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Ein junger Mann wird hingerichtet. Der Henker des Verurteilten nimmt sich kurz darauf das Leben. Offenbar hat er selbst Schuld auf sich geladen. Sherlock Holmes allerdings vermutet etwas anderes. Doch was hat Oscar Wilde mit der ganzen Sache zu tun?
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Seitenzahl: 40
In dieser Reihe bisher erschienen:
S01B01 – Das kalte Herz der Dorothy Double D
S01B02 – Der böse böse Baltimore
S01B03 – Tief im Keller von Henker Hellfire
S01B04 – Tilly Toydolls giftige kleine Freundin
S02B01 – Wer hat Angst vor Cutty Coldclown
S02B02 – Schrei, wenn du kannst, Wendy Wildhorse
S02B03 – Lord Neverlove von Demon Castle
S02B04 – Hillary Hates Horror Hotel
S03B01 – Mrs. Hudsons kalter Untermieter
S03B02 – Die Magie von Jack the Ripper
S03B03 – Ein Monster namens Mo
S03B04 – Das leere Grab der Lora Livingdead
Nils Noirs Sherlock Holmes
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Copyright © 2024 Blitz Verlag, eine Marke der Silberscore Beteiligungs GmbH, Mühlsteig 10, A-6633 Biberwier
Redaktion: Danny Winter
Titelbild: Nils Noir
Vignette: iStock.com/neyro2008
Satz: Gero Reimer
Alle Rechte vorbehalten.
www.blitz-verlag.de
V1 10.10.2024
ISBN: 978-3-68984-192-8
Tief im Keller von Henker Hellfire
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Über den Autor
Nebelschwaden umgaben die Mauern des Old Bailey. Das Strafgericht verschwand beinahe völlig in dem milchigen Dunst, der an diesem frühen Morgen von der Themse herüberzog. Doch er hielt die Schaulustigen nicht davon ab, in Scharen herbeizuströmen und sich trotz diesigen Wetters vor der Südfassade des Gebäudes zu versammeln. Von überall aus der Stadt kamen sie her. An die 30.000 waren es jedes Mal, die ihm zujubelten, wenn er das Schafott betrat. Er war der große Star unter den Henkern. Die Frauen lagen ihm zu Füßen und die Kerle fürchteten ihn. Aber keiner von denen, die dort unten standen und zu ihm herauf blickten, hatte jemals sein Gesicht gesehen. Es lag bei jedem seiner öffentlichen Auftritte verborgen hinter einer roten Kapuze, die er nur dann abnahm, wenn er sich in seinen Privaträumen aufhielt. Im Keller des Tower of London, dem Gefängnis des britischen Staates und des Königs.
Er hatte die luxuriöse Personalwohnung damals vor fünf Jahren bei seinem Amtsantritt bezogen. Davor hatte er jahrelang zur Untermiete bei einer alten Dame namens Mrs. Wilberworth gewohnt, mit der er sich ein indisches Klo teilen musste, also eine Toilette, die sich jenseits des Ganges befand. Zu der Zeit arbeitete er noch als bezahlter Gast privater Gesellschaften. Er war ein sogenannter Quatorzième, der Vierzehnte, den abergläubische Herrschaften buchten, wenn sie nicht genügend Gäste geladen hatten und verhindern wollten, dass nur dreizehn an ihrer Tafel saßen. Eine durchaus angenehme Arbeit, nur leider reichte die Menge an Aufträgen nicht aus, um seine laufenden Kosten abzudecken. Die Miete stieg und auch das Essen wurde teurer. Somit blieb ihm nichts anderes übrig, als sich nach einem besser bezahlten Job umzusehen.
Somit landete er hier im Henkerkeller und wurde nach einer dreimonatigen Schulung zum Vollstrecker der Justiz. Mittlerweile war er nun schon zwei Jahre hier unten und lebte wirklich gern hier, denn die Zimmer, in denen er wohnte, waren geräumig und mit allem Komfort ausgestattet, den man sich wünschte. Aber er haderte mit sich und seiner Arbeit. Sie passte einfach nicht zu ihm, wurde er sich im Laufe seiner Amtszeit bewusst, und dachte darüber nach, seine Kutte an den Nagel zu hängen und mit dem Hinrichten aufzuhören. Er wollte keine Rolle mehr spielen und jemanden verkörpern, mit dem er sich nicht identifizierte. Henker Hellfire war eine Kunstfigur. Ein Mann, den die Leute liebten, aber nicht der Mann, der er wirklich war.
Eigentlich hieß er Howard Harrison. Er schrieb lyrische Gedichte, die von der Schönheit eines Sommertages erzählten, bunten Wiesen im Herbst und natürlich der Liebe. Am Abend, wenn er bei sich im Keller saß, dichtete Howard Verse, die einen davontragen konnten und ihn, den Verfasser, aus der Realität entschwinden ließen. Es waren Verse, die lieblich klangen und von einem London erzählten, in dem alle Menschen friedlich miteinander lebten. Doch sobald er auf die Straße trat, um zur Arbeit zu gehen, wurde ihm wieder bewusst, dass seine Gedichte nichts weiter waren als Utopie. In Wirklichkeit war die Stadt, in der er lebte, eine stinkende Kloake, in der die Ratten hausten und Menschen wohnten, die habgierig und rücksichtslos waren und nur an ihr eigenes Wohl dachten. Howard ertrug es nicht und glaubte zunehmend, den Verstand zu verlieren. Er fühlte sich gefangen in diesem Chaos und verspürte das Verlangen, auszubrechen. Aber einfach so auf und davon wollte er auch nicht, oder besser gesagt, traute er sich nicht. Seit er denken konnte, lebte er nun schon hier und hatte noch nie etwas anderes gesehen als London.