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Miriams neuer Chef ist ein Kotzbrocken. Die Ganztagsstelle, auf die sie schon solange wartete, wurde ihr endlich angeboten, allerdings mit einer Bedingung: Nachtarbeit. Sein Onkel, ihr ehemaliger Chef, unterbreitete Miriam ein nicht gerade seriöses Angebot: Sie sollte ihren neuen Chef zum Schein heiraten, damit dieser die Karriereleiter emporsteigen kann zum Geschäftsführer. Die Bedingungen klingen verlockend und Miriam willigt ein, entdeckt aber kurze Zeit später, dass dieser Vertrag einen gewaltigen Haken hat. Gefühle waren kein Bestandteil des Vertrages, aber genau diese geraten bei ihr völlig durcheinander. Kann sie sich von dem Haken lösen? Eine lustig, lockere Liebesgeschichte.
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Seitenzahl: 149
Veröffentlichungsjahr: 2022
Bianka Mertes
Vertrag mit Haken
Die geschilderten Personen und Ereignisse sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
© 2017 Bianka Mertes
Cover:Lektorat Buchstabenpuzzle Karwatt Bildmaterial: www.pixabay.de
Lektorat und Korrektorat: Lektorat Buchstabenpuzzle Karwatt www.buchstabenpuzzle.de
2. Auflage
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN: 978-3-347-76008-0
Bianka Mertes
Vertrag mit Haken
KAPITEL 1 - NEUER WIND
Miriam war stinksauer. Da wagte ihr Freund es doch tatsächlich, heute Morgen mit ihr über WhatsApp Schluss zu machen. Der Typ hatte nicht mal genug Eier in der Hose, ihr persönlich unter die Augen zu treten. Er schrieb lieber einen kleinen Text und setzte ans Ende noch ein lachendes Emoji. Er konnte echt froh sein, wenn er ihr die nächste Zeit nicht über den Weg laufen würde. Denn dann könnte sie nicht garantieren, dass er ohne ein blaues Auge davonkommen würde.
Zudem hatte sich für heute auch noch der neue Eigentümer der Firma angemeldet, der diese von ihrem alten lieben Chef aufgekauft hatte. Sein Ruf eilte ihm voraus. Ein Kerl, der es sich zur Aufgabe machte, Mitarbeiter zu entlassen und Firmen umzustrukturieren. Das komplette Gegenteil von Sebastian, ihrem alten Chef, der immer versucht hatte, keine Änderungen in der Firma herbeizuführen. Ihm war es wichtiger, jedem Mitarbeiter einen sicheren Stand in der Firma zu geben. Miriam sah sich in ihrem Hilfsjob schon als gekündigt. Da waren die Festangestellten wohl mal wieder im Vorteil. Ihre Kollegen liefen wie aufgescheuchte Hühner in der Gegend herum und räumten alles weg, was nicht niet- und nagelfest war. Akten, Geschirr und sogar die Stifte wurden fein säuberlich zurechtgelegt. Als ob sie das vor einer Kündigung retten würde. Wenn man einen rausschmeißen wollte, fände man schon einen Grund, ob er haltbar war oder nicht.
Doch das Schlimmste war, er hätte vor ihnen stehen können und keiner hätte ihn erkannt. Auch Miriam kannte ihn nur vom Hörensagen und danach musste es sich um einen richtigen Kotzbrocken handeln. Nicht mal seinen Namen kannte sie. Er ging in seinem Beruf über Leichen, um das große Geld zu machen.
Dabei wurde ihr wieder einmal der schlimmste Job zugewiesen, den diese Firma zu bieten hatte. Sie durfte die nette Empfangsdame spielen. Alle in der Firma drückten sich davor und hatten entweder gerade wichtigere Sachen zu erledigen oder verschwanden gekonnt eine halbe Stunde auf dem Klo. Soviel zu einem kollegialen Arbeitsverhältnis. Dabei hätte sich Miriam genauso gewünscht, sich in Luft auflösen zu können, doch einer Halbtagskraft wurde dieses Glück natürlich nicht zuteil. Also trottete sie von dem Großraumbüro in die Eingangshalle und nahm wohl oder übel hinter dem Empfangsschalter Platz, der nur einen Vorteil zu bieten hatte: Sie war für sich alleine und musste sich das Gezeter der Anderen nicht antun.
Miriam sah auf die große Bahnhofsuhr, die die Eingangshalle schmückte. Noch eine halbe Stunde, dann würde sich ihr Schicksal in dieser Firma in Luft auflösen. Gerade sie wäre die Erste, die die Entlassungspapiere in die Hände gedrückt bekäme, da war sie sich sicher. Sie war immer noch die Neue im Betrieb und zudem nur eine billige Halbtagskraft, auf die man leicht verzichten konnte. Miriam hatte jetzt schon seit einem Jahr versucht, eine Vollzeitstelle zu ergattern, doch immer wieder wurde sie vertröstet. Diese Tatsachen trugen momentan zu ihrem Untergang bei.
Miriam tippte gerade die letzten Worte des diktierten Briefes in den Computer ein, als sich mehrere Männer in grauen Anzügen durch die Eingangstür zwängten. Ältere Männer, wie sie aus den Augenwinkeln mitbekam, aber alle vier mit einer Statur wie Schränke. Dann folgte ein Jüngerer, der von zwei weiteren Älteren begleitet wurde. Miriam nahm die Kopfhörer aus den Ohren und legte sie zu dem Diktiergerät auf den Schreibtisch, bevor sie auf einen der älteren Männer zusteuerte, den sie für den neuen Besitzer hielt.
»Einen wunderschönen guten Morgen. Ich freue mich, Sie in unserer Firma begrüßen zu dürfen«, leierte sie den auswendig gelernten Standardtext herunter, den selbst sie sich nicht abkaufen würde. Freundlich wie immer hielt sie dem Mann die Hand zur Begrüßung hin, der aber wie hypnotisiert in die gleiche Richtung starrte und nicht die Absicht hatte, ihre Hand zu greifen. Zuerst war sie wie vor den Kopf geschlagen, fing sich aber schnell wieder und folgte dem weiteren Prozedere.
»Wenn Sie mir bitte folgen würden.« Sie wies ihm mit der Hand den Weg. Abermals folgte keine Reaktion. So langsam kam sie sich verarscht vor.
»Johann, Sie können jetzt mit Ihren Männern zurückkehren.« Miriam zuckte bei den Worten des jüngeren Mannes zusammen. Oh Gott, so ein Fehler durfte ihr einfach nicht passieren. Am besten sollte sie sofort fragen, wo sie ihre Entlassung unterschreiben soll. Die Männer verabschiedeten sich von dem offensichtlich neuen Chef und verließen die Halle. Miriam versuchte noch, zu retten, was sie konnte.
»Entschuldigung, ich …«, begann sie zu reden und erntete einen grimmigen Blick.
›Am besten halte ich jetzt meine Klappe und zeige ihm einfach sein Büro‹, dachte sie kurz und suchte vor Scham ein Loch, in dem sie verschwinden könnte.
»Folgen Sie mir bitte.« Sie ging vor und begleitete ihn, in den ersten Stock, wo sein neues Büro lag, vorbei an ihren Kollegen, die allesamt so taten, als wären sie unheimlich beschäftigt. Klar doch, als ob.
»Hier ist Ihr Büro.« Sie wies auf die schwere Glastür, die aus Milchglas bestand. Er trat ein und schlug ihr die Tür vor der Nase zu, ohne auf sie achten.
Miriam stand wie gelähmt vor der Tür. Normalerweise hätte sie ihm jetzt einen Kaffee oder Häppchen angeboten. Doch gerade wusste sie absolut nicht, was sie machen sollte. Zaghaft klopfte sie an die Tür und öffnete diese langsam.
»Ich brauche nichts und ich will auch nicht gestört werden«, schrie er sie an, noch bevor die Tür ganz geöffnet war. Geschockt schloss sie die Tür schnell wieder. Selbst als ihr Chef musste er sich nicht so benehmen. Hatte der Kerl keinen Anstand gelernt? Sie beschloss, sich wieder an ihre Arbeit zu machen, und war eigentlich ganz froh, dass sie ihn zuerst mal los war. Doch sie hatte schon ein bisschen Schiss vor der nächsten Begegnung mit ihm. Miriam war bereits in so viele Fettnäpfchen getreten, sie sollte sich wirklich schon einmal nach einer neuen Arbeitsstelle umsehen. Bei ihm war sie wahrscheinlich unten durch und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie einen Umschlag mit der Aufschrift ›Kündigung‹ auf ihren Schreibtisch geknallt bekommt. Wieso musste ihr immer sowas passieren? Sie stopfte mit einem beklemmenden Seufzen die Ohrstöpsel wieder in die Ohren und tippte die wahrscheinlich letzten Worte in den Computer, bis sich neuer Besuch ankündigte, indem dieser an den Tresen trat.
»Hallo, ich glaube, mein Bruder ist eben reingeschneit.« Der junge Mann grinste sie frech an. Miriam schätzte ihn nicht viel älter als sich selbst und er sah verdammt gut aus. Wieder nahm sie die Ohrstöpsel heraus und blickte ihn unverwandt an.
»Dafür müsste ich erst einmal wissen, wer Ihr Bruder sein soll«, gab sie ihm freundlich zu verstehen, denn schließlich hatte sie das Hellsehen noch nicht erlernt.
»Richtig«, stimmte er ihr zu und grinste noch breiter, »er hat den Laden hier gekauft.« Miriam wurde kreidebleich. Nicht noch einer von denen, jedoch schien dieser hier wenigstens freundlicher zu sein. Da fiel ihr ein, dass sie nicht mal den Namen ihres neuen Chefs kannte. Er hatte ihr keine Gelegenheit gegeben, danach zu fragen.
»Ich bringe Sie hin«, meinte sie nervös, nachdem sie sich wieder gefangen hatte, und führte den Besucher ebenfalls in den ersten Stock zu dem Büro, klopfte vorsichtig mit zusammengebissenen Zähnen an und öffnete die Tür.
»Hören Sie eigentlich schlecht? Ich habe doch gesagt, dass ich nichts brauche«, keifte ihr neuer Chef sie vom Schreibtisch her an.
»Hier ist Besuch für Sie«, meinte sie kleinlaut, und bemühte sich, ihre aufkommende Wut zu unterdrücken. Als wenn sie etwas dafür könnte, dass er ausgerechnet jetzt Besuch bekam. Im Gegenteil, am liebsten wäre sie ihm heute nicht mal mehr begegnet.
»Musst du eigentlich immer allen Leuten Angst einflößen«, konterte der Besucher, bedankte sich mit einem liebenswürdigen Lächeln und frechem Augenzwinkern bei Miriam und betrat das Büro.
Miriam war froh, sich an ihren Schreibtisch zurückziehen zu können und ihrer Arbeit nachzugehen, solange sie noch konnte. Hoffentlich würde nicht noch einer von denen auftauchen. Das würde sie nicht überleben.
Wieder fiel ihr ein, dass sie den Namen immer noch nicht kannte. Dabei wäre es ein leichtes gewesen, seinen Bruder zu fragen. Verdammt, sie hatte einen neuen gemeingefährlichen Chef und wusste nicht mal, wie sie ihn ansprechen sollte. Der Tag konnt eindeutig nicht schlimmer werden.
Doch sie sollte sich täuschen. Kurz vor Feierabend, gegen Mittag, wurden alle Mitarbeiter in den Besprechungsraum zitiert. Miriam sah auf die Uhr. Wenn sie nicht die Beine in die Hand nahm, würde sie ihren Bus nach Hause verpassen. Aber gegen eine Anweisung ihres neuen Chefs konnte sie nicht wettern, sie hatte heute bereits so viele Fehler gemacht, dass sie sich nicht noch einen leisten konnte. Ihr blieb also nichts anderes übrig, als sich dem zu beugen, und folgte den Kollegen in den Raum.
Alle tuschelten und drängten sich in die vorderen Reihen, nur um den neuen als erster zu Gesicht zu bekommen. Darauf konnte Miriam gut verzichten, denn sie hatte ihn bereits von seiner fiesen Seite kennengelernt.
Dann betrat er mit zwei weiteren Männern den Raum und setzte sich ans Pult. Sofort ging das Tuscheln wieder von vorne los, bis er aufstand, mit der Hand auf den Tisch schlug und »Ruhe« schrie. Geschockt waren alle sofort still. Miriam lachte in sich hinein. Ihr alter Chef war nie dazu in der Lage gewesen.
Er blätterte einige der Akten durch und sah dann in die Menge der Mitarbeiter, die allesamt nervös von einem Bein auf das andere traten. Er hatte sich in kurzer Zeit schon Respekt versorgt und das war alles andere als normal bei ihren Arbeitskollegen. Dennoch sollte sie sich lieber um sich selbst Gedanken machen. Es war so weit, bald würde sie mit Sicherheit ihre Kündigung in den Händen halten. Warum sonst sollte er sonst alle zusammenrufen?
»Wie ich beim Durchsehen der Papiere festgestellt habe, herrscht hier weder Zucht noch Ordnung. Dieser Schlendrian wird sich ab sofort ändern. Sie werden im Anschluss alle eine Arbeitsanweisung erhalten, an die Sie sich ab sofort halten werden. Jeder, der sich nicht daran hält, kann sich schon einmal im Personalbüro seine Papiere abholen. Zudem dulde ich keinerlei Beziehungen am Arbeitsplatz, wer damit ein Problem hat, kann sich ebenfalls seine Papiere holen.« Ein Raunen ging durch den Raum. Miriam wusste von einigen, dass sie in einer festen Beziehung mit Arbeitskollegen waren, und er konnte ja wohl kaum verlangen, dass sie diese aufgeben würden.
»Das wäre erst einmal alles. Alles Weitere bekommen Sie noch in einem Rundschreiben mitgeteilt. Aber bevor Sie sich jetzt wieder an ihre Arbeit begeben, bitte ich noch folgende Personen nach vorne.« Miriam konnte nicht glauben, dass es noch immer nicht vorbei war. Ein nervöser Blick auf die Uhr ließ sie wissen, dass der Bus bereits weg war. Das hieß also zwei Stunden warten, bis sie den nächsten nehmen könnte. Sie knurrte und das alles nur wegen diesem ekelhaften Typen, der den Chef raushängen ließ.
Sie hörte nicht mehr zu, als die Namen vorgelesen wurden. Sie wollte nach Hause, sie musste noch die Sachen von ihren Ex-Möchtegern-Freund packen, die sie unter allen Umständen aus der Wohnung haben wollte. Vor allem jedoch wollte sie nur noch die Füße hochlegen und es sich mit einer Schüssel Popcorn bei ihrem Lieblingsprogramm gemütlich machen. Ihre neuen Schuhe, die sich langsam mit Schmerzen bemerkbar machten, einfach in die Ecke schmeißen und ein Bad nehmen. Sie hing ihren Träumen nach, bis sie plötzlich jedoch von ihrer Kollegin angeschubst wurde. Erschrocken blickte sie diese an.
»Du bist aufgerufen worden«, flüsterte sie ihr zu. Ungläubig sah Miriam erst in ihr schadenfrohes Gesicht und dann nach vorne zum Pult, wo bereits ihr Name zum dritten Mal aufgerufen wurde. Sandy, die intrigante Sekretärin des Exchefs, dachte wohl in diesem Moment das Gleiche wie Miriam. ›Hol deine Kündigung ab.‹ Dann wurde ihr Name zum vierten Mal aufgerufen.
»Hier«, gab sie verdattert von sich und alle im Raum fingen zu lachen an. Ein Scheiß Gefühl, sich vor allen anderen lächerlich zu machen. Schließlich ging sie mit gesenkten, leicht erröteten Kopf und wildem Herzklopfen auf das Pult zu, begafft von ihren ach so netten Kollegen.
Nervös stand sie vor dem Pult, bis sie das Gesicht seines Bruders im Türrahmen sah, der ihr freudig zuwinkte. Ihr neuer Möchtegern-Chef folgte ihrem Blick und sah sie dann missbilligend an. Miriam sah hochrot zum Boden. Peinlicher ging es ja wohl nicht mehr.
»Die unfähige Empfangsdame«, gab er höhnisch von sich und Miriam sah ihn sauer an, doch er lachte nur kurz auf und widmete sich wieder seinen Papieren. Okay das hieß dann wohl mit absoluter Sicherheit, ade Job.
»Die anderen können jetzt gehen«, wies er die restlichen Kollegen von Miriam an, die mit gehässigen Gesichtern den Raum verließen. Sicher hatten sie die gleiche Vermutung wie Miriam. Unschlüssig sah sie von seinem Bruder, der noch immer grinsend im Türrahmen stand, wieder auf ihn, der keine Anstalten machte irgendetwas zu sagen. Das war die reinste Zerreißprobe für ihre sowieso schon gereizten Nerven. Bis er dann schließlich die Akten zur Seite legte und alle nacheinander forschend ansah, dauerte es noch weitere fünf Minuten. Dreizehn Angestellte, aussortiert von einem Möchtegern Macho, der sie erzittern ließ. Und das alles nur, weil sie sich um ihren Job sorgten.
»Wie ich den Akten entnommen habe, sind Sie alle in der Firma mit einen Halbtags-Job angestellt. Einige von Ihnen haben sich bereits seit Längerem für eine Vollzeitstelle beworben, aber hängen noch immer in dieser Firma mit der halben Zeit fest. Können Sie mir den Grund dafür mitteilen?« Wieder wanderte sein Blick über ratlose, nervöse und errötende Gesichter. Keiner wollte eine Erklärung dafür liefern.
Es gab wie in jeder Gesellschaft auch hier welche, die alles daran setzten, dass andere keine Aufstiegschancen hatten. Das hatte Miriam ebenfalls am eigenen Leib zu spüren bekommen. Manche schliefen sich eben einfach hoch. Aber genau das war es, was Miriam von vorneherein abgelehnt hatte. Nicht, dass man ihr solche Angebote nicht unterbreitet hätte, das kam mehr als einmal vor, aber das war nicht ihr Ding. Und sie ging davon aus, dass es bei den anderen ähnlich aussah. Er wollte wirklich wissen warum? Sie hatte nichts mehr zu verlieren, denn ihre Kündigung war doch sicher.
»Weil wir nicht mit jedem vögeln, der uns einen besseren Arbeitsplatz anbietet.« Sie sah ihn herausfordernd an. Aus den Augenwinkeln konnte sie erkennen, wie sein Bruder sich halb kaputt lachte. Anscheinend fand er die ganze Situation sehr witzig. Der Chef hingegen lachte nur kurz gehässig auf und erntete einen bösen Blick von Miriam. Er war wohl der Meinung, dass sich an ihr keiner vergreifen würde, doch da lag er allerdings komplett falsch. Wenn sie richtig gerechnet hatte, waren es drei, die ihr Glück versucht hatten. Und bei einem von ihnen war sie sich nicht sicher, ob er nach dem Tritt in seine Glocken noch zeugungsfähig war.
»Sehr direkt, die kleine Empfangsdame«, warf er ihr einen abwertenden Blick entgegen.
»Ich mache lieber gleich deutlich, woran man bei mir ist, ich denke, das sollte wohl auch in Ihrem Interesse sein.« Sie hatte genug, es reichte ihr. Er konnte sich die Kündigung in die Haare schmieren, sie würde von selber gehen. Auf so einen unverschämten und übel gelaunten Chef konnte sie gut und gerne verzichten. Sie warf ihm noch einen bösen Blick zu, bückte sich nach ihrer Tasche und ging hocherhobenen Hauptes auf den Ausgang zu.
»Bleiben Sie sofort stehen«, gab er mit befehlerischem Ton von sich, der keine Gegenwehr erlaubte. Miriam stand auf der Stelle still, den Rücken ihm zugewandt, atmete sie tief durch, um neuen Mut zu sammeln, und drehte sich langsam um. Sie blieb stocksteif stehen. Er stand nur wenige Zentimeter vor ihr und musterte sie eindringlich. Ein seltsames Gefühl machte sich in ihr breit. Angst mischte sich mit Missmut, doch sie bekam trotz allem keinen Ton heraus.
»Sie meinen also, alle haben es in dieser Firma auf ihren hübschen Hintern abgesehen. Dann tut es mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, denn so unwiderstehlich sind Sie nicht.« Sein gehässiger Ton ließ Miriam schlucken. Hatte der sie gerade beleidigt? Sie lachte kurz empört auf.
»Sie sind das Allerletzte, wissen Sie das? Sie haben keine Ahnung, was in dieser Firma vor sich geht und meinen hier andere als Lügner darzustellen. Fragen Sie doch mal in die Runde, ich denke die Kolleginnen können Ihnen einige Geschichten erzählen, wer ihnen alles Avancen gemacht hat, nur um eine bessere Stelle zu erhalten.« Voller Wut zeigte sie der Reihe nach auf die Kolleginnen, die im Raum zurückgeblieben waren. Was dachte er sich eigentlich, warum nur die Frauen hier Halbtags-Jobs hatten? Er folgte ihrem Blick, unter dem alle der Frauen rot anliefen. Es gab keinen Zweifel daran, dass sie die Wahrheit sprach.
»Wir wollen nur arbeiten und nicht die Beine für die Kerle breit machen, um dafür eine gute Benotung zu bekommen«, keifte sie ihn an. Nun reichte es Miriam endgültig, sie wandte sich wieder zum Gehen. Sollte er doch glauben, was er wollte. Sie jedenfalls, würde sich nichts unterstellen lassen.
»Habe ich Ihnen die Erlaubnis erteilt zu gehen?« Sie drehte sich empört zu ihm um und sah in sein maskenhaftes Gesicht, das keine Regung zeigte.
»Kann es sein, dass Sie mich nicht verstanden haben?« Er sagte nichts, ließ sie stehen und ging zurück zum Pult. Miriams Empörung steigerte sich ins Unermessliche. Der hatte nicht mal Anstand gelernt.
»Da Sie mir jetzt genau das bestätigt haben, was ich schon vermutete.« Er blickte insbesondere Miriam an, deren Kinnlade herunterklappte. »Möchte ich Ihnen ein Angebot unterbreiten.« Miriam verschränkte die Arme vor der Brust. Na, auf dieses Angebot war sie ja mal gespannt.
»Sie bekommen unter einer Bedingung einen Vollzeit-Job angeboten.« Miriam lachte kurz auf. War doch klar, dass er eine Bedingung stellen musste, und jeder hier konnte wahrscheinlich schon erahnen, was er wollte. Sie wollte gerade protestieren, aber er kam ihr mit seinen Worten zuvor.