Western Legenden 32: Die verlorene Patrouille - Alex Mann - E-Book

Western Legenden 32: Die verlorene Patrouille E-Book

Alex Mann

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Beschreibung

Nach einem Zusammenstoß zwischen Indianern und Texas Rangern reitet die Garnison von Fort Gibson zu einem Vergeltungsstreifzug aus. Doch anstatt auf große Kriegerhorden treffen die blauen Reiter auf leere Dörfer, in denen nur noch Frauen und Kinder wohnen.Der junge Lieutenant Milroy wird mit einer Patrouille ausgeschickt, um eine Spur der Krieger zu entdecken. Immer tiefer dringen er und seine Männer in das Indianerterritorium vor. Dabei muss Milroy nicht nur ein wachsames Auge auf feindliche Indianer haben, sondern auch auf seine Männer, die nicht bereit sind, die Autorität des jungen West-Point-Absolventen widerspruchslos hinzunehmen.Und dann gerät die Truppe in einen Hinterhalt.

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Seitenzahl: 146

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Western Legenden

In dieser Reihe bisher erschienen

9001 Werner J. Egli Delgado, der Apache

9002 Alfred Wallon Keine Chance für Chato

9003 Mark L. Wood Die Gefangene der Apachen

9004 Werner J. Egli Wie Wölfe aus den Bergen

9005 Dietmar Kuegler Tombstone

9006 Werner J. Egli Der Pfad zum Sonnenaufgang

9007 Werner J. Egli Die Fährte zwischen Leben und Tod

9008 Werner J. Egli La Vengadora, die Rächerin

9009 Dietmar Kuegler Die Vigilanten von Montana

9010 Thomas Ostwald Blutiges Kansas

9011 R. S. Stone Der Marshal von Cow Springs

9012 Dietmar Kuegler Kriegstrommeln am Mohawk

9013 Andreas Zwengel Die spanische Expedition

9014 Andreas Zwengel Pakt der Rivalen

9015 Andreas Zwengel Schlechte Verlierer

9016 R. S. Stone Aufbruch der Verlorenen

9017 Dietmar Kuegler Der letzte Rebell

9018 R. S. Stone Walkers Rückkehr

9019 Leslie West Das Königreich im Michigansee

9020 R. S. Stone Die Hand am Colt

9021 Dietmar Kuegler San Pedro River

9022 Alex Mann Nur der Fluss war zwischen ihnen

9023 Dietmar Kuegler Alamo – Der Kampf um Texas

9024 Alfred Wallon Das Goliad-Massaker

9025 R. S. Stone Blutiger Winter

9026 R. S. Stone Der Damm von Baxter Ridge

9027 Alex Mann Dreitausend Rinder

9028 R. S. Stone Schwarzes Gold

9029 R. S. Stone Schmutziger Job

9030 Peter Dubina Bronco Canyon

9031 Alfred Wallon Butch Cassidy wird gejagt

9032 Alex Mann Die verlorene Patrouille

Alex Mann

Die verlorene Patrouille

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2021 BLITZ-VerlagRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogo: Mario HeyerSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-543-2Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

1. Kapitel

Fort Gibson war einer der westlichsten Vorposten der Vereinigten Staaten von Amerika im New-Mexico-­Territorium. Es war nach dem letzten Krieg mit Mexiko errichtet worden, um dieses Gebiet abzusichern, sowohl vor mexikanischen Rebellen, die den Frieden von Guadelupe Hidalgo nicht respektieren wollten und jeden Gringo-Siedler, der in diese Gegend kam, ausplünderten und massakrierten, als auch vor den kriegerischen Indianer­stämmen.

Die Beziehungen zwischen den neuen amerikanischen Herren und den wilden Apachen ließen sich bestenfalls als angespannt bezeichnen. Die Texaner, die seit dreißig Jahren aus den Trans-Mississippi-Staaten und -Gebieten der USA hierherkamen, hatten dieses Verhältnis bereits viel zu sehr belastet. Immer wieder war es zu Zusammenstößen zwischen ihnen und den Indianern gekommen und die großen Ranches, die sich in Texas gebildet hatten, waren den Indianern mit brutaler Gewalt abgerungen worden.

Auch die bereits legendären Texas Ranger, die eigentlich als Polizeitruppe zum Schutz der mexikanischen Grenze und der Ranches vor den Indianern aufgestellt worden war, beteiligten sich mehr an der Ausrottung der Apachen, als der wirklichen Befriedung des Landes.

Die Armee war in dieses Gebiet entsandt worden, um einen komplizierten Balanceakt zwischen den ­Interessen dieser Gruppen zu vollführen und den Frieden zu wahren. Das alles war mit tatendurstigen West-Point-­Abgängern, die auch im Frieden jede Chance nutzen wollten, um sich durch tapfere Einsätze eine Beförderung zu verdienen, nicht einfach zu erreichen.

Fort Gibson war eine kleine Festung, gebaut aus gebrannten Ziegeln, mitten in einer langgestreckten Talebene. Am Horizont konnte man überall hohe, spitze Bergketten erkennen, aber jeder, der sich dem Stützpunkt näherte, musste über fast drei Meilen offenen, ebenen Landes reiten, in dem es keine Deckung gab.

Das Fort hatte eine starke Garnison, bestehend aus drei Kompanien des 1st Dragoon Regiment. Die meisten Kompanieführer waren sehr erfahren und hatten im Mexikokrieg entweder unter General Kearnys Army of the West gedient, oder waren mit dem späteren Präsidenten Taylor gezogen.

Es drängte niemanden von diesen Männern nach neuen Heldentaten. Allerdings fiel es ihnen auch sehr schwer, ihren Dienst in Fort Gibson zu genießen, denn es gab noch keine Städte in diesem Gebiet, sondern lediglich einige Farmen. Das Garnisonsleben war monoton und langweilig.

Nur die neuen Lieutenants, die von Zeit zu Zeit aus dem Osten hierher versetzt wurden, sahen in diesem Kommando eine Chance, sich auszuzeichnen.

An diesem einsamen Montag im Jahre 1858 herrschte eine gewisse Krisenstimmung in Fort Gibson. Drei Tage zuvor war es in den Bergen zu einem Zusammenstoß zwischen einem Trupp Texas Rangern und einigen Chiricahua-­Apachen gekommen. Die Ranger hatten in diesem Gebiet eigentlich nichts zu suchen gehabt, aber als ihre Abteilung später in Fort Gibson eintraf, behauptete ihr Anführer, dass der Trupp von seinem üblichen Patrouillenweg abgekommen sei. Die Texaner wollten in den Bergen eine Rast einlegen und waren hier von den Indianern angegriffen worden, wobei sie zwei Tote und einen Verwundeten verloren hatten.

Die Apachen hatten das Eindringen der Ranger allerdings als Provokation empfunden. Zwei Tage später brannten sie eine Farm nieder und töteten alle dort lebenden Siedler. Eine Abteilung des D-Trupps hatte die Stelle des Massakers aufgefunden.

Nun saßen Major Edwin Vose Sumner, der den Titel eines Military Gouverneur des New Mexico Territory führte, und seine drei Captains in einem Besprechungsraum versammelt und machten ernste Gesichter. Sumner war bereits einundsechzig Jahre alt, ein Kriegsheld, der im Black-Hawk- und Mexiko-Krieg gekämpft hatte. Er sah sich jetzt mit dem Problem konfrontiert, eine Straf­expedition gegen die Apachen zu kommandieren, obwohl er vor einer Woche aus dem Regimentshauptquartier im kalifornischen Fort Tejon die Anweisung erhalten hatte, zwei seiner Trupps auf andere Posten aufzuteilen.

„Nun, Gentleman“, sagte Sumner, „wir können den Überfall auf eine Siedlerranch auf keinen Fall unbeantwortet lassen.“

Er warf einen Blick in die Runde seiner drei Captains, die in ihren sauberen, dunkelblauen Uniformröcken zu seinen beiden Seiten saßen und ihn fest fixiert hatten. Sie erwarteten Anweisungen, keine Bitte um Meinungen. Doch schließlich lehnte sich einer von ihnen mit skeptischem Blick über den Tisch.

„Die Ranger konnten uns nicht einmal sagen, ob es tatsächlich Chiricahua gewesen sind.“

„Möchten Sie damit sagen, Captain Livingston“, fragte Sumner, „dass wir nichts tun sollen?“

„Nun, wenn wir eine Strafexpedition durchführen wollen – und über nichts anderes verhandeln wir ja hier – dann brauchen wir auch ein genaues, klar definiertes Ziel. Sonst brennen wir zwei, drei Dörfer von Stämmen nieder, die gar nicht wissen, wieso wir sie angreifen. In diesem Fall fühlen sich diese Stämme ihrerseits zu einer Vergeltungsaktion gereizt und beginnen, uns Druck zu machen, wenn der E- und F-Trupp uns verlassen haben. Und genau das können wir uns nicht leisten. Wir brauchen Stabilität in der Region, wenn wir Truppen abziehen wollen.“

„Captain Livingston hat recht“, sagte der Mann zu Sumners Rechten, ein blonder, hochgeschossener Offizier mit einem hart wirkenden Gesicht. „Es wäre vielleicht besser, wenn wir ausrücken, Stärke demonstrieren und die Sache trotzdem friedlich beizulegen versuchen.“

Sumner warf seinem dritten Captain, James Powell Hamilton, einen fragenden Blick zu. Doch der Mann mit dem roten Vollbart, der seine schottische Abstimmung verriet, schien den beiden anderen zuzustimmen.

„Es wäre das Beste, wenn wir unsere Scouts ausschicken, um ein paar Informationen einzuholen“, sagte der blonde Offizier. „Vielleicht finden die etwas heraus. Bis dahin sollten wir Trupps zu den umliegenden Farmen schicken, damit nicht noch ein Massaker stattfindet, bis wir herausgefunden haben, gegen wen wir vorgehen sollen.“

„Das würde den Ausmarsch des E- und F-Trupps allerdings um wenigstens eine Woche verzögern, Captain Maibaum“, gab Sumner zu bedenken.

„Zeit, die wir uns auf jeden Fall nehmen sollten“, konterte Livingston.

Sumner fuhr sich mit einer blassen Hand durch seinen ergrauten Bart. Er wirkte müde, war schon lange in der Armee. Sein Oberkörper plusterte sich zu einem kleinen Seufzer auf. Dann schüttelte er langsam seinen Kopf.

„Nein, Gentlemen, wir müssen sofort handeln. Wir werden morgen mit allen drei Kompanien ausrücken. Jede lässt nur ein Squad und die Kranken hier zurück. Wir werden geschlossen in das San-Andreas-Gebirge vorstoßen und unsere Informationen auf dem Weg in den Siedlungen sammeln, durch die wir kommen.“

„Verzeihung, Major“, protestierte Captain Hamilton, „aber wenn wir mit den etwa 160 Mann, die wir dafür zusammenbringen, ins Gebirge ziehen, dann werden wir höchstens noch Frauen, Kinder und Alte in den Siedlungen vorfinden. Die Krieger werden sich ins höher gelegene Land zurückziehen und uns auf Schritt und Tritt verfolgen.“

„Und was stört Sie daran, Sir?“

„Ich sehe nicht, was wir damit erreichen werden. Und mit Verlaub, Sie kennen unsere Männer. Einige haben sehr nervöse Abzugsfinger, wenn es zu solchen Expeditionen kommt.“

Sumner begann, nervös mit seinen Fingern auf der Tischplatte zu tippeln.

„Ich habe mir diese Situation nicht ausgesucht. Aber wir müssen schnell eine Reaktion zeigen. Deswegen werden wir es genauso machen, wie ich es gesagt habe. Bereiten Sie also Ihre Trupps darauf vor, morgen aufzubrechen. Pro Kompanie zwei Wagen, Verpflegung für zehn Tage. Wie kommen Ihre Männer mit den neuen Gewehren zurecht, Captain Maibaum?“

„Der neue Karabiner schießt sehr zuverlässig und trifft besser als unsere alten Waffen. Es ist eine ideale Kavallerie­waffe, da sie sich von hinten laden lässt. Natürlich murren die Leute, weil das komplizierte Verschlusssystem recht aufwendig zu putzen ist, aber meines Erachtens überwiegen die Vorteile.“

„Sehr gut, sehr gut“, murmelte Sumner und sagte dann etwas lauter: „Das Kriegsministerium fragt, wie wir mit der Waffe klarkommen. Schreiben Sie mir nach der Expedition einen kleinen Bericht. Vielleicht wird dann das ganze Regiment mit dem Starr-Karabiner bewaffnet. Womöglich haben Sie in den nächsten Tagen die Gelegenheit, ihn auch einmal im scharfen Einsatz zu testen.“

„Ich hoffe ehrlich gesagt, dass diese Situation nicht eintreten wird“, erwiderte Maibaum.

„Was halten Sie von dem neuen Lieutenant, der vorgestern angekommen ist?“

„Lieutenant Milroy? Er macht auf mich einen sehr korrekten Eindruck. Man merkt ihm nun einmal an, dass er direkt von der Akademie kommt. Sein Umgang ist noch etwas steif. Aber in meinem Trupp wird er sehr schnell lernen, Empathie zu entwickeln. Er scheint kein Hitzkopf zu sein. Das empfiehlt ihn natürlich für Einsätze hier draußen.“

Sumner überhörte die leichte Kritik. Stattdessen fragte er: „Welchem Platoon werden Sie ihn zuteilen?“

„Dem zweiten natürlich. Wie es sich gehört. Lieutenant Newski übernimmt als neuer erster Lieutenant der Kompanie das erste Platoon.“

Sumner nickte bedächtig.

„Danke, Gentlemen, das wäre es vorerst. Sie sind entlassen. Bereiten Sie sich auf den Abmarsch morgen vor.“

Stühle scharrten über den groben Holzboden. Die drei Captains erhoben sich, zogen ihre Uniformröcke stramm und schickten sich an, zu gehen.

„Captain Maibaum“, sagte Sumner, der immer noch nachdenklich in seinem Stuhl saß. „Warten Sie noch einen Moment.“

Hamilton und Livingston verließen den Raum und schlossen die Tür hinter sich.

Maibaum stand, den Hut unter den Arm geklemmt, vor Sumner.

„Setzen Sie sich noch einmal“, sagte der Major und zog einen Stuhl für Maibaum zurück.

Der Captain nahm Platz.

Sumner räusperte sich. „Ich weiß, dass es gegen die Tradition verstößt, aber ich würde es für besser halten, wenn Sie Ihrem neuen Offizier das erste Platoon über­geben. Natürlich ändert das nicht an Newskis Stellung als Ihrem Stellvertreter.“

„Und warum sollte ich das tun, Sir“, fragte Maibaum und runzelte leicht die Stirn.

Sumner begann wieder damit, seinen langen Bart glatt zu streichen. „Im zweiten Platoon sind doch Sergeant O’Neil, Corporal Winter, die Trooper Schmidt, Kaufmann ...“

„Das ist richtig, Sir.“

„Nun, das sind alles ziemlich raue Kerle, mit denen man erst einmal umzugehen wissen muss. Wir alle wissen, wie es ist, wenn man frisch von der Akademie kommt. Auch wenn es bei einigen etwas länger her ist.“ Die verschmitzten Krähenfüße, die sich um Sumners Augenwinkel eingruben, bezeugten, dass er über sich lachen konnte. „Gerade dieses Kleeblatt fordert die Autorität seiner Offiziere besonders gern heraus. O’Neil ist sicherlich ein guter Sergeant, altgedient, aber auch eigen. Ein junger Offizier könnte es schwer haben, sich gegen ihn durchzusetzen. Und eine negative Erfahrung könnte auf Dauer einen schlechten Einfluss auf die Entwicklung eines jungen Mannes haben und seine Karriere hemmen.“

„Ich verstehe“, erwiderte Maibaum teilnahmslos.

„Wären Sie also bereit, den Wechsel vorzunehmen?“

„Major, wenn Sie es befehlen, dann werde ich es tun. Wenn Sie es mir jedoch freistellen, dann werde ich es als einen sicherlich nicht unberechtigten Vorschlag ablehnen.“

„Und warum?“

Maibaum straffte sich in seinem Rock.

„Nun, Sir, wie schon gesagt, führt der erste Lieutenant immer das erste Platoon und der zweite Lieutenant das zweite. Mir ist kein Fall bekannt, dass dies jemals anders gehandhabt wurde, egal, wie unerfahren die Leute waren. Wenn ich es jetzt tue, dann weiß jeder Mann in meiner Kompanie, dass ich es mache, weil ich einem der beiden Offiziere nicht zutraue, sein Platoon zu kontrollieren. Und schlau, wie die Jungs sind, werden sie sofort wissen, dass es Milroy ist. Dann werden sie erst recht seine Autorität herausfordern. Nein, Sir, ich verstehe Ihre Bedenken, aber wenn ich tue, was Sie vorschlagen, dann provoziere ich genau das, was Sie verhindern wollen. O’Neil mag eigen sein und Winter macht mir diesbezüglich sogar noch mehr Sorgen, aber Lieutenant Milroy wirkt auf mich trotz seiner Jugend wie ein gefestigter, selbstbewusster junger Mann. Er wird es lernen, damit fertig zu werden.“

Captain Maibaum sah Sumner in die Augen. Der Major ließ die Worte auf sich wirken.

„Einverstanden, Captain. Sie haben recht. Aber passen Sie auf den Jungen auf.“

„Das werde ich.“

„Sie können gehen.“

2. Kapitel

Eine halbe Stunde nach der Offiziersbesprechung herrschte eifrige Tätigkeit im Fort. Der D- und der F-Trupp bereiteten ihren Abmarsch vor. Waffen wurden inspiziert, Sättel gefettet, die Fuhrwagen aus einem Schuppen gezogen und für den Einsatz vorbereitet. Es wurde überprüft, ob die Räder auch ordentlich geschmiert waren, und Proviantkisten und -säcke herbeigeschleift.

Alle Arbeiten waren von großer, freudiger Aufregung begleitet, denn natürlich hatte sich die Nachricht von den Vorfällen der letzten Tage unter den einfachen Mannschaften verbreitet und jetzt dürstete es den Dragonern nach einem Tanz.

Die Männer aus Captain Maibaums E-Trupp sahen diesen Arbeiten noch eine ganze Weile mit fragenden Blicken zu.

„Hey, Lieutenant“, fragte Sergeant O’Neil, der mit seinen Männern an den Koppeln stand und die Pferde pflegte, als der junge West-Point-Absolvent Henry Harrison Milroy vorbeikam. „Was ist denn da los?“

„Ich kann es Ihnen nicht sagen, Sergeant“, erwiderte Milroy und näherte sich den Reitern. „Der Captain ist noch beim Major.“

„Es scheint, dass die von D und F bald ein bisschen Spaß haben werden“, mischte sich Corporal Winter in das Gespräch mit ein, als er glaubte, mit dem Striegeln seines Rappen fertig zu sein. Winter war der Sohn ­deutscher Auswanderer, ein großer schlanker Mann mit breiten Schultern, schwarzen Haaren und blauen Augen, ein gutaussehender Frauenschwarm, was ihm hier draußen allerdings nicht viel einbrachte.

„Auf jeden Fall werden sie ausrücken, so wie es ausschaut“, sagte Milroy und versuchte, freundlich auf seine Männer zu wirken.

„Ob die uns hierlassen, weil wir einen neuen Offizier haben?“

Milroy musterte den Corporal von oben bis unten. Er verstand diesen Seitenhieb sehr genau und ihm fiel auch auf, dass ihm die anderen Dragoner vorsichtige Blicke aus den Augenwinkeln zuwarfen. Sie erwarteten eine Reaktion. Selbst O’Neil, dem es als Sergeant ein Einfaches gewesen wäre, den vorlauten Corporal zurecht­zuweisen, stand neugierig und mit verschränkten Armen an seinen Zaunpfahl gelehnt da.

Der Lieutenant setzte ein freundliches Lächeln auf und drückte sich an Winters vorbei, um sein Pferd zu mustern. Er streichelte mit seiner Hand über den eleganten Rücken des Tieres und über seine glänzenden Flanken.

Dann hob er den linken Vorderhuf und darauf den linken Hinterhuf. Er beugte sich über das Bein des Tieres, das alles ruhig mit sich geschehen ließ, und sah schließlich mit sicherem Grinsen in Winters überraschtes Gesicht.

„Ich glaube, dass man uns nicht ausrücken lässt, weil selbst unsere vermeintlich erfahrenen Corporals nicht auf ihre Pferde Acht geben können. Dem Hufeisen vorn fehlt ein Nagel, hinten sogar zwei. Die rechte Seite will ich mir lieber gar nicht erst ansehen.“ Er ließ den Huf des Tieres los und straffte sich.

Das überhebliche Grinsen war aus Winters Gesicht gewichen. Milroy ließ seinen Blick über die Männer seines Platoons schweifen, die weiter wie unbeteiligt ihre Pferde wuschen und striegelten. Aber einige konnten sich ein belustigtes Lächeln nicht verkneifen. Da war sich Milroy sicher, die Situation richtig gelöst zu haben.

„Kümmern Sie sich um Ihr Pferd“, sagte er zu Winter und fixierte dann Sergeant O’Neil. „Und Sie achten mir darauf, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt. Der Captain ist noch nicht aus seiner Besprechung zurückgekehrt, trotzdem will ich, dass alle Pferde in spätestens einer Stunde in einem tadellosen Zustand sind, damit wir ausrücken können.“

O’Neil, die Arme immer noch vor der Brust verschränkt, nickte nur langsam.

„Haben Sie meinen Befehl wahrgenommen, Sergeant?“

„Ja. Sir.“

„Dann geben Sie mir dies das nächste Mal auch deutlich zu verstehen.“

Eine Trompete blies das Versammlungssignal für Offiziere. Lieutenant Milroy schaute zum Fahnenmast und sah, dass es der Musiker ihres Trupps war. Neben ihm stand Captain Maibaum.

Er beschloss, dass die Sache hier erledigt war, und ging mit schnellen Schritten zu seinem Vorgesetzten.

„Arroganter Grünschnabel“, fluchte Winter und schaute zu O’Neil auf, von dem er eine Reaktion erwartete.

Doch der Sergeant löste sich wortlos von seinem Zaunpfahl und kontrollierte nun selbst die Hufe von Winters Pferd.

„Der Grünschnabel hat einen klaren Befehl gegeben. Und um ehrlich zu sein, Charly, die Hufe deines Tieres sehen erbärmlich aus. Lass das nicht den Captain sehen. Wenn der mich deswegen anschnauzt, hau ich dir eine rein, aber eine Ordentliche.“

Captain Maibaum hatte die Szene genauestens beobachtet.

„Was war denn da los“, wollte er wissen, als Milroy sich vor ihm aufgebaut und seine Hand grüßend an den schwarzen, noch neuen und unverformten Jeff-Davis-Hut gelegt hatte.

„Die Männer kümmern sich um ihre Pferde, Sir. Ich habe Anweisung gegeben, dass sie in einer Stunde marschbereit sein sollen.“

„Und was war mit O’Neil und Winter?“

„Sie sind meine Unteroffiziere. Ich habe sie nochmals deutlich darauf hingewiesen, dass die Männer sich ordentlich um ihre Tiere kümmern sollen.“