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Der 25jährige Wolfgang Amadeus ist in Liebesdingen unerfahren, aber unsterblich verliebt in Diana, die Tochter seiner Nachbarin. Die zeigt ihm die kalte Schulter, so dass alle seine Versuche, ihre Zuneigung zu erringen, vergeblich bleiben. Trotz mancher Enttäuschung gibt er nicht auf, bis sein Bemühen schließlich erfolgreich ist.
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Veröffentlichungsjahr: 2016
Ich heiße Wolfgang Amadeus Ulbrich, abgekürzt W.A.U. Klingt wie der englische Begeisterungsruf Wow! bzw. unterbrochenes Hundebellen.
Seit 25 Jahren weile ich bereits unter den Lebenden und will es weiterhin bleiben. Ich weiß jedoch nicht, was mir widerfahren kann. Seit Beginn meines Denkens bin ich abergläubisch und horoskopär. Wenn geschrieben steht, dass mir etwas Unangenehmes passieren wird, dann warte ich ungeduldig darauf. Oftmals vergeblich, weil mir ein anderer diese Überraschung weggeschnappt hat. So wie neulich, als die sehenswerte U 40 - Nachbarin Frau Schulz sich ein Bein gebrochen hatte. Dieser Beinbruch war eigentlich mir zugedacht, weil sie mir vor ihm „Hals- und Beinbruch“ gewünscht hatte. Anregung zu dieser Formulierung erhielt sie durch mein Bestreben, die sehr belebte Straße vor dem Haus rückwärts zu überqueren. Damit wollte ich - wie so oft - ihrer noch minderjährigen Tochter Diana imponieren. Selbige verlässt nächste Woche Mittwoch ihre Minderjährigkeit und wird 18.
Als ich die Straße überquerte, saß Diana auf dem Klo und konnte mich deshalb nicht sehen. Gesehen hatte dies Frau Schulz, die ihre Milch anbrennen ließ und beherzt mir zueilte. Beim Überqueren der Bordsteinkante brachte sie kurzzeitig den Verkehr zum Stocken. Sie war zu Boden geglitten. Ihr kurz bemessener Rocksaum verschob sich bis zu ihren Hüftknochen. Ein Autofahrer hatte nur Augen für diese Verschiebung, nicht aber für ihren linken Fuß. Den überrollte ein Vorderrad seines KFZ. Frau Schulz schrie schmerzerfüllt. Dann wurde sie ohnmächtig. Der Führer des Fahrzeugs glaubte, er habe sie im Ganzen erfasst und gab Gas. Er lenkte sein Fahrzeug gegen die Hauswand des Schulzschen Eigenheims. Feige wollte er sich ins Jenseits verdrücken. Vielleicht war er auch sensibel. Manche Menschen können das Ableben eines durch sie Getöteten seelisch nicht verkraften.
Warum wollte Frau Schulz ihr Leben für mich opfern? Die Antwort ist einfach: Sie will das Leben ihrer Tochter mit dem meinen bleibend verknüpfen. Diese Absicht begann, als Diana noch im Sandkasten spielte und ich ihr dabei zusah. Sie war drei, ich neun Jahre jung. Weil sie vergeblich versuchte, einen schmackhaften Sandkuchen zu backen, half ich ihr dabei. Den durch mich geformten garnierte ich mit Unkraut, das neben dem Sandkasten spross. Diana probierte von dieser Zutat und war daraufhin zwei Wochen backunfähig, aber dünnkackfähig.
Im Laufe weiterer zehn Lebensjahre, die uns wachsen und gedeihen ließen, gedieh unter dem Einfluss ihrer Mutter auch unsere Zuneigung. Meine Mutter wollte unserer Liebe Einhalt gebieten, weil sie Diana und mich beim Kuss erwischt hatte. Sie meinte, bei einem Kuss bleibe es nicht. Außerdem sei ihr Diana als Schwiegertochter unerwünscht, weil sie sich mit großem Fleiß von jeder Tätigkeit fernhalte. Diese Schmähung hinterbrachte ich Dianas Mutter, die daraufhin mit meiner Mutter in Zwietracht geriet. Jede Mutter nahm ihr Kind in Schutz. Das zarte Band, das Diana und mich umfing, drohte zu zerreißen. Über den trennenden Vorgartenzaun hinweg rief ich Diana, die sich in der Hängematte sonnte, zu: „Sei tapfer an meinem Grab, Geliebte, wenn mich eine feindliche Kugel dahingerafft hat! Ich werde Soldat und kämpfe als solcher auch für deine Unabhängigkeit vom fremden Joch! Künde davon auch unseren noch nicht geborenen Kindern!“
Sie fragte träge, wie viele Kinder ich ihr machen wolle. Auf diese Frage war ich nicht gefasst, da ich ihren Seelenschmerz erwartete. Den übernahm meine Erdbeeren pflückende Mutter, die überrascht, da sie von meinem Entschluss noch nicht wusste, rief: „Mein Sohn, du lässt lieb Mütterlein allein, wer tröstet mich in meiner Pein?“
Nachbarin Schulz, ebenfalls im Vorgarten beschäftigt, war vom Leid meiner Mutter zutiefst gerührt.Sie sah ihren künftigen Schwiegersohn entschwinden, einen jungen Mann, den sie nach ihrem Willen willig machen wollte. Sie sprach meiner Mutter Trost zu und ihrer Tochter als künftiger Witwe den barschen Satz: „Heb‘ deinen Arsch aus der Matte! Dein möglicher Gatte wird sich todesmutig gegen den Feind werfen und dich lässt das kalt.“
Meine Mutter war von der Herzenswärme, aber auch Strenge der Frau Schulz so angetan, dass sie diese bat, mit ihr die Friedenspfeife zu rauchen. Sie qualmten dann beide eine Marlboro. Ungeachtet der Tatsache, dass Rauchen die Brustwarzen schwärzt. Ich war’s zufrieden, den nachbarlichen Frieden wieder hergestellt zu haben. Vorübergehend. Soldat wollte ich allerdings nicht sein.
Wieder nahte Weihnachten. Seit Wochen stand es vor der Tür und erwartete, eingelassen zu werden. Die Einkaufsmärkte hatten sich in weiser Voraussicht auf diese Festlichkeit vorbereitet. Schon kurz nach Ostern versah man die verbliebenen Schoko-Osterhasen mit roten Zipfelmützen. Als ich eines so verkleideten Ostermannes ansichtig wurde, verlangte ich den Erhalt eines Weihnachtshasen. Die Besatzung des Supermarktes sah mich verwundert an. Bei dem einen und anderen regte sich der Verdacht, ich sei nicht richtig im Kopf. Um dieses Fehlurteil zu beseitigen, deutete ich auf eine Banane und sagte klar und deutlich: „Südfrucht!“
Welche Südfrucht es sei, fragte mich eine mollige Frau in mütterlichem Ton und strich mir sacht übers Haupt. Mich überkam der Verdacht, sie halte mich für einen zu schnell in die Höhe geschossenen Knaben. Ich senkte meine Stimme und sagte in tiefem Bass: „Diese Südfrucht ist eine Banane!“
Zusätzlich stimmte ich Harry Belafontes Bananaboat-Song an und sang: „Theo, wir fahr’n nach Lodz“.
Die Umstehenden, zu denen sich einige Käufer und –innen gesellt hatten, zeigten sich erfreut und zufrieden. Weihnachtsstimmung pur. Die Mollige strich erneut über mein Haupthaar und sagte: „Richtig erkannt und gut gesungen. Du bist ein kluger Deutscher.“ Dabei sah sie in einer Mischung aus Triumph und Verachtung auf einen Jungen, dessen Haut dunkler gefärbt war als die meine. Der hielt ihrem Blick stand und erklärte in gebrochenem Deutsch, dass die krummen gelben Dinger in seiner Heimat reifen.
„Na toll“, meinte Miss Molly, „das weiß doch jeder, dass Bananen im Kühlhaus reifen.“
Die um uns Gescharten nickten zustimmend. Die Mopplige fühlte sich in ihrem Wissen bestärkt und forderte den dunkelhäutigen Jungen auf, sofort das deutsche Geschäft zu verlassen. Er tat es nicht, was die Füllige erregt sagen ließ: „Verschwinde oder ich mache dir Beine!“
Auch jetzt blieb der Andersfarbige widersetzlich und rührte sich nicht von der Stelle. Ich bewunderte seinen Mut, die anderen wunderten sich nur. Sie wie ich spürten, dass gleich etwas passieren würde. Was, das blieb abzuwarten. Die Dicke hob die Hand, um ihm eine Ohrfeige zu geben. Niemand machte Anstalten, sie daran zu hindern. Im Gegenteil; man erwartete, dass sie es tut. Der Junge sah der Ohrfeige mit einer Gelassenheit entgegen, die ich nie gezeigt hätte. Meine innere Stimme verlangte, ihm beizustehen. ‚Soll ich mir auch eine kleben lassen?‘ fragte ich.
‚Du musst sie daran hindern‘, kam die Antwort. ‚Wie?‘ Die Antwort blieb sie mir schuldig.
Noch zögerte die Korpulente mit dem Zuschlag. Sie wollte die Spannung erhöhen und den Jungen demütigen. Ich ergriff Partei für ihn und fragte ihn laut und deutlich, ob er Ausländer sei. Er bejahte.
Die Aufgedunsene grunzte wie ein Schwein, um hörbar zu machen, wie richtig sie geahnt habe.
Rasch ließ ich als weitere Frage folgen: „Kennt jemand von den hier Anwesenden das Deutsche Strafgesetzbuch?“ Ich fasste jeden streng ins Auge, so, wie es mein Vater getan hatte, wenn er mich ins Gebet nahm. Nun betet meine Mutter, der Herrgott möge ihn nachsichtig behandeln.
Alle schüttelten verneinend den Kopf. Weil einige der Schande der Unwissenheit entgehen wollten, entgingen sie dem Kreis der Neugierigen. Die Füllige sah das mit Unbehagen. Ich wiederholte meine Frage. Die Verbliebenen fühlten sich geistig in die Enge getrieben.
„Das Deutsche Strafgesetzbuch“, log ich perfekt, als wär’s die reine Wahrheit, „stellt strafbare Straftaten unter strenge Strafen. Die gipfeln in lebenslanger Haft. Die kann auch für Deutsche ausgesprochen werden, die unschuldige Kinder, gleich welchen Geschlechts, Alters oder Hautfarbe, grundlos geschlagen haben.“
Ein Zittern ging durch alle Körper. Der Dickleibigen schwabbelte das Fleisch, als würde es jeden Moment von den Knochen rutschen. Ich genoss diesen Anblick. Der dunkelhäutige Knabe sah mich dankbar an. Ich blinzelte ihm schelmisch zu. Innerhalb weniger Sekunden verschwanden die Verbliebenen und ließen die Übergewichtige allein. Die rettete sich mit dem Hinweis an mich, dass sie den braven braunen Jungen nicht geschlagen habe. Es wäre auch nie ihre Absicht gewesen, dies zu tun. Sie sei eine zart besaitete Seele, die keiner Fliege etwas zu Leide tun könne. Sie drehte die Augen himmelwärts, als sei sie von dort her als Engel erschienen.
„So komme ich auf mein vorhin geäußertes Verlangen nach einem Weihnachtshasen zurück“, sagte ich. Mit allerfreundlichster Miene ließ sie mich wissen, dass erst in einigen Tagen eine solche Lieferung erfolgen werde. Sie strich dem Jungen fremdenfreundlich über den schwarzgelockten Schopf und flötete: „Dir schenke ich zwei Ostermänner, die so schnuckelig braun sind wie du.“
Aufsehen erregen ist eine uralte Sucht der Menschheit. Bereits die Urmenschen wollten anderen Urmenschen gefallen, da andere noch nicht da waren. Überliefert ist, dass sich weibliche Vorfahren die Schamhaare aus dem Schambereich zupften, um Urmänner paarungswillig zu machen. Dieses Lockmittel ist in der Neuzeit bei vielen Frauen und Jungfrauen wieder im Gebrauch. Die männlichen Urmenschen demonstrierten ihre Männlichkeit durch das Wegbrennen bestimmter Körperhaare in Figurenform. Auch das findet heute Nachahmung durch das Einritzen von Tattoos.
Ich schritt einen ganz anderen Weg. Ich wollte eine Kreuzotter mit einem Regenwurm kreuzen. Das ging allerdings daneben, denn die Kreuzotter … - na, Sie können sich‘s denken.
Deshalb galt mein nächster Versuch der Kreuzigung – Quatsch – der Kreuzung eines Hundes mit einer Katze. Vom Gelingen dieses Versuchs war ich fest überzeugt. Mimi, die Katze meiner Freundin Diana, und Bello, mein Hund, schienen mir geeignet, eine völlig neue Tierart zu schaffen. Beide waren von Kindesbeinen an miteinander vertraut. Sie fraßen aus einem Napf und teilten das Ruhekörbchen, als wäre ihnen der Zwist zwischen Hund und Katze unbekannt. Um diesen in ihnen nicht zu wecken, hielt ich sie von der Berührung mit Artgenossen fern. So wuchsen beide abgeschottet von feindlichen Einflüssen heran. Mit der Zeit wurde ihnen ihr gemeinsames Ruhekörbchen zu eng und das Futter im Fressnapf zum widerlichen Fraß. Jeden verlangte es nach anderer spezieller Kost. Ich sah mich vor das Problem gestellt, zwei größere Ruhekörbe anzuschaffen und Katzen- sowie Hundefutter zu kaufen. Da ich ein sparsamer Mensch bin, der unnötige Mehrausgaben scheut, überdachte ich, wie aus der Not eine Tugend zu machen sei. Meine Kreuzungsabsicht erhielt also einen akzeptablen Grund. Als ich mein Anliegen meiner Freundin Diana unterbreitete, erklärte sie mich für verrückt. Sie gebe keinesfalls ihre Einwilligung, ihre Lieblingskatze Mimi in einen Halbhund umwandeln zu lassen. Was würden die Leute denken, wenn sie sich mit einer bellenden Halbkatze sehen ließe.
„Ich müsste mich in Grund und Boden schämen“, blockierte sie mein Ansinnen. Weil ich mit einem zaghaften „Aber …“ einwenden wollte, stellte sie mich vor die Wahl: Entweder Mimi und sie oder Bello und das Aus unserer Liebe. Ich bat sie zu bedenken, dass unsere künftige Ehe auf festen finanziellen Füßen stehen müsse. Der Kauf zweier Tierruhekörbe und einer Unmenge von Katzen- und Hundefutter würde unseren finanziellen Ruin herbeiführen. Unsere Kinder müssten am Hungertuch nagen, während sich die Bälger anderer Familien bei McDonald‘s dick und rund fressen.
Diese Bemerkung machte sie nachdenklich. Wie viele Kinder wir haben werden, wollte sie wissen. Das komme auf unseren Zeugungsdrang an, erwiderte ich. Ob ich nicht andere Tiere kreuzen könne, meinte sie bekümmert, eine Maus mit einem Igel zum Beispiel. Das würde den Kauf von Katzen- und Hundefutter nicht reduzieren, hielt ich dagegen.
„Und du glaubst“, sagte sie, „dass ein Katzenhund bzw. eine Hundekatze den Futterbedarf einschränkt?“
„Auf jeden Fall“, erklärte ich im Brustton der Überzeugung, „das geschaffene Tier fräße das, was ihm vorgesetzt wird. Diese neue, spartanische Fressgewohnheit müsste ihm anerzogen werden.“
Plötzlich klatschte sie sich an die Stirn und rief: „Mit dem gekreuzten Tier ließe sich viel Geld machen.“ Ich begriff nicht sogleich. Sie half meinen Gedanken auf die Sprünge. „Mit dieser neuartigen Züchtung würden wir uns im Internet vorstellen. Wir hätten eine Vielzahl von Bewunderern, die uns bäten, Welpenkätzchen bzw. Kätzchenwelpen an sie zu verkaufen. Für eine hohe Summe, versteht sich.“
Ich freute mich, dass Diana nun bereit war, ihre Mimi zu opfern. Weiterhin bewunderte ich ihre Intelligenz, auf legalem Wege Geld zu beschaffen. Allerdings bereitete mir Kopfzerbrechen, wie Welpen oder Kätzchen herzustellen seien. Das geschaffene Wundertier brauchte einen Partner, mit dem es die Schaffung von Nachkommen vornehmen konnte. Um Dianas Freude nicht zu zerstören, behielt ich diese Bedenken für mich. Wichtig war zunächst die Schaffung dieser vierbeinigen Neuschöpfung. Ich überlegte, ob es günstig sei, Bello und Mimi zu halbieren und deren Hälften dann operativ zusammenzufügen. Als nächste Frage ergab sich, welche Teile ich zusammenbringen sollte: Bellos Vorderteil und Mimis Hinterteil oder umgekehrt. Eine Vorstellung von diesen beiden Möglichkeiten schuf ich mit dem Bildbearbeitungsprogramm meines Computers. Das eine wie das andere Tier sah so komisch aus, dass ich die Bearbeitung laut lachend abbrach. Diana war zum Glück nicht zugegen.
Als sich mein Humor gelegt hatte, ergriff mich wieder die Ernsthaftigkeit meines Entschlusses. Da ich religiös beeinflusst bin – meine Großmutter las mir immer spannende Geschichten aus der Bibel vor -, wollte ich dem lieben Gott nicht ins Handwerk pfuschen. Schließlich hatte er die Schaffung der verschiedenen Tierarten nicht aus purer Freundlichkeit vorgenommen, sondern mit der Absicht, dass sie sich gegenseitig auffressen. Damit wollte er einer Überbevölkerung Einhalt gebieten. Das war auch sein Ansinnen für die Menschheit, doch wurde er, als er Kannibalen herstellte, zu einer wichtigen Götterversammlung gerufen. Als er von dieser zurückkehrte, hatten die fünf bereits gefertigten Menschenfresser fünf Engel gefressen. Wütend trat er den Gefräßigen in den Hintern, die daraufhin auf eine Südseeinsel der Erde fielen.