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Shalyn Shan und die Crew der Promet V reisen nach Hen'Tas, um die dort lebenden Eroberer davon abzubringen, die Erde anzugreifen. Mit an Bord befindet sich Aria, die Tochter des Ersten Con'Quistadors Xin'Los, die maßgeblich am Scheitern des Plans ihres Vaters beteiligt war. Ihr droht in der Heimat wegen Verrats die Todesstrafe.Shalyn Shan muss sich einem mächtigen Volk entgegenstellen, das noch nie einen zur Invasion ausgewählten Planeten verschont hat.Die Printausgabe umfasst 150 Buchseiten.
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Seitenzahl: 157
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Andreas ZwengelDER RAT DER ACHT
In dieser Reihe bisher erschienen:
01 Der Virenplanet von E.C. Tubb
02 Die Tochter des Pfauen von Matthias Falke & Y.F. Yenn
03 Welt der Kraken von Matthias Falke & Y.F. Yenn
04 Der Schwarm aus Stahl von Matthias Falke
05 In den Grauzonen von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival
06 Der stählerne Krieg von S.H.A. Parzzival
07 Die schwarze Pagode von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival
08 Planet der schwarzen Raumer von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival
09 Das Orakel von Chron von Achim Mehnert
10 Notruf aus Katai von Achim Mehnert
11 Tod eines Cyborgs von Achim Mehnert
12 Der ewige Feind von Achim Mehnert
13 Welt in Flammen von Achim Mehnert
14 Die letzte Fahrt der Hindenburg II von Andreas Zwengel
15 Unsterbliche Rache von Andreas Zwengel
16 Der Weg der Kriegerin von Andreas Zwengel17 Die Janus-Attentate von Andreas Zwengel
18 Das Auge des Ra von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
19 Die fremde Macht von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
20 Die Ruinen von Antaran von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
21 Ewige Verdammnis von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
22 Flucht aus Luna Asylum von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
23 Das kosmische Testament von Andreas Zwengel & Olaf Kemmler
24 Todeswellen von Andreas Zwengel
25 Neptuns Tochter von Andreas Zwengel
26 Der Rat der Acht von Andreas Zwengel
Andreas Zwengel
Der Rat der Acht
RAUMSCHIFF PROMETDie Abenteuer der Shalyn Shan
Band 26
Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2020 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Mario HeyerLogogestaltung: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-476-3Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!
Die Promet V materialisierte sich nach Sekundenbruchteilen an ihrem ersten Transitionsziel. Niemand erwartete das Hen’Tas-Schiff von Xin’Los zu sehen, dazu war dessen Vorsprung zu groß. Wir bereiteten uns sofort auf den nächsten Sprung vor, aber wie sehr wir uns auch beeilten, es würde uns wohl kaum gelingen, sie einzuholen. Laut Aria konnten die Schiffe ihres Volkes weiter und schneller transitieren, als es der Promet V möglich war. Das kam noch zu ihrem zeitlichen Vorsprung des Sichelschiffes hinzu.
Alle an Bord waren ungeheuer angespannt. Die Bedeutung unserer Mission konnte man kaum hoch genug einschätzen. Wir waren unterwegs, um ein Volk von Raubrittern davon zu überzeugen, die Erde zu verschonen. Wir besaßen leider kein Druckmittel und nichts, was wir ihnen im Gegenzug anbieten konnten. Zwingen konnten wir sie aufgrund ihrer technischen und evolutionären Entwicklung auch nicht, schon gar nicht mit einem einzelnen Forschungsschiff ohne nennenswerte Bewaffnung. Ich wollte unsere Mission nicht von vorneherein als aussichtslos bezeichnen, aber sie belegte doch einen der vorderen Plätze unter unseren größten Herausforderungen.
Unser Weg führte uns in die Große Magellansche Wolke. Jene Galaxie, die in etwa 2,4 Milliarden Jahren mit der Milchstraße kollidieren soll. Die Prognosen besagen, dass unser Sonnensystem dadurch aus seiner Bahn geschleudert werden könnte. Aber ich sollte mich lieber mit den Bedrohungen beschäftigen, die zeitlicher etwas näher lagen.
Aria hatte neben mir Platz genommen. Für sie war die Reise nicht minder gefährlich als für uns. In bestimmten Punkten sogar noch weitaus riskanter, da sie den Zorn ihres Volkes auf sich gezogen hatte. In ihrem Fall war die Angelegenheit persönlicher Natur. Aria schwieg und wirkte sehr angespannt. Ich konnte mir vorstellen, welche Gedanken ihr gerade durch den Kopf gingen. Die bevorstehende Rückkehr auf ihren Heimatplaneten würde kein angenehmes Erlebnis werden.
Aria hatte uns mit der Geschichte ihres Volkes vertraut gemacht, ein Wissen, das für unsere bevorstehende Mission unverzichtbar war.
Der Eroberungsfeldzug der Hen’Tas begann um das Jahr 2070, nachdem aus heiterem Himmel eine Bevölkerungsexplosion über sie hereingebrochen war. Anfangs versuchten sie noch, auf friedlichem Weg neuen Lebensraum zu erlangen. Sie kauften Gebiete auf fremden Planeten, um sich dort anzusiedeln. Aber die Finanzmittel von Hen’Tas wurden dadurch sehr schnell aufgebraucht, während ihre Bevölkerung immer weiter wuchs. Sie eroberten zuerst die Planeten, auf denen sie bereits Gebiete besaßen. Die Kolonisten fielen über die Ureinwohner her, es war ein schreckliches Gemetzel.
Anfangs waren die Pläne der Hen’Tas bescheiden. Sie wollten nur genug Platz erobern, um ihrem Volk Lebensraum zu bieten. Und ausreichend Fläche, um Nahrung anzubauen. Doch so schnell, wie sie benötigte Gebiete eroberten, stieg auch der Bedarf. Kaum war Platz geschaffen, reichte er nicht mehr aus. Die Vermehrungsrate der Hen’Tas stagnierte natürlich nicht, sondern wuchs immer weiter an.
Die Hen’Tas erschufen immer bessere Kommunikations- und Transportwege. Sie stahlen die Ideen für neue Waffensysteme und bauten sie nach. Heimlich bereiteten sie sich auf einen Krieg vor, von dem niemand erfahren sollte, bis es zu spät war. Es gab keine offizielle Kriegserklärung, sondern man unterwanderte den Gegner, bis man alle seine Schwächen kannte, und wenn sie so weit waren, schlug man zu.
Die Hen’Tas haderten mit ihren Taten. Es war ein hoher Preis, den andere für ihr Überleben zahlen mussten. Es gab zahlreiche Diskussionen unter ihnen, jahrelang. Viele Ratsmitglieder fühlten sich den moralischen Anforderungen nicht gewachsen und gaben ihren Sitz im Rat auf. Aber über die Jahre fanden sich genug Mitglieder, um einen Rat zu bilden, der bereit war, die Bedingungen zu akzeptieren. Die moralischen Aspekte wurden nicht länger diskutiert, sondern einfach akzeptiert. Es gab andere Dinge, um die man sich kümmern musste. Also beschäftigte man sich nur noch mit den logistischen Problemen ihres Feldzuges und schuf eine Gesellschaft, die nicht mehr über die Hintergründe ihres Überlebens nachdachte. Der Rat setzte alles daran, die bisherigen Ereignisse aus dem kollektiven Bewusstsein zu löschen, und für die Zukunft suchten die Verantwortlichen nach immer saubereren Methoden, um die Planeten zu erobern und deren Bevölkerung zu beseitigen.
Bei den Hen’Tas herrschte eine strenge Hierarchie, die sich direkt von den Mitgliedern des Rates ableitete. Je näher man mit einem Ratsmitglied verwandt war, umso höher stand man innerhalb der Gesellschaft. Die zweite Riege, durch die man bei den Hen’Tas Anerkennung und Einfluss erhielt, waren die Con’Quistador, die allgemein als Retter des Volkes betrachtet wurden. Sie sorgten durch die Eroberung anderer Planeten dafür, dass mehr Hen’Tas überleben konnten. Als Tochter eines Con’Quistador und Nichte eines Ratsmitgliedes besaß Aria eine hohe gesellschaftliche Stellung. Es würde sich noch zeigen müssen, ob dies ein Vorteil oder eine Belastung für unsere Mission sein würde.
Wir erreichten die hellste Satellitengalaxie der Milchstraße. Auch nach dem nächsten Sprung ließ sich kein Schiff in unserer Umgebung anmessen. Trotzdem blieben wir wachsam. Es war nicht auszuschließen, dass die Hen’Tas die Verfolgung durch die Prometbemerkt hatten und deshalb einen Hinterhalt legten, um sich ihrer Verfolger zu entledigen. Ich ermahnte alle zu erhöhter Wachsamkeit.
In Nullzeit erreichten wir das nächste Sprungziel, und kaum waren wir aus dem Hyperraum getreten, schlug das Alarmsystem an. Ich beeilte mich, die Gefahrenquelle zu erkennen, und zu unserer Überraschung handelte es sich um ein Sichelschiff der Hen’Tas.
„Da vorne ist das Schiff meines Vaters!“, rief Aria aus. Kein Zweifel, es handelte sich um den Sichelraumer, den wir aus dem Meer hatten auftauchen sehen.
„Ich hatte angenommen, er wäre schon längst auf Hen’Tas angekommen“, sagte Aria überrascht.
„Nutzen wir die Gelegenheit!“, befahl ich. „Feuere auf ihren Antrieb! Verschaffen wir uns einen kleinen Vorsprung.“
Das Sichelschiff näherte sich von dem Planeten, der unserer Position am nächsten lag, und hielt direkt auf uns zu. Jeder von uns war überrascht davon, die Hen’Tas hier anzutreffen. Dies sollte für uns nur eine Zwischenstation zwischen zwei Sprüngen sein. Wir hätten das Schiff bestimmt übersehen, wenn KIP nicht darauf aufmerksam geworden wäre. Als das Sichelschiff auf Terra aus dem Meer auftauchte und davonflog, hatte unser Bordcomputer die Signatur aufgenommen und sie nun beim Verlassen des Hyperraums sofort bemerkt.
Anake leitete ein Ausweichmanöver ein, aber das Sichelschiff änderte seinen Kurs und flog weit entfernt an uns vorüber. Sie schienen nicht an Kampfhandlungen interessiert zu sein. Ich ahnte, weshalb.
„Macht die Kanonen bereit. Ihr müsst den Antrieb lahmlegen, bevor sie in Transition gehen“, befahl ich.
Gebannt beobachteten wir, wie sich der Abstand zwischen uns immer weiter vergrößerte. Man konnte fast den Eindruck gewinnen, dass Xin’Los mit uns spielen wollte und es darauf anlegte, uns seine Überlegenheit zu demonstrieren. Bald würde er außer Sicht sein. Ich wollte gerade Vanessa anweisen, die Ansicht zu vergrößern, als sie einen erstaunten Laut ausstieß.
„Was ist los?“, erkundigte ich mich.
„Die Hen’Tas haben gewendet!“
„Wieso das?“
„Vielleicht ist ihnen eingefallen, dass ihre Bewaffnung der unsrigen weit überlegen ist?“
„Das wussten sie vorher schon“, sagte ich düster. „Schutzschirme an, die werden uns gleich mit allem treffen, was sie zu bieten haben.“
„Nur, wenn wir stillhalten“, presste Anake entschlossen hervor.
Das Sichelschiff kam wie ein Raubvogel über uns und demonstrierte eindrucksvoll, wie eine Schlacht zwischen der terranischen Flotte und den Schiffen der Hen’Tas ablaufen könnte. Die Salve des Sichelschiffs traf uns mit Wucht. Wir kamen uns vor, als würden wir von einem Riesen gepackt, durchgeschüttelt und mit aller Kraft zu Boden geschleudert werden.
Vanessa verlor den Halt und stürzte durch die Zentrale. Ich konnte ihr meinen Arm um die Hüfte schlingen und hielt mich mit der anderen an meinem Sessel fest. Nur meine Berserkkraft und die damit verbundene Schnelligkeit retteten ihr das Leben. Außer mir war nur Aria in der Lage, so schnell zu reagieren. Ihre Arme wurden länger. Sie schlängelten sich durch die Luft und umfingen Patrick, der nach dem Treffer hilflos nach hinten taumelte.
KIP teilte uns sofort eine Statusmeldung mit, die nicht besonders zuversichtlich ausfiel.
„Sie haben mit einer einzigen Salve fast unseren Schutzschirm zerlegt“, meldete Anake. „Wir sollten darauf achten, dass sie uns kein weiteres Mal treffen.“
„Wir müssen springen!“, rief Lukas.
Ich schüttelte den Kopf. „Wenn wir jetzt springen, werden sie weg sein, bevor wir zurückkehren. Dies ist unsere einzige Chance, sie aufzuhalten.“
„Wenn wir jetzt nicht springen, werden wir nie wieder Gelegenheit dazu bekommen. Sie werden uns zerstören“, widersprach er mir.
„Sie sind wieder in Schussposition“, meldete Anake. Im nächsten Moment wurden wir erneut getroffen, allerdings nicht so heftig wie beim ersten Mal. Der Kombischutzschild bewahrte uns vor dem Schlimmsten. Doch diesmal wollte der Angriff nicht nachlassen. Das Sichelschiff blieb auf seiner Position und feuerte ohne Unterlass weiter.
Der Beschuss brach nicht ab. Bald würden bleibende Schäden am Schiff entstehen, die einen Weiterflug verhindern konnten. Über die weiteren Folgen wollte ich mir keine Gedanken machen. Die Promet V besaß nur eine geringfügige Bewaffnung. Keinesfalls genug, um in den Krieg zu ziehen. Ein paar vorwitzige Gegner konnte man damit verscheuchen oder störende Meteoriten pulverisieren, aber ein ernsthaftes Gefecht sollte man damit nicht beginnen. Zumal wir noch nicht alle Angriffswaffen der Sichelschiffe kannten. Arias Andeutungen zu deren Stärken waren nicht dazu geeignet, uns zu beruhigen.
Anake bemühte sich, uns aus dem direkten Beschuss herauszubringen, doch das Schiff der Hen’Tas schien jedes Manöver vorauszuahnen und stellte sich sofort darauf ein.
„Shalyn!“, rief Vanessa beinahe flehend. Bevor ich etwas erwidern konnte, endete der Beschuss. Das Sichelschiff war verschwunden, ebenso der unbekannte Planet. Die Schlussfolgerung lag auf der Hand: Wir waren in Transition gegangen.
„KIP?“, fragte ich wütend.
„Ich habe das nicht veranlasst“, verteidigte sich das System. „Es handelt sich um ein altes, nicht löschbares Programm, das eine Nottransition auslöst, sobald der Schutzschild zu brechen droht.“
Ich erinnerte mich daran, dass Jörn mir einmal von dieser Einrichtung erzählt hatte.
„Soll ich den letzten Sprung rückgängig machen?“, erkundigte sich KIP.
Wenn wir zu der Position zurückkehrten, würde das Sichelschiff längst weitergeflogen sein. Oder es war noch dort und wartete darauf, uns weiter in Stücke schießen zu können. Beide Möglichkeiten waren nicht sehr verlockend und würden uns keinen Schritt weiterbringen.
„Nein, wir kennen sein Ziel“, erklärte ich. „Berechne eine neue Route nach Hen’Tas und bereite den nächsten Transitionssprung vor.“ Ich betrachtete meine Mannschaft. Die erste Begegnung mit den Hen’Tas war äußerst ernüchternd verlaufen. „KIP, erzähl mir etwas über den Planeten, von dem Xin’Los gekommen ist.“
„Der Name des Planeten lautet Oolo. Er ist wesentlich größer und massereicher als die Erde. Die Schwerkraft liegt bei 2,2g. Bevölkert ist er von intelligenten Echsenwesen, die sich mit ihren acht Beinen flach über die Erde fortbewegen. Große Bereiche des Planeten sind schwer verwüstet. Offenbar ist vor mehreren zehntausend Jahren ein gewaltiger Meteoritenschauer auf einer Seite des Planeten eingeschlagen und hat eine trockene Sandlandschaft hinterlassen. Auf der unversehrten Seite gibt es mehrere große Seen, umgeben von dichter, flachwurzelnder Vegetation.“
„Irgendwelche Vermutungen, wodurch Oolo das Interesse von Xin’Los auf sich gezogen hat?“
„Nun, trotz einiger gravierender Unterschiede entspricht er wohl dem Beuteschema der Hen’Tas. Möglicherweise ist er der nächste Kandidat ihres Eroberungsfeldzuges.“
„Oolo liegt näher an Hen’Tas als die Erde. Wieso hat er ihn nicht zuerst ausgewählt?“
„Vielleicht bietet Terra bessere Bedingungen, und Oolo ist nur die zweitbeste Wahl?“
„Sagt dir das was?“, fragte ich Aria.
„Nein, tut mir leid. Von diesem Planeten habe ich nie zuvor gehört.“
„Weshalb könnte dein Vater dort gewesen sein? Was kann so wichtig gewesen sein, um dort einen Zwischenstopp einzulegen und dafür Vorsprung zu verlieren?“
„Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ehrlich, ich habe noch nie von dieser Welt gehört.“
„Dein Vater weiß nun, dass wir ihm folgen. Er wird uns einen feurigen Empfang auf Hen’Tas bereiten.“
„Oder er schickt uns ein paar Schiffe entgegen, die uns vor dem Planeten abfangen sollen“, sagte Pat. „Was sollen wir tun?“
„Als Erstes mal nicht genau an dieser Stelle warten“, antwortete Anake.
Da musste ich ihm zustimmen. „Bring uns hier weg, aber nicht die volle Transitionsweite, damit könnten sie rechnen.“
Die Promet V trat in den Hyperraum ein, kurz darauf befanden wir uns Lichtjahre vom Ort des Zusammentreffens entfernt.
Ich sah zu Aria, die immer noch still vor sich hinstarrte. An dem überstandenen Angriff konnte es nicht liegen, denn ich wusste, sie bewahrte auch in Krisensituationen die Nerven. Ich berührte sie vorsichtig an der Schulter, damit sie nicht erschreckte. „Wie geht es dir?“
„Wie soll es mir gehen? Ich habe Angst. Angst vor meinem Vater, vor meinem eigenen Volk. Ich fürchte, ich habe einen großen Fehler gemacht, als ich mich gegen beide stellte.“
„Du hast die richtige Entscheidung getroffen“, versicherte ich ihr.
„Aus eurer Sicht bestimmt. Ich weiß noch nicht einmal, weshalb ich es getan habe. Es gibt bessere Völker als eures, denen ich hätte helfen können, die es mehr verdient hätten.“ Ihre Angst begann sich in Wut zu wandeln.
Ich legte einen Arm um ihre Schultern, ihre Haut fühlte sich kühl und glatt an. Bei Weitem nicht so menschlich, wie sie aussah. „Es war wohl an der Zeit, dich zu wehren und nicht länger tatenlos zuzusehen.“
Aria antwortete nicht. Ich wünschte, ich könnte ihr mehr Zuversicht in ihre Entscheidung verleihen, aber alles, was ich ihr zu sagen vermochte, würde nicht überzeugend genug sein. Wie sie schon gesagt hatte: Wir profitierten am meisten von ihrer Tat. Aber ein Abbruch kam nicht in Frage. Wir hätten nur die Wahl, zur Erde zurückzukehren und dort auf den nächsten Angriff zu warten. Das war keine Option.
Lukas meldete unsere bevorstehende Ankunft auf Hen’Tas.
„Selbst, wenn sie uns nicht vorher abfangen, wird nun nichts mehr aus dem Überraschungsbesuch“, sagte ich und blickte in die Runde. „Vorschläge?“
„Mein Vater wird uns nicht aufhalten. Er lässt uns zu sich kommen, auf diese Art muss er mich nicht suchen, um mich zu bestrafen. Und das wird er vor unserem ganzen Volk tun. Dass ich mit euch zusammen nach Hen’Tas komme, ist der Beweis für meine Schuld. Ich liefere mich ihm aus und bringe die belastenden Beweise gleich mit.“
„Wir könnten dich vor unserem Eintreffen noch an einem sicheren Ort absetzen“, bot ich an.
„Aber ihr würdet trotzdem nach Hen’Tas weiterfliegen?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Uns bleibt leider keine andere Wahl. Die Erde kann sich nicht einfach verstecken. Deine Leute können dort jederzeit wieder auftauchen, deshalb müssen wir es ein für alle Mal klären.“
„Sprichst du für alle?“, wollte Aria wissen.
„Das tut sie“, sagte Cy.
„Wir wollen nicht jederzeit damit rechnen müssen, dass die Hen’Tas es erneut versuchen.“ Anake klang fest entschlossen. „Lasst uns klare Verhältnisse schaffen.“
Klakk nickte nur, um sein Einverständnis zu signalisieren.
„Ich gehe davon aus, dass die Hen’Tas uns alle töten, bevor wir auch nur dazu kommen, den Mund aufzumachen“, prophezeite Lukas Hagen. „Aber was soll’s, wir haben es dann jedenfalls versucht.“
Aria betrachtete das menschliche Schauspiel. „Wie könnte ich euch unter diesen Umständen allein ins Verderben rennen lassen?“ Sie lächelte zum ersten Mal, seit wir losgeflogen waren. „Außerdem würde man euch rasch enttarnen und festsetzen, wenn ihr alleine seid.“
„Dann setzen wir diese Reise also gemeinsam fort“, fasste ich zusammen.
„Wir könnten noch Vanessa und Michiko fragen“, sagte Lukas.
„Danke, dass du an uns gedacht hast“, sagte die Bordärztin hinter dem Prof, was diesen zusammenzucken ließ.
*
Der Planet Hen’Tas erschien uns auf den ersten Blick wie ein reiner Wasserplanet, bis wir zur Umkreisung ansetzten. Bisher versuchte niemand, mit uns in Kontakt zu treten, und wir wollten unsere Ankunft nicht verkünden. Allerdings stellte unsere Anwesenheit für so eine hoch entwickelte Zivilisation sicher kein Geheimnis dar. Sie ließen uns zu sich kommen.
„Land in Sicht!“, verkündete Lukas in bester Seefahrermanier.
Das Festland von Hen’Tas ließ sich, simpel formuliert, als eine Insel beschreiben, mit einem Berg darauf. Ging man weiter ins Detail, besaß diese Insel die Größe des australischen Kontinents auf der Erde, umgeben von einem Sandstrandstreifen, der zwischen zwei und fünf Kilometer breit war. An ihm schloss sich ein dichter Regenwald mit den doppelten Ausmaßen an. Innerhalb dieses Dschungels begann der Anstieg der Insel. Am inneren Rand des Waldrings stiegen steile Felswände in die Höhe und zwar mindestens einen Kilometer, ohne Absätze oder Unterbrechungen. Nach der Steilküste folgte ein Plateau, auf dem sich die ersten Ansiedlungen befanden. Es gab Städte, Wälder und Seen, die ausnahmslos künstlich angelegt waren, um eine höchstmögliche Effizienz bei der Besiedelung zu bieten. Schon auf diesem äußeren Ring zeigte sich deutlich, dass auf Hen’Tas ein Wohnraumproblem herrschte.
Nach diesem rundherum verlaufenden Plateau begann der eigentliche Anstieg des gewaltigen Gebirges, das den größten Teil der Landfläche bedeckte und wie ein Dorn von dem Planeten abstand. Wild gezackte Spitzen ragten immer weiter in die Höhe. Steile Wiesen und Schneeflächen wechselten einander ab, was mir sehr ungewöhnlich vorkam. Die Vegetation reichte weiter den Berg hinauf, als dies auf der Erde möglich gewesen wäre. Die einzige Landmasse reichte an der höchsten Stelle fünfzehn Kilometer in den Himmel. Wir würden unsere Raumanzüge tragen müssen, um uns dort bewegen zu können.
Man verstand sofort, weshalb dieses Volk nach anderen Planeten suchte, auf denen es sich ansiedeln konnte. Was ich noch nicht begriff, war, wie ein so kleiner Planet ein solches Bevölkerungsproblem bekommen konnte.
„Gibt es einen Grund für die ausufernde Fruchtbarkeit deines Volkes?“, erkundigte sich Vanessa.
„Unsere Wissenschaftler haben mehrere Theorien, von denen aber noch keine bewiesen ist.“
„Lass hören.“