auf, endlich einmal IHM zu folgen.

Manche haben nicht nur dieses Bild eines tatenlosen Gottes, sondern auch das eines beharrlich schweigenden. Alles ist gesagt, wir haben die Bibel und fertig. Aber alles, was gesagt ist, spricht weiter und will immer neu und immer wieder gehört, bewegt, entfaltet und verstanden werden. Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam, heißt es in Hebräer 4,12, und es will in uns leben und wirken.

Mögen die folgenden Visionen, Gleichnisse und Dialoge den Leser etwas mehr darüber entdecken lassen, was das Wort Gottes in ihm schon getan hat, aktuell tut und noch tun will. Mögen sie den schlafenden Glauben wecken, die verschütteten Hoffnungen beleben und die Liebe neu entfachen. Der Dialog Gottes mit uns hat wohl immer mit diesen drei Dimensionen zu tun:

Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei; die Größte aber von diesen ist die Liebe (1 Kor 13,13).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Anmerkung zu Zitaten: Die von mir in meinen Büchern benutzten Zitate dienen ausschließlich der Erläuterung, Bereicherung und Untermauerung des eigenen Textes. Sie sollen zum Nachdenken anregen, inspirieren, Gedankengänge zusammenfassen und, je nachdem, den Text auflockern und den Leser zum Schmunzeln bringen. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass ich weder alle Werke der von mir zitierten Autoren kenne, noch zwingend deren Weltanschauungen oder sonstigen Ansichten teile.

 

Kapitel 1: Über die Schwelle

Klopft an und es wird euch aufgetan werden.

Matthäus 7,7

Zeit haben

Auf meinem Balkon sitzend, nähere ich mich also in einer Vision dem himmlischen Sommerhaus, welches harmonisch in einem ausgedehnten Garten liegt. Es ist kein Palast oder etwas dergleichen, sondern ein leichter, eher unscheinbarer Bau aus Holz, geeignet sowohl für die Unterbringung von Gartengeräten als auch für Pausen in der Hitze der warmen Monate. Mich lässt der Anblick spontan an „Ferien“ denken.

Ganz leicht war es für mich gewesen, vom Sichtbaren in das Unsichtbare hinüberzuwechseln; ich spürte den Übergang. Ich lag in meinem Klappstuhl, dachte an nichts Konkretes und war in einem Zustand des Dösens – nicht wach aber auch nicht schlafend, irgendetwas dazwischen.

Nach einem Moment der Überraschung und dem Versuch, mich zu orientieren, klopfe ich an die Tür der Hütte, die sich mir sogleich mit den Worten „Komm herein! Ich habe Zeit und nichts zu tun!“ öffnet.

Ein wenig erstaunt, sowohl über die prompte Öffnung der Tür als auch über die Worte, trete ich ein; auch ich habe ja Zeit und nichts zu tun … Ich trete über die Schwelle und will beherzt und selig sein, denn ist dies nicht SEIN Haus?

Und da sehe ich ihn auch schon: Jesus sitzt an einem der Fenster in einem Schaukelstuhl und wippt leicht vor und zurück. Mit einer einladenden Geste bietet er mir wortlos einen Platz an. Der Raum sieht behaglich und einfach aus, er ist ein schattiger Platz in der Hitze, ein Gartenhaus eben. Ich setze mich in einen Sessel an einem kleinen Tisch und schaue auf den Herrn.

„Etwas zu trinken?“, fragt er.

„Gerne, ja“, antworte ich und schon erscheint wie aus dem Nichts ein kaltes Getränk vor mir. Ich nippe daran, es ist erfrischend und schmeckt zitronig. Dankend nicke ich Jesus zu und weiß intuitiv, es gilt hier weder etwas zu verlangen noch zu erbringen, sondern nur „da zu sein“. Zugegeben, eine nicht ganz einfache Übung für mich.

Das Geheimnis der Wunde

„Ich hab nach dir gesucht, weißt du“, sage ich nach einer Weile gemeinsamen Schweigens. „Mein Herz sucht immer nach dir, aber die Seele nicht. Aber wenn sie mitmacht, dann ist sie stets glücklich. Sie lernt nur mühsam … und mein Körper, nun ja, er sieht beschämend vernachlässigt aus, aber …“

„Setzt dich doch etwas näher“, unterbricht mich der Herr, ohne meine Worte zu kommentieren. So stehe ich auf und setze mich dichter an ihn heran. Diese größere Nähe lässt die Selbsterklärungen verstummen; der Herr wird wichtiger und die Nähe verlangt eine andere Aufmerksamkeit als die Distanz.

Ich habe Jesus gar nicht gefragt, wie es ihm geht!, fällt mir auf einmal ein und ich erkenne, wie sehr ich bei mir selbst bin und mich nur um meine eigene Befindlichkeit drehe. „Wie geht es dir, Herr?“, frage ich leise, und bei diesen Worten erwacht mein Gefühl und fließt zu ihm hin.

Er erwidert auch diesmal nichts, sondern schlägt kurz sein Gewand zurück und zeigt mir die Wunde an seiner Seite.

„Oh …“, sage ich und möchte der Stoff sein, welcher die Wunde zudeckt und birgt. Vielleicht ist es ein Aspekt von Liebe, dass man die Wunden des anderen bedecken und sich schützend vor ihn stellen will. Selbst wenn das Böse übermächtig erscheint und wir dagegen wie nichts aussehen, müssen wir das füreinander tun. Ich muss an eine Geschichte denken, die ich vor langer Zeit einmal in meinem Tagebuch festgehalten habe:

Im Himalaja war ein Waldbrand. Während die meisten Leute rundum mit Löschen beschäftigt waren, bemerkte ich mehrere Männer, die standen und blickten an einem Baum empor. Sie zeigten auf ein Nest voll junger Vöglein auf einem Baum, dessen Zweige schon in Flammen standen. Darüber flog ein Vogel in großer Angst ziellos umher. Sie sagten: „Wir wollten, wir könnten jenes Nest retten, aber wir können wegen des Feuers nicht hingelangen.“Ich gab Acht und sah wenige Minuten später, wie das Nest Feuer fing. Ich dachte: „Nun wird die Vogelmutter fortfliegen.“ Doch nein! Ich sah, wie sie herabflog und ihre Flügel über ihre Jungen breitete, und in wenigen Minuten war sie mit ihnen zu Asche verbrannt. Niemals zuvor hatte ich etwas Ähnliches gesehen.Dann sagte ich zu den Umstehenden: „Wir sind über diese wunderbare Liebe erstaunt. Aber bedenkt bitte: Wenn solch erstaunliche Liebe sich schon in diesem kleinen Geschöpf findet, wie viel wundervoller muss dann die Liebe dessen sein, der ein so selbstloses Wesen geschaffen hat! Dieselbe unendliche Liebe bewegte ihn so, dass er vom Himmel herabkam und Mensch wurde, damit er dadurch, dass er sein eigenes Leben gab, uns, die wir in unseren Sünden zu sterben drohten, errettete.1

Die Liebe, die mich sieht

Da betritt jemand anderes den Raum und sagt: „Ich habe dich kommen sehen und wollte dich begrüßen!“

Ich drehe mich um und mustere die muntere Person, von der eine sehr lebendige Ausstrahlung ausgeht. „Bist du die Liebe?“, frage ich die Person spontan, die weder Mann noch Frau ist, sondern beides in sich vereinigt; irgendwie weiß ich einfach, dass sie es ist. In der Gegenwart Jesu weiß man vieles intuitiv, manchmal geradezu alles. Es ist ein anderes Wissen als das des Verstandes, ein ganzheitliches Erkennen.

„Ja“, antwortet die Person bestätigend, „ich bin die Liebe und vermag alles miteinander zu vereinen. Du sollst die Wunde des Herrn sehen, denn Verwundung ist eine mächtige Realität. Die Liebe führt zu stellvertretenden Wunden und Leiden; sie nimmt sie auf sich, um sie zum Thron der Gnade zu tragen.

Nicht jede Wunde ist gleich. Diese des Herrn ist ‚aktiv‘, sie zieht einerseits viele Leiden in sich hinein, aber ebenso zieht sie viel Erbarmen auf sich. Sie ist für die Heilung der Welt unerlässlich. Jesus trägt diese Wunde; er ist der Körper, auf dem sie sein kann und wo Erlösung wirkt.“

Ich versuche, den Worten zu folgen. So nah an den Wunden Jesu ist es nicht möglich rein „sachlich“ oder „dogmatisch“ darüber zu denken oder zu sprechen. Mir war gar nicht bewusst, wie bedeutungsvoll diese Wunden für die Erlösung der Welt sind. Eine Wunde für alle …

„Das Kreuz hat mit Wunden der Erlösung zu tun“, nickt LIEBE, die meine Gedanken offenbar kennt. „Die Liebe ist davon angezogen und dient mit der Kraft, die diese Wunden freisetzen.“

„Zieht die Wunde auch alle Krankheit aus mir heraus in sich hinein?“, frage ich die Liebe nicht eben selbstlos. „Wie geschieht denn das?“

Die Liebe hat sich zwischenzeitlich zu mir gesetzt; sie ist groß und ich fühle mich in ihrer Nähe geborgen und klein wie ein Kind.

„Weißt du“, erklärt LIEBE, „das Geheimnis der Wunde wird denen offenbar, die der Wunde nicht ausweichen und sie mit etwas anderem zudecken als mit Liebe.

Liebe geht mit Wahrheit einher. Gib dein Verwundetsein nur zu und halte Gott dein Leid hin, dann kommt Wunde zu Wunde, Leid zu Leid, dann geht die eine Wunde in die andere über und du genest. ICH bin es, die die Wunden vereint und so die Heilung fließen lässt. Ich bin die Herrin der Erlösung, die Versöhnung wirkt; niemand kann sich an mir vorbei Erlösung nehmen, was aber viele versuchen. Sie wollen erlöst sein, aber nicht lieben – siehst du nicht ein, wie verrückt das ist? Sie wollen Befreiung nur, damit es ihnen besser geht – nicht um zu lieben. Sie wollen den Himmel um ihretwillen, nicht um seinetwillen“, dabei nickt die „Herrin der Erlösung“ in Richtung von Jesus im Schaukelstuhl. „Sie können die Wahrheit nicht begreifen und den Himmel nicht betreten, denn dies geht nur in Liebe. Komm ich zeig es dir.“

Während ich versuche, die gesagten Worte zu begreifen und ihr Gewicht zu erfassen – was mir nicht so schnell gelingt –, steht die Liebe schwungvoll auf und fordert mich mit einer Geste auf, mit ihr zu kommen. Ich schaue auf Jesus im Schaukelstuhl und weiß nicht, ob ich denn einfach gehen kann. Es ist Jesus! Aber irgendwie ist er auch in der Liebe und die Liebe in ihm, was ich wiederum intuitiv spüre. Das ist diese einende Wirkung der Liebe, von der sie eben noch sprach. Jetzt mit LIEBE zu gehen, das trennt mich nicht von Jesus. An diesem himmlischen Ort schon gar nicht.

Sie geht zielstrebig durch einen anderen Raum hinaus in den Garten, der das Sommerhaus umgibt. Sie geht über ein paar Holzstufen in das helle und warme Sonnenlicht und ich folge ihr. Es ist wunderschön. Was wird LIEBE mir denn hier zeigen?

Gittas Garten

Wir befinden uns zu meinem Erstaunen in Gittas Garten, dem großartigen Garten meiner Frau, und die Vögel tanzen zahlreich und lebendig hin und her. Sie haben die Kästen bezogen, die Gitta ihnen aufgehängt hat, und scheinen auch sonst in jedem Baum und Strauch des Gartens zu wohnen. Dass sie den Garten und die Kästen so annehmen, macht uns glücklich und zufrieden; dadurch kommen wir miteinander in Berührung. Im Winter haben sie die Futterhäuschen und Futterkugeln angenommen, was die gleiche Wirkung hat.

Verblüfft schaue ich mich um und dann fragend auf LIEBE.

„Wofür hat Gitta diese Mühe auf sich genommen?“, fragt sie mich. „Was hat sie mit den Vögeln?“

„Was soll ich dazu sagen? Ich denke, die Vögel sind Teil des Gartens, und Gitta dient dem Garten, weil sie ihn liebt und mit ihm eins sein will. Alles, was in ihm vor sich geht, geht sie etwas an, und sie spürt es auch. Sie gibt sich wirklich viel Mühe mit dem Garten und vieles scheint mir unnötig viel Arbeit und manches geradezu „unvernünftig“ zu sein; der Garten lässt sie manchmal wie ein Kind werden.“

Ich denke daran, wie mich Gitta immer wieder durch ihren Garten führt und mir stolz all seine Schönheiten präsentiert und alle neuen Pflanzen vorstellt, die sie gepflanzt hat oder die einfach „aufgetaucht“ sind und ihr von Gott geschenkt wurden.

„Wie die Liebe so ist, nicht wahr?“, antwortet die LIEBE lächelnd auf meine Gedanken und schaut mich mit ihren lebendigen Augen direkt an. „Nur als ein Diener des Gartens kann man Herr des Gartens sein, nur als sein ‚Kind’ und direkt Anteilnehmender seine Pracht empfangen und sein Geheimnis erfahren. Allein dem Liebenden offenbart sich die Wirklichkeit der Dinge; die anderen sehen nichts, nur „Dinge“. Für sie ist Gras einfach nur Gras und ein Vogel nur ein Vogel; die Realität oder der Geist des Grases und des Vogels bleiben unerkannt und können sich ihnen nicht zeigen.“

Während ich zu verstehen versuche, was mit diesem „Geist“ gemeint sein soll, redet LIEBE weiter: „Wo ich bin, kann sich alles ohne Furcht zeigen, und das ist Heilung. In der Welt ohne Liebe muss alles seine wahre Gestalt und seinen wirklichen Zustand verbergen; der Geist zieht sich zurück wie die Schnecke in ihr Haus und wird unsichtbar. Gewöhnt an diese Situation, meint der Mensch, das Äußere sei das Wirkliche und Einzige, einen ‚Geist‘ dahinter gäbe es nicht, was Unsinn ist. Das Äußere, die Materie, ist doch nur Ausdruck und gewinnt seine Form immer von einer inneren Wirklichkeit und Kraft her. Das Eigentliche am Schneckenhaus ist die Schnecke darin und nicht das Haus darum herum. Aber auch die Schnecke im Haus ist wiederum die Hülle einer noch verborgeneren Gestalt in ihr.

Hinter dem Vorhang der Äußerlichkeit, ganz nah, ist das Haus des Herrn, und er hat Zeit für euch, aber ihr seht das den äußeren Dingen nicht an; sie alle sind jedoch nur ein Vorhang. Zieh ihn zur Seite und tritt ein in das Haus der Wirklichkeit.“

Der Vorhang

Wer waren doch gleich jene beiden Künstler in alter Zeit, welche miteinander im Wettstreit lagen, welcher von ihnen die sichtbare Welt am getreuesten malen könnte?„Nun werde ich dir beweisen, daß ich der Beste bin“, meinte der Erste und zeigte ihm einen Vorhang, den er gezeichnet hatte.„Also bitte“, erwiderte der andere, „dann zieh doch mal den Vorhang beiseite und lass dein Bild von der Welt sehen.“„Der Vorhang ist doch das Bild“, antwortet der erste der beiden mit einem Lachen.2

Die Rede von LIEBE ist tief und hat eine ebenso tiefe Wirkung auf mich. Die Worte sind nicht nur Information, sondern haben einen Klang und eine Weise, die etwas in mir zur Resonanz bringen. Ich stehe in diesem Garten, den ich ja kenne, aber es ist, als hätte ich ihn doch noch nie wirklich gesehen. Ich sehe ihn nicht so, wie Gitta ihn sieht. Das Leben in ihm, welches sich so unendlich vielfältig in all den zahllosen Pflanzen und Tieren ausdrückt, ist mir verborgen. Auch ich sehe zumeist nur die äußere Gestalt an und meine zu wissen, was das ist. Es steigt ein Gefühl von Wehmut darüber in mir auf, denn hier spüre ich ganz genau, dass das Leben dort, im Garten, das Leben hier, in mir, ruft und umgekehrt. Die Resonanz des Lebens ist mir in der Gegenwart der LIEBE auf einmal ganz deutlich, und ich erlebe, dass das Leben in einem ständigen Dialog steht, aber meinem Verstand entgeht das; er versteht die Sprache nicht. Er versteht sich erst gar nicht als Teil dieses größeren Lebens, sondern stellt sich irgendwie daneben und darüber und will das Leben wissen, aber nicht leben, denn dies entzieht sich seiner Kontrolle.

„Wie ziehe ich den Vorhang zur Seite?“, frage ich die LIEBE und bin wirklich gespannt darauf, was sie mir dazu sagen wird. Immer wieder stelle ich mir diese Frage und will so gerne in der Lage dazu sein, den Vorhang zu bewegen – wenn dies überhaupt menschenmöglich ist.

„Verlangen, Wehmut, Sehnsucht, Harren … das und dergleichen sind Eigenschaften, die die Hand an den Vorhang legen. Sie werden ihn beizeiten zur Seite ziehen, denn von der anderen Seite lege auch ich die Hand auf den Vorhang und ziehe mit dem Sehnsüchtigen gemeinsam den Schleier beiseite und hole ihn unversehens über die Schwelle.“

„Verlangen, Verzweiflung bzw. Wehmut, Sehnsucht, Harren … das kann man alles nicht nach Belieben an- und ausschalten und benutzen“, antworte ich. „Wie soll man solche Haltungen überhaupt nennen? Klingt alles nach Leiden … Wie kann ich diese Eigenschaften finden, einnehmen, gar kultivieren – ohne Leiden? Wie kann ich mich ihnen so hingeben, dass sie in mir ihr Werk tun und mich an den Punkt bringen, den Vorhang zu bewegen? Wie …“

„Damit sind wir wieder bei der Wunde“, fällt die LIEBE mir ins Wort. „Das wahre Leiden ist nicht so anfällig für den Betrug der Sünde; es hat die Sünde leid (vgl. 1 Pt 4,1-2) und will nicht mehr so tun, als sei alles in Ordnung, während es das nicht ist, sondern deckt das tiefer liegende Sehnen und Stöhnen nach dem Leben und der Herrlichkeit auf, die wirklich und ewig sind. In jedem Menschen liegt es tief verborgen und treibt diese Sehnsucht und Verzweiflung, Wehmut und Sehnsucht an. Hört ein Mensch damit auf, dann erlischt sein Geist in ihm. Dann wird er bald sterben.“

Bei dieser Rede von LIEBE fällt mir ein alter Text von Gerald May ein; ich weiß allerdings nicht mehr, wo genau ich diese Worte gefunden habe:

Wenn die Sehnsucht schier unerträglich wird, dann beerdigen wir sie oft unter rastloser Geschäftigkeit und einer Fülle von Gedanken; oder wir versuchen, ihr zu entfliehen, indem wir unser unmittelbares Bewusstsein für das Leben einschläfern. Es ist möglich, der Sehnsucht jahrelang, ja selbst jahrzehntelang davonzulaufen, aber wir können ihr nie gänzlich entkommen. Sie wird uns immer noch anrühren, wird hier und da aufflackern in unseren Träumen, unseren Hoffnungen, in unseren unbeobachteten Momenten.3

Liebe spricht weiter: „Eben, drüben im Sommerhaus, da deckte dir der Herr kurz seine Wunde auf und sogleich erschien ich, da ich dem Offenlegen der Wunden nicht widerstehen kann. Die Salbe, die ich dabeihabe, heißt „Gnade“. Du selbst kannst heute deine Leiden dazu nutzen, um wahrhaftig zu sein und die Wirklichkeit zu suchen, die jenseits des Vorhangs der Äußerlichkeiten liegt. Und auch für dich halte ich Gnade bereit.“

Ich trinke die Worte der Liebe in mich hinein wie das himmlisch erfrischende, zitronige Getränk, welches mir Jesus wie aus dem Nichts erscheinen ließ.

„Du willst wissen, was dort – jenseits des Vorhangs – geschieht? Und wie du mit der geistlichen Wirklichkeit auf der einen Seite und dem irdisch-physischen Bereich der sichtbaren Welt auf der anderen Seite zusammenwirken kannst?“, fragt LIEBE und ich nicke.

„Du willst das Kranke auf der einen Seite mit der Heilung auf der anderen Seite verbinden und es so regenerieren und erneuern?“ Ich nicke.

„Deine Ahnung, dass dies möglich ist und somit vollkommene Wiederherstellung erlangt werden kann, ist revolutionär und aufregend“, stellt LIEBE fest. „Es ist die Erfüllung des Wortes Jesu: Siehe, ich mache alles neu (Offb 21,5). Der Weg der Erneuerung, des Reboots, der Heilung, der Wiederherstellung – nenne es, wie du willst – ist stets eine Abgleichung des Sichtbaren mit dem Original im Geist, ein Anknüpfen an den ursprünglichen Zustand, der dort gespeichert ist und von der Sünde und ihren zerstörerischen Folgen nichts weiß. Dieser Zustand ist ‚heilig und selig‘.