Das Ziel - Gustav Knudsen - E-Book

Das Ziel E-Book

Gustav Knudsen

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Beschreibung

Mit der Rückkehr nach Norwegen wächst Gustavs Unbehagen bei dem Gedanken, dass er Michelle seine Affaire mit Linda beichten muss. Umso mehr erstaunt ihn dann, dass Michelle relativ gelassen reagiert. Tage und Wochen, die von sehr viel Arbeit geprägt sind, gehen ins Land und langsam hält der Alltag in der kleinen Wohngemeinschaft seinen Einzug. Mit der Ankunft der Möbel aus den Niederlanden scheint der Vorfreude auf das erste gemeinsame Weihnachtsfest nichts mehr im Wege zu stehen, bis Michelle Opfer eines sexuellen Übergriffs durch einen Mitschüler der Sprachschule wird. Rasend vor Wut will Gustav den Täter zur Rede stellen, doch mit psychologischem Geschick gelingt es Ingrid schließlich, sein Temperament zu zügeln und ihn davon zu überzeugen, eine Anzeige bei der Polizei zu machen. Der Heilige Abend hält dann für Gustav eine Überraschung bereit, als er seinen Freund und früheren Arbeitskollegen Willem wieder trifft und ihn spontan über Weihnachten auf den Bauernhof einlädt. Ingrid zeigt sich gegenüber dem Überraschungsgast misstrauisch. Sind ihre Bedenken berechtigt und Willem spielt ein falsches Spiel?

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Mit der Rückkehr nach Norwegen wächst Gustavs Unbehagen bei dem Gedanken, dass er Michelle seine Affaire mit Linda beichten muss.

Umso mehr erstaunt ihn dann, dass Michelle relativ gelassen reagiert.

Tage und Wochen, die von sehr viel Arbeit geprägt sind, gehen ins Land und langsam hält der Alltag in der kleinen Wohngemeinschaft seinen Einzug.

Mit der Ankunft der Möbel aus den Niederlanden scheint der Vorfreude auf das erste gemeinsame Weihnachtsfest nichts mehr im Wege zu stehen, bis Michelle Opfer eines sexuellen Übergriffs durch einen Mitschüler der Sprachschule wird.

Rasend vor Wut will Gustav den Täter zur Rede stellen, doch mit psychologischem Geschick gelingt es Ingrid schließlich, sein Temperament zu zügeln und ihn davon zu überzeugen, eine Anzeige bei der Polizei zu machen.

Der Heilige Abend hält dann für Gustav eine Überraschung bereit, als er seinen Freund und früheren Arbeitskollegen Willem wieder trifft und ihn spontan über Weihnachten auf den Bauernhof einlädt.

Ingrid zeigt sich gegenüber dem Überraschungsgast misstrauisch. Sind ihre Bedenken berechtigt und Willem spielt ein falsches Spiel?

Inhaltsverzeichnis

„Prolog“

„Velkommen til Norge“

„Partnerlook“

„Lautstärke“

„Marie Antoinette“

„Unabhängig. Frei. Sorglos. Glücklich.“

„Abwesenheit“

„Bienchen“

„Hmmmm“

„Schaumwasser“

„Woanders“

„Tischgebet“

„Nur wir beide?“

„Sackschmerzen“

„Spitzfindigkeiten“

„Wahrhaftigkeit“

„Funkeln“

„Blödsinn“

„Blåbärssylt“

„Eierlikör“

„Vormittags-Schicht“

„Fundament“

„Pepe“

„Johann“

„Pizzeria“

„Bedingungen“

„Bedienen“

„Vögelchen“

„Salhus“

„Sie haben ihr Ziel erreicht“

„Auswahl“

„Zwarte Piet“

„Blutgeschmack“

„Liebeshöhle“

„Handgriff“

„Abgekämpft“

„Benehmen“

„Stroh“

„Wasser“

„Telefax“

„Sotra“

„Menschmaschine“

„Blöd“

„Wieder wir“

„Perverse Schweine“

„Bloss nicht“

„Rückfall“

„Ausgeleierte Eltern“

„Staudamm“

„Rezeptauswahl“

„Andauernd?“

„Kochschürze“

„Panik“

„Ekelhaft“

„Zwei“

„Essensreste“

„Schliddern“

„Cretin“

„Krösus“

„Kein Alkohol“

„Dicke Backen“

„Protokoll“

„Pornos“

„Kohlen“

„Freudentränen“

„Melkmaschine“

„Fläschchen“

„Weiss man’s?“

„Zigarettenrauch“

„Manchmal schon“

„Halluzinationen“

„Backstudio“

„Wundsalbe“

„Flutschfinger“

„Brei“

„Nicht mehr umziehen“

„Erwartung“

„Komplett“

„Luie donder“

„Kjenner“

„Der“

„Weihnachtsbäckerei“

„Egal“

„Frohes Fest“

„Abschlecken“

„Seitenscheitel“

„Einmal Mutter, immer Mutter“

„Valknut“

„Epilog“

„Prolog“

Aus dem Fenster des Flugzeugs zu blicken machte wenig Sinn. Ausser dem Nachthimmel war nichts zu sehen. Und der war jetzt wie überall. Dunkel. Auch die Eincheck-Prozedur war eher langweilig, also unkompliziert. Hatte ich doch befürchtet die Sicherheitskontrolle könne sich etwas hinziehen. Weil ich einer der wenigen war, der nur einen Rucksack als Gepäck hatte. Zu meiner Verwunderung interessierte sich die Security jedoch überhaupt nicht dafür. Schwieriger war es, zu erklären warum ich „Dreck“ in meinem Tabakpäckchen hatte. Der Sicherheits-Mensch war aber sehr freundlich, wir plauderten etwas. Über diesen Dreck. Die Graberde die ich mit mir führte. Dann noch ein wenig Zeit in den Shops im Sicherheitsbereich verplempert, ein wenig gedöst im Gate.

Die knapp zwei Flugstunden hatte ich für ein Nickerchen genutzt. Zumindest den grössten Teil. Hing erst einfach nur meinen Gedanken hinterher. Liess die letzten gut zwei Wochen Revue passieren.

Mittlerweile liebte ich das Fliegen, die Stewardessen servieren Kaffee und das Flugzeug wippt gemütlich im Wind. Unter uns war jetzt als grauer Umriss Land zu erkennen. Eine lang gezogene Landzunge, die sich ins Meer schiebt. Kurz wurde meine Beobachtung unterbrochen, von der Stewardess, die frischen Kaffee reichte. Stark und aromatisch, der Kaffee, nicht die Stewardess. Eines der Talente der Norweger, die ich schätzte - exzellenten Filter-Kaffee zu kochen.

Dann wechselte das Landschaftsbild, soweit es in der Dunkelheit auszumachen war. Raue, steil abfallende Küste mit großen Nadelwäldern, die bis an die Klippen heran reichen. Es gibt keinen Zweifel, das ist Norwegen! Zuerst erhaschte ich immer nur kurze Blicke aus den Fenstern auf der gegenüberliegenden Seite, bis wir etwas eindrehen, und auch links von uns das Land zu sehen ist. Etwas weiter landeinwärts werden die Wälder weiß - schneebedeckte Gebirgsketten. Ich sehe jetzt zum erneuten Male wie leer und weit dieses wilde Land ist. Je näher wir an Bergen kommen, je mehr Lichter wie glitzernde Punkte aus der Dunkelheit hervorstechen, desto schlechter wird das Wetter, die Wolken schließen sich immer mehr, und es fängt an zu tröpfeln. Als wir in den Landeanflug gehen und die Landschaft am Boden größer wird, steigt meine Vorfreude ins Unermessliche. Obwohl es Winter ist, ist alles Grün. Das spiegelglatte Wasser des Fjords wird unterbrochen von dutzenden kleinen Inseln, mit steilen Felsenklippen, die dicht bewaldet von Nadelbäumen sind. Wir sinken tiefer und tiefer, und man erkennt immer mehr - Hütten am Ufer - Es verschlägt mir beinahe den Atem, mir wird klar, dass meine Reise etwas ganz Besonderes werden wird. Nämlich eben genau das – keine Reise, sondern eine Rückkehr, eine Rückkehr nach Hause. Eine Rückkehr zu meinen geliebten Menschen. Meiner Familie. Meinen Freunden.

Der Landeanflug ist ungewöhnlich lang und flach, so dass ich den Blick aus dem Fenster lange genießen kann. „Ich habe noch nie einen so schönen Landstrich gesehen“ höre ich ganz leise meine Gedanken. Ich habe mich bereits in dieses Land verliebt. Wir setzen direkt hinter dem Wasser und steilen Felsen auf einer kleinen Landebahn auf. Der Flughafen ist winzig und es scheint so, als hätte jeder Zentimeter Landebahn dem Berg mühsam abgerungen werden müssen.

Wir docken am Gate an und betreten die winzige Abfertigungshalle. Sie besteht aus nur wenigen Gepäckbändern, einem Getränkeautomaten und einem kleinen Duty-Free-Shop. Es fühlt sich fast familiär an, es gibt keine Hektik, und die teilweise holzvertäfelten Wände strahlen eine gewisse Gemütlichkeit aus.

„Velkommen til Norge“

Gepäck hatte ich keines aufgegeben, somit auch keines in Empfang zu nehmen. Konnte an den Gepäckbändern vorbei direkt zur Passkontrolle durchgehen. Ein kurzer Blick des Zollbeamten in meinen Rücksack, ein kurzes „Anything to declare?“ – das war’s auch schon. Musste dann auch gar nicht grossartig meine Augen durch die Ankunftshalle wandern lassen, erkannte sofort Wilma, die mir aufgeregt zuwinkte. Mir sofort entgegen gelaufen kam. Ja, tatsächlich. Gelaufen. Mir um den Hals fiel. „Bin ich froh, dass du zurück bist“. Mich so innig küsste, dass mir fast das Messer in der Hose aufklappte. Bildlich gesprochen. Ihr Kuss, ihre Zunge in meinem Rachen liess meinen Pimmel wachsen. Ganz fest drückte ich sie an mich. Spürte ihre weichen grossen Brüste an meinem Brustkorb. Meine Erektion drückte, durch meine Hose, gegen Wilmas Bauch. Ihr Lächeln und ihre überschwänglichen Worte fingen mich ein wenig ein. „Und ich erstmal. Ich freu‘ mich so dich zu sehen“ hielt ich sie an der Schulter. Gab ihr einen Kuss. Nicht ganz so innig wie ihrer. Dafür mehrmals hintereinander zarte Lippenberührungen über ihr Gesicht verteilt.

Auf dem kurzen Weg zum Parkhaus hatte Wilma mir bereits jede Menge erzählt. Wovon ich aber auch direkt mindestens die Hälfte wieder vergessen hatte. Michelle sei zuhause, bei Torid. Es wäre ja auch mitten in der Nacht – „Und da muss eine Mutter bei ihrem Kind sein“. Ingrid wäre schon so gut wie komplett in ihr Haus eingezogen, nur noch einige Einrichtungsgegenstände würde fehlen. „Aber das wird wohl dieses Wochenende abgeschlossen sein“.

Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus. Mit einer lässigen Handbewegung öffnete sie die zentralverriegelten Türen des Mercedes. „Willst du fahren?“ hielt sie mir die Schlüssel entgegen. „Ne, fahr‘ du. Fette Karre hast du da“. Wilma grinste. „Leider ein paar Macken abbekommen“.

Meinen Rucksack warf ich auf die Rücksitzbank, lehnte mich zu Wilma herüber. Meinen Kopf an ihre Schulter. Sie strich mir durch die Haare. „Weißt du wie sehr ich dich vermisst habe? Wie sehr froh ich bin, dass du wieder hier bist. Alles glatt gelaufen? In Rockanje? Alles erledigt?“ Wilma wartete aber nicht meine Antwort, meine Antworten ab. Umarmte mich. Zog mich ganz an sich heran. Lächelte mich an. Verströmte eine Herzlichkeit – die mir beinahe die Tränen in die Augen trieben. „Ich bin so froh, dass du zurück bist“. Setzte sich aufrecht, strich sich ein paar Haarsträhnen aus der Stirn. Griff zum Sicherheitsgurt.

Ich liess Wilma in ihrem Redeschwall. Hörte ihr begierig zu. Was sie Neues zu erzählen hatte. Es war ja sowieso – für mich – alles neu was sie sagte. Nichts davon hatte ich mitverfolgen können. Die hier und da eingestreuten Aufforderungen „Erzähl‘ du mal“ oder „Wie ist es gelaufen?“ nahm ich aber nicht auf. Das würde ich dann gerne allen gleichzeitig erzählen wollen. Anstatt jeder einzelnen. Wieder und wieder. Musste mich sowieso erst einmal richtig sortieren. Kam mir vor als hätte man mich aus einer Geschichte herausgerissen – und einfach ganz woanders wieder abgesetzt. So war es ja im Prinzip auch. Noch vor wenigen Stunden hatte ich Nederland verlassen. Linda verlassen. Jetzt sass ich in dem gemütlichen Ledersessel des Mercedes. Neben Wilma. In Norwegen. Durch die Dunkelheit gleitend. Versuchte Eindrücke aufzunehmen. Die durch die Scheinwerfer des Wagens erfasst wurden. Ortschilder, Häuser. Aber vor allem Schnee. Viel Schnee. Durch den Wilma den schweren Daimler souverän manövrierte. „Du bist ja schon ein richtiger Schneeprofi geworden“ strich ich mit einem Finger über ihre Wange. Wilma lächelte. „Naja, warte mal ab. Bis morgen. Bis es hell ist. Einige Macken hat dein Mercedes schon abbekommen. Ist nicht alles so einfach … Auf der Strasse zu bleiben“.

Auch wenn es entfernungsmässig vom Flughafen bis nach Breiviken nicht die Welt war – vielleicht zwanzig Kilometer – legte Wilma nach etwa der Hälfte eine Pause ein. Fuhr an den Seitenstreifen. Stieg aus. Ging um den Mercedes herum, öffnete mir die Beifahrertüre. Zeigte mit der Hand in Richtung Bergen Hafen. Der erleuchtet in der Ferne strahlte. Einiges an Kreuzfahrtschiffen lag vor Anker. Wilma drehte sich in meine Arme. Lehnte ihren Kopf gegen meinen Brustkorb. Sah leicht schräg zu mir herauf. „Hier hast du mich überzeugt. Zu bleiben. Weißt du das noch? Hier in Paradis“.

Mein Gesicht liess ich in ihren Hals sacken. Küsste sie in den Nacken. „Ich bin froh, dass du geblieben bist. Ich bin froh, dass du mich abgeholt hast. Dass du mich angerufen hast. Dass du mir deine Liebe bewiesen hast“. Umfasste ihre Taille. „Das war ganz schön komisch. In deiner Wohnung zu sein. Ohne dich. Alles zu verpacken. An so vieles erinnert zu werden“. Fuhr mit den Händen unter ihren Pullover, spürte ihre Haut. Vergrub mein Gesicht mehr in ihrem Hals. Sog ihren Duft ein. „Du warst … du bist ein ganz wichtiger Mensch in meinem Leben“. Wilma umfasste leicht grinsend meinen Nacken. Mit einer Hand. Mit der anderen schob sie ihren Pullover etwas herunter. Fasste an mein Handgelenk. „Du willst mir aber jetzt nicht an die Titten, oder? Lass‘ die Hände mal schön da wo sie sind“.

Sanft drückte ich ihr einen Kuss auf den Hals. „Doch, wollte ich. Dann dreh‘ ich mir jetzt eine Zigarette“. Holte meine Hände unter ihrem Pullover hervor. Wilma lächelte mich an. „Schön, dass du wieder hier bist. Und schön, dass du deine Finger nicht von mir lassen kannst. Lassen willst“. Griff zu meiner Hand. Drehte den Ring über meinen Finger. „Schön, dass du den trägst. Dass du drauf aufgepasst hast“.

Mit beiden Händen fasste ich ihr Gesicht. „Schön, dass du meine Freundin bist. Ich habe dich sehr vermisst“. Wilma stellte sich auf Zehenspitzen, gab mir einen Kuss. „Ich auch mein Schatz. Ich auch. Wir alle. Velkommen til Norge“

„Partnerlook“

Wilma fuhr an der Hauseinfahrt vorbei. Ein Stück. Um dann den Mercedes gekonnt rückwärts in die Parkbucht hineinzusetzen. Im Haus brannte „Festbeleuchtung“. Um die Uhrzeit? Die kleine Analoguhr im Armaturenbrett zeigte „Kurz nach Ein Uhr“. Wilma öffnete die Haustüre. Eine ungekannte Wärme schlug uns entgegen. Wohl mehr mir. Wilma schien den Wärmeschwall zu kennen. Mein Weg führte direkt ins Wohnzimmer. Keine Menschenseele. Dennoch alle verfügbare Beleuchtung eingeschaltet. „Was für eine Hitze“. Musste sofort meine Jacke ausziehen. Wilma hatte einen kurzen Blick in die Küche geworfen. „Michelle ist bestimmt oben. Mit Torid. Oder schläft“ lugte sie um den Türrahmen. „Soll ich dir was zu essen machen? Oder Kaffee?“ Ging an mir vorbei. „Ich geh‘ mal nach oben. Fühl‘ dich wie zuhause“. Blieb kurz stehen. „Bist du ja. Das ist dein Zuhause“.

Nach Kaffee war mir nicht wirklich. Es war tiefste Nacht. Eher ein erfrischendes Bierchen. Was der Kühlschrank, nach einem kurzen Blick hinein, aber nicht hergab. „Frisdrank“, also Limonade oder Saft. Oder Milch. Aber nichts Alkoholhaltiges. Also am besten auf nach oben. Zu Michelle. Sie begrüssen. Feuerte meinen Rucksack in eine Zimmerecke.

Auch wenn im Schlafzimmer nur eine kleine Lampe, auf dem Nachttisch stehend, den Raum beleuchtete, so schien mir doch Michelles Lächeln – ihr strahlendes Lächeln alles so zu erhellen, als wäre ein Strahler im Feyenoord-Fussballstadion eingeschaltet worden. Sofort setzte ich mich zu ihr ins Bett, küsste sie. Küsste sie ab. Immer wieder ihren Namen sagend. Immer wieder küssend. Zog sie fest in meine Arme. Rutschte an die Bettkante. Zu Torid. An ihr Kinderbettchen. Meine Güte, wie süss und friedlich sie schlummerte. Einem Engel gleich. Mein Engel. Wollte sie aus dem Bett heben. „Nicht. Lass‘ sie schlafen“ ermahnte Michelle mich ganz kurz. Leise. Aber bestimmt. Zog mich am Arm zu sich. Schlang ihre Arme um meinen Hals. „Ich habe dich so vermisst“.

Mein Blick ging von ihrem Gesicht herunter. Bis zu einem Schlafanzughemd. Aus Flanellstoff. Wie die dicken Arbeitshemden die ich hatte. Im Holzfällerlook. Gross-kariert. In Grau-beigen Muster. Extrem flauschig. Meine Hand begann sofort das Hemd aufzuknöpfen. „Zieh‘ das aus. Zieh‘ dich ganz aus“. Schob bereits eine Hemdseite über ihr Schulterblatt. „Ich möchte dich nackt sehen. Unbedingt“.

Auf dem Kopfkissen neben Michelle lag eine weitere, exakt identische Schlafanzug-Garnitur. Wilma griff danach. „Ich räum‘ das mal weg. Ich räum‘ mal das Bett“. Mit einer Hand fasste sie an das Kinderbettchen. „Komm‘ meine Süsse. Komm‘ mit zu mir. Mama und Papa haben jetzt bestimmt ganz viel zu erzählen“. Bugsierte das Kinderbettchen durch den Türrahmen. Blieb kurz stehen. „Aber seid nicht ganz so laut. Wir schlafen direkt nebenan“.

Ganz langsam knöpfte ich Michelles Schlafanzug auf, schob das Hemd langsam über ihre Schulter. Nur so weit, dass ich ihren Hals küssen konnte. Über das Schlüsselbein bis an ihre Schulter. Mit meinen Fingern, meinen Fingernägeln fuhr ich an der Seite ihres Brustkorbs hinab, von den Achseln bis an ihre Taille. Küsste sie weiter. Michelle mochte das. Sehr. War auch ein wenig kitzelig an den Seiten.

Fast synchron zu ihrem hellen Kieksen stellten sich ihre Brustwarzen auf. „Mein Gott, wie lange ist das jetzt her? Mach‘ das weiter. Mach‘ mich an“ wuselte mit ihren Fingern durch meine Haare. Meine Hände fuhren ihre Taille entlang. An den Hosenbund des Schlafanzugs. Leicht hob ich sie an. Streifte ihr die Hose über die Schenkel herunter. Michelle machte dieses „Raaar“ in mein Ohr. Ganz leise, ganz tief. Biss mich sanft in die Schulter. Schlang ihre Arme um meinen Oberkörper. „Nimm dein Kätzchen. Schlaf‘ mit mir“. Öffnete ungestüm meinen Hosengürtel, dann den Reissverschluss. Fasste in meine Boxershort.

Es klopfte leise an der Türe, direkt darauf trat Wilma ein. Mit Torid im Arm. An Michelle vorbeischauend sah ich ihr grinsendes Gesicht. „Äh, passt wohl gerade nicht. Muss aber sein. Eure Tochter quängelt“. Das hatte sie nett formuliert. Denn Torids Geräuschkulisse war mehr als quängeln. Sie weinte. Laut. Unzufrieden. Wilma setzte sich zu uns aufs Bett, legte Torid in Michelles Arme. Ziemlich schnell beruhigte Torid sich. „Die Kleine ist in einer Phase, hat sich verändert. Ist jetzt anders. Trinkt nicht so viel, hat nicht so viel Hunger. Will einfach nur bei mir sein“ begleiteten Michelles Worte das sanfte Wiegen unserer Tochter in ihren Armen. Wilma schmunzelte mich an. „Das hast du ja lange nicht mehr gemacht. Mir deinen steifen Pimmel so präsentiert“. Streichelte an der Innenseite meines Oberschenkels entlang. „Das hast du früher immer … gerne gemacht. Weißt du das noch? Wenn du … auf der Boerderij … in die Küche gekommen bist … aus Willekes Zimmer … mir deinen Pimmel fast ins Gesicht gesteckt hast“.

Ich hielt ihre Hand fest, bevor sie weiterwandern konnte. „Du schläfst also mit meiner Frau? Hast sogar deinen eigenen Schlafanzug in unserem Bett? Im Partnerlook?“ Wilma schaute mich nur an. Wechselte mit ihrer Hand an Michelles Bein. „Äh … ja … manchmal. Zu zweit ist einfach wärmer im Bett. Ja, ein bisschen gekuschelt haben wir. Manchmal“.

Vom Kissen nahm ich ihren Flanell-Schlafanzug, hielt ihn Wilma entgegen. „Zieh‘ mal an. Lass‘ mal sehen. Wie das aussieht. Euer Partnerlook“. Michelle lachte. Rutschte ein Stück auf der Matratze zur Seite. „Setz‘ dich doch zu uns. Wir haben uns doch alle drei …“ Strich Torid über den Rücken „… alle vier jetzt ein paar Wochen nicht gesehen. Können etwas erzählen“. Schaute mich an. Ihren Blick erwidernd bat auch ich Wilma. „Ja, komm zu uns. Ins Bett. Aber ohne den beknackten Schlafanzug. Wenn, dann auch nackt. Zieh‘ dich aus. Weisst du … wisst ihr … wie lange wir nicht mehr gemeinsam im Bett waren?“

„Lautstärke“

Dass ich alle Unterlagen für Wilma dabeihabe, diese nicht erst mit der Spedition kämen – „Die Container kommen etwa Mitte Dezember“ – liess ich Wilma zuerst wissen. „Dann quatschen wir aber nicht zu lange, ein wenig schlafen möchte ich schon. Und dann fahre ich morgen früh … also gleich … direkt zu der Pflegestelle“ war ihre Reaktion. Neben der Freude, die sie über die Information zeigte. Sie könne dann, wie ihr zugesichert wurde, zum ersten Dezember ihr Praktikum, ihre Probezeit, dort antreten. „Das ist ja schon nächste Woche“. Und freue sich total dann wieder etwas für Menschen … mit Menschen tun zu können. „Nicht falsch verstehen. Ich mach‘ ja jetzt auch was mit Menschen … für Menschen. Für mich. Für uns. Aber eine Baustelle … auch wenn fast alles erledigt ist … ist dann schon was anderes. Für mich jedenfalls. Ich meine alte … oder kranke … oder eingeschränkte Menschen. Die meine Hilfe brauchen … gebrauchen können.“.

Michelle hatte Torid auf meinen Bauch gelegt. Ihre kleinen Fingerchen bewegten sich auf meinem Oberkörper. Tasteten sich unkoordiniert voran. Dabei lächelte sie so süss. Machte Geräusche. Es schien ihr zu gefallen. Im Zentrum der Aufmerksamkeit zu sein.

Bevor Michelle ausführlich erklärte was sich bei Torid getan hatte, in ihrer Entwicklung, bekam ich aber erst zu hören wie sehr Wilma sie unterstütze. „Sie ist eigentlich schon so was wie die zweite Mutter für unsere Kleine. Sie hilft mir … uns … Torid und mir … sehr. Sie ist immer da“. Kümmere sich liebevoll um unser Mädchen, schaffe ihr, Michelle, einiges an Freiraum. „Ja, du bist wie ihre Mutter. Du bist wie eine Mutter zu ihr“ strich sie über Wilmas Wange. „Wollte ich dir schon länger sagen. Jetzt ist die beste Gelegenheit. Jetzt sind wir alle zusammen“. Schien das Gesagte mit einem Kuss unterstreichen zu wollen, den sie Wilma auf den Mund drückte. Meine Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen. „Ihr habt wieder richtig Gefallen an euch gefunden, oder?“ Michelle beugte sich zu mir herunter. Gab mir ebenfalls ein Kuss. „Wilma ist meine Freundin. Meine beste Freundin“.

Dann folgte die ausgiebige Schilderung - „Torids Entwickungsschritt“ – wie Michelle es nannte. Sie könne jetzt fließende Übergänge erkennen. „Töne, Hell und Dunkel, Bewegungen, Regungen, Mimik und so weiter“. So als würde Torid wissen, dass Michelle über sie erzählte, strampelte sie mit ihren Beinchen und Ärmchen, versuchte nach mir zu greifen. „Ja, das ist dein Papa“ tätschelte Michelle sanft ihren Rücken. „Jetzt ist er wieder da. Endlich, oder? Freust du dich?“

Nur ab und an wäre Torid gar nicht gutgelaunt, eher quängelig. So wie eben, als Wilma sie brachte. „Sie ist sehr anhänglich geworden. Will dann nur zur Mama. Also ihrer richtigen Mama. Zu Michelle. Will dann nicht einmal meine Brust. Ne, es müssen Michelles Titten sein“ lächelte Wilma.

Seitlich eingerahmt von Michelle und Wilma drückte ich Torid sanft auf meinen Oberkörper. „Ich lass‘ dich jetzt nicht mehr so lange alleine. Versprochen meine Prinzessin“. Drehte meinen Kopf erst rechts, dann links. „Keine von euch Prinzessinnen. Versprochen“. Die mich einrahmenden Prinzessinnen drückte ihre weichen und warmen Körper an mich. Gaben mir jeweils einen Kuss auf die Wange. In einer Art Sandwich lag ich zwischen ihnen. Auf mir mein grösstes Glück. Mein Kind. Michelle gab mir nochmals einen Kuss. Auf den Mund. „Fehlt eigentlich nur noch Ingrid. Das ist doch was du wolltest, oder? Als wir uns für den Bauernhof … für deine Phantasie entschieden haben. Das ist doch dein Traum, oder? Eine feste Frau … mich … und zwei weitere … nebenher“.

Ganz kurz liess ich eine Hand von Torids Rücken. Fasste an Michelles Hintern. „Bin ich ein Mann? Wer würde nicht davon träumen? Ausser vielleicht Haji Hassanal Bolkiah Mu'izzaddin Waddaulah ibni Al-Marhum? Der Sultan von Brunei. Ich darf das sogar leben. Mit euch. Mit meinen Prinzessinnen“.

Torids Bewegungen waren weniger steif und hölzern wie ich es noch wusste. Bevor ich nach Rockanje gereist war. Selbst ihren Kopf bewegte sie richtig „geschmeidig“. Zur Seite und zurück. Dabei „spielte“ sie mit ihrer Stimme. Mit ihrem Tonfall. Liess ihre kleinen Händchen patschend auf meinen Oberkörper einschlagen. Also nicht schlagen, eben dieses „Patschen“. Sagte man ja auch gerne – „Kleine Patschehändchen“. Was sie aber besonders mochte, was ihr sichtlich Freude bereitete, war hochgehoben zu werden. Zu fliegen. Das auf und ab war in der Tat für sie eine fliessende Bewegung. Die sich in fröhlichem Lächeln in ihrem Gesicht widerspiegelte.

Glücklich schaute ich zu Michelle. „Sie ist schon eine richtige kleine Labertasche geworden. Ich weiss zwar nicht was sie genau sagt … sagen will … aber das hat sie von dir. Wenn sie nur halb so viel quasselt wie du … dann kommt garantiert keine Langeweile auf“. Wieder war es so als würde Torid wissen, dass ich über sie erzählte. Sie quietschte vergnügt, kreischte schon fast ein wenig. Hob dabei ihr Köpfchen etwas an. „Auch das hast du von der Mama. Neugierig glotzen“ schmunzelte ich sie an.

Michelle schwang ein Bein über mich, setzte sich auf mich. „Gib sie mir mal bitte. Dann kann sie noch mal futtern“. Legte Torid an ihre Brust. Was Torid aber gar nicht so interessierte wie ich es noch zuletzt von ihr wusste. Sie hatte mehr Aufmerksamkeit für Michelles Haare. Danach zu greifen. Ihren Körper und ihr Gesicht zu betasten. Zumindest versuchte sie es. Nach einer Weile der Erkundungen konzentrierte sich Torid aber dann auf’s Essen. Nuckelte an Michelles Brust.

An meinen Eiern spürte ich eine Hand. Sanft knetend. Dann meine Erekton in Michelles warmen und feuchten Unterleib einführend. Michelle hatte doch Torid in den Armen? „Wilma. Ich brauche keine Hilfe. Bin weder alt noch eingeschränkt. Was machst du da?“ Wilma lehte sich an Michelle vorbei seitlich an meinen Brustkorb. „Wär‘ doch Sünde so einen Ständer nicht zu nutzen. Ich werde Torid jetzt mal wickeln. Dann könnt ihr eure Unterhaltung fortsetzen“. Drückte mir einen Kuss auf die Wange. „Ich find‘ es schön wieder zu dritt im Bett zu sein. Richtig schön sogar“. Als sie sich langsam aufrichtete, Torid aus Michelles Armen in Empfang nahm, gab sie Michelle einen Kuss.

Aufgeregt drang ich in Michellle ein. Ein paar Mal. Hielt dann inne. Hielt sie an der Taille fest. „Geht das denn schon? Wieder? Bist du gesund? Können wir miteinander schlafen?“ Michelle fasste mein Gesicht. Sprach leise, fast zittrig. „Ja. Das geht. Ich war beim Arzt. Das geht. Aber nicht mit mir schlafen. Fick‘ mich. Das ist jetzt Wochen … ach Quatsch, Monate her. Ich will dich. In mir. Ganz tief“.

Ganz bewusst und gezielt griff ich immer wieder in ihre Taille, mal mehr mal weniger fest meine Fingernägel gebrauchend. Michelles Kieksen, dieses „Huuch“ das ich so an ihr liebte machte mich wild. Fast schien es mir so als wäre sie „extra“ laut. Feuerte mich förmlich an. Peitschte mich mit Worten. Klammerte sich mit ihren Beinen um mich. Umschlang mit ihren Armen meinen Hals, meinen Oberkörper. Zog sich an mir hoch. Schien zu schweben. „Mein Kätzchen … ich habe dich so vermisst … den Sex mit dir … Meine Raubkatze …“ Michelle biss mir in die Schulter. Schon weniger sanft. Ich beugte mich zu ihr. An ihre Brüste. Unterbrach meine Unterleibsbewegungen. Küsste und leckte ihre Brüste. Wie entfesselt. Drehte sie von mir herunter, legte sie neben mich.

Michelle legte erneut ein Bein über meinen Bauch. Schwang sich dann auf mich. „Lass‘ mich das Tempo bestimmen. Und wie weit du in mich reinkannst. Hundertpro bin ich noch nicht ganz einsatzfähig. Aber so geht das. Wenn ich auf dir sitze“. Zog mein Gesicht an ihre Brüste. Bewegte sich langsam auf mir. Beugte sich vor und zurück. „Echt, du hast mir so gefehlt. Dass du bei mir bist. Dein Körper“. Sie schmunzelte mich an. „Auch dein Schwanz. Das ist so ein schönes Gefühl. Dich endlich wieder in mir zu haben“.

Michelle nutzte aber auch die Gelegenheit mich in ihr gefangen zu halten um mich immer wieder aufzufordern „Jetzt erzähl‘ du mal. Wie war es? Was hast du alles erledigen können? Hast du alles erledigen können? Hast du Freunde getroffen? Was hast du gemacht, die ganze Zeit?“

Richtig reden wollte ich nicht. Nicht in dieser Situation. Wollte mich ganz und gar den körperlichen Freuden hingeben. Hatte ein- zwei Antworten gegeben. Mehr gehaucht, gestöhnt als gesprochen. „Erzähl‘ ich alles ausführlich. Morgen. Ab morgen. Das kann ich nicht mal eben erzählen. Während du mich beglückst“. Zog ihren Kopf etwas an mich heran. „Nicht jetzt Süsse“. Beuge mich zu einem Kuss zu ihr vor. „Mach‘ das was du vorhin zu mir gesagt hast. Fick‘ mich“.

Unsere Unterleiber produzierten hörbar schmatzende Geräusche, die sich mit unserem Stöhnen vermischten. Bis ich in Michelle laut und heftig ejakulierte. Sie komplett auf meinen Brustkorb zog. Fast presste. Nette Worte und Liebkosungen zu ihr sagend.

Noch ganz kurz sprach ich das von ihr am Telefon Gesagte an. „Willst du mich immer noch heiraten?“ Das knappe „Ja, mein Süsser“ bekam ich noch mit. Alles andere, eine scheinbar ausführlichere Antwort, nicht mehr. Michelles Worte entfernten sich. Wurden immer leiser. So als würde ein imaginärer eingeschlafen. Lautstärkeregler heruntergedreht. War

„Marie Antoinette“

„Viel hast du ja nicht mehr gesagt, vorhin. Zu meinem Heiratsantrag“ schmunzelte mich Michelle beim Frühstück an. „Hat dich das so geschockt?“ Wilma hatte aus der Küche die Kaffeekanne geholt, auf dem Esstisch abgestellt. „Ich mach‘ mich direkt auf den Weg. Gibst du mir gerade noch meine Dokumente?“

Michelle setzte sich zu mir. „Du willst … du wirst mich aber heiraten. Oder? Hat sich nichts dran geändert, oder? Du hast es mir ja am Telefon gesagt. Das bleibt dabei, oder?“ Michelle goss uns Kaffee in die Becher, schob mir einen herüber, grinste. „Wie in besten Zeiten. Du spritzt in mich rein … und pennst dann ein. Ist aber egal. Jeder Tropfen zählt. Du weißt sicher auch noch, dass ich noch ein Kind von dir will. Mindestens eins“. Beugte sich an meinen Hals. „Und dann noch eins. Und dann noch eins“. An meinen Finger zählte ich „Eins, und noch eins, und dann noch eins. Vier Kinder? Du möchtest vier Kinder?“ Michelle zwackte grinsend in meine Brustwarze. „Mindestens. So viel wie du schaffst. Wir sind doch noch jung. Und können dann auch alles miterleben. Wie sie aufwachsen. Mann, wir haben einen Bauernhof. Wir brauchen Personal“.

Ihre Worte, begleitet von diesem Grinsen, liessen auch mich schmunzeln. „Aha, Personal brauchst du“. Wollte dann aber direkt wissen ob sie denn überhaupt schon wieder schwanger werden könne? „So lange ich stille … ich keine Regelblutung habe wohl eher nicht. Aber wir können es doch einfach versuchen. Wir haben jetzt lange genug keinen Sex gehabt. Vielleicht klappt es ja doch. Theoretisch ist alles möglich. Ich werde auf jeden Fall nicht wieder verhüten. Keine Spirale oder sowas. Und du … du verhütest doch sowieso nicht. Du spritzt doch einfach in mich ab. Und die Frauenärztin hat auch gesagt, dass das theoretisch möglich ist“. Michelle legte ihre Hand auf mein Handgelenk. „Also mein Süsser … lass‘ uns Sex haben. Mach‘ mir ein Kind“. Den Kaffeebecher, der gerade seinen Weg zu meinem Mund nehmen wollte, setzte ich sofort wieder auf dem Tisch ab. „Aber doch nicht jetzt? Oder was meinst du? Michelle grinste. „Wann immer du willst“.

Mehr noch als in der Nacht, im Bett, bekam ich jetzt mit welchen Riesenschritt Torid in meiner Abwesenheit gemacht hatte. Nicht weil ich weg war, sondern weil das wohl die natürliche Entwicklung war. Ihre Strampelbewegungen, sowohl mit Armen als auch Beinen, waren fliessenden, runder. Und auch deutlich mehr. Sie wollte sich einfach bewegen. Und auch nach Dingen greifen, die um sie herum auf ihrer Decke lagen. Was aber grösstenteils in Griffen ins Leere endete. Klar, woher sollte sie wissen wie weit etwas von ihr entfernt war? Aber das, was sie zu fassen bekam, wanderte direkt in ihren Mund. Was sie schon besonders gut konnte war einem ins Gesicht patschen. Oder in die Haare greifen.

Michelle hatte Torid nach dem Wickeln erst gar nicht angezogen. Bis auf die Windel natürlich. „Torid soll so oft wie möglich nackt sein, ihren Körper wahrnehmen“ habe man ihr im Krankenhaus – bei ihrem letzten Termin - geraten. Und auch solle Michelle sie jetzt öfter stillen, ihr kleiner Magen wäre schon etwas grösser, sie habe jetzt – wenn sie denn Hunger habe – auch mehr Hunger. Ich fasste Michelle an die Brust. „Und das geben deine Brüste her?“ Michelle hielt meine Hand fest. „Jepp, je mehr sie trinkt desto mehr wird nachproduziert“. Nur würde Torid eben nicht jedesmal trinken, wenn sie an Michelles Brust liege. „Die spielt einfach mit meiner Titte, greift danach, aber nuckelt nicht“. Wolle anscheinend nur ihre Haut spüren. Von der Seite schaute ich Michelle an. „Sag‘ schon. Sag‘ ruhig. Hat sie von dir. Willst du doch sagen, oder?“ Michelle schob meine Hand, die sie noch hielt, in ihren Ausschnitt. „Ja, wie der Papa. Der will auch am Liebsten meine Titten befummeln“.

Als ich Wilma die Dokumente aus dem Rucksack herausgesucht hatte, hatte ich auch gleich alles andere ausgepackt. Dokumente von Michelle. Ihre Arbeitsplatzkündigung und solche Dinge. Die sie irgendwo „sicher“ hinräumen solle. Die würden wir garantiert noch brauchen. Hatte ihr erklärt, dass wir weiterhin in Rockanje gemeldet seien, so kein lästiges Umschreiben der Autos nötig sei. Insbesondere wir unsere Führerscheine nicht ändern lassen mussten. Keine neuen Kennzeichen, keine neue PKW-Anmeldung benötigen. In einen Nebensatz von Linda, unserer Nachmieterin, erzählt. Dass sie eine gute Freundin und Arbeitskollegin von Willeke war. Auch mit Wilma befreundet sei. Alles vor ihrer … Michelles Zeit. Dass ich ihr deswegen monatlich einhundert Gulden bezahle. Aber auch nicht mehr – und nicht weniger. Dafür fühlte ich mich noch nicht so. Brauchte mehr Mut. Michelle zu sagen was genau passiert war. Wollte ihr nicht einfach so „Ich hatte eine Affäre“ um die Ohren hauen.

Ingrid wirbelte in die Wohnung herein. Hatte kurz angeklopft. Dann aber direkt wie ein menschlicher Wirbelsturm, wie eine Windhose, für Aufruhr und Bewegung gesorgt. Begrüsste mich überschwänglich. Mein Gesicht „Da bist du ja. Endlich“ abküssend. Wäre jetzt auf dem Weg letzte Möbelstücke aus ihrem Büro zu holen. Ob ich ihr nicht helfen könne. „Den grossen Schreibtisch, ein Sideboard, anderen Kleinkram“. Alles andere habe sie bereits umgezogen. Auch ihre private Wohnung sei schon komplett. Sie wohne ja schon auf dem Bauernhof. Alles tat sie mit einer Energie kund, die einem kaum Luft zum Nachdenken liess. Ich hielt sie an der Hand fest. „Mein Gott, habe ich das vermisst. Habe ich dich vermisst“. Ingrid befreite sich. „Frag‘ mal wie es uns ging. Stimmt’s nicht Michelle? Der Typ hat doch total gefehlt“. Ging um den Tisch herum. „Velkommen, viking. Velkommen til Norge. Velkommen hjem“.

Hockte sich neben Torid. „Kleine Maus, wie geht es dir?“ hielt sie ihr einen Finger entgegen. Nach dem Torid direkt versuchte zu greifen. Drehte sich zu uns um. „Was ist? Kommst du mit? Hilfst du mir?“ Michelle räumte ein wenig Geschirr zusammen. Vielleicht sogar um zu vermeiden, dass Ingrid irgendwas vom Tisch fegte. „Mach‘ ruhig. Fahr‘ mit Ingrid. Wenn Wilma zurück kommt, passt sie ja auf Torid auf. Ich habe um drei Uhr Termine. Sprachschule. Danach kommen wir dann zu euch. Auf den Bauernhof. Dann kannst du auch direkt sehen was wir so die ganze Zeit gemacht haben“.

Ingrid schwang sich in ihren Van. War nicht zu bremsen. In ihren Worten. Die meisten Dinge habe sie bereits umgezogen. Aus ihrer Wohnung sowieso alles. Habe Hilfe von ein paar „Kumpels“ bekommen. „Hat Marius eingefädelt. Alte Schulfreunde“. Und von Michelle und Wilma habe sie eine Beratung bekommen. Samt Styling. Und passendem Kleidchen. Michelle habe ihr gezeigt wie man sich möglichst ungeschickt als Frau tief herunterbeugt. Ingrid lachte. „So dass mein halber Arsch rausguckt“. Schaute mich breit grinsend an. „Die haben mir alles geschleppt. Und geglotzt“. Ingrid rutschte auf dem Fahrersitz etwas umher. „Hätte ich früher wissen müssen. Einfach ein bisschen die Beine breit machen, Slip rausblitzen lassen. Typen denken echt nur mit ihrem Pimmel. Unfassbar“.

Mein Blick ging zu Ingrid. „Und was sagt die Psychologin dazu?“ Ingrid lachte. „Alles geile Böcke. Das sagt die Psychologin. Habe ich doch gerade gesagt. Typen denken mit ihrem Pimmel“. Sie streichelte über meine Wange. „Du natürlich nicht“. Brach in schallendes Gelächter aus. „Hättest du gerne, was? Du doch auch. Ist halt so. Das sagt die Psychologin“.

Ingrid fuhr direkt bis vor die Eingangstür ihres Büros im Hafen vor. Schaltete die Warnblinkanlage ein. Legte einen Zettel in die Windschutzscheibe. „ 1Møbeltransport. Jeg er borte igjen om en halvtime. Ingrid Sysegard Psykologisk rådgivning“. Sprintete die Stufen im Treppenhaus empor. „Nur den Schreibtisch und das Sideboard. Dann parke ich um. Den Rest können wir locker ein paar Meter tragen“ zeigte sie auf die beiden Möbelstücke. „Dann bück‘ dich mal. Ungeschickt. Zeig‘ mir deinen Slip“ fasste ich ihr an den Hintern. „Hä? Was? Und dann? Ich trage eine Jeans“ hielt sie meine Hand. „Dann bück‘ dich einfach. Zeig‘ mir deinen geilen Arsch. Gib‘ meinem Pimmel mal was zu denken“. Ingrid drehte sich, noch meine Hand haltend in meinen Arm. „Schön, dass du zurück bist. Echt, wir haben dich sehr vermisst. Ist denn alles glatt gegangen? Hast du alles erledigen können? Ist doch alles glatt gegangen, oder?“

Fest drückte ich Ingrid an mich. „Ja, alles okay. In gut zwei Wochen kommen die Container an. Aber jetzt lenk‘ nicht ab. Ich will deinen Knackasch sehen“. Ingrid stützte sich auf die Schreibtischplatte. „So vielleicht?“ Drehte sich über die Schulter. Ging dann direkt zum Sideboard. „Hilf mir lieber. Dass das Zeugs hier rauskommt. Meinen Arsch kannst du dir noch oft genug anschauen“.

Wir hatten abgestimmt, dass ich voraus ging. Das Treppenhaus hinunter. Das Gewicht der Möbelstücke auf mir lasten sollte. Sie quasi alles im Gleichgewicht halten soll.

Um Ingrids Van schlawenzelte eine Polizistin herum. Schwarze Uniform. Ringsumlaufend mit einer karierten Bordüre. So als wäre eine Zielflagge vom Autorennen angebracht. Die Haare zu einem Pferdeschwanz unter einer schwarzen Schirmmütze zusammengebunden. An ihrem Hosengürtel baumelten gleich zwei Funkgeräte, aus denen eine krächzende Stimme zu vernehmen war. Ein paar Schritte entfernt ein Kollege. Der ein Maschinengewehr im Anschlag hielt. Ingrid ging direkt auf beide zu. Schwafelte sie voll. Wild gestikulierend. Auf den Hauseingang zeigend. Kam kurz darauf zu mir. „Wir müssen uns echt beeilen. Die geben uns noch zehn Minuten. Dann kommen die wieder. Hier ist Parken verboten. Dann gibt’s eine Knolle“. Zog mich an der Hand. „Los, komm‘. Wir müssen uns beeilen“.

Zum Glück war der Schreibtisch demontierbar. Also die Tischplatte und Untergestell getrennt. Die beiden Beamten wedelten bereits mit den Händen, forderten uns zu mehr Tempo auf. Ingrid rief ihnen noch etwas zu. Dann zu mir „Ich bin direkt zurück“. Stieg in den Van, brauste davon. Was sollte ich jetzt vor ihrem Büro auf der Strasse stehen? Also ging ich wieder ins Gebäude. Ihr Mitbüromensch, bisheriger Mitbüromensch, Haakon lief durch das geräumte Zimmer. Schaute auf die Leere. Viel reden wollte ich mit ihm nicht. Der Stachel, den er Wilma eingepflanzt hatte, war immer noch präsent. Zumindest bei mir.

„Direkt“, Ingrid hatte da scheinbar eine ganz andere Begriffsdefinition als ich. Es dauerte. Lange. Hatte schon lange den Zeitbereich „Direkt“ verlassen. War das auch so eine andere Betrachtung, die man hier in Norwegen hatte? Wie bei dem „Nicht weit von hier“? Lag das an mir? An den Norwegern? An Ingrid im Speziellen? Zeit darüber nachzugrübeln hatte ich jetzt jedenfalls. Rauchte mir auf der Fensterbank sitzend, bei geöffnetem Fenster, bei bestem Blick über den Hafen von Bergen, eine Zigarette. Was hatte dieses Zimmer, bei Gesprächen mit Ingrid, so alles aus mir zutage gefördert? Unzählige Stunden hatte ich mich Ingrid hier anvertraut. Ihre psychologische Beratung in Anspruch genommen. Ihre Ratschläge angehört. Und aufgenommen. Aber auch dem gelauscht, was sie mir als Freundin an Betrachtungen vermittelt hatte.

Dafür ging es nach ihrer Rückkehr umso fixer. Schnell räumte sie einige Kleinigkeiten noch zusammen. Packte alles in mitgebrachte Taschen. „Was ist? Willst du hier Wurzeln schlagen?“ drängelte sie jetzt sogar zum Aufbruch. Mein Angebot ihr beim Tragen zu helfen führte geradewegs in eine Diskussion. Mehr noch, schon fast eine psychologische Auseinandersetzung. „Ich mach‘ das schon. Das ist sehr aufmerksam von dir. Schon ein bisschen Gentleman-mässig. Aber ich mach‘ das schon. Ich kann das auch. Du musst … du solltest mich … uns … uns Frauen …deinen Prinzessinnen mehr … und öfter was zutrauen. Zulassen“ lächelte Ingrid mich an. „Haben wir das nicht schon einmal besprochen?“

„Dann heb‘ das wenigstens aus der Hocke an. Nicht aus dem Rücken. Das ist nicht so gut“. Ingrid drehte sich zu mir. „Was denn jetzt? Willst du meinen Arsch sehen? Oder wirst du jetzt mein Physiotherapeut?“ Ganz leise entfuhr mir „Ach, fick‘ dich“. Nicht leise genug. Ingrid schmunzelte. „Von mir aus. Ja, fick‘ mich. Aber jetzt erstmal zum Auto“.

Eigentlich wollte ich doch nur behilflich sein. Nett sein. Wiederholte mein Angebot „Ich trag das schon. Gerne“. „Nein, warum denn?“ „Die Taschen sind doch bestimmt schwer. Oder wir könnten sie zusammen ...“. „Hörst du mir nicht zu? Ich mach das schon!“ Ungefähr so verlief der Dialog. Es war kein Streit, aber Ingrids Standpunkt war klar – Ich mach‘ das schon“.

Auf dem Weg - wir hatten den Hafenbezirk verlassen, unterwegs Richtung Rathaus – hier hatte Ingrid geparkt, rempelte sie mich leicht und nett an. „Ich weiss schon genau … wir sind deine Prinzessinnen … aber ich bin nicht Marie Antoinette … der du alles hinterhertragen musst. Vor allem musst du gar nichts. Das was du machst … was du zeigst … das ist genug. Mehr als genug. Mach‘ das weiter. Respekt vor deinen Prinzessinnen ist okay. Aber du musst nicht der Diener sein“. Hä? Was für’ne Marie? Wer ist das?“ Ingrid holte noch einmal Schwung mit einer der Taschen in ihren Händen, liess sie gegen meinen Oberschenkel schlagen. „Irgend so eine französische Königs-Tussi. Aus der Renaissance. Die sich garantiert ihren eigenen Arsch hat hinterhertragen lassen. Aber danke für dein Angebot“.

Was sicherlich eine Erklärung war, aber nichts daran änderte, dass ich mir irgendwie doof vorkam. Sogar das Gefühl hatte, dass man mich unterwegs „schräg“ anschaute. Der ein oder andere garantiert dachte „Was für ein Arsch. Lässt seine Frau die ganzen Sachen schleppen. Und läuft einfach neben ihr daher“.

1 Möbeltransport. In einer halben Stunde bin ich wieder weg. Ingrid Sysegard Psychologische Beratung

„Unabhängig. Frei. Sorglos. Glücklich.“

Gut fünfzehn Minuten waren wir unterwegs bevor wir am Rådhusgaten ankamen. Ingrid feuerte die Taschen an der seitlichen Schiebetür des Van in den Innenraum. „Wollen wir unterwegs irgendwo Kaffee trinken? Vielleicht in Åsane? In deiner Handwerkerbude?“ schloss sie mir die Beifahrertüre auf. „Wir haben doch viel zu erzählen. Also über uns. Was wir gemacht haben. Was wir erlebt haben. Was meinst du?“ Drückte mich an der Schulter sanft gegen die Autotüre. „Und begrüsst haben wir uns auch noch gar nicht. Richtig“. Küsste mich. „Mein Partner. Du hast gefehlt. Mir. Uns allen“.

Warum ich Ingrid in der Kaffeebude ausgerechnet von der gestrigen Nacht zuerst erzählen musste – aber so war es eben. Dass Wilma sich zu uns, zu Michelle und mir ins Bett gesetzt hatte. Mit Torid. Mir meine Eier massiert hatte, meinen Pimmel in Michelle eingeführt hatte. „Und wenn sie Torid nicht im Arm gehabt hätte, wäre sie garantiert geblieben. Hätte uns zugeschaut. Vielleicht sogar mitgemacht“ griff ich an Ingrids Handgelenk. „Wusstest du … weißt du, dass die beiden sich wieder nähergekommen sind? Also körperlich? Intim?“ Ingrid schmunzelte. „Ja, weiss ich. Ist doch schön. Dass die sich wiederentdeckt haben. Eigentlich waren sie doch immer zusammen. So bist du doch mit Michelle zusammengekommen. Durch Wilma. So bist du doch auch mit mir zusammengekommen. Durch Michelle. Stell‘ dir mal vor du hättest drei Weiber an deiner Seite, die sich anzicken würden. Statt sich lieb zu haben. Ja, das weiss ich“. Ingrid trank einen Schluck von ihrem Kaffee. „Und du? Weißt du das Wilma auch bei mir war? Bei mir übernachtet hat? In meiner neuen Wohnung? Auf dem Bauernhof? Dass wir beide auch im Bett waren? Hat sie das auch erzählt?“

Meine Hand löste ich von ihrem Handgelenk. „Das gibt es doch gar nicht. Das ist man mal ein paar Tage weg …“ Ingrid unterbrach mich. „Ein paar Tage? Du warst fast drei Wochen weg. Und dass wir uns nett, anziehend, attraktiv finden weißt du doch wohl sehr genau“. „Du meinst ausziehend, nicht anziehend“ musste ich dann auch schmunzeln. „Ja, so wie es vorher auch war. Wir lieben uns. Auch körperlich. Intim wie du es nennst. Alle drei … Alle vier. Du gehörst doch dazu. Du hast sowas immer gerne Kosmos genannt. Hier in Norwegen ist aber Freya dafür zuständig. Die Göttin der Liebe und der Fruchtbarkeit. Das ist die Frau von Odin, dem höchsten Gott der Wikinger. Der … die hat uns zusammengeführt. Nicht erst während du in Nederland warst. Vorher schon. Dich mit Wilma. Dich mit Michelle. Dich mit mir. Uns alle“. Ingrid trank wieder einen Schluck. „Wir haben uns doch nicht zufällig getroffen. Es hat sich doch nichts zufällig bei uns entwickelt. Da wo wir jetzt sind, da wollten wir doch hin. Ob wir das wussten oder auch nicht. Völlig egal. Weißt du wieviele Menschen es auf der Welt gibt? Und da sollen wir uns zufällig gefunden haben? Wir sind jetzt eine grosse Familie. Auch wenn du es anders nennst … nur aus diesem Grund leben wir jetzt zusammen. Als vikingen og prinsessene“.

„War das jetzt meine Psychologin Frau Sysegard, die gesprochen hat? Oder meine Freundin Ingrid?“ schaute ich Ingrid an. „Beides. Vielleicht eine etwas zu sachliche Erklärung. Aber deine Freundin Ingrid formuliert das gerne mal ganz einfach. Das soll so sein“.

Gegen ein breites Grinsen konnte ich mich nicht erwehren. „Das habe ich vermisst. Dich und deinen Wikingerkram. Was bedeutet noch mal Ingrid?“ Leicht angenervt antwortete Ingrid „Das ist eine Mischung aus „ingwia“ und „fridr“ – bedeutet soviel wie die schöne Göttin. Und das ist kein Wikingerquatsch. Wenn du mal mit mir auf eine Waldwanderung gehst, wirst du erleben, dass das alles andere als Quatsch ist. Nicht mit den Wikingern. Nicht mit den Trollen. Du musst nur offen für diesen Quatsch, wie du es nennst, sein“. Ich ging an den Tresen, zahlte unsere Kaffeetafel, dann zurück zu Ingrid. „Komm‘ meine schöne Göttin. Jetzt will ich langsam mal sehen was alles passiert ist.

Auf unserem Bauernhof. In deinem neuen Zuhause. Du hast Recht, ich war lange genug weg“.

Ab Åsane, ausserhalb von Bergen Stadt, war es schon deutlich beschwerlicher zu fahren. Auch für Ingrid. Auch in dem schweren Van. Die Strasse Richtung Hylkje war zwar grob vom Schnee befreit, dennoch war es sehr rutschig. Gut, dass der Chevy einen fetten Motor hatte, sehr niedrigtourig vor sich hin blubberte. Das Drehmoment machte den Unterschied. Fast wie ein Traktor schob der Wagen einfach nach vorne, nicht zur Seite. Um sie nicht zu sehr vom Strassenverkehr abzulenken hielt ich mich mit Worten zurück, schaute mir einfach die Landschaft an. Die schneebedeckten Bäume. Wie sich doch alles – innerhalb nur eines Tages – verändert hatte. Nicht nur optisch. Ich hatte eine andere, wieder mal eine andere, Perspektive. Das müsste jetzt aber für eine ganze Weile reichen. Ich musste doch langsam mal irgendwo – definitiv – ankommen.

Nach gut zwanzig Minuten fuhren wir auf das Grundstück ein. Aus einem Kamin zogen helle Rauchschwaden in die Luft. Aus Ingrids Haus. Die begrünten Bedachungen waren kaum noch als solche zu erkennen, unter Schnee verborgen. Mein Herz pochte laut. „Zuhause“ war das einzige Wort das sich in meinem Kopf formulierte. Ingrid parkte den Van seitlich vor ihrer Bürotüre. „Laden wir direkt alles aus?“ Sie würde dann auch alle anderen Häuser heizen, den Kamin entzünden. „Dann ist schön warm, wenn Wilma und Michelle kommen. Und Torid“. Ingrid hakte sich an meinem Arm ein. „Das ist sowas was ich eben meinte. Einer sorgt für alle. Alle sorgen für einen“. Meinen Arm legte ich um Ingrids Schulter. „Das ist aber nix Wikingermässig. Das ist der Spruch der Musketiere. Einer für alle. Alle für einen“. Ingrid schmunzelte. „Ist doch egal von wem. Zusammenhalten, das ist doch die Hauptsache“.

„Nur bis zur Eingangstür. Ich hol‘ uns erst Hausschuhe. Dann können wir die beiden Möbel dahin stellen wo sie hinsollen“ gab Ingrid Anweisungen. Ich kam aber sowieso nicht weiter als bis zum Eingang ihres Büros. Blieb einfach stehen. „Meine Güte. Ist das schön geworden. Alles gestrichen. Alles hell. Alles sauber“. Umarmte Ingrid. „Das hast du super hingekriegt“. Ingrid lehnte ihren Kopf an meine Schulter. „Nicht ich. Wir alle zusammen. Du, Wilma, Michelle und ich. Wir alle haben das geschafft. Alles, in allen Häusern. Wirst du ja gleich sehen“.

Der im Licht der Lampen glänzende Holzfussboden verlieh dem Raum eine unglaubliche Wärme. Die spärliche … sparsame Möblierung des Büros gab allem eine Grösse und Weite.

„Würdest du Brennholz holen? Für jedes Haus? Leg‘ es einfach vor der Haustüre ab. Ich hol‘ schnell Hausschuhe“ verschwand Ingrid in Richtung zu ihrem Wohnhaus. Brauchte sie aus „Berechnung“ so lange um wiederzukommen? War das jetzt meine Aufgabe? Brennholz holen? Wie zuvor in unserer Ferienwohnung? Wie in unserem Haus in Rockanje? War das meine Position in unserer Lebensgemeinschaft? Der Heizer?

Ingrid kam mit Schuhwerk in Händen zurück. „Ist das jetzt meine Aufgabe? Brennholz holen?“ Ingrid nahm meine Hand. „Komm‘ rein. Zieh‘ deine Schuhe aus. Hier …“ hielt sie mir gestrickte Stümpfe entgegen. „Hat Wilma gestrickt. Für jeden von uns ein Paar“. Sie selber schlüpfte aber in richtige Hausschuhe. Graue Filzschuhe, auf der Vorderseite mit einem kleinen roten Herzchen verziert. Die habe sie schon „ewig“ erklärte Ingrid. Seien von TOVA, einer norwegischen Traditionsfirma. Würden aber schon seit Ewigkeiten in der Mongolei produziert. „Zu absolut fairen Bedingungen. Schafwolle. Mit Rindsledersohle“. Kurz legte sie mir einen TOVA in die Hand. „Solltet ihr euch auch besorgen. Muss man unterstützen“.

Nach Montage und ein paar Mal hin und herschieben der Büroeinrichtung war Ingrid dann zufrieden. „Dann können meine Kunden kommen. Ab nächster Woche schon“. Lehnte sich bei mir an. „Und das Beste ist - ich muss überhaupt nicht mehr fahren. Muss nur nach nebenan gehen. Und das hast du … das habt ihr möglich gemacht. Du. Michelle. Wilma. Mein Vater. Meine Mutter. Ich bin euch allen echt dankbar. Aus meinem Traum ist jetzt Realität geworden. Sogar mehr noch. Ich kann meinen Traum leben. Mit den Menschen, die ich besonders mag. Mit euch“. Ihre Augen glänzten ein wenig. „Du weinst jetzt aber nicht, oder?“ Ingrid zwinkerte mit den Augenlidern. „Doch. Ein bisschen. Vor Freude“. Mit einer Hand schob ich die Mütze, die sie die ganze Zeit schon trug, leicht aus ihrer Stirn. Gab ihr einen Kuss auf den Haaransatz. „Ich freu‘ mich sehr für dich. Kann das eigentlich nur zurückgeben. Du gehörst auch zu meinen Lieblingsmenschen“. Schmunzelte. „Dann muss ich mich wohl bei der Frau Freya bedanken“.

Ingrid ging zur Eingangstüre, zog ihre Hausschuhe aus. „Komm‘, dann machen wir jetzt auch bei euch den Kamin an. Damit es warm ist, wenn deine Familie kommt“. Drehte sich kurz zu mir. „Zieh‘ deine Schuhe an, nimm deine Strümpfe mit“.

Nachdem ich Schuhe gegen Strümpfe getauscht hatte lief ich direkt nach oben. Inspizierte die Zimmer. Was aber nicht der richtige Ausdruck war. Ich genoss die Zimmer. Die Arbeiten, die die Frauen in meiner Abwesenheit geleistet hatten. Alles war weiss gestrichen. In einigen Kartons standen – noch verpackt – Stehleuchten, Tischleuchten, Wandleuchten. Wie an den Kartons zu erkennen war – von IKEA. Das war garantiert Michelles Ausbeute. Auch wenn sonst, ausser eben leeren, weissen Räumen nichts zu sehen war, konnte ich mich nicht satt sehen. So hell, so frisch gestrichen. „Ihr seid klasse“ rief ich zu Ingrid herunter. „Was ihr alles geschafft habt“. Ging zu ihr herunter. Ingrid hockte vor dem Kamin, entfachte ihn mit kleinen Holzsplinten. „Das meiste hat Wilma gemacht. Sie hat fast überall gestrichen. Bedanke dich bei ihr“.

Lief dann die Wände entlang, schaltete alle Lichtschalter. Die aber noch nur von den Decken hängende Glühbirnen erleuchteten. Bis auf das Badezimmer. Das war komplett beleuchtet. Also mit Lampen und Leuchten. Musste mich auch direkt auf den Wannenrand setzen. Das von Michelle angebrachte „Gaudi-Mosaik“ verschlug mir die Sprache. Sie hatte mir zwar am Telefon davon berichtet – aber was ich sah war „überwältigend“.

„Hast du das gesehen? Das hat alles Michelle gemacht?“ Ingrid kam zu mir ins Bad. „Ja. Das war deine Frau. Ist das nicht wunderschön?“ Vor lauter Aufgeregtheit meldete sich meine Blase. Ingrid schaute mir zu wie ich mich an das Porzellan stellen wollte. „Setz‘ dich bloss hin. Im Stehen pinkeln kannst du dir direkt abgewöhnen. Du lebst mit Frauen zusammen. Ausschliesslich“. Sah mich eindringlich und ermahnend an. „Soll ich rausgehen?“ Ich erwiderte ihren Blick. „Willst du mir beim Pissen zuschauen?“ Ingrid grinste breit. „Warum nicht?“

Mit Wasserlassen war ich schon lange fertig. Blieb aber einfach auf der Toilette sitzen. Liess meine Augen über die Wände wandern. Immer wieder an der Mosaik-Fliesung verweilend. „Das ist so geil geworden. Einfach Hammer“.

In einer Ecke stand eine kleine Kommode. An die ich mich noch erinnern konnte. Die hatte ich zusammen mit Arnora aufgebaut. Darauf fein säuberlich gestapelt Handtücher. Neue Handtücher. Nicht frisch gewaschen, nein, flammneu. In den Schubfächern einige Windeln und Tücher. Auch ein kleines Sortiment Cremes und Puder. Babykram. Aber – ganz auffällig - Alles pikobello sauber. Das gesamte Badezimmer. So als wäre ich der erste Benutzer. Was ich aber nicht war. Wusste ich ja. Hatte ja selbst schon gesehen wie sowohl Ingrid als auch Wilma hier ein Bad genommen hatten. Dennoch vermied ich es, traute mich nicht, Wasserhähne aufzudrehen. Denn auch die Waschbecken waren wie poliert. Wie auch die Spiegel. Strahlend sauber. Trocken. Nicht ein Wasserfleck. Wie in einer Musterausstellung.

Ich hockte mich zu Ingrid. Vor den Kamin. „Weißt du was? Was ich vorhin gedacht habe? Als wir gekommen sind?“ Ingrid hob die Augenbrauen fragend an. „Und? Was hast du gedacht?“ Einen Arm legte ich um ihre Schulter. „Ich bin zuhause Ingrid. Ich bin zuhause. Hier wohne ich. Hier lebe ich jetzt“. Sie stand auf, zog mich an der Hand. „Dann lass‘ uns zu mir rüber gehen. Du schaust dir nachher alles in Ruhe an. Mit Michelle. Das ist euer Zuhause. Ich kann uns sogar Kaffee machen. Drüben“.

Also gleiches Prozedere. Strümpfe ausziehen. Schuhe anziehen. Und genau wie Ingrid es gerade gesagt hatte fühlte es sich auch an. „Ich geh‘ mal eben zur Nachbarin herüber“. Über einen kleinen Hof, um den einige Häuser herum verteilt standen. Durch den Schnee.

Jetzt bot sich auch schon ein ganz anderer Anblick. Aus drei Schornsteinen stieg Rauch in den Himmel. Schon wie in einer kleinen Wohnsiedlung. Was es ja auch war. Eine Hofgemeinschaft. Das wurde mir jetzt richtig bewusst. Die sich dann doch, nach Wochen, jetzt mit Leben befüllte. Wie Ingrid es vorhin gesagt hatte. Aus einem Traum, aus mehreren Träumen, aus unterschiedlichen Träumen unterschiedlicher Menschen, wuchs ein Gemeinsames. So langsam wurden die Früchte unserer gemeinsamen Anstrengungen, unserer gemeinsamen Arbeiten sichtbar. Hier kam jetzt richtig Leben in die Bude. In die Buden.

Bevor es dann zu Ingrids Wohnung ging, legte ich vor ihrem Büro und unserem Haus noch einmal ein paar Holzscheite vor den Haustüren ab. Um beizeiten nachlegen zu können. Blieb eine Weile im Hof stehen. Liess meinen Blick im Kreis gehen. Hatte ich mir das so vorgestellt? Was hatte ich mir überhaupt vorgestellt? Schon sowas, wie ich es jetzt von aussen sah. Wie Ingrid es genannt hatte. „Eine kleine Wikingersiedlung“. Die versuchte, auf sich selbst gestellt zu leben. Unabhängig. Frei. Sorglos. Glücklich.

„Abwesenheit“

Ingrid wartete in der Eingangstüre. Hatte bereits ihre Schuhe gegen Hausschuhe eingetauscht. In den Armen hielt sie ein paar Holzscheite. Fast sah es so aus, als würde sie mir den Zutritt versperren wollen. Absichtlich. Bewusst. „Ich weiss schon, Schuhe aus“.

Eine wohlige Wärme schlug mir beim Eintreten entgegen. Bezeugte, dass dieses Haus bewohnt wurde. Dass Ingrid es sich schon sehr behaglich gemacht hatte. Dass sie nicht nur eingezogen war, sondern hier lebte. So richtig. Komplett umgezogen war. In ein Haus, Das ich zuletzt noch als „unfertige Baustelle“ in Erinnerung hatte. Jetzt war es ein Zuhause. Ingrids Zuhause. Wie hatte sie das vollbracht? Von der „Wundersamen Brotvermehrung“ hatte ich schon mal gehört. Besser gesagt gelesen. Von einer der Glanzleistungen dieses Herrn Jesus. Zwar nie wirklich belegt, aber dennoch einfach mal verbreitet. Aber das hier, was sich meinen Augen bot? War Ingrid sowas wie norwegische Antwort – die nordische Frau Jesus? Die eine „wundersame Möbelvermehrung“ bewirken konnte?

„Meine Fresse, ist das schön hier. Wie hast du das gemacht? Wo kommen die ganzen Möbel her?“ schaute ich zu Ingrid. „Gefällt es dir? Gefällt dir meine Wohnung?“ nahm sie meine Hand, startete eine Führung. Zum Teil seien das Möbelstücke aus ihrer Wohnung in Griggastemma. Zeigte auf die Möbel. Die ich kannte. Immerhin hatten wir eine gute Woche in ihrer Wohnung wohnen können. Dürfen. Vor unserem Umzug nach Breiviken. Aber alles andere?

„Ich leg‘ schnell etwas Holz nach. Dann gibt es eine Führung, okay?“ Legte die Holzscheite in einen geflochtenen Weidenkorb, der neben dem Kamin stand. „Das ist die Einrichtung aus meiner Studentenbude“ begann sie am Esstisch mit ihrer Erklärung. „Du erinnerst dich doch? Du warst doch mit Michelle in meiner Wohnung in Oslo. Bei eurem ersten Besuch. Bevor ihr abgereist seid. Und schon da habe ich mir gewünscht, dass ihr zurückkommt“. Studentenbude – was für eine Umschreibung für die Wohnsituation die sie in Oslo hatte. Ich erinnerte mich sehr gut daran. Schon damals hatte ich Michelle gegenüber, scherzhaft, gesagt dass Ingrid eigentlich eine „Super-Partie“ wäre.

Ein grosser Esstisch, samt Stühlen. Weiss getüncht. Gekalkt. Oder lasiert. Oder wie auch immer man diesen „Scandinavien-Style“ nannte. Eigentlich war alles weiss. Oder zumindest sehr hell. Alle Möbelstücke. Und mit dem Kontrast des Kiefer-Fussbodens wirkte das alles dermassen Edel. Wie eine Möbelausstellung. Besser hätte ein Möbelhaus seine Produkte nicht anpreisen können. Also ein echtes Möbelhaus, nicht IKEA.

Ihr Vater habe dafür gesorgt, dass alles von Oslo zu ihr gekommen war. Denn die Wohnung, eigentlich eine Doppelhaushälfte, gehöre ihren Eltern. Und jetzt, nachdem sie zum einen keine Studentin mehr war, zum anderen ja den Bauernhof besass, würden sie, ihre Eltern, die Wohnung wieder so nutzen wie ursprünglich gedacht. Als Ferienwohnung. Wenn sie in Oslo wären. Oder ihr Vater dort zu tun habe.

Ingrid hatte sich gegen die Tischkante gelehnt. „Ich möchte nicht wissen was mein Vater verdient. Dass der sich das alles leisten kann“. Schmunzelte kurz. „Aber eigentlich würde ich das schon gerne wissen. Was meinst du? Was verdient Tjorben wohl?“

Wenn ich von seiner Position bei SHELL ausging – als Leitender Ingenieur - und auch mein eigenes, im Verhältnis zu seinem, bescheidenes Gehalt zugrunde legte, kam er bestimmt auf irgendwas Richtung Siebzigtausend Kroner, wenn nicht sogar mehr. Monatlich. Anders wäre das doch alles gar nicht möglich. Wohnung in Bergen, Haus in Oslo, fetten Bel Air, ab und an seiner Tochter Geld zustecken. Das macht man nicht mal eben so. „Ich kann mir schon vorstellen … auf jeden Fall fett Kohle Ingrid. Fett. Richtig fett“.

„Ich mach‘ uns Kaffee, oder? Willst du auch was essen?“ begab sich Ingrid zur Küchenzeile. Eine räumliche Aufteilung gab es ja nicht. Schon im Vorfeld hatte sie erklärte wie sie wohnen möchte. Nämlich „so wie früher“. Als Wohnen und Essen in einem Raum stattfand. Sogar das Badezimmer war kein richtiges Zimmer. Eher ein Zimmer im Zimmer. Durch einen „Raumteiler“ abgetrennt stand auch die Badewanne in diesem einzigen Raum. Der natürlich dadurch sehr geräumig wirkte. Weil die Bereiche „fliessend“ ineinander übergingen.

Während Ingrid in der Küche zugange war inspizierte ich jetzt jeden Winkel dieses Multifunktionszimmer. Hinter diesem Raumteiler, „ein Paravent“, wie mir Ingrid erklärte, war der von ihr auf dem Trödelmarkt erstandene Badeofen und eine kleine Badewanne. Nicht wirklich klein, für sie, für ihre Körpergrösse ausreichend. „Das hat mir Marius alles angeschlossen. Wie findest du das?“

Das war ein Vorzug, dass alles im Prinzip ein Raum war. Man konnte sich normal unterhalten. Keine störenden Wände oder Türdurchgänge. Der „Paravent“ war ein faltbares Element. Aus vier Einzelsegmenten, über Scharniere verbunden. Sah so aus als wenn es ürsprünglich mal Fensterläden oder alte Türen gewesen wären. Im unteren Bereich die für Fensterläden typische Lamellenoptik, im oberen Bereich aber jeweils vier Fensterscheiben. Durch ein Holzkreuz gehalten und eingefasst. Kurz unterhalb der Glaselemente waren hölzerne Blumenkästen. Mit Kräutern bepflanzt. „Das habe ich auch irgendwann mal auf dem Flohmarkt gekauft. Stand jetzt ewig bei meinen Eltern nur so rum. Ich wusste, dass ich das irgendwann mal gebrauchen kann“.

Hinter der Glasscheibe stehend sprach ich mit Ingrid. „Cool. Dann kann man dir sogar zuschauen. Beim Baden“. Ingrid stellte Kaffeekanne und zwei Tassen auf dem Tisch ab, kam zum Raumteiler, hob ihren Pullover an. Bis über ihre Brüste. „Du meinst so?“ Lachte. „Weißt du noch wie du Michelle ficken musstest? Bei eurem Urlaub hier? In der gläsernen Dusche? In Odda? Auf dem Campingplatz? Wie sie es darauf angelegt hat, dass ich euch zuschauen sollte … musste. Um mich eifersüchtig zu machen. Sie extra ihre Titten gegen die Glaswand gepresst hat“. Ich betrachtete Ingrid. Ingrids Oberkörper. „Press‘ auch mal deine Titten gegen das Glas“. Ingrid lachte. „Und auch an den Rest? Wie wir danach Michelles Eifersucht besprochen haben? Woran das liegt?“ Ingrid fasste mit beiden Händen an die Holzrahmen, drückte ihre Brüste gegen die Scheibe. „Zum Glück ist das weg. Das ist doch weg, oder? Diese Eifersuchtsscheisse?“ „Ja. Ich glaub‘ schon“.

Wir setzten uns an den Tisch. Unterhielten uns weiter. Während meine Augen weiter ihr Zuhause abscannten. „Deine Wohnung … dein Haus ist wunderschön geworden. Alles ist so harmonisch. Schlicht und dennoch ausdrucksstark. So wie du … so ist auch dein Zuhause“. Ingrid lächelte. „Sehr schönes Kompliment mein Lieber. Viel Holz, Licht, elegante Formen – Das hat so eine gewisse Leichtigkeit. So wie ich es liebe. Unkompliziert“. Ingrid trank einen Schluck Kaffee. "Keep it simple" – schlichte Formen, geradlinig und klar. Kein Schnick-Schnack“. Mit einem Auge zwinkerte ich ihr zu. „Genau. So wie du eben“.

Was denn mit anderen Sachen sei - mit Möbelstücken aus Griggastemma, die ich zwar kannte, aber nirgends sah – wollte ich wissen. „Mein Bett und den kleinen Esstisch- samt den zwei Stühlen – meinen Single-Haushalt – hat Wilma genommen. Haben wir bei ihr abgestellt. Mit ihrem Einverständnis natürlich“. So habe Wilma direkt ein Gästebett. Und einen kleinen Schreibtisch. Platz habe sie ja. Mehr als genug. Für eine Person. Ingrid schmunzelte. „Wilma bleibt doch nicht ewig Single. Sie ist da ja ganz anders als ich. Sie braucht einen Typen. Einen festen Typen. Nicht so wie ich. Ich brauch‘ nur ab und an was für’s Bett. Und einen guten Freund. Einen Partner. So wie dich“. Verzog ihre Mundwinkel zu einem breiten Grinsen. „Der vielleicht auch mit mir ins Bett geht“.

„Ingrid …“ schaute ich in ihr schelmisch grinsendes Gesicht „… Wo du das gerade sagst. Was ist jetzt mit uns Partnern? Also nicht ins Bett gehen … was ist mit unserer Firma? Sollen wir … wollen wir nicht alles umschreiben lassen? Auf unsere Firma? Nicht mehr wir privat? Wir als Firma? Das hatten wir doch vor. Und ich habe mich entschieden. Norwegen … Hylkje ist jetzt unser Zuhause. Ich habe jetzt noch gut einen Monat, dann fängt mein Job an. Wahrscheinlich weniger. Wenn das ganze Zeug mit Schenker ankommt geht es doch Schlag auf Schlag. Dann fängt der Stress erneut an. Allles ausladen. Alles einräumen. Alles einrichten. Wer weiss was noch alles kommt. Fehlt“.