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Die Heiler von Tauroa sind die letzte Hoffnung im Ringen um das Leben des Moraners Lorn Jaci. Doch als Jörn Callaghan und seine Leute auf der Wasserwelt landen, geraten sie mitten in den Konflikt der Rebellen mit den Schergen des Orff.Die Flüchtenden an Bord der Orffanian wollen die Kräfte des Widerstands im Reich des Orff mobilisieren. Baranad soll zum Schauplatz der Revolution gegen den scheinbar zu allem fähigen Diktator werden.
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Seitenzahl: 158
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Andreas ZwengelENTSCHEIDUNG AUF BARANAD
In dieser Reihe bisher erschienen
5001 Christian Montillon Aufbruch
5002 Oliver Müller Sprung ins Ungewisse
5003 Vanessa Busse Dunkle Energie
5004 Vanessa Busse Angriff aus dem Nichts
5005 Oliver Müller Gefangene der Doppelsonne
5006 Achim Mehnert Das Vermächtnis der Moraner
5007 Rainer Schorm Jedermanns Feind
5008 H. W. Stein & Oliver Müller Die Sklavenwelt
5009 Achim Mehnert Todesdrohung Schwarzer Raumer
5010 Vanessa Busse Entscheidung Risiko
5011 Ben B. Black Zegastos Kinder
5012 Michael Edelbrock Fremde Seelen
5013 Achim Mehnert Böser Zwilling
5014 Achim Mehnert Sternentod
5015 Achim Mehnert Das Ende der Promet
5016 Achim Mehnert Tötet Harry T. Orell!
5017 Achim Mehnert Das galaktische Archiv
5018 H. W. Stein Der Tod und das Leben
5019 Achim Mehnert Die Delegation
5020 Achim Mehnert Das Attentat
5021 Achim Mehnert Flucht aus der Terrorstadt
5022 Achim Mehnert Die Tragödie von Gij
5023 Gerd Lange Das fremde Ich
5024 Andreas Zwengel Geheimwaffe Psychomat
5025 Andreas Zwengel Im Bann der roten Sonne
5026 Andreas Zwengel Das Schiff der S-herer
5027 Gerd Lange Das Eindenker-Tribunal
5028 Andreas Zwengel Der Bote des Todes
5029 Gerd Lange & Andreas Zwengel Alarm im Solsystem
5030 Andreas Zwengel Negor in Not
5031 Andreas Zwengel Im Reich des Orff
5032 Andreas Zwengel Orffs Sonnenreigen
5033 Andreas Zwengel Der falsche Orff
5034 Andreas Zwengel Entscheidung auf Baranad
Andreas Zwengel
Entscheidung auf Baranad
RAUMSCHIFF PROMETBand 34
Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2021 BLITZ-VerlagRedaktion: Jörg KaegelmannExposé: Gerd LangeTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiLogo: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-594-4Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!
Befehl 56. Wus 04600. 1 der Zeren des Palastes von Baranad
An alle Leitstellen im Reich.
Zunehmend stellen die Zeren des Palastes des Orff auf Baranad fest, dass koloniale Befreiungsbewegungen ihre verbrecherischen Tätigkeiten und subversiven Umtriebe in großer Zahl gegen den Allmächtigen Gebieter des Reiches, unseren verehrten und gütigen Orff, verstärken. An vielen Orten herrschen seit dem 35. 12. Junkti offener Aufruhr und Anarchie durch Aufwiegler und subversive Elemente mit den unterschiedlichsten Motiven. Beispielsweise erhoben sich auf Arcor VI, dem Wüstenplaneten, die einheimischen Adajin mit Waffengewalt gegen die Zeren und deren Wächter in der dortigen Leitstelle. Auf Garrot III entdeckten selbstlose Berater des Orff eine planetare Verschwörung gegen den lokalen Zeren-Clan, die auf ein Netzwerk mit rebellischen Völkern von Ftagh, Velantia II, Ecor-Egar und Pallix IV schließen lassen.
Mit großer Sorge verfolgt unser Allmächtiger Herrscher diese verbrecherischen Tendenzen, auch wenn sie momentan nur Einzelfälle darstellen, die keinesfalls die innere Sicherheit des Reiches bedrohen. Der Orff hat trotzdem in seiner überaus weitsichtigen Fürsorge für alle aufrichtigen Bewohner des Reiches uns, seine ihm stets ergebenen Zeren, gebeten, dafür zu sorgen, dass jegliche Form des Aufruhrs und der Aufwiegelung durch den kolonialen Widerstand gegen unseren Herrscher und auch des Defätismus in den eigenen Reihen mit unnachgiebigen Strafaktionen niedergeschlagen wird. Entsprechende Vorkommnisse sind deshalb unabhängig von der Schwere der Vergehen sofort unter der Zugangskodierung Wus 04601 und unter Angabe der persönlichen Kennziffer und der erfolgten Gegenmaßnahmen zu melden.
Der Hohe Zer Yuy des Palastes von Baranad, gesiegelt am 35. 13. Junkti.
Sonnensystem Belzagor, Planet Tauroa, 04.12.2092
Die blaue Riesensonne Belzagor besaß drei Planeten, die erstaunlicherweise alle Wasserwelten waren. Als die Promet II das System erreichte, wollte Jörn Callaghan zunächst eine genaue Überprüfung durchführen, aber Ben Ridgers drängte darauf, sofort Kurs auf Tauroa zu nehmen.
„Wenn Lorn noch eine Chance haben soll, dann muss die Behandlung sofort beginnen“, sagte der Bordarzt. „Er schwebt zwischen Leben und Tod, und ich kann nichts mehr für ihn tun. Trotz der Notoperation und dem Versetzen in ein künstliches Koma droht ihm multiples Organversagen. Ganz ehrlich, ich kann mir nicht vorstellen, wie es den Heilern auf dem Planeten gelingen soll, wenn unsere hochmoderne Technik scheitert.”
„Wir können nur hoffen”, sagte Jörn und gab Anweisungen, die N-2 für die Landung auf Tauroa vorzubereiten. Junici Borul sollte die Leitung der Mission übernehmen, während er selbst an Bord blieb, um die Reparaturarbeiten am DeGorm-Antrieb zu überwachen. Sobald sie den Orbit über Tauroa erreicht hatten, sollten Pino Tak, Rámon Mara und George Hall mit der N-1 im Außenbordeinsatz versuchen, den Triebwerksschaden zu beheben, damit das Schiff zukünftig wieder Atmosphärenflüge durchführen konnte. Charles Gelon hatte die Aufgabe, die Arbeiten von Bord der Promet II aus zu überwachen.
Junici versammelte ihre Mannschaft im Beiboot. Lorn Jaci war bereits an Bord und sein Zustand wurde von Doc Ridgers überwacht. Elker Hay überprüfte die Instrumente und bereitete den Start vor. Nacheinander trafen noch Mario Gorgo, Tim Axelrod und Gus Yonkers ein. Damit war die Besatzung komplett.
„Wir sind in Position”, meldete Jörn aus der Zentrale. „Viel Glück dort unten.”
„Wird schon schief gehen”, gab Junici zurück und kurz darauf verließ die N-2 den Beiboothangar der Promet und nahm Kurs auf den Wasserplaneten.
Von den drei Planeten des Systems Belzagor war nur Tauroa vom Klima und der Luftzusammensetzung her für Menschen geeignet. Er besaß keine größeren Landmassen, dafür aber einige zehntausend Inseln. Eine von ihnen steuerte die N-2 nun an, da sich auf ihr eine kleine Ansiedlung befand. Auf Junicis Anweisung hin hatte Elker den Kombi-Schutzschirm aktiviert, damit sie unbemerkt auf der Insel landen konnten.
Nare Dugas und Hesi Jorus hatten ihnen klare Anweisungen gegeben, wie sie sich nach der Landung verhalten sollten. Sie schalteten den KSS aus und sendeten über eine besondere Funkfrequenz, die sie von Nare und Hesi erhalten hatten, eine Freundschaftsbotschaft an die Tauroi.
Die Tauroi waren die Urbevölkerung von Tauroa und sie konnten sowohl über ihre Kiemen als auch über ihre Lungen atmen. Nur so war ein Treffen an Land möglich.
Nach dem Absenden der Botschaft konnte die Besatzung nichts weiter tun, als zu warten. Besonders für Ben Ridgers war dies eine Herausforderung, da er es kaum ertragen konnte, hilflos neben seinem Patienten zu sitzen und ihm nicht helfen zu können.
Die übrige Besatzung sah sich in der näheren Umgebung des Beiboots um. Die Inseln und Archipele erschienen den Terranern wie reine Paradiese. Auch auf der Erde gab es solche Plätze und sie stellten die Sehnsuchtsorte jener Menschen dar, die nicht dort wohnten.
„Hier lässt es sich aushalten”, sagte Tim Axelrod, ging in die Hocke und ließ den feinen Sand durch seine Finger gleiten. Er strich über die warme Oberfläche des Strandes und hätte sich am liebsten darin herumgewälzt. Das Meer sah mindestens ebenso verlockend aus. Das Wasser war so klar, dass man alle Details auf dem Grund sehen konnte. Schon beim Anflug hatten sie die Unterwasserwelt bewundern können.
Axelrod drehte sich in der Hocke zu Gus Yonkers. „Meinst du, wir haben noch genug Zeit für ein erfrischendes Bad?”
„Nein. Wohl nicht“, antwortete Gus.
Verwundert blickte Tim zu seinem Kollegen auf, doch der sah an ihm vorbei. Tim drehte sich wieder zurück und erblickte ein paar nackte Beine, die ziemlich dicht vor ihm standen. Langsam glitt sein Blick an der Gestalt hinauf. Die Haut der muskulösen Beine war bronzefarben. Sie endeten in einem elastischen Dress, der vom oberen Ende der Beine bis zur Brust hinaufreichte. Optisch erinnerte es an einen sehr historischen Badeanzug für Männer, doch das Material bestand nicht aus Stoff. Es wirkte glatt wie Plastik, aber stabil wie Metall. Trotzdem beeinträchtigte der olivfarbene Dress die Bewegungen seines Trägers nicht.
Oberhalb der Brust war die bronzene Haut wieder unbedeckt. Tim konnte deutlich die Kiemen am Hals erkennen. Sein Blick wanderte noch weiter nach oben. Die Kopfhaare des Wesens waren millimeterkurz und es hatte kreisrunde Augen mit schwarzen Pupillen, die von hellblauen Ringen umgeben waren. Sie besaßen eine große Ähnlichkeit mit terranischen Fischaugen und Tim war überzeugt, es mit einem Amphibienwesen zu tun zu haben. Der lippenlose Mund teilte sich und entblößte strahlendweiße Zähne, die einen deutlichen Kontrast zu der dunklen Hautfarbe bildeten.
Tim kam auf die Beine und sah, dass noch ein zweiter Tauroi hinter dem ersten stand.
„Willkommen auf Tauroa. Willkommen auf Natulia”, grüßte der Vordere auf Interstar, wobei der zweite Begriff wohl der Name der Insel war. „Ich bin Taro, der Anführer dieser Siedlung, und dies ist mein Stellvertreter Kiran.”
Kiran verbeugte sich leicht. Er war das exakte Ebenbild von Taro. Nur ein wenig kleiner und etwas jünger.
Junici Borul kam von der N-2 herüber und die Gesichter der beiden Tauroi nahmen einen begeisterten Ausdruck an, als ob sie gerade eine alte Freundin erkannten.
„Eine Moranerin, wie erfreulich”, sagte Taro und man merkte deutlich, wie er ein gehöriges Maß an Misstrauen ablegte. Die Gesellschaft der Moranerin schien auch den Rest der Besatzung aufzuwerten.
Junici stellte zuerst sich und dann ihre Begleiter vor. Die beiden Tauroi lauschten interessiert den Ausführungen über die Herkunft der Besucher und die Forschungsmissionen, die die Promet II betrieb. Junici unterstrich dabei noch einmal die friedlichen Ziele, die sie auf ihren Reisen verfolgten.
Taro und Kiran wollten gerne noch etwas mehr über den über 800 Lichtjahre entfernten Planeten Terra erfahren, aber Doc Ridgers unterbrach die freundliche Unterhaltung.
„Wir müssen endlich die Versorgung von Lorn sicherstellen“, rief er vom Beiboot aus herüber. „Er muss behandelt werden. Wenn die Tauroi ihm helfen können, dann ist jetzt genau der richtige Moment dafür.”
Taro wandte sich an Junici. „Ihr habt einen Verletzten bei euch?”
„Er wurde beim Kampf gegen einen Vollstrecker-Roboter verletzt und unsere medizinischen Fähigkeiten haben ihre Grenzen erreicht”, erklärte sie und wies auf das Beiboot.
„Ihr habt gegen Vollstrecker gekämpft?”, fragte Taro erstaunt.
„Inzwischen öfter als uns lieb ist”, erklärte Tim Axelrod.
„Auf Toyu bei der Wabenstadt Hive sind wir zum ersten Mal auf die Roboter gestoßen”, sagte Junici. „Aber unser Freund wurde auf Osch verletzt.”
„Wenn ihr auf Toyu wart, dann kennt ihr auch Caddu.”
„Natürlich. Der Bürgermeister von Hive hat uns sehr unterstützt”, berichtete Junici.
Diese Information schien Kiran und Taro vollends zu überzeugen. Der Anführer stülpte seine gewölbte Hand über sein Ohr und sprach ein paar Sätze in einer fremden Sprache. Anschließend lauschte er einer Antwort und ließ dann die Hand sinken.
„Falls es eure Entscheidung positiv beeinflussen kann”, meldete sich Doc Ridgers zu Wort, „unser verletzter Freund ist ebenfalls Moraner.”
Taro nickte und lächelte. „Ihr habt uns bereits überzeugt, aber dies ist tatsächlich noch ein Grund mehr, ihm zu helfen.”
„Sehr gut”, sagte Doc Ridgers. „Wohin sollen wir ihn bringen?”
„Nirgendwohin”, antwortete Kiran. „Er wird hier abgeholt.”
Taro wandte sich wieder zu Junici. „Ihr habt euch also dem Orff entgegengestellt?”
„Wir hatten so einige Begegnungen, allerdings nur in Form seiner Projektionen.”
Plötzlich stutzte Taro. „Momentmal, euer Schiff …”
„Die Promet II”, ergänzte Junici bereitwillig.
„Sie hat nicht zufällig die Form eines Wassertropfens?”
„Nur wenn sie nach unten fliegt”, scherzte Tim.
„Ihr habt schon von uns gehört?”, erkundigte sich Junici.
„Gehört?”, fragte Taro und lachte. „Es gibt momentan wohl keinen größeren Stachel im Fleisch des Orff. Ihr findet oft Erwähnung in seinen Durchsagen. Seiner Darstellung nach seid ihr die Vorboten einer Invasionsarmee, die das Reich und unser aller Leben bedroht.”
„Wir sind nur ein einziges Schiff und keine Flotte. Und wir bedrohen niemanden.”
„Schade, wir könnten eine Flotte gebrauchen”, sagte Kiran.
Junici hob überrascht eine Augenbraue. „Ihr seid im Widerstand?”
Die beiden Tauroi nickten gleichzeitig. „Nicht alle von uns sind geniale Heiler”, sagte Taro. „Kiran und ich führen hier auf Tauroa eine Rebellengruppe gegen den Allmächtigen Gebieter an.” Den Titel sprach Taro mit größtmöglicher Verachtung aus.
„Apropos geniale Heiler”, unterbrach Doc Bridgers erneut, während er mit den Augen den Himmel absuchte. „Weshalb brauchen die so lange?”
„Du suchst in der falschen Richtung”, sagte Kiran und wies auf den Strand, wo gerade vier weitere Tauroi aus dem Wasser stiegen.
„Heiler Ahara und seine Helfer werden sich um euren Freund kümmern”, sagte Taro und wies auf das Beiboot. Wie eine Prozession marschierten die vier Tauroi auf die N-2 zu und verschwanden in der offenen Luke.
„Ich möchte sie begleiten”, sagte Doc Ridgers.
Taro schüttelte den Kopf. „Das ist leider nicht möglich.”
„Ich bestehe darauf, an der Behandlung teilzunehmen. Ich bin für diesen Mann verantwortlich”, widersprach der Doc.
„Es ist nicht möglich, weil die Behandlung in der Heilerstation stattfindet und die liegt in einer vorgelagerten Bucht von Natulia”, erklärte Taro.
„Ein Unterwasserlazarett?”, erkundigte sich Junici.
„So ist es. Viele unserer Behandlungsmethoden profitieren von dieser Umgebung.” Taro wies auf die Siedlung in der Ferne. „Währenddessen können wir uns noch etwas besser kennenlernen. Ich möchte gerne mehr über euren Planeten Terra erfahren und natürlich von eurem Kampf gegen den Orff.”
Junici schlug vor, dass sie alle zusammen mit der N-2 dorthin fliegen könnten, doch Taro bot ihnen eine kleine Führung an, um ihnen die Schönheit und Vielfalt der Insel Natulia zu zeigen. Angesichts der Pracht, die sich vor ihnen ausbreitete, wollte niemand darauf verzichten. Gemeinsam spazierten sie durch die Südsee-Idylle.
Junici und Taro gingen an der Spitze. Die sattgrünen Blätter spendeten ihnen Schutz vor der Sonne und der weiche Boden unter den Bäumen machte das Gehen darauf zu einem Genuss.
„Ich habe euch zuerst für reine Amphibienwesen gehalten”, gestand Junici.
„Das Gegenteil ist der Fall“, erklärte Taro. „Früher waren wir nur Lungenatmer, aber dann wurde vor sehr vielen hundert Junkti unser Planet überfallen. Fremde Raumfahrer haben Experimente mit uns gemacht und uns verändert. Nicht nur die damaligen Tauroi selbst, sondern auch deren Nachfahren. Die Fremden haben dafür gesorgt, dass diese bereits mit Kiemen und Lungen auf die Welt kamen.”
„Wieso haben sie das getan?”, fragte Tim.
„Mein Volk sollte für diese Fremden als Soldaten ins All fliegen und ihre Schlachten schlagen. Ihre eigenen Leben hielten sie wohl für zu wertvoll oder es gab nicht genug von ihnen für die großen Pläne, die sie umsetzen wollten.”
Eine Geschichte, die Junici nicht zum ersten Mal hörte. „Wie sahen diese Raumfahrer aus?”
„Unseren Überlieferungen zufolge besaßen sie alle nur ein einziges Auge.”
Junici nickte. „Und was geschah dann?”
„Irgendwann verschwanden diese unbekannten Okkupanten wieder. Glücklicherweise, ohne dass auch nur ein einziger Tauroi in den Kampf ziehen musste. Anscheinend hatten sich die Pläne dieser Raumfahrer geändert, oder etwas anderes musste vorgefallen sein. Aber aus uns landlebenden Lungenatmern waren für immer Wesen geworden, die gleichzeitig auch Kiemen nutzen konnten.” Taro sah Junici prüfend an. „Du siehst aus, als ob du etwas weißt und überlegst, ob du es mir sagen sollst.”
Junici sah keinen Grund, weshalb sie es leugnen sollte. „So ist es. Ich habe eine Vermutung, wer die Raumfahrer gewesen sind. Im Grunde ist es sogar mehr als nur eine Vermutung, denn sie haben genau diese Vorgehensweise auf mehreren Planeten verwendet.”
„Wer sind sie?”
„Man nennt sie die Zyklops. Aus Gründen, die wir nicht kennen, haben sie mit ihren Schwarzen Raumern den Galaktischen Krieg heraufbeschworen, sind dann aber vor rund 1.450 Junkti unserer Zeitrechnung plötzlich für lange Zeit von der Bildfläche verschwunden. Niemand weiß etwas Genaueres über ihr Schicksal.”
„Dann haben auch andere Planeten unter ihnen gelitten?”, fragte Taro.
„Sehr viele sogar, fürchte ich.”
„Ich wüsste gerne, was aus ihnen geworden ist.”
Junici nickte. „Ja, viele würden das gerne erfahren und die meisten hoffen wohl, dass es ein grausames Ende mit ihnen genommen hat.”
Taro pflückte ihr Früchte von den Bäumen und forderte sie auf, diese zu kosten. Sie waren köstlich und Junici lief der süße Saft am Kinn herab.
„Die schmecken wie Mango, Pfirsich und Orange auf einmal”, rief Tim von hinten mit vollem Mund.
„Auf Vanille-Pudding“, ergänzte Gus begeistert und biss erneut ab.
„Wie kommt es, dass Moraner auf dem Forschungsschiff eines anderen Volkes arbeiten?”, fragte Taro.
Junici erzählte ihm die Wahrheit. Eine tragische Geschichte, die sich noch nicht so weit verbreitet hatte, wie der gute Ruf der Moraner. Sie erzählte ihm von dem Angriff der Schwarzen Raumer auf Moran und dem daraus resultierenden Absturz ihres Mannes Arn mit seinem Raumschiff Tira auf dem terranischen Mond. Wo er gerettet wurde und dafür sorgte, dass die noch lebenden Moraner von ihrem verwüsteten Heimatplaneten evakuiert werden konnten. Sie erzählte von der HTO, von Peet Orell und den zahllosen Abenteuern, die sie seitdem bestritten hatten. Dann machte sie einen Sprung in die Gegenwart und berichtete von den Kämpfen auf Toyu, von Nare und Hesi sowie dem auf Osch im Tro-System missglückten Sonnenreigen.
„Von den Problemen haben wir nichts mitbekommen”, musste Taro zugeben. „Als der Sonnenreigen begann, setzte die Übertragung kurz aus und schließlich war ein normaler Sonnenreigen zu sehen. Aber es gab tatsächlich auch einige Stimmen unter uns, die behaupteten, genau diesen Sonnenreigen schon einmal gesehen zu haben.”
„Sie irren sich nicht. Es wurde eine Wiederholung eingespielt”, bestätigte Ridgers.
Taro lachte auf. „Ich hätte zu gerne das Gesicht des Orff gesehen, als der Sonnenreigen missglückte.”
„Vielleicht bekommst du bald die Gelegenheit, ihm bei einer anderen Niederlage zuzusehen, die ihm widerfährt”, warf Kiran ein.
„Darauf würde ich am liebsten anstoßen”, sagte Taro.
Sie erreichten die ersten Häuser der Siedlung. Es waren einstöckige weiße Bauten, die auch zu einer Strandszene auf der Erde gepasst hätten. Alles vermittelte den Eindruck von Urlaub, obwohl im Hafenbereich eine Menge Geschäftigkeit herrschte.
„Wir ernähren uns hier hauptsächlich von Fischherden, die wir in den Ozeanen hegen und pflegen. Jede Familie besitzt ihre eigenen Herden.” Taro wies auf wendige Ein-Mann-U-Boote, die in dem kleinen Hafen gerade ab- oder anlegten.
„Das klingt nach einer Menge Fisch”, sagte Junici.
„Wir sind auch eine große Familie. Unsere Familien können bis zu dreihundert Mitglieder haben und jede lebt für sich, in Siedlungen wie dieser. Aber du hast natürlich recht, Junici Borul, es ist eine Menge Fisch, selbst für so viele Tauroi. Die Wahrheit ist, dass wir die Herden für die Völker des Orff betreiben müssen. Wir sind ein winziges Glied in der riesigen Nahrungskette des Reichs, wenn man so will. Regelmäßig kommen Orffs Tiefkühlschiffe vorbei, um mit frischem Fisch beladen zu werden. Davon abgesehen züchten wir auch noch Algen und andere nahrhafte Gewächse, aber in erster Linie wollen sie unseren Fisch.”
„Dann sollten wir dem Orff gemeinsam den Appetit auf Fisch verderben“, sagte Junici kämpferisch.
Mit dem Einsetzen der Dämmerung wurden überall in der Siedlung Lagerfeuer entzündet. Die Promet-Besatzung war überrascht darüber, wie schnell der Tag vergangen war, aber eine kurze Überprüfung ergab, dass ein Tag auf Tauroa nur dreizehn irdische Stunden dauerte.
Nach einiger Zeit erschien der Heiler Ahara wieder. Die Promet-Besatzung wartete schon gespannt auf seine Einschätzung.
„Ein schwieriger Fall, aber wir haben die Behandlung von Lorn Jaci erfolgreich eingeleitet“, sagte der Heiler.
„Wie stehen seine Chancen?“, fragte Junici.
„Es ist noch zu früh, um eine seriöse Prognose abzugeben, schließlich hat die Behandlung gerade erst begonnen. In ein paar Sila kann ich mehr sagen.“
„Kann ich ihn sehen?“, erkundigte sich Doc Ridgers.
Der tauroische Heiler winkte ab. „Lorn Jaci befindet sich unter Wasser in der Heilerstation und wird dort auch bleiben, bis die Behandlung abgeschlossen ist. Ein Besuch ist nicht möglich, weil auf dieser Station nur Heiler und Kranke erlaubt sind.“
„Ich bin in meiner Welt ein Heiler“, beharrte der Doc.
„Das ist mir bewusst“, erwiderte Ahara. „Aber zu unseren Methoden kannst du nichts beitragen, daher wird dein Besuch nichts bewirken, außer dich emotional zu belasten. Lorn Jaci wird erst am Ende der Behandlung wieder erwachen und ansprechbar sein.“
„Wie lange dauert diese Behandlung?“, fragte Junici.
„Zwanzig bis dreißig Sila, je nach Schwere der Verletzung. In diesem Fall eher länger.“