Raumschiff Promet - Von Stern zu Stern 28: Der Bote des Todes - Andreas Zwengel - E-Book

Raumschiff Promet - Von Stern zu Stern 28: Der Bote des Todes E-Book

Andreas Zwengel

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Beschreibung

Als moranische Techniker bei der HTO mit unbekannten Krankheitssymptomen zusammenbrechen, ist auch Arn Borul davon betroffen. Die Promet II startet daher erst mit erheblicher Verspätung zu ihrem nächsten Forschungseinsatz.An Bord erleben Junici Borul und Vivien Raid gleichzeitig exakt denselben Traum. Ist das Traumwesen real oder nur eine Illusion?Und welche Rolle spielt die Eherne Prophezeiung?Die Printausgabe umfasst 148 Buchseiten.

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Seitenzahl: 152

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Andreas ZwengelDER BOTE DES TODES

In dieser Reihe bisher erschienen

5001 Christian Montillon Aufbruch

5002 Oliver Müller Sprung ins Ungewisse

5003 Vanessa Busse Dunkle Energie

5004 Vanessa Busse Angriff aus dem Nichts

5005 Oliver Müller Gefangene der Doppelsonne

5006 Achim Mehnert Das Vermächtnis der Moraner

5007 Rainer Schorm Jedermanns Feind

5008 H. W. Stein & Oliver Müller Die Sklavenwelt

5009 Achim Mehnert Todesdrohung Schwarzer Raumer

5010 Vanessa Busse Entscheidung Risiko

5011 Ben B. Black Zegastos Kinder

5012 Michael Edelbrock Fremde Seelen

5013 Achim Mehnert Böser Zwilling

5014 Achim Mehnert Sternentod

5015 Achim Mehnert Das Ende der Promet

5016 Achim Mehnert Tötet Harry T. Orell!

5017 Achim Mehnert Das galaktische Archiv

5018 H. W. Stein Der Tod und das Leben

5019 Achim Mehnert Die Delegation

5020 Achim Mehnert Das Attentat

5021 Achim Mehnert Flucht aus der Terrorstadt

5022 Achim Mehnert Die Tragödie von Gij

5023 Gerd Lange Das fremde Ich

5024 Andreas Zwengel Geheimwaffe Psychomat

5025 Andreas Zwengel Im Bann der roten Sonne

5026 Andreas Zwengel Das Schiff der S-herer

5027 Gerd Lange Das Eindenker-Tribunal

5028 Andreas Zwengel Der Bote des Todes

Andreas Zwengel

Der Bote des Todes

RAUMSCHIFF PROMETBand 28

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2020 BLITZ-VerlagRedaktion: Jörg KaegelmannExposé: Gerd LangeTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiLogo: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-588-3Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

2.746 Lichtjahre von der Erde entfernt

Die sieben vermummten Gestalten entzündeten am Eingang ihre Fackeln und betraten die Höhle, die versteckt im Gebirge lag. Der Aufstieg war anstrengend und barg zahlreiche Gefahren. Nicht nur die natürlichen wie Kälte und Steinschlag, sondern auch das Risiko, entdeckt zu werden. Die sieben Gestalten begaben sich in große Gefahr, weil sie sich aus ihren zugewiesenen Wohnzonen entfernt hatten. Sie brachten damit nicht nur sich selbst in Bedrängnis, sondern auch ihre Nachbarn, die ihre mehrtägige Abwesenheit decken mussten.

In andächtigen Schritten durchquerten die Vermummten die weitläufige Höhle, die von solch besonderer Bedeutung für ihr Volk war. An diesem Ort hatten sich schon seit Beginn ihres Gedenkens die Auserwählten versammelt, aber es wurde inzwischen von Mal zu Mal ein Wagnis. Schon vor einer Dekade waren die Besatzer ihnen auf die Spur gekommen und hatten die Jagd eröffnet. Doch auch Drohungen, hohe Belohnungen oder Repressalien gegen die Eldoer hatten nichts bewirkt. Niemand war bereit, die Identität der Praekogniter zu verraten. Der Grund dafür lag auch darin, dass sie die letzte Hoffnung für ihr Volk waren.

Im Licht der Fackeln konnte man die zahlreichen Einbuchtungen in die Felsen erkennen und einige Seitengänge, die teilweise eingestürzt waren. Das Ergebnis eines ungezielten Bombenangriffs, nachdem die Besatzer einmal dicht davor gewesen waren, die Vermummten auf ihrem Weg zur Höhle zu erwischen. In der zerklüfteten Berglandschaft war es den Praekognitern gelungen, ihren Verfolgern zu entwischen. Woraufhin die das gesamte Gebiet bombardierten. Trotz des massiven Einsatzes von Thermobomben und bunkerbrechenden Granaten gelangten die Praekogniter sicher in den Schutz der Höhle, die dem Beschuss trotzen konnte. Ein paar eingestürzte Gänge mussten sie verschmerzen, auch wenn es um die prachtvollen Wandgemälde sehr schade war, die nun teilweise verschüttet lagen. Auf ihnen wurde die Geschichte ihres Volkes dargestellt, vor allem die Zeit vor der Besatzung.

Sie gingen bis zu einem steinernen Portal und begannen dort mit dem Abstieg. Sie waren die letzten ihrer Art, die letzten sieben Praekogniter, und kamen zum ersten Mal seit zwei Jahren zusammen. Jedes Treffen fand unter größten Sicherheitsvorkehrungen statt und nur, wenn es unvermeidbar war. Auch dieses Mal waren sie auf sieben verschiedenen Wegen angereist, die erst kurz vor der Höhle aufeinandertrafen. Wenn es einer oder zwei von ihnen nicht geschafft hätten, wäre das ein schrecklicher Verlust gewesen, aber nicht das Ende. Würden die Besatzer aber mehrere von ihnen schnappen oder sogar töten, wäre dies eine Katastrophe, denn sie mussten mindestens zu viert sein, um die Prophezeiung erfüllen zu können.

Schweigend stiegen sie Stufe um Stufe hinab in die Tiefe. Der lange Abstieg stellte bereits einen Teil der Zeremonie dar, er diente zur Vorbereitung und inneren Sammlung.

Praekogniter waren in der Lage, die Zukunft zu sehen. Aber sie konnten leider nicht nach Belieben in ihr herumstöbern oder gezielt bestimmte Zeitpunkte ansehen. Sie schafften es auch nicht, die vorausliegenden Erlebnisse bestimmter Personen zu erforschen. Sie waren lediglich Auserwählte, denen die Zukunft gelegentlich einen Einblick in den Zeitstrom gewährte.

Die Höhle führte tief ins Innere des Planeten Eldo, einer Sauerstoffwelt mit drei sichtbaren Kontinenten und zwei Monden. Niemand außer ihnen kannte die genaue Lage der Höhle der alten Geschichten, man wusste nur, dass sie sich irgendwo am Rande des verschwundenen Kontinents befand. Dabei handelte es sich um alles andere als eine exakte Ortsbestimmung, man konnte es ebenso als metaphorische Umschreibung begreifen, mit der so ziemlich jeder Ort auf Eldo gemeint sein konnte.

Die Stufen der Treppe waren blitzsauber, obwohl seit zwei Jahren niemand mehr die Höhle betreten hatte. Sie blieb gegen äußere Einflüsse versiegelt. Nicht die kleinsten Insekten konnten dort eindringen. Den einzigen Hinweis auf Vergänglichkeit gab die abgestandene Luft, je tiefer sie in die Höhle kamen. Die Wände besaßen eine glatte Oberfläche, da alle Unebenheiten weggeschnitten worden waren. Obwohl die Höhle natürlichen Ursprungs war, bemerkte man dies nur im oberen Bereich. Jenseits des steinernen Portals wirkte sie wie mit einem Laser in den Felsen hineingeschnitten. Wer sie geschaffen hatte, wussten auch die Praekogniter nicht, aber solange sie die Geschichte ihres Volkes zurückverfolgen konnten, hatte dieses nie über die technischen Möglichkeiten dafür verfügt.

Nach einer Stunde, in der sie monoton und im gleichmäßigen Tempo die Treppe hinabstiegen, erreichten sie den Saal der Verkündung. Der Reihe nach platzierten sie ihre Fackeln in vorgesehenen Halterungen und wandten sich den acht Sitzplätzen zu, die in der Mitte des Saals bereitstanden. Bei ihrem letzten Treffen waren sie noch zu acht gewesen. Die Fackeln beleuchteten auch hier prachtvolle Zeichnungen an den Wänden. Sie zeigten die Ahnen der Praekogniter, häufig in ihren schwersten Stunden oder einem Ereignis ihrer Vorhersehung. Doch keiner der Ahnen hatte jemals die Bürde tragen müssen, die nun ihnen sieben aufgelastet wurde. Es war ein Privileg, ein Praekogniter zu sein, und mit großem Ansehen sowie vielen Vergünstigungen verbunden. Aber vor allem hatte jeder von ihnen, vom Allerersten bis zu ihnen sieben, sein gesamtes Leben darauf gehofft, dass es ihm zufallen würde, die Eherne Prophezeiung zu verkünden.

Für alle anderen hatte sich diese Hoffnung nicht erfüllt. Aber ihnen sieben kam nun diese Ehre zu. Die Erfüllung der Ehernen Prophezeiung würde die Rettung aller Eldoer bringen, die auf dem Kontinent lebten. Sie würde die Eldoer von dem Sklavenjoch befreien, unter dem die Tarktier das Volk hielten.

In zwei Reihen nahmen sie Aufstellung: vier hinten, drei vorn. Die Position zeigte auch das Ausmaß ihrer Kräfte, ihre Stellung innerhalb der Gruppe. Die vorderen drei waren die starken Praekogniter und unter ihnen war Gann Hulja der Stärkste. Die Praekogniter unterlagen einer strengen Hierarchie. Nur den drei Starken war das Sprechen gestattet. Die vier Schwachen verhielten sich ruhig und nickten nur zur Bekräftigung jeder Weissagung, die sie mit ihren starken Wesensgenossen teilten.

Gann erhob sich und sprach zu seinen Begleitern. „Nach langer Zeit haben wir uns wieder versammelt. Für die meisten von uns ist es eine wiederholte Rückkehr, aber Scho betritt diesen Ort erst zum zweiten Mal.“ Er blickte zu dem Praekogniter, der das genaue Gegenteil von ihm darstellte. Scho war nicht nur das jüngste Mitglied ihres erlauchten Kreises, sondern auch das kränklichste und schwächste. Der fahle Jüngling saß zusammengesunken auf seinem Platz und die samtene Kutte hing so schlaff an ihm herab, als habe man sie über einen Zaunpfahl gestülpt. Gann bedauerte den Jüngling, dem eine schwere Last auf seine äußerst schmalen Schultern geladen worden war. Dasselbe Schicksal, das auch allen anderen galt, aber die waren besser darauf vorbereitet.

In der Höhle der alten Geschichten ihrer Vorfahren war die Eherne Prophezeiung erstmals verkündet worden. Nun hatte Gann Hulja die Ehre, den nächsten Schritt in dieser entscheidenden Zeremonie zu vollziehen. „Die Zeit des Wartens ist vorüber, meine Brüder. In Kürze wird sich der erste Teil der Ehernen Prophezeiung erfüllen. Die Rettung der Eldoer ist zum Greifen nah.“

Zustimmendes Gemurmel unter den anderen Kapuzen.

„Der Bote wird in diesem Moment unter einer weit entfernten Sonne konditioniert. Die Zeit ist nun gekommen, um die Aufgaben für seine bevorstehende Ankunft unter uns Sieben zu verteilen.“

Wieder ertönten Laute unter den Kapuzen, doch dieses Mal klangen sie aufgeregter.

„Die Prophezeiung wird nun bestimmen, wer von uns der Kontakter sein wird, wer der Bewerter sowie Duplikator und Verteiler.“

Gann fragte sich insgeheim, wer von den Schwachen die vierte Position besetzen würde. Es stand für ihn außer Frage, dass jeder der drei Stärken eine der wichtigen Funktionen übernehmen würde. Für sich selbst rechnete er mit der Aufgabe des Kontakters. Nicht dass er einen Anspruch darauf erhob, er hielt es für die logischste Entscheidung.

Die Botschaft würde sich ihnen nicht so leicht offenbaren, sie mussten dafür Vorbereitungen treffen. Es war unabdingbar, sich gemeinsam in Trance zu versetzen. Nur in diesem Zustand waren sie empfänglich. Aber dies war nur eine der Voraussetzungen. Erst das bevorstehende Ereignis der Botenkonditionierung an einem fernen Ort versetzte die Praekogniter in die Lage, anhand einer neuen Vision zu ersehen, wer von ihnen den Kontakter und die anderen drei Positionen bekleiden würde.

Über dem Kopf von Gann erschien in Form einer orangefarbenen Wolke das Symbol des Bewerters. Selbst wenn sie nicht allein in der Höhle gewesen wären, konnten nur die sieben Praekogniter die Erscheinung sehen und auch nur während ihres Trancezustandes.

Gann Hulja verbarg seine Enttäuschung darüber, nicht zum Kontakter ernannt worden zu sein. Die Prophezeiung konnte nicht irren, sie besaß mehr Weisheit als sie alle zusammen und durfte deshalb nicht infrage gestellt werden. Über den beiden Starken neben ihm erschienen erwartungsgemäß die gelbe und die grüne Wolke von Duplikator und Verteiler. Immer noch musste die wichtige Position des Kontakters vergeben werden, und Gann war wirklich überrascht, dass keiner der starken Praekogniter sie erhalten hatte.

Die letzte Ernennung ließ lange auf sich warten. Alle hielten über den Köpfen der freien Praekogniter nach den ersten Anzeichen einer blauen Wolke Ausschau.

Schos Augen wanderten von einem zum anderen, deshalb bemerkte er als letzter die blaue Wolke über seinen Kopf. Als er die Blicke der übrigen Praekogniter bemerkte, sah er nach oben und sein Mund klappte vor Erstaunen weit auf.

Das muss ein Fehler sein, dachte Gann. Er schämte sich sofort für den Gedanken, aber zum ersten Mal in seinem Leben zweifelte er an der Ehernen Prophezeiung. War sie doch nicht unfehlbar? Oder verfolgte sie einen Plan, der sich Gann und den anderen zu diesem Zeitpunkt noch nicht erschloss?

Scho selbst war noch überraschter als alle anderen. Er hatte niemals damit gerechnet, ausgewählt zu werden, und fühlte sich von der zugewiesenen Aufgabe heillos überfordert. Verzweifelt schlug er die Kapuze zurück und sah seine Gefährten ängstlich an, obwohl es streng ­untersagt war, während der Zeremonie sein Haupt zu entblößen. „Ich kann das nicht“, klagte er mit dünner Stimme.

Gann schüttelte den Kopf. „Die Prophezeiung hat dich zum Kontakter bestimmt. Es gibt keine Möglichkeit, diese Aufgabe abzulehnen.“

Sein Nachbar, ein anderer Starker namens Soro Limps, beugte sich zu Scho. „Und es gibt auch keinen Grund. Wenn die Prophezeiung dir diese Aufgabe zuteilt, dann bist du ihr auch gewachsen.“

„Aber es fühlt sich nicht so an“, stieß Scho hervor.

„Angst ist nichts Schlechtes, sie hält dich wachsam und demütig.“ Gann hatte noch nie darüber nachgedacht, was geschehen sollte, wenn sich ein Auserwählter weigerte. Niemand hatte dies zuvor getan.

„Ich wünschte, es wäre auch etwas Zuversicht dabei.“

„Die wird aus dir selbst entstehen, Scho!“ Gann hatte ihm seine kräftige Hand auf die Schulter gelegt und nickte ihm aufmunternd zu. Sein Blick dagegen fiel über Schos Schulter hinweg auf die beiden anderen starken Praekogniter. Er sah die Zweifel in ihren Augen. Zweifel, die Gann Hulja auch selbst empfand. Insgeheim glaubten die drei Starken nicht daran, dass sich die Eherne Prophezeiung mit dem Schwächsten unter ihnen tatsächlich verwirklichen ließ.

*

HTO-Werft, Halle 6, 06. Juli 2091, früher Abend

Teamchef Hare Thannu beaufsichtigte die Arbeit an der Fertigstellung der drei neuen Beiboote für die Promet II. Seine beiden Mitarbeiter Zelo Kharta und Jaru Talez testeten gerade die letzten computergesteuerten Prüfroutinen für die frisch eingebauten Ortungsgeräte. Mit ihnen würden die zukünftigen Beiboote der Promet II dem neuesten Stand der moranischen Technik entsprechen, den man mit den Mitteln der terranischen Fertigung erreichen konnte.

Die drei moranischen Techniker arbeiteten schon lange bei der HTO zusammen und konnten sich blind aufeinander verlassen. Jeder kannte die Stärken und Schwächen der anderen und deshalb verteilte Hare die Arbeiten untereinander so, dass die besten Ergebnisse dabei herauskamen. Auf diese Weise gelang es ihnen, in Rekordzeit und dank zahlreicher Überstunden, alle drei neu gebauten Beiboote fertigzustellen, damit sie am folgenden Tag offiziell übergeben werden konnten.

Arn Borul, der wissenschaftliche Leiter der Promet II, hatte es sich nicht nehmen lassen, bei dieser Testreihe persönlich anwesend zu sein. Er war voll des Lobes für die drei Techniker. Dem geplanten Aufbruch des Schiffes zum Sonnensystem My-246 stand damit nichts mehr im Wege. Die Arbeit an den Beibooten hatte bei der HTO absolute Priorität gehabt. Kharta und Talez mussten für die Testreihe aus dem Urlaub geholt werden, als der Auftrag hereinkam. Sie hatten dabei noch Glück im Unglück, da sie nur mit dem T-Boot zu tun hatten, das sowieso schon fast fertig war, denn es war ursprünglich für die Moran bestimmt gewesen. Die beiden Moraner waren vor sechs Tagen für die letzten Tests von den Outer Banks in North Carolina angereist. An diesem Abend sollten die Tests abgeschlossen werden. Wenn es nicht noch zu unvorhergesehenen Komplikationen kam. Sie schwelgten pausenlos in Erinnerungen an die Tage an der amerikanischen Westküste.

Die Outer Banks erstreckten sich in einem Bogen über dreihundert Kilometer von Back Bay bis Cape Lookout. Kharta und Talez waren die Küste abwärts von Insel zu Insel gereist, hatten die kilometerlangen Sandstrände und das warme Klima in vollen Zügen genossen. Sie hatten jede Menge Wassersport betrieben und sich von einheimischen Lehrerinnen tagsüber Wellenreiten und Kitesurfen beibringen lassen und am Abend die Holzbauten der örtlichen Architektur kennengelernt – in den Privatwohnungen jener Damen.

Auf Bodie Island hatten sie die Stadt Kitty Hawk besucht, in der den Gebrüdern Wright 1903 der erste Motorflug gelang. In Anerkennung dieser Leistung hatte man dort das Wright Brothers National Memorial errichtet. Die beiden Techniker hatten Fotos auf ihren Coms, wie sie stolz davor posierten.

„Wenn alle Tests erfolgreich ablaufen, könnten wir morgen früh wieder in Dahua sein.“

Zelo nickte grinsend. „Immerhin haben wir unseren Lehrerinnen versprochen, auch den Fortgeschrittenenkurs zu belegen.“

Jaru hob einen Finger. „Und die Hochseeangeltouren zu buchen.“

Zelo hielt zwei in die Luft. „Und den Tauchgang zu den gesunkenen Flugzeugträgern.“

„Es gibt noch viel nachzuholen.“

„Ich möchte eure Urlaubserinnerungen nicht stören“, sagte Hare Thannu, der wie immer aus dem Nichts hinter ihnen aufgetaucht war. „Aber wir wollen diesen Auftrag heute noch beenden.“

„Meine Güte, Hare“, beschwerte sich Zelo Kharta, der sich am heftigsten erschrocken hatte. „Kannst du dich nicht wie jeder andere Moraner bewegen?“

„Oder ein Glöckchen um den Hals tragen?“, ergänzte Jaru. Sie wussten beide, dass ihr Teamchef dies nie tun würde, dazu bereitete es ihm zu viel Vergnügen, seine Mitarbeiter auf diese Art zu überraschen.

Arn Borul stand lächelnd am Rande und betrachtete amüsiert das Geplänkel zwischen den Technikern. Sie lagen so gut in der Zeit, dass er sich äußerst entspannt fühlte. Bisher hatte es nicht die geringsten Probleme gegeben, das T-Boot war bei jedem Test erfolgreich gewesen.

Die Techniker bezogen wieder ihre Positionen, um die Anzeigen zu beobachten, sobald der Belastungstest begann. Arn merkte, dass er nun doch etwas nervös wurde. Obwohl alle bisherigen Tests erfolgreich verlaufen waren, reichte ein einziger Fehlschlag, dass sich ihr Abflug verzögerte. Das wollte er unbedingt vermeiden. Er behielt das sechzehn Meter lange T-Boot im Auge, als die Überprüfung des Borul-Triebwerks begann, das allein schon ein Drittel der Gesamtlänge einnahm. Der Verlauf des Belastungstests konnte von außen nicht beobachtet, sondern allein an den Anzeigen kontrolliert werden. Arn beobachtete die Gesichter der drei Techniker und versuchte, von ihnen abzulesen, wie das Ergebnis ausfiel. Als Thannu aufblickte und ihm zunickte, stieß Arn die angehaltene Luft aus. Damit war auch der letzte Test erfolgreich abgeschlossen. Die Promet II konnte sich wieder auf den Weg ins All machen. Arn Borul trat zu den Männern und streckte ihnen die Hand entgegen, um sich für die gute Arbeit zu bedanken.

Jaru Talez wollte gerade die Hand ergreifen, da zuckte er zusammen, als habe er einen Schlag erhalten. Seine Hände fuhren zum Kopf, und er verzog vor Schmerzen das Gesicht.

„Was ist los?“, erkundigte sich Arn besorgt.

„Kopfschmerzen“, klagte der Techniker nach Luft schnappend. „Ich habe plötzlich bohrende ­Kopfschmerzen.“

„Können wir etwas tun?“

Thannu reichte seinem Mitarbeiter eine Wasserflasche, doch der bemerkte sie gar nicht. Er wiegte seinen Oberkörper, als könnte die Bewegung die Kopfschmerzen besänftigen. Dann verkrampfte sich sein Körper, ruckte unkontrolliert und im nächsten Moment erbrach sich Jaru mehrmals hintereinander, bis zur völligen körperlichen Erschöpfung. Arn packte ihn, als er einzuknicken drohte, und half ihm in eine sitzende Position.

Thannu wollte gerade Zelo Kharta fragen, ob er eine Ahnung habe, was mit seinem Freund und Kollegen los sei, als dieser seine Hände ebenfalls auf den Bauch presste und sich zusammenkrümmte. Der Teamchef sorgte sofort dafür, dass sein Mitarbeiter sich setzte.

„Ich verständige Doktor Hellbrook“, sagte Arn und hob sein Com.

Innerhalb von fünf Minuten befand sich der Chefarzt der HTO-Klinik bei ihnen und untersuchte die beiden Techniker. Doktor Lyndon Joseph Hellbrook war ein kleiner, recht schmaler Mann mit Ansatz zur Stirnglatze. Er machte einen ruhigen Eindruck, konnte aber energisch werden, wenn es um das Wohl seiner Patienten oder die Belange seiner Klinik ging.

Stirnrunzelnd erhob er sich, nachdem er die beiden Moraner untersucht hatte. „Ich kann leider keine klare Diagnose stellen, es handelt sich wohl kaum um eine simple Magenverstimmung. Für eine genauere Untersuchung muss ich die beiden in der Klinik haben.“

Doktor Hellbrook war eine Koryphäe und einer der fähigsten Mediziner des Landes. Wenn er zugab, dass er keine Diagnose stellen konnte, musste es sich um etwas wirklich Außergewöhnliches handeln. Die beiden Techniker zu seinen Füßen krümmten sich immer wieder, wenn die Schmerzen im Kopf oder Magen schlimmer wurden.