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Anna-Lena will in Berlin bleiben und nicht mit ihren Eltern nach Amerika. Die würden sowieso nur arbeiten und Anna-Lena müsste sich dort alleine durchschlagen. Nach endlosen Debatten hat sie ihre Eltern überredet, ihr eine kleine Wohnung in Berlin anzumieten. Anna-Lena fühlt sich sehr wohl in ihrem kleinen Reich, bis plötzlich ein fremder Mann auftaucht, der die Wohnung ebenfalls angemietet hat. Das Schicksal nimmt seinen Lauf und hinterlässt ein wirres Chaos. Leo zieht ebenfalls in die Wohnung und eine WG wird gegründet. Schon nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass Leo der absolute Weiberheld ist und Anna-Lena sich immer wieder fremden Mädchen gegenübersieht. Ihre Nerven sind überreizt. Als sie dann auch noch erfährt, dass ihr Mietvertrag fingiert ist und die Kaution, sowie die Miete verloren sind, droht sie durchzudrehen, doch Leo macht ihr ein Angebot, damit sie nicht nach Amerika übersiedeln muss. Nimmt sie das Angebot an?
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Seitenzahl: 176
Veröffentlichungsjahr: 2022
Bianka Mertes
Patchwork hoch Zwei
Extrem unerwünscht
Die geschilderten Personen und Ereignisse sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder
verstorbenen Personen sind rein zufällig.
© 2017 Bianka Mertes
Oberwindhagener Str. 26a
53578 Windhagen
Cover:
Lektorat Buchstabenpuzzle Karwatt
Bildmaterial:
www.pixabay.de
www.depositphotos.com
© InvisibleViva
Lektorat und Korrektorat:
Lektorat Buchstabenpuzzle Karwatt
www.buchstabenpuzzle.de
2. Auflage
Verlag & Druck: tredition GmbH,
Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN: 978-3-347-76088-2
Bianka Mertes
Patchwork hoch Zwei
Extrem unerwünscht
Kapitel 1
Anna - Lena war überglücklich. Endlich hatte sie es geschafft, ihre Eltern zu überreden, sie in Berlin zu lassen. Sie hatte sich wirklich schon alle Überredungskünste der Welt einfallen lassen. Ihre Eltern mussten beruflich nach New York, aber Anna - Lena hatte sich strikt geweigert, die Schule deshalb zu verlassen. Sie wollte bei ihren Freunden bleiben und vor allem bei ihrem Freund Pascal, mit dem sie jetzt schon über ein halbes Jahr zusammen war. Und da wäre eine Trennung für beide nicht in Frage gekommen. Zwar gab es noch einige Probleme zu überwinden, bis ihre Eltern das Land verließen, doch sie dachte schon an die Zeit ohne sie. Aber zuerst mussten sie ein kleines Apartment für Anna - Lena finden, denn die alte Wohnung, in der sie wohnten, war einfach viel zu groß und vor allem zu teuer. Einige hatten sie sich bereits zwar schon angeschaut, doch bis jetzt war einfach nicht die Richtige dabei. Heute lag noch ein weiterer Besichtigungstermin auf dem Plan, etwas außerhalb von Berlin, aber der Beschreibung nach hörte die kleine Wohnung sich sehr gut an. Vor allem waren die Busverbindungen so gut, dass sie ihre Schule ohne Probleme erreichen könnte, was auch wieder ein Pluspunkt war.
»Ich bin mal gespannt, ob die uns jetzt zusagt. Viele haben wir nicht mehr in Aussicht.« Astrid, Anna - Lenas Mutter, war die treibende Kraft, die alles zusammenhielt und so war es für sie auch völlig normal, diese Sache ebenfalls in die Hand zu nehmen. Doch sie hatte auch recht. So viele kleine Wohnungen zu einem angemessenen Preis gab es leider nicht. Also hoffte Anna - Lena, dass sie endlich einmal Glück hatte und diese hier genau die Richtige für sie war.
»Sonst muss sie halt doch mit uns kommen.« Peter, ihr Vater, war sowieso nicht dafür, dass Anna - Lena alleine in Berlin blieb. Er machte sich Sorgen um seine kleine Prinzessin, wie er sie immer liebevoll nannte. Doch die Zeit, in der er sie so nennen konnte, war schon längst vorbei, nur dass er das selbst noch nicht so registriert hatte. Anna - Lena war sechzehn und weit davon entfernt, eine Prinzessin zu sein. Sie war eher der ganz normale Typ, der sich zwar von keinem etwas gefallen ließ, aber auch Kompromisse eingehen konnte. Doch auf den von ihrem Vater würde sie nicht eingehen und das wusste er auch. Auch wenn ihm die ganze Sache wohl am schwersten fallen würde, hatte er sich langsam aber sicher trotzdem damit abgefunden, dass er ohne seine kleine Prinzessin nach New York musste.
»Wir sind da.« Sie hielten vor einem Mehrfamilienhaus, dessen Außenwände mit Graffitis beschmiert waren. Ihr Vater murrte irgendetwas Unverständliches in sich hinein, doch Anna - Lena gefiel diese Art der Kunst.
»Lass uns erst einmal reingehen und gucken, wie die Wohnung so ist, okay?« Astrid legte ihm versöhnlich eine Hand auf den Arm und er nickte schließlich. Wie schnell ihre Mutter ihn doch immer wieder überredet bekam.
Anna - Lena stieg zuerst aus dem Wagen und sah sich die Wohngegend an. Ein Spielplatz, eine kleine Rasenfläche, die an das Haus angrenzte und etliche Häuser in der gleichen Bauart, reihten sich nebeneinander auf. Eine kleine ältere Frau führte gerade ihren weißen Pudel aus und an einer Ecke standen einige Jugendliche, die sich angeregt unterhielten. So wie es aussah, wohnten hier im Vergleich zu den anderen, die sie sich bereits angesehen hatten, nicht nur ältere Menschen. Was ein absoluter Pluspunkt für Anna - Lena darstellte und wie sie ihren Vater kannte, eher ein Minuspunkt. Na ja, wie auch immer, sie müsste sich ja schließlich hier wohlfühlen und nicht er.
Das Treppenhaus führte sie in den zweiten Stock, wo der Makler bereits ungeduldig vor der Wohnung auf sie wartete. Er vermittelte Anna - Lena eher den Eindruck, dass er sich hier nicht gerne aufhielt, so zappelig wie er war. Trotzdem begrüßter er alle freundlich und schloss schließlich die Tür zu ihrem vielleicht neuen Reich auf.
Sie trat neugierig ein und erkannte sofort die Fußböden, die allesamt mit hellem Laminat ausgelegt waren. Die Wände alle neu gestrichen und es gab sogar eine kleine Einbauküche, die einen schönen Kontrast zu dem Laminat bildete. Eine Tür im Wohnzimmer führte sie auf einen kleinen Balkon, von dem aus sie die Siedlung überblicken konnte. Wow, das war die einzige Wohnung, die ihr wirklich auf Anhieb gefiel. Sie fühlte sich sofort wohl und konnte sich sogar schon vorstellen, wohin sie die Möbel stellen würde. Eigentlich war die Wohnung sofort bezugsfähig. Neben dem Wohnzimmer, der Küche und dem Bad, gab es noch zwei weitere Zimmer, die als Schlafzimmer genutzt werden konnten. Aus einem könnte sie sich schön ein kleines Büro einrichten.
»Und was meinst du?«, fragte Astrid Anna - Lena nachdem sie die Balkontür wieder geschlossen hatte. Selbst ihrer Mutter schien die kleine Wohnung zu gefallen.
»Die ist klasse und ich könnte es mir gut vorstellen, hier zu wohnen.« Sie strahlte gleich drauflos.
»Okay, es ist zwar ein Zimmer mehr wie geplant, aber dafür ist die Miete günstiger als bei den anderen«, überlegte ihr Vater laut und es schien, als würde er sich gerade damit abzufinden, dass Anna - Lena sie nicht mit nach New York begleitet.
»Also gut, ich habe da nur noch eine Frage«, wandte sich Astrid an den Makler, »wie sieht es mit der Wohngegend aus, ist die sicher für ein junges Mädchen?«
»Aber natürlich, wo denken Sie hin, sonst hätte ich Ihnen die Wohnung gar nicht erst gezeigt.« Er tat gerade so, als wäre dass das Normalste von der ganzen Welt, doch Anna - Lena hatte bereits vorher schon das dumpfe Gefühl, dass er lieber schnell gegangen wäre, als nur eine Minute alleine hier im Haus zu sein. Na ja, vielleicht täuschte sie sich ja auch nur.
»Sehr gut, dann nehmen wir sie.« Anna - Lena sprang ihrer Mutter freudig in die Arme, während ihr Vater vor sich hin knurrte. Doch das war ihr gerade ziemlich egal. Die neue Zukunft konnte starten und das ohne das sie Berlin verlassen musste.
»Heißt das jetzt, du bleibst wirklich hier?« Miriam sah Anna - Lena noch immer ungläubig an.
»Jupp, einem Umzug steht nichts mehr im Wege. Und vor allem die Wohnung müsstest du erst einmal sehen. Ein echter Traum.« Anna - Lena strahlte sie an.
»Ich bin völlig aus dem Häuschen«, gab Miriam hibbelig von sich und nahm ihre beste Freundin überschwänglich in die Arme. Sie hatte die Hoffnung schon aufgegeben, weil es sich doch schwieriger als erwartet gestaltet hatte, eine passende Wohnung zu finden. Doch jetzt war sie überglücklich, ihre Freundin nicht von dannen ziehenlassen zu müssen.
Sie konnte sich ein Leben ohne sie, die sie, bereits seit der Grundschule kannte und auch seitdem befreundet waren, einfach nicht mehr vorstellen. Anna - Lena war einer der wichtigsten Menschen in ihrem Leben.
»Hast du denn auch Pascal schon die frohe Botschaft überbracht?«, wollte sie plötzlich nachdenklich von Anna - Lena wissen.
»Nein, noch nicht. Ich wollte ihn heute Abend damit überraschen.« Anna - Lena freute sich schon darauf, sein überraschtes Gesicht zu sehen.
»Na, da würde ich gerne Mäuschen spielen.« Miriam zog ihre Nase kraus.
»Also langsam glaube ich, du solltest dir wirklich echt einen eigenen Freund zulegen«, amüsierte sich Anna - Lena über das grimmige Gesicht ihrer Freundin. Es war ja nicht so, dass sie noch keinen hatte, aber sie geriet immer wieder an solche Kerle, die nicht treu sein konnten. Und irgendwie tat sie Anna - Lena schon leid, vor allem weil sie selbst mit Pascal glücklich war.
»Tja, nicht jeder hat so viel Glück wie du mit Pascal.« Miriam hakte sich bei ihrer Freundin unter. Eigentlich war es ihr Verdienst, dass Anna - Lena mit Pascal zusammen war. Erst durch sie hatte Anna - Lena ihn vor einem halben Jahr kennengelernt. Und wenn sie Pascal glauben konnte, war es für ihn Liebe auf den ersten Blick gewesen. Auch wenn sich Anna - Lena anfangs noch gesträubt hatte, weil sie zu viel für die Schule zu tun hatte, bereute sie es nicht, den gleichaltrigen Jungen schließlich in ihr Herz gelassen zu haben. Sie war glücklich mit ihm und er ließ ihr auch genügend Zeit, sich für die Schule vorzubereiten. Er drängte sie zu nichts, denn außer schmusen und küssen, wollten sich beide für die nächste Stufe in ihrer Beziehung Zeit lassen. Und auch wenn er mit seinem Aussehen in der Schule der Mädchenschwarm schlechthin war, hatte er sich doch für sie entschieden. Sportlich, blond und mit schönen blauen Augen, und trotz allem mit einem Charakter, der sich sehenlassen konnte. Zudem hätte er wirklich jedes andere Mädchen haben können, denn Avancen gab es genug. Doch wie sich schnell herausstellte, war er sogar treu, etwas, was Anna - Lena am Anfang das meiste Kopfzerbrechen machte. Sorgen, die sie sich umsonst bereitet hatte. Zudem waren Miriam, Pascal und sie selbst das perfekte Team. Es gab kaum etwas, was sie nicht zusammen unternahmen. Mit anderen Worten, Anna - Lena war glücklich und schwebte sogar noch nach einem halben Jahr auf Wolke sieben. Und das war auch der Grund, warum sie unbedingt in Berlin bleiben wollte. Auch wenn das hieß, dass sie ihre Eltern für eine lange Zeit, nicht mehr sehen würde.
»Dein Ernst jetzt?« Pascal nahm sie glücklich in die Arme und küsste sie ausgiebig.
»Ja, wir haben endlich eine Wohnung gefunden.« Anna - Lena lachte, während Pascal sie wie ein Karussell durch die Luft drehte. Es war nicht zu übersehen, dass er sich genauso freute wie Anna - Lena selbst. Und ihr wurde mit einem Schlag klar, dass sie es niemals übers Herz gebracht hätte, ihn alleine in Berlin zurückzulassen.
»Das ist echt Wahnsinn. Vielleicht können wir zwei Hübschen, dann auch mal mehr Zeit mit uns alleine verbringen.« Verschwörerisch zwinkerte er ihr zu.
»Hey, deshalb wollte ich die Wohnung jetzt aber nicht.« Lachend boxte sie ihm auf die Brust.
»Das eine, schließt das andere ja nicht zwingend aus«, flüsterte er mit einem Schmunzeln.
»Wer weiß«, gab sie mit einem Anflug von Verlegenheit zurück. Pascal musste lachen, als er ihr Gesicht sah.
»Ey, das heißt jetzt nicht, dass ich sofort über dich herfallen werde.«
»Okay, dann habe ich ja noch einmal echtes Glück.« Mit einem erleichterten Grinsen schmiegte sie sich an ihn. Sie war froh, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Wahrscheinlich hätte sie es zutiefst bereut, wenn sie mit ihren Eltern nach New York gegangen wäre. Vor allem hätte sie dann auch viel zu viel in der Schule verpasst und nachher noch einmal zurückgestuft werden müssen. Darauf hatte sie nun echt keinen Bock.
»Das sollten wir wirklich ausgiebig feiern«, überlegte Pascal schon, wo sie hingehen könnten.
»Sollen wir Miriam mitnehmen? Die ist schon wieder den ganzen Tag alleine zu Hause.«
»Warum nicht, sonst wären wir eh nicht komplett, oder?«, neckte er sie.
»Okay.« Anna - Lena himmelte ihn an und hing schon am Handy.
In ihrer kleinen Lieblings Disco feierten sie ausgelassen Anna - Lenas Bleiben und verabschiedeten sich erst voneinander, als sie die Augen nicht mehr offenhalten konnten.
Zwei Wochen waren vergangen und Anna - Lena war noch voll im Umzugsstress. Miriam, ihre beste Freundin und ihr Freund Pascal halfen ihr. Zudem hatten ihre Eltern, die selbst noch damit beschäftigt waren, ihre Sachen zu packen, eine Umzugsfirma bestellt, die ihr die Möbel bringen sollten. Nach und nach nahm die kleine Wohnung endlich Gestalt an.
Anna - Lena war mehr als nur happy, dass sie gemeinsam mit ihren Freunden, die ihr halfen, wo es nur ging, ab jetzt zusammen in eine neue Zukunft starten konnte.
Sie rückten Möbel, stellten Dekor auf und mit ihrer Hilfe wurde die Wohnung schließlich noch gemütlicher, als Anna - Lena es sich vorgestellt hatte.
Gegen Abend, als dann auch ihre Eltern dazu stießen, war sie bereits komplett fertig eingerichtet.
»Nicht schlecht muss ich sagen. Das hast du wirklich gut hinbekommen«, lobte ihr Vater sie.
»Danke, aber ohne die Hilfe von Miriam und Pascal hätte ich das nicht hinbekommen.«
»Wofür hat man denn Freunde.« Miriam lächelte sie zufrieden an.
»Wobei ich sagen muss, dass Anna - Lena nicht leicht zufriedenzustellen ist.« Pascal grinste breit und wischte sich den unsichtbaren Schweiß von der Stirn.
»Hey, jetzt übertreibst du aber schamlos«, protestierte Anna - Lena und er bekam zum Dank einen kleinen Rippenstoß von ihr.
»Ach ja? Und was war mit dem Sofa? Bis wir das an der richtigen Stelle hatten, hätten wir schon die ganze Wohnung komplett eingerichtet gehabt«, gab er lachend zurück.
»Na ja, das ist nun mal mein absoluter Liebling und muss dann auch richtig in Szene gesetzt werden. Doch jetzt gefällt es mir recht gut.« Verlegen spielte sie mit ihren Fingern.
»Du merkst aber schon, dass ich dich damit nur aufziehen will, oder?« Schelmisch zwinkerte er ihr zu. Anna - Lena sah ihn erbost an, knurrte sogar ganz leise.
»Idiot.« Alle anderen konnten sich ein Lachen nicht mehr verkneifen.
»Ich hoffe nur, du kommst alleine auch gut zurecht.« Ihre Mutter sah sich die Zimmer noch einmal an. Es war klar, dass sie sich um ihre Tochter sorgte, sonst wäre sie ja auch eine schlechte Mutter gewesen, aber sie hatte Anna - Lena dazu erzogen, auf eigenen Beinen stehen zu können und das zahlte sich gerade für Anna - Lena aus. Ansonsten hätten sie ihrem Wunsch in Berlin zu bleiben, wohl auch nie nachgegeben.
»Das wird schon, außerdem sind meine Freunde ja auch noch da.« Sie nahm Miriam in die Arme, die ihr fleißig nickend zustimmte. Und Pascal stellte sich hinter sie und legte ihr demonstrativ die Arme um sie.
»Ich denke auch, aber pass bloß auf meine kleine Prinzessin auf.« Peter drückte erneut auf die Tränendrüse, wie schwer es ihm fiel, seine Tochter in Berlin zurückzulassen.
»Keine Sorge, Paps, ich habe schließlich viel von dir gelernt und außerdem ist es, glaube ich, endlich mal an der Zeit, dass du das mit der kleinen Prinzessin lässt. So klein bin ich nicht mehr.« Tröstend blickte sie ihn an.
»Mir egal, du bist und bleibst meine kleine Prinzessin.« Entschlossen schob er das Kinn vor. Anna - Lena und Astrid lachten beide gleichzeitig auf.
Zwei Tage später war es dann endlich soweit. Anna - Lena stand am Flughafen und verabschiedete sich von ihren Eltern, die die Tränen nicht mehr zurückhalten konnten.
»Pass bloß gut auf dich auf und iss ja regelmäßig«, warnte ihre Mutter sie noch einmal, bevor sie sich endgültig von ihr verabschieden musste.
»Keine Sorge, dass mache ich schon.« Anna - Lena lächelte ihr liebevoll zu und gab ihr noch einen Kuss.
»Und denk dran, wenn etwas los sein sollte, ruf mich an, ich bin sofort bei dir, egal um welche Tageszeit«, erinnerte ihr Vater sie noch einmal an seine Worte.
»Das werde ich machen, also macht euch nicht so viele Gedanken okay. Außerdem sind es nur zwölf Monate. Die werde ich mit links überstehen.« Sie nahm ihren Vater in den Arm und drückte ihn fest.
Dann kam der letzte Aufruf für ihre Maschine und Anna - Lena blieb alleine zurück. Alleine und glücklich zugleich. Dennoch überkam sie ein wenig Wehmut, schließlich war es das erste Mal, dass sie so lange von ihren Eltern getrennt sein würde.
Eine Zeit, die sie zwar genießen würde, aber auch die Verantwortung für sich selbst übernehme müsste. Trotzdem war sie zuversichtlich, denn sie war ja schließlich nicht alleine. Sie hatte Freunde, auf die sie sich jederzeit verlassen konnte.
Sie stand auf der Aussichtsplattform und der Wind zerzauste ihre langen braunen Haare. Sie hatte Mühe, ihre Tränen zurückzuhalten, als sie dem Flieger hinterher sah, in denen ihre Eltern saßen. Sie wollte es ihnen nicht zeigen, und dennoch fiel es ihr genauso schwer wie ihren Eltern, sie zwölf Monate nicht mehr zu Gesicht zu bekommen. Nur gut, dass es eine Erfindung namens Telefon gab.
Nachdem der Flieger außer Sicht war, nahm sie sich ein Taxi zu ihrer Wohnung und war froh, sich auf ihrer Couch ausstrecken zu können.
Sie lag noch nicht ganz, da schlummerte sie auch schon ein. So ein Abschied war ganz schön anstrengend. Zudem mussten ihre Eltern ja auch unbedingt über Nacht fliegen. Sie schlief bis zum nächsten Morgen durch.
Plötzlich wurde sie von einem merkwürdigen Geräusch geweckt. Anna - Lena schoss hoch, da fummelte doch glatt jemand an ihrer Tür. Noch war es dunkel draußen und sie fischte nach ihrem Handy, dass sie noch in ihrer Jacke hatte. Nach ihrem Display war es gerade sechs Uhr in der Früh. Vorsichtig stand sie auf und leuchtete mit ihrem Handy Richtung Tür, von wo sie noch immer Geräusche hörte. So langsam bekam sie es mit der Angst zu tun und sie spürte ihren rasenden Puls bereits im Hals. Ihr Atem ging schneller und sie hatte Probleme, ihre zitternden Hände unter Kontrolle zu bekommen.
Sie schlich weiter in die Richtung, da kam sie an ihrem Wischmopp vorbei, den sie als geeignete Waffe ansah und sofort in die Hand nahm. Langsam drückte sich der Türgriff nach unten, und Anna - Lenas Herz schoss noch weiter in die Höhe. Sie malte sich bereits die schlimmsten Bilder in ihrem Kopf aus. Anna - Lena nahm eine Abwehrstellung ein und fuchtelte nervös mit dem Wischmopp herum, bis die Tür schließlich fluchend aufgestoßen wurde.
»Verdammter Mist, dieses Ding von Schloss reparieren die mir aber noch.« Sie sah eine Hand, die, wie es aussah, den Lichtschalter suchte und ihn schließlich auch fand.
Anna - Lena schoss mit dem Wischmopp in der Hand und einem Herzen, das ihr bald in die Hose rutschen würde, vor und blieb mit diesem kurz vor einem Gesicht stehen, dass ihr gänzlich unbekannt war. Der Kerl vor ihr sah sie geschockt an, als hätte er gerade einen Geist oder so etwas gesehen.
»Was machen Sie hier, verschwinden Sie aus meiner Wohnung, sonst rufe ich die Polizei.« Sie wedelte wild mit dem Wischmopp in der einen Hand vor seinem Gesicht herum und mit der anderen wählte sie bereits die Notrufnummer. Der Typ lachte frech.
»Ihre Wohnung? Ich glaube, Sie haben Sie nicht mehr alle. Das ist noch immer meine.« Er sah Anna - Lena mit einem unwirschen Blick an.
»Klar doch und ich bin der Kaiser von China. Träumen Sie ruhig weiter. Ich habe diese Wohnung bereits vor zwei Wochen gemietet, also verpissen Sie sich endlich.« Er blickte sie prüfend an, doch machte keine Anstalten, die Wohnung zu verlassen. Anna - Lena reichte es. Sie hob ihr Handy ans Ohr und fuchtelte gleichzeitig wieder mit dem Wischmopp vor seinem Gesicht herum. Noch während das Telefon klingelte, ergriff er den Stiel des Mopps und riss einmal kräftig daran. Anna - Lena machte augenblicklich einen Satz in seine Richtung und landete an seiner Brust. So schnell wie alles vonstatten ging, konnte sie gar nicht reagieren, da hatte er ihr schon das Handy abgenommen, aufgelegt und auf das Sofa geschmissen. Zuerst blieb sie stocksteif stehen, bis sie realisierte, was gerade geschah und sich bis aufs Blut wehrte. Sie schlug auf ihn ein und schrie, was das Zeug hielt, umso fester legte er die Arme um ihren Körper. Ihr Puls raste unaufhörlich und Panik machte sich in ihrem ganzen Körper breit. Sie hörte bereits ihr letztes Stündlein schlagen.
»Beruhigen Sie sich endlich, ich werde schon keine Hand an sie anlegen.« Langsam ließ er sie wieder los und noch bevor seine Hände sie komplett freigegeben hatten, schoss sie panisch zurück.
»Verdammt, wie kommen Sie überhaupt in meine Wohnung«, schrie sie ihn an. Er hob einen Schlüsselbund nach oben und klimperte damit herum. Anna - Lena glaubte, den Knall nicht gehört zu haben. Wieso hatte dieser Kerl einen Schlüssel für ihre Wohnung?
»Ich habe bereits gesagt, dass das meine Wohnung ist und so langsam frage ich mich echt, was Sie hier eigentlich suchen. Vielleicht sollten wir den Spieß herumdrehen und ich rufe die Polizei.« Er kramte sein Handy aus seiner Hosentasche und hielt es ihr unter die Nase. Anna - Lena hatte echt keinen Plan mehr, was hier gerade abging. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Doch da fiel ihr der Mietvertrag wieder ein.
»Moment, ich werde es Ihnen beweisen. Das ist meine Wohnung und nicht Ihre.« Sie rannte zu der Schublade in ihrem Schreibtisch und wühlte in den Papieren, bis sie den Vertrag endlich in den Händen hielt. Doch das alles tat sie nicht, ohne ihn aus den Augen zu lassen, schließlich konnte dieser in dem Moment ja sonst was anstellen, oder sie sogar überrumpeln. Sie hielt ihm den Vertrag wedelnd unter die Nase.
»Sehen Sie, das ist der Mietvertrag, der mich eindeutig als Mieter der Wohnung ausweist.« Sie fummelte so schnell damit vor seinem Gesicht herum, dass er kein einziges Wort lesen konnte. Erst als er ihre zitternde Hand festhielt, sah er eindeutig, dass sie nicht gelogen hatte. Aber wie konnte das sein. Er hatte vor zwei Wochen ebenfalls einen Vertrag unterschrieben und das war eindeutig diese Wohnung, sonst würde ja auch der Schlüssel nicht passen. Er kramte in seiner Tasche, die noch im Flur stand, bis er seinen in den Händen hielt. Er lachte laut auf.
»Was? Sind Sie jetzt vollkommen durchgedreht?« Vorsichtshalber machte Anna - Lena mit klopfendem Herzen einen Schritt zurück.