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Das instandgesetzte Nekronidenschiff Nek-X soll auf einem Testflug nach Riddle seine Flugtauglichkeit beweisen. Da die Promet II noch nicht einsatzbereit ist, sind neben sechs anderen Freiwilligen auch Peet Orell, Arn Borul und seine Frau Junici mit an Bord. Die Reise verläuft anders als geplant. Plötzlich stehen Fragen, die seit den frühen Flügen der ersten Promet ungeklärt sind, kurz vor ihrer Auflösung. Doch welchen Preis muss die Crew dafür zahlen?
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Seitenzahl: 152
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Andreas ZwengelTRANSITION INS GESTERN
In dieser Reihe bisher erschienen
5001 Christian Montillon Aufbruch
5002 Oliver Müller Sprung ins Ungewisse
5003 Vanessa Busse Dunkle Energie
5004 Vanessa Busse Angriff aus dem Nichts
5005 Oliver Müller Gefangene der Doppelsonne
5006 Achim Mehnert Das Vermächtnis der Moraner
5007 Rainer Schorm Jedermanns Feind
5008 H. W. Stein & Oliver Müller Die Sklavenwelt
5009 Achim Mehnert Todesdrohung Schwarzer Raumer
5010 Vanessa Busse Entscheidung Risiko
5011 Ben B. Black Zegastos Kinder
5012 Michael Edelbrock Fremde Seelen
5013 Achim Mehnert Böser Zwilling
5014 Achim Mehnert Sternentod
5015 Achim Mehnert Das Ende der Promet
5016 Achim Mehnert Tötet Harry T. Orell!
5017 Achim Mehnert Das galaktische Archiv
5018 H. W. Stein Der Tod und das Leben
5019 Achim Mehnert Die Delegation
5020 Achim Mehnert Das Attentat
5021 Achim Mehnert Flucht aus der Terrorstadt
5022 Achim Mehnert Die Tragödie von Gij
5023 Gerd Lange Das fremde Ich
5024 Andreas Zwengel Geheimwaffe Psychomat
5025 Andreas Zwengel Im Bann der roten Sonne
5026 Andreas Zwengel Das Schiff der S-herer
5027 Gerd Lange Das Eindenker-Tribunal
5028 Andreas Zwengel Der Bote des Todes
5029 Gerd Lange & Andreas Zwengel Alarm im Solsystem
5030 Andreas Zwengel Negor in Not
5031 Andreas Zwengel Im Reich des Orff
5032 Andreas Zwengel Orffs Sonnenreigen
5033 Andreas Zwengel Der falsche Orff
5034 Andreas Zwengel Entscheidung auf Baranad
5035 Gerd Lange Im Licht der drei Monde
5036 Andreas Zwengel Planet der Bestien
5037 Andreas Zwengel Mysteriöse Vergangenheiten
5038 Andreas Zwengel Wächter des Schwarzen Imperiums
5039 Andreas Zwengel Der Raub der Moranerin
5040 Andreas Zwengel Transition ins Gestern
Andreas Zwengel
Transition ins Gestern
RAUMSCHIFF PROMETBand 40
Als Taschenbuch gehört dieser Roman zu unseren exklusiven Sammler-Editionen und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt.Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.© 2022 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannExposé: Gerd LangeTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiLogo: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-600-2
Der ehemalige Kugelraumer, den die Promet-Crew Anfang Januar 2090 beim Kleinplaneten Pluto entdeckt hatte, diente der HTO inzwischen als wichtiges Versorgungszentrum und Reparaturwerkstatt am Rande des Sol-Systems. Auch nach den letzten Schäden hatte Kommandant Peet Orell die Basis I angeflogen, obwohl sie für die Promet II längst zu klein geworden war. Nur der Haupthangar reichte aus, um das Schiff aufzunehmen. Sah man einmal von dem Riesenhangar der Abfangjäger in der Defensiv-Zentrale auf Riddle ab, handelte es sich bei ihm um den größten Hangar der HTO außerhalb der Erde. Doch der war momentan belegt vom Raumschiff der Nekroniden, das den inoffiziellen Namen Nek-X erhalten hatte. Die Nags hatten dieses Schiff ins Solsystem geflogen, um auf Terra Hilfe zu erhalten. Da sie die Steuerung nicht beherrschten, drohten sie damals in die Sonne zu stürzen. Dies war nur dadurch verhindert worden, dass durch Einsatz des Anticomps die Steuerung des Raumers außer Kraft gesetzt wurde.1
Arn und Junici Borul hatten sich bereiterklärt, auf Basis I zu helfen, um die Nek-X wieder einsatzfähig zu machen. In erster Linie natürlich auch, damit der Platz für die Promet II frei wurde.
Inzwischen waren die Arbeiten zur Wiederherstellung in die entscheidende Endphase getreten. Die Zeit drängte, denn nach der Promet standen noch zahlreiche weitere Schiffsbauten und Reparaturaufträge auf der Warteliste. Der Hangar musste dringend freigemacht werden.
Das Team stand unter der Leitung von Hare Thannu, der zusammen mit Jaru Talez und Zelo Kharta vom Technischen Aufbauteam Okan zur Basis I gekommen war. Arn hatte ihre Einbindung empfohlen und zufällig befanden sich die drei zu diesem Zeitpunkt gerade an Bord der Diaz auf dem Rückflug zur Erde. Außerdem verstärkte seit zwei Monaten der moranische Triebwerksspezialist Sok Tal ihre Mannschaft, zu der auch noch zwanzig Asistroniker und Techniker von Basis I gehörten. Gemeinsam rüsteten sie die Nek-X auf. Doch mangels Kenntnis über die Funktionsweisen der defekten Nekroniden-Technik mussten sie diese teilweise durch moranische und terranische Geräte ersetzen.
Es war ein gewaltiges Projekt und auch eine technische Herausforderung. In solchen Fällen tat Zeitdruck selten gut, doch das ließ sich nun einmal nicht ändern. Der heutige erste Funktionstest der Triebwerkssektion diente auch dazu, Fortschritte zu beweisen und die ständigen Nachfragen zumindest für eine kurze Weile zu unterbinden.
Commander Mel Baxter, der Kommandant der Basis I, erschien im leichten Raumanzug und brannte förmlich darauf, gute Nachrichten zu erfahren.
„Ich weiß, es dauert lange“, sagte Arn, als sie gemeinsam auf das Schiff zuschritten, „aber ich wünschte, ich hätte Gelegenheit, allen Dränglern zu erklären, was für eine Leistung wir hier erbringen. Wir versuchen, die Technik von drei unterschiedlichen Völkern zu einem einzigen funktionierenden Raumschiff zu vereinigen.“
„Es ist sicher großartige Arbeit, die ihr hier leistet, aber die Leute warten darauf, dass ihre eigenen Schiffe an die Reihe kommen. Du ahnst gar nicht, wie viele Anfragen ich deswegen jeden Tag bekomme.“ Baxter grinste. „Bei der Gelegenheit: Ich soll Grüße von Peet Orell ausrichten.“
Arn konnte sich nur zu gut vorstellen, wie ungeduldig sein Freund auf die Fertigstellung der Promet II wartete, ihm selbst ging es nicht anders. Auf der anderen Seite faszinierte ihn seine momentane Arbeit an dem fremden Schiff. „Triebwerkstechnik ist mein Spezialgebiet und von daher fühle ich mich gerade wie ein Kind im Spielzeugladen“, berichtete er dem Kommandanten. Dieser Vergleich war noch untertrieben, denn gleichzeitig wartete auch noch ein Datenträger voller unbekannter moranischer Triebwerkstechnik auf ihn, den seine Partnerin Junici von einer abenteuerlichen Reise durch Raum und Zeit mitgebracht hatte.2
„Das glaube ich gerne“, gab Baxter zu. „Auch wenn mir die Fachkenntnis fehlt, um das ausreichend zu würdigen.“
„Seit Wochen beißen sich die besten Triebwerkstechniker die Zähne daran aus, du bist also in bester Gesellschaft“, tröstete ihn Arn. „Es gibt zahlreiche Geräte, deren Funktionen durch die Asistroniker bisher nicht entschlüsselt werden konnten. Deshalb ist es auch unmöglich, sie zu reparieren. Die Nekroniden besitzen ein völlig fremdartiges Antriebssystem, das mit interstellaren Gravitationsfeldern arbeitet.“
„Ich habe die Triebwerke an der Außenseite gesehen. Sehr ungewöhnlich und auch sehr viele.“
„Das kann man wohl sagen“, pflichtete ihm Arn bei. „Die Sprungtriebwerke sind am Außenrand des Diskusschiffes in achtzig kugelförmigen Kammern untergebracht. Wir bezeichnen diesen Rand übrigens intern als Peripherie. Durch die Kammern wird das Schiff im Verhältnis zum äußeren Umfeld des Weltalls stufenweise negativ umgepolt, wodurch der Effekt einer gesteuerten Abstoßung des Schiffskörpers entsteht.“
„Aha.“ Baxter wirkte ratlos.
„Zusätzlich besitzt der Raumer noch einen Masse-Konverter, der künstlich diesen Abstoßungseffekt durch Komprimierung von Energie verstärkt und bei Bedarf extrem hohe Beschleunigungswerte ermöglicht. Die silberfarbenen Kugel-Kammern dienen außerdem der Strukturmodulation der von den Kammern genutzten Gravitationswellen. Diese dienen als Katalysatoren sowohl beim Eintritt ins Parakon als auch bei der Erzeugung des Schutzhalos des Schiffs. Ähnlich wie unser Kombi-Schutzschirm schützt er vor Angriffen, schädlicher Strahlung und gegnerischer Ortung. Aber die Ähnlichkeit beschränkt sich auf die Wirkung, sie funktioniert auf einer völlig anderen Grundlage.“
Baxter verstand nur die Hälfte von Arns Erklärung und versuchte dies durch eine Frage zu überdecken. „Wie hoch ist die Reichweite?“
„Welche Sprungweiten diese Antriebsart bei einer Transition maximal zurücklegen kann, ist noch unbekannt.“ Arn setzte zu einer ausführlichen Darstellung an, doch Mel Baxter winkte schnell ab. „Schon gut, ich lese später den Bericht. Kümmern wir uns jetzt erst einmal um die praktischen Aspekte.“
Baxter konnte seine Anspannung bezüglich des bevorstehenden Testfluges nicht verbergen. Er brauchte dringend eine Erfolgsmeldung. Wenn sich ein Misserfolg herumsprach, bedeutete dies für ihn eine weitere Flut an Anfragen von wartenden Schiffskommandanten der HTO-Flotte. Er wollte lieber nicht darüber nachdenken und drängte zum raschen Beginn.
Sie betraten das Schiff und nahmen in der Zentrale Platz. Jaru Talez, Zelo Kharta, Sok Tal sowie die terranischen Techniker Claude Morell und Lieke van Buren bildeten die Flugcrew und waren gerade dabei, sich auf den bevorstehenden Start abzustimmen.
„Das Ziel des heutigen Praxistests ist eine erste erfolgreiche Kurztransition“, erklärte Arn. „Unser Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Aggregat B 71. Bei ihm handelt es sich um unseren Eigenbau einer Triebwerksteuerung, um die schiffseigene Triebwerkssteuerung zu umgehen.“
„Ihr bekommt nicht heraus, wie deren Steuerung funktioniert und baut deshalb eine eigene ein?“, fragte Baxter verblüfft. „Ist es zu spät, um diesen Testflug von Basis I aus zu verfolgen?“
Arn lachte. „Keine Sorge, es ist ungefährlicher, als es klingt.“
„Dann findest du also auch, dass es gefährlich klingt?“
„Wir wissen, wie die Triebwerke funktionieren und wir haben einen Weg gefunden, sie zu aktivieren. Also brauchen wir das Steuergerät der Nekroniden nicht.“
Baxter blickte immer noch zweifelnd drein.
„Du bist doch so ein Fan von terranischen Oldtimern“, sagte Arn. „Stell dir ein Fahrzeug von vor hundert Jahren vor. Wir haben keinen Zündschlüssel, also schließen wir es kurz. Am Fahrverhalten ändert das nichts.“
„Herrje, jetzt bin ich nicht mehr nur Testfahrer, sondern auch noch ein Autodieb.“
Arn nickte. „Los geht‘s!“
Die riesigen Hangartore der Basis I öffneten sich und Sok Tal steuerte die Nek-X in langsamer Fahrt aus dem Haupthangar hinaus ins All. Links von ihnen tauchte die Moran auf, von der aus Captain Worner und Teamchef Hare Thannu das Ausschleusen überwachten.
„Draußen sind wir schon mal“, sagte Arn zufrieden.
Baxter nickte zerknirscht. „Wir feiern aber auch wirklich die kleinsten Erfolge.“
Beide Schiffe nahmen Fahrt auf und ließen den Kugelraumer hinter sich. Arn konnte dabei einen Blick auf die Promet II werfen, die außen an einem der Stacheltunnel angedockt war. Sie befand sich in der Endphase der Reparaturen, die über den Stachel erledigt werden konnten. Aber sobald diese abgeschlossen waren, brauchte sie noch einen kurzen Aufenthalt im Haupthangar. Noch ein Grund, weshalb dieser Testflug ein Erfolg werden musste.
„Alle Werte normal und stabil“, meldete Zelo Kharta. Alles schien glatt zu verlaufen.
„Vorbereitung der Transition“, befahl Sok Tal. Er klang angespannt.
Alle Blicke waren auf das Aggregat B 71 gerichtet, das wie ein Fremdkörper in der Zentrale der Nek-X wirkte. Sobald es sich bewährt hatte, konnten sie sich Gedanken um das Design machen, damit es sich besser in die Umgebung einfügte. Und sie brauchten auch einen besseren Platz dafür, damit nicht alle ständig darum herumgehen mussten. Aber momentan ging es lediglich darum, dass ihre Entwicklung funktionierte.
„Schnurrt wie ein Kätzchen, oder?“ Mel Baxter deutete das leise Summen von Aggregat B 71 als ein gutes Zeichen.
„Bis es die Krallen ausfährt“, sagte Lieke van Buren. Die Technikerin behielt das Aggregat ständig im Auge, als befürchtete sie, dass es jeden Moment Probleme bereiten könnte.
Sok Tal beschleunigte die Nek-X immer weiter, bis sie die entsprechende Sprunggeschwindigkeit erreichte.
„Wir gehen in Transition“, sagte Jaru Talez.
Alle machten sich für den Sprung bereit, doch er blieb aus. Stattdessen wandelte sich das angenehme Summen von Aggregat B 71 in ein destruktiv klingendes Brummen.
„Da stimmt etwas nicht!“, rief Talez.
Claude Morell blickte von seinen Anzeigen auf. „Wir haben eine massive Überlastung. Wir müssen sofort abschalten!“
Innerhalb von Sekunden hatte sich die Lautstärke des Brummens vervielfacht. Doch damit nicht genug: Das Aggregat vibrierte deutlich sichtbar und die Vibration wurde schnell so stark, dass das Gerät drohte, aus seiner Verankerung zu brechen.
„Abschalten, habe ich gesagt!“, brüllte Morell.
„Es reagiert nicht!“, gab Zelo Kharta hilflos zurück.
Da das Schiff nicht in Transition ging, bremste es automatisch ab. Sok Tal beobachtete besorgt das bockende Gerät. Zwei der vier Halterungen waren bereits angebrochen und jede Sekunde konnte es unkontrolliert in der Zentrale umherspringen. „Kappt die Energiezufuhr!“
„Längst geschehen.“ Zelo Kharta wiederholte den Vorgang noch zweimal, ohne dass es irgendwelche Auswirkungen hatte. Er verließ seinen Platz und lief zum Aggregat hinüber, um es über die manuelle Steuerung zu bedienen. Jaru Talez, der ebenfalls entscheidend an der Entwicklung beteiligt gewesen war und jedes einzelne Bestandteil kannte, traf gleichzeitig mit ihm ein. Die beiden Moraner stellten schnell fest, wie schwierig bis unmöglich die Bedienung eines Gerätes war, das sich so stark in Bewegung befand.
„Weg da, das ist zu gefährlich!“, rief Sok Tal.
Doch die beiden hörten nicht auf ihn. Sie waren überzeugt, das Problem beheben zu können oder wenigstens das Aggregat retten zu können.
„Wir müssen die Zentrale verlassen!“, rief Arn. „Ich fürchte, es wird explodieren.“
„Wir schaffen das!“, rief Kharta, ohne den Blick von der Maschine zu wenden.
Wortlos stand Mel Baxter von seinem Platz auf. Er war ein voll durchtrainierter, stattlicher Kerl und wenn sich seine zwei Meter Körpergröße bewegten, machte das immer den Eindruck eines abhebenden Raumers. Er stampfte quer durch die Zentrale, beugte sich im Gehen leicht vor und stemmte jede Schulter gegen einen Moraner. Dann richtete er sich wieder auf, hob die beiden vom Boden hoch und trug sie davon.
Kaum war Baxter zwei Schritte weit gekommen, explodierte etwas im Inneren des Aggregats und eine Stichflamme schoss nach außen. Wären die beiden Moraner noch an ihrem Platz gewesen, hätten sie mindestens Silberhaar und Augenbrauen eingebüßt.
Arn und Sok hatten sich inzwischen darauf konzentriert, den Diskusraumer weiter abzubremsen und endlich brachten sie ihn vollständig zum Stehen. Claude Morell griff sich einen der bereitstehenden Feuerlöscher und entleerte ihn auf das Aggregat, während Lieke van Buren die Lüftung aktivierte, bevor die Rauchentwicklung gefährlich wurde. Die dunklen Qualmwolken wurden senkrecht in die Höhe gesogen, doch der Geruch von verschmortem Innenleben blieb noch eine Weile erhalten.
Kurz darauf standen die sieben Testpiloten um das völlig zerstörte Aggregat B 71 herum. Sie mussten nun den Fehler finden und ein neues Modell bauen. Das war eine überschaubare Arbeit, aber viel schlimmer wirkte sich der Rückschlag auf die Moral ihrer Gruppe aus. Sie hatten große Hoffnungen in diesen Versuch gesetzt. Glücklicherweise war niemand ernsthaft verletzt worden, aber der Testflug war gründlich misslungen.
Mel Baxter räusperte sich. „Ich werde die Moran verständigen, damit sie uns wieder in den Hangar zurück schleppt.“ Er seufzte. „Und danach gehe ich in mein Büro und erwarte die ersten Anfragen.“
*
Der Ausbau der Station auf Okan war inzwischen so gut wie abgeschlossen, man lag damit sogar noch vor dem Zeitplan. Am Rande des ehemaligen Raumhafens war eine ganze Batterie neuer Gebäude entstanden. Ende Januar hatten sie dort mit der ersten Bauphase begonnen und ein provisorisches Verwaltungsgebäude errichtet. Seitdem war es Schlag auf Schlag gegangen. Die zweite Ausbauphase konnte bereits statt der veranschlagten vier nach dreieinhalb Monaten abgeschlossen werden und soeben war die Diaz erneut mit Material und weiterem Personal gelandet.
Ewald Ponder war immer wieder erstaunt, wie viel sie in den sieben Monaten seit ihrer Ankunft geschafft hatten. Entsprechend zufrieden erwartete er auch Roana Murrough, die Kommandantin der Diaz, und ihren Stellvertreter Duke B. Stafford in seinem Büro. Die Kanadierin mit gälischen Vorfahren begrüßte Ponder herzlich und machte anschließend Platz für Stafford, der sich wie immer auf ein kurzes Zunicken beschränkte. Der stellvertretende Kommandant der Diaz gab sich meist kühl und unnahbar, aber ausgewählten Personen gegenüber verhielt er sich angeblich zugänglicher. Ponder schätzte Stafford sehr und war beeindruckt von dessen Qualifikationen als Ingenieur, Pilot und Astronavigator. Bei jedem Besuch brachten die drei sich gegenseitig auf den neuesten Stand und berichteten auch über Dinge, die nicht auf den offiziellen Kanälen kommuniziert wurden.
Ponder begann: „Unsere Pioneers sind weitere Erkundungseinsätze geflogen und neben der Schaltzentrale, die wir Ende April gefunden haben, wurde noch eine weitere entdeckt.“
„Herzlichen Glückwunsch“, sagte Murrough amüsiert, was Ponder etwas irritierte.
„Wir mussten zwar anfangs diverse Schwierigkeiten überwinden, aber inzwischen konnten beide von unseren Tronik-Spezialisten teilweise in Betrieb genommen werden“, fuhr er fort.
Kommandantin Murrough nickte scheinbar beeindruckt, presste dabei aber die Lippen aufeinander.
Ponder seufzte. „In Ordnung, was ist los?“ Er sah zu Duke B. Stafford, doch der bewahrte immer noch sein gleichgültiges Pokerface.
„Wir haben auch interessante Neuigkeiten“, sagte Roana Murrough fröhlich. „Eigentlich wollte ich dir damit zuvorkommen, aber du hast mir so begeistert von der Entdeckung dieser zweiten Station berichtet, dass ich es einfach nicht übers Herz brachte, dich zu unterbrechen. Wir haben beim Anflug auf Okan während eines Hypercomkontaktes mit der HTO eine weitere Schaltzentrale auf dem Planeten anmessen können.“
„Soll das heißen ...?“
„Eine dritte Station, genau. In diesem Augenblick ist unsere Chefkommunikatorin gerade dabei, die empfangenen niederfrequenten Funkimpulse auszuwerten. Grit erledigt das von unserer Com-Zentrale aus gemeinsam mit Nathaniel Randall in der Comzentrale hier auf Okan.“
„Wenn sie nicht gerade wieder Tea-Time machen“, brummte Stafford.
„Falsche Uhrzeit“, beruhigte ihn Ponder. „Das sind wirklich gute Nachrichten. Nathaniel hat eine Bezeichnung für die Funkwellen gefunden, er nennt sie Stellare Impulse.“
Roana Murrough nickte. „Dann reden wir jetzt über drei Sender der Stellaren Impulse.“
„Konntet ihr die genaue Position dieser dritten Schaltzentrale ermitteln?“, erkundigte sich Ponder.
„Grit ist schon dabei. Ich rechne eigentlich jeden Augenblick mit einer Nachricht von ihr.“ Murrough hatte ihren Satz kaum beendet, als ihre Com das Geräusch einer eingehenden Nachricht von sich gab. „Na, wer sagt‘s denn. Wir wissen jetzt, wo sie sich befindet.“
„Ausgezeichnet“, sagte Ewald Ponder. „Ich setze gleich für morgen eine Exkursion dorthin auf den Tagesplan. Aber jetzt möchtet ihr euch sicher erst einmal von der Reise entspannen. Zum Dank für diese Entdeckung lade ich euch zum Essen ein.“ Mit diesen Worten erlangte er auch die Aufmerksamkeit von Duke B. Stafford.
*
„Willkommen im O. K. Corral“, rief Big Joe Rooster von der Theke aus durch den Raum, als die Promet-Besatzung den Westernsaloon betrat. Alle Köpfe drehten sich zum Eingang, die Klaviermusik verstummte. Für einen Moment herrschte Totenstille im ganzen Raum.
„Nur für den Effekt“, erklärte Big Joe und schaltete das Klavier wieder mit der Fernbedienung an.
Für einen Eröffnungstag war in der Kneipe mit Speiselokal, die sich in einer Seitenstraße des Raumhafens von Alpha City befand, noch nicht viel los. Etwa die Hälfte der Tische waren besetzt, ein paar Cowgirls servierten Drinks und Snacks. Die Innenausstattung sah authentisch aus, man bekam den Eindruck, eine Zeitreise gemacht zu haben. Die Bodenbretter und die Balken, die das Dach stützten, auch die Möbel, alles sah auch wie echtes Holz und roch auch so. Nur wenn man es berührte, bemerkte man den Unterschied.
Jörn Callaghan hakte seine Daumen in den Hosenbund und schritt breitbeinig zur Theke. Die anderen folgten ihm lächelnd. Szer Ekka versuchte sogar, den o-beinigen Gang zu imitieren.
Nebeneinander nahmen Peet Orell, Jörn, Vivien Raid, Tim Axelrod, Gus Yonker, Pino Tak und Szer entlang der Theke Platz. Sie waren mit der Japetus angekommen, auf dem Weg zu Basis I, um die abschließenden Tests der Promet II in der Kugelraumer-Werft zu begleiten.
Peet hielt Ausschau nach Enders Payntor, dem Besitzer des Ladens. Er entdeckte dabei Siedler von Alpha City und auch einige Offizielle aus der Basis II.
„Ist Mietstall wirklich eine geeignete Bezeichnung für ein solches Lokal?“, fragte Pino Tak und schaute sich zweifelnd um.
Big Joe riss die Augen auf, als er die ketzerischen Worte hörte. „Aber das ist doch nicht irgendein Mietstall, es ist der O. K. Corral.“