Raumschiff Promet - Die Abenteuer der Shalyn Shan 09: Die fremde Macht - Andreas Zwengel - E-Book

Raumschiff Promet - Die Abenteuer der Shalyn Shan 09: Die fremde Macht E-Book

Andreas Zwengel

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Beschreibung

gent Harkaway entdeckt an Bord eines riesigen Unterseebootes Hinweise auf eine gewaltige Verschwörung und muss um sein Leben kämpfen.Zizzi Moses möchte mehr über ein Projekt erfahren, an dem sie finanziell beteiligt ist, und gerät dabei in Gefahr.Die Absicht der fremden Schiffe vor Terra ist weiterhin rätselhaft. In der Sahara machen sich Mitglieder eines alten Geheimbundes auf den Weg. Sie erwarten das Auge des Ra.Die Printausgabe umfasst 154 Buchseiten.

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Seitenzahl: 162

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Andreas Zwengel & Olaf KemmlerDIE FREMDE MACHT

In dieser Reihe bisher erschienen:

 

01 Der Virenplanet von E.C. Tubb

02 Die Tochter des Pfauen von Matthias Falke & Y.F. Yenn

03 Welt der Kraken von Matthias Falke & Y.F. Yenn

04 Der Schwarm aus Stahl von Matthias Falke

05 In den Grauzonen von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival

06 Der stählerne Krieg von S.H.A. Parzzival

07 Die schwarze Pagode von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival

08 Planet der schwarzen Raumer von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival

09 Das Orakel von Chron von Achim Mehnert

10 Notruf aus Katai von Achim Mehnert

11 Tod eines Cyborgs von Achim Mehnert

12 Der ewige Feind von Achim Mehnert

13 Welt in Flammen von Achim Mehnert

14 Die letzte Fahrt der Hindenburg II von Andreas Zwengel

15 Unsterbliche Rache von Andreas Zwengel

16 Der Weg der Kriegerin von Andreas Zwengel17 Die Janus-Attentate von Andreas Zwengel

18 Das Auge des Ra von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler

19 Die fremde Macht von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler

20 Die Ruinen von Antaran von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler

Andreas Zwengel & Olaf Kemmler

Die fremde Macht

RAUMSCHIFF PROMETDie Abenteuer der Shalyn Shan

Band 19

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2018 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: MtP Art, Mario HeyerLogogestaltung: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-469-5Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

Die fremde Macht

von Andreas Zwengel

Kapitel 1

Die Nachricht brachte Zizzi Moses’ Blut in Wallung: Eine komplette Abteilung von World-Market hatte sich auf die Seite ihres Vaters geschlagen. Und zwar, ohne das Gebäude zu verlassen. Sie befanden sich in diesem Augenblick sieben Stockwerke unter ihr.

Seit Beginn des digitalen Zeitalters galt es nicht mehr als Besonderheit, dass Mitarbeiter die Abteilung oder sogar die Firma wechselten, ohne dafür ihr Büro räumen zu müssen. Der aktuelle Arbeitgeber mietete die Räumlichkeiten von der ehemaligen Firma des neuen Mitarbeiters und dieser konnte direkt mit der Arbeit beginnen. Effektiver ging es nicht mehr.

Zizzi gehörte mit ihren Ansichten allerdings noch zur alten Schule, denn die Vorstellung, dass im selben Haus Leute für die Konkurrenz arbeiteten, fühlte sich für sie unerträglich an. Ihr Haus, ihre Regeln, und wem das nicht passte, der sollte seine Koffer packen, wenn er wusste, was gut für ihn war.

Zizzi hatte den Assistenten bei sich, der neuerdings ihr Bett mit ihr teilte. Er schien seine Sache gut zu machen, denn er hatte noch seinen Job und lebte noch. Doch wie auch immer diese Beziehung für ihn ausgehen sollte, seine berufliche Karriere war beendet. Niemand würde sich mehr für seine fachlichen Fähigkeiten interessieren, denn überall galt er nur noch als der Lustknabe von Zizzi Moses.

Sie fragte ihn nach der abtrünnigen Abteilung und hörte sich den ebenso knappen wie prägnanten Bericht an. Als sie ihn anschließend dafür loben wollte, musste sie erst nach seinem Namen fragen. Bisher hatte sie dieser nicht sehr interessiert, aber da er wohl noch etwas länger in ihren Diensten bleiben würde, konnte es nützlich sein, wenn sie eine passende Anrede für ihn kannte.

Er hieß William, und ihm war überhaupt nicht wohl zumute, als er mit seiner Chefin zu besagter Etage hinabfuhr. Fachlich verfügte er über alle benötigten Fähigkeiten für seine Tätigkeit, aber an der Seite von Zizzi brauchte man noch die ein oder andere Zusatzqualifikation, vor allem im Nahkampfbereich.

Zizzi hatte sich für den Besuch bei der Abteilung umgezogen. Ein leichtes Kleid kam ihr bei diesem Anlass etwas unpraktisch vor, deshalb trug sie nun eine robuste Lederhose und dazu eine blutrote Bluse. Beides aus rein praktischen Gründen. William trug einen der drei guten Anzüge, die er sich bisher hatte leisten können, und stellte nervös Spekulationen darüber an, was ihm nun bevorstand.

Zizzi agierte nicht ungeschickt bei Verhandlungen. Sie verfügte über genügend rhetorische Fähigkeiten und auch das diplomatische Taktieren, dennoch langweilte sie ein solches Vorgehen furchtbar. Sie empfand es als ungeheure Zeitverschwendung, ihre Gesprächspartner zu umwerben und Kompromisse zu finden, die beide Seiten zufriedenstellen konnten. Wie viel einfacher und effizienter war es dagegen, anderen einfach ihren Willen aufzuzwingen, um anschließend mit der eigentlichen Arbeit beginnen zu können.

Der Aufzug hielt kaum merklich an, die Türen öffneten sich. Zizzi berührte William am Arm, und der zuckte vor Schreck heftig zusammen. Sie lächelte amüsiert. „Ich weiß nicht, wie lange diese, hm, Unterredung dauern wird, also fahr doch schon einmal nach oben und lass mir ein Bad ein.“

William konnte sein Glück kaum fassen. Er brauchte den Aufzug nicht verlassen und musste nicht mit ansehen, was als Nächstes geschehen würde. Er nickte heftig und strahlte fröhlich. Zizzi wusste, dass er sich später aus lauter Dankbarkeit besonders viel Mühe mit ihr geben würde. Dabei handelte es sich um eine kluge Investition von Zizzi, die sich in sexueller Hinsicht mehr als auszahlen würde.

Sie verließ den Aufzug und trat auf den Gang hinaus. Dort wartete sie ab, bis sich die Türen schlossen und die Kabine wieder aufstieg.

Es gab in dieser Abteilung zehn Büros auf jeder Seite des Flures und aus jedem kamen laute Arbeitsgeräusche. Meist waren es Gespräche aus diversen Com-Anlagen, die Mitarbeiter wirkten äußerst geschäftig. Diese Abteilung war wohl nicht aus dem Grund zu ihrem Vater übergelaufen, um weniger arbeiten zu müssen, überlegte sich Zizzi. Sie vermutete, dass es sich um hoch qualifiziertes und motiviertes Personal handelte, ein Verlust für jede Firma. Schon allein deshalb durfte sie die Leute nicht einfach ziehen lassen.

Vor Zizzi trug eine junge Frau einen Stapel Unterlagen aus einem Büro in das gegenüberliegende. Beim Überqueren des Flures warf sie zufällig einen Blick in Zizzis Richtung. Die Frau zuckte kurz zusammen und warf sich dann förmlich zur nächsten Bürotür hinein.

Zizzi marschierte los. Türen wurden zugeschlagen, als ob dies einen ausreichenden Schutz böte, und andere Mitarbeiter sanken an ihren Schreibtischen zusammen. Unbeirrt ging Zizzi weiter. Sie spürte die Blicke derjenigen in ihrem Rücken, die aus ihren Büros linsten, nachdem sie vorüber war. Zizzi erreichte das Ende des Flures, drehte sich wieder um und sah mit verschränkten Armen die Strecke zurück.

„Kommt raus, ich will nur reden!“, rief sie, laut genug, um auch durch geschlossene Türen zu dringen.

Es dauerte eine Weile, bis die Ersten ihrer Aufforderung folgten. Ein junger Mann mit geflochtenem Vollbart und grau gefärbtem Haar wurde vorgeschoben.

„Ich bin der Leiter dieser Abteilung“, stellte er sich vor.

„Du hast entschieden, mich zu hintergehen?“

Der Mann wurde kreidebleich und brauchte einen Moment, bis er überhaupt wieder einen Ton herausbrachte. „Ich würde es nicht hintergehen nennen, Miss Moses, ich ...“

„War es deine Entscheidung?“, wollte Zizzi wissen.

Der Abteilungsleiter schüttelte panisch den Kopf. „Es handelte sich um eine demokratische Entscheidung. Alle Mitglieder der Abteilung haben über diesen Schritt abgestimmt, und die Mehrheit entschied sich dafür.“

Zizzi schnalzte mit der Zunge. „Also seid ihr alle gemeinsam schuld“, stellte sie fest.

Bei diesen Worten spürte der Abteilungsleiter, wie alle hinter ihm zurückwichen.

„Darf ich fragen, was euch zu diesem Schritt bewogen hat?“, fragte Zizzi in die Runde.

Ein älterer Mann mit altmodischem Irokesenschnitt hob zögerlich die Hand, aber ein Kollege von ihm bog blitzschnell seinen Arm wieder nach unten. „Sei bloß still, das ist eine Falle“, hörte Zizzi ihn flüstern.

Sie wandte sich wieder an den Abteilungsleiter. „Ihr könnt frei sprechen. Ich garantiere dafür, dass keine der Äußerungen Folgen für euch haben wird.“

„Bei allem Respekt, Miss Moses, aber man sagt Ihnen eine gewisse Unbeherrschtheit nach. Wir sind nicht sicher, wie Sie reagieren, falls Ihnen die Gründe nicht gefallen, die Sie zu hören bekommen.“

„Redet endlich!“, schrie sie ungeduldig.

Für einen Moment sprach niemand, dann meldete sich eine Stimme aus der hinteren Reihe. „Wir wollen wieder für eine richtige Firma arbeiten.“

„Und einen richtigen Chef, der weiß, was er tut“, ergänzte ein anderer.

„World-Market ist nur noch ein einziges Chaos.“ Das kam von der Frau, die Zizzi als Erstes entdeckt hatte. „Wenn der Konzern zugrunde geht, breitet sich Chaos auf der Erde aus.“

Zizzi hörte sich die Beschwerden der Reihe nach an und blieb völlig ungerührt. Die Mitarbeiter wurden ­mutiger und ehrlicher, auch die letzten Nachzügler wagten sich vollständig aus ihren Büros heraus, anstatt nur die Köpfe und Oberkörper aus den Türöffnungen hervorzustrecken.

Zizzi überlegte, wie schnell sie das Problem mit zwei MPi-Salven aus der Welt schaffen könnte. Auf der linken Flurseite hoch und auf der rechten wieder herunter, dann mit einer Pistole oder einem Messer die Feinarbeit erledigen, jene versorgen, die sie mit der MPi nicht richtig erwischt hatte.

„Hören Sie uns überhaupt zu?“, erkundigte sich der Abteilungsleiter in einem Ton, den er vor wenigen Minuten noch nicht gewagt hätte, und riss Zizzi damit aus ihrer kleinen Tagträumerei. Als sie ihn ansah, wäre er am liebsten davongerannt.

Zizzi schaute über ihn hinweg und versuchte, alle Personen auf dem Flur gleichzeitig im Auge zu ­behalten. „Ich danke Ihnen allen für Ihre Arbeit, die Sie für World-Market geleistet haben und noch leisten werden. Auch wenn Sie in Zukunft für meinen Vater arbeiten, bin ich doch froh, dass Ihre Fähigkeiten weiterhin dem Konzern zugutekommen.“

Die letzte Silbe hing noch in der Luft, da ging sie schon los, und die Männer und Frauen machten ihr bereitwillig Platz. Sie forderte den Irokesen weit hinten mit einer Handbewegung auf, den Aufzug zu rufen, und als sie am Ende des Flures angelangte, öffneten sich die Aufzugstüren, sodass sie eintreten konnte, ohne ihr Tempo drosseln zu müssen. Es war ein perfekter Abgang.

„Wie haben die es geschafft, so schnell zu meinem Vater zu wechseln?“, fragte sie William, als sie aus dem Aufzug stieg und ihre Privatwohnung betrat.

„Sie haben sich bei einer anderen Abteilung beworben, über die dein Vater die Kontrolle hat. Da es sich praktisch um einen Wechsel innerhalb des Konzerns handelte, lief es, vom bürokratischen Standpunkt aus betrachtet, völlig unproblematisch ab, da jemand in den oberen Stockwerken zugestimmt hat.“

Auf dem Weg ins Wohnzimmer flatterte die blutrote Bluse zu Boden. William überlegte, ob dies eine Aufforderung war, sich ebenfalls auszuziehen. Doch Zizzi stand barbusig im Raum und dachte nach. Ihr schien momentan nicht der Sinn nach Bettakrobatik zu stehen. Schließlich sah sie zu William. „Finde heraus, wer aus der oberen Etage bei diesem Wechsel die Finger im Spiel hatte und sorge dafür, dass er ab Morgen in der untersten Etage beschäftigt ist. Dann kümmerst du dich um jedes einzelne Mitglied aus dieser Abteilung. Mach eine Liste und übergib sie unserem speziellen Juristen. Er soll die ganze Abteilung durch Strohmänner abwerben und dann fallen lassen. Nein, besser noch, gib ihnen einen sehr öden Job am langweiligsten Ort der Welt, und mach ihnen klar, dass niemand anders sie beschäftigen wird, falls sie kündigen. Allen soll die Botschaft klar werden.“

„Das ist ganz schön heftig“, sagte William zögernd.

„Tu es einfach oder setz dich mit auf die Liste.“

Zizzi sah ihm nach, wie er sich an die Arbeit machte. Der Junge war noch zu neu in der Branche, um die ­Situation richtig einzuschätzen. Sie war Zizzi Moses und trotzdem lebte die abtrünnige Abteilung noch. Daraus könnten einige Leute schließen, sie würde weich werden. Eine solche Fehleinschätzung konnte verheerende Folgen haben.

Kapitel 2

Keith Harkaway erwachte und stellte überrascht fest, dass er sich noch unter den Lebenden befand. Er würde sich deswegen nicht beschweren, aber er hatte wirklich nicht damit gerechnet. Seine Kehle schmerzte von dem verschluckten Salzwasser, aber ansonsten ging es ihm gut. Er trug seine eigene Kleidung, die nicht nur getrocknet, sondern sogar gereinigt schien. Außer der Kleidung trug er allerdings nichts mehr am Körper. Ihm fehlte also unter anderem die Möglichkeit, festzustellen, wie viel Zeit seit dem Angriff vergangen war.

Der Raum, in dem er sich befand, wirkte modern und für eine Zelle fast gemütlich. Es waren glatte helle Wände, ohne erkennbare Öffnungen, geschweige denn einer Tür. Die Beleuchtung steckte in den Wänden, denn sie strahlten von innen heraus. Harkaway fuhr mit der Hand an den Wänden entlang und spürte nur glatte Oberflächen. Selbst die Belüftung schien direkt durch die Wand zu erfolgen. Die gesamte Technik befand sich an für ihn unerreichbaren Stellen und bot nicht die geringste Angriffsfläche.

Er kannte nichts Vergleichbares auf der Erde und durfte deshalb nicht ausschließen, dass es sich um ­außerirdische Technologie handelte. Vielleicht versteckten sich die Bewohner einer fremden Kultur auf dem Grund der Meere. Entweder, um dort ihre Kultur aufzubauen und in Frieden zu leben oder um eine Invasion auf der Oberfläche vorzubereiten. Harkaway hielt beide Möglichkeiten für denkbar. Er war mit dem Manta Ray in deren Gebiet eingedrungen und hatte sie damit zur Verteidigung gezwungen. Außerdem hatten sie ihn, aus welchen Gründen auch immer, vor dem Ertrinken gerettet. Das sprach für freundliche Aliens. Wenn sie allerdings ihr Leben von den Menschen unentdeckt führen wollten, hätten sie wohl kaum den Kontakt zu Zizzi Moses gesucht. Die Außerirdischen-Theorie hinkte gewaltig.

Plötzlich erschien in zwei Meter Höhe ein leuchtender Punkt in der Wand. Harkaway wartete gespannt ab, was als Nächstes geschah. Der Punkt bewegte sich zur Seite und bildete eine Linie. Nach eineinhalb Metern änderte die Linie ihre Richtung und setzte sich senkrecht nach unten fort. Kurz vor dem Boden wechselte sie erneut die Richtung und verlief parallel zur oberen Linie. Harkaway hatte so etwas Ähnliches einmal in einem sehr alten Gebäude in der Grauzone erlebt; dort hatte es sich allerdings um einen Kabelbrand unter der Tapete gehandelt. Gespannt beobachtete er, wie sich die Linie zum Rechteck schloss. Sobald sich beide Enden berührten, wurde die Linie plastisch und eine Tür bildete sich aus der Wand heraus.

In der Öffnung erschienen zwei Gestalten, die eindeutig humanoid aussahen, auch wenn der Missbrauch von Steroiden bereits begonnen hatte, sie in etwas Monströses zu verwandeln. Die beiden Muskelberge winkten ihn auf die Beine und nahmen ihn in die Mitte. Sie sprachen kein Wort, und Harkaway wusste, dass es keinen Sinn hätte, ihnen Fragen zu stellen. Er würde früh genug erfahren, wohin sie ihn brachten.

Sie führten ihn durch einen Gang, der zu einem größeren Raum führte. Als er das Innere des Bootes sah, kam ihm der Vergleich mit einem Flugzeugträger unpassend vor. Sie durchquerten einen Saal, der sich mehrere Decks nach oben hin offen erstreckte und von einem der großen Kreuzfahrtschiffe zu stammen schien, die seit über zweihundert Jahren Touristen über die Weltmeere schipperten. Überall herrschte geschäftiges Treiben. Auf den Galerien der oberen Stockwerke liefen hoch motivierte, größtenteils junge Menschen herum. Kaum einer von ihnen schien die Dreißig schon überschritten zu haben.

Auffällig war auch, dass es keine Uniformen gab, nicht einmal annähernd einheitliche Kleidung. Jeder schien tragen zu dürfen, was er wollte. Dies war offensichtlich kein militärisches Unterseeboot, aber welcher Privatmann konnte sich so etwas leisten? Noch dazu eines von dieser bombastischen Größe. Michael Moses vielleicht, wenigstens früher, als er noch die komplette Kontrolle über World-Market besaß. Aber selbst er hätte dafür an seine Ersparnisse gehen müssen.

Die beiden Männer sagten kein Wort zu ihm und wahrten einen Sicherheitsabstand. Sie boten ihm keine Gelegenheit, sie zu überwältigen, also konzentrierte sich Harkaway darauf, möglichst viele Details aus seiner Umgebung aufzunehmen. Er warf im Vorübergehen einen Blick auf einen ausgehängten Lageplan des Decks und prägte ihn sich ein, so gut es ging.

Seine Wächter brachten ihn in einen Raum, in dem sich ein gewaltiger Behandlungsstuhl aus Metall befand, der eine Mischung aus Königsthron, Zahnarztsessel und Gynäkologenstuhl darstellte. Harkaway ließ sich ohne Gegenwehr zu ihm hinführen, nahm Platz und hielt still, während der eine Wächter ihn festschnallte und der andere ihn aus sicherer Entfernung mit seiner Waffe in Schach hielt.

„An deiner Stelle würde ich schnell reden, das erspart dir eine Menge Unannehmlichkeiten“, raunte ihm der erste Wächter zu und zog den Gurt fest.

„Schauen wir mal“, antwortete Harkaway.

Der Wächter zuckte die Achseln. „Je nachdem, in welcher Stimmung er gerade ist, kümmert es ihn eh nicht, was du sagst.“

Der zweite Wächter nickte bekräftigend. „Wenn er zum Spielen aufgelegt ist, kann sich das leicht bis morgen früh hinziehen.“ Der Mann würgte kurz, offenbar, weil er sich an einen ähnlichen Vorfall zurückerinnerte.

Sein Kollege trat vor die Tür, und in der Wand daneben erschien auf Brusthöhe ein Display. Er hob seinen Finger, um die Zahlenfolge einzugeben, doch in diesem Moment trat der zweite Wächter neben ihn und verdeckte Harkaway die Sicht.

Der Agent bekam den Eindruck, sie konnten gar nicht schnell genug aus dem Raum herauskommen. Er schaute sich rasch um und sah nur einen metallenen Beistelltisch, der das einzige andere Mobiliar im Raum darstellte. Der Raum selbst besaß das Ambiente eines Operationssaals, war völlig klinisch und komplett Wasser abweisend verkleidet. Überall an der Decke und an den Wänden befanden sich Düsen einer Sprinkleranlage und in der Mitte des Raumes entdeckte er einen Abfluss im Boden. Alles wies daraufhin, dass der Raum nach getaner Arbeit einfach ausgespritzt werden konnte.

Die Tür öffnete sich und ein kleiner Mann trat herein, der an einen Versicherungsvertreter erinnerte. Er trug einen ordentlichen Anzug, teure Schuhe und in seiner Hand hielt er ein Mittelding zwischen Aktenmappe und Werkzeugkoffer. Als die Tür offenstand, erschien in der Wand daneben wieder das Display. Harkaway beobachtete, wie sein Besuch eine Zahlenfolge eingab. Sofort schloss sich die Tür wieder und man hörte deutlich, wie sie sich verriegelte.

Der unauffällige Mann ging einmal um den Stuhl mit Harkaway herum, dann stellte er seine Tasche auf den Beistelltisch und öffnete sie. „Wie haben Sie uns gefunden?“, fragte er, ohne Gruß oder Einleitung. Seine Stimme klang warm und freundlich, wie der Beginn einer oberflächlichen Plauderei.

„Wer sind Sie?“, fragte Harkaway.

„Wie haben Sie uns gefunden?“ Der Mann zog sein Jackett aus, hängte es auf einen Bügel an der Wand und breitete sorgsam eine Schutzfolie darüber aus. Falls dies nur ein Teil der Show war, durfte es meistens ziemlich ­wirkungsvoll sein.

„Wir sind ein Forschungsschiff und untersuchen die Veränderungen von Meereswesen durch die Genmanipulationen“, erklärte Harkaway.

„Sie sind kein Forschungsschiff, und Sie sind auf direktem Weg von Deutschland hierher geflogen. Also: Wie haben Sie uns gefunden?“ Der Mann wirkte nicht wütend über den Täuschungsversuch. Er schien nicht einmal besonders interessiert an der Antwort, aber er würde solange weitermachen, bis er sie bekam. Langsam und sehr sorgsam breitete er unterdessen seine Instrumente auf dem Tisch aus und sorgte dafür, dass Harkaway sie gut sehen konnte.

Die erste Reihe bildeten die Klingen, Zangen und Scheren. Brachiale Werkzeuge, die mehr Eindruck schinden sollten, als dass sie tatsächlichen Nutzen hätten. Jedenfalls nicht bei den besonders widerspenstigen oder gut ausgebildeten Fällen. „Wie haben Sie uns gefunden?“

„Reiner Zufall.“

Der Spezialist lächelte. „Es freut mich, dass Sie es mir nicht zu einfach machen. Wissen Sie, in meinem Job wird es rasch langweilig, wenn die Leute zu schnell alles ausplaudern.“

Harkaway lächelte ebenfalls. „Nichts zu danken. Wer bin ich denn, Sie an der Auslebung Ihrer perversen Neigungen zu hindern.“

Der Mann steckte die Beleidigung locker weg und nahm einen Gegenstand in die Hand, der aussah wie eine kleine Taschenlampe. „Den Taser haben Sie sicher längst erkannt, aber wissen sie auch, was für ein kleiner ­verlässlicher ­Helfer das hier ist?“

„Sieht mir wie ein Laser aus.“

„Richtig, und zwar einer mit sehr variabler Einstellung. Seine Leistung reicht vom Bräunen ihrer Haut bis zum Einschmelzen des Stuhles, auf dem Sie sitzen. Also, wie haben Sie uns gefunden?“

„Was ist das für ein Mittel?“, fragte Harkaway und wies mit dem Kopf auf eine Ampulle mit silberner Flüssigkeit darin.

Der Spezialist folgte überrascht seinem Blick. „Das ist ein starkes Schmerzmittel. Es schaltet jeden Schmerz sofort ab, ohne das Bewusstsein einzutrüben.“