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Im geistlichen Leben geht es wesentlich um Übergänge. Wir gehen von der Finsternis ins Licht, von einem egozentrischen in ein christozentrisches Leben. Dabei gilt es, eine Menge „Altes“ abzulegen, um in noch viel mehr „Neues“ einzutreten. Einige Geheimnisse des spirituellen Weges werden in diesem Buch gelüftet. Der Autor gibt dem Leser Anteil an seinen abenteuerlichen Erlebnissen und Erkenntnissen auf der Schwelle zwischen der einen und der anderen Seite. Es wird deutlich, dass wir die Schwelle weder durch religiöses Verhalten noch durch hohe Moral überschreiten, sondern an der Hand Jesu, in der Liebe des Vaters und in der Kraft des Heiligen Geistes. Gott selbst bringt uns an die Grenzen des Möglichen und trägt uns darüber hinaus. Dieses Buch vollendet die im Buch „Die Geisterstadt“ begonnene und im Buch „Unterwegs in die goldene Stadt“ fortgesetzte Reise mit dem finalen Eintritt in die Heilige Stadt und das Paradies Gottes. Eine große Vision.
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Seitenzahl: 276
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Frank Krause
Über die Schwelle
Vom Geheimnis des Übergangs
GloryWorld-Medien
1. E-Book-Auflage 2016
© 2015 Frank Krause
© 2015 GloryWorld-Medien, Xanten, Germany, www.gloryworld.de
Alle Rechte vorbehalten
Bibelzitate sind, falls nicht anders gekennzeichnet, der Elberfelder Bibel, Revidierte Fassung von 1985, entnommen.
Weitere Bibelübersetzungen:LUT: Lutherbibel, Revidierte Fassung von 1956/64NGÜ: Neue Genfer Übersetzung, 2009
Das Buch folgt den Regeln der Deutschen Rechtschreibreform. Die Bibelzitate wurden diesen Rechtschreibregeln angepasst.
Lektorat/Satz: Manfred MayerGrafiken: Sylvia Krzemien, www.zoi-lovespainting.deUmschlaggestaltung: Kerstin & Karl Gerd Striepecke, www.vision-c.deFoto: istock
Printed in Germany
ISBN (epub): 978-3-95578-194-1
ISBN (Druck): 978-3-936322-94-1
Vorwort
Einführung
1. Die Hand des Herrn
2. Sünden-Check
3. New Deal
4. Revolution Heiligkeit
5. Komm zur Ruhe
6. Abba, lieber Vater
7. Augensalbe
8. Laodiceas Kleid
9. Wer bist du?
10. Geheimnisse
Ich kenne Frank Krause als jemanden, der der Liebe Gottes mit allem, was er ist und hat, hinterher ist. Er „jagt“ der Offenbarung des Vaterherzens nach, die heute an verschiedenen Stellen auf der Erde aufbricht. Darüber hinaus ist ihm ernsthaft daran gelegen, diese Offenbarung an so viele Menschen wie möglich weiterzugeben: durch das Schreiben von Büchern – dies ist seine 12. Publikation! –, aber noch mehr dadurch, dass er selbst die Botschaft wird, die er verkündet.
Die Vision dieses Buches öffnet dem Leser eine himmlische Tür und lädt ihn dazu ein, über die Schwelle zu kommen und einzutreten. Das erfordert zweierlei: Einerseits das Ergreifen des Neuen, welches sich offenbart, andererseits die Bereitschaft, das Alte loszulassen, an das wir so gewöhnt sind.
Frank und ich haben viel Zeit miteinander verbracht und die „heilige Präsenz“ dessen geteilt, worüber das Buch spricht. Worte sind indes nicht genug, um das Geheimnis zu vermitteln. Menschen müssen an jenen Ort gelangen bzw. in die Position gebracht werden, wo sie die Liebe eines extrem liebenden Vaters ganz persönlich erleben können. Wie wunderbar ist die Erfahrung der Ruhe, die wir im Haus des Vaters finden! Sie verwandelt unser ganzes Leben und bringt eine frische Veränderung in unseren Alltag.
Dieses Buch hilft dem Leser über die Schwelle hinein in eine tiefe Erkenntnis darüber, welche Fülle an Leben der Himmel für ihn bereithält. Freuen Sie sich über jeden Schritt auf diesem Weg!
Henk Bruggeman
FatherHouse TheMovement
Preist den Herrn, denn er ist gut, denn seine Gnade währt ewig! So sollen sagen die Erlösten des Herrn, die er aus der Hand des Bedrängers erlöst hat. Die er gesammelt hat aus den Ländern, von Osten und von Westen, von Norden und von Süden.
Psalm 107,1-3
Gott ist im Geschäft der Sammlung tätig, der „Bedränger“ aber im Geschäft der Zerstreuung.
Heute finden wir ein unglaubliches Maß an Zerstreuung und Verwirrung; die Bedrängnis hat trotz all dem Wissenszuwachs und Fortschritt mächtig zugelegt und viele meinen, nun sei das Ende der Welt endgültig gekommen, da die Krisen und Katastrophen sich überschlagen und ganz nach den „Wehen der Endzeit“ aussehen, über die Jesus in Matthäus 24 spricht.
Gott sammelt und erlöst nicht Religionen und Kirchen, er sammelt und erlöst Menschen. Dies ist ein Fakt, der leider auch in mancher christlichen Gemeinde leicht übersehen und missverstanden wird. Alle starren verunsichert auf die Gemeinde und ihre Leiter, die sie jedoch nicht aus der Bedrängnis erlösen können, anstatt auf den Herrn, der es sicher kann. Die „Erlösten des Herrn“, die er selbst aus allen Himmelsrichtungen sammelt und zu einer „heiligen Nation“ zusammenfügt, sind eine Gemeinde und seine Gemeinde; niemand hat sie erlöst als Gott alleine und niemand sammelt sie, als er alleine. Diese Leute sind wahrhaft göttlich! Sie sind wahrhaftig in der Lage zu sagen: „Preist den Herrn, denn er ist gut, denn seine Gnade währt ewig!“
Die „heilige Nation“ besteht aus Menschen, die eine bestimmte Erfahrung gemacht haben: eine Erfahrung der Befreiung aus der Bedrängnis, eine Erfahrung von himmlischer Gnade und Güte. Sie sind Zeugen dieser Erfahrung geworden und diese Erfahrung führt, wenn sie anhaltend ist, zu einer grundlegend neuen Identität: Die „Bedrängten“ werden „Erlöste“, die „Zerstreuten“ werden „Gesammelte“. Die vormals keine Gnade kannten, werden nun vertraut mit „ewiger Gnade“.
Nun mögen wir einwenden, dass wir das als gute Christen doch alle längst wissen und glauben. Außerdem sei es doch ganz einfach, zu sagen: „Preist den Herrn, denn er ist gut …!“ Ja, theoretisch und rein technisch gesehen, ist das leicht möglich und wird auch überall so gemacht, aber das Aufsagen von Psalmen, liturgisches Nachplappern von Bekenntnissen sowie das Ansammeln von Theologien verändert unsere Identität nicht; dazu braucht es mehr als das – viel mehr.
Über die notwendige Veränderung unserer Identität, ja unseres ganzen Seins1 – Körper, Seele und Geist –, habe ich im vorigen Buch mit dem Titel Auf dem Weg in die goldene Stadt, dem zweiten Teil dieser Trilogie, einiges geschrieben. Mir wurde dort offenbar, dass wir in jene goldene Stadt, das neue Jerusalem, in die Gott seine heilige Nation aus allen Himmelsrichtungen und Völkern sammelt (vgl. Offb 7,9), nur gelangen können, wenn wir ihr entsprechen … wenn wir mit ihr identifiziert sind. Wir müssen „kompatibel“ mit ihr werden … ein Teil von ihr … wir müssen also verwandelt werden.
Mir wurde auch gezeigt, dass diese Stadt eine „Braut“ ist (vgl. Offb 21,1-2). Sind wir nicht in den Bund mit Gott eingetreten – in Liebe und Wahrheit –, erreichen wir nicht das Ziel der Sammlung: die große Hochzeit in der ewigen Stadt, wo wir die vollständige Einheit wiedergewinnen, die durch die Sünde zerstört würde.
Über all das kann man sprechen und philosophieren, aber das sind nur Worte. Die Worte müssen uns motivieren, selbst den Weg zu gehen und uns auf all das Gesagte einzulassen – mit unserem ganzen Leben; weniger ist zu wenig. So ist das eben, wenn man heiratet – ganz oder gar nicht.
Das gewohnte Wochenend-Christentum hat keine Kraft, uns den Weg in den Himmel zu führen, uns durch die Prozesse der nötigen Verwandlung zu begleiten und in den Geist der Braut zu taufen, die ganz alleine würdig ist, die goldene Stadt zu betreten.
Mir scheint, dass viele Christen nicht begreifen, wozu sie eigentlich erlöst wurden und wohin die Reise geht. Sie drehen sich um das, wovon sie erlöst wurden, und sie gehen in die Kirche – und fertig. Was sollte Gott denn noch mehr von ihnen verlangen?
Ich hoffe, meine Bücher haben den interessierten Lesern aufgeschlossen, dass Gott wahrlich etwas anderes als das verlangt und dass Gottesdienstbesuche allein nicht in der Lage sind, uns zu neuen Menschen bzw. zur Braut des Lammes zu machen, möge die Darbietung auch noch so professionell sein. Auch das vorliegende Buch führt diesen Ansatz weiter, ebenso die Vision der „großen Einheit“, um die letztendlich alles geht. Möge der Leser dadurch in seiner eigenen Geschichte mit Gott motiviert und inspiriert werden!
Deshalb will ich Sorge tragen, euch immer an diese Dinge zu erinnern, obwohl ihr sie wisst und in der bei euch vorhandenen Wahrheit befestigt seid (2 Pt 1,12).
Petrus beschreibt in dem obigen Vers, für wie wichtig er den „Dienst der Erinnerung“ hält, und führt den Gedanken in den darauffolgenden Sätzen weiter aus, da wir leicht vergessen. Nicht, dass wir nicht vieles schon gehört hätten und an Informationen heute keinen Mangel haben, aber gerade die Flut an Angeboten und Informationen kann uns das Eine und Wichtige vergessen lassen. Darum will ich an dieser Stelle kurz die Reise skizzieren, deren Finale dieses Buch darstellt.
Sie begann im Jahr 2010 in einer „göttlichen Nacht-und-Nebel-Aktion“, mit der ich gar nicht gerechnet hatte. Seinerzeit ging es mir rundum schlecht, ich fühlte mich krank und angefochten. Da, auf einmal, kamen des Nachts in einer Vision freundliche Engel zu mir, die mich stärkten und aufrichteten. Dann nahmen sie und Jesus mich im Geist mit in die Wüste zu einer im Sand versinkenden Geisterstadt. Diese Ruinen stellten dar, was wir Menschen im Allgemeinen und viele Christen im Besonderen im Geiste bauen: das totale Chaos. Es war sehr schockierend, etwa so, wie der Protagonist Neo im Film MATRIX erkennen musste, dass seine gewohnte Welt nur eine Scheinwelt darstellt, hinter den Kulissen jedoch die Wirklichkeit ganz und gar anders aussieht. Die Welt des Scheins und die des Seins driften weit auseinander und das Böse ist sehr daran interessiert, dies immer weiterzutreiben, bis wir schließlich meinen, der Schein sei die Wirklichkeit und das Sein die Illusion.
In der Vision zeigte mir Jesus, wie unterwandert die Kirche, die sich für die Hüterin der Wahrheit hält, in vielen Teilen doch ist und dass sie den Kontakt zur Realität weitgehend verloren hat. Wie „blind“ folgt sie routinemäßig einer Tradition und selbstgezimmerten Christlichkeit, die mit Christus selbst immer weniger zu tun hat und ihn ständig nach ihrem Bild formt, anstatt umgekehrt, ihm erlaubt, sie in sein Bild zu verwandeln, was sie zurück zum Ursprung, ins Paradies bringen würde. Aber davon sind wir heute weit, sehr weit entfernt und reden von Eden wie von einem Märchen, anstatt von dem Eigentlichen und Erstrebenswerten, auf das wir unsere Bemühungen konzentrieren.
Jesus wird uns zurück ins Paradies bringen, er wird die katastrophalen Folgen der Sünde umkehren und mit uns an jenen Punkt zurückkehren, wo alles begann, um eben dort mit uns einen anderen Weg zu nehmen, als der erste Adam ihn ging. Diese Umkehrung beginnt in uns, denn wenn wir dort nicht verwandelt werden, kann auch außen nichts nachhaltig verwandelt werden.
Wie gesagt, wird auch in manchen Gemeinden rein äußerlich eine Menge Frömmigkeit betrieben, die dem Inneren der Besucher ihrer Veranstaltungen jedoch in der Regel gar nicht entspricht. Die Schere zwischen Anspruch und Wirklichkeit geht weit auseinander und in diese Kluft stürzen zahllose Menschen, die daran zerbrechen oder sich so hart machen, dass sie nichts mehr merken – oder, schlimmer noch, die zu Agenten der Heuchelei werden, die das Spiel der Scheinheiligkeit gekonnt mitspielen und ihre wahre Identität darüber sowohl vergessen als auch verraten.
Die Frage danach, wer wir wirklich sind und was uns jenseits von Rollen, Inszenierungen und aufgesetzten Masken eigentlich ausmacht, ist eine immer dringendere Frage, denn die alten und traditionellen Systeme und Modelle mit ihren „klaren“ Vorgaben, Regeln und Erwartungen verlieren an Kraft und offenbaren zunehmend, was sie sind: Ruinen und Relikte einer weitgehend menschengemachten und anachronistischen Religiosität, die weder Hoffnung noch Zukunft hat … und uns weder Jesus noch dem Himmel näher bringt.
Jesus ging mit mir in der Vision hin und her zwischen der Seite des Scheins und der des Seins, zwischen Äußerlichkeit und Innerlichkeit, schillernder Illusion und rabenschwarzer Realität. Das Wechselbad war schwer auszuhalten und ähnlich reagierten auch manche Leser darauf. Sie konnten kaum glauben, was sie lasen, und waren ebenso wie ich verblüfft über diese Art der Führung durch den Herrn. Er beschönigte und beschwichtigte nichts, auch klebte er kein Pflaster auf die tiefe Wunde der Unmenschlichkeit, die oftmals durch das korrupte, religiöse System geschlagen wird. Die „Behandlung“ muss tiefer reichen. Es wurde klar, dass wir sehr viel mehr Unterscheidung brauchen, als wir gemeint haben; das Böse ist ja so subtil und raffiniert! Tatsächlich spricht die Bibel über eine Gabe des Geistes, die sich „Unterscheidung der Geister“ nennt (vgl. 1 Kor 12,10) – und ich denke, diese brauchen wir heute mehr denn je.
Um dieses „Wechselbad“ besser zu verkraften und mit meinen Fragen weiterzukommen, gab Jesus mir den Pastor der Jesus-Christus-Gemeinde zur Seite. Er hatte seinen Dienst vollendet, war gestorben und hatte nun als einer aus der Wolke der Zeugen (vgl. Heb 12,1) den Auftrag bekommen, mir anhand seiner Erfahrungen vieles zu erklären. Immer wieder gingen wir im Geist in seine Gemeinde und besprachen allerlei Beobachtungen, die wir dort machten. Dabei trafen wir stets und überall hilfreiche Engel an, die leider häufig untätig herumsaßen, weil sie niemand beachtete.
Neben Jesus, den Engeln und dem Pastor stieß später „das Kind“ zu unserer Gruppe hinzu. Wir retteten es aus dem einstürzenden Turm von Babel und brachten es in einer dramatischen Aktion aus der Geisterstadt heraus, um es nun gemeinsam hinüber in die Stadt Gottes zu bringen, die wir fern am Horizont sahen.
Das zweite Buch: „Auf dem Weg in die goldene Stadt“ beschreibt den Weg von der vergehenden Trümmerstadt hin zur Stadt Jesu, die er mir gegenüber „Frühling“ nannte. Das ganze Buch beschäftigt sich mit den „Lektionen des Weges“, auf dem Jesus uns der himmlischen Stadt immer näherbrachte und immer mehr an sie anglich, bis wir vor ihren Mauern standen und ich einfach nicht weitergehen konnte, so überwältigend war ihre Kraft, Reinheit und Majestät. Ich erlebte, dass ich noch sehr viel tiefer gereinigt werden kann und muss, als ich gemeint und je für möglich gehalten hatte. Die Engel, der Pastor und das Kind sind auf dieser Reise zur goldenen Stadt immer dabei und begleiten mich bzw. ich sie. Wir bringen ja das Kind nach Hause.
Manche haben mich gefragt, ob diese Notwendigkeit der größeren Reinigung und Transformation mich nicht erschreckt habe und Furcht davor erzeugte, „es nicht zu schaffen“, weit genug im Prozess voranzukommen. Ob ich nicht Angst empfunden hätte, den Eintritt in die Stadt Gottes zu verpassen, ihrer nicht „würdig“ genug zu sein usw.?
Die Antwort auf diese berechtigten Fragen ist ein klares „Nein“. Sogar ich war darüber erstaunt. Sicher, ich war erschüttert und manchmal einfach nur sprachlos über das Ausmaß der Verirrung und Verwirrung, in der sich viele mir bekannte Christen und Gemeinden – auch ich als einem Teil davon – befinden, aber trotzdem fürchtete ich mich nicht, denn Jesus selbst stand mir zur Seite. Seine Gegenwart nahm mir das ängstliche Starren auf meine eigene Person, sein Anblick „sog“ die Furcht geradezu aus mir heraus, sodass ich frei war und mich sowohl dem Schwierigen wie auch dem Wunderbaren stellen konnte. Eine wichtige Lektion für mich!
Am Ende dieses Buches stand ich am Eingang zur heiligen Stadt, dem neuen Jerusalem … und ebenso an den Pforten des Paradieses. Auf eine schwer zu erklärende Art und Weise hängen beide Orte miteinander zusammen und sind derselbe Ort. Auch hier sind Unterscheidung und göttliche Offenbarung gefragt, ohne die man solches nicht verstehen kann.
Die letzte Aussage Jesu war gewesen, dass ich nicht in seine Stadt und nicht in das Paradies gelangen kann, es sei denn, er selbst trägt mich über die Schwelle – wie der Bräutigam die Braut und wie ein Vater sein Kind.
Frank Krause
1 Frank Krause, Auf dem Weg in die goldene Stadt, GloryWorld-Medien 2014.
Die Hand des Herrn kam über mich und er führte mich im Geist des Herrn hinaus …
Hesekiel 37,1
Der Prophet Hesekiel spricht immer wieder von der Hand des Herrn, die „über ihn kommt“, ihn ergreift und an bestimmte Orte bringt, an denen Gott ihm etwas zeigen will. So wurde er im Geist etwa nach Jerusalem gebracht (vgl. Hes 8) oder in das Tal der Knochen (vgl. Hes 37). Offenbar kann man nicht alles zu Hause auf dem Sofa oder im heimischen Gemeindesaal begreifen. Gott will uns mitnehmen zu den Orten des Geschehens und uns über seine Sicht dieser Orte und auch seine Pläne mit ihnen informieren. Aber eben nicht nur informieren, sondern mehr als das: Er will uns daran beteiligen.
Dies ist sehr wichtig für uns und verändert unser gesamtes Verständnis des christlichen Wandels. Noch einmal: Gott will uns nicht nur informieren, sondern beteiligen. Er will uns teilhaben lassen an seinen Wegen und Werken. Wie der Vater dem Sohn seine Werke zeigt und ihn daran beteiligt, so will Gott es mit allen seinen Kindern tun; darum kann Jesus die revolutionäre Aussage treffen, dass wir die gleichen Werke tun werden wie er (vgl. Joh 14,12). Denn Jesus tat gar nichts von sich selber, sondern nur, was er den Vater tun sah (vgl. Joh 5,19), und eben auf diese gleiche Weise sollen auch wir es machen und nur so kann das Christsein wirklich gelingen.
Alle Kinder lieben es, mit ihrem Vater mitzukommen und bei ihm zu sein, wo immer er hingeht, und mitzumachen, was immer er tut. Sie wollen sich mit seinen Wegen und Werken befassen und identifizieren. Das ist Kindschaft. Das klassische Bild dafür ist der Vater, der sein Kind an der Hand nimmt oder seine Hand auf dessen Schulter legt. Ermöglicht ein Vater dies seinen Kindern nicht, reicht er ihnen also nicht die Hand, um sie an seinem Leben und Wirken zu beteiligen, dann gelingt die Identifikation nicht oder nur partiell und es bleibt eine Fremdheit zwischen Vater und Kindern. Die Hand des Herrn ist also sehr wichtig für uns, wir müssen damit Erfahrungen machen, um uns wirklich als seine Kinder zu erleben.
Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben. Mein Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer als alle und niemand kann sie aus der Hand meines Vaters rauben. Ich und der Vater sind eins (Joh 10,27-30).
Diese Verse zeigen sehr schön, wie intim das „Hand in Hand“ von Vater und Sohn ist. Und diese Nähe ist auch der Schlüssel zu der oben genannten „Unterscheidung“. Die Schafe unterscheiden die Geister nicht dadurch, dass sie über so beachtliche Bibelkenntnisse verfügen und Theologie studiert haben (obwohl ich gute Bibelkenntnis für ausgesprochen nützlich halte), sondern dadurch, dass sie die Stimme Jesu hören und ihm folgen.
Jemanden anhand seiner Stimme zu erkennen, oder gar anhand seines Händedrucks, ist viel mehr, als seine Lehren zu bejahen. Auch ein Kind kann das tun. Es ist eine Angelegenheit der Nähe und nicht des Intellekts. Je öfter wir die Hand des Herrn erleben, desto besser wird unser Gespür dafür.
Der Vorwurf Jesu an die Schriftgelehrten seiner Tage war unter anderem der, dass sie keinerlei Gespür für ihn hatten. Der Sohn Gottes stand lebendig vor ihnen und sie merkten einfach gar nichts. Das Reich Gottes war „mitten unter ihnen“ und sie konnten es nicht begreifen. Das ist einfach nur tragisch und hat Jesus zum Weinen gebracht (vgl. Lk 19,41)!
Ich fürchte, auch heute gibt es für Jesus viel zu weinen über eine weit verbreitete „Wortgläubigkeit“, die weder den Klang seiner Stimme noch den Druck seiner Hand kennt, sondern nur Buchstaben. Wie oft wurden wir vom Vater gerufen und von der Hand des Herrn herbeigewunken, um mitzukommen und an Gottes Wegen und Werken, die „höher sind als die Wege und Gedanken der Erde“ (vgl. Jes 55,8-9), beteiligt zu werden, aber wir haben nicht reagiert, weil wir uns so etwas gar nicht vorstellen konnten!
Mir jedenfalls ging es lange Zeit so. Mein Christsein war über viele Jahre eher theoretisch als praktisch; ich wusste Bibelstellen über die Nachfolge und meinte, eben dieses Wissen, Bekennen und Verkündigen jener Bibelstellen sei die Nachfolge. Die Erfahrung der persönlichen Ansprache von Jesus und noch mehr die der persönlichen Berührung durch seine Hand war eine ausgemachte Seltenheit und führte gewöhnlich zu tiefer Verunsicherung darüber, ob das auch „schriftgemäß“ ist, was ich da hörte und spürte. Ich benahm mich weder wie ein Kind und noch viel weniger wie eine Braut – das war ganz und gar undenkbar –, eher schon wie ein „kleiner“ Schriftgelehrter.
Auch über mich musste Jesus weinen, denn ich hatte riesengroße Angst vor Fehlern und ließ den Hirten der Schafe gar nicht an mich heran. Er brauchte wirklich himmlische Geduld mit mir, ehe ich zögernd und zentimeterweise aus der Deckung kam und seine Nähe empfangen konnte. Ich benahm mich nicht wie ein Kind, sondern wie eine Waise.
Meiner Erfahrung nach ist es nicht die Schriftkenntnis, die uns heilt und die Kindschaft entfaltet, wiewohl ich das Wort Gottes sehr hoch schätze, sondern seine Nähe. Wenn sich seine Hände auf uns legen, werden wir gesund. Die Schrift bezeugt gerade das, aber wir decken uns mit so vielen Hüllen von Theologie und Kirchlichkeit zu, dass Jesu Hand kaum zu uns durchdringen kann. Erst müssen die Schleier und Schichten wieder abgenommen werden, bis wir „wie nackt“ sind und empfangen können, was Jesus uns selbst und ganz persönlich zu sagen und zu geben hat – Auge in Auge.
Der Kampf darum, uns diese Decken, unter denen wir uns verstecken, wegzunehmen, kann sehr zäh sein; wir identifizieren uns mit vielen davon und meinen, sie seien „unser Leben“ oder „die Wahrheit“. Aber in Wirklichkeit ist Jesus unser Leben und nur in seinen Armen finden wir den Frieden – Kinderfrieden – den all unsere Verstecke und Decken uns nicht geben konnten. Dann weinen auch wir.
Die Hand des Herrn ergriff den Apostel Johannes auf der Insel Patmos, sodass er im Geist Jesus sah, wie er wirklich aussieht – und das ließ ihn ohnmächtig zu Boden gehen! Seine bisherige Idee und Vorstellung von Jesus wurde über den Haufen geworfen; Schein und Sein lagen so weit auseinander, dass Johannes – immerhin ein Apostel! – das nicht verkraften konnte und zusammenbrach (vgl. Offb 1,17).
Auch wir brauchen eine Offenbarung Jesu Christi, die in der Lage ist, all die religiösen Zerrbilder und Klischees zu demontieren, die wir in den Köpfen haben, und ihn uns so vor Augen zu führen, wie er wirklich ist. Dies wird auch uns aus den Socken hauen und zu Boden gehen lassen, keine Frage. Es wird auch uns, genau wie Johannes, in eine neue Dimension von Erkenntnis bringen, die wir vorher nicht gekannt haben. Johannes beschreibt seine Erfahrung unter anderem so:
Und erlegte seine Rechte auf mich und sprach: Fürchte dich nicht! (Offb 1,17).
Da haben wir wieder die Hand des Herrn, die sich auf uns legen muss, dann bekommen die Worte „Fürchte dich nicht!“ eine ganz andere Bedeutung, als wir gewohnt sind, denn wenn bei diesen Worten die Hand Gottes auf unserer Schulter ruht, dann ist eben alles ganz anders als ohne diese Berührung.
Jesus ist auferstanden, er lebt und er ruft uns zu sich; er scheut sich nicht, uns anzufassen, damit er uns zeigen kann, wer er ist, was er tut und wie er es tut. Dies macht den ganzen Unterschied zu einer christlichen Religion aus, die nur Worte und Regeln kennt. Ich glaube nicht, dass Jesus gekommen ist, um eine christliche Religion zu begründen, sondern um uns an der Hand zu nehmen und in die unmittelbare Erfahrung Gottes zu führen. Dies ist wahrhaftig nicht das Gleiche! Darum müssen wir meines Erachtens überprüfen, wie unser Glaube beschaffen ist: Ruht er allein auf Wissen oder auch auf Erfahrung? Paulus möchte zweifellos, dass er nicht nur auf Worten, sondern auf der Erfahrung der Kraft Gottes beruht (vgl. 2 Kor 2,4-5). In allen meinen Büchern weise ich auf diese Aussagen von Paulus hin, der an anderer Stelle entsprechend sagt, dass „das Reich Gottes nicht in Worten besteht, sondern in Kraft“ (vgl. 2 Kor 4,20).
Heute ist das Christentum häufig ganz eine Religion des Wortes und weicht doch genau von diesem Wort ab, denn das spricht ja explizit von einer Erfahrung der Kraft, die grundlegend ist, und nicht davon, dass es die Schriftauslegung (Exegese) ist, auf die es alleine ankommt.
Jesus sagt, dass wir KRAFT empfangen werden, wenn der Heilige Geist auf uns gekommen sein wird, und dass wir in dieser KRAFT seine Zeugen sein werden bis an die Enden der Erde (vgl. Apg 1,8). Mehr als eine Religion des Wortes ist das Christentum ein Zeugnis der Kraft. Wie wir es ohne dieses Zeugnis wagen können, uns Christen zu nennen, ist mir ein Rätsel.
Nur Christus selbst macht uns zu Christen, nur der Heilige Geist zu Zeugen, nur der Vater zu Kindern. Eine Religion kann all das nicht leisten, jedoch kann sie es ersetzen durch andere Inhalte, die zwar fromm, aber kraftlos sind. Die Gefahr, die direkte Verbundenheit und Erfahrung Gottes durch ein indirektes religiöses Programm zu ersetzen, ist groß und jede Gemeinde sollte sich damit auseinandersetzen. Das ist nicht einfach und nicht bequem; die Übereinstimmung mit Jesus muss unentwegt überprüft werden, die Frage nach der Kraft und dem Zeugnis unermüdlich gestellt werden, sonst driften wir in eine routinemäßige Scheinchristlichkeit weg, die am Ende nur mehr Worte verwaltet und nichts mehr von der Nähe und Berührung weiß, die uns in Jünger Jesu verwandelt, in Zeugen der Kraft des Geistes und in Söhne und Töchter Gottes, die an seiner Hand gehen.
Jesus hatte mich in der Vision bis an die Tore der „heiligen Stadt“ gebracht, die er, wie schon gesagt, „Frühling“ nennt. Währenddessen war mir mehr als einmal klargeworden, dass ich diesen Weg aus eigener Klugheit, Frömmigkeit oder sonst irgendetwas niemals hätte finden können. Er ist ein Geheimnis, und Jesus muss uns schon selbst an der Hand nehmen und diesen geheimnisvollen Pfad führen. Es entspricht dabei ganz der Sehnsucht meines Herzens, an der Hand Jesu zu gehen. Da es einen Weg zu gehen gilt, den wir weder kennen noch kontrollieren können, braucht es VERTRAUEN. Dieses Vertrauen nährt sich aus der Nähe zu Jesus, seiner Zuwendung und Versicherung, dass er uns nicht verlässt noch versäumt und genau weiß, wo es langgeht und was er tut.
Ich habe inzwischen gelernt, dass diese Art von Vertrauensverhältnis „selig“ ist und wahrhaft beglückend. Nicht, dass es immer einfach wäre! Nein, oftmals ist es sogar schmerzlich und braucht auch MUT; aber die Hand des Herrn beruhigt mich und gibt mir Halt. Eine wunderbare Erfahrung.
Nun war ich in der Vision den Weg so weit gegangen, dass es mir schien, als wäre ich kurz vor dem endgültigen Ziel angelangt, denn die Stadt des lebendigen Gottes lag zum Greifen nahe vor mir und füllte das ganze Blickfeld aus. Wie im zweiten Buch beschrieben, konnte ich die letzten Schritte bis an die Stadt heran nicht in eigener Kraft gehen; ich konnte gar nicht mehr gehen, ich musste getragen werden. Engel und Menschen (der Pastor und das Kind) hatten mir ihre Hände gereicht und so die „Hand des Herrn“ abgebildet und vervielfältigt. Sie griffen mir unter die Arme und schleppten mich weiter, wo mir die Beine den Dienst versagten. Ich lernte für mich daraus, dass es mir unmöglich ist, das Ziel ohne den Beistand und die Hilfe von Freunden zu erreichen. Eine wichtige Lektion!
Wir nennen diese Weggemeinschaft gerne „die Gemeinde“, was in gewisser Weise wahr ist, aber wir brauchen Unterscheidung, um zu begreifen, wer und was „die Gemeinde“ wirklich ist. Am Sonntagmorgen in den Gottesdienst der „Gemeinde“ zu gehen, macht uns nicht zwingend zu Freunden, die gemeinsam an der Hand Jesu unterwegs sind. Nicht nur ist die Frage, wie nah wir Jesus an uns heranlassen, sondern auch, wie nah wir Menschen an uns heranlassen. Wer darf uns sehen, wie wir wirklich sind, und wem vertrauen wir uns ehrlich an? Wer darf uns unter die Arme greifen?
Die Entwicklung echter und tragfähiger Beziehungen ist eine tägliche Aufgabe, die nicht durch Veranstaltungen abgedeckt werden kann. Eine Gemeinde, die keine lebendige Gemeinschaft außerhalb von Gottesdiensten und Bibelstunden hat, hat sie auch nicht wirklich in den Veranstaltungen. Man mag das so nennen und für ein, zwei Stunden nett zueinander sein, aber das reicht nicht. Die Testfrage ist die, welche Beziehungen übrigblieben, wenn man die Veranstaltungen wegnähme. Wer sind dann unsere Freunde? Mit wem teilen wir wirklich unser Leben? Mit wem lachen und weinen wir? Wem geben wir nicht nur fromme Ratschläge, sondern unser Herz?
Die Menge derer aber, die gläubig geworden, war ein Herz und eine Seele, und auch nicht einer sagte, dass etwas von seiner Habe sein eigen sei, sondern es war ihnen alles gemeinsam (Apg 4,32).
Wir leben in Zeiten des Umbruchs und müssen uns täglich in Gott verankern, um nicht fortgerissen zu werden mit den sich überschlagenden Nachrichten von Krieg und noch mehr Krieg, von Hunger, Dürre, Flut und Beben. Nie zuvor war unsere „zivilisierte Welt“ so unzivilisiert.
Erst im Sturm schauen wir uns um, wo die Freunde eigentlich geblieben sind, die wir so sträflich vernachlässigt haben vor lauter Arbeit und Stress – und Dienst für Gott. Nach über zwanzig Jahren Gemeindearbeit bis zur Erschöpfung habe ich mich umgesehen und festgestellt, dass ich keine Freunde mehr hatte. Jenseits der Gemeindearbeit, die uns zu Kollegen und Funktionären im „Ministryteam“ machte, gab es keine Zeit mehr für wirkliche Beziehungen – nicht mal in der Familie.
In den Krisen, die jetzt die Welt schütteln – und das ist nur der Anfang der Wehen – wird es auf Freunde ankommen, Leute, mit denen wir durch dick und dünn gehen und mit denen wir wirklich unser Leben teilen können – in guten wie in schlechten Tagen.
Die Erfahrung zeigt, dass wir in den guten Tagen viele Freunde haben, doch wenn es uns schlecht geht, nur noch wenige – und wenn alle aufgrund der stressigen Zeiten angespannt sind, dann zeigt sich, wie brüchig die Beziehungen überhaupt sind, die wir durch die Jahre aufgebaut haben – oder eben nicht. Wir haben einfach auf das falsche Pferd gesetzt: aufwändige Programme, Prestigeobjekte, gewaltige Konferenzen, Managementmethoden, Geld (bzw. Schulden) usw. – so wie die Welt es auch tut. Beziehungen wurden instrumentalisiert zum Zwecke der Steigerung der erfolgreichen Gemeindearbeit. Angeblich verlangt Gott das von uns – und immer schön dabei lächeln.
Wir müssen uns fragen, mit wem wir „ein Herz und eine Seele“ sind, mit wem wir alles teilen, was wir haben, weil wir uns als eins erleben – in Liebe und in Wahrheit.
An diesem Punkt sind die Seelen der Menschen sehr empfindlich. Wenn sie merken, dass sie doch wieder nur zur Erreichung irgendwelcher Ziele anderer – auch wenn die sich „Mission“ und „Vision“ nennen (oder modern: „Leitbild“) – eingespannt werden und dafür die Liebe missbraucht und die Wahrheit gebeugt wird, dann werden sie bitter und „machen dicht“. An diesem Punkt angelangt, kann man jegliche Gemeindearbeit eigentlich vergessen, alles Weitere ist ab da nur noch Heuchelei. In der Regel wird sie aber nicht eingestellt, sondern geht mit immer weiterführenden Kompromissen und Unstimmigkeiten einher – Schein und Sein driften weiter auseinander, bis sie schließlich nichts mehr miteinander zu tun haben.
Und Gott wartet, bis wir den Karren endlich vor die Wand fahren und wieder von vorne anfangen. Doch diesmal als Freunde – in Liebe und Wahrheit –, die ganz ehrlich miteinander sind und sich davor hüten, einander zu verlieren und zu verkaufen an ein erfolgsgetriebenes Gemeindegeschäft.
Der Schutz echter Freunde ist sehr viel größer als der des „vollmächtigen Pastors“ und seiner gesalbten Gemeinde; das hat noch jede Krise erwiesen. Weder der Pastor noch die Gemeinde haben überhaupt Zeit für die, die Zeit brauchen, nur Freunde haben das. Sie sind bereit, selbst in „sündigen“ Katastrophen ihre Hände schmutzig zu machen und uns nicht fallen zu lassen und mit Anklagen und Besserwisserei zu überziehen. Sie halten uns aus.
Aber kehren wir nun in die wunderbare Vision zurück und schauen wir, wie es weitergeht. Ich stehe mit Jesus, dem Pastor der „Jesus-Christus-Gemeinde“ aus der Geisterstadt, dem Kind, welches wir dort gerettet haben, sowie einer Gruppe von Engeln vor der goldenen Stadt, und nun gilt es, sie zu betreten. Jedoch sehe ich keinen Eingang …
„Gib mir, mein Sohn, dein Herz“, sagt Jesus zu mir, „so, wie auch ich dir mein Herz gegeben habe. Herz zu Herz. Dies ist die Türe in die Stadt.“
„Habe ich dir denn mein Herz nicht gegeben?“, frage ich zurück und schlage die Augen nieder.
„Du verfügst nicht ausreichend über dein Herz, um es mir ganz geben zu können. Immer noch nicht. Da ist ein Teil, dessen du dir gar nicht bewusst bist. Das Herz des Menschen ist nämlich viel größer, als der Mensch weiß.“
Wenn ich eines in den „Lektionen des Weges“ gelernt habe, dann genau diese Wahrheit, dass der „innere Mensch des Herzens“ von schier unerforschlicher Tiefe ist – und der Mensch in der Regel nur wenig davon erkennt und sich selbst weitgehend fremd bleibt. Jedoch dachte ich, ich sei schon so weit, dass sich diese Frage erledigt hätte. Aber wir meinen ja häufig, viel weiter zu sein, als wir in Wirklichkeit sind, und überschätzen unsere Geistlichkeit.
„Was also muss ich tun, um dir mein Herz geben zu können, so wie du mir deines gegeben hast?“, frage ich bekümmert über diesen Befund.
„Fürchte dich nicht!“, antwortet Jesus knapp und schweigt.
Wie bitte? Ich bin irritiert. Das ist es? Ich rechnete ehrlich gesagt mit einer etwas umfassenderen und tiefergehenden Antwort, als dieser religiös abgedroschenen Phrase. Aber nun, wenn Jesus es sagt …
Wovor fürchte ich mich also so sehr, dass ich mein Herz daran verloren habe? Ich knie auf dem Boden und schaue auf die heilige Stadt vor mir, die imposant in gleißendem Licht strahlt. Sie ist lebendig und ihre Gestalt verändert sich irgendwie; in den „Lektionen des Weges“, dem zweiten Buch dieser Trilogie, habe ich bereits darüber berichtet. Da ist eine ganz leichte Bewegung, eine Fluktuation in ihrer Ansicht. Und sie ruft mich: „Komm!“ Mein Herz antwortet darauf: „Ja, ich komme!“, aber Jesus hat Recht, da ist ein gewisses Zögern in einem Winkel meines Inneren, ich spüre es genau.
Ein wenig hilflos bleibe ich auf den Knien liegen und schaue aus dem Augenwinkel zu dem Pastor an meiner Seite und zu dem Kind hinüber, das ungeduldig darauf wartet, dass wir endlich in die Stadt einziehen. Dafür sind wir doch schließlich hierhergekommen. Und der Weg hat uns einiges gekostet! Jetzt ist das Ziel zum Greifen nah … und ich komme nicht vom Fleck.