Raumschiff Promet - Die Abenteuer der Shalyn Shan 07: Die Janus-Attentate - Andreas Zwengel - E-Book

Raumschiff Promet - Die Abenteuer der Shalyn Shan 07: Die Janus-Attentate E-Book

Andreas Zwengel

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Beschreibung

Michiko versucht, sich aus dem teuflischen Einfluss von Chiavelli zu befreien. Wernher von Witzleben ahnt, dass irgendetwas mit Michiko nicht stimmt. Doch dann gerät auch der Spezialagent unter Mordverdacht.Achtung:Die Print-Ausgabe unserer Shalyn Shan-Reihe ist nur noch exklusiv in unserem Shop erhältlich.

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Andreas ZwengelDIE JANUS-ATTENTATE

In dieser Reihe bisher erschienen:

01 Der Virenplanet von E.C. Tubb

02 Die Tochter des Pfauen von Matthias Falke & Y.F. Yenn

03 Welt der Kraken von Matthias Falke & Y.F. Yenn

04 Der Schwarm aus Stahl von Matthias Falke

05 In den Grauzonen von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival

06 Der stählerne Krieg von S.H.A. Parzzival

07 Die schwarze Pagode von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival

08 Planet der schwarzen Raumer von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival

09 Das Orakel von Chron von Achim Mehnert

10 Notruf aus Katai von Achim Mehnert

11 Tod eines Cyborgs von Achim Mehnert

12 Der ewige Feind von Achim Mehnert

13 Welt in Flammen von Achim Mehnert

14 Die letzte Fahrt der Hindenburg II von Andreas Zwengel

15 Unsterbliche Rache von Andreas Zwengel

16 Der Weg der Kriegerin von Andreas Zwengel17 Die Janus-Attentate von Andreas Zwengel

Andreas Zwengel

Die Janus-Attentate

RAUMSCHIFF PROMETDie Abenteuer der Shalyn Shan

Band 17

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2018 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Mark FreierUmschlaggestaltung: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-467-1Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

Kapitel 1

Michiko Kurosan fand sich unvermittelt in einem Saal voller Feinde wieder. Wieder einmal, musste man schon sagen, denn Chiavelli gab ihr gerne in solchen Situationen die Kontrolle über ihren Körper zurück. Verwirrt drehte sie sich um und versuchte, sich zu orientieren. Wie war sie hierhergekommen, und was tat sie hier? Sie kannte diesen Ort nicht. Ihre letzte Erinnerung war ihr Apartment gewesen, sie konnte nur raten, was sie in der Zwischenzeit getan hatte.

Chiavelli zweifelte wohl nicht daran, dass Michiko jede dieser Situationen meistern konnte, denn schließlich handelte es sich um seinen Wirtskörper und er begab sich dadurch ebenfalls in Gefahr. Aber er wollte sie dadurch auch leiden sehen. Verletzungen spielten für ihn keine Rolle, sondern waren für ihn sogar so etwas wie die Sahnehäubchen bei solchen Aktionen. Michiko hasste den verdammten Sadisten. Sie würde sich selbst schlagen, wenn sie sicher sein konnte, dass es ihn schmerzte.

Überall liefen panische Menschen in teurer Abendgarderobe den Ausgängen entgegen, während bewaffnete Männer in Uniform und Zivil nach einem Ziel suchten, auf das sie schießen konnten.

Michiko trat hinter eine Säule und wartete ab, bis die fliehenden Menschen vorüber waren. Sie konnte nicht durch den Hauptausgang nach draußen, denn das würde Chiavelli nicht zulassen. Der Chiavelli, der in ihrem Kopf saß und nach Belieben ihren Körper kontrollieren konnte. Wenn er die Leitung übernahm, war sie ausgeschaltet und wusste nicht, was er in dieser Zeit mit ihrem Körper anstellte. Er hatte mehrmals mit ihm gemordet, da war sie sicher. Sobald sie die Kontrolle zurückerlangte, suchte sie nach Nachrichten über Morde, die vor Kurzem begangen worden waren. Bei vielen der Opfer konnte sie sich zusammenreimen, weshalb Chiavelli ein Interesse daran hatte, sie zu töten.

Michiko kannte die Baupläne des Gebäudes. Sie wusste nicht woher, aber wahrscheinlich hatte Chiavelli sie sich eingeprägt und Michiko konnte dieses Wissen ebenfalls nutzen. Sie wusste von mehreren Wegen nach draußen, obwohl sie nicht sagen konnte, um welches Gebäude es sich überhaupt handelte. Sie ging vom Konferenzsaal einer der nobleren Hotelketten aus. Vorher wollte sie aber wissen, was gerade geschehen war. Er hatte sie mitten in diese Paniksituation hineingeworfen. Sie war sich selbst überlassen worden. Etwas, dass Chiavelli offenbar sehr amüsant fand und deshalb immer wieder tat.

Michiko sah einen Nachzügler in ihre Richtung rennen. Sie stellte sich ihm in den Weg, und für einen Moment schien er ernsthaft zu überlegen, die kleine Japanerin über den Haufen zu rennen. Er wollte nur raus aus dem Gebäude und beabsichtigte nicht, sich aufhalten zu lassen. Er wich zur Seite, um rechts an ihr vorbei zu laufen.

Sie ergriff den Ärmel seines Anzugs und hielt ihn fest. Der Nachzügler sah sie wütend an und riss seinen Arm frei. Um ein Haar hätte er ihr eine Ohrfeige verpasst, um sie dafür zu strafen. Aber das wäre wieder eine unnötige Verzögerung, also wandte er sich zum Gehen.

Michiko griff wieder zu, doch dieses Mal begnügte sie sich nicht mit dem Ärmel, sondern schnappte sich das Handgelenk und verdrehte es auf schmerzhafte Weise. Der Mann krümmte sich stöhnend nach vorne, während sein verdrehter Arm in Michikos Griff senkrecht in die Höhe ragte.

Sie beugte sich an sein Ohr. „Ich will dir nicht wehtun, wirklich nicht, aber ich muss wissen, was da drin geschehen ist.“

Der Mann jammerte und fluchte. Offenbar hielt er es für sinnvoller, sie zu beschimpfen, anstatt ihrem Wunsch nachzukommen. Sie musste ihre Aufforderung noch einmal wiederholen.

„William Prois wurde ermordet. Mitten im Saal, während der Veranstaltung. Einfach ausgeknipst.“

„Prois? Der Kerl vom Untersuchungsausschuss gegen Menschmaschine?“

Der Mann nickte. „Genau der. War ja nur eine Frage der Zeit, bis es ihn erwischt. Wenn man sich mit dieser Organisation anlegt, hat man ja praktisch eine Zielscheibe auf der Stirn.“

„Wenn Sie Prois ermordet haben, dann ist Marcus ­Stiller der nächste“, sagte Michiko nachdenklich.

„Die räumen jetzt wohl unter ihren Gegnern auf und deshalb will ich so schnell wie möglich hier verschwinden. Darf ich also?“

Sie entließ ihn aus ihrem Griff.

Er entfernte sich von ihr, während er sein schmerzendes Handgelenk massierte. „Ich gehe jetzt“, sagte der Mann, aber es war mehr eine Bitte um Erlaubnis, als eine Ansage.

Sie entließ ihn mit einem Nicken. Michiko kannte sowohl Prois als auch Stiller. Als sie wegen Mensch­maschine recherchierte, hatte sie sich auch mit den beiden Politikern beschäftigt, die sich dem Kampf gegen die Organisation verschrieben hatten. Prois war ein Heiliger, dem es tatsächlich in erster Linie um Recht und Ordnung ging. Stiller hatte nicht so ehrenwerte Gründe, aber der Zweck heiligte in diesem Fall die Mittel.

Es war besonders perfide, ausgerechnet Michiko, als erklärte Gegnerin von Menschmaschine zu benutzen, um Feinde der Organisation auszuschalten.

Sie nahm die kürzeste Strecke nach draußen und gelangte an eine Laderampe für die Küche.

Dort wurde sie von Julius, auch bekannt als KickAss, in Empfang genommen, der neben einem Gleiter wartete. Er trug einen langen schwarzen Ledermantel und eine Mütze, die sein Haar verbarg. Er lehnte mit verschränktem Armen an dem Gefährt. Michiko ging wortlos an ihm vorüber und setzte sich in den Gleiter.

KickAss verhielt sich ganz anders als Foster Wallace, der ihr gerne einen bösartigen Kommentar mit auf den Weg gab, oder Andeutungen auf vergangene Taten machte, die sie verunsichern und ängstigen sollten. KickAss zeigte eine ausdruckslose Miene und behandelte sie immer gleich. Es fiel schwer zu glauben, dass dies derselbe Körper war, in dem sich auch der schüchterne und freundliche Julius befand. Bei ihm war es leicht vorstellbar, dass zwei ­Seelen in seinem Körper steckten, aber trotz der Unterschiede handelte es sich eindeutig um die gleiche Persönlichkeit.

Der Ledermantel war eine merkwürdige Aufmachung und etwas ungewöhnlich für ihn. Viel zu auffällig, um diese Aufmachung als Tarnung benutzen zu können. Während ihrer Gefangenschaft bei Menschmaschine hatte sich Julius als naiver junger Mann ihr Vertrauen erschlichen, bis sie herausfand, dass er gleichzeitig der maskierte und fast unbesiegbare Ausbilder KickAss war. Seitdem traute sie niemandem mehr, dem sie begegnete.

Mit Ausnahme von Marinko. Wie gerne hätte Michiko ihm von ihrem Problem erzählt. Er wäre vielleicht in der Lage, ihr zu helfen. Doch wenn sie die geringste Andeutung machte, würde Chiavelli die Kontrolle übernehmen und damit ihr Bewusstsein ausschalten. Michiko war momentan dankbar für jeden wachen Moment, von denen es nicht besonders viele gab.

„Was habe ich da drin für euch getan?“, fragte sie KickAss.

„Das musst du nicht wissen.“

„Wenn ich daran denke, wofür Ihr meinen Körper bisher missbraucht habt, werde ich es doch sowieso sehr schnell aus den Nachrichten erfahren. Bisher waren die Aktionen jedes Mal sehr spektakulär.“

„Dann will ich dir nicht die Überraschung verderben“, sagte KickAss und startete den Gleiter. Sie stiegen senkrecht aus der Gasse auf und flogen Richtung Zentrum.

„Kommt jetzt ein weiterer Auftrag?“

„Nur Geduld.“

„Ein Auftrag für mich oder für Chiavelli.“

„Das erfährst du noch.“

Michiko ließ nicht locker. „Vorher – oder hinterher aus den Nachrichten?“

KickAss gab keine Antwort, sondern machte nur einen genervten Laut.

„Wenn ich euch so nerve, wieso habt Ihr mich dann überhaupt an die Oberfläche gelassen?“, fragte Michiko, aber auch darauf erwartete sie keine Antwort. Sie blickte aus dem Fenster auf die Stadt unter ihr und versuchte zu erahnen, wohin die Reise ging. „Wir machen uns jetzt auch die Suche nach Stiller, oder?“

KickAss war nicht besonders überrascht, dass sie es wusste. Zumindest ließ er es sich nicht anmerken oder es spielte keine Rolle für ihn. Sie war ihm lästig. Wenn sich Chiavelli am Steuer ihres Körpers befand, lief alles bestimmt ganz anders ab.

KickAss drehte leicht den Kopf nach hinten. „Und wenn du es genau wissen willst, wir müssen Stiller nicht suchen. Wir wissen, wohin man ihn zu seinem Schutz gebracht hat.

In der Ferne sah sie ein bekanntes Gebäude, doch in diesem Moment begann sich ihre Sicht zu trüben. Oh nein, es geht los, dachte sie. „Wie weit noch?“, fragte sie

KickAss warf einen Blick in den Rückspiegel und begegnete dem Blick von Michiko. „Na endlich, sie begann schon zu nerven.“

Thomas Chiavelli streckte den Frauenkörper, über den er soeben die Kontrolle übernommen hatte. „Ich kann mir vorstellen, dass sie viele Fragen hat.“

„Wie lange willst du sie noch benutzen? Ich finde das Risiko unnötig hoch.“

„Vielleicht, aber es lohnt sich. Sobald Shalyn Shan auf die Erde zurückkehrt, wird dieser Köper unersetzlich werden.“

*

KickAss schlug die Schöße seines Ledermantels nach hinten und ging auf die beiden Wachen zu. Sie konnten sehen, dass er keine Waffen an seinem Gürtel trug und entspannten sich etwas.

„Können wir ihnen helfen?“, fragte eine der Wachen, während die andere ihr Schnellfeuergewehr leicht anhob.

„Kein Grund zur Aufregung“, sagte KickAss und streck­te die Hände zur Seite, um zu demonstrieren, dass von ihm keine Gefahr ausging.

„Darf ich euch meinen Ausweis zeigen? Ich bin Spezial­agent von World-Police.“

„Und was genau führt Sie zu uns?“

KickAss war nah genug und statt einer Antwort schlug der mit der Faust gegen die Kehle des Mannes. Röchelnd ging der Wachmann zu Boden. Die zweite Wache machte den Fehler, zuerst zu seinem Partner zu sehen. KickAss trat das Schnellfeuergewehr zur Seite und brach dem Mann mit mehreren kurzen Schlägen den Schädel. Dann verstaute er die zwei Körper in dem Häuschen, wo sie erst zur nächsten Wachablösung gefunden werden konnten. Der Mann mit dem gebrochenen Schädel rührte sich nicht mehr, der zweite brauchte noch eine Weile bis zum Erstickungstod. Der zertrümmerte Kehlkopf und die gequetschte Luftröhre ließen ihm keine Chance.

Es war nicht unbedingt nötig gewesen, die Wachen umzubringen. Er hätte sie auch betäuben und fesseln können, aber es war nötig, das Vorgehen möglichst brutal zu gestalten, damit sie viel Aufsehen erlangten. Jeder sollte in den nächsten Tagen und Wochen darüber sprechen, und jeder sollte den Täter dieses abscheulichen Verbrechens hassen.

Die Männer waren kein echtes Hindernis, denn sie waren eigentlich nur zur Bewachung der Wohnanlage angestellt. Die richtigen Bodyguards würden im Inneren bei der Zielperson warten. Menschmaschine kannte alles über das Safe House in der Anlage, hatte aber dieses Wissen nie angewandt, weil die Organisation wusste, dass es einmal sehr wertvoll werden würde. Zwei andere Zielpersonen waren in der Vergangenheit ebenfalls dort untergebracht gewesen, aber man wartete in beiden Fällen, bis sie sich weit genug aus ihr entfernt hatten, um jeden Verdacht zu vermeiden, die Killer hätten das Versteck gekannt.

Stiller lohnte diesen Einsatz eindeutig. Mit seiner Beseitigung und der von Prois wäre den Gegnern von Menschmaschine ein vernichtender Schlag versetzt worden, von dem sie sich lange nicht erholen würden. Nicht nur, dass die stärksten Kritiker und Widersacher der Organisation ausgeschaltet waren, es würden sich auch nur schwer Nachfolger für sie finden lassen, da jeder Kandidat mit einem ähnlichen Schicksal rechnen musste. Sobald KickAss seinen Auftrag erfüllt hatte, sollten ruhige Zeiten für Menschmaschine anbrechen.

Der Attentäter stieg eine Etage unter der sicheren Wohnung aus und nahm die Treppe. Die Wohnung, in der Stiller untergebracht war, befand sich am Ende des Ganges. Wenn man nicht die Aufmerksamkeit der Nachbarn erregen wollte, durfte man natürlich keine Wachen auf den Flur stellen. Deshalb war der Gang auf seiner gesamten Länge videoüberwacht.

KickAss wusste einiges über die Wohnung. Zum ersten war die Tür mehrfach gepanzert und konnte nur durch Sprengstoff bewegt werden, sofern man nicht über die nötigen Zugangsdaten verfügte. Dahinter trat man nicht direkt in den Wohnbereich, sondern gelangte in eine abgeschlossene Kammer aus Panzerglas. Eindringlinge konnten darin festgesetzt werden und wahlweise durch Gas, Stromstöße oder mit Hilfe aufklappbarer Schießscharten erledigt werden. Kam man auch durch diese Schleuse, betrat der Besucher ein großes Wohnzimmer, von dem alle anderen Räume abgingen. Die riesigen Panoramascheiben waren kugelsicher und konnten bei Bedarf noch durch gepanzerte Rollläden verstärkt werden.

KickAss ging davon aus, dass sich momentan vier Spezialisten von World-Police mit Marcus Stiller in der Wohnung befanden. Später würden es sicher noch mehr werden, auch um die gesamte Wohnanlage herum, aber momentan gab es nur diese schnelle Eingreiftruppe, die Stiller aus seiner eigenen Wohnung geholt und in ­Windeseile hierher geschafft hatte, nachdem das Attentat auf William Prois bekannt wurde.

KickAss spazierte gemütlich durch den Gang und tat so, als würde er die Nummern an den Türen lesen. Seit dem Betreten des Ganges hatte er Alarm in der Wohnung ausgelöst, und er konnte sicher sein, dass dort in diesem Moment mehrere Augenpaare auf die Kameramonitore gerichtet waren. Sie würden erst wieder entspannen, wenn KickAss sich an einer der anderen Wohnungstüren bemerkbar machte. Also tat er ihnen den Gefallen.

Die alte Frau, die ihm öffnete, war überrascht von dem strahlenden jungen Mann, den sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Er breitete die Arme aus und umfing sie überschwänglich. Leicht wiegte er sie hin und her, während sie an seinem Ohr zu wissen verlangte, wer er sei und was er von ihr wolle.

KickAss lachte laut, als habe sie etwas Nettes oder Witziges gesagt, und umarmte sie noch fester. Als er merkte, wie sie in seiner Umarmung erschlaffte, hob er sie leicht an und trug sie in ihre Wohnung hinein. Für Beobachter sah es so aus, als habe sie ihn vor lauter Freude hineingezogen. KickAss trat die Tür mit dem Absatz zu und ließ die alte Frau achtlos im Flur fallen. Er ging schnell und effizient vor. Mit wenigen Schritten durchquerte er die Wohnung, bis er zur gemeinsamen Wand mit der Nachbarwohnung gelangte. Aus den Taschen seines Ledermantels holte er mehrere Miniatursprengsätze, die er kreisförmig an der Wand befestigte. Mit dem Zünder in der Hand wich er in den Flur zurück und betätigte dort den Auslöser.

Die betreffende Wand war die große Schwachstelle der sicheren Wohnung, weil man dort aus bautechnischen Gründen viele der Vorkehrungen nicht umsetzen konnte. In keine andere Wand hätte man so mühelos einen bequemen Durchgang sprengen können. KickAss warf die Rauchgranate durch die Öffnung und stieg dann in die Nachbarwohnung. Keiner der Bodyguards wagte zu schießen, aus Sorge, einen seiner Kollegen zu treffen, oder, noch schlimmer, ihren Klienten.

KickAss bewegte sich lautlos durch die nicht mehr so sichere Wohnung. Er konnte genauso wenig sehen wie seine Gegner, hatte aber jahrelang trainiert, sich lediglich auf seine Sinne zu verlassen. Dem ersten Bodyguard warf er von hinten eine Schlinge um den Hals und erdrosselte ihn auf dem Weg zu Boden. Den zweiten brach er in einer fast beiläufigen Bewegung das Genick. Dann erblickte er seine Zielperson.

Marcus Stiller sah aus wie ein Gladiator aus dem alten Rom. Über zwei Meter groß, mit einer breiten Brust und mächtigen Armen. Dieser Mann war es gewohnt, seinen Körper einzusetzen, und konnte einiges ertragen. Das verrieten die breiten Narben, die sich diagonal über sein Gesicht zogen. Heutzutage war die Medizin in der Lage, solche Spuren von Verletzungen mühe- und rückstandlos zu beseitigen. Stiller hatte also einen Grund, weshalb er sie behielt. Als Auszeichnung oder als Erinnerung.

„Ich weiß, wer euch schickt!“, brüllte Stiller durch den dichten Rauch, als würde es noch eine Rolle spielen. Vor allem verriet er aber dadurch seinen Standort, denn er wurde sofort von einem seiner Beschützer zum Verstummen gebracht. Die beiden verbliebenen Leibwächter teilten sich auf. Einer blieb bei Stiller, der andere machte sich auf die Suche nach dem Eindringling.

KickAss wartete geduckt hinter einem Sofa, bis der Mann an ihm vorüber war. Der Rauch verflog langsam und konnte ihm nicht mehr lange als Sichtschutz dienen. KickAss federte hinter dem Bodyguard in die Höhe und versetzte ihm einen Faustschlag in den Nacken. Er traf die Verbindungsstelle zwischen Schädelknochen und Rückgrat. Der Mann fiel zu Boden. Vollständig gelähmt und zum Tode verurteilt. KickAss wollte sichergehen, dass jeder, der von diesem Attentat las oder hörte, angewidert das Gesicht verzog. Hätte er Waffen benutzen dürfen, wären die Morde noch viel widerwärtiger ausgefallen. Aber das war in diesem Fall nicht möglich, da auch ­Wernher von Witzleben in einer solchen Situation keine tödlichen Waffen benutzt hätte.