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Die beiden Kopfgeldjäger Max und Jack befreien die kleine Grenzstadt Harmonville von einer mexikanischen Banditenbande. Sie werden von den Bürgern als Helden verehrt. Ein Farmer wendet sich mit einem Problem an die beiden Männer. Er behauptet, sein Nachbar habe ihm einen hohen Geldbetrag gestohlen. Jack nimmt den Auftrag an. Max verliebt sich in die Farmerstochter, doch dann droht ihn seine dunkle Vergangenheit einzuholen.
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Seitenzahl: 152
Western Legenden
In dieser Reihe bisher erschienen
9001 Werner J. Egli Delgado, der Apache
9002 Alfred Wallon Keine Chance für Chato
9003 Mark L. Wood Die Gefangene der Apachen
9004 Werner J. Egli Wie Wölfe aus den Bergen
9005 Dietmar Kuegler Tombstone
9006 Werner J. Egli Der Pfad zum Sonnenaufgang
9007 Werner J. Egli Die Fährte zwischen Leben und Tod
9008 Werner J. Egli La Vengadora, die Rächerin
9009 Dietmar Kuegler Die Vigilanten von Montana
9010 Thomas Ostwald Blutiges Kansas
9011 R. S. Stone Der Marshal von Cow Springs
9012 Dietmar Kuegler Kriegstrommeln am Mohawk
9013 Andreas Zwengel Die spanische Expedition
9014 Andreas Zwengel Pakt der Rivalen
9015 Andreas Zwengel Schlechte Verlierer
9016 R. S. Stone Aufbruch der Verlorenen
9017 Dietmar Kuegler Der letzte Rebell
9018 R. S. Stone Walkers Rückkehr
9019 Leslie West Das Königreich im Michigansee
9020 R. S. Stone Die Hand am Colt
9021 Dietmar Kuegler San Pedro River
9022 Alex Mann Nur der Fluss war zwischen ihnen
9023 Dietmar Kuegler Alamo - Der Kampf um Texas
9024 Alfred Wallon Das Goliad-Massaker
9025 R. S. Stone Blutiger Winter
9026 R. S. Stone Der Damm von Baxter Ridge
9027 Alex Mann Dreitausend Rinder
9028 R. S. Stone Schwarzes Gold
9029 R. S. Stone Schmutziger Job
9030 Peter Dubina Bronco Canyon
9031 Alfred Wallon Butch Cassidy wird gejagt
9032 Alex Mann Die verlorene Patrouille
9033 Anton Serkalow Blaine Williams - Das Gesetz der Rache
9034 Alfred Wallon Kampf am Schienenstrang
9035 Alex Mann Mexico Marshal
9036 Alex Mann Der Rodeochampion
9037 R. S. Stone Vierzig Tage
9038 Alex Mann Die gejagten Zwei
9039 Peter Dubina Teufel der weißen Berge
9040 Peter Dubina Brennende Lager
9041 Peter Dubina Kampf bis zur letzten Patrone
9042 Dietmar Kuegler Der Scout und der General
Alex Mann
Die gejagten Zwei
Diese Reihe erscheint als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2021 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogo: Mario HeyerSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-549-4Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!
Viele Menschen, die in den Westen zogen, suchten sich einen Flecken Land, auf dem sie bis zum Ende ihrer Tage leben konnten. Sie wurden kleine Farmer und Krämer, Minenarbeiter und Saloonbetreiber. Andere zogen durch das Land, suchten heute Arbeit und morgen Vergnügen. Wieder andere ließen sich einfach treiben. Ihr Weg wurde einzig und allein vom Zufall bestimmt und manchmal noch von der Not.
Ein solcher Herumtreiber schlief irgendwo am Oberlauf des Red River auf einem steilen Felsen, von dem er einen guten Blick auf das Tal hatte. Der Fluss war hier noch jung, schmal und flach. Zu flach für Dampfschiffe. Nur ein paar Flößer und Flatboat-Fahrer waren hier ab und zu anzutreffen, aber eigentlich war die Gegend ziemlich verlassen.
Sein Pferd hatte der Herumtreiber ein paar Meter weiter am Waldrand angebunden und das Feuer, auf dem er sein Abendessen gekocht hatte, war verloschen.
Er selbst hatte seinen Kopf auf seinem Sattel gebettet und sein bärtiges Gesicht von der aufgehenden Morgensonne abgewandt. Ein sanfter Wind kündigte den neuen Tag an und verwirbelte Aschepartikel von der Feuerstelle.
Derselbe feine Wind strich über das Land und rauschte im vergilbenden Laub der Bäume. Der schlafende Reiter schien sich nicht zu rühren.
Ein Pferd wieherte.
Und plötzlich war das Klimpern von Sporen zu hören, die über den harten Fels schepperten. Leise, aber für ein wachsames Ohr doch unüberhörbar. Ihr leichtes metallisches Schellen bildete einen auffälligen Kontrast zu den sanften Klängen der Natur, dem Rauschen des Windes und dem Rascheln der Blätter.
Der Reiter machte langsam die Augen auf und bemerkte, wie zwei Männer auf ihn zu kamen. Sie sahen sehr abgerissen aus, trugen einfache karierte Flanellhemden und speckige Westen, aufgerissene Hosen und staubige Stiefel. Aber jeder von ihnen hatte einen Revolver in der Hand, deren gut geölte Läufe in der Morgensonne blitzten.
So bewaffnet schlichen sie vorsichtig auf den Reiter zu. Dieser hob den Kopf und sah den Kerlen in ihre finsteren Gesichter. Es waren schmale, eingefallene Visagen, denen man die zu unregelmäßigen Mahlzeiten und viel zu viel harten Alkohol ansah. Je näher sie kamen, desto mehr konnte der Reiter sie auch riechen. Es war eine Mischung aus Schweiß, Pferd, Scheiße und Rum.
„Morgen, mein Bester“, sagte der eine. „Na, willst du nicht aufstehen?“
Der Reiter blinzelte die beiden Kerle an, als würde er sie erst jetzt bemerken.
Dann stand er langsam auf, streckte sich und stellte sich den Männern gegenüber auf. Er rekelte sich und gähnte, wirkte dabei vollkommen gelassen, als würden sich ihm statt zwei schussbereiter Revolvermündungen zwei weiche Damenhände zum Handkuss entgegenstrecken.
Jetzt erst fiel den Kerlen auf, dass der Mann, den sie bedrohten, nicht nur mit einem weiten blauen Hemd, Hose und Stiefeln, sondern sogar mit umgeschnalltem Revolvergurt geschlafen hatte.
Doch sie hatten ihre Waffen bereits auf ihn gerichtet, während seine rechte Hand noch müde neben dem Revolvergriff baumelte.
„Süß geträumt“, fragte der linke der beiden Männer und zeigte eine unvollständige Reihe schlechter Zähne.
Der einsame Reiter kratzte sich an seinem stoppeligen Kinn und nickte langsam. Dann musterte er seine beiden Kontrahenten und kniff die Augen zusammen.
„Bei mir gibt’s nichts zu holen“, sagte er ruhig und gelassen. „Und mein Kopf hat noch keine Steckbriefe verziert.“
Die beiden Kerle brachen in schallendes Gelächter aus.
Dann sagte der linke: „Meiner schon. Aber es gibt bei jedem Menschen etwas zu holen. Zum Beispiel das Dutzend Kugeln, das du am Gürtel trägst.“
Der einsame Reiter sah an sich herab. Ja, sein brauner Revolvergurt, in dem der alte LeMat steckte, war voller Patronen. Allerdings passten diese in keinen der viel gebräuchlicheren amerikanischen Revolver. Auf jeden Fall nicht in einen der beiden Colts, die die Kerle besaßen.
Er zuckte gleichgültig mit den Schultern, fixierte sein Gegenüber wieder und setzte ein smartes Lächeln auf: „Wozu braucht ihr die? Ist die Trommel leer?“
Der Bandit spuckte auf den Felsen und fuhr sich mit dem Ärmel über sein dreckiges Gesicht. Er grinste und kicherte, bis ihn ein tiefer rasselnder Husten stoppte.
„Das hättest du gerne, was?“ Dann verfinsterte sich sein Gesicht wieder. „Aber für dich reicht es gerade noch!“
Der einsame Reiter richtete seinen Blick jetzt auf den anderen Banditen. Er war jünger und wirkte wesentlich nervöser, was nicht nur an den kleinen Schweißperlen zu erkennen war, die über seine dreckige Stirn liefen, sondern auch an den wilden Bewegungen seiner Augen, die zwischen seinem Gegner, seinem Kameraden und ihren Waffen hin und her wanderten. Da war der Reiter sich sicher, dass er es auf keinen Fall mit Profis zu tun hatte.
„Wird’s jetzt“, forderte der Anführer der beiden Banditen. „Revolvergurt abschnallen!“
Doch statt zu seiner Gürtelschnalle, griff der Reiter blitzschnell nach seinem LeMat, zog und feuerte zwei Kugeln ab.
Der vordere der beiden Banditen griff sich an den Hals, sackte langsam zusammen, strampelte noch kurz und blieb dann leblos auf dem Felsen liegen. Blut spritzte ungehemmt aus seiner zerfetzten Halsschlagader und färbte den rötlichen Sandstein schwarz. Sein Kamerad war sofort tot. Die Kugel hatte seine Brust mittig getroffen und seine Wirbelsäule zerschmettert.
Der Reiter schob seinen Revolver lässig ins Holster zurück. Dann ging er zu seinem Pferd, das sich von den Schüssen nicht hatte beunruhigen lassen, und zog aus einer der Satteltaschen ein Bündel Papiere heraus. Es waren Steckbriefe, die er jetzt nach den Visagen der beiden Toten durchsuchte.
Als er sie gefunden hatte, breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. Der jüngere der beiden war Jack Reily, ein kleiner Viehdieb. Das Konterfei seines Freunds zierte nur ein Nachname. Bourke. Gesucht wegen Vergewaltigung und Mord. Auf die beiden waren immerhin zusammen 200 Dollar ausgesetzt.
Damit konnte man schon etwas anfangen.
Der Reiter schaute sich in dem kleinen Wäldchen um. Die beiden hatten ihre Pferde keine fünfzig Yards entfernt an einen Baum gebunden. Vielleicht wollten sie sich hier verstecken. Er holte die beiden Tiere heran und wuchtete ihre toten Reiter auf ihre Sättel, wo er sie mit einem Strick sorgfältig festband. Die Pferde waren nicht schlecht. Auf den ersten Blick schätzte er ihren Wert auf dreißig bis vierzig Dollar pro Tier. Aber das hing natürlich immer davon ab, wo man versuchte, solche Pferde zu verkaufen.
*
Ein anderer Reiter ließ sein Pferd weiter westlich über die weite Prärie traben. Er ritt der mittäglichen Sonne entgegen. Der Boden wurde immer sandiger. Doch das störte ihn nicht. Er war ein Glücksritter und hatte seinem Pferd die Zügel schießen lassen, ein Bein über den Knauf seines Sattels geschlagen und sich den Hut tief ins Gesicht gezogen.
Der Reiter war jung, braun gebrannt und blond. Er döste vor sich hin, schlief die Reste eines Rausches aus und machte sich kaum Gedanken über sein nächstes Ziel. Er hatte seine Stiefel noch an und seinen Revolvergurt umgeschnallt, aber nicht aus Vorsicht, sondern weil er am Vorabend vergessen hatte, sie abzuschnallen. Seine Canvashose war alt, ausgewaschen und zerschlissen und sein Hemd wurde nur noch von Löchern zusammengehalten, aber wer dachte, dass es sich bei dem Mann um einen armen Schlucker handelte, den straften der schöne braune Hengst, die guten, wenn auch dreckigen Stiefel und der volle Patronengurt schnell Lügen.
Das an lockere Zügel gewohnte Pferd bahnte sich nun langsam einen Weg durch die staubige Prärielandschaft westlich des Red River, wo es kaum noch genug Wasser für Pflanzen gab. Nur einige trockene Gräser und Kakteen bildeten die Vegetation dieses kargen und von Felsen zerklüfteten Landstriches. Schließlich erreichte es eine kleine Hügelgruppe und trottete in ein schmales, felsiges Tal.
Der Cowboy hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt. In seiner Hose steckte ein Bündel zusammengebundener Papiere und es schien, als würde er immer noch tief und fest schlafen.
Plötzlich fetzte der Knall einer Winchester durch die morgendliche Stille. Der Schuss hallte lange nach. Das Pferd des Cowboys wieherte, bäumte sich auf und schüttelte seinen Reiter kräftig durch, der sich dennoch fest im Sattel hielt. Er schien sich nicht zu rühren, war teilnahmslos, als wäre nichts geschehen. Dabei waren seine Sinne sofort hellwach und unter seinem Hut hervor hatte er mit zwei schnellen Seitenblicken seine Umgebung analysiert.
Der Tramp schien immer noch zu schlafen, als drei Männer sich aus der Felslandschaft lösten und mit Revolvern und Gewehren auf das seltsame Gespann zutraten.
Doch selbst als ihre schweren Stiefelabsätze über die Felsen klapperten, rührte sich der schlafende Mann kein bisschen.
Die drei Schützen umringten das Pferd und sahen sich etwas verwundert an. Einer von ihnen trat gegen den linken Steigbügel, doch auch das schien diese schräge Figur nicht aufwecken zu können.
Schließlich griff der mittlere, ein großer Kerl mit breiten Schultern und mexikanisch wirkenden Zügen, nach dem Papierbündel in der Hose des scheinbar Schlafenden und zog es weg.
Und plötzlich blinzelte ihr Opfer und lächelte sie an.
„Hey“, sprach der Erwachte plötzlich. „Du störst mich beim Lesen.“
„Keine Scherze, Amigo“, sagte der Mexikaner und fuchtelte mit seinem Revolver. „Absitzen.“
Das Grinsen des Cowboys wurde breiter.
„Es war aber gerade interessant. Solltest du auch mal lesen. Nur die Bilder waren hässlich.“
Der Mexikaner hob das Bündel Papiere. Es waren Steckbriefe. Und auf dem einen war eine nicht genaue, aber doch erkennbare Zeichnung des Kerls neben ihm. Elias Gonzales. Fünfundsechzig Dollar. Er blätterte um und erkannte auch seinen zweiten Kameraden. Pablo Hernandez, auch fünfundsechzig Dollar. Und das dritte Blatt, künstlerisch wahrscheinlich das Gelungenste, zeigte ihn selbst. Er war immerhin fünf Dollar mehr wert als die beiden anderen.
Entsetzt warf er seinen Freunden zwei schnelle Seitenblicke zu.
„Pablo, Elias, schaut euch das mal an.“
Pablo und Elias rückten näher an ihn heran und schauten neugierig auf das Papierbündel. Dann erschraken auch sie.
Doch ihre Überraschung wurde vom Spannen eines Revolverhahns noch übertroffen.
Sie sahen von ihren eigenen Steckbriefen auf und sahen in die Mündung eines staubigen, verkratzten Navy-Colts.
Und immer noch lachte dieser verdammte Cowboy. Er hatte leuchtend blaue Augen und sein ganzer Gesichtsausdruck war der eines übermütigen Jugendlichen, für den das alles nur ein Spaß zu sein schien.
„Sie sind abstoßend, aber sie sind gut getroffen“, sagte der Tramp mit fröhlicher Stimme. „Nur finde ich, dass du in natura noch hässlicher aussiehst.“
Der Mexikaner setzte nun selbst ein gezwungenes Lächeln auf.
„Aus dem staubigen Ding wirst du doch keinen Schuss mehr rausbekommen“, meinte er und deutete mit der Kinnspitze auf den Navy-Colt.
Der Cowboy hielt seinen Colt weiter auf die drei Banditen gerichtet. Instinktiv wichen diese drei Schritte zurück. Sie hatten ihre Pistolen gesenkt und nicht mehr auf ihr Opfer gerichtet, als sie sich die Steckbriefe ansahen.
„Ich mag nicht mehr besonders ansehnlich aussehen“, sagte der Tramp. „Doch eines könnt ihr mir glauben. Pferd, Stiefel und meine Waffe halte ich in allerbester Ordnung.“ Er warf drei schnelle Blicke auf die Colts der drei Männer. „Anders als ihr“, fügte er hinzu.
Die drei Banditen tauschten hastige Blicke aus. Dann rissen sie zugleich ihre Waffen nach oben.
Doch der Cowboy war schneller. Blitzschnell richtete sich sein Colt auf die drei Banditen. Seine linke Hand glitt zwei Mal über den Hahn und dreimal spuckte die Waffe zuverlässig ihre Kugeln aus.
Die Banditen brüllten auf und stürzten zu Boden. Einer feuerte seine Pistole ab, doch der Schuss ging ins Nirgendwo.
Der Cowboy steckte seine Pistole weg. Das Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden. Er durchsuchte die Toten nach Wertgegenständen. Dann griff er zu dem Bündel Papiere und glich die Gesichter auf den Steckbriefen mit denen der Leichen ab. Gleichzeitig zählte er im Geiste langsam sein Kopfgeld zusammen, immerhin 200 Dollar.
Die Männer besaßen nichts von Wert. Ob sie hier wenigstens irgendwo Pferde hatten? Ohne Pferd war man doch in dieser gottverlassenen Gegend aufgeschmissen. Doch sie sahen nicht so aus, als besäßen sie mehr als das, was sie am Leib trugen. Und er hatte keine Lust, in die Berge zu kraxeln und nach ihrem Lager zu suchen. Doch das bedeutete, dass er ein Stück Weg zu Fuß würde gehen müssen. Lustlos hob er die Leichen auf sein Pferd.
„Du hättest eben lesen lernen sollen“, sagte er zu dem stummen Siebzig-Dollar-Banditen. „Da stand tot oder lebendig.“
Dann gab er seinem Tier einen Klaps auf den Hintern, das jetzt trotz seiner sehnigen Muskeln einige Mühe hatte, die drei schweren Leichen über den felsigen Boden zu tragen. Er selbst nahm die Zügel und trottete neben seinem Tier her.
Harmonville war eine kleine Stadt am östlichsten Zipfel von New Mexico, nicht weit von der texanischen Grenze entfernt. In den 1820er Jahren hatten deutsche Siedler den Ort aufgebaut, in der Hoffnung, dass große Viehherden, die auf dem Weg ins westliche Mexiko waren, Geld hierherbringen würden. Diese Hoffnung hatte sich nicht erfüllt und Harmonville dümpelte seitdem vor sich hin.
Stattdessen hatten nach der Schlacht am San Jacinto irische Rancher angefangen, große Farmen aufzubauen und nun ihrerseits riesige Herden nach Norden bis Kansas City oder über den Rio Grande zu bringen, je nachdem, wo sie das meiste Geld einbringen würden. Harmonville lebte nun vor allem von diesen Ranchern, deren Cowboys ihren Lohn in den drei Saloons der Stadt verspielten und deren Besitzer Waren in dem halben Dutzend kleiner Läden kauften. Ab und an kamen Siedler in den Ort, die sich mit Vorräten versorgten, bis sie in das einsame Arizona oder das verheißungsvolle Kalifornien weiterzogen.
Die Stadt würde ein bescheidenes friedliches Dasein im Westen fristen, wenn nicht ständig mexikanische Banditen von den Bergen auf der anderen Seite der Grenze über den Rio Grande ziehen würden, um nach Harmonville zu kommen. Einige von ihnen waren Postkutschenräuber und zwielichtiges Gesindel, die ihre Raubzüge diesseits und jenseits der Grenze durchführten. Andere bezeichneten sich und ihre Handvoll Männer als Revolutionäre. In einem Land wie Mexiko begründeten viele Räuber ihre Unangepasstheit als revolutionären Eifer. Wahrscheinlich war es deswegen so schwierig für die Nachfahren von Montezuma und Cortez, Ruhe zu finden und das Land zu ordnen. Solange diese Banditen ganze Provinzen terrorisierten, würde die Entwicklung Mexikos gehemmt bleiben.
Harmonvilles Hauptstraße lag wie ausgestorben da, als ein abgerissener Reiter auf einem braunen Hengst in die Stadt geritten kam. Sein Pferd zog eine indianische Schleppbare hinter sich her und auf dieser Schleppbarre lagen drei Leichen, deren ausgeblichene und aufgequollene Körper in der heißen Texassonne langsam zu stinken anfingen.
Der Reiter lenkte sein Pferd an einen Saloon. An den Wassertränken war ein Dutzend weiterer Tiere angebunden, trotzdem war es überall still und kein Mensch zeigte sich auf der Straße. Neben den Flügeltüren des Saloons schliefen zwei Mexikaner, die Knie unter ihre weiten, leichten Ponchos gezogen, die Hüte neben sich gelegt.
Der einsame Reiter stieg vom Pferd. Er hatte unterwegs die Schleppbarre gebaut, seine Beute darauf platziert und selbst wieder im Sattel Platz genommen, um sich die Strapazen eines langen Fußmarsches zu ersparen. Jetzt hatte er Lust auf einen Drink, bevor er seine Beute beim Sheriff abliefern würde. Er durchwühlte seine Tasche und fand eine einzige Vierteldollar-Münze.
Neben den Saloontüren war die aus Lehmziegeln gefertigte Wand des Gebäudes mit Steckbriefen zugepflastert. Der Cowboy warf einen schnellen Blick darauf und stellte erfreut fest, dass seine drei Mexikaner im Wert auf 250 Dollar gestiegen waren.
Dann fiel sein Augenmerk auf zwei zerflederte Steckbriefe. Paco Valdez und Sancho Alonso war darauf zu lesen. Unter jedem Porträt stand die Summe von einhundert Dollar. Das waren ganz andere Kaliber als die, die er aus der Wüste gefischt hatte.
Der Reiter musterte die beiden Mexikaner, die unter den Steckbriefen schliefen. Das waren Paco Valdez und Sancho Alonso. Die Steckbriefe hatten sie hervorragend getroffen. Valdez hob den Kopf und schaute ihn höhnisch an.
Der Tramp kniff die Augen zusammen und prägte sich die anderen Steckbriefe genau ein. Darauf befanden sich ausschließlich Mexikaner.
Als der junge Glücksritter den Eingang betreten wollte, kam ihm ein kleiner alter Mann mit einem zerdrückten Strohzylinder entgegen. Als das Männchen ihn sah, lüftete es den Hut und deutete einen freundlichen Diener an.
„Hey Mister. Wollen Sie eine Lebensversicherung abschließen? Lawson & McCoy bieten Ihnen die beste Anlage. Sie können schon mit einer ersten Rate von zehn Dollar bei uns einsteigen.“
Der Tramp grinste süffisant. Der Alte schien nicht mehr ganz richtig im Kopf zu sein.
„Danke, Alter, aber ich habe schon eine gute Lebensversicherung abgeschlossen.“
Der Mann riss überrascht die Augen auf. Eine so abgerissene Figur konnte doch unmöglich schon eine Lebensversicherung haben.
„So“, fragte der Alte, „bei wem den?“
Der junge Mann tätschelte die Waffe an seiner Seite. „Bei Colonel Sam Colt!“