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Zizzi Moses hat die Kontrolle über die Wellenmaschinen und plant, sie weltweit gegen Küstenstädte einzusetzen. Die Spezialagenten Harkaway und von Witzleben versuchen, dies zu verhindern, während sie durch die Unterwasserstadt gejagt werden. Dabei lüften sie gleich mehrere Geheimnisse von WAVE, die ausreichen, um die gesamte Organisation zu erschüttern. Unterdessen ruft Shalyn Shan ihre Crew zusammen, um sich im Auftrag von Michael Moses gegen WAVE zu stellen.Die Printausgabe umfasst 150 Buchseiten.
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Seitenzahl: 154
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In dieser Reihe bisher erschienen:
01 Der Virenplanet von E.C. Tubb
02 Die Tochter des Pfauen von Matthias Falke & Y.F. Yenn
03 Welt der Kraken von Matthias Falke & Y.F. Yenn
04 Der Schwarm aus Stahl von Matthias Falke
05 In den Grauzonen von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival
06 Der stählerne Krieg von S.H.A. Parzzival
07 Die schwarze Pagode von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival
08 Planet der schwarzen Raumer von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival
09 Das Orakel von Chron von Achim Mehnert
10 Notruf aus Katai von Achim Mehnert
11 Tod eines Cyborgs von Achim Mehnert
12 Der ewige Feind von Achim Mehnert
13 Welt in Flammen von Achim Mehnert
14 Die letzte Fahrt der Hindenburg II von Andreas Zwengel
15 Unsterbliche Rache von Andreas Zwengel
16 Der Weg der Kriegerin von Andreas Zwengel17 Die Janus-Attentate von Andreas Zwengel
18 Das Auge des Ra von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
19 Die fremde Macht von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
20 Die Ruinen von Antaran von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
21 Ewige Verdammnis von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
22 Flucht aus Luna Asylum von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
23 Das kosmische Testament von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
24 Todeswellen von Andreas Zwengel
25 Neptuns Tochter von Andreas Zwengel
Andreas Zwengel
Todeswellen
RAUMSCHIFF PROMETDie Abenteuer der Shalyn Shan
Band 24
Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2019 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Mario HeyerLogogestaltung: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-474-9Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!
Im Kontrollraum von WAVE auf dem Grund des Pazifiks herrschte hektische Betriebsamkeit. Zizzis Männer hatten sich mit der Bedienung vertraut gemacht und waren bereit, die Wellenmaschinen einzusetzen. Die Techniker der Organisation hatten ihr Wissen mit den Eindringlingen geteilt, auch wenn es nur dazu nutzte, ihr Leben um ein paar Stunden zu verlängern.
Zizzi Moses besaß nur wenig Interesse an den technischen Vorbereitungen. Ihr Beitrag würde in der Auswahl der Zielregion und dem Drücken des Startknopfes bestehen, alles andere überließ sie den Fachleuten. Viel spannender fand sie es momentan, Keith Harkaway auf den Überwachungskameras zu beobachten, wie er versuchte, dem Sicherheitspersonal zu entkommen. Seit sie ihn aus dem Kontrollraum ausgesperrt hatten, eilte er durch die Gänge der Unterwasserstadt. Der hochgewachsene Spezialagent von Pandora Inc. hatte einiges auf dem Kasten, musste Zizzi feststellen. Auf seine hagere Art sah er auch ganz gut aus, aber er war entschieden zu humorlos. Zizzi mochte diese verbissenen Typen nicht, die in jeder Situation todernst blieben. Gut, in dieser speziellen Situation würde es wohl den meisten Menschen schwerfallen, eine witzige Seite daran zu entdecken, aber trotzdem musste Harkaway entschieden lockerer werden. Insgeheim drückte sie ihm bei der Verfolgungsjagd die Daumen, damit er noch Gelegenheit bekam, an seiner Persönlichkeit zu arbeiten und zu reifen.
Harkaway befand sich zwischen Kontrollraum und WAVE-Leuten. Er musste deren Reihen passieren, bevor sie ihren Ring um den Kontrollraum schließen konnten. Zizzi schloss mit sich selbst eine Wette ab, wie lange er sich durchschlagen konnte, bevor sie ihn schnappten. Er würde wahrscheinlich versuchen, zu seinem Chef zu gelangen. Von Witzleben befand sich irgendwo in der riesigen Stadt. Zizzi wusste nicht einmal, ob er den Verräter Crank erwischt hatte. Aber alles andere würde sie überraschen. Die Fledermaus konnte ungeheuer hartnäckig sein.
Die einfachste Möglichkeit für Harkaway und von Witzleben wäre, gemeinsam mit Zizzis Boot zu verschwinden. Und wenn sie ihr Boot nicht nehmen wollten, blieb auch noch die Barry Allen, mit der Harkaway zuvor nach New Atlantis aufgebrochen war und die immer noch an ihrem Platz lag. Natürlich kam dies für die beiden nicht infrage, denn sie konnten Zizzi nicht mit der Kontrolle über diese verheerende Maschine zurücklassen. Dämliche Helden.
Draußen rückten die Männer von WAVE mit schwerem Geschütz an. Offenbar hatten sie sich entschlossen, lieber den Kontrollraum zu verlieren als die Kontrolle über ihn. Zizzi machte sich keine allzu großen Sorgen wegen ihnen, denn die vollautomatischen Blaster, die ihre Söldner draußen installiert hatten, würden verhindern, dass die Angreifer auch nur in Schussweite gelangten.
Sie beobachtete, wie Harkaway darauf wartete, bis die WAVE-Leute an ihm vorüber waren, und sich dann in die Gegenrichtung entfernte. Zizzi spielte einen Moment mit dem Gedanken, ihn über Lautsprecher zu verpetzen, unterließ es aber, schließlich würde sie sich dadurch ihrer einzigen Unterhaltung berauben. Es juckte sie allerdings in den Fingern, bei diesem Versteckspiel mitzuwirken.
„Wie lange dauert es noch, bis ihr so weit seid?“, rief sie den Söldnern und Technikern zu.
„Zehn Minuten. Wir müssen noch eine Sicherheitssperre überwinden“, antwortete einer von ihnen und hätte sich im nächsten Moment wegen der Zeitangabe am liebsten selbst auf die Zunge gebissen. Jeder wusste, wie unberechenbar Zizzi reagieren konnte, wenn es stattdessen elf Minuten dauerte oder sogar noch länger.
Sie wandte sich wieder den Überwachungsmonitoren zu und verfolgte Harkaways Flucht. Ihm fehlte der Zauberstab, mit dem von Witzleben die Kampfanzüge seiner Gegner außer Gefecht setzen konnte. Wenn er wenigstens eine Schusswaffe zur Verfügung gehabt hätte. Zizzi wusste, dass er bereits Erfahrung damit hatte, diese Anzüge zu knacken. Mit Schnelligkeit allein konnte er sie auch nicht bezwingen, denn die Anzüge verstärkten die Kräfte und Reaktionen ihrer Träger, und die Leute darin gehörten sicher nicht zu den schwächsten und langsamsten Menschen. Ohne eine Waffe musste er sich auf seinen Einfallsreichtum verlassen und das machte für Zizzi das Zusehen interessant. Sie sah auf den Monitoren, wie sich von zwei Seiten aus WAVE-Leute dem Spezialagenten näherten. Er wusste es noch nicht, aber es gab kein Entkommen mehr für ihn. Ihre einzige Zerstreuung hier unten würde bald beendet sein.
Harkaway wich in einen Gang zurück und kniete vor der Abdeckung eines Lüftungsschachtes. Verstecken blieb momentan seine einzige Option. Mit einem Kampfmesser löste er die Abdeckung und stieß dann einen Seufzer der Enttäuschung aus, als er in den schmalen Schacht dahinter blickte. Zizzi konnte nicht erkennen, was er sah, aber der Durchmesser des Schachtes erschien von außen selbst für Schlangenmenschen oder Kleinkinder zu gering zu sein. Wahrscheinlich hatte man zusätzlich noch alle paar Meter ein Gitterkreuz darin angebracht. WAVE verfügte bestimmt nicht umsonst über so viele Sicherheitsexperten in seinen Reihen.
Zizzi sah zu, wie er die Abdeckung wieder aufsetzte und sich an der Wand entlang bis zum nächsten Quergang schob. Inzwischen musste Harkaway hören können, dass seine Gegner sich von beiden Seiten des Flures näherten. Er drehte das Kampfmesser in der Hand und hielt es mit der Klinge nach unten. Harkaway bereitete sich auf den Kampf gegen eine überlegen bewaffnete Übermacht vor. Noch hatten sie ihn nicht entdeckt, und wenn er überraschend angriff, würden sie entsprechend reagieren. Das wäre reiner Selbstmord. Zizzi hielt es für eine sinnlose Verschwendung von Talent und Können, wenn Harkaway sich opferte.
Sie sah noch einen Moment zu, dann entschloss sie sich einzugreifen. Neben der Steuerung für die Kameras befand sich die Bedienung für die Sprechanlage in den Gängen. Sie wählte die beiden Flure aus, über die sich die WAVE-Leute Harkaways Versteck näherten und öffnete die Sprechverbindung. „Der Gesuchte befindet sich in dem Seitengang fünf Meter vor euch. Er besitzt nur ein Messer als Waffe, aber er wird sich nicht kampflos ergeben. Trefft die entsprechenden Maßnahmen, um ihn lebend zu fassen.“
Sie lehnte sich zurück und wartete ab, was als Nächstes geschah. Die Männer würden sie sicher nicht für die Stimme ihres Anführers halten, aber den Hinweis trotzdem nutzen. Die Gruppe, die sich aus östlicher Richtung genähert hatte, war stehen geblieben und wartete ab. Die zweite Gruppe, die sich näher an Harkaways Versteck befand, beriet sich kurz und schickte dann einen Mann in Kampfrüstung vor. Das war auf jeden Fall besser als ein Feuergefecht, aber auch die Rüstung konnte Harkaway schwere Verletzungen zufügen, wenn dieser Widerstand leistete.
Die WAVE-Leute dachten wohl ähnlich, denn der Mann in der Kampfrüstung zückte eine Gasgranate. Er warf den kleinen Zylinder an die vordere obere Ecke des Seitenganges, von der sie abprallte, wie eine Flipperkugel zwischen den beiden Wänden von Harkaways Versteck hin und hersprang und dabei ihre Ladung verteilte. Zizzi ging davon aus, dass es sich um keinen Glückstreffer gehandelt hatte. Sicher hatte die Kampfrüstung den perfekten Wurfwinkel berechnet und ihrem Träger auf dem Helmdisplay die Stelle an der Wand markiert, an die er die Gasgranate werfen musste.
Das Gas füllte inzwischen den gesamten Seitengang aus. Von Harkaway war nichts mehr zu sehen. Es musste sich um ein schnell wirkendes Gas handeln, sonst hätte der Spezialagent sicher einen Ausbruch gewagt. Die WAVE-Leute warteten trotzdem noch eine volle Minute ab, dann trat der Mann in der Kampfrüstung in den Gasnebel.
Als er kurz darauf den besinnungslosen Harkaway aus dem Seitengang heraustrug, rief einer der Techniker hinter Zizzi, dass sie so weit wären. Sie warf einen Blick auf die Zeitangabe, zwölf Minuten. Sie drehte sich mit ihrem Stuhl herum und sah sich mit zusammengekniffenen nach demjenigen um, der ihr vorhin eine falsche Zeitangabe genannt hatte.
Zizzi hatte die Com-Verbindung unterbrochen. Sie wollte nicht verhandeln, schon gar nicht mit ihren ehemaligen Verbündeten. Wernher von Witzleben ärgerte sich maßlos darüber, wie leicht es ihr gelungen war, ihn auszutricksen. Er kannte ihren Ruf und hatte oft genug ihre Aktionen hautnah erlebt, wie konnte er also davon ausgehen, sie sei auch nur im Geringsten vertrauenswürdig? Hatte sein unfreiwilliger Aufenthalt auf dem Mond seine Instinkte eingeschläfert? Zu seiner Verteidigung blieb ihm nur zu sagen, dass er die verrückte Zizzi Moses nicht für derart verrückt gehalten hatte. In den letzten zweihundert Jahren war er nur wenigen derart durchgeknallten Persönlichkeiten begegnet und die wenigsten von ihnen waren Frauen gewesen.
Durch die Verfolgung des Verräters Melvin Crank hatte er sich weit von dem Kontrollraum entfernt. Von Witzleben scheute sich, erneut die Transportröhren zu benutzen, denn darin war er zu leicht festzusetzen. Sie brauchten nur den Transport zu stoppen und ihre Leute an den Ausgängen auf beiden Seiten zu postieren, schon hatten sie ihn. Deshalb nahm er lieber den etwas weiteren Fußweg auf sich, der ihm zumindest die eine oder andere Möglichkeit zum Ausweichen bot. Bisher waren ihm nur zwei Sicherheitskräfte begegnet, die sich nun beide im Reich der unangenehmen Träume befand, während er ihre Ausrüstung mit sich herumtrug. Die Taschen seines langen Ledermantels boten reichlich Platz für zusätzliches Gewicht. Nur leider hatte er keine wirklich durchschlagskräftige Waffe bei den beiden Männern gefunden. Um an die guten Sachen zu gelangen, musst er den Weg der Spezialkräfte kreuzen. Deshalb spielte er mit dem Gedanken, sie auf seine Spur zu locken. Anstatt ihnen hinterherzulaufen, würden sie die schweren Waffen zu ihm bringen.
Über ihm erklang ein knackendes Geräusch. „Herr von Witzleben, dürfte ich einen Moment um Ihre Aufmerksamkeit bitten?“ Die Stimme kam aus versteckten Lautsprechern, die sich irgendwo in der Decke oder den Wänden befinden mussten. Die Stimme erklang wahrscheinlich überall in der Stadt, damit sie sicher sein konnten, dass die Fledermaus sie auch hörte. „Sie können sich nicht ewig vor uns verstecken, und selbst wenn es Ihnen gelänge, könnten Sie doch nichts gegen uns ausrichten. Es wäre vernünftig, wenn wir uns zusammensetzen und gemeinsam nach einer Lösung suchen würden.“
Von Witzleben lachte laut auf. Das Verhandlungsgewäsch war so durchschaubar wie lächerlich. Sie hatten überhaupt keine andere Möglichkeit, als ihn zu töten. Solange er lebte, stellte er eine Gefahr für ihre Pläne dar.
„Ihr Freund Keith Harkaway ist bereits in unserer Gewalt. Falls Sie es noch nicht wussten, Zizzi Moses hat Sie beide hintergangen und nur benutzt, um die Kontrolle über unsere Maschine zu erlangen. Offenbar will sie sie selbst gegen die Oberfläche einsetzen.“
Von Witzleben knirschte vor Wut mit den Zähnen. Natürlich konnte es sich um einen Trick handeln, um ihn zur Aufgabe zu bewegen, das Problem war nur, dass er Zizzi solche Absichten zutraute. Diese Frau störte es nicht, über Leichen zu schreiten. Selbst über die Leichen derer, die ihr vertraut hatten.
„Wir haben jetzt ein gemeinsames Problem, Herr von Witzleben, und wir sollten gemeinsam nach einer Lösung suchen.“
Na klar, dachte die Fledermaus, so lange, bis euer Problem gelöst ist und ich nicht mehr gebraucht werde.
„Leider sind wir etwas in Zeitdruck“, fuhr die unbekannte Stimme fort. „Deshalb kann ich es nicht zulassen, dass Sie dieses Versteckspiel unnötig in die Länge ziehen.“
Von Witzleben wusste genau, als Nächstes würde die Androhung von Harkaways Tod folgen. Er konnte noch etwas Zeit schinden, aber letztlich wusste er schon, wie er sich am Ende entscheiden würde, also konnte er die Zeit sinnvoll nutzen und ein Problem nach den anderen lösen. Von Witzleben hob den Kopf zur Decke. „Wir komme ich zu euch?“
„Wir haben Ihren Standort lokalisiert, bleiben Sie einfach dort stehen, Sie werden abgeholt.“
Wenige Minuten später hielt vor ihm ein offenes Transportfahrzeug mit mehreren Sitzreihen. Zwei Männer richteten ihre Waffen auf ihn, aber von Witzleben ignorierte sie und nahm auf einem der Sitze Platz. Die Bewaffneten ließen ihn nicht aus den Augen und schienen einen gehörigen Respekt vor ihm zu haben. Sie setzten sich drei Reihen hinter ihn, damit sie weiter mit ihren Waffen auf ihn zielen konnten.
Die Fahrt dauerte nicht lange und endete in einem größeren Saal, der wie eine Mischung aus einem griechischen Tempel und einem modernen Thermenbad aussah. Es gab auch einige Statuen, die allerdings zu keiner irdischen Mythologie zu gehören schienen, zumal die abgebildeten Wesen nur entfernt menschlich aussahen.
Ein kahlköpfiger Mann mit Ziegenbart erwartete sie bereits. Er trug einen dreiteiligen Anzug, dessen Material an Neopren erinnerte. Ob er auch die Eigenschaften eines Taucheranzugs besaß, konnte von Witzleben nicht erkennen. Er nahm sich vor, es bei Gelegenheit zu testen, wenn er den Kerl aus der nächsten Schleuse stieß.
„Herr von Witzleben, ich bin Nummer Drei, sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen.“
„Das kannst du doch unmöglich ernst meinen“, erwiderte von Witzleben.
„Nun, meine Freude wäre natürlich noch größer, wenn Sie sich dazu entschließen könnten, auf unsere Seite zu wechseln. Wir würden uns sehr über einen Neuzugang wie Sie freuen. Das einzige Mal, das uns bisher von Anwerbungsversuchen abgehalten hat, war die Überzeugung, dass Sie diese ausschlagen würden.“
Nummer Drei machte auf den ersten Blick einen verweichlichten Eindruck, aber das betraf nur seinen Körper. Von Witzleben ging davon aus, dass man eine knallharte Persönlichkeit und das Gewissen eines Robbenbabyjägers besitzen musste, um diese Stellung in der WAVE-Hierarchie zu erreichen. Er durfte ihn also nicht unterschätzen.
„Geschenkt. Wo ist Harkaway?“
„Ihr Freund wird gleich zu uns stoßen. Er ist gerade dabei, sich von der Betäubung zu erholen. Miss Moses hat ihn uns einfach zum Fraß vorgeworfen.“
„Es ist völlig unnötig, dass du mich noch gegen sie aufstacheln willst. Ich habe bereits ausreichend Wut aufgestaut.“
„Ausgezeichnet“, sagte Nummer Drei zufrieden. „Und da kommt auch schon Ihr Freund Harkaway.“
Zwei Männer mussten ihn stützen, da ihm die Nachwirkungen des Gases noch weiche Knie verursachten. Aber sein Gesicht zeigte, dass er bereits wieder hellwach war und sich am liebsten sofort auf seine Gegner gestürzt hätte.
„Sie sind die ersten Menschen, die Nummer Eins zu Gesicht bekommen“, erklärte Nummer Drei.
„Das wird seine Mutter nicht gerne hören“, sagte von Witzleben.
„Außerhalb von WAVE, meinte ich.“ Nummer Drei schien etwas enttäuscht zu sein, wie wenig Eindruck dies auf die beiden Agenten machte.
„Wir sollen das also als Privileg verstehen“, fasste Harkaway zusammen.
„Unbedingt. Das will ich doch meinen. Selbst unter unseren eigenen Leuten wurde nur sehr wenigen bisher diese Ehre zu teil.“
„Was ist mit dir?“
Nummer Drei druckste herum und gestand schließlich: „Auch für mich ist es die erste Begegnung.“ Es schien ihm peinlich zu sein, dass er trotz seiner sehr niedrigen Rangnummer bisher nicht zum auserwählten Kreis gezählt hatte.
„Bringen wir es hinter uns!“, forderte von Witzleben und erfreute sich innerlich am Gesichtsausdruck von Nummer Drei.
Statt einer Antwort drehte der Mann sich herum und ging vor. Die riesigen Flügeltüren schwangen automatisch zur Seite und öffneten den Blick auf ein gläsernes Büro, von dem aus man die erleuchtete Stadt erblicken konnte. In einiger Entfernung erkannten Harkaway und die Fledermaus den Kontrollturm, in dem sich Zizzi in diesem Moment verbarrikadiert hatte.
Vor der Scheibe stand ein Mann mit dem Rücken zu ihnen. Seit der weltweiten Ächtung von Steroiden hatten sie keinen derart muskulösen Mann mehr gesehen. Die Muskelpakete waren einfach grotesk und wirkten völlig unnatürlich. Selbst wenn man Tag und Nacht Gewichte stemmte, konnte man seine Muskeln nicht derart aufpumpen. Harkaway glaubte nicht einmal an chemische Veränderungen, dies hier ging schon in Richtung Biotechnologie. Der Kerl musste sich irgendetwas implantieren haben lassen und bei der Gelegenheit war wohl auch an seiner Größe herummanipuliert worden. Der Kerl war über zwei Meter groß, aber er sah nicht aus wie ein großer Mann. Es fehlte die gestreckt wirkende Figur und die ungewöhnliche Haltung, die man bei Männern dieser Größe oft entdecken konnte. Dieser hier wirkte wie ein normal proportionierter Mann, der als Ganzes vergrößert worden war.
Nummer Drei blieb stehen und deutete eine Verbeugung an. Er drehte sich zu seinen beiden Begleitern, aber die machten keine Anstalten, irgendeine Ehrerbietung zu leisten.
„Das ist also die geheimnisvolle Nummer Eins“, sagte von Witzleben. „Und vorher hat ihn keiner von euch zu Gesicht bekommen?“
Nummer Drei schüttelte den Kopf. „Nein, Nummer Zwei war das prominenteste Mitglied, dem ich bisher begegnet bin.“
„Aha. Und war Nummer Zwei ein Mensch?“, fuhr die Fledermaus fort.
Nummer Drei riss die Augen auf. „Was ist das für eine merkwürdige Frage?“
„Es interessiert mich nur, denn Nummer Eins ist keiner.“
Das hochrangige WAVE-Mitglied blickte zu der hohen Gestalt, als könne er etwas entdecken, das ihm bisher entgangen war. Etwas, das sein Gefangener offensichtlich sehen konnte.
Von Witzleben wandte sich an Harkaway. „Um welches Volk handelt es sich deiner Meinung nach?“
„Er ist weder Suuraner, noch Cadschide oder Wythaner. Möglicherweise ein getarnter K’inga.“
„Warum nicht gleich ein rasierter T’earron?“
„Bleib bitte ernst“, mahnte Harkaway seinen Chef.
„Oder aber, wir haben es hier mit einem bisher völlig unbekannten Volk zu tun.“
Nummer Eins schien nun erst auf seine Gäste aufmerksam zu werden. Er riss sich vom Anblick auf den Kontrollturm los und bewegte sich mit schnellen, großen Schritten auf die drei Männer zu.
Aus der Nähe betrachtet, wirkte er noch bedrohlicher. Er ignorierte seinen Untergebenen und fasste die beiden Menschen näher ins Auge. „Ihr seid also die Störenfriede, die das ganze Durcheinander in unsere Stadt gebracht haben.“ Seine Stimme klang seltsam hallend und war auch nicht einem menschlichen Geschlecht zuzuordnen, obwohl er äußerlich eindeutig männlich war.