Western Legenden 36: Der Rodeo-Champion - Alex Mann - E-Book

Western Legenden 36: Der Rodeo-Champion E-Book

Alex Mann

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Beschreibung

Nach seinem Sieg in einem Rodeo wird Hank Bennet von den Bürgern des Ortes Campo Verde zum Sheriff ernannt. Überraschend nimmt er sich den Tagelöhner Max Stewart zum Gehilfen, der sich als guter Schütze erweist.Bennet findet bald heraus, dass er nur Sheriff wurde, damit die Geschäfte des Ranchers Powell nicht gestört werden. Powell versucht, den neuen Sheriff zu bestechen, und dieser erliegt schließlich dem Lockruf des Geldes. Doch sein Hilfssheriff lässt sich nicht kaufen. Die Freundschaft der beiden Männer droht zu zerbrechen.

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Seitenzahl: 211

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Western Legenden

In dieser Reihe bisher erschienen

9001 Werner J. Egli Delgado, der Apache

9002 Alfred Wallon Keine Chance für Chato

9003 Mark L. Wood Die Gefangene der Apachen

9004 Werner J. Egli Wie Wölfe aus den Bergen

9005 Dietmar Kuegler Tombstone

9006 Werner J. Egli Der Pfad zum Sonnenaufgang

9007 Werner J. Egli Die Fährte zwischen Leben und Tod

9008 Werner J. Egli La Vengadora, die Rächerin

9009 Dietmar Kuegler Die Vigilanten von Montana

9010 Thomas Ostwald Blutiges Kansas

9011 R. S. Stone Der Marshal von Cow Springs

9012 Dietmar Kuegler Kriegstrommeln am Mohawk

9013 Andreas Zwengel Die spanische Expedition

9014 Andreas Zwengel Pakt der Rivalen

9015 Andreas Zwengel Schlechte Verlierer

9016 R. S. Stone Aufbruch der Verlorenen

9017 Dietmar Kuegler Der letzte Rebell

9018 R. S. Stone Walkers Rückkehr

9019 Leslie West Das Königreich im Michigansee

9020 R. S. Stone Die Hand am Colt

9021 Dietmar Kuegler San Pedro River

9022 Alex Mann Nur der Fluss war zwischen ihnen

9023 Dietmar Kuegler Alamo - Der Kampf um Texas

9024 Alfred Wallon Das Goliad-Massaker

9025 R. S. Stone Blutiger Winter

9026 R. S. Stone Der Damm von Baxter Ridge

9027 Alex Mann Dreitausend Rinder

9028 R. S. Stone Schwarzes Gold

9029 R. S. Stone Schmutziger Job

9030 Peter Dubina Bronco Canyon

9031 Alfred Wallon Butch Cassidy wird gejagt

9032 Alex Mann Die verlorene Patrouille

9033 Anton Serkalow Blaine Williams - Das Gesetz der Rache

9034 Alfred Wallon Kampf am Schienenstrang

9035 Alex Mann Mexico Marshal

9036 Alex Mann Der Rodeochampion

9037 R. S. Stone Vierzig Tage

9038 Alex Mann Die gejagten Zwei

9039 Peter Dubina Teufel der weißen Berge

9040 Peter Dubina Brennende Lager

9041 Peter Dubina Kampf bis zur letzten Patrone

9042 Dietmar Kuegler Der Scout und der General

Alex Mann

Der Rodeochampion

Diese Reihe erscheint als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2021 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogo: Mario HeyerSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-547-0Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

1. Kapitel

Der schwarze Wallach schnaubte zwischen seinen Schenkeln. Das Schnauben hatte etwas Gutmütiges, Friedliches. Seine Nüstern bebten kaum. Das Tier bewegte keinen einzigen Huf. Hank Bennet musste lächeln.

„Bereit, Champion?“, fragte der Mann am Gatter und hob seinen Arm.

„Ich bin immer bereit“, gab Hank selbstzufrieden zurück.

„Na dann, viel Glück.“

Der Arm rauschte herab, das Tor sprang auf, und der Wallach spurtete hinaus auf den Turnierplatz.

Er bockte einmal, zweimal, dreimal hoch, doch Hank lächelte nur. Seine Oberschenkel übten einen festen Druck auf den Brustkorb des Tieres aus.

Dann schlug der Schwarze aus. Sein Hinterteil streckte sich in die Luft, und er versuchte, Hank nach vorn abzuwerfen. Doch der erfahrene Rodeo-Reiter lehnte sein ganzes Gewicht nach hinten und schaffte es sogar, mit seiner ausgestreckten Hand seinen Hut zu lüften.

Die Menge, die sich an den Zäunen und auf den kleinen dreistufigen Holztribünen eingefunden hatte, brach in Jubel aus.

Jetzt drehte der Wallach auf der Hinterhand, bäumte sich auf und schlug dann immer wilder nach hinten aus. Er wollte seinen ihm lästigen Reiter endlich loswerden.

Hank hätte vielleicht noch ein paar Sekunden ausgehalten, aber er wollte den Leuten eine Show bieten. Er wusste, dass er auch so gewinnen würde.

Als der Schwarze zum fünften Mal ausschlug, lockerte Hank den Druck seiner Schenkel, wurde über den Kopf des Tieres geschleudert und landete im Dreck. Geschickt rollte er über die Schulter ab, kam auf beiden Füßen zum Stehen und spurtete auf den sicheren Zaun zu, wobei er ein weiteres Mal den Hut lüftete.

Wieder jubelte die Menge.

Unzählige Abwürfe mit schweren Knochenbrüchen hatten ihn in diesem kleinen Kunststück geschult.

„Der Champ aus Arizona, Hank Bennet, schafft es auf unglaubliche siebzehn Komma vier Sekunden“, rief der Kampfrichter. „Siebzehn Komma vier Sekunden, dann stieg er lässig von Geronimo ab.“

Die Menge jubelte ein drittes Mal, und ein drittes Mal lüftete Hank zum Dank den Hut.

Dann kletterte er auf den Zaun und warf einen Blick in die Starterbox, wo ein junger Kerl, vielleicht Anfang zwanzig, drei, vier, vielleicht fünf Jahre jünger als er, einen braunen Schecken bestiegt.

Dieses Pferd schnaubte ganz anders. Wilder, aggressiver, gefährlicher. Hank wunderte sich, dass er dem Jungen überhaupt erlaubte, aufzusitzen.

Er musterte diesen Kerl, der sich seinen zerdrückten braunen Hut in den Nacken schob. Er trug ein einfaches blaugestreiftes, fleckiges Baumwollhemd, ein rotes Halstuch, speckige Arbeitshosen, hatte aber weder Chaps noch Sporen.

Zweifellos, der Junge war kein Profi. Aber er saß auf einem Pferd für Profis.

Unwillkürlich fragte sich Hank, ob man ihm bewusst ein zweitklassiges Rodeo-Pferd gegeben hatte. Er hatte davon gehört, dass solche Wettbewerbe manipuliert wurden, hatte sich aber nie sonderlich dafür interessiert. Und warum sollte man es hier tun, in einem abgelegenen Nest in New Mexico, welches nie Rodeos veranstaltete, außer heute, weil man den Jahrhundertwechsel feiern wollte?

„Kommen wir zum letzten Teilnehmer“, meldete sich der Kampfrichter zu Wort. „Auf den Rodeo-Champion folgt jetzt ein echter Rodeo-Clown. Ich hoffe er wird nicht abgeworfen, bevor sein Pferd, dass auf den Namen Destry hört und dem ehrenwerten Mr. J. P. Murdock gehört, die Startbox verlässt.“

Bei diesen höhnischen Worten warf Hank dem Jungen in der Box einen kurzen Blick zu. Zornesröte war ihm ins Gesicht gestiegen. Er hatte die Lippen hart zusammengepresst und den Blick auf seinen Sattelknauf gesenkt.

„Ladys und Gentlemen, Max Stewart.“

Alle Zuschauer lachten laut auf.

Ungläubig musterte Hank die Reihen der Zuschauer. Es waren große Rancher, kleine Farmer, Hoteliers, Saloon- und Ladenbesitzer, Tagelöhner, Männer, Frauen, Kinder, Greise. Sie alle schienen aus vollem Halse zu lachen. Ein solch respektloses Verhalten gegenüber einem Rodeo-Reiter hatte er noch nie erlebt.

Er schaute wieder zu Max Stewart hinüber, der auf die Frage, ob er bereit sei, einfach den Arm hob.

Die Box sprang auf und Destry schoss auf den Turnierplatz. Noch bevor er ganz heraus war, hatte er zum ersten Mal den Buckel krumm gemacht und gleich darauf nach hinten ausgeschlagen.

Hank beobachtete, wie Max sich nach vorn zusammenkrümmte.

Der Schecke sprang nach links und rechts, streckte immer wieder den Buckel heraus und schlug heftig aus. Beim zweiten Mal rutschte Max auf seine linke Seite, beim dritten Mal verlor er den Halt, rollte unsanft über die Schulter des Pferdes und landete mit Kopf und Schulter gefährlich nah vor den Hufen des wilden Tieres.

Aber anstatt, wie so viele Tiere, auf den gestürzten Reiter loszugehen, gab Destry sofort Ruhe und trottete stolz über das Turnierfeld.

Max blieb angeschlagen im Dreck liegen und rührte sich nicht.

Hank sprang vom Zaun.

„Oh, so schnell konnte ich meinen Chronometer kaum betätigen“, höhnte der Kampfrichter. „Maxi hat es kaum auf vier Sekunden gebracht. Bleib bei deinen Latrinen, Kleiner.“

So lautstark, wie sie Hank bejubelt hatte, so lautstark verhöhnte die Menge jetzt mit ihrem Lachen und Grölen den armen Max Stewart, der noch immer im Dreck lag und sich nicht rührte.

Unwillkürlich musste Hank mit dem Kopf schütteln. Dann stapfte er über das Turnierfeld.

Er bemerkte, dass Max Brust bebte, konnte aber nicht sagen, ob aus Schmerz oder Wut.

Hank schob sich seinen Stetson in den Nacken und beugte sich zu dem Jungen herab.

„Wie geht‘s, mein Freund“, bemühte er sich so freundlich, wie es nur ging, zu sagen. Eigentlich hatte er sich selbst nie als besonders freundlichen Menschen gesehen.

„Meine Schulter“, stöhnte Max, und dabei erkannte Hank die Träne, die über seine rechte Wange gelaufen war. Und die kam sicherlich nicht von den Schmerzen des Sturzes.

„Hat es geknackt, als du gelandet bist?“

Max überlegte eine Sekunde. „Nein.“

„Dann ist sie höchstens verstaucht. Komm, ich helf dir auf.“

Er streckte ihm seine rechte Hand entgegen, und nach kurzem Zögern griff Max zu.

Hank zog ihn auf die Füße, bückte sich dann erneut und hob seinen Hut auf.

„Hier“, sagte er.

Max setzte seinen Hut auf. Hank schaute mit einem selbstsicheren Grinsen in die Menge, hob seine Arme über den Kopf und klatschte lautstark in seine Hände.

Diesmal schlug ihm eisige Stille entgegen.

„Wie lang reitest du schon, mein Freund?“

„Weiß nicht“, stammelte Max und rieb sich die Schulter. „Ich habe ein paar Mal auf ‘nem Pferd gesessen.“

„Du hast noch nie an einem Rodeo teilgenommen?“

„Nein.“

Hank verspürte Achtung vor dem Jungen. Destry war mit Abstand das wildeste Pferd, das er heute gesehen hatte. Die Technik des Jungen war zwar alles andere als ausgereift, aber er schien über ein gutes Balancegefühl zu verfügen und hatte instinktiv richtig mit den Schenkeln gearbeitet. Die meisten Anfänger klammerten eher mit den Knien. Er war sich immer noch nicht sicher, ob man ihm absichtlich das schlechteste Pferd zugeteilt hatte, aber er war überzeugt, dass der Junge das Beste bekommen hatte, weil die Menge ihn demütigen wollte.

Die Frage war nur, warum?

Er führte Max durch die kleine Öffnung im Zaun zu den Zelten der Teilnehmer, wo sich auch der Arzt befand.

„Hey, Mister“, rief er dem Mann zu, der seinen Zylinder an diesem heißen Sommertag mit einem breitkrempigen Strohhut vertauscht hatte und zufrieden an seiner Pfeife sog.

„Schauen Sie sich doch mal die Schulter dieses Champs hier an.“

Der Doktor verschluckte ein Lachen. „Unser Champ, hihihi. Der war gut“, kicherte er.

„Das meinte ich ernst, Doktor“, sagte Hank mit einem drohenden Unterton in der Stimme.

Der Arzt nahm seine Pfeife wieder zwischen die Lippen, paffte ein paar blaue Wölkchen in die Landschaft und musterte sie ausgiebig.

„Nun, Mister Bennet. Ich werde Ihnen mal etwas über Ihren Champ sagen. Er leert bei uns in der Stadt die Latrinen­eimer aus. Er wohnt mal hier, mal da und lebt von der Großzügigkeit einiger Leute, denen er für Unterkunft und Speise nie etwas bezahlt.“

„Das ist nicht wahr“, protestierte Max.

„Ich würde ihn sicherlich behandeln, wenn es lebensbedrohlich wäre, aber solange er aufrecht gehen kann, scheint es nur etwas weniger Schlimmes zu sein. Und dafür muss er mich dann schon bezahlen.“

„Er hat Sie bezahlt, Doktor“, gab Hank ungeduldig zurück.

„Wie meinen Sie das?“

„Sie sind doch der angestellte Turnierarzt?“

„Natürlich.“

„Und Sie werden von den Startgebühren bezahlt.“

Der Doktor zögerte kurz mit seiner Antwort. „Ja natürlich.“

„Hast du eine Startgebühr bezahlt, Max Stewart?“, fragte Hank an Max gerichtet.

„Ja.“

Hank nickte und wandte sich wieder dem Doktor zu.

„Also behandeln Sie ihn. Sonst könnte es für Sie lebensbedrohlich werden.“

Missmutig klopfte der Doktor seine Pfeife auf dem Absatz seiner schwarzen Schuhe aus und zog Max hinter sich her in den Schatten eines Zelts.

„Wir sehen uns später, mein Freund“, sagte Hank und tippte sich grüßend an den Hut.

Vom Turnierplatz scholl die Stimme des Kampfrichters wieder an sein Ohr.

„Kommen wir zur Siegerehrung …“

2. Kapitel

In seinem Kopf begann es zu rauschen, seine Zunge war schon schwer. Aber das Gute war, dass Hank Bennet, der Rodeo-Champion von Campo Verde, an diesem Abend sein Geld in der Tasche lassen konnte. Die Barkeeper der Saloons spendierten ihm ihre Drinks, und wenn sie glücklich waren, lud irgendein Bürger Hank dazu ein, bevor sie etwas sagen konnten.

Nur die langbeinige, braunäugige, volllippige, schwarzhaarige Schönheit von der Mesa Villar, die würde er nicht umsonst bekommen.

Doch sie hatte sich schon fest an seinen Arm gekrallt und begleitete ihn von Saloon zu Saloon. Ihr Name war Teresa.

Da niemand sein Geld haben wollte, bekam Hank Lust, zumindest einen Teil seiner fünfhundert Dollar Preisgeld zu verspielen. Also kehrte er, nachdem er alle Bars und Saloons der Stadt abgeklappert hatte, ins Mesa Villar zurück.

Auf einer erhöhten Empore im hinteren Teil des Hauses standen vier große Pokertische, die alle besetzt waren. An der Wand hingen großformatige Bilder, die den Westen in seinen etwas wilderen Zeiten präsentierten, als Cowboys große Herden nach Norden trieben und die Armee in den Bergen gegen die Indianer kämpfte.

Hank steuerte auf den vordersten zu, an dem er eine Reihe von Ranchern entdeckte, deren Pferde heute auf dem Rodeo aufgetreten waren. Ihm war weniger nach einem ernsthaften Spiel als vielmehr nach Zerstreuung und etwas Smalltalk.

„Darf ich mich zu Ihnen setzen, Gentlemen?“, fragte Hank, obwohl er bemerkt hatte, dass an dem Tisch kein Platz mehr frei war.

Einer der Rancher, der einen feinen grauen Anzug trug, lächelte ihn freundlich an, ohne dass seine Stirn unter dem strengen, aber gerade modischen Armeehaarschnitt Falten zog.

„Natürlich, Mister Bennet. Mister Tyrell wollte sowieso gerade gehen.“

Seine kalten grauen Augen richteten sich auf den dickleibigen Kerl, der rechts vor Hank saß.

„Ja, ihr habt mich heute schön ausgenommen“, sagte der dickliche Rancher und wuchtete seinen Körper aus dem Stuhl. „Gute Nacht, Gentlemen.“

Sie nickten ihm alle teilnahmslos zu. Hank löste sich aus Teresas Umklammerung und nahm Platz.

„Darf ich Ihnen eine Zigarre anbieten?“, fragte der Rancher und holte ein braunes Lederetui unter seinem Jackett hervor.

„Gern“, sagte Hank und nahm sich eine der Zigarren. „Wem habe ich zu danken?“

„Mein Name ist John Anderson Powell. Ich bin der Besitzer von Fury, Pacito und Destry.“

„Oh, dann darf ich Ihnen zu den besten Pferden ­gratulieren, die ich heute auf dem Rodeo gesehen habe.“

„Ihr Lob ehrt mich, Mister Bennet“, sagte Powell und bot Hank ein Streichholz an.

„Ganz ehrlich, Destry hat das Zeug, auf den ganz großen Rodeos aufzutreten. Ein wildes Tier.“

„Spielen wir auch noch, Anderson?“, fragte ein Mann am anderen Ende des Tisches, der die ganze Zeit die Karten gemischt hatte und jetzt den Stapel seinem Nebenmann zum Abheben hinlegte.

„Natürlich, natürlich“, entschuldigte sich Hank an Powells Stelle. „Wie hoch ist der Einstieg?“

„Fünf Dollar.“

„Die Gentlemen pokern hoch.“

„Das dürfte doch für einen Champion, wie Sie einer sind, nicht zu viel sein“, meinte der Kartengeber. „Ich bin Frederick Steele, der Nachbar vom alten Anderson.“

„Oh, wenn es ums Geld geht, kann ich es sicherlich nicht mit Ihnen aufnehmen, Gentlemen. Schon gar nicht, wenn ich immer nur fünfhundert Dollar Preisgeld verdienen würde.“

„Auf den großen Rodeos in Texas bekommen Sie sicherlich bedeutend mehr“, stellte Powell fest, während er seine Karten einzeln in seiner Hand sortierte.

Hank nahm sein ganzes Blatt auf einmal auf und betrachtete es sich genau, bevor er weitersprach.

„Sagen wir, es gibt mehr. Nicht bedeutend mehr“, murmelte er. Er hatte zwei Vieren, den Pik Buben, das Karoass und eine Sieben. „Ich mache in guten Monaten drei, vier Rodeos. Natürlich gewinnt man nicht immer, aber man zahlt immer die Startgebühr, die Unterkunft, die Reisekosten und manchmal auch teure und schlechte Ärzte. Und natürlich immer die Mädchen.“ Damit warf er Teresa ein kurzes Lächeln zu.

Die Partie wurde mit fünf Dollar eröffnet. Powell erhöhte umgehend auf zehn Dollar.

Hank zögerte nur kurz, was Powell bereits ein kleines Lächeln entlockte, dann warf er ebenfalls zehn Dollar in den Pot. Sein Nebenmann tat es ihm gleich, und auch Steele schob seinen Zehner scheinbar achtlos in die Tischmitte.

„Was ist, John, bleibst du dabei?“, fragte Powell den ersten Spieler. „Mister John Taggert betreibt das größte Fuhrunternehmen hier in der Stadt“, erklärte er Hank. „Aber anscheinend laufen seine Geschäfte schlecht, sonst würde er nicht jedem Dollar hinterher weinen, den er in den Pot werfen muss.“

„Vielleicht bin ich auch einfach nur ein schlechter Pokerspieler, Anderson“, gab Taggert zurück und legte fünf Ein-Dollar-Münzen auf die Geldscheine.

„Karten?“, fragte Steele trocken.

„Es klingt ein bisschen so, als wären Sie Ihr Leben leid“, sagte Powell scheinbar teilnahmslos an Hank gewandt.

„Das habe ich nicht gesagt.“

Hank wollte sich ungern von seinem Ass trennen, obwohl er damit seine Chance erhöhte, zwei weitere Vieren zu bekommen. Stattdessen musterte er jedoch nur die Sieben und den Buben aus und legte sie vor sich auf den Tisch.

„Ich mag das, was ich tue. Ich mag es, unabhängig zu sein. Aber ich würde es auch mal begrüßen, eine Zeitlang regelmäßig Geld zu verdienen und nicht wie ein Nomade zu leben. Zwei Karten.“

Während er seine Karten von Steele empfing, bemerkte er nicht, wie Powell den Mitspielern einen vielsagenden Blick zuwarf.

Das Spiel war für ihn gelaufen. Er bekam einen König und eine Acht.

„Campo Verde braucht einen neuen Sheriff“, sagte Powell. „Zwanzig Dollar.“

Hank warf Powell einen unsicheren Blick zu.

„Ich bin raus.“

Damit warf er seine Karten in den Pot.

„Ich halte das Gebot“, sagte sein Nebenmann.

„Gilt das nur für das Spiel, oder auch für Andersons Angebot, Mister Bennet?“, wollte Steele wissen und schob zwanzig Dollar in die Tischmitte, denen sofort die Karten von Taggert folgten.

„Das würde mich auch interessieren“, sagte der ­Fuhrunternehmer.

„Ich bin weder ein Gesetzeshüter noch ein Revolvermann“, sagte Hank.

„Vier Buben“, sagte Powell und legte seine Karten auf den Tisch.

Hank war so in das Gespräch vertieft, dass ihm das Blatt überhaupt nicht verdächtig vorkam.

„Wir wollen auch keinen Revolvermann“, sagte schließlich sein Nachbar zur Linken, der seine Karten ­zusammenfaltete und enttäuscht auf den Tisch warf. „Wir wollen einen Sheriff. Einen Mann, den die Menschen hier achten und respektieren. Schauen Sie sich an. Sie sind ein stattlicher junger Kerl, und nach Ihrem Auftritt heute werden die Leute Sie lieben.“

Hank kratzte sich am Kinn. „Was verdient der Sheriff hier?“

„Das Territorium gibt fünfzig Dollar. Aber da uns an Recht und Ordnung gelegen ist, würden wir noch einmal hundert Dollar drauflegen. Außerdem müssten Sie nichts für Ihre Unterkunft bezahlen.“

„Mit wir meinen Sie …“

„… die wichtigsten Bürger von Campo Verde. Mister Steele, Mister Taggert, Mister Bowden, zu Ihrer Linken, der zufällig der Besitzer dieses Etablissements ist, und meine Wenigkeit.“

Gelassen strich Powell seine Gewinne ein.

„Was ist mit dem aktuellen Sheriff?“

„Wir haben ja keinen.“

„Und was ist mit dem letzten?“

Powell zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Der war nicht gut genug. Was ist, Mister Bennet? Haben Sie Angst? Oder warum zögern Sie? Ist Ihnen unser Angebot nicht hoch genug?“

„Das nicht. Aber ich denke, dass ich für diesen Job nicht geeignet bin.“

Powell stapelte seinen Gewinn fein säuberlich vor sich auf den Tisch. Dann schob er seinen Stuhl zurück und ging auf die Balustrade zu, die die Empore vom übrigen Saloon abtrennte.

Er räusperte sich. „Hey! Hey! Seid mal alle ruhig.“

Seine Rechte bedeutete der tanzenden, lärmenden und grölenden Menge, zu schweigen.

„Freunde. Wie ihr wisst, hat Campo Verde seit fast zwei Monaten keinen Sheriff mehr. Keiner wollte den Job übernehmen, und so wirklich wusste auch keiner von uns, wer der richtige Mann dafür wäre. Nun, ich denke, wir alle haben den richtigen Mann heute gesehen. Ein stattlicher Mann. Ein harter Mann. Ein exzellenter Reiter. Und – wir alle waren darüber erstaunt – sogar ein echter Gentleman.“ Er legte eine Künstlerpause ein und räusperte sich ein weiteres Mal. „Hätte irgendjemand etwas einzuwenden, wenn ich Hank Bennet als unseren neuen Sheriff vorschlagen würde?“

Ein kurzer Moment des Schweigens. Dann feuriger Jubel. Hüte flogen in die Luft, und ein halbes Dutzend Revolver krachten. Die Männer schrien wie verrückt. Der Mann am Klavier stimmte ein freudiges Lied an.

Powell stützte seine Hände gelassen die Revers seines Jacketts und wandte sich wieder Hank Bennet zu.

Der Rodeo-Champ beobachtete diese Szenen ausgelassener Freude. In den vergangenen Tagen hatte Campo Verde auf ihn den Eindruck einer abgelegenen Grenzstadt gemacht, die sich auf den Fortschritt des nächsten Jahrhunderts freute. Der altmodische Telegraph würde bald durch eine moderne Telefonverbindung nach Las Cruces ersetzt werden. Die Arbeiter der American Telephone &Telegraph Company arbeiteten bereits daran. Allerdings gab es weder eine Eisenbahnverbindung noch Erdölvorkommen, die viele kleine Städte wie Campo Verde in dieser Region reich gemacht hatten. Stattdessen gab es im Süden und Westen der Stadt Wasserlöcher, so groß wie kleine Seen. Das war der einzige Reichtum der Stadt. Und während die Zivilisation den Westen immer kleiner werden ließ, bewahrte sich Campo Verde einen Teil seines Charakters als Stadt der Pioniere. Und das gefiel Hank. All diese Gedanken gingen ihm durch den Kopf, während die Männer ihre Hüte aufhoben und sich neuen Whisky und frisches Bier bestellten.

„Was ist? Nehmen Sie an?“, fragte Powell schließlich.

„Muss ein Sheriff nicht gewählt werden?“

„Hören Sie sich die Menge an. Glauben Sie wirklich, dass es in Campo Verde noch genügend Menschen gibt, um Ihre Wahl zu verhindern? Ich würde sogar behaupten, dass Sie nicht einen finden werden.“

„Ich habe nie danach gefragt, Sheriff zu werden.“

„Aber wir fragen – nein, wir bitten Sie sogar darum, Mister Bennet. Wenn es nur am Geld liegt, dann nennen Sie uns Ihren Preis!“

Hank schüttelte mit dem Kopf und drückte seine Zigarre in einem kleinen Messingaschenbecher aus.

„Es ist keine Frage des Geldes. Ich weiß nur nicht, ob ich der richtige Mann dafür bin.“

„Wir haben Vertrauen in Sie. Nehmen Sie an. Sie können jederzeit auf unsere Unterstützung zählen.“

Powell reichte ihm seine kräftige Hand hin.

„Schlagen Sie ein.“

Zögerlich griff Hank zu. Und sowie der Pakt besiegelt war, fühlte er einen kleinen Rausch in sich aufsteigen. Seine Gedanken waren vom Whisky schon zu sehr vernebelt, und auch die Zigarre hatte seinem Kopf nicht gutgetan, von daher war er nicht sicher, ob es Stolz oder Übelkeit war, die er spürte. Er vermutete, es war Stolz. Stolz darüber, den Sprung von einem umjubelten in einen ehrbaren und angesehenen Beruf geschafft zu haben. Oder war es doch Übelkeit?

„Wir vereidigen Sie morgen in Ihrem Büro. Es befindet sich am Ende der Straße. Sie können aber heute schon dort schlafen. Die Tür ist offen.“

„Oh, ich glaube, ich schlafe heute woanders“, erwiderte Hank und wandte sich endlich wieder Teresa zu, die noch immer mit verschränkten Armen hinter seinem Stuhl stand und diese Komödie zurückhaltend beobachtet hatte.

„Ich denke, ich habe für heute genug gespielt, Gentlemen“, sagte er und bot Teresa seinen Arm dar.

Mit einem Grinsen beobachtete John Anderson Powell, wie der neue Sheriff von Campo Verde auf unsicheren Beinen die Treppen hinauf zum Bett der schönsten Hure in der Stadt stieg.

3. Kapitel

Es war Übelkeit. Hank war Teresa auf ihr Zimmer gefolgt und hatte sich fast sofort in ihren Nachttopf übergeben. Dann war er friedlich in ihren Armen eingeschlafen.

Als er aufwachte, schlief sie. Tief und fest. Hank wusch sich, zog sich seine nicht mehr frischen Sachen an und ging dann zum Büro des Sheriffs. Es war ein kleines steinernes Haus am Ende der Straße mit einer primitiven Veranda aus Holz. Die Sonne hatte das hölzerne Geländer ausgetrocknet. Von dem ursprünglichen blauen Anstrich war kaum etwas übriggeblieben. Gras spross an allen Ecken des Hauses hoch empor.

Es war noch niemand da, also öffnete er die Tür, die tatsächlich nicht abgeschlossen war, und trat in einen großen Raum. Darin befanden sich ein Schreibtisch, zwei Akten- und ein Waffenschrank. Von innen machte das Gebäude einen besseren Eindruck als von draußen.

Hank ging zum Schreibtisch und öffnete die oberste Schublade. Dabei bemerkte er, dass alles sehr ordentlich und aufgeräumt war. Kein einziges Staubkorn lag auf dem Tisch. In der obersten Schublade befand sich, wie er vermutet hatte, ein Schlüsselbund. Er nahm ihn heraus und ging zum Waffenschrank. Der zweite Schlüssel passte.

In dem Schrank befanden sich eine alte Büffelsharps, drei Winchester, zwei Schrotgewehre und drei Revolvergürtel. Hank hatte nicht viel Ahnung von Waffen, also griff er sich einfach den schwarzen Revolvergurt heraus, da er annahm, er würde am besten zu ihm passen. Im Holster steckte ein geölter Peacemaker mit Beingriff. Die Waffe war geladen und so sauber und ordentlich, als wäre sie gerade erst im Laden verkauft worden.

Er hatte den Gurt kaum umgeschnallt, als die Tür wieder aufgeschlagen wurde. Steele, Taggert, Bowden und Powell kamen herein. Ihnen folgte ein fünfter Mann, der seine Ähnlichkeit zu Powell hinter einem Vollbart versteckte und eine kleine Melone zu seinem schwarzen Anzug trug. Sie alle machten freundliche Gesichter, als sie Hank Bennet entdeckten.

„Sie sind früh auf, Champion“, grüßte ihn Powell. „Oder sollte ich besser Sheriff sagen? Darf ich Ihnen meinen Bruder James Butler Powell vorstellen? Er ist hier der Bürgermeister und wird Ihre Vereidigung vornehmen.“

„Es freut mich“, sagte der Mann mit der Melone und reichte ihm die Hand. „Wie ich sehe, haben Sie die Schlüssel schon gefunden. In der gleichen Schublade finden Sie auch Ihr Abzeichen. Jetzt heben Sie Ihre rechte Hand.“

Hank tat, was man ihm gesagt hatte.

„Schwören Sie, die Bürger von Campo Verde zu schützen, das Gesetz des Territoriums von Arizona durchzusetzen und Gott zu achten?“

„Ich schwöre“, sagte Hank trocken und versuchte zu verhindern, dass er einen neuen Anflug von Stolz auf die Schuhe des Bürgermeisters erbrach.

„Sollte er nicht auf eine Bibel schwören?“, fragte Taggert.

„Haben wir eine Bibel?“

Die Männer blickten sich stumm an.

„Was soll‘s“, unterbrach schließlich John Anderson Powell das Schweigen. „Auf den Eid kommt es an, und den hat er geleistet. Bibel hin, Bibel her.“

„Dann gratuliere ich Ihnen, Sheriff. Wenn ich Ihnen einen Tipp geben darf, dann gehen Sie erst einmal etwas essen. Sie sehen fürchterlich aus.“

„Mir ist mehr nach Kaffee.“

„Ich lasse Ihnen welchen vom Audry´s bringen“, sagte Anderson Powell. „Machen Sie es sich in Ihrem Büro bequem und richten Sie sich ein.“

Steele, Taggert und Bowden beglückwünschten ihn der Reihe nach, und dann waren sie auch schon wieder aus seinem Büro verschwunden. Die ganze Zeremonie hatte keine fünf Minuten gedauert, und wenn Hank sich nicht sicher gewesen wäre, noch den Druck von fünf Händen in den Fingern zu spüren, hätte er es wohl für einen Traum gehalten.

Der neuernannte Sheriff trat an seinen Schreibtisch zurück, griff in die Schublade und holte einen kleinen Blechstern heraus, den er sich unsicher auf die linke Brust heftete. Dann trat er auf die Veranda und ließ sich erschöpft auf einen Stuhl fallen.