John Sinclair 1961 - Rafael Marques - E-Book

John Sinclair 1961 E-Book

Rafael Marques

4,5
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wie aus dem Nichts erschien die Gestalt mitten auf der Fahrbahn!

Reena Michaels schrie auf und trat aufs Bremspedal. Die Reifen des Jeep Cherokee quietschten, doch irgendwie schaffte sie es, den Wagen zum Stehen zu bringen. Dabei würgte sie jedoch den Motor ab.

Das Herz der Dreiunddreißigjährigen pochte so laut wie nie zuvor. Mit schreckgeweiteten Augen starrte sie auf den Mann, der vom Scheinwerferlicht aus der Finsternis der Nacht gerissen wurde ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 129

Bewertungen
4,5 (16 Bewertungen)
11
2
3
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Brüder im Blute

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Timo Wuerz

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-2477-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Brüder im Blute

von Rafael Marques

Wie aus dem Nichts erschien die Gestalt mitten auf der Fahrbahn!

Reena Michaels schrie auf und trat aufs Bremspedal. Die Reifen des Jeep Cherokee quietschten, doch irgendwie schaffte sie es, den Wagen zum Stehen zu bringen. Dabei würgte sie jedoch den Motor ab.

Das Herz der Dreiunddreißigjährigen pochte so laut wie nie zuvor. Mit schreckgeweiteten Augen starrte sie auf den Mann, der vom Scheinwerferlicht aus der Finsternis der Nacht gerissen wurde …

Der Fremde trug eine dunkle Jacke und hatte schwarzes, schulterlanges Haar. Die Wangen wirkten eingefallen, die Augen lagen tief in den Höhlen. Fast hatte Reena den Eindruck, als würde der Mann sie mit seinem starren Blick hypnotisieren.

Dicke Nebelschwaden krochen an dem Wagen vorbei. Neben der schmalen Landstraße ragten mächtige Tannenbäume in die Höhe, die die Umgebung zusätzlich in Dunkelheit hüllten. Der Vollmond blieb hinter der dichten Wolkenwand verborgen.

All das nahm Reena nur nebenbei wahr. Sie stand mit beiden Beinen im Leben, aber so etwas ging auch an ihr nicht spurlos vorbei. Dabei hatte sie nur im Nachbarort einige Lebensmittel fürs Abendessen kaufen wollen. Ihr Mann Jeff und ihre Söhne Ronny und Daniel warteten bereits auf ihre Rückkehr.

Als sie vor zwei Stunden von der Arbeit nach Hause gekommen war, hatte sie festgestellt, dass sie vergessen hatte, die Zutaten für eine selbstgemachte Lasagne zu besorgen. Dieses Gericht war für sie fast schon eine Freitagabend-Tradition. Nach dem stressigen Arbeitstag in der Kanzlei in London freute sich Reena immer auf die Zeit mit ihrer Familie.

Doch die lag für sie jetzt in weiter Ferne. Der düster wirkende Mann blieb weiterhin vor dem Wagen stehen. Reena wagte nicht, auch nur einen Laut von sich zu geben. Was wollte der Kerl von ihr? Erst hatte sie an einen Überfall gedacht, doch daran glaubte sie nicht mehr. So wie er verhielt sich doch kein normaler Räuber.

Hinzu kam das Aussehen des Mannes. Wenn sie ihn genau betrachtete, schien es ihr fast, als würde ein Toter vor ihr stehen. Die Haut war aschfahl und leicht rissig. Reena sah auch keine Atemwolke, die angesichts der äußeren Temperaturen eigentlich aus der Nase oder dem Mund des Mannes dringen musste.

Reena fühlte sich völlig hilflos. Ihr Handy hatte sie nicht dabei, und die Wahrscheinlichkeit, dass hier, mitten im Wald, noch jemand zufällig vorbeifahren würde, war eher gering. Sie hatte das Gefühl, von einem Augenblick auf den nächsten in einen Albtraum geraten zu sein.

Schließlich schloss sie die Augen und wünschte sich, dass das alles gar nicht passiert war. Als sie sie wieder öffnete, zuckte sie erneut zusammen. Der Mann war verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt.

Sie zitterte, als sie ihre Hand langsam zum Zündschloss führte. Dass der Fremde sie so einfach gehen lassen würde, bezweifelte sie stark. Nein, der Kerl wollte etwas von ihr, und das würde er sich auch holen.

Aber nicht, wenn sie schneller reagierte.

Endlich umschlossen ihre Finger den Zündschlüssel. Vorsichtig drehte sie ihn herum. Der Motor stotterte, sprang aber nicht an.

»Verdammt nochmal!«, fluchte sie. Kleine Schweißperlen liefen über ihre Stirn, während sie es erneut versuchte.

Diesmal sprang der Jeep an. Sie stieß einen leisen Jubelschrei aus. Doch gerade als sie den Wagen starten wollte, erschien plötzlich ein grelles Scheinwerferpaar direkt vor ihr.

Im nächsten Moment erfolgte der Zusammenstoß. Bersten von Metall drang an Reenas Ohren. Der Airbag ging auf. Allerdings konnte er nicht verhindern, dass die junge Frau hart mit der Stirn aufprallte. Benommen blieb sie auf dem dicken Luftkissen liegen.

Vor ihren Augen tanzten Sterne. Sie spürte, wie Blut aus ihrer Nase floss, doch viel mehr nahm sie nicht wahr. Stöhnend versuchte sie, den Kopf wieder anzuheben, doch sie war einfach zu schwach. Dabei wusste sie nicht einmal genau, was eigentlich geschehen war.

Da hörte sie neben sich ein Geräusch! Jemand musste die Fahrertür geöffnet haben. Kalte Nachtluft strich über ihren Körper, auf dem sich eine leichte Gänsehaut bildete.

Wieder stöhnte Reena, als sie spürte, dass Hände nach ihr griffen und sie aus dem Wagen zu ziehen versuchten. Ein Klacken erklang, als der Gurt gelöst wurde. Wie eine Puppe wurde Reena aus dem Jeep gerissen und auf die Fahrbahn geschleift.

Nur schemenhaft nahm sie ihre Umgebung wahr. Sie sah das Scheinwerferlicht, aber auch zwei Gestalten, die neben ihr standen und auf sie herabblickten. Sie wollte etwas sagen, doch kein Ton drang über ihre Lippen.

»Wir sollten sie mitnehmen«, hörte sie plötzlich eine Männerstimme. »Wir können hier nicht bleiben. Wenn uns jemand sieht …«

»Nein!« Eine zweite, harte und gleichzeitig raue Männerstimme erklang. »Wir wollen ihr Blut – jetzt.«

Reena Michaels zweifelte an ihrem Verstand, als sie die Worte hörte. Ihre Peiniger hatten kein Erbarmen. Eisern schlossen sich die Hände der Männer um die Arme der jungen Frau und zogen sie hoch. Wieder entwich ihrem Mund ein lautes Stöhnen. Gleichzeitig spürte sie, wie die kalten Hände über ihren Oberkörper und ihren Hals streichelten. Sie hatte das Gefühl, die Finger eines Toten auf ihrer Haut zu spüren.

Von einem Moment zum nächsten klärte sich ihr Blick. Zwei dunkelhaarige Männer standen direkt neben ihr. Sie sah noch, dass sie sie gierig anlächelten, dann öffneten sie ihre Münder. Spitze Zähne kamen zum Vorschein.

Vampire!, dachte Reena.

Sie wollte schreien, doch sie kam nicht dazu. Gleichzeitig zuckten die Köpfe der Männer vor. Im nächsten Augenblick bissen sie zu. Tief drangen ihre Zähne in den Hals der Frau ein. Und Reena brachte nur noch ein Röcheln heraus.

Die stechenden Schmerzen an ihrem Hals waren nur von kurzer Dauer. Sie spürte bereits, wie ihr Bewusstsein davonglitt. Warmes Blut lief über ihren Körper, und die Wärme war das Letzte, was sie spürte, bevor sie eintauchte in eine allumfassende Schwärze.

***

Unaufhörlich prasselte der Regen auf das kleine Dorf Hoverton hinab. Der Himmel hatte alle Schleusen geöffnet. Der Bach, der neben dem Ort verlief, war bereits zu einem reißenden Fluss angeschwollen. Hin und wieder zuckten Blitze über die dunkelgraue Wolkenwand.

Eigentlich ein Wetter, bei dem niemand freiwillig vor die Tür gehen würde, doch Jane Collins hatte keine Wahl. Um zwei Uhr hatte sie einen Termin mit einem potenziellen Klienten vereinbart. In letzter Zeit waren die Aufträge für die Detektivin eher rar gesät, weshalb sie nicht eine Minute daran gedacht hatte, das Treffen abzusagen.

Schon in London hatte sich das Wetter von seiner schlechtesten Seite gezeigt. Nur sehr langsam war Jane mit ihrem Golf vorangekommen. Einige Abschnitte der Landstraße in der Region Chiltern Hills, in der Hoverton lag, waren bereits von den Wassermassen überflutet worden.

Nur dank des Navigationsgeräts fand sie die Straße, in die sie einbiegen musste. Eigentlich glaubte sie, die nähere Umgebung von London ganz gut zu kennen, doch von Hoverton hatte sie noch nie etwas gehört. Sie konnte sich auch nicht daran erinnern, jemals hier gewesen zu sein.

Eigentlich bestand Hoverton auch nur aus einer Ansammlung von etwa zwanzig Häusern. Auf der Straße war bei diesem Wetter natürlich niemand zu sehen. In einigen Fenstern brannte Licht, andere Häuser wirkten dagegen verfallen und unbewohnt.

Das Haus, vor dem Jane schließlich anhielt, stach in dieser Umgebung besonders heraus. Es handelte sich um einen zweistöckigen Neubau mit strahlend weißem Anstrich. Kein Wunder, schließlich war Reena Michaels, wegen der sich Jane hierher auf den Weg gemacht hatte, eine Spitzenanwältin in einer der bekanntesten Kanzleien Londons.

Und jetzt war sie verschwunden. Jane hatte nur wenig Zeit gehabt, sich über sie zu informieren, und außer ihres Aussehens und ihres makellosen Rufs hatte sie nicht viel über die Anwältin in Erfahrung bringen können. Noch gab es kein Anzeichen dafür, warum sie hätte verschwinden sollen – falls sie es denn freiwillig getan hatte.

Als Jane den Motor abstellte, wanderte ihr Blick zu den vor ihr geparkten Fahrzeugen. Dabei fiel ihr besonders ein alter, grauer Mercedes mit getönten Scheiben auf. Sie merkte sich das Kennzeichen, schüttelte dabei aber gedanklich über sich selbst den Kopf. Wahrscheinlich wurde sie langsam paranoid, was aber auch kein Wunder war, nach allem, was sie schon erlebt hatte.

Vom Rücksitz zog sie ihren blauen Regenschirm, öffnete die Tür und stieg aus. Sofort hatte sie das Gefühl, gegen eine nasskalte Wand ankämpfen zu müssen. Dicke Regentropfen peitschten gegen ihren Körper. Ohne das Cape, das sie übergezogen hatte, wäre sie sicher schon völlig durchnässt gewesen. Als eine Windböe durch die Straße fegte, wurde ihr der Schirm fast weggerissen. Nur einige Trümmer konnte sie noch festhalten.

Noch bevor sie die Haustür erreichte, wurde diese von innen aufgezogen. Ein etwa einsachtzig großer, muskulöser Mann mit dunkelbraunen Haaren und rot unterlaufenen Augen trat Jane entgegen.

»Sind Sie Miss Collins?«, fragte er, während er sich mit einer Hand vor den heranpeitschenden Wassermassen zu schützen versuchte.

»Ja.«

»Ich bin Jeff Michaels. Kommen Sie herein!«

Mit zwei schnellen Schritten trat die Detektivin ins Haus. Ihr Regencape triefte vor Nässe, aber zumindest war der Rest ihrer Kleidung einigermaßen verschont geblieben.

»Tut mir leid, dass ich Sie bei so einem Wetter habe kommen lassen«, erklärte Jeff Michaels. Sein Blick wirkte dabei gehetzt, seine Augen flackerten. »Warten Sie, ich hole Ihnen eine Decke.«

»Nein, danke, es geht schon. Es ist nur das Cape«, erwiderte sie, während sie den nassen Umhang ablegte und an einen Kleiderständer hängte.

»Na gut.«

Jeff Michaels nickte. Jane Collins hatte den Eindruck, dass er getrunken hatte. Jedenfalls wirkte er nervös und leicht fahrig. Kein Wunder, seine Frau war schließlich seit fast einer Woche verschwunden.

»Sind Ihre Kinder auch da?«, erkundigte die Detektivin sich.

Der Mann nickte. »Sie sind in ihren Zimmern und versuchen, zu schlafen. Seit Reena verschwunden ist, haben sie sich immer mehr in sich zurückgezogen. Und ich … sehen Sie mich an, ich bin nicht mehr als ein Wrack.«

»Das denke ich nicht.«

»Doch, doch … nun, vielleicht sollten wir uns besser im Wohnzimmer unterhalten. Kommen Sie bitte! Und würden Sie bitte die Schuhe ausziehen?«

Jane nickte höflich und lächelte kurz, bevor sie ihm den Gefallen tat und ihm durch die offen stehende Tür folgte. Im Gegensatz zum äußeren Erscheinungsbild des Hauses war das Wohnzimmer eher altmodisch eingerichtet. Brauner Teppichboden lag unter der schwarzen Couch, vor der ein Holztisch stand.

Als die Detektivin sich umsah, erblickte sie ebenso alt wirkende Holzschränke sowie einige Landschaftsgemälde an den Wänden. Gegenüber der Couch befand sich ein großer Flachbildfernseher.

»Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«, erkundigte sich Jeff Michaels.

»Vielleicht einen Kaffee, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«

Der Mann schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht«, erwiderte er und ging auf eine weitere Tür zu, die wahrscheinlich in die Küche führte.

Jane hingegen ließ sich auf der weichen Couch nieder und lehnte sich zurück. Sie überlegte bereits, wie sie bei ihren Ermittlungen ansetzen sollte. Wie ihr Jeff Michaels am Telefon erklärt hatte, hatte selbst die Polizei keine Spur von seiner Frau Reena gefunden.

Die Detektivin wusste, dass in solchen Fällen meist die engsten Verwandten als Erste in das Blickfeld der Ermittlungen gerieten. Bei ihrem neuen Klienten hatte sie jedoch nicht den Eindruck, einem Mörder gegenüberzustehen. Zudem wäre es schon ziemlich dreist gewesen, dann auch noch eine Privatermittlerin zu engagieren. Aber ausschließen wollte sie nichts.

Auf einem Beistelltisch auf der anderen Seite des Raumes sah sie eine offene Whiskyflasche und daneben ein leeres Glas. Anscheinend hatte sie ihr Gefühl nicht getrogen. Jeff Michaels hatte wirklich getrunken.

»Ich hoffe, Sie mögen Ihren Kaffee schwarz«, sagte Michaels, als er wieder ins Wohnzimmer trat. Mit beiden Händen hielt er die Tasse fest und reichte sie der Detektivin.

»Ja, danke.«

Während der Mann ihr gegenüber Platz nahm, trank sie einen kräftigen Schluck. Der Kaffee war nicht allzu heiß, aber noch warm genug, um die Kälte aus ihrem Körper zu vertreiben.

»Also, wo soll ich anfangen, Miss Collins?«

Die Detektivin stellte die Tasse ab. »Am besten am Anfang.«

Jeff Michaels nickte. »Eigentlich gibt es da gar nicht viel zu sagen. Letzten Freitag wollte meine Frau noch ein paar Sachen einkaufen. Wir machen freitags immer selbstgemachte Lasagne, die Jungs, Reena und ich.« Er musste schlucken. Es schien ihm schwerzufallen, überhaupt über das Thema zu sprechen.

Jane sagte nichts und wartete stattdessen darauf, dass sich der Mann wieder sammelte.

»Sie kam einfach nicht wieder. Wir haben gewartet und gewartet. Ich habe bestimmt hundert Mal auf ihrem Handy angerufen, bis ich gemerkt habe, dass sie es zu Hause vergessen hatte. Um Mitternacht habe ich die Polizei informiert. Erst wollten sie mich abwimmeln, weil Reena ja noch gar nicht so lange verschwunden war, aber als ich ihnen mit der Presse gedroht habe, haben sie doch noch etwas unternommen. Zumindest haben sie das gesagt.«

»Sie glauben nicht daran?«

Jeff Michaels zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Sie haben nichts gefunden, absolut nichts. Keine Spur von ihr oder ihrem Wagen. Keine Abbuchungen von unseren Konto, keine Kreditkartenaktivitäten, keine Zeugen oder vielleicht Spuren eines Unfalls. Ich meine, das kann doch gar nicht sein. Es gibt doch immer irgendwelche Spuren, oder nicht?«

»Es fällt mir schwer, Ihnen das zu sagen, aber manchmal gibt es wirklich keine Spuren. Was aber im Fall Ihrer Frau auch nichts heißen muss. Aber mal etwas anderes – hatte Ihre Frau Feinde? Zum Beispiel durch Ihre Arbeit?«

»Da müssen Sie sich in ihrer Kanzlei umhören. Wir haben nur sehr wenig über ihre Arbeit gesprochen. Sie wollte ihr Familienleben immer von ihrem Arbeitsleben trennen, und ich hatte nichts dagegen. Seit wir hierher gezogen sind, bin ich eigentlich nur noch Hausmann. Ich weiß, das hört sich merkwürdig an, aber ich bin wirklich darin aufgegangen, mich nur um die Jungs zu kümmern. Reena hat das Geld verdient und dafür gesorgt, dass wir ein schönes Leben führen … konnten.«

Jane sah, dass der Mann den Tränen nahe war. Mehrmals fuhr er sich durch das Gesicht und schüttelte den Kopf. Es schien, als wäre er kurz davor, am Verschwinden seiner Frau zu zerbrechen.

»Gibt es da noch etwas, das Sie mir vielleicht sagen könnten? Hat sich Ihre Frau in der Zeit, bevor sie verschwand, anders verhalten? Oder gab es davor oder danach irgendwelche merkwürdigen Vorkommnisse?«

»Nein, wirklich nicht …« Kurz blickte er zu Jane Collins herüber, so als ob ihm noch etwas eingefallen wäre. »Nein, nichts Erwähnenswertes.«

»Vielleicht etwas nicht Erwähnenswertes?« Die Detektivin beugte sich etwas vor. »Hören Sie, ich will Ihnen ja helfen, aber Sie müssen mir auch wirklich alles erzählen, sonst habe ich kaum Ansatzpunkte für meine Ermittlungen.«

»Wenn Sie mich jetzt so fragen – vielleicht war da ja doch etwas. Zwei Tage nach Ihrem Verschwinden ist Dan McCole hier aufgetaucht und hat gefragt, wie es mir ginge.«

»Wer ist das?«

»Er ist ein Millionär, der auf einem Schloss in der Nähe wohnt. Bei besserem Wetter kann man von hier aus die Türme sehen. Er ist in der Gegend in vielen sozialen und wirtschaftlichen Projekten engagiert und versucht, Hoverton und die anderen Dörfer am Leben zu erhalten.«

»Und warum hat er sie besucht?«

»Er sagte, ihm täte das Verschwinden meiner Frau sehr leid und dass ich ihn jederzeit um Unterstützung bitten sollte, wenn ich oder die Jungs etwas brauchen. Er hat auch angedeutet, dass er ihnen gerne ein Studium finanzieren würde, wenn es mal dazu kommen sollte. Wissen Sie, das Komische ist nur, er hat gesagt, er hätte Reena gekannt und sich gut mit ihr verstanden. Aber Reena hat mir mal erzählt, dass sie mit ihm nichts zu tun haben will, weil er wohl in krumme Geschäfte verwickelt ist. Mehr weiß ich darüber aber nicht.«

»Und das kam Ihnen seltsam vor?«