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Alle vierhundert Jahre versucht Satan, sich das Himmelreich zu erobern, worauf der Himmel ausgebildete »Angel Knights«, Engel, die noch menschliche Züge aufweisen können, zur Verteidigung aussendet. Doch dieses Mal bricht der Krieg völlig unerwartet, zweihundert Jahre vor der Zeit, aus. Er rekrutiert schließlich fünf Engelsanwärter, die sich ohnehin noch bewähren müssen, um ein vollständiger Engel zu werden. Nach einer kurzen Ausbildung werden diese fünf auf die Erde geschickt um das Tor der Hölle, vor dem Eintreffen der Dämonen zu versiegeln. Auf der Erde angekommen, stoßen sie im Park gleich auf Miley, die kurz zuvor ihre Mutter durch Selbstmord verloren hat und blindlinks in den Park gelaufen ist. Die jungen Anwärter Jason, Mike, Peter, Luke und Ron schließen sich Miley an, die ihnen Unterschlupf gewährt, auch wenn sie nicht weiß, worauf sie sich einlässt.
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Seitenzahl: 392
Veröffentlichungsjahr: 2023
Bianka Mertes Angel Knights - Light behind Darkness
Die geschilderten Personen und Ereignisse sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
© 2017 Bianka Mertes
Oberwindhagener Str. 26a, 53578 Windhagen
Cover: Bianka Mertes
Lektorat & Layout: Lektorat Buchstabenpuzzle
2. Auflage
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40–44, 22359 Hamburg
ISBN: 978-3-347-80796-9
Bianka Mertes
Angel Knights
Light behind Darkness
Prolog
Die Menschen versuchen, so gut es geht, miteinander zurechtzukommen. Dennoch erhöht sich die momentane Rate der Verbrechen und Selbstmorden ungewöhnlich. Doch, was sich wirklich dahinter verbirgt, ahnt keiner.
Ein Teufelswerk, das sich alle vierhundert Jahre wiederholt und in dem der Mensch zu einer Spielfigur zwischen Himmel und Hölle wird.
Kapitel 1
Luciens besorgtes Gesicht sprach Bände. »Es sind nur noch wenige Tage, bis der Höllenschlund sich öffnen wird. Habt ihr alle Vorkehrungen getroffen?« Wieder hieß es, den Kampf gegen die Kreaturen der Unterwelt aufzunehmen. Ein Kampf, bei dem nicht nur das Leben der Engel, sondern auch das der Menschen in den Händen der Auserwählten lag. Erste Anzeichen für das Erscheinen des Teufels hatten die Späher bereits entdeckt und sofort Alarm geschlagen.
Doch eigentlich war die Zeit noch nicht gekommen. Der Aufstand erhob sich zu früh. Viel zu früh. Wenn man es genau sah, zweihundert Jahre zu früh. Das bereitete Lucien nicht ohne Grund Sorgen. Etwas musste geschehen sein, dass der Herr der Unterwelt die Gelegenheit ergriff, und vor seiner Zeit die Tore öffnete. Das Siegel war gebrochen. Diese Nachricht kam so unerwartet, dass Lucien vollkommen überrumpelt wurde.
Lucien leitete daraufhin die ersten Schritte in die Wege und hoffte, geeignete Auserwählte zu finden. Keine einfache Aufgabe, wenn man bedachte, dass die meisten Engel keine menschlichen Züge mehr besaßen. Aber genau diese brauchten sie, um in der Menschenwelt nicht aufzufallen. Zu groß war die Gefahr als Engel enttarnt zu werden. Über Jahrtausende hüteten sie jetzt schon das Geheimnis ihrer Existenz.
Ab und zu jedoch kam es vor, dass sich einer von ihnen aus dem Himmelreich schlich, um auf der Erde sein Glück mit einer Sterblichen zu teilen. Wurde er jedoch enttarnt, erwartete ihn ein schreckliches Schicksal. Sein Körper würde sich unter Höllenqualen langsam auflösen, zu Staub zerfallen und in alle Himmelsrichtungen verweht werden. Um ein solches Schicksal zu verhindern, mussten die Engel sich unbedingt unter die Menschen mischen und unentdeckt operieren können. Ansonsten wäre jeder Versuch, den Aufstand niederzustrecken, von vorneherein gescheitert.
»Wir haben alle sorgfältig getestet, doch leider ist keiner unter ihnen, der noch irgendwelche menschlichen Züge aufweist.« Niedergeschlagen beobachtete Ethan den obersten Engel. Sein weißer Mantel wehte im abendlichen Licht und den kühlen Luftzügen hin und her. Das markante Gesicht verzog sich zu einem Ratlosen und Sorgenfalten legten sich auf das sonst wunderschöne Gesicht Luciens. Ethan wusste selbst, wie viel von den Auserwählten abhing und doch schien es diesmal keinen Ausweg zu geben. Es sah alles danach aus, als müssten die ›Freiwilligen‹ bestimmt werden, die gegen die Kreaturen in den Kampf ziehen würden. Das war für Ethan keine leichte Aufgabe und am liebsten würde er sie jemand anderem übertragen.
Schon beim letzten Gefecht vor zweihundert Jahren kehrte nur einer von ihnen zurück, wenn auch gleich es für seine Überlebenschancen nicht gut ausgesehen hatte. Schwer verletzt mit halb zerfetzten Flügeln, erholte er sich nur langsam und überlebte die Angriffe der Höllenbrut. Aber er hatte es geschafft und führte nun das strenge Regiment als oberster Engel. Er alleine hatte es in der Hand, ob sie siegreich in die Zukunft ziehen würden oder fallen wie Schnee, den keiner aufhalten konnte.
Es fehlte ihnen an Zeit. An zweihundert Jahren Zeit, in der sie sich in aller Ruhe darauf hätten vorbereiten können, um gegen den bevorstehenden Kampf gegen die Hölle, die Engel auswählen und ausbilden zu können. Doch diese Möglichkeit wurde ihnen gekonnt durch diese Überrumpelung vollkommen genommen. Jetzt musste Lucien komplett improvisieren.
»Ich glaube, wir sollten es dieses eine Mal ganz anders angehen.« Ein seltsames Lächeln huschte über Luciens schönes, dennoch besorgtes Gesicht. Selten hatte Ethan ihn lächeln gesehen. Vielleicht hatten seine Augen ihm aber auch nur einen Streich gespielt.
»Und wie? Wen wollt Ihr denn aussenden?« Ethan zweifelte normalerweise nicht an Luciens Entscheidungen, doch diesmal stand zu viel auf dem Spiel, um einen leichtfertigen Plan zu schmieden. Sie konnten es auf keinen Fall auf ein Experiment ankommen lassen.
»Keine Sorge, wir haben noch immer einen Trumpf in der Hinterhand.« Sein fester Blick ließ keinen Freiraum für weitere Fragen. Ethan hatte das Gefühl, als würde sein Blick ihn durchbohren. Ein fest entschlossener Blick, der das Ziel zu siegen nicht aus den Augen ließ und es zum Greifen nahebrachte.
Er arbeitete jetzt schon fast seit einhundert Jahren als Berater für Lucien und seine Entscheidungen hatte er nie infrage gestellt. Man konnte schon sagen, dass er ihm absolut vertraute. Doch jetzt, wo die Entscheidungen alle so schnell gefällt werden mussten, hoffte er, dass Lucien keine falsche Entscheidung treffen würde. Er hatte nicht einmal genug Zeit, sich einen geeigneten Plan zurechtzulegen.
Die Zeit arbeitete jedoch gegen sie. Es blieb nicht mehr viel davon, um diejenigen auszuwählen, die ihr aller Leben in der Hand halten würden. Sie konnten nur seinem Geschick und seiner Erfahrung vertrauen.
»Folge mir«, sprach er fast fröhlich, als hielte er den Schlüssel für einen gnadenlosen Sieg bereits in den Händen. Ethan folgte ihm, ohne weitere Fragen zu stellen.
Den gesamten Weg starrte er auf den weißen Stoff, der Luciens Rücken bedeckte und bemerkte nicht, dass sie schon bald am Ziel angekommen waren. Wie erstarrt, sah er ungläubig auf die Tür, die vor ihnen lag.
»Habt Ihr Euch das wirklich gut überlegt?«
Lucien wandte sich mit einem düsteren Blick zu Ethan um, der ihm einen merkwürdigen Schauer über den Rücken trieb. »Zweifelst du an meinen Entscheidungen?«
»Nein, natürlich nicht.« Demütig senkte er seinen Blick, doch er wusste nicht, ob es wirklich eine gute Entscheidung von Lucien war, die Engelsanwärter mit einzubeziehen.
Engelsanwärter, phee, er hasste sie. Gute Menschen, die es verdient hatten, zogen ins Himmelreich ein, um ein weiteres Leben als Engel zu führen. Doch diese Anwärter hatten allesamt etwas auf dem Kerbholz. Sie schwebten zwischen Gut und Böse. Sie waren es nicht Wert hier zu sein und er machte auch keinen Hehl daraus, dass er sie nicht ausstehen konnte. Zudem ließen auch ihre Manieren einiges zu wünschen übrig.
Ethan öffnete Lucien jedoch wehmütig die Tür.
»Also, nur damit ich das auch richtig verstehe. Ihr wollt, dass wir als menschenartige Wesen auf die Erde zurückkehren? Auch auf die Gefahr hin, dass wir ein zweites Mal getötet werden und so ganz nebenbei die Menschheit und dieses Reich retten, indem wir noch immer als Anwärter herumhängen?«, wiederholte Luke die Worte Luciens und sah Ethan mit hochgezogener Augenbraue ungläubig an.
»So ist es geplant. Nur ihr, als Anwärter der Engel, habt noch immer die Fähigkeit, wie ein Mensch zu denken und zu handeln. Genau das braucht diese Mission. Wir Engel haben diese Gabe leider schon lange verloren und sind daher nahezu nutzlos, uns in einem solchen Krieg zu behaupten.« Er versuchte, ihnen das Unterfangen ein wenig schmackhaft zu machen. Er wusste von vorneherein, dass es nicht leicht sein würde, die Anwärter von einer solch wichtigen Mission zu überzeugen. Sie waren allesamt Sünder schlimmer Taten, die auf Bewährung waren. Sie mussten sich erst beweisen, um doch noch den Einzug ins Himmelreich gestattet zu bekommen. Auch wenn nicht alle von ihnen diese Chance nutzen würden, wären trotz allem einige unter ihnen, die sie ergreifen und sich als wertig erweisen würden. Genauso eine Gelegenheit boten sie ihnen gerade an.
»Und was hätten wir davon?« Peter sah Lucien mit festem Blick an und versuchte hinter seine Gedanken zu kommen. Beide hatten schon mit einer solchen Frage gerechnet. Da kamen eben die menschlichen Züge wieder zum Vorschein. Also gab Lucien ihnen eine einmalige Chance, die ihr ganzes weiteres Dasein bestimmen würde.
»Solltet ihr euch dazu entscheiden, den Krieg gegen die Kreaturen der Unterwelt aufzunehmen und lebend wieder zurückkehren, könnt Ihr wählen, ob ihr ins Himmelreich einkehrt oder euer Leben als Mensch wieder aufnehmen wollt. Doch bevor ihr euch jetzt Hoffnungen auf euer altes Leben macht, muss ich sagen, dass ihr als jemand anderes auf die Erde zurückkehrt. Ihr seid für eure Familien tot und das kann keiner mehr ändern. Nicht einmal ich habe diese Gabe.«
Ein Raunen ging durch die Gruppe der Anwärter. Sie tuschelten und diskutierten, doch wie jede Sache, hatte auch diese einen Haken.
»Aber es gibt da noch eine Sache, die ihr wissen solltet. Nur fünf von euch werden auserwählt werden. Nur diese werden in die Gruppe der ›Angel Knights‹ aufgenommen, wie auch vorher schon eure Vorgänger. Ihr werdet in sechs Tagen zu einem vollwertigen Knight ausgebildet. Nur so seid ihr in der Lage, für die wichtigste Schlacht im Universum zu kämpfen. Ein Krieg, in dem ihr auf keinen Fall versagen dürft«, mahnte Lucien.
Einer der Anwärter, der sich bis dahin im Schatten der anderen gehalten hatte, trat hervor. Sein Gesicht war von den Ereignissen, die er bis dahin in der Menschenwelt erlebt hatte, schwer gezeichnet. Ein Zeichen für Lucien, dass er noch nicht lange ein Anwärter war. Ansonsten würde er jetzt in ein schönes Gesicht voller Anmut blicken, genau wie dem von Peter. Unter seinem dunklen, fast schwarzen Ledermantel blitzte durch den weiten Ausschnitt ein kleines Stück eines Tattoos hervor. Ein Art Trible, dass Ethan noch nie zuvor gesehen hatte. Er hatte schon viele menschliche Körper gesehen, die mit der Kunst der Menschen verziert waren. Groß, stark und mit stechend blauen Augen, deren Anblick schon fast wehtaten, baute er sich vor Lucien auf. Während Ethan tief den Atem einzog, sah Lucien ihm gelassen entgegen.
»Und ihr denkt wirklich, dass nur fünf von uns gegen eine Horde wildgewordener Höllenkreaturen gewinnen können? Für mich sieht das eher so aus, als wolltet ihr unnötigen Ballast loswerden.« Dunkle Haare umrahmten sein missmutiges Gesicht, in das sich eine Strähne verirrt hatte. Ethan sah ihn skeptisch an. ›Die ganze Sache schien zum Scheitern verurteilt, sollten alle so denken?‹ Aber er musste ihm auch in irgendeiner Weise Recht geben. Auch er hatte ein merkwürdiges Gefühl bei der ganzen Aktion. Und das galt für beide Seiten.
»Unnötiger Ballast?« Ethan verstand nicht recht, was er mit diesen Worten meinte. Doch nachdem der junge Mann einen nach dem anderen in der Runde der Anwärter ansah, wusste auch er, was gemeint war. Sogleich schlug seine anfängliche Skepsis in Unmut um.
»Meint ihr nicht, wenn ihr Ballast für uns wärt, hätten wir euch nicht sogleich nach unten verfrachtet? Ihr alle, wie ihr hier seid, habt von unserem Herrn, eine Chance zur Bewährung bekommen. Eine sehr seltene Chance, wenn man mal sieht, wie viele hier übrig sind. Und da habt ihr nicht das Recht, sie mit Füßen zu treten.« Er verteidigte das Tun seines Herren aufs Bittere. Obwohl er nichts dagegen gehabt hätte, wenn diese Anwärter, sofort nach unten einsortiert worden wären.
»Das soll also heißen, dass wir etwas Besonderes sind? Dann frage ich mich nur, warum wir überhaupt so früh sterben mussten. Das widerspricht sich doch, oder meint ihr nicht?«, gab der junge Mann sarkastisch von sich und blickte dabei in zwei erstaunte Gesichter. Mit dieser Frage hatte wohl keiner von ihnen gerechnet. Sie waren schon so lange hier, dass sie es für eine reine Selbstverständlichkeit ansahen. Es gab allerdings auch Engel oder wie eben die Engelsanwärter, die keinerlei Erfahrung mit diesem Dasein hatten. Das sollten sie sich wieder ins Gedächtnis rufen.
Lucien zweifelte nicht an den Entscheidungen seines Herren, den Menschen ihr Leben zu nehmen. Dafür gab es einen Grund, dessen war er sich sicher. Aber die Frage von diesem jungen Anwärter konnte er dennoch nicht beantworten. Er selbst hatte sich diese Frage noch nie gestellt.
»Vielleicht liegt der Hauptgrund für euer neues Leben darin, es für andere aufzuopfern und zu beschützen. Genau diese Gelegenheit wird euch jetzt geboten. Oder habt ihr in eurem Leben, hier und dort, schon einmal darüber nachgedacht? Ihr solltet diese Chance nicht einfach wegwerfen.« Ethan versuchte, die aufgeheizte Situation zu entschärfen. Aus den Augenwinkeln erkannte er die nachdenklichen Gesichter der allesamt noch recht jungen Anwärter. Vielleicht gab es ja wirklich unter ihnen fünf, denen an einer friedlichen Zukunft gelegen war. Schließlich lebten ja auch ihre Familien auf der Erde, auch wenn sie sich wahrscheinlich schon nicht mehr an sie erinnern könnten. Je länger sie hier im Himmelreich waren, umso mehr vergaßen sie aus ihrem früheren Leben.
»Und wie wollt ihr wählen? Wer von uns hat eurer Meinung nach eine zweite Chance verdient?«, meldete sich der Tätowierte wieder und drängte sich an den anderen vorbei, bis er auf gleicher Höhe mit dem jungen dunkelhaarigen Mann war.
Wieder ging ein leises Tuscheln umher, dass schließlich von Luciens rauer Stimme unterbrochen wurde.
»Lasst das unsere Sorge sein. Wir haben ganz bestimmte Kriterien, die ihr erfüllen müsst, bevor ihr das Privileg erhaltet, euch ›Angel Knight‹ nennen zu dürfen. Wir entscheiden nicht einfach über euren Kopf hinweg, ihr erhaltet alle die gleiche Gelegenheit euch zu beweisen.« Danach hatten sogar die zwei selbst ernannten Sprecher der Anwärter keine Argumente mehr dagegen.
»Wenn dann keine Fragen mehr offen sind, geben wir die Auserwählten, so schnell wie möglich bekannt. Ihr habt noch ein hartes Training vor euch und ich rate euch, nutzt die Gelegenheit, um euch Gedanken zu machen, was ihr nach der Schlacht mit eurem Leben anfangen wollt«, erklärte Lucien, bevor Ethan ihm schnellen Schrittes aus dem Raum folgte und die Tür hinter sich schloss.
Kapitel 2
Miley rannte durch den heftigen Regen. Durch die dunklen Straßen, die durch die Bronx nahe Manhattan führten, wurde die Sicht nur noch durch ein paar Laternen ermöglicht. Früher flößten ihr das schummrige Licht und die dunklen Straßen immer eine Heidenangst ein. Doch nachdem sie jetzt schon zwei Jahre in dieser Gegend wohnte, kannte sie die Strecke nach Hause schon fast im Schlaf. Es war keine besonders schöne Gegend, dafür aber war die Miete nahe der Melville Street wenigstens bezahlbar und sie hatte ein sehr gutes Verhältnis zu ihren Nachbarn. Zwar nannte sie die Wohnung im ersten Stock eines grauen verwahrlosten Mehrfamilienhauses immer ihr Zuhause, doch dorthin zog sie nicht wirklich etwas. Es war sowieso immer das gleiche trostlose Bild, dass sie zu sehen bekam: Ihre Mutter sturzbetrunken auf der Couch oder im Bett, wenn sie es denn bis dorthin noch geschafft hatte. Die Hinterlassenschaften ihres Saufgelages lagen kreuz und quer in der ganzen Wohnung verteilt. Die schmutzige Wäsche stapelte sich fast bis unter die Decke und das benutzte Geschirr hatte nicht den Weg in die Spülmaschine gefunden. Und wie jeden Tag, würde Miley sich auch heute wieder, um das Abendessen kümmern müssen. Sie hasste dieses Leben, aber sie konnte ihre Mutter auch nicht alleine lassen. Nachdem ihr Vater sie vor sechs Jahren, ohne Grund, einfach im Stich gelassen hatte, ging es mit ihrer Mutter bergab. Zuerst griff sie nur ab und zu zum Glas, doch nach und nach wurde es immer mehr und zum Schluss täglich. Miley war damals gerade elf Jahre alt gewesen und die ganze Verantwortung für ihre Mutter und sich selbst, brach, wie der heftige Regen heute, über sie herein. Nach außen hin machte sie immer gute Miene zum bösen Spiel, aus Angst, dass sie ihrer Mutter weggenommen und diese alleine überhaupt nicht mehr zurechtkommen würde. Schließlich hatte ihre Mutter ja auch nur noch sie. Wie sollte es ihr denn alleine möglich sein, sich um sich selbst zu kümmern? Sie schaffte es ja nicht einmal, sich etwas zu Essen zu machen. So hatte Miley, nachdem sie alt genug war und alle Ersparnisse aufgebraucht, nach der Schule zwei Jobs angenommen. Irgendwie musste sie es ja schaffen, sich und ihre Mutter über Wasser zu halten. Doch sie merkte auch, dass es so nicht mehr lange weitergehen konnte. Ihre Knochen taten bereits weh und in der Schule hatte sie wegen Schlafmangel auch schon Probleme bekommen. Ihre Mutter musste endlich aufwachen und ihr Leben wieder selbst in den Griff bekommen. Denn schließlich wollte auch Miley endlich etwas von ihrem Leben haben, anstatt nur Schule, arbeiten und dann noch den Haushalt. Verdammt, sie war siebzehn und hatte noch nicht einmal ihren ersten Freund, geschweige denn ihren ersten Kuss, weil ihr einfach die Zeit dazu fehlte. Selbst in der Schule machten mittlerweile alle einen großen Bogen um sie, weil sie immer alle Freizeitaktivitäten und eventuellen Dates absagen musste. Sie fühlte sich einsam ohne Freunde und hatte nur ihre Mutter, mit der sie sich ab und zu unterhalten konnte, wenn der Alkoholpegel es denn zuließ. Und jedes Mal, wenn sie, wie jetzt, von ihrem zweiten Job nach Hause kam, nahm sie sich vor, mit ihrer Mutter zu reden und ihr ordentlich den Kopf zu waschen. Doch das scheiterte auch jedes Mal, weil diese zu betrunken war, um überhaupt die Worte zu verstehen.
Die letzten Meter bis zum Haus lief Miley noch schneller, um aus dem Regen herauszukommen, auch wenn sie schon bis auf die Haut durchnässt war. Sie konnte Licht im Schlafzimmerfenster sehen, also schien ihre Mutter es heute einmal bis ins Bett geschafft zu haben. Schnell stieg sie die Treppen zu ihrer Wohnung hoch.
Schon als sie den Schlüssel im Schloss der Wohnungstür drehte und die sich einen Spalt öffnete, stieg ihr der beißende Gestank von Alkoholresten in die Nase, die sie sich sofort zuhielt. Ein Geruch, an den sie sich wohl nie gewöhnen würde. Schnell schloss sie die Tür hinter sich wieder, um den Blick auf die unaufgeräumte Wohnung für andere zu versperren, und stieg im Flur über die leeren Flaschen, die sich bis zur Küche hin verteilten. Miley bahnte sich einen Weg zwischen ihnen hindurch, bis sie endlich das rettende Fenster in der Küche erreichte und es dankbar öffnete. Der frische, saubere Duft, den der Regen hinterließ, vermischte sich mit dem ekelerregenden in der Wohnung. Miley füllte noch einmal ihre Lungen mit der klaren Luft und räumte dann schließlich den Einkauf in den leeren Kühlschrank.
Erschöpft ließ sie sich auf einen der ramponierten Stühle nieder, die, wie man noch an einigen Farbresten erkennen konnte, früher einmal rot waren. Stolz hatte sie die Stühle vor zwei Jahren vom Sperrmüll ergattert und den kleinen runden Tisch, an dem sie standen, von einer Nachbarin geschenkt bekommen. Es waren harte Zeiten, nach dem langsam die Ersparnisse ausgingen und Miley das restliche Geld für wichtigere Dinge als Möbel ausgegeben hatte. Mittlerweile hatte sie alles zusammenbekommen, was sie unbedingt zum Leben brauchten. Und wenn man mal von den Hinterlassenschaften und dem Dreck absah, den sie jetzt noch beseitigen musste, hatte sie es tatsächlich mit wenigen Mitteln geschafft, die Wohnung ein wenig gemütlicher einzurichten. Sogar eine Kochstelle, einen Kühlschrank und ein Radio hatte sie geschenkt bekommen. Den Fernseher im Wohnzimmer hatte sie ebenfalls vom Sperrmüll und wunderte sich, dass jemand ein so gutes, funktionierendes Stück achtlos wegwarf. Auch wenn sie eigentlich nie Zeit zum Fernsehen hatte, war sie stolz, einen zu besitzen. Auch den Leuten in der Umgebung war eben nicht verborgen geblieben, wie es ihr ging und wie rührend sie sich trotz aller Hindernisse um ihre Mutter kümmerte.
Langsam und müde raffte sie sich wieder auf und steuerte auf das Schlafzimmer zu, wo sie ihre Mutter vermutete. Zwischendurch hob sie die leeren Flaschen auf und entsorgte diese in der mitgeführten Mülltüte. Laut klirrend krachten sie im Müllsack aufeinander.
»Mom? Bist du im Schlafzimmer?«, rief sie nach ihrer Mutter, bekam aber wie immer keine Antwort. Wahrscheinlich schlief sie, auch wie immer, ihren Rausch aus.
»Mensch, Mom, so geht das einfach nicht weiter. Ich glaube, wir sollten endlich ein ernstes Wörtchen miteinander wechseln«, sprach sie noch, während sie das Schlafzimmer betrat. Doch ihre Absichten schob sie ganz schnell wieder zur Seite, nachdem sie den Raum, den sie zum Schlafzimmer umfunktioniert hatte, betrat. Kreidebleich und unfähig sich zu bewegen, hielt sie sich erschrocken und hilflos, bei dem Anblick ihrer Mutter, die Hände vor den Mund. So versuchte sie, den Aufschrei, der sich aus ihrer Kehle löste, zu ersticken. Ihre Mutter lag auf dem Bett, Blut rann aus den Wunden ihrer Handgelenke und in der rechten Hand hielt sie einen geöffneten Briefumschlag.
»Mom, um Gottes Willen, was hat du gemacht?«, brachte Miley krampfhaft über ihre Lippen. Ihr Herz raste vor Angst und ihr ganzer Körper zitterte.
Sie stolperte zum Bett und versuchte, sie zuerst zaghaft, dann immer kräftiger zu schütteln. Doch als das nichts nutzte, wurden ihre Versuche fordernder. Alle Bemühungen waren vergebens und in Miley kroch Panik hoch.
»Verdammt, was hast du getan? Ich brauche dich doch!«, schrie sie ihren Schmerz heraus.
Durch tränenverschwommene Augen sah sie, wie die Nachbarin durch die Tür trat. Miley hatte ihr für Notfälle einen zweiten Schlüssel gegeben. Diese hatte das Mädchen schreien gehört und sich Sorgen gemacht.
»Oh mein Gott, wir müssen sofort einen Arzt rufen«, brachte sie über die Lippen und ließ den Schlüssel fallen. Sofort griff sie nach ihrem Mobiltelefon und wählte geschockt die Nummer des Notrufes.
»Mom, bitte, bitte wach auf.« Miley war total ausgelaugt und konnte noch immer nicht glauben, was sie sah. Sie sackte auf die Knie und versuchte, noch immer ihre Mutter ins hier und jetzt zu holen. Sie wusste im Inneren, das es nichts helfen würde, aber irgendwie war der Drang nicht aufzuhören größer, als die Gewissheit darüber, dass sie eventuell bereits tot war. Erst als einer der Ärzte, die sie in ihrer Trauer und ihrer Angst nicht bemerkt hatte, sie behutsam zur Seite schob, wurde ihr klar, dass ihre Mutter sich das Leben genommen hatte. Mrs. Peters, die Nachbarin, schloss sie beruhigend in die Arme. Mileys langen blonden Haare hatten sich im tränennassen Gesicht festgeklebt und ihre blauen Augen waren mittlerweile so rot und geschwollen, dass man ihre eigentliche Farbe nicht mehr erkennen konnte.
»Sie hat noch schwachen Puls«, hörte Miley die Worte, die langsam in ihr Unterbewusstsein drangen und schöpfte wieder etwas Hoffnung. Vielleicht war sie ja doch noch rechtzeitig Zuhause gewesen. Erst dann bemerkte sie auch wieder den Brief, den ihre Mutter in der Hand hielt. Sie ließ ihn fallen, nachdem die Rettungskräfte sie auf die Trage legten. Mit zitternden Händen griff Miley nach ihm, der neben dem blutverschmierten Messer unter dem Bett lag. Durch die Tränenvorhänge ihrer Augen blickte Miley auf den Absender. Das Erste, was sie erkannte, war: »Anwaltsbüro«
Blass und schnell atmend saß Miley im Wartebereich des Krankenhauses und starrte auf die Zeilen des Briefes. Geschockt las sie immer und immer wieder die gleiche Stelle.
»Ihnen mitteilen zu müssen, dass ihr Ehegatte verstorben ist!« Sie las zwar die Worte, konnte sie aber nicht wirklich verstehen. Das konnte doch nicht sein, oder? Hatte ihre Mutter sie wirklich die ganzen Jahre angelogen und sie wusste doch, wo ihr Vater war? Sie waren geschieden, so hatte sie es Miley jedenfalls immer erzählt, wenn sie nach ihrem Vater gefragt hatte. So wie es jetzt aussah, war das wohl auch gelogen. Sie musste ihn all die Jahre geliebt und nie vergessen haben. Sie hatte ihn sogar geschützt und vielleicht hatte sie, hinter ihrem Rücken auch Kontakt mit ihm gehalten. Und jetzt lag sie wegen ihm auf der Intensivstation und kämpfte um ihr Leben. Das war total verrückt und momentan viel zu viel für Mileys Verstand. Sie konnte und wollte nicht mehr. All die ganzen Jahre hatte sie die Verantwortung für ihre Mutter übernommen, auf alles verzichtet. Und ihre Mutter? Sie hatte ihre Tochter die ganze Zeit nur belogen, und dann will sie sich einfach ohne eine Erklärung so aus dem Leben stehlen? Ohne eine Erklärung oder Entschuldigung.
Wütend zerriss Miley den Brief, der schuld an dieser Misere war, stand auf und schmiss die Schnipsel sauer und enttäuscht in die Luft. Tränenüberflutet und schluchzend sah sie den Arzt mit ernster Miene aus den Intensivbereich auf sich zukommen. Am ganzen Körper zitternd, gaben ihre Beine nach und sie sackte zu Boden.
»Es tut mir leid, aber wir konnten ihr nicht mehr helfen. Sie hatte schon zu viel Blut verloren, bis sie hier war«, sprach er mitfühlend die Worte, die Miley nicht hören wollte. Er hockte sich vor sie und versuchte, sie wenigstens ein wenig zu trösten und zu beruhigen, auch wenn er wusste, dass es unmöglich war. Sie hatte gerade ihre Mutter verloren. Wie sollte man in dieser Situation auch jemanden beruhigen können?
Miley war total überfordert mit der ganzen Situation. So viele Gefühle mischten sich in ihrem Inneren, die sie nicht sortieren konnte. Trauer, Wut, Liebe und Hass, waren nur einige davon. So überfordert und alleinegelassen hatte sie sich noch nie in ihrem ganzen Leben gefühlt. In ihrem Kopf herrschte das reinste Chaos.
Wie in Trance stand sie heulend auf und rannte einfach drauf los. Der Arzt versuchte sie noch zurückzuhalten, doch sie schüttelte seine Hand einfach ab. Unbeirrt setzte sie einen Fuß vor den anderen, über den Flur, raus aus dem Krankenhaus. Über die stark befahrene Straße, die durcheinanderhupenden Autofahrer ignorierend, weiter und weiter. Sie war so sehr weggetreten, dass sie nicht einmal mehr sah, wo sie hinlief. Weinend und schluchzend rannte sie ihre Gefühle aus dem Leib.
Erst im entfernten Van Nest Park, in der Nähe ihrer Wohnung, ließ sie sich in das kühle, nasse Gras fallen und weinte sich die Seele aus dem Leib. Sie verstand nichts mehr. Sie war total durcheinander und grub wütend ihre Finger in den nassen Untergrund.
Wie lange sie dort so gelegen hatte, wusste sie nicht, aber langsam kam sie wieder zu sich. Ihr war kalt und die durchnässte Kleidung war nicht wirklich mehr in der Lage, sie zu wärmen. Sie zitterte und hatte keinen blassen Schimmer, wo sie sich gerade befand oder wie sie überhaupt da hingekommen war. Sie versuchte, sich in der noch immerwährenden Dunkelheit zurechtzufinden. Nur ganz langsam gewöhnten sich ihre Augen an die schwarze Umgebung und sie erahnte, dass sie sich in einem Park befand.
Miley setzte sich auf und atmete die kühle Luft ein, die ihre Lungen dankbar aufnahmen und sie langsam in die Wirklichkeit zurückholte. Nach und nach realisierte sie, was geschehen war. Sie war jetzt alleine auf der Welt. Ihre Mutter hatte sich bis zu ihrem Tod für ihren Vater entschieden und alles andere außer Acht gelassen. Besonders Miley. Doch irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sich ihre Mutter jetzt besser fühlen würde und wahrscheinlich dort, wo sie jetzt war, besser aufgehoben wäre, als bei ihr. Jetzt war sie wieder mit dem Menschen vereint, den sie am meisten geliebt hatte.
Aber andererseits kam Miley sich verraten und zurückgelassen vor. Sie befand sich zwischen Freude für ihre Mutter und der Wut darüber, im Stich gelassen worden zu sein. So war es ihr ganzes Leben schon.
Sie hatte sich aufgeopfert. Nicht dass sie irgendeinen Dank dafür erwartet hätte, aber zumindest hätte sie sich gewünscht, dass auch einmal ihre Mutter für sie da gewesen wäre, und nicht immer umgekehrt. Jetzt würde sich dieser Wunsch wohl nie erfüllen. Miley wollte doch nichts anderes, als andere Menschen. Eine glückliche Familie, in der man sich wohlfühlte, zusammenhielt und glücklich sein konnte. Sie liebte ihre Mutter trotz aller Rückschläge wirklich sehr.
Mit hängendem Kopf und trüben Gedanken raffte sie sich auf und klopfte ihre Kleidung ab, die von dem feuchten Untergrund mit Schmutz übersät war. Zitternd suchte sie die Gegend nach irgendetwas Bekannten ab, damit sie zumindest wusste, wo sie sich gerade befand. Doch die Dunkelheit der anhaltenden Nacht, machte es ihr nicht gerade leicht. Es war, als würde die Nacht, jedes noch so kleine Detail verschlucken. Schon irgendwie unheimlich. Sie traute sich nicht einmal mehr, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Plötzlich wurde es hell hinter ihr. Erschrocken drehte Miley sich um, hielt Ausschau nach der Lichtquelle, die mittlerweile so grell aufleuchtete, dass sie schützend ihre Hände vor die Augen legen musste.
Vorsichtig, um ihre Augen nicht zu überanstrengen, blickte sie durch die schmal geöffneten Finger, um sie dann erstaunt wegzunehmen und instinktiv einen Schritt nach hinten zu machen.
Wie aus dem Nichts wurden aus dem grellen Licht fünf Gestalten geboren. Was genau sie waren, konnte sie nicht erkennen. Erst, als es sich langsam wieder abdunkelte, zeigten sich fünf junge Männer. Allesamt schwarz gekleidet, ihre Kapuzen tief in die Gesichter gezogen. Bedrohlich standen sie vor ihr.
Ihr Kopf warnte sie, die Beine in die Hand zu nehmen und Fersengeld zu geben. Doch ihr Herz wollte diese Herausforderung, die sie nicht einschätzen konnte, annehmen und sich ihr hingeben. Sie wollte auf ihren Kopf hören, doch ihre Beine entschieden sich anders und bewegten sich keinen Millimeter. Wie gebannt blieb ihr Blick an diesen Männern heften. Unfähig einen klaren Gedanken zu fassen.
Als sei es nie da gewesen, erlosch das Licht auf einmal komplett. Die fünf standen da und starrten sie verwundert an. Mysteriös, aufregend und geheimnisvoll wie Darsteller aus irgendeinem Film.
Erst jetzt dachte sie darüber nach, dass es sich um einen Traum oder eine Halluzination handeln musste.
Das mit ihrer Mutter, der Brief ihres Vaters und diese Begegnung hier, waren alles nur schlechte Träume, aus denen sie bald wieder aufwachen würde. Dann wäre alles wieder wie vorher und vielleicht sogar noch ein wenig besser.
Doch der kühle Wind und der erneut einsetzende Regen belehrten sie eines Besseren. Sie träumte nicht. Sie war hier im Park und vor ihr standen diese Kerle, von wo auch immer sie herkamen. Fünf Typen in Formation aufgestellt, geradeso, als ständen sie zum Angriff bereit.
Mileys Herz klopfte vor Aufregung und ihr Atem ging schnell. Das Geheimnisvolle zog ihre Aufmerksamkeit an, wie eine Motte das Licht. Wie hypnotisiert stand sie nur da, und konnte weder Denken noch sich rühren.
Unerwartet machte der Erste bedrohlich einen Schritt auf sie zu. Schlagartig kam Miley wieder zu sich. Erschrocken stolperte sie nach hinten, landete im Gras und kroch rückwärts von ihm weg. Angst durchzog ihren Körper und ließ ihr Herz vor rasen fast explodieren. Sie musste sich zwingen Herr der Lage zu werden, bevor sie komplett den Verstand verlor. Angestrengt versuchte sie, das Gesicht unter der Kapuze zu erkennen. Zu erkennen, mit wem sie es hier zu tun hatte, um eventuell schnell reagieren zu können, sollte sie es müssen.
»Man hatte uns doch zugesichert, dass hier keiner ist, wenn wir ankommen. Also, was macht die dann hier?«, zischte der Typ wütend und zeigte mit dem Zeigefinger auf Miley, die zitternd vor Angst auf dem Boden hockte.
Seine Stimme war rau und flößte ihr noch mehr Angst ein. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Aber sie konnte ihren Blick trotz allem nicht von ihm abwenden.
»Hey, jetzt beruhige dich doch. Siehst du denn nicht, dass sie vollkommen aufgelöst ist und vor Angst schlottert? Ich denke nicht, dass irgendeine Gefahr von ihr ausgeht.«
Der Kerl, der direkt hinter ihm stand, zog sich die Kapuze vom Kopf und kam mit ausgestreckter Hand auf sie zu. Verwundert sah sie in das Gesicht eines verdammt gut aussehenden, jungen Mannes, dessen Augen sie freundlich anlächelten. Seine blonden, gelockten Haare umspielten im Nachtwind sein blasses Gesicht. Doch von diesem Anblick ließ sich Miley nicht täuschen. Vorausschauend rutschte sie abermals ein paar Meter zurück. Auch wenn er gut aussah, hieß das noch lange nicht, dass keine Gefahr von ihm ausging.
»Keine Angst, ich will dir nur aufhelfen. Wir werden dir nichts tun«, versicherte er mit einem breiten Grinsen. Miley wusste nicht warum, aber aus irgendeinem Grund vertraute sie diesen Augen. Nur diesem anderen Kerl würde sie nicht einmal eine Katze anvertrauen. Wie von selbst reagierte ihr Körper. Sie hatte nichts mehr unter Kontrolle, weder sich noch die Situation in der sie sich gerade befand. Vorsichtig legte sie ihre Hand in seine und ließ sich von ihm auf die Beine helfen. Dicht vor ihm kam sie zum Stehen. Sie musste sich selbst eingestehen, dass dieser junge Mann nun wirklich nicht zum Fürchten aussah. Ganz im Gegenteil. Und trotzdem dachte sie, dass es nicht schaden konnte, auf der Hut zu sein. Seine braunen Augen blitzten kurz im Mondschein auf, der sich ab und zu durch die Wolkendecke seinen Weg bahnte. Er kam ihr vor wie ein Modell aus diesen Frauenzeitschriften. Und irgendwie weigerte sich ihr Körper, sich von ihm zu lösen. Die Anziehungskraft, die von ihm ausging, war fast schon magisch. Erst als der andere sich einmischte, wurde ihr klar, was sie hier gerade tat. Schlagartig ließ sie ihn los. Mit hochrotem Kopf und rasendem Herzen, versuchte sie, ihren Blick auf etwas anderes zu konzentrieren.
»Hast du jetzt genug geflirtet? Schließlich sind wir nicht hier, um Weiber aufzureißen.« Er trat ungeduldig von einem Bein aufs andere. Die restlichen konnten sich ein Lachen nicht verkneifen und hörten blitzartig auf, nachdem er einen bösen Blick über seine Schulter warf.
»Ja, schon klar, meinst du, das weiß ich nicht? Also ich bin Luke und wie ist dein werter Name?« Von den Argumenten unbeeindruckt, wandte er sich wieder Miley zu. Erneut richtete sich ihr Blick wieder auf sein schönes Anlitz.
»Miley. Ich heiße Miley«, bekam sie verdattert heraus.
»Und was macht ein hübsches Mädchen zu so später Stunde alleine und verweint hier in diesem Park? Das ist nicht gerade sicher», fügte er mahnend hinzu. Das musste er gerade sagen. Schließlich waren gerade sie es, die wie aus dem Nichts vor ihr erschienen waren. Und er nahm sich selbst heraus, ihr Vorwürfe zu machen. Er bereute seine Worte jetzt schon.
Wie von selbst schossen ihr die Erinnerungen der letzten Stunden durch den Kopf und ihr Herz verkrampfte sich erneut. Auf der Stelle öffneten sich die Pforten der Tränen. Schluchzend und mit wackeligen Beinen ließ sie sich wieder auf den nassen Boden sinken. Alle Gefühle kamen auf einen Schlag zurück. Miley fühlte sich wie ein Hund, den man gerade ins Tierheim verfrachtet hatte. Alleine gelassen und keiner wollte sie.
»Auch das noch«, zischte der andere Kerl. Luke sah verwirrt zu den anderen und wieder zurück. Mit dieser Situation war er überfordert. Er wusste nicht, wie er jetzt reagieren sollte oder ob es seine Schuld war. Er hasste es, Mädchen zum Weinen zu bringen. Zu allem Überfluss mischte sich jetzt Peter ein.
»Na, das hast du ja ganz toll hinbekommen«, stöhnte er, verdrehte genervt die Augen und ging auf Miley zu, um sich ihrer anzunehmen. Doch sie wollte weder von ihm, noch von den anderen etwas wissen. Tränenüberflutet sprang sie auf und rannte blind drauflos. Sie wollte alleine sein. Sich ihrem Schmerz und ihrer Trauer hingeben und alleine bewältigen.
»Klasse, die wird uns alle auffliegen lassen!« Mit einem Satz rannte Jason, der eben noch hinter Luke stand, los. Er hatte sich dieses Spiel lange genug mitangesehen. Manchmal war es eben an der Zeit, auch mal etwas härter durchzugreifen, als sich selbst zum Narren zu machen. Schnell holte er Miley ein.
»Hey, bleib stehen«, schrie er und versuchte, die noch immer rennende Miley am Arm zu fassen zu bekommen.
»Lass mich los. Was wollt ihr überhaupt von mir?«, brüllte sie wütend zurück und trat nach Jason, der sie mittlerweile am Arm ihres T-Shirts ergriffen hatte. Geschickt sprang er zur Seite.
»Jetzt beruhige dich endlich, ich will überhaupt nichts von dir. Ich will nur, dass du dich wieder beruhigst«, versicherte er ihr und zog sie zurück, verlor das Gleichgewicht und flog samt Miley in das mit Kies gefüllte Beet. Ungeschickt und ohne eine Möglichkeit es abzuwenden, landete sie auf Jason, der stöhnend zu Boden ging. Langsam hob sie den Kopf und rieb sich die Beule, die sich nach dem Aufprall gegen seine Schulter schon bildete. Doch beim Anblick der stechendblauen Augen, die geradewegs in ihre Seele zu blicken schienen, setzte ihr Herz einen kleinen Moment lang aus. Kurz darauf raste es wie wild.
Sie spürte, wie sich seine Körperwärme durch ihre nasse Kleidung auf ihrer Haut ausbreitete. Ihr Atem ging um ein vielfaches schneller.
Im ersten Moment blieb Jason stocksteif liegen und sah sie nur forschend an, bis er realisierte, in welch verzwickter Situation er sich gerade befand.
»Runter von mir«, schrie er die völlig überrumpelte Miley an. Stürmisch schob er sie von sich und atmete erst einmal tief ein, um sich wieder in den Griff zu bekommen. Als er aufstand und seine Kleidung abklopfte, rutschte die Kapuze von seinem Kopf. Miley erhaschte einen guten Blick auf das Gesamtbild seines Gesichtes. Die schulterlangen, dunklen Haare bildeten einen wunderschönen Kontrast zu den himmlisch blauen Augen. Sein Gesicht war makellos. Doch noch bevor sie sich in diesem Anblick verlieren konnte, kamen schon die anderen herbeigelaufen. Allesamt ohne Kopfbedeckung. Einer schöner als der andere. So stellte sie sich die Leute aus dem Himmel immer vor, als sie noch ein Kind war. Verdutzt mit offenem Mund, hockte sie noch immer auf dem Boden und sah erstaunt von einem zum anderen.
»Hör zu, wir wollen dir wirklich nichts tun. Wir sind aus einem ganz bestimmten Grund hier, den wir dir leider nicht erläutern können. Aber ich versichere dir, dir wird nichts geschehen.« Jetzt übernahm Luke wieder das Regiment. »Du warst halt nur zur falschen Zeit am falschen Ort«, sagte er freundlich lächelnd.
Miley kam langsam aus ihrem Schockzustand in die Wirklichkeit zurück. Und begriff, dass sie diese Kerle mit offenem Mund anstarrte. Fehlte nur noch, dass sie sabberte. Schnell versuchte sie, sich wieder unter Kontrolle zu bekommen.
»Wer seid ihr? Und wieso kommt ihr aus diesem komischen Licht?«, erwiderte sie noch immer verdattert. Schließlich wollte sie wissen, mit wem sie nachts im Park ihre Zeit verbrachte. Immerhin passierte es nicht alle Tage, dass jemand wie aus dem Nichts auftauchte. Und diese Typen hätten sonst wer sein können.
»Das können wir dir erklären, wenn wir eine Bleibe gefunden haben. Zurzeit sind wir eher Obdachlose«, beantwortete er erst einmal einen Teil ihrer Frage und kratzte sich verschmitzt grinsend am Kopf.
»Obdachlos?«, schoss es ungläubig aus ihr heraus. Sie sahen eher nicht danach aus, als würden sie auf der Straße leben. »Ihr wollt mich verarschen oder? Seit wann sehen Obdachlose so aus wie ihr?«
»Lass sie einfach. Wir finden auch ohne ihre Hilfe einen Unterschlupf. So schwer wird das schon nicht sein.« Jason zog beide Augenbrauen hoch und warf ihr einen verächtlichen Blick zu. Peter verdrehte kurz die Augen. Aber er hatte Recht. Sie brauchten einen Raum, wo sie vorerst vor den Kreaturen der Unterwelt in Sicherheit waren. Sie durften ihnen auf keinen Fall zu früh begegnen. Erst brauchten sie einen gut ausgedachten Plan. Er nickte Miley ein letztes Mal freundlich zu und wandte sich zum Gehen. Unüberlegt sprudelten die Worte aus Miley heraus.
»Ich habe Platz genug. Wenn ihr wollt, könnt ihr heute Nacht in meiner Wohnung schlafen.« Erst jetzt merkte sie, was sie da eigentlich von sich gab und fügte noch schnell hinzu, »aber nur, wenn ich euch auch wirklich vertrauen kann.« Sie guckte kurz zu Jason, der ihr am unheimlichsten war. Erst nach ihren ausgesprochenen Worten, dachte sie über die Konsequenzen nach, die ihr eventuell bevorstanden. Was, wenn diese Typen doch nicht so ungefährlich waren, wie es den Anschein hatte. Dann würde sie sich selbst und alle Hausbewohner in Gefahr bringen. Ihr Magen verkrampfte sich bei dieser Vorstellung. Doch jetzt war es zu spät ihr Angebot zurückzunehmen. Luke hatte schon zugesagt und dieser Jason schien wie die Restlichen auch nicht abgeneigt zu sein. Hoffentlich hatte sie mit ihrer vorschnellen Art keinen Fehler gemacht.
»Ich möchte ja nicht vorwitzig sein, aber mich interessiert schon, wieso ein Mädchen in deinem Alter alleine lebt?«, hakte Luke auf dem Weg zu Mileys Wohnung nach. Es wunderte ihn, denn er schätzte sie nicht älter als sechzehn oder siebzehn. Normalerweise müsste sie doch jemanden haben, der sich um sie kümmerte.
»Ich möchte jetzt wirklich nicht darüber reden«, antwortete Miley mit gesenktem Kopf. Sie wich seinem Blick aus, denn alleine der Gedanke an das Geschehene, ließ die Tränen wieder erscheinen. Sie wollte das nicht. Sie wollte stark sein für ihre Zukunft.
Vor allem waren sie ihr völlig fremd und da würde sie ihnen wohl kaum ihre Familiengeschichte auf die Nase binden. Es reichte ja schon, dass sie wussten, dass sie alleine war. Sie brachte sich selbst immer mehr in gefährliche Situationen. Hoffentlich würde sie das nicht noch bereuen.
»Wenn du nicht darüber sprechen möchtest, ist das vollkommen in Ordnung.« Luke lächelte sie noch immer freundlich an. Sie hatte das Gefühl, als würde er sie auch ohne eine Erklärung verstehen. Vielleicht war doch nicht so viel Gefährliches an ihm.
Der Regen ließ mittlerweile nach und die frische Brise trocknete ihre Tränen. Die Dunkelheit verschluckte die Häuser und die menschenleere Umgebung. Nur der Weg zu ihrer Wohnung wurde durch einige Straßenleuchten rechts und links davon erhellt. Es war einfach, sein Gesicht in dieser Dunkelheit zu verbergen, doch der Schmerz und die Wut, die sie in sich trug, konnte sie nicht verstecken. Vor allem nicht vor sich selbst. Das Einzige, was sie jetzt tun konnte, war ein neues Leben zu beginnen. Ein Leben alleine, mit Gedanken an ihre Eltern. Sie war jetzt mit fünf merkwürdigen Typen unterwegs, die sie im Grunde nicht kannte und es da etwas gab, dass sie zur Vorsicht mahnte. Und doch war da etwas, dass ihr sagte »Es ist okay!«. Eine innere Stimme, die wie aus dem Nichts aufgetaucht war und die sie bisher nie gehört hatte. Vielleicht war das ein Zeichen. Ein Zeichen für sie in eine neue Zukunft zu starten und alles andere hinter sich zulassen. Etwas, das ihr wieder Hoffnung machte.
Kurz vor dem Haus, in dem sich auch ihre Wohnung befand, fiel ihr wieder ein, dass es noch immer wie in einem Saustall aussah. Sie hatte noch keine Gelegenheit gehabt aufzuräumen, geschweige denn sauber zu machen. Nachdem sie ihre Mutter gefunden hatte und mit ihr ins Krankenhaus gefahren war, rannte sie in den Park. An das Chaos, das in der Wohnung herrschte, hatte sie zu diesem Zeitpunkt keinen Gedanken mehr verschwendet. Doch jetzt, wo sie die fünf Jungs im Schlepptau hatte, sah das anders aus. Schamesröte stieg in ihr Gesicht. So konnte und wollte sie sich und ihr Zuhause den anderen auf keinen Fall präsentieren.
»Könnt ihr gerade noch einen Moment warten? Ich müsste noch etwas erledigen«, gab sie an, nachdem sie die Tür einen Spalt geöffnet hatte. Sie hoffte inständig, dass sie ihr wenigstens noch diese Gelegenheit gaben.
»Ja sicher, kein Problem«, meinte Luke kurzerhand und sah sie fragend an. Ein gedrücktes Lächeln kam über ihre Lippen und atmete erleichtert auf. Sie wollte wenigstens die Flaschen einsammeln, bevor die Jungs noch etwas in den falschen Hals bekämen. Doch noch bevor sie eintreten konnte, schob Jason die Wohnungstür komplett auf und blieb geschockt im Eingang stehen. Er hatte ja schon geahnt, dass sie etwas zu verheimlichen versuchte. Doch, was er jetzt zu Gesicht bekam, verschlug ihm den Atem. Der Geruch, der ihm entgegenschlug, war unerträglich. Er hielt sich die Nase zu und sah sie vorwurfsvoll an. Ohne auf ihre Proteste zu achten, schob er sich an ihr vorbei in die Wohnung. Er versuchte, sich einen Weg durch den Flur zu bahnen, und trat dabei die leeren Flaschen zur Seite. Schließlich blieb er vor dem Schlafzimmer stehen, indem noch immer die Blutspuren ihrer Mutter auf dem Bett und dem Boden zu sehen waren. Miley wurde zusehends nervöser und das rotanlaufende Gesicht konnte sie bei dieser Beleuchtung nicht mehr verbergen. Ihr Herz raste, als sie seinem Blick ins Schlafzimmer folgte. Alle Erinnerungen, die sie eben noch zu vergessen versuchte, kamen mit einer grenzenlosen Wucht zurück. Die Bilder vom Abend schossen wieder in ihren Kopf.
»Was zum …?«, presste Jason heraus, bevor Miley neben ihm unter Tränen zusammenbrach. Sofort kamen die anderen hinzu. Sie waren ziemlich verstört, als sie das ganze Blut sahen. Jeder malte sich seine eigene Geschichte aus, was an diesem Ort passiert sein könnte. Nur Luke schien sich mehr Gedanken um sie, als um das Geschehene zu machen.
»Was ist hier passiert?«, fand Luke als erster seine Stimme wieder. Miley konnte oder wollte nicht antworten. Er zog sie zu sich hoch und nahm sie tröstend in seine Arme, gerade so, als ahnte er, was passiert war. Auch wenn sie diesen Jungen erst seit ein paar Minuten kannte, tat es gut. Sie spürte seine Körperwärme durch ihre durchnässte Kleidung. Ihre verkrampften Glieder entspannten sich langsam wieder.
»Was ist passiert?«, flüsterte er an ihrem Ohr. Aus einem unerklärlichen Grund vertraute sie ihm.
»Meine Mutter, sie hat sich …« Mehr brachte sie nicht heraus und das brauchte sie auch nicht. Sie verstanden auch so, was sie ihnen zu sagen versuchte.
»Wann?«, hakte er behutsam nach.
»Vor ein paar Stunden«, schluchzte sie und weinte noch heftiger.
»Mein Gott.« Luke drückte sie noch fester an sich und sah zu Jason, der genauso geschockt zu sein schien wie er. Auch wenn er immer den Harten spielte, konnte er durchaus Gefühle zeigen.
»Glaubst du, sie sind schon unter uns?«, wollte Peter flüsternd von Jason wissen.
»Ich weiß es nicht, aber das würde auf jeden Fall dafür sprechen.« Er atmete einmal tief ein, um sich zu beruhigen. Wenn das wirklich der Fall gewesen sein sollte, war der Höllenschlund schon offen und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich zeigen würden.
»Aber, wenn, dann …«, gab Mike zu bedenken.
»Ja, ich weiß. Dann ist sie auch in Gefahr. Die wollen keine Zeugen. Auch wenn sie nicht wirklich etwas gesehen hat«, gab Jason seltsamerweise besorgt zurück. Er wies Luke mit einem Kopfnicken an, Miley in die Küche zu bringen. Und Luke verstand. Vorsichtig bugsierte er sie an den Flaschen vorbei in Richtung Küche und setzte sie auf einen der Stühle, bevor er wieder zurückkehrte. Miley zog ihre Beine an sich und versteckte ihr verheultes Gesicht in den Armen. Sie wollte nicht, dass sie jemand so sah. Sie fürchtete sich vor den Reaktionen und den Kommentaren. Sie wollte vergessen, doch alles um sie herum, brachte die Erinnerungen wieder zurück.
»Und was sollen wir jetzt machen? Sie wird diese Höllenhunde wie ein Magnet anziehen. Dann wären wir alle in Gefahr«, gab Ron, der fünfte im Bund, zu bedenken.
Man konnte die Besorgnis den anderen im Gesicht ablesen. Stumm dachte jeder über eine Lösung nach, bis Jason sich plötzlich zu Wort meldete.
»Vielleicht ist das aber auch gar nicht so schlecht.«
»Was willst du damit sagen?«, erwiderte Luke, der sich mittlerweile zu den anderen gesellt hatte, verwundert.
»Wir könnten sie als Köder einsetzen. Sie werden alle nach ihr suchen, bis sie Miley schließlich gefunden haben. Also warum sollten wir uns auf die Suche nach diesen Kreaturen machen, wenn sie auch zu uns kommen?«, gab er grinsend von sich.
»Bist du verrückt? Was, wenn ihr dabei etwas passiert?«, protestierte Peter und sah ihn vorwurfsvoll an. Jason war zwar manchmal ein richtiger Mistkerl, aber das war selbst für ihn unter seiner Würde. Das könnte er auf keinen Fall tun.
»Und was denkst du, würden sie mit ihr machen, wenn wir nicht da wären? Sie wäre in kürzester Zeit tot. So hat sie wenigstens noch eine Überlebenschance«, warf Jason ein. Dem konnte allerdings keiner widersprechen. Und sogar Peter überlegte, dass er in diesem Fall Recht haben könnte.
»Aber das löst nicht unser eigentliches Problem, oder?«, bemerkte Luke.
»Ja, das stimmt. Wir müssen noch immer verhindern, dass sich der Schlund komplett öffnet. Aber ich denke, dass wir auch so herausfinden können, wo er sich genau befindet. Diese Viecher werden uns zu ihm führen«, versuchte Jason, die anderen zu überzeugen.
»Aber, das mit Miley, sollten wir unter allen Umständen für uns behalten«, warnte er die anderen noch.
»Ich weiß nicht. Findest du das fair?«, warf Peter ein.