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Es wird die Zeit kommen, da das Verbrechen am Tier genauso geahndet wird, wie das Verbrechen am Menschen. Wahrlich ist der Mensch der König aller Tiere, denn seine Grausamkeit übertrifft die ihrige. Leonardo da Vinci Pelz tragen nur schöne Tiere oder hässliche Menschen. Katrin Voss fliegt wie schon seit ein paar Jahren erneut nach Tansania, um dort einige Wochen in der Serengeti mitzuarbeiten. Der Unterschied dieses Mal ist nur der, dass sie ihre 5-jährigen Zwillinge mitnehmen muss. Sie ist geschieden und ihr Ex-Mann, neu liiert, weigert sich plötzlich, die Kinder für diese Zeit zu sich zu holen. Jedoch verläuft alles reibungsloser, als sie es erwartete. Die Kinder finden dort schnell Freunde und die Sprachbarrieren spielen nur eine untergeordnete Rolle. Sie sind tagsüber anderweitig untergebracht und sie beabsichtigt nun, den langen Urlaub zu geniessen. Dieses Haus, welches sie bewohnen, ist Luxus pur. Endlich kann sie malrelaxen, abschalten. Schnell stellt sie fest, dass dieses Mal etwas anders ist. Man erwartet wirklich, dass sie tatkräftig in den Arbeitsalltag einbringt. Sonst konnte sie sich immer herausreden, nun nicht. Immer öfter kommt es zu Eskalationen. Auch mit einem neuen Mann, den sie dort gefunden hat, klappt es nicht so, wie sie sich dass erträumte.
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Seitenzahl: 409
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Angelika Friedemann
Tödliche Missgunst
Impressum
Copyright: © 2023. Alle Rechte am Werk liegen beim Autor: Angelika Friedemann, Herrengasse 20, Meinisberg/ch, [email protected].
ISBN: 9783749478286
Das Werk einschließlich aller Inhalte ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Reproduktion (auch auszugsweise) in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie oder anderes Verfahren) sowie die Einspeicherung, Verarbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung mithilfe elektronischer Systeme jeglicher Art, gesamt oder auszugsweise, ist ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung untersagt. Alle Übersetzungsrechte vorbehalten.
Bildnachweis: Quelle: piqs.de, Bildtitel: Baobabbaum in Tansania, Fotograf: Rudi Stangl
Es wird die Zeit kommen,
da das Verbrechen am Tier genauso geahndet wird,
wie das Verbrechen am Menschen.
Wahrlich ist der Mensch der König aller Tiere,
denn seine Grausamkeit übertrifft die ihrige.
Leonardo da Vinci
Pelz tragen nur schöne Tiere oder hässliche Menschen.
*****
Katrin Voss wusste gerade nicht, ob sie weinen oder lachen sollte. Zum zwanzigsten Mal suchten ihre Zwillinge etwas aus einer der gepackten Reisetaschen, warfen alles deswegen raus.
„Warum sagt ihr mir nicht vorher Bescheid, wenn ihr etwas möchtet? So geht das nicht. Morgen früh werden die Sachen weggeschafft und ich fange jetzt wieder von vorn an.“
Mia und Kai, die 5-jährigen Lütten blickten sie ganz ernst an. „Wir brauchten aber die Bauplatte für die Legos“, entrüstete sich ihr Sohn.
„Nein! Die zwei Tage geht es ohne die Platte. Ich habe euch gefragt, was verpackt werden kann, und nun ist es weg. Ende! Spielt etwas anderes, damit ich fertig werde.“
„Wir haben nichts mehr. Raus können wir nicht, da es dauernd regnet“, maulte ihr Sohn.
Sie seufzte verstohlen. Es herrschte seit drei Tagen das typische Hamburger Schmuddelwetter: Kalt, windig, nass und ständig kamen neue Schauer. Ein normales Wetter in Norddeutschland für Januar.
„Doch in euren Zimmern ist noch genug Spielzeug, da wir nur einen kleinen Teil mitnehmen.“
Plötzlich hatte sie eine Idee. „Wollt ihr den König der Löwen sehen?“
Sofort strahlten beide. „Die Serengeti lieber.“
Sie folgten ihr ins Wohnzimmer, wo sie die CD reinlegte. Danach gab es noch Kakao für beide, dazu ein paar Plätzchen, Reste aus der Weihnachtszeit. Nun hatte sie über eine Stunde Ruhe.
Heute irrte sie, da Kai bereits zehn Minuten später rief: „Mama, ist da auch so ein blödes Wetter wie hier?“
„Nein, da es dort wärmer ist. Da ist es so warm, wie selten bei uns im Sommer. Deswegen die ganzen neuen Sommersachen. Nur nachts ist es kühler. Eventuell regnet es noch ab und zu kurz, wenn wir ankommen.“
„Cool! Können wir ins Wasser gehen.“
Sie seufzte verstohlen. „Wie hier - nie allein! Verstanden?“
Nur komische Laute folgten.
„Wann ist denn da Winter?“
„Mia, so einen Winter wie bei uns kennen sie nicht.“
„Das weiß ich, da nur auf dem Kilindaro Schnee ist.“
„Heißt Kili...mand...scharo“, wusste ihr Bruder. „Sags mal.“
„Kiliman..., blöder Name. Mama, wann ist da so ein bisschen Winter?“
„In der kälteren Jahreszeit zwischen Mai und August liegen die Temperaturen ungefähr zwischen 14 Grad nachts und 27 Grad tagsüber. Jetzt ist es warm, aber ab und zu gibt es Regen. Tagsüber ist es wärmer als meistens bei uns im Sommer, dafür ist es nachts kalt.“
„Deswegen kommen jetzt bald die vielen Babys“, wusste Kai.
„Ja, da gibt es genug zu fressen für die Mütter. Das Gras steht höher, damit sie die Tierkinder verstecken können. April oder Mai folgt die nächste kleine Regenzeit. Manchmal regnet es auch gar nicht. Das ist dann ganz schlecht für alles, die Menschen, die Tiere, die ganze Natur. So und nun ist Ruhe. Ich denke, ihr wolltet den Film gucken.“
Insgeheim verfluchte sie ihren Ex-Mann, der es nicht für nötig hielt, vier Monate seine Kinder zu nehmen, wie es vereinbart wurde. Seit Tilo seine Carmen kannte, waren ihm die Kinder völlig egal. Das zeigte sich bereits in den letzten Wochen, als sie noch zusammenlebten. Seine 16 Jahre jüngere Freundin mochte sich generell nicht mit so schreienden Gören und Bälgern abgeben, sagte sie ihr sogar am Telefon. Deswegen holte Tilo die Zwillinge nicht mehr am Wochenende zu sich.
„Mama, was heißt Serengeti auf Deutsch?“, kam schon die nächste Frage.
„Das Wort wurde aus der Maasai-Sprache abgeleitet. Esirinket und bedeutet ungefähr endloses Land.“
„Cool! Können wir wieder ein Wort mehr.“
Katrin schüttelte lächelnd den Kopf, während sie Malzeug bergeweise einpackte. Ihre Zwillinge malten für ihr Leben gern und erzählten ihr schon zig Mal, dass sie alle Tiere malen wollten. Seit sie wussten, dieses Mal durften sie mit nach Afrika reisen, waren sie völlig aus dem Häuschen. Alles drehte sich nur noch um Afrika, die Tiere, die Serengeti.
Fünf Minuten später fragte Mia ihren Bruder: „Kai, machen wir ein Spiel? Ich sage ein Tier, du wie es auf so Swahili oder so heißt, dann bis du dran.“
„Machen wir, aber erst singen wir noch mit.“
Sie seufzte, packte, räumte danach das Zimmer auf.
In der Küche ging es weiter. Da sah es wie in einem Lager aus. Sie sortierte gleich manches in einen Karton, den sie anschließend beschriftete, damit sie später nicht suchen musste. Zwischendurch beantwortete sie die Fragen, wie welche Tiere in Maa und Swahili hießen.
Im Flur stapelten sich bereits Kartons, Koffer und Reisetaschen, die alle beschriftet waren. Sie hoffte, dass alles komplett im Arusha-Airport stand, wenn sie ankamen.
Bis zum späten Abend war alles verpackt, die Wohnung ordentlich und gesäubert.
*****
Morgens fuhr sie mit den Zwillingen zu ihren Eltern. Ihre Mutter wollte sie nehmen, damit sie mehr Ruhe hatte. Sie musste noch einige Einkäufe tätigen und da brauchte sie keinen zusätzlichen Stress mit den Kindern.
Zuerst jedoch war der Flughafen an der Reihe. Der Wagen war voll beladen; die Papiere bereits alle ausgefüllt. Das machte sie nicht zum ersten Mal, daher wusste sie, was man alles benötigte. Trotzdem dauerte es über eine Stunde, bis sie abgefertigt war. Ihre Sachen galten als Frachtgut, daher war das alles etwas umständlicher.
Nun Drogerie, Supermarkt. Sie atmete auf, als sie die letzte Anlaufstelle, die Apotheke, verließ. Dort tätigte sie wie jedes Mal einen Groß-Einkauf. Da sie das jedoch stets früh genug bestellte, lag alles verpackt für sie parat. Das waren immer Mitbringsel für die dortige Station, da solche Sachen permanent Mangelware waren. Für alle, die dort ständig lebten und arbeiteten, nahm sie Lebensmittel, Leckereien, aber auch persönliche Kleinigkeiten mit. Die kaufte sie im Laufe der elf Monate, die sie dazwischen in Hamburg lebte.
Geschafft! Sie betrat das Café schräg gegenüber, bestellte einen Cappuccino und genoss die Auszeit. Die Letzte für die nächsten vier Monate. Dieses Mal würde es noch länger und stressiger werden, da sie sonst stets ohne die zwei Rangen dort arbeitete. Es war das erste Mal, dass sie solange helfen wollte. Sonst waren es höchstens vier Wochen gewesen.
Vermutlich das letzte Mal, blickte sie hinaus. Gerade hörte es auf zu regnen.
Ihre Lütten kamen im Herbst in die Schule und dann war sie als Mutter gefragt. Nicht mal für einen Monat konnte sie da nach Afrika verschwinden.
Nein, daran wollte sie nicht denken. Ein letztes Mal wollte sie die Zeit dort genießen, trotz all des Stresses. Das Wissen tat weh und kam im Mai noch früh genug. Sie fühlte die Tränen aufsteigen. Rasch trank sie, dachte an morgen, an die vielen Freunde dort. Ach, das Leben würde trotz allen Stress herrlich werden.
Besonders für ihre Kinder würde das alles neu sein und sie würden rasch den Vater vergessen.
„Kwa heri, Oma, Opa“ winkten die Kinder nochmals, stiegen ein und schnallten sich an. Nun wurde gewunken, bis sie um die Kurve fuhren.
Als Mia und Kai endlich schliefen, packte sie die letzten Kleinigkeiten ein, stellte die Reisetasche neben den Koffer mit den Medikamenten in den Flur, legte die beiden Kinderrucksäcke dazu und ihre Handtasche, in der nur noch ihr Ladekabel für das Handy kam. Die Lebensmittel verstaute sie morgen früh in die zweite Tasche. Schokolade, Wurst, Käse und so weiter lagerten noch im Kühlschrank. Cornflakes, Kaffee, Kaba, Nudeln, fertige Tomatensoßen, Nutella, Puddingpulver und so weiter waren längst verstaut und hoffentlich jetzt in Arusha. Ihr Bruder Lasse würde sie morgen früh zum Flugplatz fahren.
Nun noch ein langes Bad mit einem Glas Wein, Kerzenschein und leiser Musik. Relaxen, abschalten - auch das für die nächsten Monate zum letzten Mal.
*****
Sie landeten auf dem Flughafen von Arusha. Heiße afrikanische, trockene Luft schlug ihnen entgegen. Die Kontrolle war rasch erledigt, nun hieß es, ihre anderen Sachen abholen. Die Kinder organisierten einen Wagen und sie gingen zu dem Schalter. Das Gebäude ein Flachbau, war nicht sehr groß, anders als Hamburg-Fuhlsbüttel. Lange Wege gab es hier nicht.
„Jamhuri ya Muungano wa Tansania. Uhuru na Umoja“, murmelte sie vor sich hin.
„Mama, was heißt das?“
„Sie heißen uns willkommen.“
Viele Touristen waren anwesend, gewahrte sie, da sie warten mussten. Sie war aber bestens gelaunt, da sie bereits ihre Sachen entdeckte und zählte. Alles da.
Sie musste lächeln, als sie vier Touristen sah, die dicke Winterkleidung trugen. Das bei 27 Grad. Schwarze Männer in schicken Anzügen eilten zu den Gates, alle mit Aktentaschen bestückt. Eine Gruppe Männer, vermutlich Amerikaner, der Sprache und der Lautstärke nach zu urteilen, liefen ein wenig ziellos herum. Alle in Safari-Kluft die man aus Hatari kannte.
Sie war an der Reihe. Freundlich grüßte sie, was er erwiderte. Seine Weiße Zähne blitzten bei seinem breiten Lächeln.
Kai meldete sich: „Jambo!“
Der Beamte beugte sich ein wenig vor, schmunzelte. „Jambo, Memsaab! Jambo, Bwana mdogo!“
Sie wurde rasch abgefertigt. Der Mann stellte sogar alles auf den Wagen, holte einen zweiten, da das sicherer wäre. Er wünschte der Daktari und ihren Watoto einen schönen Aufenthalt in der Serengeti. Sie dankte ihm, sagte „Sere!“
Kai rief „sere“, winkte und sie gingen.
„Mama, was heißt sere?“
„Tschüss auf Maa.“
Kai überlegte, während er den leichteren Wagen schob. „Wieso sagst du dann sere? Der war vielleicht kein Maasai?“
„Doch war er. Auf dem Namensschild stand sein Name. Außerdem sagte er zu dem Herrn vor uns sere. Gucken wir mal, wo wir abgeholt werden.“
„Mama, was heißt guten Tag auf Maa?“
„Supa.“
„Der Mann sagte aber jambo.“
„Jambo kennen viele Touristen, deswegen ist das der allgemeine Gruß, den sie verstehen.“
Der Flughafen Arusha ist ein kleiner Verkehrsflughafen im Nordosten Tansanias. Arusha nennt man die Safari-Hauptstadt von Tansania. Hierher kommen jährlich über eine halbe Million Touristen. Es herrscht daher ein Gewusel von Menschen, selbst draußen.
Sie schaute sich um, aber nichts. Pünktlichkeit war hier generell ein Fremdwort, wie sie wusste. Ständig kam etwas dazwischen, musste man umplanen. Die Uhren tickten in Afrika eben anders und es dauerte jedes Mal einige Tage, bis sie sich daran gewöhnte. Deutsche Pünktlichkeit und Gründlichkeit waren hier weniger gefragt, wirkten eher oftmals störend und arrogant. Die Schwarzen kannten eben weder eine Uhr, noch konnten sie die Zeit lesen oder wussten, was Pünktlichkeit bedeutet.
„Jambo, Memsaab. Wartest du auf mich?“, hörte sie seine warme Stimme am Ohr. Ruckartig drehte sie sich um und lag an seiner Brust. „Ian, ich freue mich so, dich zu sehen.“
„Will ich hoffen“, lachte er, bevor es Küsschen rechts und links auf die Wange gab. Sie kannten sich seit Jahren und waren befreundet. Ian Hall und seine Familie hatten sie sogar schon in Hamburg besucht. Miriam, seine Frau würde sich um ihre Kinder kümmern, wenn sie arbeitete.
„Wir sind auch da. Is Byron nicht mitgekommen?“, meldete sich Kai.
„No, da er in der Schule ist. Jambo, Memsaab Mia, Bwana Kai. Ihr seid schon wieder gewachsen.“
„Jambo, Ian“, beide im Chor. „Sind bald ganz groß.“
„Wollen wir losfliegen?“
Alles lud er fix in die Cessna der TANAPA, der Tanzania National Parks Authority. Diese Kleinflugzeuge werden genutzt, um Ausschau nach den Tieren und nach Anzeichen illegaler Aktivitäten zu halten. Sah ein Pilot tote Tiere oder auffällige Fahrzeuge, meldete er das an die Ranger am Boden, die dann in das Gebiet fahren und nachsehen.
Dann ging es los.
„Die Serengeti liegt 330 Kilometer von Arusha entfernt. Wenn ihr rechts rausguckt, also wo Mama sitzt, da seht ihr Kenia. Dort liegt die Maasai Mara. Der hohe Berg ist der Mount Kilimanjaro, wie er hier heißt. Unter uns ist der Arusha-Nationalpark. Seht da unten rennen die Tiere weg, weil sie denken, wir wollten ihnen was Böses.“
Sie schauten runter und waren natürlich von allem begeistert. Alles war neu, anders, aufregend.
„Gleich kommen rechts das berühmte Ngorongoro Reserve und auf meiner Seite die Serengeti.“
Katrin sah auf das grüne Land unter ihr, hörte nicht mehr zu. Ein schöner Anblick. Das bedeutete Fressen und Wasser für die Tiere, genug Nahrung für die bald auf die Welt kommenden Tausende Babys. Nahrung für die Menschen und damit ein klein wenig Wohlstand. Es war herrlich, hier zu sein. Ja, es war, wie ein nach Hause kommen.
Miriam und die zwei Kinder, der 10-jährige Byron und die 9-jährige Zoe erwarteten sie bereits. Nach einer sehr innigen Begrüßung nahm Miriam die Zwillinge mit, während Katrin beim Umladen ihrer Sachen half. Tarajar, einer der Ranger der Station, war mit dem Jeep gekommen und zu dritt wurde alles darauf verstaut. Bei einigen Kartons und dem Koffer mit den Medikamenten sagte sie gleich, wo das alles hinkam. Tarajar plapperte die ganze Zeit, erzählte ihr, was sich im letzten Jahr alles änderte, was Besonderes geschah. Sie kannten sich eben seit Jahren. Seinen Schwall schnell gesprochenes Swahili verstand sie nur zu achtzig Prozent, aber es hörte sich schön an, so vertraut. Man vergaß sie nicht, zeigte ihr das auch. Sie gehörte nach sieben Jahren, mit einem Jahr Pause, zu ihnen. Dass es dieses Jahr das letzte Mal sein würde, wusste noch keiner. Alle würden traurig sein, sie vermissen. Rasch schob sie den Gedanken weg.
Dann fuhren sie los, während Ian die Maschine verstaute. Das musste fortwährend sehr sorgfältig erfolgen, weil sie oftmals kurzfristig starten mussten. Da war keine Zeit mehr, für Tanken oder eine Kontrolle.
Katrin staunte über das Haus, welches sie dieses Mal bewohnte. Es war neu gebaut worden, hatte vier Schlafzimmer, Wohnzimmer und Küche, ein Bad und eine Dusche. Am schönsten fand sie aber die überdachte Holzterrasse. Da konnte man abends relaxen, draußen essen. So luxuriös wohnte sie sonst nie, sondern nur in dem Anbau der Tierpflegestation. Da gab es vier Zimmer und eine Dusche. Vier Mitarbeiter wohnten dort. Sie waren alle Freiwillige, wie sie. Man nahm das beengte Wohnen und Leben hin, erwartete nie etwas anderes. Daher war ihre Freude riesig. Das zeigte ihr, wie sehr sie alle mochten, verwöhnen wollte. Man benötigte sie und dafür gab es sogar ein neues Haus für sie.
„Gefällt es dir, Daktari?“, lächelte Tarajar breit.
„Es ist ein Traum. Purer Luxus.“
Sie luden alles aus, bis auf einige Kartons und den Koffer, die Tarajar gleich verteilen würde. Sie gab ihm das Geschenk, welches sie hübsch verpackt hatte, bedankte sich.
Neugierig schaute sie sich um. Das war einfach perfekt eingerichtet, stellte sie fest. Sogar ein Fernseher war vorhanden. Das war wirklich für Afrika der pure Luxus.
Genug geträumt! Rasch räumte sie die einzelnen Gepäckstücke in die Zimmer. Andere ließ sie draußen stehen und ein Teil kam in die Küche.
Die Kinder kamen angerannt, sahen sich das Haus an und waren enttäuscht. Sie wollten doch lieber in einer Hütte wohnen. Das sah ja fast wie zu Hause aus.
Sie kochte rasch Spaghetti Bolognese und ihre Laune besserte sich. Danach hieß es auspacken, wobei die Kinder ihres allein machen wollten.
Öllampen standen überall im Haus, was besonders ihre Kinder toll fanden, da die lustig aussahen. Sie verstaute die Kerzenpakete, die sie mitgebracht hatte.
Die Kinder rannten hinaus und sie stellte die Geschenke alle an die Seite. So wie jedes Mal, würden heute Abend schon alle kommen, um sie zu begrüßen, zu snáken und ein wenig zu feiern.
Die Tür flog auf und Doktor Donald Nelson, der Leiter dieser Tierstation, stürmte herein. Er nahm sie hoch, schwenkte sie im Kreis. „Jambo! Schön, dass du da bist.“
„Jambo!“, umarmte sie ihn. „Ich freue mich, hier zu sein. Wo ist Claire?“
„In Shinyanga, einkaufen. Sie kommt morgen zurück. Du kennst sie, sie muss dauernd unsere Rangen besuchen. An den Wochenenden sind sie bei Freunden, ergo in der Woche.“
„Hast du Zeit für einen Kaffee?“
„Heute habe ich für dich Zeit. Deine Sprösslinge haben sich schon überall vorgestellt. Sie fragen jeden, ob sie Bye, sere oder kwa heri sagen sollen. Kai hat schon alle Frauen in der Tasche, auch wenn es mit der Verständigung hapert.“
„Ich erfuhr erst vor neun Wochen, dass ihr Vater sie nicht nehmen will, wie es lange vereinbart war. Seine Freundin mag keine Kinder und will nicht Ersatzmama bei solchen Bälgern spielen, sagte sie mir am Telefon. Tilo besaß nicht mal so viel Anstand, es mir selber zu sagen.“
„Hat doch alles geklappt. In dem Haus werden ansonsten bis zu 8 Praktikanten untergebracht. Für euch organisierten wir extra noch ein paar Kleinigkeiten. Wurde uns alles gestiftet, nicht einmal beim Bauen mussten wir helfen. Kurz vorher retteten wir vier Nashörnern das Leben, nahmen sieben Wilderer fest. Da hatte unser Präsident beste Laune, gab all meinen Anfragen ein o.k. Die Geräte siehst du noch. Bis auf ein paar Kleinigkeiten sind wir wirklich inzwischen gut eingerichtet, mit den Unterkünften mangelt es noch etwas. Nur man soll nicht gleich zu viel wollen. Die Station des neuen Daktari wurde dito vergrößert, teilweise erneut und der OP-Bereich vergrößert. Er machte im Sommer reichlich Druck deswegen. Phil ist ein feiner Kerl. Mit ihm verstehen sich hier alle gut. Hat er Zeit, packt er bei uns mit an. Sie kommen jetzt von überall zu ihm. Deswegen hält der Bus von Musoma nach Arusha sogar hier. Nassir und Eskankiki wollen heiraten. Alle dachten, dass sie nach dem Tod ihres Mannes nie wieder heiraten wird. Sechs Babys haben sie mehr und zwei Sterbefälle gab es. Sonst ist fast alles beim Alten. “
„Habt ihr viele Tiere?“
„Wie immer. Nächste Woche wildern wir Geparden aus. Alles morgen. Heute kommst du erst einmal an.“
„Morgen Mittag muss ich für ein-zwei Stunden ins Dorf, da ich Pflanzen und Samen für sie dabei habe.“
„Da werden sie sich freuen.“
„Du musst zwei der Helfer zum Buddeln, eh Graben schicken. Bananen und Felsenbirnen je drei Stück und ein Nussbaum. Gibt in ein paar Jahren viel Schatten.“
„Machen sie morgen früh. Ich muss überlegen, wohin.“
„Iss doch nachher mit uns. Es gibt leckeres Brot mit allem möglichen.“
„Ich dachte, du fragst nie“, lachte er. „Ich armer Strohwitwer komme gern. Hast du zufällig Wein dazu?“
„Zuuufällig!“
Die Kinder kamen angerannt, da sie Durst hatten.
„Supa, Donald. Claire ist nicht da, sagte Miriam.“
„Supa, Entito, Enkaiyoni.“
„Was heißt das?“
„Mädchen und Junge. Wo wir bei euch waren, sagtet ihr moin.“
„Hier muss man anders reden. Weißt du doch. Wir lernen aber noch.“
Donald verabschiedete sich bis später.
„Sere!“, rief Kai und Mia folgte ihm.
Sie schüttelte den Kopf, räumte alles in die Küche ein. Dann rasch ihr Schlafzimmer, das Bad. Nun noch fix die Betten beziehen.
Die Kinder erschienen und sie schickte sie, Hände waschen und die restliche Tasche ausräumen.
Nun bereitete sie alles für den Abend vor. Da gab es stets eine kleine Willkommensfeier. Sie verteilte kleine Mitbringsel, man trank dazu ein Glas Wein und aß Häppchen, deren Zutaten sie alle mitbrachte. Heute fand das kleine Zusammensein auf der Terrasse statt, beschloss sie.
Zuvor gab es allerdings Abendessen. Sie war gerade fertig, als Donald erschien. Während des Essens redeten meistens die Kinder. Sie erlebten heute so viel und das musste nun alles raus. Vermutlich war das heute der aufregendste Tag in ihrem bisherigen Leben.
*****
Am frühen Morgen, noch war es nicht richtig hell, gab sie die Kinder bei Miriam ab. Mit Donald und Jeremy machten sie einen Rundgang durch die Station. Man zeigte ihr nicht nur die Tiere, die sie hier betreuten, sondern auch die wenigen neuen Bauten. Zu der Krankenstation gehörten drei Neubauten, wie er ihr erzählte. Von hier aus sah man sie nicht. Die interessierten sie jedoch weniger.
Anschließend fand die Besprechung statt. Da lernte sie einige neue Ranger und Helfer kennen, unter anderem drei Praktikanten; zwei aus den Niederlanden und einer aus München.
Sie ging danach mit Doktor Jeremy Nkosi Tiere untersuchen. Er war der Mann der Oberschwester im Hospitali, Alika. Er bedankte sich noch einmal für all die Dinge, die sie mitgebracht hatte. Vail, einer der festangestellten Helferinnen auf der Station wäre bereits beim Wegräumen.
„Wir haben vergangenes Jahr etwas Interessantes herausgefunden. Als wir den Bach tiefer gruben, damit sie im Dorf mehr Wasser bekommen, guckten wir, wann es am ungefährlichsten war.
Sind circa Zeiten. 8.00 Uhr kommen die Impalas saufen. 11.00 Uhr die Zebras. 13.00 Uhr zur wärmsten Zeit die Warzenschweine. Die suhlen sich dann gleich ausgiebig. 15.00 Uhr die Elefanten. Sogar einzelne Bullen erscheinen dann. Die Büffel traben erst in der Dämmerung an. Die Hyänen konnten wir nur nachts ausmachen. Bei den Gattungen kannst du fast die Uhr danach stellen.“
„Wow! Das ist ja interessant. Habe ich noch nie gehört oder gelesen.“ Wen interessierte so ein Mist. Logisch mussten die Viecher saufen. Die Schwarzen konnten einfach nicht denken, waren nur dusselig. Sie deutete auf das Gehege. „Was haben die Geparde?“, lenkte sie ab.
„Schwangerschaftsdiabetis. Nächste Woche kommen sie raus. Es sind Schwestern, aber zwei Jahre unterschied. Es war Zufall, dass wir darauf stießen. Die Ranger fanden beide in Drahtschlingen. Sie waren noch nicht schwer verletzt, da noch nicht lange darein geraten, wie wir vermuten. Ich fuhr hin, betäubte sie und brachte sie her. Bei der genauen Untersuchung, stellte es Donald fest. Wir waren perplex.“
Er öffnete das Tor und schoss zwei Pfeile ab. Die fauchten, rannten herum, bevor sie schlafen gingen. Erst jetzt ließ er Katrin herein.
„Du siehst, nichts ist von den Schlingen zurückgeblieben. Alles gut verheilt. Nehmen wir noch mal Blut mit. Die letzte Untersuchung und noch eine Spritze bekommen sie dann unmittelbar, bevor wir sere sagen.“
„Ist das mit den Schlingen immer noch so schlimm?“, streichelte sie dabei das Tier. Wie seidig sich das schöne Fell anfühlte und wie schön gemustert es war. Wunderschön!
„Stark rückläufig. Seit kontinuierlich mehr Männer einen bezahlten Job bekommen, manche in den Wildschutz mit eingebunden wurden, achten sie selber darauf, dass Leute aus ihren Dörfern damit aufhören. Trotz allem, ist es allemal ein gutes Einkommen und die Nachfrage der Weißen ist groß und sie zahlen gut.“
„Sicher Hörner, Felle als Souvenirs und Frischfleisch sind gefragt.“
„Was willst du machen, wenn du keine Arbeit erhältst? Man muss sie verstehen. Da kommt ein Bwana, bieten dir viele Pesa für ein Gepardenfell. Seine Sippe kann davon zwei, drei Jahre leben. Da sagst du -
e-eh. Eventuell kannst du sogar deine Inkera auf eine höhere Schule mit dem Geld schicken. Es fehlen andauernde Alternativen in vielen Dörfern, den Städten. Gibt es die, dann hört ein Großteil der Wilderei auf. Schau dir einen kleinen Teil unsere Ranger an. Früher waren sie zum Teil Wilddiebe; heute stehen sie auf der anderen Seite, weil sie damit ehrliches Geld verdienen. E-eh, es ist noch ein langer Weg.“
Sie waren mit der Untersuchung fertig und er schickte sie raus, während er beiden eine Spritze gab. Er verließ das Gehege, schloss das Gatter und beobachtete, wie sie aufwachten.
„Wo sind ihre Kinder?“
„Weit weg. Wir ziehen sie per Hand auf, achten aber darauf, dass es keine Bindung gibt. Donald und die Praktikanten machen das überwiegend. Kommst du noch hin.“
Nachmittags ging sie bepackt in das Maasai-Dorf hinüber.
Ein Team arbeitete intensiv mit den Gemeinden zusammen, die in der Nähe der Schutzgebiete leben. Dadurch war das Leben der Maasai stückweise völlig verändert worden. Jedoch stellte sie vor Jahren fest, dass ein Teil ihrer ursprünglichen Kultur geblieben war. Darüber ärgerte sie sich maßlos, da sie es falsch fand, wenn man die Wilden nicht radikal veränderte. Die Vergangenheit zeigte immer wieder, das ging nie langfristig gut. Die mussten lernen, hart und viel zu arbeiten. All ihr Zauber, ihre Tänze, diese ständige Sauferei, abends das Herumlungern, rumvögeln musste man rigoros verbieten. Sie mussten sich gefälligst ordentlich kleiden, diesen billigen Tand, den die immer trugen, musste weggeworfen werden. Die beschnittenen Weiber fasste eh keiner an und alle anderen musste man sterilisieren, damit nicht noch mehr Kinder geboren wurden. Es gab schon genug von solchen Schwarzen.
Sie verteilte ein paar Geschenke, alte gebrauchte Sachen von ihr, den Kindern, bevor sie die Pflanzen herausholte. Eskankiki und ihre Mutter, eine Art Heilerin, betreuten hauptsächlich den Anbau, obwohl alle Frauen bei der Gartenarbeit helfen mussten. Es gab da viel zu tun, aber dafür gab es regelmäßig Nahrung. Hunger und Durst kannte man hier nicht mehr.
Nun erklärte sie die einzelnen Pflanzen. Sofort war eine Gruppe Kinder um sie, die zuhörten. Sie wollten beim Pflanzen helfen. Mit kleinen Schaufeln gruben sie Löcher in den Boden. Bei den großen Löchern halfen zwei Männer die tief genug einzubuddeln. Eskankiki setzte die Bananenstaude und das Granatäpfelbäumchen ein. Sie kamen seitlich zwischen ihrer Hütte und ihrer kleinen Gärtnerei hin. Da waren sie nicht der starken Mittagssonne ausgesetzt und spendeten später einmal dem dortigen großen Sitzplatz Schatten. Nun kamen die Aloe Vera, die Salbeipflanze und die Lavendel-Staude in die Erde. Die Inkera, wie sie die Kinder nannten, durften die Löcher zu buddeln. Danach wurde gegossen. Die Regentonnen waren alle gut gefüllt, sah sie, als sie die kontrollierte. Alle Pflanzen waren jedoch sehr genügsam, benötigten nur wenig Wasser. Zum Schluss die Tomaten und den Paprika. Da erklärte sie der Frau, dass sie weitere Pflanzen aus der später heranwachsende Schoten ziehen könnte. Da sie die gleich in Töpfen neben einigen anderen Pflanzen verpackt hatte, mussten sie nur noch hingestellt werden. Sie gab Eskankiki die drei alten Bücher in englischer Sprache, da sie alles über Salbei, Aloe Vera und Lavendel nachlesen wollte. Sie und einige Frauen beabsichtigten Sachen selber herzustellen und dann auf dem Markt zu verkaufen. Eine zusätzliche Einnahmequelle hofften sie. Eskankiki gab ihr die Bücher zurück, sagte ihr kurz angebunden, die Töpfe könne sie wieder mitnehmen. Sie habe jetzt keine Zeit mehr, für ihre unnützen Belehrungen und ging beiseite.
Als alle Pflanzen versorgt waren, zeigte Marie ihr, was aus anderen Pflanzen und Bäumchen geworden war, die sie in der Zwischenzeit gepflanzt hatten. Zitronen- und Orangenbäume spendeten heute Schatten und darunter angebaute Bohnen.
Drei Maracuja-Bäumchen sahen eher mickrig aus, wie sie feststellte. Dieses Jahr hoffte sie, auf viele Früchte. Sie verkauften nicht nur die Früchte von allem, sondern stellten auch Saft her. Das Fruchtfleisch verarbeiteten sie, wenn sie Seife kochten. Diese Seife war wohl auf dem Markt, den sie am Straßenrand abhielten, ein Renner. Selbst nach Arusha hatten sie schon welche verkauft, erklärte Marie.
Katrin lachte schallend. „Die Dinger könnt ihr wegwerfen, da die nie was werden.“ Sie ging hin, wollte die rausreißen, da hielt Eskankiki sie fest.
„Wage es und du landest im Gefängnis. Drehst du durch?“
„Du vergeudest mein Wasser für so einen Dreck, der nie was wird“, ging sie weiter. Abrupt blieb sie stehen, riss an den hohen Pflanzen – Paprika, Tomaten, Gurken in voller Blüte.
Eskankiki rief um Hilfe und sofort waren zwei Männer zur Stelle, hielten die immer noch wütende Katrin fest. Tomaten und Paprika-Pflanzen mit den ersten kleinen Früchten lagen auf dem sandigen Weg.
„Das muss raus, da alles Dreck. Davon werdet ihr krank“, tobte sie, versuchte sich zu befreien. Vergebens!
„Schafft sie raus. Katrin, du hast Verbot, das hier nochmals zu betreten. Deine giftigen Tollkirschen und Ginster kannst du wieder mitnehmen. Willst du uns umbringen? Gehe jetzt, aber schnell, sonst zeige ich dich wegen versuchter Tötung an.“
Sie blickte die Frau ungläubig an. Eine Schwarze wagte, so mit ihr zu reden? Nun sah sie den Dorfältesten schneller näherkommen. Sie machte sich frei und eilte zum Auto, wo die Sträucher drinnen lagen. Schnell fuhr sie weg, warf die Sträucher raus. Dafür hatte sie sich so viel Arbeit gemacht, die im Wald ausgebuddelt. Die waren so undankbar. Woher bekamen die Wilden die ganzen Obst- und Gemüsepflanzen? Die konnten damit doch gar nichts anfangen, da die keine normale Nahrung kannten. Woher kannte die blöde Schwarze überhaupt Ginster und Tollkirschen?
Nachdem die Kinder schliefen, saß sie auf der Terrasse, trank eine Flasche Wein. Das lief alles besser, als erwartet, freute sie.
Aus den Augenwinkeln nahm sie eine Bewegung wahr und schrie gellend. Sofort kamen zig Leute angerannt, fragten, was geschehen sei.
„Da war ein Vieh, das mich anstarrte.“
„Gelb-grün?“, erkundigte sich Miriam grinsend.
„Ja, ich glaube. Ich zittere am ganzen Körper.“
„Reg dich ab, da es nur ein kleiner Gecko war. Du reagierst auf so einen lieben Winzling einfach panisch. Das nächste Mal, bevor du alle Leute erschreckst, guckst du nach. So zu reagieren Irre und das noch von einer Tierärztin“, Ian kopfschüttelnd. „Trink vielleicht weniger.“
Alle spazierten zurück und sie ging schnell hinein.
*****
Mit Donald und den Praktikanten besuchten sie jedes Tier. Sie wurden nur meistens kurz begutachtet und die Praktikanten mussten sie teilweise füttern, mit Wasser versorgen und die Gatter zuweilen säubern.
„Was war mit den Löwen?“
„Die zwei Männchen tot und ohne Mähne. Seine Weiber teilweise weg. Wir fanden sie nie. Aber die Jungtiere lagen verletzt in der Nähe der Toten. Du siehst die Verletzungen. Speere!
Löwe, Leopard, Gepard, Serval. Der Handel mit Raubkatzen jeglicher Art blüht. Manche, sooo prominent, finden es toll, sich eine zu halten. Trophäenjäger lieben ihr Fell, ihre Mähne. Ketten aus ihren Zähnen. Andere wiederum nehmen sie mit, lassen sie ausstopfen. Hässliche, blöde Weiber kaufen eine Jacke aus Leopardenfell, um anzugeben, wer zu sein. Sieht man so eine Person, muss man nur kotzen.“ Er setzte sich auf den Zaun auf der anderen Seite des schmalen Weges, zündete eine Zigarette an.
„Weißt du, als ich 30 war, nach Afrika ging, nur für einige Jahre, war ich noch so naiv, dachte, ich könnte hier helfen, gegen die Wilderei vorgehen. Es hat sich nie viel geändert. Es waren damals schon die arroganten weißen Bwanas, die alles abknallten, was sie wollten. Oftmals nur aus Spaß am Töten. Dann folgte der teilweise organisierte Handel mit Elfenbein und Hörnern von Nashörnern. Nun kamen nur noch die ganz oben Angesiedelten: Könige, Königssöhne, Multimillionäre, die Jagd auf alles machte, was sich bewegte. Machte was her, wenn man nicht nur daheim auf die Jagd ging, sondern auch hier. Da konnte man mit angeben. Eine heutige Prinzessin wollte das sogar, sonst würde sie den zukünftigen König nicht heiraten. Abknallen was das Zeug hält. Ein paar Jahre später verurteilte dieser Heuchler die Jagd, meckert über andere. Ein Journalist aus Südafrika sagte mir einmal, ich bin reich geworden, weil ich Geld bekam, damit ich nicht über diese Säcke schrieb. Sie saßen in der Hotelbar, prahlten, was sie alles abgeknallt hatten. Das es oftmals der Begleiter war, der dem armen Vieh den Gnadenschuss gab, wurde verschwiegen. Bei ihren jungen Weibern konnten sie damit angeben, zeigen, dass sie doch ein Mann sind.
Heute sind die Ranger zahlreicher, besser ausgerüstet und trotzdem gelingt es ihnen immer noch. Selbst die Maasai haben gelernt, dass, wenn die Tiere, besonders die Löwen ausgerottet sind, dass gesamt Ökosystem durcheinandergerät. Damit geht der Tourismus langsam den Bach runter. Afrika hat nicht so viele andere Sehenswürdigkeiten, außer den Ozeanen, für die es sich lohnt, hier Urlaub zu machen. Wegen ein paar Antilopen oder Zebras kommt niemand. Warum ist das so schwer zu begreifen?“
„Donald, weil jeder nur sich sieht. Der Egoismus wächst ständig, wird sogar von Politikern gefördert. Das untere Volk soll verschwinden oder als Sklaven für die Millionäre arbeiten. Die Millionäre werden hofiert. Da interessiert sich keiner für Tiere in fernen Staaten. Würdest du bei uns irgendwo Rehe abschießen, außer du bist eben ein Reicher, der darf alles, da für ihn selten Gesetze mal Anwendung finden, kommst du ins Gefängnis. Knallst du aber hier einen Elefanten ab, nennt man das Elfenbein Jagderfolg und es darf trotz aller Konventionen, die man angeblich mal unterschrieb, eingeführt werden. Das deutsche Bundesamt für Naturschutz erteilt weiterhin Genehmigungen für die Einfuhr von Jagdtrophäen aus Körperteilen gefährdeter Tiere. Also Elfenbein, Felle, Mähnen, Hörner. So das Amtsdeutsch. Die Afrikaner töten, weil sie Geld benötigen, um nicht zu verhungern, um ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen. 600/700/800 Jahre Ruhm und Ehre der Maasai-Löwenjäger haben den Tieren nie so geschadet, wie es die Weißen danach taten. Was noch dazu kommt, dass der Menschen deren Lebensraum beharrlich mehr beschneidet. Überall wird gebaut. Dazu kommen die Klimaveränderungen. Die Trockengebiete weiten sich gerade auf dem Kontinent permanent weiter aus.“
„Ja, du hast recht. Weißt du, gerade die imposanten, starken Männchen knallen sie ab. Sie wären für den Fortbestand wichtig. Ich kannte dieses Löwenrudel, beobachtete sie öfter. Wenigsten schmoren ihre Mörder für sehr lange im Knast. Kommen sie raus, sind sie alt und am Ende. Der Präsident hat endlich die Strafen verschärft und Auslieferung an die Staaten, woher sie stammen, gibt es nicht mehr.“ Er sprang hinunter. „Machen wir weiter, damit sie alle gesund werden. Neulich haben wir fast frisch geborene Elefantenbabys zu den Sheldricks nach Kenia geschafft. Wir hätten sie vermutlich nicht durchgebracht, da uns deren Erfahrung fehlt. Bisher sind sie wohlauf. Die Mütter haben sie abgeknallt. Sie stellten das ganz geschickt an, damit sie an die drei Bullen kamen. Auf der anderen Seite der Serengeti meldeten sie Schießerei. Die Ranger alle dort hin; Ian steigt mit Nassir auf. Auf der anderen Seite wollten sie sich derweil das Elfenbein holen. Ein Wagen von einer Lodge war noch unterwegs, sah erst nur das Fahrzeug. Eine Weile später Schüsse. Der Fahrer rief sofort an, gab das Fahrzeug mit Nummer, Farbe und so weiter durch. Ian macht kehrt und Nassir schießt in den Jeep. Der Fahrer von der Lodge eilte hin, hielt sie mit drei Urlaubern in Schach. Trotzdem hatte sie drei Mütter so schwer verletzt, dass man sie töten musste. Die Bullen waren weggerannt und die Jungen fanden sie völlig verstört vor. Sie bekamen ein feuchtes Tuch um und wurden noch in der Nacht nach Kenia transportiert. Sie säugten noch und dort haben sie die richtige Nahrung.“
„Gruselig! Werden die Menschen denn nie schlauer? Alles nur wegen des Geldes. Gibt es denn eigentlich noch Probleme mit den Bauern und den Tempos?“
„Hier - selten. Die Konflikte, die es früher gab, wurden alle mit entsprechenden Maßnahmen aus der Welt geschafft. Vor ein paar Monaten gab es Probleme mit einem männlichen Löwen. Er riss ein paar Viecher. Sie riefen uns an und wir forschten vor Ort. Nach einer Stunde wussten wir, welcher Übeltäter es war. Die Ranger suchten ihn. Er wurde betäubt und in ein völlig anderes Gebiet geschafft. Brav frisst er Wild und wartet, bis er ein Rudel übernehmen kann. Wir sind auf dem richtigen Weg, damit meine Enkel die Tiere noch in freier Wildbahn sehen können.“
„Nur die weißen Bwanas muss man noch von ihrer Schießwut abbringen. Sie können doch mit ihren Millionen zeigen, was sie für tolle Hechte sind.“
„Hast du eine junge Frau im Bett und in zwei Minuten ist alles vorbei, hilft nur noch, ihr durch einen toten Elefanten zu zeigen, was für ein ganzer Mann er ist.“
„Soll er ihr eine Kette für 50.000 kaufen, ist sie mehr zufrieden. Da brauch er sich nicht mehr abmühen oder lächerlich machen. Sie lobt ihn, was er für ein toller Mann ist und dass sie schrecklich verliebt in den 30 Jahre älteren Typ ist. Für noch ein paar Scheine mehr, heiratet sie ihn sogar. Sie stand kontinuierlich auf alte, dickliche Knacker, mit halber Glatze, Bauch. Nein, das Geld, der Jaguar, die Reisen, die Designermode und die Klunkern spielen keine Rolle.“
Donald lachte schallend. „Das gleiche sagt Claire auch immer, wenn man solche Pärchen sieht. Selbst wenn er nicht das große Geld hat, kann er eine junge Memsaab, womöglich noch mit unehelichem Kind, finanzieren, ihr öfter ein paar Scheine extra geben. Kürzte er ihr einen Monat das Geld, geht sie zum nächsten Kerl mit etwas Kleingeld. Früher nannte man die Frauen Nutten, heute sind sie das nicht, sondern nur verliebt. Verliebt sein hat heute bei einigen Frauen eben ihren Preis.“
„Ja, du als Mann kannst aber mit so einer dein Selbstwertgefühl aufbauen. Du bist 50, willst aber als potent, jung, dynamisch dastehen. Da hilf nur eine 15 Jahre jüngere Frau, die nett aussieht. Nun halten dich alle für einen tollen, potenten Hecht. Da schwillt nicht nur dein Selbstbewusstsein, sondern es bringt mehr zum Schwellen. Wenn nicht, hat sie Pech gehabt oder muss sich abmühen. Erfährt ja keiner.“
„Sag das den Kerlen und sie bringen dich um.“
„Habe ich Tilo gesagt und er kochte vor Wut. Nein, bei ihm ist das alles anders, wusste er Minuten später. Sie mit ihren 19 Jahren, ohne Beruf, Arbeit nur mit Hauptschulabschluss hat sich sofort in ihn verliebt, als sie ihn das erste Mal aus seinem Jaguar steigen sah. Traumtänzer! Lasse ich ihn weiter träumen.“
Sie saßen nach dem gemeinsamen Mittagessen zusammen. Das führte vor vielen Jahren Donald ein, damit alle mittags etwas Richtiges zu Essen bekamen. Katrin beobachtete ihre Lütten, die ganz interessiert Donalds Geschichte lauschten, die er in Englisch und Deutsch erzählte.
„Die Aasgeier hatten schon ganze Arbeit geleistet, die Reste beseitig. Nun machten sich die Käfer und das ganze Krabbelviehzeug ans Werk. Die Staubsauger sorgten für Sauberkeit.“
„Siehste Mama, muss man so machen. Da meckerst du, wenn wir die Teller ablecken. Wir sind auch Staubsauger und sorgen für Sauberkeit“, erklärte Kai. Ian übersetzte das ins Englische.
Einige schmunzelten, andere lachten laut.
„Macht man trotzdem nicht“, musste sie sich ein Lachen verkneifen.
„Frag sie“, hörte sie Mia leise sagen.
„Mama, wir wollen morgen in die Schule gehen. Is cool!“
„So geht das aber nicht. Man muss sechs Jahre alt sein und eingeschult werden. Das entscheiden nur die Behörden. Das ist genau wie zu Hause.“
„Miriam sagte, würde hier gehen, da es nicht so viele Watoto gibt. Wir können fast Englisch und ein bisschen Swahili und Maa.“
„Ihr könnt drei Sätze Englisch, ein paar Wörter Swahili und Maa. Nein!“
Kai spielte mit seinen Fingern und sie wusste, was kam.
„Mama, sind aber viel mehr Wörter.“
„Nein, da ihr euch zurzeit nicht einmal mit den anderen Kindern unterhalten könnt.“
„Katrin, lass sie“, antwortete Miriam auf Englisch. „Sie sind am Vormittag beschäftigt. Das Neue macht ihnen Spaß. Sie lernen noch ein paar Wörter, können sich dadurch besser mit den anderen Kindern verständigen. Die lernen von ihnen ein paar Wörter Deutsch. Ich sprach bereits mit Naisuea und sie meinte, das wäre in Ordnung.“
Ein großer weißer Mann in Jeans und Shirt kam heran. Wow, dachte Katrin, als sie ihn musterte. Was für ein Adonis. Überall in ihrem Körper fühlte sie es kribbeln.
„Ende der Mittagspause. Wir haben gerade drei Ranger mit Schussverletzungen bekommen. Chapu-chapu! Ian, du musst los, soll ich dir ausrichten. Schwarzer neuerer Wrangler mit vier Weißen. Ich suche noch ein paar Helfer.“
Katrin meldete sich, da sie schon öfter bei den Menschen geholfen hatte, sie deswegen in Hamburg einen mehrwöchigen Kurs besuchte.
„Sie sind die neue Tierärztin?“ Er musterte sie mit einem Blick, der etwas Hypnotisierendes an sich hatte. Er hat einfach umwerfende Engelsaugen, die sie anschauten. Vielversprechend sein Blick. Sie wusste, er hatte sofort Feuer gefangen.
„Katrin Voss. Ich habe einen Kurs als Erste Hilfe-Kraft absolviert.“
Ian war bereits in dem Durchgang. „Phil, sie half hier öfter, selbst bei Operationen.“
„Sie kann das gut!“, schickte Donald hinterher.
„Kommen Sie mit und alle anderen dito.“
„Jambo! Wer bist du? Whats your name? Kekijia? Jina langu Kai. My name Kai, ich heiße Kai, das ist meine Schwester Mia und das meine Mama. Sie heißt Doktor, ach nee, Daktari Katrin Voss.“
Katrin verdrehte die Augen.
„Sehr sprachbegabt bist du“, antwortete er auf Deutsch. „Phil und ich bin der Daktari. Wenn du dir den Arm brichst, weil du kein Affe bist, der den Baum hochklettern kann, verarzte ich dich.“
Kai war rot geworden, guckte schnell weg.
Da Donald das übersetzte, war allgemeines Gelächter zu hören.
Das war also der neue Leiter der Krankenstation. Sie ging neben Phil her.
„Herr Rowell, was bedeutete das eben?“
„Nur so! Helfen Sie mir bei der OP, Doktor Voss? Da können Corey und Susan die beiden anderen Männer operieren.“
„Phil, gern. Sagen Sie ruhig Katrin, wie alle hier.“
„Phil, sie hat keinen Doktortitel, die Angeberin, im Gegensatz zu dir“, Simanka, einer der Ranger grinsend.
„Asante! Du operierst mit Susan. Frau Voss, nehmen Sie ständig Ihre Kinder mit?“
„Nein, nur dieses Mal ging es nicht anders, da mein Einsatz bereits geplant war. Mein Ex wollte seiner Kinder wegen seiner jungen Geliebten nicht mehr nehmen oder sehen.“
Sie waren in dem Bau angekommen und nun ging alles schnell. Sie steckte die Haare hoch, zog einen sterilen Kittel an, desinfizierte ihre Hände, ließ sich den Mundschutz umbinden, die Handschuhe anziehen. Sie bedankte sich bei Schwester Alika und betrat den Operationssaal. Drei Tischen standen fast nebeneinander. Alles war heute sehr beengt. Die drei Männer waren ausgezogen, bereits betäubt und die Wunden weiträumig desinfiziert.
„Katrin, du musst deine Haare noch abdecken.“
„Alika, ich weiß besser, was ich muss. Sie sind ja oben.“
„Katrin, der hintere Mann ist für dich, da es ihn am meisten getroffen hat. Es ist Matt.“
„Überlebt er, Zara?“
„Du weißt, das kann man nie sagen, aber der Daktari sagte ja. Also überlebt er.“
Katrin ging an dem ersten Tisch vorbei und erschrak. „Moses hat es getroffen?“ Er war der Mann von Zara. Sie hatten zwei kleine Kinder.
„Nur ein Schuss in den Oberarm. Er hatte Glück. Er konnte uns erzählen, wie die Wilderer aussahen, was sie für einen Wagen fuhren. Gab Tarajar gleich an die Police weiter. Alle Grenzen sind dicht. Die Zufahrten zur Serengeti und so weiter. Sie hatten es auf die Rhinos abgesehen.“
„Ladys, es geht los“, kam Phil mit den zwei anderen Ärzten und Simanka herein. Er musterte sie, zog die Augenbrauen hoch. Er sagte etwas zu Alika im schnellen Maa, was sie nicht verstand und schüttelte dabei den Kopf. Er schien verärgert zu sein.
Nach der Operation dankte er ihr kurz für die Medikamente. Nun verbot er ihr, zu einem der Patienten zu gehen, und ließ sie stehen. Er gab Anweisungen in Maa, bevor er den Raum verließ. Sie wurde von Corey ebenfalls brüsk hinausgeschickt.
„Aber ich muss nach Matt sehen“, protestierte sie. Vergebens!
Ein wenig arrogant, der neue Daktari, so ihr Resümee, als sie langsam zu ihrem Haus ging. Egal, sie kam sonst kaum mit ihm in Kontakt. Bei seinem Vorgänger war das anders, da man sich auch privat gut verstand. Sie wusste aber, es würde nicht lange dauern, dann war er zahm, fraß ihr aus der Hand. Wie er wohl war?
Keno und Jasiah, die beiden Ranger kamen zurück, als sie gerade mit Moses und Zara sprach. Er war bereits wieder zu Hause.
Sie fragten, wie es allen drei Kollegen ginge. Danach erzählten sie, dass sie noch nichts entdeckten, aber alle Tiere waren wohlauf. Es gab keine angeschossenen Tiere. Ian und Nassir erspähten sonst nichts. Der Jeep sei bisher nirgends gesichtet worden. Sie schliefen jetzt vier Stunden und dann ging es bis morgen Mittag auf Patrouille. Es seien die Police und welche von der Armee unterwegs, die die Dörfer rund um den Park kontrollierte.
*****
Sie erkundigte sich morgens gleich, wie es den Männern ging. Zwei waren bereits zu Hause, hatten das Gröbste überstanden. Moses wollte heute arbeiten, berichtete Zara.
Der dritte Ranger schwebte noch in Lebensgefahr, lag augenblicklich im künstlichen Koma. Alika, die Oberschwester, erzählte ihr, dass der Daktari die ganze Nacht im Hospitali war, bei ihm wachte.
Der Daktari war schon am Morgen bei den beiden anderen Patienten gewesen, um nach ihnen zu sehen.
„So früh? Man sollte den Kranken etwas Schlaf gönnen.“
„Weißt du? Ist vielleicht so bei Viechern. Nur der Daktari behandelt Menschen, und um die kümmerte man sich.“
„Das kann ich wohl besser beurteilen, als so eine ..., als du, Alika. Gehe ich zu meinem Patienten.“
„Nein! Rufe ich den Dokitari“, ging sie zur Tür.
„Ich gehe schon“, eilte sie wütend hinaus.
Die anderen Ranger waren noch in der Nacht aufgebrochen, da Ian die Wilderer entdeckte, sofort alle informierte, hörte sie später von Jeremy.
Die Parkbehörde Tanzania National Parks Authority, TANAPA und die Wildlife Division, die Tanzania Wildlife Authority, TAWA und das Tanzania Wildlife Research , TAWIRI, waren sofort in Bereitschaft versetzt worden. Nun warteten alle darauf, ob man die Kerle bekommen hatte.
„Heute überwachen Rangerpatrouillen die Spitzmaulnashörner in Ngorongoro und der Serengeti vom Boden aus. Flugzeug erledigen das von oben. Weißt du, sie haben inzwischen ausgebildete Hunde, die Wilderer aufspüren können. Die Ranger wurden erheblich aufgestockt, besser ausgebildet. Dazu kommen die ganzen lokalen Rangertruppen. Es gibt Motorrad-Ranger, die schneller und weniger sind, als Jeeps. Jedoch gelingt es ihnen gleichbleibend, Nashörner oder Elefanten zu erschießen.“
„Der Mensch denkt eben nur an seinen Profit, alles andere ist ihm egal. Das wird permanent schlimmer. Nur solange es Politiker aus Geltungssucht, Profitgier vorleben, wird sich daran nichts ändern. Die Reichen können machen, was sie wollen. Bezahlen sie die Politiker, kommen sie so davon. Sogar Gesetze werden in ihrem Sinn geändert. Soll der ärmere Teil des Volkes doch sterben, genau so wie alle Viecher.“
„Trotz aller Bemühungen ändert sich alles negativ. 40 Prozent der Amphibien sind vom Aussterben bedroht. 25 Prozent der Säugetiere; 14 der Vögel. 33 Prozent der Korallen und 31 Prozent der Haie und Rochen. Selbst die Nadelhölzer sind mit 34 Prozent aufgelistet. Aber gehen wir an die Arbeit.“
Nun begann ihr Arbeitsalltag. Tiere untersuchen, ihnen etwas zu fressen geben. Alles musste eingetragen werden. Blut wurde untersucht, sowie teilweise der Kot.
Ein 12-Stunden-Arbeitstag war beendet. Nun rasch nach Hause, da die Kinder auf sie warteten.
Erst gegen Mitternacht hörte sie ein Flugzeug. Ob sie die Männer hatten?
*****
Das fragte sie um kurz nach 6.00 Uhr Donald.
„Einer ist tot und drei wurden leicht verletzt, da es einen Schusswechsel gab. Das Gute ist, von unseren Männern bekam keiner mehr was ab.“
Heute fuhren sie Nashörner im Norden kontrollieren. Sie stand im Jeep und hielt den Peilsender. Hielt er, musste sie den drehen. Sie warteten auf ein Signal.
„Vor 1974 lebten schätzungsweise 500-700 Spitzmaulnashörner im Serengeti-Nationalpark. In gesamt Tansania wurde sie bis in die Mitte der 90er-Jahre beinahe komplett ausgerottet.
Die tansanische Regierung startete 1993 eine Untersuchung, da sie wissen wollten, wie viele Nashörner noch da waren. Ein erschreckendes Ergebnis: In der Region Moru Kopjes innerhalb der Serengeti waren gerade mal noch drei Tiere übrig.
Die Unterart östliches Spitzmaulnashorn gilt laut Roter Liste der Weltnaturschutzunion IUCN als vom Aussterben bedroht. Als große Pflanzenfresser formen sie diese Landschaft. Sie fressen Blätter, Äste, Zweige und die Rinde von Büschen und Bäumen, begrenzen so deren Wachstum und erhalten das Savannen-Ökosystem. Die Population des östlichen Spitzmaulnashorns in der Serengeti und im Ngorongoro wächst langsam. Seit Jahrzehnten schützen TANAPA die Tiere effektiv in ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet. Einige Individuen der Unterart wurden sogar aus Südafrika neu angesiedelt. Dieser Aufwand lohnt sich: Heute gehören Serengeti und Ngorongoro zu den wenigen Orten auf unserer Erde, in denen es eine wilde Population Spitzmaulnashörner gibt.“
„Das nördliche Breitmaulnashorn ist nun mit dem Tod von Sudan ausgestorben, da nur noch Mutter und Schwester leben. Die deutsche Regierung erlaubt ihren Millionären Tiere in Afrika abzuknallen. Egal dabei, dass die unter Artenschutz stehen, stark bedroht sind. Kaum meldeten sie, dass der Bulle in Kenia starb, gehen die Deutschen hin und verkündeten medienwirksam: alles nicht so tragisch. Wir sorgen dafür, dass die Weiber schwanger werden. Ein Hohn! Man kann also weiter auf einem fremden Kontinent Tiere abknallen. Wir sind die Intelligenten, Guten und sorgen dafür, dass unaufhörlich Nachschub kommt. Inzest inbegriffen. Ist ja egal, wir nehmen eh nur das Horn, das Fell, das Elfenbein. Würdest du dort ein Reh erschießen, kommst du wegen Wilderei, illegalen Schusswaffenbesitz und so weiter ran. Sie aber dürfen, sagt sogar die Regierung. Mit der künstlichen Befruchtung das klappt wohl doch nicht so einfach, wie sie vorher tönten. Sie üben aber weiter. Die Millionäre wollen schließlich Nashörner erschießen. Aber selbst die Medien loben diese Versuche. Keiner traut sich, zu fragen, warum als einziges westliches Land in Europa, Trophäen von Tieren, die auf der Roten Liste stehen, eingeführt werden dürfen. Die Regierung deswegen kritisieren, traut sich generell niemand.“
„Bekannt. Selbst eure Politiker kommen deswegen nach Afrika, um Viecher abzuknallen.“
Ian kam pfeifend über den Platz gelaufen, ging zu Phil, der gerade seine Runde machte, Patientenbesuche. Die beiden Männer lachten, nickten ihr kurz zu, unterhielten sich weiter. Sie schienen bestens gelaunt zu sein. Sie übte weiter mit ihren Kindern Wörter. Sie nahmen die Schule sehr ernst; für ihren Geschmack zu ernst. Sie wollte mal ihre Ruhe haben. Ständig musste sie sich um alles kümmern.
*****
Heute wollten sie einige der geretteten Tiere auswildern. Darauf freute sie sich. Sie standen vor dem Raubtierkäfig.
„So, nun heißt es, kwa heri“, betäubte Jeremy die Schwestern.
„Vielleicht treffen sie ja die fünf berühmten Brüder“, scherzte Donald, der stets den letzten Gesundheitscheck selbst vornahm.
Man trug sie rein, da sie Schatten benötigten, damit sie nicht überhitzten. Jeremy nahm nochmals Blut ab. Sie wurden geimpft und erneut alles genau gecheckt.
„Die Krallen sind in Ordnung. Sie können zuhauen.“ Die Krallen waren bei allen Geparden stets draußen, da sie die nicht einfahren konnten, wie andere Katzenarten.
„Das Blut dito“, rief Jeremy von nebenan rüber.