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Um das ferne Sternensystem Orchon kreist eine gigantische Trümmerwolke, Überreste einer Raumschlacht, die hier vor vielen Tausend Jahren getobt hat und bei der ein Sternenvolk vernichtet wurde.Auf Terra stellt Zizzi Moses eine Eingreiftruppe zum Meeresgrund zusammen, um gegen die Organisation WAVE anzutreten. Dazu benötigt sie die Unterstützung eines Mannes, der als Gefangener in einem Hochsicherheitsgefängnis auf dem Mond festsitzt.Die Printausgabe umfasst 150 Buchseiten.
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Seitenzahl: 156
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In dieser Reihe bisher erschienen:
01 Der Virenplanet von E.C. Tubb
02 Die Tochter des Pfauen von Matthias Falke & Y.F. Yenn
03 Welt der Kraken von Matthias Falke & Y.F. Yenn
04 Der Schwarm aus Stahl von Matthias Falke
05 In den Grauzonen von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival
06 Der stählerne Krieg von S.H.A. Parzzival
07 Die schwarze Pagode von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival
08 Planet der schwarzen Raumer von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival
09 Das Orakel von Chron von Achim Mehnert
10 Notruf aus Katai von Achim Mehnert
11 Tod eines Cyborgs von Achim Mehnert
12 Der ewige Feind von Achim Mehnert
13 Welt in Flammen von Achim Mehnert
14 Die letzte Fahrt der Hindenburg II von Andreas Zwengel
15 Unsterbliche Rache von Andreas Zwengel
16 Der Weg der Kriegerin von Andreas Zwengel17 Die Janus-Attentate von Andreas Zwengel
18 Das Auge des Ra von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
19 Die fremde Macht von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
20 Die Ruinen von Antaran von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
21 Ewige Verdammnis von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
22 Flucht aus Luna Asylum von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
23 Das kosmische Testament von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
Flucht aus Luna Asylum
RAUMSCHIFF PROMETDie Abenteuer der Shalyn Shan
Band 22
Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2019 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Mario HeyerLogogestaltung: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-472-5Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!
von Andreas Zwengel
Das Luna Asylum galt als das ausbruchssicherste Gefängnis. Allein durch seine Lage auf dem Mond war eine Flucht ohne Unterstützung von außen undenkbar. Es gab einige, die es trotzdem versucht hatten und ihre Körper befanden sich immer noch an der Stelle, wo sie gestorben waren. In Sichtweite des Gefängnisses, als Mahnung für alle, die sich mit ähnlichen Plänen beschäftigten. Die meisten hatten sich allerdings mit ihrem Schicksal längst abgefunden. Die meisten, aber nicht alle.
Wernher von Witzleben verhielt sich als Häftling ruhig und unauffällig, was die Wächter nur noch mehr beunruhigte. Denn Spezialagent Fledermaus benahm sich, als befände er sich auf einem Erholungsurlaub. Er trat allen gegenüber höflich auf, nutzte die Sportgeräte und die Online-Medienbibliothek, tauschte sich mit dem Kantinenchef über die Verbesserung einzelner Gerichte aus und unterhielt die Inhaftierten mit Anekdoten aus seinem ereignisreichen Berufsalltag. Mit anderen Worten, er war ein vorbildlicher Gefangener. Selbst die beiden Toten legte man ihm nicht zur Last, da er eindeutig in Notwehr gehandelt hatte.
Von Witzleben wusste, dass es sich um gedungene Auftragsmörder gehandelt hatte, da er seit seiner Ankunft niemandem auf die Füße getreten war und mit den beiden Attentätern auch beruflich nie zu tun gehabt hatte. Es konnte natürlich sein, dass sie von einem Insassen des Asylums beauftragt worden waren, den die Fledermaus an diesen Ort verfrachtet hatte. Aber von Witzleben ging davon aus, dass die wahren Hintermänner auf der Erde saßen. Michael Moses stand ganz oben auf seiner Liste der Verdächtigen.
Von Witzleben dachte zwar über die Hintergründe der Verschwörung nach, die zu seiner Verhaftung und Inhaftierung geführt hatten, aber er quälte sich nicht deswegen. Stattdessen nutzte er die Zeit lieber sinnvoll, um sich auszuruhen und seine Batterien aufzuladen. Früher oder später würde sich etwas ergeben.
Außerdem arbeiteten in seiner Firma genug gute Leute, die die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen würden. Harkaway suchte bestimmt schon längst nach Beweisen für seine Unschuld. Von Witzleben konnte also erst mal abwarten.
Hätte man ihn in SAFE-1 untergebracht, dem Hochsicherheitsgefängnis der Space-Police am lunaren Nordpol, würde seine Haftzeit nicht so friedlich verlaufen. SAFE-1 befand sich rund fünfzig Kilometer von den ausgedehnten Werftanlagen der Lunadocks entfernt und zum größten Teil unter der Oberfläche. Man hatte ihn nicht dort inhaftiert, weil er den größten Teil der Häftlinge dort hingebracht hatte. Die Nachricht von seiner Ankunft hätte einen Aufstand verursacht. Es hätte dort für niemanden eine ruhige Minute mehr gegeben, bis die Fledermaus zur Strecke gebracht worden wäre. Das Luna Asylum dagegen gab es noch nicht lange genug, dass von Witzleben es hätte füllen können.
Er kontrollierte sein direktes Umfeld im Gefängnis und ließ sich seine Wünsche von den Augen ablesen. Von Witzleben hatte zahlreiche Vergünstigungen in seiner Zelle und lebte nicht schlechter als der Leiter des Luna Asylums. Nur mit dem einzigen Unterschied, dass er es nicht nach Belieben verlassen konnte. Sein Einflussgebiet war auf diesen Komplex beschränkt, alles darüber hinaus entzog sich seinem Einfluss. Er bekam nicht einmal eine Verbindung zur Erde, denn jemand mit sehr viel Einfluss sorgte dafür, die Fledermaus von der Welt abzuschneiden.
Noch brachte er die Geduld auf, abzuwarten, aber das hing von den Nachrichten ab, die ihn erreichten. Die Häftlinge erhielten nur eine stark zensierte Version der Tagesnachrichten vorgesetzt. Angeblich, um sie nicht unnötig aufzuregen.
Von Witzleben hatte von der Pyramide im Weltraum gehört und ging davon aus, dass mehr dahintersteckte, als die wenigen Informationen, die er und seine Mithäftlinge erhielten. Viel mehr, sonst hätte diese Nachricht die Rückkehr von Shalyn Shan und der Promet nicht derart in den Hintergrund drängen können. Aber was genau dahintersteckte, dieses Detail behielt man ihm vor. Und Shalyn befand sich noch im All. Von daher konnte sie nicht wissen, dass sich ihre Lieblingsfledermaus in Haft befand. Die schöne Moranerin hätte sich mit allen Mitteln konsequent für ihn eingesetzt, da war er sich sicher.
Von Witzleben stand von seiner Pritsche auf, nahm die bereitgelegten Trainingssachen vom Schreibtisch und stellte sich an die Tür. In zwanzig Sekunden würde ihn Wächter Hauser für seine täglichen Trainingsstunden abholen. Hauser erschien stets pünktlich, so auch an diesem Tag. Von Witzleben zählte die Sekunden in Gedanken herunter, und als er bei null ankam, entriegelte sich die Zellentür. Hauser nickte ihm zu und ließ die Fledermaus vorausgehen.
Auf dem Weg plapperte der Wächter über den neuesten Gefängnistratsch. Ihn nach Informationen über die Vorgänge auf der Erde zu befragen, konnte von Witzleben sich sparen, denn den Wächtern war es strikt verboten, über solche Dinge zu sprechen. Stattdessen erhielt von Witzleben die Gefängnisentsprechung von Prominentenklatsch. Neues von den kriminellen Superhirnen auf dem Mond.
„Meine Güte, was ham se dem Topol in seinen besten Zeiten nicht alles angedichtet. Die abartigsten Sachen, die du dir vorstellen kannst, oder auch nicht, dabei war der nur ein ganz normaler Perverser. Mensch, wenn der wirklich das alles gemacht haben wollte, müsste er inzwischen etwa hundertsiebzig Jahre alt sein. Topol hat sich im Knast zu Tode gelangweilt. Da er aber relativ gut aussah, bekam er recht schnell Angebote. Man bezahlte ihn mit Netzzeit, wenn er sich jeden Tag eine Stunde auf der eigens eingerichteten Knast-Homepage bereithielt, um mit einsamen Herzen Kontakt zu halten, die eine Haftstrafe für etwas unglaublich Romantisches und die Insassen für missverstandene Rebellen mit dem Herzen auf dem rechten Fleck halten. Jedenfalls schaffte es Topol dank des ungehinderten Zugangs, sich ein virtuelles Imperium zu schaffen. Innerhalb von zwei Jahren war er ein reicher Mann mit zwei Dutzend Angestellten, die ihn niemals gesehen haben.“
Von Witzleben hörte dem Mann nur mit halbem Ohr zu und hing stattdessen seinen eigenen Gedanken nach. Doch als sie von der gewohnten Strecke abbogen, war er sofort hellwach. Sie befanden sich nicht mehr auf dem Weg zum Trainingsraum.
„Was soll das, wo bringst du mich hin?“, fragte die Fledermaus misstrauisch und bereitete sich bereits auf einen Angriff vor. Ausgerechnet der alte Hauser führte ihn in einen Hinterhalt. Das war ebenso überraschend wie enttäuschend.
„Du hast Damenbesuch“, erklärte der Wächter und zwinkerte ihm zu. „Hatte ich das nicht erwähnt?“
Von Witzleben war überrascht, freute sich aber darüber. Das konnte nur Shalyn Shan sein. Sie war doch schon zurück, hatte von seiner Lage erfahren und kam ihm zu Hilfe geeilt. Er wusste, dass sie etwas für ihn übrighatte. Nicht so viel wie umgekehrt, aber offenbar doch genug, um sich zu sorgen. Er überprüfte sein Aussehen in einer verspiegelten Glasfläche. Sein Haar saß ordentlich und sein Gesicht hatte seit ihrer letzten Begegnung natürlich nichts von seiner Attraktivität verloren. Bisher hatte er es verstanden, seinen Werdegang als langlebiger Mensch erfolgreich geheim zu halten. Nur der unwiderstehlichen Shalyn Shan hatte er sein Geheimnis in einer schwachen Stunde offenbart.
Von Witzleben fühlte sich vorzeigbar, daran konnte auch die unvorteilhafte Gefängniskleidung nichts ändern. Geduldig wartete er, bis sich die Schleuse zu den Besucherkabinen öffnete. So aufgeregt war er seit seiner Ankunft auf dem Mond nicht mehr gewesen. Nicht einmal, als die Attentäter nach seinem Leben trachteten, hatte sich sein Puls so weit erhöht. Shalyn Shan, die atemberaubende Außerirdische, die er einfach nicht aus seinem Kopf bekam. Endlich würde er sie wiedersehen, nach ihrem Aufenthalt im All.
Die Schleuse glitt zur Seite, und er betrat den sterilen Raum, in dem sich nur ein Tisch mit zwei Stühlen befand. Von Witzleben fühlte sich zu unruhig, um sich hinzusetzen. Er blieb hinter dem Stuhl stehen und wippte unruhig mit dem Fuß. Er dachte noch gar nicht darüber nach, ob und wie Shalyn ihn aus dem Asylum befreien könnte, ihm ging es erst einmal nur um das Wiedersehen.
Die gegenüberliegende Schleuse glitt zur Seite. Eine Frau trat ein, und von Witzleben klappte die Kinnlade herunter.
„Hallo Fledermaus“, grüßte Zizzi Moses.
Lester Pynch beendete die Übertragung der Daten. Er hatte nur ein winziges Zeitfenster und es musste jetzt geschehen, im vollen Bürobetrieb. Wenn er alle Informationen nach Dienstschluss zusammengetragen hätte, wäre dies seinen Mitarbeitern entgangen, doch der Computer hätte es registriert und als extrem auffälliges Verhalten eingestuft. Da spielte seine Position in der Firma keine Rolle.
Er verspürte einen gewissen Nervenkitzel, obwohl er doch eigentlich nichts zu verlieren hatte. Seine Tat würde viele überraschte Gesichter erzeugen, und er bedauerte, dass er diese nicht mehr zu sehen bekam. Pynch? Wirklich? So was in der Art würden sie sagen. Er hatte sich stets untergeordnet und nie nach Ruhm gestrebt. Ein dienstbarer Geist im Hintergrund, der anderen den Ruhm überließ, so lange sie in seinem Sinne handelten. In Wahrheit war seine vorgebliche Bescheidenheit und Passivität dazu da, um Anwesende und örtliche Begebenheiten zu studieren. Natürlich hatte er auch so manche Demütigung ertragen müssen. Das unberechenbare Verhalten einiger Chefs auf seinem Weg nach oben hatte ihn eine Menge Geduld und Nerven gekostet. Dafür hatte Lester Einblicke in die Geschäftswelt erhalten, die den meisten anderen verwehrt geblieben waren. Da er jedem seiner Chefs absolute Loyalität vorgaukeln konnte, auf vollkommen überzeugende Weise, ließen diese in seiner Gegenwart ihre Deckung fallen. Sogar ein Geschäftsprofi wie Michael Moses, der selbst Blutsverwandte erbarmungslos über den Tisch zog, verhielt sich in Pynchs Gegenwart völlig sorglos. Sie alle hatten ihn unterschätzt und dafür bitter zahlen müssen. Im Falle der Allianz sogar mit dem eigenen Leben.
In den letzten Wochen hatte Pynch alle Finanzmittel, die Moses kontrollierte, zusammengezogen und unter seine Kontrolle gebracht. Wie hatte er diese Zeit genossen. Eigentlich musste er sich die ganze Zeit über ein Grinsen oder sogar Kichern verkneifen, während er gegenüber Moses den dienstbaren Geist mimte. Wir gerne hätte er die Rolle noch weitergespielt und ausgereizt. Die Spitze war noch nicht erreicht, aber nun fehlte die Zeit, um noch weiterzumachen. Sein nächstes Projektziel wäre Zizzi Moses gewesen, denn durch die Auseinandersetzung zwischen Vater und Tochter konnte Lester nicht auf das gesamte Vermögen von World-Market zugreifen. Wären ihm noch ein oder zwei Monate mehr geblieben, oder auch nur wenige Wochen, dann hätte er als Nächstes eine Versöhnung zwischen Michael Moses und seiner Tochter angestrebt. Indem er die beiden vereinte, hätte er auch den Konzern wieder zusammenschließen und anschließend das Gesamtpaket abgreifen können. Tja, man konnte nicht alles haben.
Als Lester Pynch sich an diesem Tag zum letzten Mal von seinem Bürostuhl erhob, war er bestens vorbereitet. Er schaltete seine Com ab und warf sie in den Auslöscher, der den gesamten Müll eines Büros in Atome zerlegte. Von diesem Augenblick an würde er nicht mehr zu orten sein. Lester Pynch stand im Begriff, vom Erdboden zu verschwinden.
Er hatte alles in die Wege geleitet, um einen geschmeidigen Abgang zu haben. Alles Geld, dessen er habhaft werden konnte, befand sich über mehrere Umleitungen auf dem Weg zu WAVE. Die Transaktionen konnten nicht mehr rückgängig gemacht werden, dafür hatte er gesorgt. Außerdem waren sie so gut verborgen, dass es Tage dauern konnte, bis jemand darauf aufmerksam werden würde.
Selbstzufrieden stolzierte er aus seinem Büro und über den Gang. Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. So als würde er einfach nur zum Mittagessen gehen. Aber er würde nicht mehr zurückkehren, keiner von ihnen würde ihn je wieder zu Gesicht bekommen. Noch kannte niemand die Einzelheiten über sein doppeltes Spiel und das sollte auch so bleiben, bis er abgetaucht war. Niemand, außer Zizzi Moses, musste er einschränken, aber die würde ihn sicher nicht an ihren Vater verpetzen. Der Privatkrieg im Hause Moses teilte das World-Market-Imperium nicht nur in zwei Hälften, sondern würde es in seiner Gesamtheit in den Abgrund stürzen. Da spielte es kaum noch eine Rolle, dass Lester Milliardenbeträge über verschlungene Wege abgezweigt hatte.
Er fuhr mit dem Lift zum Dach, wo bereits ein Gleiter auf ihn wartete. Die Maschine wurde von zwei Piloten geflogen, die Lester persönlich ausgewählt hatte. Beides Flieger einer längst aufgelösten Spezialeinheit, die bei WAVE ein neues Zuhause gefunden hatte. Offiziell arbeiteten sie aber bei World-Market und bezogen auch von dort ihr Gehalt. Sie verhielten sich unauffällig, standen aber immer bereit, die Interessen von WAVE zu verteidigen. Für die Nummer Vier in der Organisation zu arbeiten, bedeutete für beide eine große Ehre.
Lester entspannte sich während des Fluges im hinteren Teil des Gleiters, der wie ein Wohnzimmer aus dem späten zwanzigsten Jahrhundert eingerichtet war, und sah das Verzeichnis der Mediendateien durch, die ihm zur Unterhaltung zur Verfügung standen. Etwas Alkohol würde hervorragend dazu passen.
Bevor er seine Auswahl treffen konnte, meldete ihm der Kopilot einen eingehenden Anruf und stellte ihn auf Lesters Com durch. Überrascht vernahm er die Stimme von Nummer Zwei.
„Ich fürchte, Zizzi Moses ist Ihnen auf die Schliche gekommen.“
„Sie weiß nur, dass ich die Allianz zugunsten ihres Vaters ausgenutzt habe, aber sie weiß nichts von meiner Verbindung zu WAVE.“
„Ich fürchte, das trifft nicht mehr zu. Tut mir leid, das zu sagen, aber Sie sind aufgeflogen, Lester.“
Pynch ließ sich die Überraschung nicht anmerken. „Und jetzt? Soll ich die Oberfläche verlassen? Ich könnte hier trotz allem noch eine Menge bewirken.“
„Das sehen wir anders. Ich gebe Ihnen recht, Sie haben viel für WAVE bewirkt, aber Ihre Arbeit ist getan.“
„Wie soll ich das verstehen?“, erkundigte sich Lester lauernd. In diesem Moment bemerkte er, wie die einfallenden Strahlen der Sonne durch die Kabine wanderten. Die Piloten hatten den Kurs gewechselt. „Einen Moment bitte“, sagte er in seine Com, erhob sich und ging nach vorne zum Cockpit.
„Wo fliegen wir hin?“, erkundigte sich Lester. „Weshalb die Kursänderung?“
„Wir müssen einen kleinen Umweg nehmen“, antwortete der Pilot und drehte dabei andeutungsweise den Kopf.
„Weshalb?“
Der Mann hatte nicht mit einer Nachfrage gerechnet und wurde dadurch aus dem Konzept gebracht. „Äh, irgendeine Störung nehme ich an. Wenn es Ihnen lieber ist, können wir wieder auf die ursprüngliche Route zurückkehren. Es könnte allerdings mit einiger Wartezeit verbunden sein.“
„Nein, schon in Ordnung.“ Lester lehnte sich wieder aus dem Cockpit zurück und die Angelegenheit schien erledigt.
Er kannte die Maxime von WAVE. Alles war dem Ziel unterzuordnen. Es spielte keine Rolle, wie viel man für die Organisation geleistet hatte oder wie hoch man in der Hierarchie aufgestiegen war. Bei WAVE war jeder austauschbar oder ersetzbar. Wenn man nicht mehr nützlich sein könnte, dann war die Zeit für diejenigen abgelaufen. Obwohl er das immer gewusst und dieses Prinzip bei anderen auch gnadenlos angewendet hatte, wollte er sich dieser Regelung nicht fügen. Er hatte so viel geleistet, dass er es einfach verdiente, das Ergebnis mitzuerleben.
Er hatte sich auf eine solche Situation vorbereitet und trug eine Waffe bei sich. Schließlich war auch Nummer Neun durch die Hand seiner Leibwächter gestorben. Ohne Zögern feuerte er durch die Rückenlehne des Kopiloten. Die Geschosse rissen die Brust des Mannes auf und bedeckten die Cockpitscheibe von innen. Der Pilot sah zuerst seinen Kollegen an, dann Lester, der ihm seine Waffe entgegenstreckte. „Nächstes Mal müsst ihr schneller sein. Und jetzt bring uns runter!“
„Was ist da los?“, fragte Nummer Zwei. „Hallo?“
Der Gleiter setzte auf dem Parkplatz einer World-Market-Filiale auf, was mit einer hohen Geldstrafe und dem Entzug der Fluglizenz bestraft wurde.
„Was los ist?“, zischte Lester in seine Com. „Ich erledige die beiden Killer, die Sie auf mich angesetzt haben.“
Der Pilot riss die Augen auf, bevor ein helles Aufblitzen sein Gesicht verschwinden ließ.
„Was haben Sie getan, Nummer Vier? Sind Sie komplett wahnsinnig geworden?“, fragte Nummer Zwei. Er klang völlig ruhig, fast ein wenig amüsiert.
„So schnell lasse ich mich nicht aus dem Spiel nehmen“, erklärte Lester.
„Die beiden hatten nicht den Auftrag, Sie umzubringen. Sie haben zwei völlig unschuldige und loyale Mitarbeiter ermordet, Nummer Vier.“
„Reden Sie keinen Mist, Zwei.“
„Ich gebe Ihnen mein Wort darauf. Die einzige Person, die momentan Ihren Tod will, ist Zizzi Moses, und die geht anders vor.“
Lester schwieg einen Moment. Dass Zizzi ihn tot sehen wollte, überraschte ihn nicht, aber würde sie es tatsächlich durchziehen?
„Die junge Dame hat aus diesem Grund einen Sprengsatz in ihrem Gleiter verstecken lassen.“
„Was reden Sie da?“
„Glauben Sie es ruhig.“
„Warum erzählen Sie mir nichts davon oder die Piloten? Wann haben Sie ihn entfernen lassen?“
„Ich habe ihn nicht entfernen lassen.“
„Da ist immer noch ein Sprengsatz in meinem Gleiter? Wieso?“
„Wir haben über Ihr Schicksal beraten. Wir wollten die Bombe entfernen lassen, aber dann kam uns die Idee, Ihren Tod vorzutäuschen, damit Sie vor Zizzi in Sicherheit sind. Ihre beiden Piloten sollten Sie an eine abgelegene Stelle bringen und dort den Gleiter explodieren lassen. Das war natürlich, bevor Sie die beiden Männer getötet haben und sich damit offen gegen WAVE stellten.“
Lester wollte protestieren, dass Nummer Zwei ein solches Missverständnis billigend in Kauf genommen hatte, aber er zwang sich zur Ruhe, bevor er seine nächste Frage stellte. „Wie geht es weiter?“
„Für Sie überhaupt nicht.“
„Ich steige jetzt aus und tauche unter.“
„Machen Sie es gut, Lester.“
Das war das erste Mal, dass Nummer Zwei ihn bei seinem realen Namen nannte. Ein schwerer Verstoß, der ernsthafte Konsequenzen haben konnte, selbst für das zweithöchste Mitglied von WAVE. Wenn Nummer Zwei ein solches Risiko einging, dann waren die Würfel längst gefallen. Lester Pynch lief zur Tür und griff zum Türöffner.
Die Explosion zerriss den Gleiter in Stücke und ließ nichts davon übrig.