What about Love? What about Trust? - Gustav Knudsen - E-Book

What about Love? What about Trust? E-Book

Gustav Knudsen

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Beschreibung

In Band 4 der Romanreihe 'Die frühen 1980er Jahre - prägend und einprägend' geht es für Gustav nach London. In der Fortsetzung von 'Liebe ist ein fremdes Land' findet er sich erneut vor einigen Herausforderungen. Im eher trüben England, das mit einigen - für Gäste von ausserhalb - gewöhnungsbedürftigen Eigenarten aufwartete, war es nicht nur der Linksverkehr der Gustav schwer zu schaffen machte. Rechts überholt zu werden war schon eigenartig. Die Sorge aber in Richtung Vertrauen und Liebe 'falsch abzubiegen' war es noch viel mehr. Seine Beziehung zu seiner 'Krankenschwester' Wilma entwickelte und änderte sich mehr und mehr. Gustav wird klar dass er 'zu ihr' wollte, sie liebte. Sie noch mehr kennen lernen wollte. Nur war es so ganz anders als 'sonst'. Aus einer Art 'Gewohnheit' heraus hatten sie zueinander gefunden und sich erst dann ineinander verliebt. Aus den Wochen in denen Wilma Gustav umsorgt hatte, sind immer engere Vertrautheiten entstanden. Grenzen wurden zwangsläufig überschritten.

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In Band 4 der Romanreihe „Die frühen 1980er Jahre – prägend und einprägend“ geht es für Gustav nach London. In der Fortsetzung von „Liebe ist ein fremdes Land“ findet er sich erneut vor einigen Herausforderungen.

Im eher trüben England, das mit einigen - für Gäste von ausserhalb - gewöhnungsbedürftigen Eigenarten aufwartete, war es nicht nur der Linksverkehr der Gustav schwer zu schaffen machte.

Rechts überholt zu werden war schon eigenartig. Die Sorge aber in Richtung Vertrauen und Liebe "falsch abzubiegen" war es noch viel mehr.

Seine Beziehung zu seiner „Krankenschwester“ Wilma entwickelte und änderte sich mehr und mehr. Gustav wird klar dass er „zu ihr“ wollte, sie liebte. Sie noch mehr kennen lernen wollte. Nur war es so ganz anders als „sonst“.

Aus einer Art „Gewohnheit“ heraus hatten sie zueinander gefunden und sich erst dann ineinander verliebt. Aus den Wochen in denen Wilma Gustav umsorgt hatte, sind immer engere Vertrautheiten entstanden. Grenzen wurden zwangsläufig überschritten.

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Wurde es in England, in Dover, früher dunkel? Oder hatten wir einfach nur die Zeit aus den Augen verloren. Gut, es gab schon einen Zeitunterschied. Warum auch immer herrschte in England eine andere Uhrzeit als in Holland, oder auch dem nur knapp 30 Kilometer entfernten Frankreich.

Da sollte mich jetzt aber nicht mehr verwundern. Die fahren auf der falschen Strassenseite, essen wirklich ekelhafte Dinge. Da fällt das nicht mehr so ins Gewicht. Die sind einfach irgendwie anders als „unsereins“.

Inhaltsverzeichnis

„Prolog“

„God save the Queen“

„Two lost souls“

„Wer Kent kennt …“

„Baby, it’s Dover now“

„Ein Erlebnis“

„Hastings“

„Willekes Geburtstag“

„Kratzen für Anfänger“

„London’s calling“

„Lady Chatterley“

„Planung ist alles“

„The Power of Love“

„Thusnelda“

„Promis“

„Verarscht“

„Brusttraining“

„Geh’ mal zur Seite“

„Body Wishes“

„Die Heizung“

„Rod Stewart“

„Time waits for no one“

„Indischer Ozean“

„Frust oder Lust“

„Froschfresser“

„Home ist where your heart is“

„Pralinen, Bier, Fritten“

„Rummel. Delirium.“

„Hungry for Love“

„Zurück“

„Halt mich fest“

„Das Kondom“

„Anatomie“

„Epilog“

„Prolog“

Wilmas Worte prallten von einer Seite in meinem Kopf gegen die andere – und wieder zurück. Immer und immer wieder. „Deine Reise geht alleine weiter. Du fährst zur Hölle“. Genau so fühlte ich mich – auf dem Weg „Straight to hell“.

Wir hatten uns entschieden unseren Urlaub trotz aller Ungereimtheiten fortzusetzen. All meiner Ungereimtheiten. Lag es doch ausschliesslich an mir. Und auch bei mir das in den Griff zu bekommen, in die richtige Richtung zu lenken. Meine innere Zerrissenheit endlich „zu reparieren“.

Alle Taschen waren gepackt, unser Gepäck im Auto verstaut. Wilma war seit unserem gestrigen Gespräch extrem zurückhaltend und distanziert zu mir. War das verwunderlich?

Natürlich nicht, hatte ich mich doch ihr gegenüber als ein „echtes Kameradenschwein“ präsentiert. Unehrlich, unzuverlässig, oberflächlich. Eigentlich sogar noch mehr. Ein richtiger Fickfacker.

„Liebst du mich? Und wenn ja, warum behandelst du mich so?“ Diese Frage, die Wilma gestellt hatte - eigentlich waren es ja zwei, direkt und untrennbar miteinander verbunden - musste ich beantworten. Zuerst natürlich mir selbst, wie sonst hätte ich ihr das erklären können?

Aber was gab es da zu erklären? Dass mein Mund Worte sprach, die mein Herz nicht fühlte? War das tatsächlich so?

Bevor ich den Motor des Mercedes startete schaute ich Wilma an. „Ich möchte, ich muss mit dir reden“. Ihr Blick traf mich, mitten ins Herz. „Ach ja? Und worüber? Und für wie lange gilt das?“ „Wilma …“ Sie unterbrach mich sofort. „Spar’ dir das. Fahr’ einfach los.“ Wilma machte eine kurze Pause, atmete tief ein. „Die Richtung wählst du selber“.

Fragend blickte ich sie an. „Wie? Die Richtung ..“. Wilma legte ihre Hand auf meine, die schon an der Gangschaltung des Automatikgetriebes lag. „Es gibt nur zwei – zu mir oder fort von mir“.

Also doch so was wie „Ja oder Nein“, „Schwarz oder Weiss“. Ich legte den Rückwärtsgang ein, drehte den Mercedes in der Hofeinfahrt der Pension. Béa stand auf der Treppe, winkte uns zum Abschied freundlich zu.

Bevor wir auf die Strasse - „Chemin des Dunes“ - einbogen hielt ich an. „Lass’ mich wenigstens sagen was ich sagen möchte. Block’ nicht jeden Satz von mir einfach ab“.

Wilma explodierte. „Verdammt, weißt du was du nur die letzten paar Stunden gesagt hast? Ja, weißt du das?“

Nicht mal die Zeit um Luft für einen längeren Satz zu holen blieb mir. „Du liebst mich – du denkst an Linda – du denkst an Willeke – du liebst mich – du möchtest nicht ohne mich leben. Was denn jetzt? Was davon soll ich dir glauben? Alles? Oder auch nichts davon? Weißt du überhaupt was du mir antust? Ich bin doch nicht so ein Luftballon, mit dem du wie ein Seelöwe im Zirkus rumspielen kannst“.

Während ich wieder einen Gang einlegte fragte ich Wilma „Also, wohin jetzt?“ „Das ist alles was du zu sagen hast, wohin jetzt?“ Stumm sah ich sie an. „Bitte, fahr’ jetzt los, bevor ich einen Anfall bekomme“.

Was meinte sie mit „bekomme“? Was war das denn gerade?

Kurz nachdem wir den Dünenbereich verlassen hatten begann die „Rue des Garennes“, erste Hinweisschilder, die zum Fährhafen verwiesen tauchten auf. Aber auch in die Entgegengesetzte Richtung, „N216“ - Richtung Autobahn.

„So, jetzt musst du dich entscheiden“. Wilmas Ton war schon wieder etwas freundlicher. „Wie jetzt? Was entscheiden?“ wollte ich von ihr wissen“.

„Ja, habe ich doch gerade erst gesagt. Zu mir – unseren Urlaub fortsetzen – zur Fähre, oder auf die Autobahn – nach Rockanje“.

Ich hielt an und stieg aus, ging um den Daimler herum, öffnete die Beifahrertüre. „Steig’ aus“. Wilma sah mich mit grossen Augen an. „Willst du mich hier rausschmeissen?“ „Steig’ aus“.

Mit „glasigen“ Augen stand Wilma vor mir. Ich nahm sie in den Arm. „Kannst du bitte aufhören mich rund zu machen. Fahr’ einfach selber. Egal wohin. Aber hör’ auf damit, hör’ auf damit auf mich einzureden“.

„Ich … Ich hab’ jetzt echt gedacht du setzt mich hier aus“. Einen Moment war sie sprachlos. Gott sei dank. In meinem Kopf herrschte das totale Chaos. Es war nicht nur die Frage wohin, Norden oder Süden, „von mir“ oder „zu mir“, nichts konnte ich beantworten, aber auch gar nichts.

„Bitte fahr’ du weiter. Ich kann einfach nicht mehr. Gar nichts, ich kann gar nichts“. Tränen schossen in meine Augen.

Wilma nahm mein Gesicht in ihre Hände. „Es tut mir leid wie ich mit dir geredet habe. Nicht was ich gesagt habe, aber wie ich es gesagt habe“.

Durch meine „verwässerten“ Augen sah ich sie an. „Ich bin verloren. Ich bin krank. Ich brauch’ Hilfe. Ich gehöre in eine Anstalt“.

„Setz’ dich ins Auto. Wir fahren in den Hafen. Dann reden wir“. Wilma ging zur Fahrerseite, startete den Mercedes.

Zu meiner Verwunderung hielt Wilma an einem Bistro an der „Avenue du Commandant Cousteau“, der direkten Zubringerstrasse zum Fährhafen.

„Bevor wir irgendetwas entscheiden musst du dich mir anvertrauen. Ich glaube nicht dass du krank bist, sondern dass du verdammt einsam bist. Auch wenn wir zusammen sind. Kann das sein?“

Diese Frage, besser gesagt, diese Einschätzung sass wie ein Fausthieb von George Foreman. In wenigen Tagen wäre der Geburtstag von Willeke, den wir ein Jahr zuvor so ausgelassen gefeiert hatten und sie von mir ihren sehnlichsten Wunsch als „Geschenk“ bekommen hatte – unser gemeinsames Kind.

Aber ich mochte, wollte, konnte nicht mit Wilma darüber sprechen. Es war wie ein Dorn, der tief in meinem Herzen steckte – und sich auch nicht herausziehen liess, egal wie fest ich auch versuchte daran zu ziehen. Ich war sogar fest davon überzeugt dass, wenn man ihn herausziehen könnte, ich „ausbluten“ würde.

„Damit das mal direkt klar ist, ich will und ich möchte dich nicht verlassen, nicht von dir fort“. Wilma hatte meine Gedankenverlorenheit durchbrochen. „Ich liebe dich, das weißt du, oder? Das musst du wissen“.

Ja, das wusste ich, das spürte ich. Und ich liebte sie, Wilma, auch. Wenn da nicht immer etwas wäre das diese Liebe zerstörte. Ich war es selber, nicht irgendetwas, dass das zerstörte. Je grösser unsere Vertrautheit wurde, je grösser unsere Nähe wurde, desto heftiger „lehnte“ sich irgendetwas in mir auf dieses Gefühl zu zerstören.

Nur was? Was war dieses „irgendetwas“?

All das versuchte ich Wilma gegenüber in Worte zu formulieren. Dass ich sehr wohl alles „ehrlich“ zu ihr meinte, sagte. Ihr mit Geschenken, wie der Smaragdhalskette meine aufrichtige Liebe bezeugte. Und mich auch bei ihr sehr geborgen und verstanden wusste.

Aber dass da auch ein kleiner „Teufel“ war, der es zu verstehen wusste wie er mit nur einem kleinen Gedankengang alles zunichte machen konnte.

„Dann müssen wir - dann musst du diesen Dämon besiegen“. Wilma hatte meine Hand gegriffen. „Ich weiss, ich spüre dass du mich liebst. Ich werde diese Frage nicht mehr stellen“.

Sie drückte fest meine Hand. „Du bist doch sonst so stark, lass’ es nicht zu dass dich jemand so unterbuttert. Zumal du es ja selber bist“. Wilma beugte sich über den Tisch, gab mir einen zärtlichen Kuss. „Free your mind“.

Aus der Bar konnte man beim Blick aus dem Fenster, über die Strasse hinweg, das Treiben im Fährhafen beobachten. Unzählige LKW, mit Containern beladen, wuselten auf dem Gelände hin und her.

Ich war vom Tisch aufgestanden, ging an das Fenster, blickte in den Hafen. Hin zur Fähre, die kurz zuvor eingelaufen war und aus deren Bauch jetzt die Autos strömten. So als wenn das Schiff die Fahrzeuge ausspeien würde.

„Und, mein Liebling. Was meinst du? Wollen wir unseren Urlaub fortsetzen?“ Bevor ich eine Antwort geben konnte hatte Wilma schon hinzugefügt „Also ich möchte auf jeden Fall weiterhin die Welt erkunden. An deiner Seite. Mit dir gemeinsam“.

Ich war es doch, der sie, Wilma, gebeten hatte gemeinsam mit mir in Urlaub zu fahren. Also müsste es doch auch an mir sein, diesen Urlaub mit ihr fortzusetzen. Was ich auch inständig wollte.

Und wäre es nicht schäbig jetzt, mit Sicht auf die Fähre nach England, einen Rückzieher zu machen? Alles kaputt zu machen, auf das sie sich freute? Nicht nur den gemeinsamen Urlaub, auch die gemeinsame Zeit mit mir?

Und es war auch so dass ich „zu ihr“ wollte, sie liebte. Sie noch mehr kennen lernen wollte. Nur war es bei uns so ganz anders als „sonst“. Wir hatten aus einer Art „Gewohnheit“ heraus zueinander gefunden und uns erst dann ineinander verliebt. Ich zumindest.

Ich hatte mich in meine Krankenschwester verliebt. Und eben nicht den umgekehrten Weg. Dass ich mich in eine Frau verliebt hatte und sie dann kennen lernte. Aus den Wochen in denen sie mich umsorgt hatte sind immer engere Vertrautheiten entstanden, Grenzen wurden zwangsläufig überschritten.

Darum war jetzt auch die Zeit des Kennenlernens gekommen, davor war alles „eingefahren“ und eingespielt. Eine „Beziehung“ die aus Routine entstanden war und nicht aus Verliebtheit.

Aber das konnte, das durfte ich nicht sagen. Denn, und das war auch gar nicht unerheblich – ich liebte Wilma, war in sie verliebt. Nur dass eben nicht unsere, meine Verliebtheit, zu unserer Beziehung geführt hatte, sondern die „Gewohnheit“.

„Wie krieg’ ich das geregelt?“ Das war nur eine Frage, die es für mich galt geklärt zu werden. Und was war mit Linda?

Das hatte ich vergleichsweise schnell mit mir abgemacht. Ich war einfach nur scharf auf sie, ihr Äußeres reizte mich. Sie war einfach so anders. Ihre roten Haare, ihre „teuflische Verlockung“. Ich wollte sie ficken, „auf Teufel komm’ raus“ sozusagen.

„Rote Haare, Sommersprossen, sind des Teufels Artgenossen“, das hatte mir Willeke schon gesagt, als ich Linda zum ersten Male getroffen hatte. „Rote Haare sind der Inbegriff von Hexerei und Zauberei“. Und irgendwie wohnte ein Art „Zauber“ auch in Linda.

„Also, was meinst du?“ Wilma hatte mich wieder in das Café zurückgeholt, aus dem ich so abgedriftet war, gedanklich.

Aber anscheinend noch nicht so ganz. „Ich will mit dir ficken“ sagte ich direkt, hatte gar nicht wirklich wahrgenommen was Wilma mich gefragt hatte.

Wilma musste lachen, schaute aber gleichzeitig sehr erstaunt. „Darüber hast du jetzt so lange nachgedacht, gegrübelt?“.

„Ähhh. Ich war in Gedanken“.

Wilma nahm meine Hand. „Ich frag’ dich was und du willst mit mir ficken? Also bitte. Das interessiert mich dann schon worüber du nachgedacht hast“.

Wie kam ich jetzt aus der unangenehmen Nummer raus? Irgendetwas zum Entkrampfen musste her.

„Wollen wir uns nicht erstmal Tickets für die Fähre besorgen?“ wollte ich wissen. Besser gesagt, warf ich ein um mich aus der Situation zu befreien.

„Du willst also mit mir weiterhin in Urlaub fahren?“ Wilma sah mich mit grossen Augen an. Ihre Freude war zu erkennen.

„Ja, unbedingt. Und auch mit dir weiter reden. Aber wir sollten uns wirklich einen Platz buchen, bevor wir hier in dem Café kleben bleiben“.

„Also, dann komm’. Lass’ uns ins Terminal fahren“. Sie stand auf, griff meine Hand. „Na komm’, auf geht’s“.

Im Prinzip brauchten wir ja nur die Strassenseite wechseln, der Fähranlage war quasi „gegenüber“. Wilma parkte den Mercedes auf einem grossen Stellplatz vor dem Fährterminal, wir betraten die Schalterhalle.

„Lass’ uns aber mit dem Hovercraft fahren, nicht mit der normalen Fähre. Geht das?“ übernahm ich das Gespräch.

Ich hatte die riesige Fähre beim Anlegemanöver aus dem Café heraus beobachtet, wie sie Gischt aufwirbelte und einen Höllenlärm machte.

Bevor wir an den Verkaufsschalter traten sagte Wilma leise, so dass es keiner mitbekam, zu mir „Und bevor du an Ficken denkst MUSST du mit mir reden. Egal wann. Erst reden, dann ficken“. Bewusst legte sie eine Pause ein. „Erst musst du dich erklären, dann ficken. Vielleicht, wenn überhaupt“.

„God save the Queen“

Wir lösten zwei Tickets plus Fahrzeugtransport bei „Hoverspeed“ für die „SRN4 Mk III The Princess Margaret“.

„Wenn Sie wollen können Sie jetzt gleich mit der Fähre übersetzen, die nächste geht dann erst in drei Stunden“, erklärte die uniformierte Dame uns. „Noch sind einige Plätze frei“.

„Wollen wir?“ fragte mich Wilma. „Ja, auf jeden Fall“ Ich war schon sehr aufgeregt.

Das „Luftkissen“ hatte sich „entleert“, über eine Rampe gelangten wir mit dem Mercedes in den Rumpf. „Drive on the left“ war auch im Inneren des Luftkissenfahrzeugs auf grossen Hinweistafeln überall zu lesen. Dann gingen wir „nach oben“, in den Fahrgastbereich. Das erinnerte mich ein wenig an die „Brent Spar“. Stahlblechwände, allerdings mit etlichen Fenstern.

Während ich geparkt hatte fiel mir der merkwürdige Anblick bei einigen Autos bereits hier auf. Da wo sonst der Fahrer des PKW sass, das Lenkrad war, war niemand zu sehen. „Die sind doch voll blöd, diese Engländer“. Mehr war dazu nicht zu sagen.

Die Fähre hob sich unter riesigem Getöse an, drehte sich ins Wasser. Aus dem Fenster heraus konnte man die Gischt aufspritzen sehen, den Lärm der Propeller hören. Irgendwie wie ein Hubschrauber, nur dass er auf der Seite lag.

Kabinen gab es keine, nur so eine Art Gemeinschaftsraum, wo alle auf gepolsterten Sitzen sassen. Gut dass wir einen Fensterplatz abbekommen hatten.

Was aber selbst aus der „Kabine“ heraus spürbar war – das Ding ging echt ab. Und war laut. Und unbequem. Also nicht komfortabel. An Unterhaltung mit Wilma war auch eher weniger, wegen der Geräuschkulisse zum einen und wegen des „Schwebens“ über den Ärmelkanal, zu denken.

Der Anblick der hellen „Kreidefelsen“ war dafür umso imposanter. Eine steile Felsküste, kein Strand wie wir es gewohnt waren. Es sah so aus als hätte ein Riese mit einem übergrossen Spaten einfach so das Land abgestochen.

Die reine Fahrtzeit der Fähre war deutlich unter 45 Minuten, das Ein- und Ausladen der PKW-Fracht dauerte fast genau so lange wie die reine Fährverbindung.

„Welcome to Kent“ stand auf einem Hinweisschild, kurz nachdem wir die „Hovercraft“ verlassen hatten. Nur wenige Meter weiter wieder ein Schild. „Drive left“. Wieso jetzt links abbiegen? Will ich da überhaupt hin?

„Stop. Stop“. Wilma brüllte mich laut an. Instinktiv tat ich auch genau das. Ich trat voll auf die Bremse. Puh, das war knapp. „Dieser Idiot. Wär’ uns fast Reingefahren. Was für ein Arschloch“.

„Mann, das stand doch da. Drive left. Du bist auf der falschen Strassenseite“. Obwohl Wilma mich so angeschrieen hatte lachte sie. „Wir sind in England. Hier ist Linksverkehr. Du fährst auf der falschen Seite, nicht der“.

Mir fiel der Spruch aus “Monty Python and the Holy Grail” ein – “Verpisst euch ihr schwulen Engländer”. Ich musste grinsen, sagte es dann laut. “Verpisst euch ihr schwulen Engländer”.

„Ne, also da muss ich mich erstmal dran gewöhnen. Dass die einfach auf der falschen Seite fahren. Willst du fahren?“ Ich schaute zu Wilma herüber. „Waaas? Ne, auf keinen Fall. Du bist doch viel geübter als ich“.

„Dann suchen wir uns hier eine Pension. Ich will auch was essen. Und … ich wollte doch mit dir reden“. Wilma sah mich an, nahm meine Hand. „Ich hab’ echt gedacht du verdrängst das einfach“. „Nein Wilma. Ich muss mit dir reden. Ich will mit dir reden. Ich will das loswerden. Bevor ich dich loswerde“.

„Wie? Mich loswerde? Du willst …“. „Äh, nein. So war das nicht gemeint. Bevor du dich von mir trennst, das meinte ich“. Sie drückte meine Hand. „Gibt es denn einen Grund, dass du das befürchtest?“.

„Wir sprechen gleich, okay? Nicht jetzt im Auto. Das ist mir echt zu stressig. Mit den ganzen Falschfahrern“.

Wir waren etwas ausserhalb von Dover, in „St Margaret's at Cliffe“ eingetroffen, parkten auf einem Platz in der Nähe der „Sea Street“, suchten eine Pension. „Für eine Nacht, bitte. Ein Doppelzimmer“.

Nachdem man an der Rezeption unsere Namen aus den Pässen notiert hatte, brachten wir nur schnell das Gepäck auf das Zimmer, fragten nach einem Restaurant.

„Etwas weiter hier die Strasse rauf, auf der High Street, finden Sie das „The Smugglers“. Eigentlich ein Pub, aber dort können Sie auch Essen“ wusste die Dame an der Rezeption. Über der Rezeption hing eine Tafel. „The closest English village to France” war dort mit Kreide angeschrieben. Ansonsten fand ich das Haus eher so „na, geht so“.

Auch die Ortschaft, wenn man das überhaupt so bezeichnen konnte, war eher „geht so“. Schön grün, sehr ländlich. Das auf jeden Fall. Aber sonst. Hier wollte ich nicht unbedingt begraben werden. Aber dafür war ich ja auch nicht hier. Der Hauptgrund war „ich wollte nicht Autofahren“. Und dann auch direkt gefolgt von „Ich muss mit Wilma reden“.

Vor dem Restaurant, oder wie sollte man die kleine Hütte nennen, stand eine Tafel. „We serve Fantastic Ales, lager and spirits and a freshly cooked menu”. Na, lassen wir uns mal überraschen. Was anderes blieb eh nicht, weil auch die einzige Speiselokalität im Ort. Was mir aber sofort ins Auge gesprungen war – Öffnungszeiten bis 22 Uhr. Waas? Um zehn Uhr ist hier Feierabend? Kann doch nicht sein? Da fängt der Abend doch gerade erst an. Ich schaute zu Wilma. „Ein bisschen komisch sind die schon, die Engländer“.

Wir hatten an einem kleinen Tisch Platz genommen. Ich hatte ein Bier bestellt. Diese angepriesene „Ale“ wollte ich doch probieren.

„Bah, das ist ja ekelhaft. Wie kann man so eine pisswarme Plörre als Bier anbieten“. Am Liebsten hätte ich der Bedienung den Inhalt des Glases entgegen geschüttet. England war nach einem Schluck bei mir durch. Auf der falschen Seite fahren und dann noch so einen Dreck trinken. „Wundert mich nicht dass die auf einer Insel weggesperrt sind. Das ist ja ekelhaft“.

Wilma war mehr als erstaunt. „Hier, probier’ selber“. Ich schob ihr das Glas über den Tisch. Okay, sie äusserte sich nicht ganz so abfällig, aber ihr Gesichtsausdruck sagte das Gleiche, nur ohne Worte.

Wenn das Essen so ist wie das Bier, na Mahlzeit. Ich entschied mich spontan keinen Hunger zu haben. Auf Nachfrage, Mann war ich froh, gab es auch Heineken. Danke Herr, Danke.

Grösstenteils hatten wir, Wilma und ich, den Abend damit verbracht uns anzuschauen und ich sie um Entschuldigung gebeten. War aber nie wirklich auf ihr Nachfragen eingegangen „Wofür Entschuldigung?“. Mehr ausweichend kamen Floskeln wie „Dass ich so doof war“ oder „Ich habe so einiges Falsch gemacht“. Auf die Gegenfrage „Und was genau?“ blieb ich aber die Antwort, besser gesagt die Erklärungen schuldig.

„Last order, Sir“. Der Typ hinter dem Bartresen rief das zu unserem Tisch herüber, brachte uns dann wie von uns bestellt noch zwei Heineken. Kurz darauf ertönte „Marschmusik“ aus der Stereo-Anlage. Die britische Nationalhyme signalisierte den „Feierabend“.

„Wir schliessen, Sir. God save the Queen“.

Na meinetwegen. Auch das. Versteh’ einer diese Engländer.

„Two lost souls“

Es regnete leicht als wir wieder ins „Freie“ kamen. Wir man so schön sagt „Hunde und Katzen, aber von der Seite“. England soll ja schön sein, so waren Wilmas Worte vor der Abreise. Blieb halt nur die Frage zu beantworten wo. Also hier in jedem Fall nicht.

Wir liefen die „High Street“ wieder herunter. An einer Querstrasse, ich weiss es noch ganz genau - an der „Reach Road“ - bemerkte ich etwas ganz Merkwürdiges – eine öffentliche Toilette. Was sollte das jetzt bitte schön? Ein Kaff mit einer Handvoll Einwohner braucht ein öffentliches Klo?

Also einfach zurück in die Pension. Wilma ging ins Bad, duschen. Ich legte mich direkt ins Bett.

Noch leicht feucht krabbelte sie zu mir ins Bett. „Magst du reden? Wollen wir reden?“ Irgendwie war ich froh dass sie das gefragt hatte. Ich hätte garantiert wieder alles nur „verschleppt“, „verdrängt“.

„Es war ein Fehler dass ich dich gefragt habe ob du bei mir einziehst. Es war der falsche Zeitpunkt“. „Wie meinst du das?“ wollte Wilma wissen. Sie lag mit ihren Armen auf meinem Brustkorb, war sehr ruhig, voller Erwartung ob dem was ich sagen wollte.

Den ganzen Tag trug ich schon mit mir rum, was ich eigentlich erzählen wollte. Schon seit unserem Café-Besuch am Fährhafen in Calais. Dass es eben falsch war sie zu bitten bei mir zu wohnen, zu mir zu ziehen. Eigentlich kannten wir uns zu dem Zeitpunkt „kaum“. Mehr so oberflächlich und unverbindlich. Die wirklich einzige Bindung war dass sie sich mehr als rührend - aufopfernd - um mich, um meine Genesung gekümmert hatte. Wobei sich das sowohl auf meine körperliche als auch seelische Genesung bezog.

„Es fehlt einfach die tiefe Verbundenheit, die wir nie richtig hatten. Dieses Bestimmung oder wie auch immer ich das nennen soll, verstehst du?“ Ich strich bei den Worten durch Wilmas Haar.

„Ich war lange krank, geschunden. Du warst da, immer. Dafür danke ich dir. Irgendwie waren wir zwar ein Paar, aber die Verliebtheit hat uns nicht dazu gemacht. Es war die Gewohnheit, die Routine“.

Wilma unterbrach mich. „Aber ich war in dich verliebt, die ganze Zeit“.

Ich versuchte sie daran zu erinnern wie es war. Dass wir nur ein oder zweimal zueinander „gefunden“ hatten. Dann war ich wochenlang auf der Brent Spar und hatte auch erst dort gemerkt wie sehr sie mehr fehlte. „Aber ist es nicht oft so dass man erst dann etwas vermisst wenn man es nicht mehr hat?“

Mit ein paar kurzen Geschichten erzählte, versuchte ich Wilma zu erklären was ich meinte. Das Gefühl der tiefen, innigen Verbundenheit wie ich es mit Willeke verspürt hatte. „Einigkeit, Bestimmung – verstehst du?“

War das zu verletzend für Wilma? Ich hielt einen Moment inne. „Sag’ doch auch mal was dazu“.

Sie strich mir mit einer Hand über die Wange. „Ja, das stimmt. Du warst echt verloren. In jeder Hinsicht. Und ich war so froh dass ich es war, die dir den Halt geben konnte. Ich war und bin in dich verliebt. Aber, du hast Recht. Es war zu früh. Es war verfrüht dass wir zusammen leben. Ich habe das gerne angenommen, als du es mir angeboten hast. Und du hattest es eigentlich auch gesagt. Dass du nicht in mich verliebt warst“.

Sie gab mir einen zärtlichen Kuss. „Aber jetzt bis du doch in mich verliebt? Oder?“

Es war ruhig im Zimmer. Keiner sprach.

„Und weißt du was?“ Wilma redete weiter. „Ich hatte so lange keinen Typen. Das hat mich weggeballert, mit dir. Mit dir zu schlafen. Zu spüren und zu erleben was für ein Mensch du bist“.

„Wilma. Ja, ich bin verliebt in dich. Was meinst du, wollen wir nicht bei Null anfangen. Alles auf Anfang?“

Ihre Augen waren sanft. Irgendwie traurig, irgendwie glücklich.

„Und was ist das mit Linda?“

Ich griff um ihre Schulter, nahm sie ganz fest in den Arm. „Das ist wie es bei dir auch war. Als ich in der Zeit mit Willeke diesen unausweichlichen Drang hatte“. Was für einen Drang?“

Ich gab Wilma einen Kuss. Ich will mit ihr ficken, so wie es bei dir auch war. Ich muss diesem Drang nachgehen. Damit das abgearbeitet ist. Willeke konnte damit super umgehen, wie ist das bei dir? Werden wir daran zerbrechen?“.

Gemeinsam „reisten“ wir gedanklich zurück. Bis hin zum Tag als wir uns zum ersten Male begegnet waren. Eigentlich wollte ich mit meinem damaligen Mitbewohner und Arbeitskollegen Achim nur mein neu gekauftes Gebrauchtauto abholen. Da sah ich Wilma zum ersten Mal. Aber auch Willeke. Alles andere war sofort nebensächlich.

Vom ersten Augenblick an gab es für mich nur Willeke. Sonst nichts. Sie, Wilma, hatte sich mit meinem Freund Achim „verlustiert“, rumgeknutscht, rumgemacht.

„Kannst du dich noch erinnern?“ wollte Wilma wissen. Ob ich mich noch erinnern konnte? Wie sollte es anders sein? Ich konnte von dieser Sekunde an an nichts anderes mehr denken. Nur noch an Willeke.

„Ja, das weiss ich sehr genau, jeder Augenblick hatte sich in meinem Gedächtnis eingebrannt. „Wilma, weißt du was ich meine. So wie Willeke bei mir eingeschlagen hatte, wie eine Bombe. Das meine ich mit Verliebtheit. Erst dann kam unsere gemeinsame Zeit. Wir beide aber haben versucht es rumzudrehen. Und jetzt müssen wir dann unsere Verliebtheit finden“.

„Ja, irgendwie fehlen uns diese Zeiten, in denen wir Gemeinsames erlebt haben. Wir haben einfach nur zusammen gelebt“. Sie sah mich an. „Mangels Alternative?“

Und wie es dann mit uns weiter ging. Irgendwie war schon ein „Kribbeln“ da, kleine Neckereien und Anzüglichkeiten zwischen Wilma und mir. Bis ich dann eines Abends nach Feierabend zu ihr, zu Wilma, gefahren war um mit ihr zu schlafen.

Aber das war es eben genau nicht. Wir waren übereinander hergefallen. Ich war über sie hergefallen. „Das tut mir heute noch sehr Leid dass ich so brutal war. Entschuldige Wilma“.

„Müssen wir auch das aufarbeiten?“ Wilma sah mich an, ihr Kopf lag mittlerweile auf meinem Brustkorb. Ich streichelte sie sanft und zärtlich über den Rücken während unserer Unterhaltung.

Mir lag sehr viel daran zu ergründen warum und wieso wir eigentlich hier und jetzt im Bett lagen.

„Du hast mich dann auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt geohrfeigt. Geweint und angeschrieen. Weißt du das?“ Wilma nickte. „Ja, verdammt. Zu Recht. Du hast mich vergewaltigt. Brutal in den Arsch gefickt. Weißt du DAS noch?“

Danach war unsere Freundschaft beendet. Bis .. „Bis zu Willekes Geburtstag. Ja. So war das“. Ich weinte leicht. „In ein paar Tagen ist das genau ein Jahr her, dann wäre ihr Geburtstag“.

„So langsam verstehe ich was bei uns falsch gelaufen ist“. Wilma küsste eine Träne von meiner Wange. „Und auch warum du immer wieder in die Vergangenheit zurück kehrst. Gedanklich“.

„Wir kennen uns jetzt fast zwei Jahre, aber kennen uns eigentlich gar nicht wirklich. Es ist schon so wie du immer zu mir gesagt hast. Ich bin eine Drecksau. Es tut mir leid Wilma. Du hast Recht, du hattest all die Zeit Recht. Ich bin eine Drecksau“.

„Aber jetzt sind wir doch zusammen. Oder doch nicht?“ Wilma versuchte mich immer wieder einzufangen, meine Gedanken in eine positive Richtung zu lenken.

Ich schaute sie an. „Ich möchte dich kennen lernen. Mich dir öffnen. Damit du siehst wie ich wirklich bin“. „Aber das weiss ich doch“ antwortete sie mir. „Ich glaube nicht. Nicht wirklich“.

„Also fangen wir noch einmal von vorne an?“ Wenn es stimmt dass man sagt dass die Augen der Spiegel der Seele sind, dann war Wilmas Seele unermesslich gross, wie ihre Augen.

„Ja. Ich will, ich möchte lernen dich zu lieben. Dich Wilma. Dich Wilhelmina“.

Sie zog sich an meiner Schulter hoch, zu meinem Gesicht, küsste mich. „Lass’ uns jetzt damit anfangen“. Sie kletterte auf mich, lag jetzt auf mir. Ihre Brüste lagen auf meinen. Ihr Körper war so unendlich weich. Ihr Küssen war inniger geworden.

Lange schauten wir uns in die Augen. Es war schwer - sehr schwer - nicht einfach nur in sie einzudringen. „Lass’ uns jetzt schlafen, okay?“

Mein Hirn hatte erstmalig meinen Penis besiegt. Selten genug. Wilma hielt mich fest. „Ich liebe dich“. Ich gab ihr einen Kuss. „Ich hab’ dich lieb. Gute Nacht“.

„Wer Kent kennt …“

Bevor wir weiter wollten, nach Dover zurück, sollte es erst einmal in der Pension zum Frühstück gehen. Ich hatte voll Hunger. Konnte mich ja gestern im „Smugglers“ nicht wirklich für eine Mahlzeit begeistern. Freute mich umso mehr auf das angepriesene „full english breakfast“.

Das Büffet“ war ein Schock. Für mich. Was war dort nicht alles aufgebaut. Teilweise sah es aus als hätte das schon jemand vor mir gewählt und auch direkt wieder in die Schüsseln und Schalen zurück gekotzt. Ich sah Wilma an. „Wollen wir uns das wirklich antun?“

Würstchen, weiße Bohnen und Speck. Mein Blick fiel direkt auf diese „Leckerei“. Zum Frühstück? „Die sind doch pervers, was für Barbaren“. Anders als mit Wilmas Worten hätte man es nicht beschreiben können.

Kalte und warme Speisen waren auf einem Tisch aufgereiht. „Bedienen Sie sich“ sprach uns eine Servicekraft aufmunternd zu. Mit einem Blick zu ihr, mehr fragend nach „Wo sind die Kotztüten?“ wanderten meine Augen wieder über die Auslage.

„Okay. Zumindest Orangensaft gab es. Und ein paar Früchte. Und Cornflakes. Daneben direkt eine undefinierbare Pampe. Gut dass auch kleine Kärtchen mit beschreibendem, erklärendem Text neben den „Speisen“ standen.

„Porridge“ stand da neben der Schüssel mit „Erbrochenem“ Das musste ich die Servicekraft fragen. „Was ist das?“ „Porridge“ war ihre Antwort. Anscheinend war sie bei „Schweinchen Schlau“ in der Lehre gewesen. Und lesen konnte sie auch. „Und was genau bitte ist das?“

„Haferflocken mit Milch in einem Topf erwärmt, bis es einen Brei ergibt. Ihr könnt Porridge mit Ahornsirup süßen oder mit Früchten garnieren. Andere mögen den Porridge ganz natürlich und ungesüßt“. Mein Blick ging zu Wilma, die mit angewidertem Gesichtsausdruck am Büffet entlang lief. In der Hoffnung irgendetwas Essbares zu finden?

„Was ist denn noch so im Angebot?“ Ich hatte die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben.

Es gab gebratene Würstchen, Ei als Rührei oder Spiegelei, Frühstücksspeck, so genannte Hash Browns und weiße Bohnen in Tomatensoße. Gebratene Champignons und gegrillte Tomaten „lockerten“ die fettigen Zutaten ein bisschen auf.

„Das sollte man einfach direkt in den Müll schmeissen. So spart man sich den Aufwand das erst wieder auskotzen zu müssen“. Ich nahm Wilmas Hand. „Willst du hier wirklich frühstücken? Sie sah mich an. „Ne Liebling. Ich bin vielleicht pervers, aber nicht in Punkto Essen“.

Mein Blick blieb auf einem Kärtchen. „Black Pudding“. Vielleicht einfach nur was Süsses – und dann ab, zum Auto?

„Geht’s noch, schau mal genau auf die Karte“. Das hatte Wilma gerade noch rechtzeitig gesagt, ich war bereits im Begriff mir diese Auswahl auf das Tablett zu stellen. Sie las mir laut vor. „Black Pudding ist Blutpudding, der als Scheibe in der Pfanne gebraten wird. Wurst, die aus Schweinefleisch, Fett, Brot und Haferflocken geformt wird“.

„Wir fahren direkt. Ohne Frühstück, oder?“ Meine Augen flehten Wilma an.

„Wollen wir nicht noch mal aufs Zimmer. Legen uns noch mal ins Bett und …“ Das war eigentlich ein guter Vorschlag, ein verlockendes Angebot.

„Wilma. My Dear“ - so spricht ja der Engländer – lass’ uns lieber einfach nur packen und abreisen. Vielleicht können wir woanders was Gescheites zu Essen finden. Und …“ ich gab ihr einen Kuss. „… und eigentlich wollte ich da weiter machen, wo wir gestern aufgehört haben“. Wie? Wo wir aufgehört haben?“

„Dass wir zueinander finden. Sex klappt ja, das wissen wir doch beide. Und du glaubst gar nicht wie sehr gerne ich mit dir ins Bett gehen würde. Deinen Körper liebkosen würde. Aber wir, also du und ich, wir sind doch irgendwie immer noch Fremde füreinander. Ich möchte dir echt näher kommen, nicht nur körperlich. Ich möchte dich ganz. Verstehen. Lieben. Wir … vor allem ich muss mit dir über den Kerngedanken und das, worauf Sex im Grunde abzielt, sprechen. Verbindung, Intimität und Liebe. Sex ist doch irgendwie der sichere Ort für uns beide – an dem wir uns verletzlich machen können und uns einander ganz hinzugeben. Sex ist … sollte ein wunderschöner Teil unserer Verbindung sein …mehr als nur das Ziel eines Orgasmus haben … mein Herz und meine Gefühle sollen nur dir gehören“.

Wilma umarmte mich. „Das hast du schön gesagt. Das hätte ich nicht gedacht dass du so etwas von dir gibst. Ja, wir haben Kommunikationsprobleme, keine Sexprobleme“.

„Baby, it’s Dover now“

Wir luden unser Gepäck in den Kofferraum des Daimlers. Früher Morgen, der ganze Tag lag vor uns. Wetter eher „bescheiden“. „Was meinst du? Nach Dover?“ Wilma nickte mir zu. „Nach Dover“.

Aus der Ortschaft führte nur eine Strasse nach Dover. Die „Upper Road“. Eine Herausforderung. Das stellte sich sofort heraus. „Du musst links fahren, vergiss das nicht“. Gut dass Wilma das gesagt hatte. Aber leichter gesagt als getan.