Raumschiff Promet - Die Abenteuer der Shalyn Shan 10: Die Ruinen von Antaran - Andreas Zwengel - E-Book

Raumschiff Promet - Die Abenteuer der Shalyn Shan 10: Die Ruinen von Antaran E-Book

Andreas Zwengel

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Beschreibung

Agent Harkaway entdeckt an Bord eines riesigen Unterseebootes Hinweise auf eine gewaltige Verschwörung und muss um sein Leben kämpfen.Zizzi Moses möchte mehr über ein Projekt erfahren, an dem sie finanziell beteiligt ist, und gerät dabei in Gefahr.Die Absicht der fremden Schiffe vor Terra ist weiterhin rätselhaft. In der Sahara machen sich Mitglieder eines alten Geheimbundes auf den Weg. Sie erwarten das Auge des Ra.Die Printausgabe umfasst 158 Buchseiten.

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Seitenzahl: 168

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Andreas Zwengel & Olaf KemmlerDIE RUINEN VON ANTARAN

In dieser Reihe bisher erschienen:

 

01 Der Virenplanet von E.C. Tubb

02 Die Tochter des Pfauen von Matthias Falke & Y.F. Yenn

03 Welt der Kraken von Matthias Falke & Y.F. Yenn

04 Der Schwarm aus Stahl von Matthias Falke

05 In den Grauzonen von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival

06 Der stählerne Krieg von S.H.A. Parzzival

07 Die schwarze Pagode von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival

08 Planet der schwarzen Raumer von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival

09 Das Orakel von Chron von Achim Mehnert

10 Notruf aus Katai von Achim Mehnert

11 Tod eines Cyborgs von Achim Mehnert

12 Der ewige Feind von Achim Mehnert

13 Welt in Flammen von Achim Mehnert

14 Die letzte Fahrt der Hindenburg II von Andreas Zwengel

15 Unsterbliche Rache von Andreas Zwengel

16 Der Weg der Kriegerin von Andreas Zwengel17 Die Janus-Attentate von Andreas Zwengel

18 Das Auge des Ra von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler

19 Die fremde Macht von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler

20 Die Ruinen von Antaran von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler

Andreas Zwengel & Olaf Kemmler

Die Ruinen von Antaran

RAUMSCHIFF PROMETDie Abenteuer der Shalyn Shan

Band 20

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2018 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: MtP Art, Mario HeyerLogogestaltung: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-470-1Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

Angriff aus der Tiefe

von Andreas Zwengel

Kapitel 1

Zizzi Moses betrachtete von ihrem Versteck aus die wilde Meute, die ihr folgte. Jeder Einwohner der Stadt, der eine Waffe halten konnte, drängte sich um einen der vorderen Plätze. Nicht alle trugen das Symbol des Turan-Clans, den skelettierten Tigerkopf auf einem gelben Kreis, aber jeder hatte zumindest seine Kleidung farblich auf das Symbol abgestimmt. Jeder trug Weiß und Gelb am Körper, selbst wenn es nur Stofffetzen waren, die um Stirn oder Handgelenke gebunden waren.

Der Turan-Clan wollte ihren Kopf und wer ihn liefern würde, hätte für den Rest seines Lebens ausgesorgt. Manche ihrer Verfolger taten es für den Ruhm, andere aus reiner Mordlust und der Großteil wahrscheinlich, um die eigene Familie zu ernähren, aber aus welchen Gründen auch immer sie sich an der Hetzjagd beteiligten: Zizzi konnte von keinem unter ihnen Gnade erwarten.

Ihr war noch nicht klar, weshalb man sie ausgerechnet an diesem Ort ausgesetzt hatte. Wollte WAVE sie mit dieser Aktion beseitigen oder nur einschüchtern, um sie gefügiger zu machen? So oder so, der Plan würde nicht gelingen. Die Organisation hatte einen schweren Fehler begangen und sich Zizzi Moses zum Feind gemacht. Eine Vorgehensweise von der jeder abgeraten hätte, der sie kannte. Zizzi würde sich nicht nur ihr Geld zurückholen, sondern auch das Geheimnis um WAVE lüften und die gesamte Organisation an die Öffentlichkeit zerren. Man sagte Zizzi Moses nicht umsonst nach, dass sie extrem nachtragend und rachsüchtig sei. Lady X hätte sie besser eingeweiht, denn das wäre sie und ihre Leute am Ende billiger gekommen.

Die Stadt wirkte wie ein bunter Flickenteppich, den man über die Landschaft ausgebreitet hatte. Der Anblick passte überhaupt nicht zum Begriff Grauzone, aber der farbenfrohe Eindruck wirkte nur, solange man sich der Stadt nicht näherte, denn die Farbenpracht stammte von all dem Müll, der als Baumaterial für die Unterkünfte genutzt wurde. Ein Labyrinth aus Metallschrott, hochgestapelt zu einem undurchsichtigen System aus Gängen. Zelte, Hütten und Wohncontainer drängten sich dicht aneinander. Zehntausende lebten hier auf engstem Raum beieinander. Verschiedene Gerüche stachen Zizzi scharf in die Nase.

Sie befand sich auf dem südamerikanischen Kontinent. Afrika war ihren Entführern wohl zu nah an Europa gewesen, um sie dort auszusetzen. Anhand der Größe der Stadt ging sie davon aus, dass sie sich in Cato aufhielt, der Hauptstadt des Clans.

Zizzi wartete ab, bis sich die suchende Meute etwas zerstreut hatte, und wählte dann eine kleine Gruppe von vier Männern für ihren ersten Angriff aus. Schließlich wurde es Zeit, ihre eigenen Chancen etwas zu verbessern, indem sie sich bewaffnete. Sie betrachtete ihre Beute. Vier Männer, die sich die Belohnung verdienen wollten. Sie ­machten einen ausgemergelten Eindruck und würden ansonsten wohl in irgendeiner Ecke ihren Frust herunterspülen oder sich sonst wie betäuben. Aber angesichts der Jagd blühten sie regelrecht auf. Die Kerle rechneten sich tatsächlich Chancen gegen sie aus, dachten, leichtes Spiel mit der gesuchten Frau zu haben. Man konnte fast Mitleid mit ihnen bekommen.

Zizzi sprang hinter den Männern in die Gasse, packte den ersten Verfolger und rammte ihn gegen eine Wand. Sie musste keinen zweiten Blick auf ihn werfen, um zu wissen, dass er dauerhaft außer Gefecht sein würde. Die drei anderen hatten noch nichts davon bemerkt. Sie schlenderte lächelnd hinter ihnen her und musste ein Kichern unterdrücken, weil sie so ahnungslos waren.

Als sie ein ganzes Stück die Straße hinunter ihre Verfolgerin immer noch nicht bemerkt hatten, blieb Zizzi Augen rollend stehen und stieß einen Pfiff aus. Der hintere Mann drehte sich um, bekam große Augen und stieß einen Warnruf aus. Sofort wirbelten auch seine beiden Begleiter zu Zizzi herum. Sie hoben ihre primitiven Waffen, mit denen sie jagten. Zizzi sah einen Baseballschläger und ein Beil, und diese waren kaum besser als der Schrott, der überall herumlag. Der dritte trug tatsächlich nur eine Metallleiste mit scharf geschliffenen Kanten bei sich, was Zizzi beinahe als Beleidigung empfand.

„Woher wisst ihr, wo ihr mich finden konntet? Wer hat euch den Tipp gegeben?“, fragte sie ruhig.

Die Männer antworteten nicht, sondern verteilten sich. Der Schläger näherte sich von links, das Beil von rechts und die Klinge direkt von vorne. Letzterer wirkte am gefährlichsten. Die beiden anderen verließen sich zu sehr auf die Qualität ihrer Waffen, aber dieser Kerl musste sich mit dem Provisorium etwas mehr ins Zeug legen und würde dies auch zweifellos tun.

Zizzi wich dem Schläger aus und trat sofort dicht an den Kerl heran. Sie versetzte ihm einen schmatzenden Kuss auf die schmutzige Wange. Der Kerl riss überrascht die Augen auf. Sie versetzte ihm einen Kopfstoß, der ihn zurücktaumeln ließ.

Das Beil sauste an ihr vorbei. Zizzi machte eine Pirouette zur Seite, und die Klinge versenkte sich in die Schulter des Schlägers. Beide, der Getroffene und der Beilschwinger, fluchten laut los. Zizzi setzte den Verletzten mit einem Faustschlag gegen die Schläfe endgültig außer Gefecht. Dann winkte sie den Beilschwinger zu sich heran.

Der Mann zögerte und hatte viel von seinem Elan verloren. Dafür griff nun der Kerl mit der selbst geschliffenen Klinge an. Zizzi tauchte unter der Waffe des Mannes hindurch, gelangte in seinen Rücken und packte seinen Kopf mit beiden Händen. Mit einem kurzen Ruck bewegte sie sein Gesicht weiter nach hinten, als dies die Natur vorgesehen hatte. Achtlos ließ sie den Toten zu Boden sacken.

Ihr letzter verbliebener Gegner wollte sein Heil in der Flucht suchen. Er schleuderte das Beil auf Zizzi und warf sich dann herum, um davonzulaufen. Sie fing das Beil am Griff, ließ es einmal herumwirbeln und schleuderte es dem Flüchtenden hinterher. Mit tödlicher Präzision traf sie ihn genau zwischen den Schulterblättern.

Zizzi packte den einzigen Gegner, der noch lebte, wenn er auch kaum bei Bewusstsein war, und zog ihn an seinem Shirt vom Boden hoch. Sie wiederholte ihre Frage, aber diesmal etwas eindringlicher: „Woher wisst ihr, wo ihr mich finden konntet?“

Der Mann schüttelte nur den Kopf. Er wusste überhaupt nichts und starb fast vor Angst. Enttäuscht ließ sie ihn liegen und folgte weiter der Meute.

Sie schaltete noch zwei weitere Gruppen aus, bis ihre Verfolger etwas zurückhaltender wurden. Ihre Bewaffnung war um einen antiken Trommelrevolver mit drei Patronen und ein stumpfes Samuraischwert angewachsen, und das waren mit Abstand die besten Sachen, die sie ihren bisherigen Gegnern hatte abnehmen können. Eine mehr als dürftige Ausbeute.

Warum hatte WAVE nicht den einfachen Weg gewählt und sie an Ort und Stelle liquidiert? Stattdessen flogen sie Zizzi um die halbe Welt, um sie in der Hauptstadt ihres Erzfeindes auszusetzen. Wahrscheinlich wollten sie nicht diejenigen sein, die Zizzi Moses getötet hatten, denn damit würden sie auch den Zorn von Zizzis Vater auf sich ziehen. Dessen Aufmerksamkeit wollte niemand erlangen, wenn es nicht unbedingt sein musste. Vor allem keine Organisation, die dem größten Teil der Welt unbekannt war und das auch bleiben wollte. Also ließ WAVE jemand anderen die Drecksarbeit erledigen und schob demjenigen auch gleich noch die Verantwortung für Zizzis Tod zu.

Schon für den Versuch werdet ihr bluten, dachte Zizzi.

Der Turan-Clan hatte sich mit unbarmherziger Gewalt in den Grauzonen nach oben gekämpft. Er kannte keine Gnade und tötete jedes Familienmitglied des Gegners, um auch nachfolgende Generationen auszulöschen, die irgendwann einmal Rache nehmen könnten. Mit einem solchen Ruf konnte der Clan sicher sein, dass die Konkurrenz auf Abstand blieb, solange man sich nicht unmittelbar in die Quere kam.

In seinen Anfangsjahren nutzte der Turan-Clan diese Ruhe und beschränkte sich darauf, sein Gebiet in den Grauzonen zu festigen und sich nicht über dessen Grenzen hinaus auszubreiten. Von den benachbarten Clans hielt er sich so lange fern, bis alles innerhalb seines Gebietes befestigt und abgesichert war.

Die anderen Clans hatten unterdessen ihre Zeit mit sinnlosen Scharmützeln verbracht. Sie eroberten ­Nachbargebiete und verloren sie wieder, opferten Kämpfer in gegenseitigen Racheaktionen, vernichteten Waren, Gebäude und Transportwege der Konkurrenz. Über Jahre hinweg zerstörten sie immer wieder ihre eigene Existenzgrundlage, während der Turan-Clan mit seinem planvollen Vorgehen immer mächtiger und reicher wurde. Er stellte den einzigen Clan dar, der in diesem Gebiet der Grauzonen zählte. Alle anderen hatte Zizzi spielerisch unterwerfen können. Selbst die Stärksten unter ihnen musste man nur in einen sinnlosen Konflikt hetzen, in dem sie ihre Kräfte aufbrauchten. Anschließend waren sie spielend leicht zu handhaben. Nicht so der Turan-Clan.

Dessen Anführer hieß Enrico Turan und Zizzi hatte bereits einige Male mit ihm zu tun gehabt. Mit dreiundsechzig Jahren hatte der Mann ein gesegnetes Alter in dieser Branche erreicht. Die Zahl der Mordanschläge, die er bisher überlebte, befand sich längst im zweistelligen Bereich. Die Mordanschläge, die er befohlen und teilweise auch selbst ausgeführt hatte, gingen in die Tausende. Zizzi glaubte nicht, dass WAVE mit ihm zusammenarbeitete, denn die Organisation musste davon ausgehen, dass Zizzi sich nicht ohne Gegenwehr töten lassen würde. Einen Geschäftspartner ließ man nicht derart ins Messer laufen. Vielleicht verfolgte WAVE sogar ein Interesse daran, dass Zizzi den Clan durch ihren Widerstand schwächte. Einen Grund dafür konnte sie sich zum jetzigen Zeitpunkt zwar nicht vorstellen, aber den würde sie vielleicht noch herausbekommen.

Einer der Männer zu ihren Füßen stöhnte und Zizzi nahm überrascht zur Kenntnis, dass er noch lebte. Angesichts seiner Verletzungen wies das auf eine beeindruckende Zähigkeit hin. Sie kniete sich auf seine Brust, wodurch das Blut aus seiner Hüfte noch heftiger sprudelte.

„Wie habt ihr mich gefunden?“ Wie oft hatte sie die Frage nun schon gestellt, ohne eine befriedigende Antwort bekommen zu haben.

Er tastete an seiner Hüfte herum. Zuerst dachte sie, er wäre so lebensmüde, eine Waffe zu ziehen, und erhöhte den Druck auf seine Wunde. Aber er löste ein Gerät von seiner Hüfte. Der pulsierende Punkt auf dem Display stellte wohl ihre Position dar. Sie trug einen Sender bei sich. In ihrer Kleidung konnte sie nichts finden. Das bedeutete wohl, man hatte ihn ihr in den Körper implantiert. Zizzi stieß einen wütenden Laut aus, denn dieser Umstand störte ihre Pläne gewaltig. Sie musste den Sender entfernen oder ihn deaktivieren, wenn sie die Meute nicht ständig an ihren Fersen haben wollte. Mit ihrer mickrigen Bewaffnung würde deren Abwehr auf Dauer zu anstrengend werden. Sie betrachtete das Schwert und den museumsreifen Revolver, ging neben dem Verletzten in die Hocke und lächelte.

*

„Wir brauchen Verstärkung, sie tötet uns alle“, brüllte der Mann aufgeregt. „Schickt Los Lobos!“ Erschöpft ließ er seine Com sinken und blickte zu Zizzi. Sie nickte ihm zufrieden zu, was den Mann irritierte. Aber er war froh, die Nachricht gesendet zu haben. Trotz seiner Schmerzen sah er der schönen Frau trotzig entgegen.

„Du hättest einen einfachen Tod haben können, aber jetzt bekommst du es mit Los Lobos zu tun.“ Der Mann grinste stolz durch blutige Zähne, als würde die Truppe eigens für ihn anrücken, um ihn zu retten oder zu rächen.

„Vielleicht kommen sie noch rechtzeitig, damit du überlebst“, sagte Zizzi, schnappte sich ihre Waffen und verschwand aus seinem Sichtfeld.

Los Lobos – die Wölfe – waren die gefürchtete Todesschwadron des Turan-Clans. Sie übten barbarische Vernichtungsschläge gegen alle Feinde des Clans aus und fungierten gleichzeitig auch als Leibwächter für Enrico Turan. Es gab keine gefährlicheren Männer in diesem Teil der Grauzone.

Sie kamen in einem gelb-weißen Gleiter und senkten sich an der Stelle herab, von der sie den Hilferuf erhielten. Bei ihrem Landeanflug leerten sich die Straßen von Cato. Niemand dachte mehr daran, sich das Kopfgeld zu verdienen, das auf die verrückte Frau ausgesetzt wurde, jeder wollte sich nur noch in Sicherheit bringen. Die Menschen verrammelten ihre Häuser und suchten sich einen sicheren Platz im Keller, wo sie vor Schüssen und Explosionen relativ sicher sein würden. Denn dass es dazu kommen würde, daran herrschte nicht der geringste Zweifel.

Der Gleiter setzte auf und entließ ein halbes Dutzend Männer in Panzeruniformen. Sechs Männer in Spezialausrüstung und mit modernen Waffen. Deutlich zierte das Symbol des Clans ihre Brustpanzerung. Sie schwärmten halbkreisförmig aus, sicherten die Umgebung am Boden sowie die umliegenden Dächer und Fenster. Zwei der Wölfe näherten sich dem reglosen Mann auf dem Boden, der noch die Com in der Hand hielt, mit dem er sie gerufen hatte.

Der Anführer der Los-Lobos-Einheit kniete sich hin und tastete den Puls des Mannes. Kopfschüttelnd blickte er kurz zu seinem Gefährten auf und drehte die Leiche dann herum. Er entdeckte die Sprengfalle unter dem Körper, die im nächsten Augenblick detonierte.

Die übrigen Wölfe fuhren herum, um die Ursache der Explosion zu erkennen. Die Mündungen ihrer Blaster suchten vergeblich nach einem Ziel. Sie zuckten zusammen, als etwas ihren Gleiter traf und sich eine helle Stichflamme über ihn ausbreitete. Die in jahrelangem Training geschulte Formation der Los-Lobos-Truppe bekam erste Risse.

Einer der Männer streckte sich nach hinten. Aus seiner Brust ragte die Spitze eines Samuraischwertes durch den skelettierten Tigerkopf im gelben Kreis. Der Mann brach in die Knie, aber hinter ihm stand niemand mehr. Zwei Männer feuerten trotzdem in die leere Gasse, aus welcher der Angriff erfolgt sein musste. Sie benutzten Explosivgeschosse und veranstalteten ein gewaltiges Feuerwerk. Falls sich die gesuchte Frau dort versteckt hatte, durfte nichts mehr von ihr übrig sein. Los Lobos nahm keine Rücksicht auf die Nachbarschaft. Es kümmerte sie nicht, dass mehrere Häuser durch ihre Geschosse in Mitleidenschaft gezogen worden waren.

Ein Schuss ertönte. Ein Wolf drehte den Kopf zu seinem Gefährten und sah diesen zurückrucken. Zwei weitere Kugeln trafen dieselbe Stelle und durchbohrten den Gesichtsschutz. Der Mann kippte nach hinten. Der Wolf verdrängte das Schicksal seines Partners und richtete die Mündung seines Blasters auf die Stelle, aus der die Schüsse gekommen waren. Er klickte im Visier die verschiedenen Sichtfunktionen durch, um die Schützin auszumachen. Nachtsicht, Infrarot und Thermoscan. Er erkannte das Wärmebild einer weiblichen Gestalt, nahm eine Bewegung wahr und dann traf ihn etwas gegen die Stirn.

Er verspürte keinen harten Schlag, dazu bot die Panzerung seines Helms zu viel Schutz. Der Gegenstand fiel ihm vor die Füße, der Wolf blickte nach unten. Es handelte sich um einen fast schon antiken Revolver. Wer warf denn bitte mit einer Schusswaffe? Was glaubte die Frau, damit ausrichten zu können, außer einer schwachen Ablenkung?

Zizzi Moses sprang den Mann mit den Füßen voraus an und stieß ihn von den Beinen. Nebeneinander rutschten sie über die unbefestigte Straße und wirbelten eine Wolke aus Staub auf. Zizzi langte an den Gürtel des Wolfes und zog dessen Handfeuerwaffe aus dem Holster. Es handelte sich um einen Punktstrahler, eine geradezu chirurgische Waffe, da sie über genug künstliche Intelligenz verfügte, um ein Feuergefecht während seines Verlaufes zu analysieren. Die Waffe erkannte es, sobald sie einen Körper traf, und stellte die Intensität ihres Strahles darauf ein. Dadurch wurde verhindert, dass sie einen Gegner durchbohrte und weitere Menschen dahinter verletzte. Je nach Einstellung konnte man diese Funktion natürlich auch deaktivieren und eine ganze Armee erledigen, sofern sie sich brav hintereinander aufstellte. Wenn man nur einen einzigen Gegner ausschalten wollte, besaß der Punktstrahler auch dafür einige nützliche Zusatzfunktionen. Der Strahler konnte den Gegner betäuben oder töten. Für Letzteres benötigte man nicht einmal einen tödlichen Treffer, denn der Strahl breitete sich im Körper aus und richtete genug ­irreparable Schäden an, um dieses Ziel zu erreichen. Selbst ein Treffer im Arm konnte dafür ausreichend sein. In früheren Zeiten hatte man Projektilgeschosse entwickelt, die nach dem Eintritt auseinanderplatzten und in verschiedenen Richtungen durch den getroffenen Körper wanderten. Die Strahlwaffe arbeitete sauberer, aber nicht weniger verheerend.

Zizzi streckte die Waffe über den liegenden Wolf hinaus und erschoss einen der beiden verbliebenen Gegner. Der Punktstrahl bohrte sich durch die Panzerung des linken Wolfes und vollzog sein vernichtendes Werk. Der rechte Wolf brachte seinen Blaster in Anschlag.

Zizzi packte den Mann, der neben ihr lag, an der Schulter, wälzte sich nach hinten und zog ihn dabei auf die Seite, damit er ihr Deckung geben konnte. Sie spürte, wie der Blasterstrahl in den Körper des Mannes fuhr, fühlte ihn unter ihrer Hand erzittern, als der Strahl im Inneren wütete. Sie wollte ihm keine Gelegenheit für einen zweiten Schuss geben. Sie drückte dem Wolf, der ihr Deckung gab, die Mündung in den Bauch und feuerte durch den Mann hindurch auf ihren letzten verbliebenen Gegner, ohne diesen sehen zu können. Nach mehreren Schüssen, ohne dass Gegenfeuer erfolgte, hob Zizzi den Kopf über die Hüfte ihrer Deckung.

Der letzte Mann von Los Lobos lag flach auf dem Rücken und regte sich nicht mehr. Zizzi erhob sich, warf den Punktstrahler zur Seite und wischte sich den Straßenstaub von ihrer Kleidung. Erledigt, dachte sie zufrieden.

Sie betrachtete die Mitglieder der Spezialtruppe zu ihren Füßen und lachte vor Begeisterung, als sie die Waffen und die Ausrüstung sah. Zizzi bediente sich großzügig. Ihr Plan war aufgegangen. Los Lobos hatte ihr die nötige Ausrüstung frei Haus geliefert. Sie legte einige Teile der schweren Schutzkleidung an, die noch stark nach dem schwitzenden Mann roch, der zuvor darin steckte. Ihr Blick wanderte zum Berg hinauf, wo das Haus von Enrico Turan stand.

Dann betrachtete sie den Gleiter der Los-Lobos-­Einheit. Er wies ein paar geschwärzte Stellen auf, wo der Molotow-Cocktail sich ausgebreitet hatte, durfte aber immer noch flugfähig sein. Es wäre ein Leichtes, mit der Maschine davonzufliegen und die Stadt hinter sich zu lassen, aber sie zögerte noch. Die kleine Verfolgungsjagd hatte ihr Spaß gemacht und etwas Zerstreuung gebracht, aber nun wurde es ihr doch langweilig. Außerdem sollte Zizzi die Gelegenheit nicht verstreichen lassen und diesen kleinen Zwischenfall für ihre Zwecke nutzen. Der Clan war ihr schon länger ein Dorn im Auge, und wenn sie sich nun schon einmal in der Stadt aufhielt, sollte sie gleich Nägel mit Köpfen machen.

Zizzi stellte sich vor den ramponierten Gleiter und überprüfte ihre Frisur in den Überresten der geborstenen Windschutzscheibe. Nachdem Zizzi Los Lobos ausgeschaltet hatte, wagten sich die mutigeren Mitglieder der Meute wieder ins Freie. Das Schicksal der Todes­schwadron stellte für die meisten Bewohner der Stadt eine ernst zu nehmende Warnung dar, aber eben nicht für alle. Ihre Verfolger näherten sich in der Deckung der Häuser und bildeten einen Ring um sie, allerdings gingen sie sehr vorsichtig dabei vor. Zizzi zwinkerte ihrem Spiegelbild zu und sang leise eine Furcht einflößende Version des Evergreens Girls just wanna have fun.

Kapitel 2

Niemand würde sie ausgerechnet an dem Ort erwarten, wo das, was sie seit Langem prophezeiten, als Nächstes eintreten sollte. Aber gerade dadurch wurde es für sie zum perfekten Versteck. Zwei Männer und eine Frau, die seit sieben Monaten zusammenarbeiteten und dafür die meiste Zeit auf engstem Raum zusammenleben mussten. Was für ein Stoff für eine Dreiecksgeschichte, die vor Begierde, Eifersucht und Betrug strotzt. Leider fehlte den dreien die Zeit für solcherlei Banalitäten.