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Als ein fremdes Raumschiff auf Suuk abstürzt, ergreift Thosro Ghinu die Initiative. Er begibt sich mit Unterstützung der Moran und der Promet II auf eine Mission, die ihn zu einem Doppelsonnensystem mit verheerenden Eigenschaften führt.Dort benötigen nicht nur zwei Völker auf einem sterbenden Planeten dringend Hilfe, auch Thosro Ghinu und seine Mannschaft geraten in Lebensgefahr.Die Printausgabe umfasst 152 Buchseiten.
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Seitenzahl: 155
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In dieser Reihe bisher erschienen
5001 Christian Montillon Aufbruch
5002 Oliver Müller Sprung ins Ungewisse
5003 Vanessa Busse Dunkle Energie
5004 Vanessa Busse Angriff aus dem Nichts
5005 Oliver Müller Gefangene der Doppelsonne
5006 Achim Mehnert Das Vermächtnis der Moraner
5007 Rainer Schorm Jedermanns Feind
5008 H. W. Stein & Oliver Müller Die Sklavenwelt
5009 Achim Mehnert Todesdrohung Schwarzer Raumer
5010 Vanessa Busse Entscheidung Risiko
5011 Ben B. Black Zegastos Kinder
5012 Michael Edelbrock Fremde Seelen
5013 Achim Mehnert Böser Zwilling
5014 Achim Mehnert Sternentod
5015 Achim Mehnert Das Ende der Promet
5016 Achim Mehnert Tötet Harry T. Orell!
5017 Achim Mehnert Das galaktische Archiv
5018 H. W. Stein Der Tod und das Leben
5019 Achim Mehnert Die Delegation
5020 Achim Mehnert Das Attentat
5021 Achim Mehnert Flucht aus der Terrorstadt
5022 Achim Mehnert Die Tragödie von Gij
5023 Gerd Lange Das fremde Ich
5024 Andreas Zwengel Geheimwaffe Psychomat
5025 Andreas Zwengel Im Bann der roten Sonne
Andreas Zwengel
Im Bann derroten Sonne
RAUMSCHIFF PROMETBand 25
Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2019 BLITZ-VerlagRedaktion: Jörg KaegelmannExposé: Gerd LangeTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiLogo: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-585-2Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!
Suuk, Großer Versammlungssaal im Weltkulturmuseum, 07. Februar 2091
Für den Empfang trugen die geladenen Gäste ihre edelste Garderobe. Als besonders chic galten an diesem Abend Kleider, die an vergangene Epochen der Menschheitsgeschichte erinnerten. Die Designer schienen, ob bewusst oder nicht, vor allem vom Prunk des terranischen Barocks und Rokokos inspiriert zu sein. Wallende Gewänder, die von innen aufgeblasen wirkten, um eine ballonartige Form zu bekommen. Reich verzierte Ärmel hingen weit über die Hände hinaus und mussten oft zurückgestreift werden. Die silbernen Haare der Damen waren zu außergewöhnlichen Frisuren hochgesteckt. Glitzernder Schmuck lag auf bronzefarbener Haut und schmückte die Dekolletés. Es war ein berauschender Anblick.
Thosro Ghinu musste bei so mancher Erscheinung schmunzeln, die auf den Treppenstufen des Versammlungssaals erschien. Als spiritueller und politischer Führer der moranischen Exilgemeinde auf Suuk war er der Gastgeber dieses Abends und hatte alle wichtigen Persönlichkeiten eingeladen, die mit dem Projekt Horf Elos vertraut waren. An diesem Abend wollte er ihnen allen gemeinsam die ersten Ergebnisse ihrer Untersuchungen mitteilen.
Dies hätte natürlich auch in Form einer sachlichen Sitzung erfolgen können, doch Ghinu fand, dass sämtliche Beteiligten viel zu hart am Ergebnis gearbeitet hatten, um nun so einfach abgespeist zu werden. Es fanden ohnehin viel zu wenige Feste auf Suuk statt. Ginge es nach ihm, würde jeder wissenschaftliche Erfolg auf diese Weise gefeiert werden.
„Liam und Dromm Shan, samt ihrer Tochter Shalyn“, kündigte der Zeremonienmeister die nächsten Gäste an. Ghinu ging ihnen freudig entgegen.
„Das Kleid zwickt“, hörte er die junge Shalyn schon aus der Entfernung nörgeln. „Außerdem habe ich keine Lust, den ganzen Abend hier zu verbringen, um mir einen Fingernagel anzusehen.“
Ghinu schmunzelte. „Es handelt sich um keinen echten Fingernagel. Wir haben diesen moranischen Begriff für das Projekt gewählt, weil es um ein Objekt geht, das die Größe eines Fingernagels besitzt.“
„Das klingt ja noch langweiliger“, maulte Shalyn.
„Entzückend“, sagte Thosro Ghinu, der die Offenheit seiner jungen Schülerin kannte und schätzte. Letzteres allerdings nur in begrenztem Maße. „Nun, Shalyn, dir würde es wahrscheinlich besser gefallen, wenn wir stattdessen ein paar Stunden mit deinem Berserk-Training verbringen würden?“
Shalyn nickte eifrig, die demonstrativ zur Schau getragene Langeweile fiel völlig von ihr ab.
Shalyn war in keiner Disziplin die beste Schülerin, die Ghinu jemals ausgebildet hatte. Doch sie war in allen Disziplinen unter den ersten Dreien und zusammengenommen ergab dies die größte Bündelung herausragender Fähigkeiten, die er jemals bei einem einzelnen Schüler entdecken konnte. Darüber hinaus besaß sie noch zahlreiche weitere Begabungen, die nichts mit seinem Lehrplan zu tun hatten, aber Shalyn Shan dazu befähigten, einmal eine wirklich erstaunliche Frau zu werden. Sie hatte durch ihre Eltern beneidenswerte Anlagen mitbekommen und das Beste daraus gemacht. So besaß sie für ihr Alter einen überdurchschnittlichen Wissensdurst, gepaart mit einem Ehrgeiz, der das Schlimmste befürchten lassen konnte, wenn sie nicht zum Ausgleich auch mit einer großen Leichtigkeit und einer gehörigen Portion Abenteuerlust gesegnet gewesen wäre. Ghinu sah bei dem jungen Mädchen keine Gefahr, dass sie einmal als verbissene Theoretikerin enden würde, die niemals aus der Bibliothek herausfand.
„Ich muss zugeben, dass mir in den letzten beiden Monaten keine Zeit blieb, um deine Kenntnisse in unserer Kampftechnik voranzubringen, weil dieses Projekt einfach Vorrang hatte. Aber nun haben wir erste Erfolge, und ich verspreche dir, dass wir ab nächster Woche wieder intensiver trainieren.“
„Nächste Woche erst?“, fragte Shalyn enttäuscht.
Ihre Mutter schüttelte tadelnd den Kopf. „Thosro Ghinu ist ein viel beschäftigter Mann, du solltest dankbar für jede Minute sein, die er für dich entbehren kann. Betrachte die Geduld, die du nun aufbringen musst, als einen Teil deiner Ausbildung. Geduld gehört leider nicht zu den Fähigkeiten, in denen du es bereits zur Meisterschaft gebracht hast.“
Ghinu lachte amüsiert. „Hör auf den Rat deiner Mutter, Shalyn, sie ist eine kluge Frau. Und ich verspreche dir, wir werden das alles nachholen.“ Der alte Wissenschaftler sah in Shalyn genug Potenzial, um die Geschicke einer ganzen Welt zu leiten. Falls ihr die Politik nicht zu langweilig werden würde. Er konnte sich aber auch vorstellen, dass Shalyn einmal die erste weibliche Kommandantin eines Sternenschiffes werden könnte. Wenn nichts Unvorhersehbares oder Tragisches dazwischenkam, dann waren der Entwicklung dieses außergewöhnlichen Kindes keine Grenzen gesetzt.
Nach den Shans trafen noch andere Gäste ein, mit denen er wochenlang an der Analyse des Datenspeichers gearbeitet hatte. Arn und Junici Borul kamen zusammen mit Professor Wallis, dem Chefnavigator der Moran, der auf eine aufwendige Garderobe verzichtet hatte. Man musste wohl schon dankbar dafür sein, dass er nicht in einem Laborkittel erschienen war. Offensichtlich hielt er nicht viel von einer solch festlichen Veranstaltung und empfand sie eines ernsthaften Wissenschaftlers für unwürdig.
Er sah die moranische Linguistin Moreen Dohr, die sich mit Fukala unterhielt, der Assistentin des Museumskurators von Suuk. Die beiden Frauen waren gleichzeitig zu der Veranstaltung erschienen und mussten feststellen, dass sie exakt dieselben Kleider trugen. Sie fanden dies unglaublich witzig und standen bereits eine Zeit lang nebeneinander, damit es auch wirklich jeder bemerken musste.
Su Xho und Lorn Jaci konnte Ghinu noch nicht ausmachen, aber sie würden sicher noch kommen. Dafür entdeckte er Manfred Elsner, genannt Fred, der das Sicherheitssystem des Museums eingebaut hatte und dem es so gut auf Suuk gefiel, dass er seinen Urlaub hier verbrachte, anstatt mit der übrigen Crew zur Erde zurückzukehren. Mehr musste man nicht sagen und tun, um die Herzen der Suuk für sich zu gewinnen. Aber Fred ging sogar noch einen Schritt weiter und dachte überall laut darüber nach, für immer nach Suuk zu ziehen.
Ghinu begrüßte weitere Spezialisten der Promet II und der Moran, die sich gerade auf Suuk befanden, um ein längeres Flugtraining mit den Beibooten abzuhalten. Er vermisste Captain Worner, obwohl ihn dessen Fehlen nicht überraschte. Worner galt als ausgewiesene Spaßbremse. Aber er besaß auch eine beispiellose Erfolgsbilanz, die selbst unter den erfolgsverwöhnten Mitarbeitern der HTO-Corporation hervorstach. Da verzieh man ihm gerne, dass der Mittvierziger sich oft etwas verschlossen gab und gesellschaftlichen Ereignissen nur sehr wenig abgewinnen konnte. Für Worner bedeutete es kein Opfer, im Cockpit eines T-Bootes zu sitzen, anstatt auf dem Empfang im Weltkulturmuseum Small Talk zu halten.
Als alle eingetroffen waren, trat Thosro Ghinu an das Pult, um seine Eröffnungsrede zu halten. Moraner, Suuk und einige Terraner sahen ihm gespannt entgegen. Etwa dreißig Personen hatten sich in der höchsten und prächtigsten Pyramide der Stadt versammelt. Das neu errichtete Weltkulturmuseum war eine Attraktion und adelte gleichzeitig jede Veranstaltung, die in ihm stattfand. Ghinu war kein geeigneterer Ort für dieses Treffen eingefallen.
„Meine Damen, meine Herren“, begann er seine Rede. „Liebe Heranwachsende.“ Die letzte Anrede bezog sich eindeutig auf Shalyn Shan, der er kurz zuzwinkerte. Respektvoll begrüßte Ghinu auch Loor, das Oberhaupt der Suuk, und den Medizinmann Korak, die in der ersten Reihe saßen und sich mit einer huldvollen Handbewegung bedankten.
„Liebe Freunde, erlaubt mir, dass ich etwas weiter aushole, für diejenigen unter euch, die nicht an allen Phasen des Projektes beteiligt waren: Vor zwei Monaten hat Pieter Truggle auf Gij einen moranischen Speicherstick gefunden. Auf den ersten Blick wirkte er sehr alt, und wir waren uns einig, dass nur Yu Kodas ihn dort hinterlassen haben konnte. Sechs Wochen haben wir an Bord des Raumschiffes Kyl intensiv an der Entschlüsselung des Datenspeichers gearbeitet und kamen zu der Feststellung, dass er etwa tausendfünfhundert Jahre alt sein muss.“
Er machte eine kurze Pause, damit sich diese Information bei den Zuhörern erst einmal setzen konnte, bevor er fortfuhr. „Es gab natürlich einige Zweifel an der Authentizität des Berichtes von Yu Kodas, in dem es um die Havarie seines Kreuzers ging und die Rettung durch eine humanoide Spezies, die sein Schiff reparierte. Arn und Junici haben sich bei mir nach dem Wahrheitsgehalt des Berichtes erkundigt. Ich konnte ihre Zweifel verstehen und hatte selbst einige. Wir reden immerhin vom Dokument eines moranischen Kommandanten, das eineinhalb Jahrtausende alt sein soll und darüber hinaus nur bruchstückhaft überliefert ist. Aber die Erwähnung eines besonderen Navigationssystems, das auf der Grundlage von Parakon-Funksignalen beruhte, und vor allem die Erwähnung des Begriffs Hyperfunkfeuer ließ viele Leute aufhorchen. Ich möchte es mal so formulieren: Wir wollten alle, dass dieser Bericht wahr ist.“
Vereinzelt gab es leises Lachen unter den Zuhörern und auch Ghinu musste schmunzeln. „Aber Wünsche sind eines echten Wissenschaftlers unwürdig, wir brauchten Beweise. Wie ihr wisst, habe ich mir im Low-Höhlensystem nochmals alle geretteten Fakten vorgenommen und kam damals zu dem Schluss, dass es sich bei dem Bericht um reine Fiktion handelt. Ausgezeichnet gemacht, aber leider falsch.“
Wieder machte er eine Pause und senkte den Blick auf seine Notizen. „Dieses Urteil hat seitdem niemand angezweifelt, was einerseits sehr schmeichelhaft für mich ist, auf der anderen Seite aber auch die Gefahren von zu viel Respekt verdeutlicht.“ Er atmete noch einmal tief durch. „Denn nun muss ich euch mitteilen, dass der auf Gij gefundene Datenspeicher mein damaliges Urteil eindeutig widerlegt.“
Ein Raunen ging durch die Menge. Nicht wenige seiner Zuhörer hatten Thosro Ghinu für weitgehend unfehlbar gehalten. Aber es war auch ein Zeichen wahrer Größe, einen Fehler zuzugeben. Manch anderer hätte es vielleicht verschwiegen, um seinen Ruf zu wahren, selbst wenn dieser nun nicht mehr gerechtfertigt sein sollte. Doch Ghinu schätzte seine persönliche Integrität mehr als seinen Ruf in der Öffentlichkeit.
„Die ermittelten Daten sind teilweise nicht rekonstruierbar, weil sie so viele Jahrhunderte der harten Witterung auf dem Planeten Gij ausgesetzt waren, aber es gelang uns doch, einiges zu retten. Dazu übergebe ich nun das Wort an Junici Borul.“
Die Moranerin betrat das Podium und nahm seinen Platz am Pult ein. Sie nickte den Zuhörern zu und begann, über die Zusammenstellung der Laborgeräte auf der Kyl zu sprechen, die sie zur Reinigung des Chips und zur Entschlüsselung der Daten benötigt hatten. Egal, was sie erzählte, es waren ihre schockgrünen Augen, die alle Zuhörer fesselten. Doch selbst die schönsten Augen konnten nicht über die Trockenheit des Themas hinwegtäuschen, die auch den willigsten Zuhörer rasch ermüden ließ. Die wenigsten im Saal verstanden die technischen Prozeduren und hatten noch nie von den erwähnten Geräten gehört, was Junici nicht davon abhielt, alles bis ins kleinste Detail zu beschreiben.
„Doch warum viele Worte machen“, sagte sie mit dem Anflug eines Lächelns.
„Diese Erkenntnis kommt etwas spät“, flüsterte Shalyns Vater seiner Frau zu und erhielt dafür einen sanften Rippenstoß.
„Stattdessen möchte ich das Ganze mit ein paar prägnanten Bildern verdeutlichen.“ Sie trat zur Seite und nickte einem Techniker zu, der schon seit Längerem auf seinen Einsatz gewartete hatte und gegen die bleierne Schwere seiner Augenlider ankämpfen musste. Er betätigte zwei Knöpfe und die Beleuchtung des Saals wurde heruntergedimmt. Doch statt eines Filmes setzte eine Alarmsirene ein und ließ die Anwesenden zusammenzucken. In der Dunkelheit wirkte der durchdringende Ton noch beängstigender. Alle sahen sich um, ob sie die Ursache für den Alarm erkennen konnten. Einige hatten sich bereits erhoben, andere umklammerten die Hände ihrer Liebsten fester.
„Macht das Licht wieder an!“, rief Ghinu und bemühte sich, dabei ruhig und gelassen zu klingen, als wäre es nur ein unbedeutendes technisches Problem. Bisher waren seine Zuhörer ruhig geblieben. Aber es handelte sich bei ihnen auch nicht um ein gewöhnliches Publikum, sondern um erfahrene und auch kampferprobte Persönlichkeiten, die sich nicht so schnell einschüchtern ließen.
Ein paar Deckenfluter am Eingang gingen an und spendeten genug Licht, damit man zumindest ein wenig erkennen konnte und nicht in der Dunkelheit herumstolpern musste. Ghinu blickte dankbar zum Eingang und sah die junge Shalyn, die in der Finsternis die manuelle Steuerung der Lampen aktiviert hatte, während alle Erwachsenen nur darauf warteten, dass die Technik wieder übernahm und das Problem löste. Sie zwinkerte ihm zu, und er musste trotz der Alarmsituation lächeln. Dieses Kind, dachte er bei sich und genoss den Stolz, den er auf seine Schülerin empfand.
Der Alarm verstummte, dafür hörten sie die Stimme des Kommunikationsspezialisten Fren Burken, der sich auf die Saallautsprecher geschaltet hatte: „Eine dringende Mitteilung: Es hat einen Durchbruch in den Halo gegeben. Ein unbekanntes Raumschiff ist in unser System eingedrungen.“
„Um was für ein Schiff handelt es sich?“, erkundigte sich Ghinu, stellvertretend für alle anderen im Raum.
„Genaueres ist leider noch nicht bekannt“, antwortete Fren. „Wir müssen warten, bis es näherkommt oder wir ihm näherkommen. Aber der Geschwindigkeit und dem Eintrittswinkel nach zu urteilen, könnte uns ein Einschlag bevorstehen.“
Im Orbit um Suuk, 07. Februar 2091
Das T-Boot der Promet II sauste durch die Halo-Blase über Suuk. Begleitet wurde es an den Flügeln von zwei N-Beibooten der Moran. Captain Worner, Kommandant der Moran, hatte es sich nicht nehmen lassen, persönlich das Steuer des Transitions-Bootes zu übernehmen, da sein eigenes Schiff noch über keines verfügte.
Allan Biggs und Elker Hay mussten schnell begreifen, dass ihr Ausbilder unter einem Trainingsflug etwas anderes verstand, als die beiden Piloten der Promet II. Sie hatten bereits echte Einsätze geflogen, die entspannter und lustiger gewesen waren. Die Moran unter Captain Worner war militärischer organisiert als ihr eigenes Schiff und entsprechend diszipliniert fiel auch das Training aus.
Der Rest der Promet-Mannschaft war nach Terra zurückgeflogen, wo die Promet II nach ihrem Mammutflug generalüberholt wurde. Die Raumjacht befand sich nun in einem zweimonatigen Urlaub über das Weihnachtsfest und den Jahreswechsel hinweg. Allan und Elker absolvierten unterdessen ihre Übungsflüge. Für leidenschaftliche Piloten wie sie beide stellte dies natürlich kein Opfer dar. Sie hätten es nur bevorzugt, unter einem anderen Kommando üben zu dürfen. Der Kommandant der Moran galt nicht gerade als ausgelassener Spaßvogel und verlieh ihren Ausflügen mehr Ernst, als unbedingt nötig gewesen wäre.
Die drei Maschinen sausten dahin und testeten zuerst die Leistungsfähigkeit der Fluggeräte, was für die Piloten keine besonders spannende Angelegenheit war. Allan Biggs flog auf einer Höhe mit seinem Freund Elker. Das Cockpit befand sich bei allen drei Beibooten vorne, eine Direktsicht gab es deshalb nicht. Sie erfolgte über drei 360-Grad-Bildschirme.
Allan gab Elker per Handzeichen die Anweisung, auf einen anderen Funkkanal zu wechseln, damit Captain Worner sie nicht hören konnte. „Der Captain ist zwar ein Flieger-Ass, aber er könnte den Job etwas lockerer nehmen. Ich meine, das ist doch kein Kampfeinsatz hier.“
„Wenn es doch nur einer wäre“, erwiderte der Australier. „Stattdessen gondeln wir hier durch die Gegend. Da hätte ich auch Linienflüge übernehmen können, die wären vielleicht sogar noch etwas spannender.“
„Oder einen Shuttle-Gleiter für Touristentouren.“
„Ob er es merkt, wenn wir auf Autopilot schalten?“
Elker kicherte. „Der Alte scheint uns tatsächlich für blutige Anfänger zu halten. Das ist beleidigend.“
„So beleidigend, wie mich als alt zu bezeichnen“, meldete sich der Kommandant der Moran über den neuen Funkkanal. Seine Stimme donnerte durch die Lautsprecher, wie man sich das Wort des alttestamentarischen Gottes vorstellte. Laut und mächtig, nur nicht ganz so zornig.
Die beiden Männer schwiegen betreten und überlegten, was sie Peinliches oder Beleidigendes gesagt hatten, als sie sich noch sicher gefühlt hatten.
„Das war nicht respektlos gemeint“, meldete sich Elker.
„Ist das ein Erklärungsversuch oder eine Entschuldigung?“, wollte Captain Worner wissen.
„Ich nehme an, ein bisschen von beidem.“ Allan versuchte zu unterstützen.
„Da ich Sie nicht für blutige Anfänger halten soll, werden wir nun ein etwas schwierigeres Flugmanöver probieren“, sagte Worner trocken. „Bleiben Sie einfach an mir dran. Und ganz nebenbei erwarte ich für den Rest des Fluges etwas mehr Funkdisziplin.“
Im nächsten Moment tauchte das T-Boot fast senkrecht nach unten. Hay und Biggs übersprangen das Überraschungsmoment und setzten sich auf seine Fährte. Nun versprach das Training doch noch etwas Spaß.
Worner steuerte eine Insel unter ihnen an. Ein eher seltener Anblick auf einem Planeten, der zu drei Vierteln von gewaltigen Meeren bedeckt war. Momentan machte er noch keine Anstalten, das T-Boot abzufangen. Elker wurde bei dem Anblick langsam mulmig. Man konnte den Eindruck bekommen, ihr Anführer wollte sich mit dem Beiboot auf die Insel stürzen und sich bis zum Mittelpunkt des Planeten durchbohren. Er wollte seinen Freund fragen, ob sie es mit einem irren Selbstmörder zu tun hatten, aber er konnte die Frage nicht stellen, ohne dass Worner sie ebenfalls hörte.
„Sir?“, funkte Allan den Kommandanten an. „Falls dieses Manöver schiefgeht, möchte ich Peet Orell und Jörn Callaghan nicht erklären müssen, was mit dem T-Boot geschehen ist.“
Im selben Moment begann sich das Boot um die eigene Achse zu drehen und vermittelte noch mehr den Eindruck eines Bohrers.
Ob man uns die Schuld daran geben wird?, überlegte Allan. Sie hatten einen hochdekorierten und untadeligen Kommandanten provoziert und dadurch zu einem selbstmörderischen Manöver getrieben.
„Sir, ich denke, wir haben genug gesehen“, funkte Elker Hay.
Im selben Moment bremste Captain Worner sein Fluggerät ab und jagte in einem tollkühnen Winkel über die unbewohnte Insel hinweg. Einige der Palmen bogen sich durch den Überflug und schnellten anschließend wieder nach oben.
Worner wartete, bis seine beiden Begleiter ihn wieder eingeholt hatten. „Sie mögen dies für einen waghalsigen Akt halten, aber es war zu jedem Zeitpunkt ein kontrolliertes Manöver. Wenn Sie sich im Nachhinein die Flugaufzeichnungen ansehen, werden sie feststellen, dass sich die Instrumente zu keinem Zeitpunkt außerhalb der Normbereiche befanden. Das ist das Ziel, das es für einen Piloten zu erreichen gilt.“