Patchwork hoch Sieben - Bianka Mertes - E-Book

Patchwork hoch Sieben E-Book

Bianka Mertes

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Beschreibung

Julia wirft mehrere Jugendliche, die Ärger machen wollen, aus dem Imbiss, in dem sie arbeitet. Ben kommt ihr zur Hilfe. Die Jugendliche ist auf den Lohn angewiesen und nicht erfreut über die Tatsache, dass Ben auch noch ihr neuer Kollege wird. Eines Abends wird sie von den Jugendlichen auf dem Heimweg abgepasst und bedroht. Die Situation droht zu eskalieren und wieder kommt Ben ihr unverhofft zur Hilfe, dieses Mal mit seinen Freunden. Julias alleinerziehende Mutter erzählt ihr von einer neuen Liebe. Die erste neue Liebe nach dem Tod von Julias Vater. Der Mann ist alleinerziehend von zwei Kindern. Bei einem gemeinsamen Essen lernen sie sich alle kennen und es ist gemütlich, bis Julias Kollege auftaucht und den Freund ihrer Mutter mit ›Papa‹ anspricht.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 278

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Die geschilderten Personen und Ereignisse sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

© 2017 Bianka Mertes

Oberwindhagener Str. 26a

53578 Windhagen

Cover:

Lektorat Buchstabenpuzzle Karwatt Bildmaterial:

www.pixabay.de

Lektorat und Korrektorat:

Lektorat Buchstabenpuzzle Karwatt

www.buchstabenpuzzle.de

1. Auflage

Verlag & Druck: tredition GmbH,

Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN: 978-3-347-81052-5

Bianka Mertes

Patchwork hoch Sieben

Chaos inklusive

Kapitel 1

Julias Freundin biss genüsslich in ihr Brot. »Wie ist es? Kommst du heute mit in den Freizeitpark?«, meinte Alina, während sie kaute.

»Ich würde wirklich gerne, aber ich habe heute Dienst, also wird nichts draus, sorry.« Julia arbeitete nach der Schule in einem Fastfood-Restaurant. Das Geld konnte sie gut gebrauchen, um ihre Mutter zu unterstützen. Ihr Vater war vor zwei Jahren verstorben und auch wenn ihre Mutter zwei Jobs hatte, kamen sie nicht besonders gut über die Runden. Neben ihr lebten auch noch ihr elfjähriger Bruder Jonas und ihre verwöhnte, vierzehnjährige Schwester Lisa in der kleinen drei Zimmer Wohnung. Doch auch wenn sie auf kleinstem Raum wohnten, reichte das Geld hinten und vorne nicht aus. Berlin war und blieb ein teures Pflaster.

»Wenn das so weitergeht, wirst du noch zur Einsiedlerin«, stellte Alina beiläufig fest. Julia musste aber zugeben, dass sie nicht unrecht hatte. Für ihre Freunde aus der Schule hatte sie keine Zeit mehr. Neben dem Job und den Hausaufgaben blieb nicht mehr viel Freiraum, um sich noch zu vergnügen. Auch wenn sie nur vier Tage in der Woche arbeiten ging.

»So schlimm ist es ja jetzt auch nicht. Morgen hätte ich zum Beispiel frei und wir könnten mal wieder zusammen abhängen«, trank sie ihren Smoothie leer und warf die Plastikflasche in den Müll.

»Cool, und was stellen wir beiden Hübschen an? Machen wir die Stadt unsicher und gehen bummeln?«

»Warum nicht?«, lachte Julia. Auch wenn sie für sich nicht viel Geld zur Verfügung hatte, ging sie doch gerne durch die Geschäfte und sah sich das große Sortiment an. Und manchmal war sogar etwas dabei, dass zu ihrem Geldbeutel passte.

Ihre Unterhaltung wurde abrupt durch die Pausenglocke unterbrochen. Alina verdrehte die Augen und packte den Rest von ihrem Brot in die Tasche zurück.

»Auf in den Endspurt«, schlenderte sie los.

»Ja, ich habe heute auch keine besondere Lust«, rümpfte Julia die Nase.

»Noch zwei Stunden und dann ab ins Vergnügen«, lachte Alina. Julia lachte zurück, aber sie beneidete ihre Freundin doch schon ein wenig. Es ging ja nicht nur um ihre Arbeit, dass sie nicht mit konnte, sondern auch das Geld saß nicht besonders locker. Dafür konnten sie wahrscheinlich schon wieder zwei Tage über die Runden kommen. Und das war ihr eindeutig wichtiger, als sich auf eine Achterbahn oder auf eines dieser anderen Geräte zu setzen.

Die letzten Stunden zogen sich und Julia konnte sich kaum noch konzentrieren. Sie nahmen noch einmal alle Formeln für die bevorstehende Mathearbeit durch, obwohl sie diese bereits alle im Kopf hatte. Gelangweilt malte sie auf einem Blatt herum und war froh, bereits ängstlich in ihre Stühle drückten oder gar sofort Reißaus nahmen, schmissen Servietten und Strohhalme durch die Gegend, die sich kreuz und quer im Laden verteilten und auch Peter kam mit ihren Pöbeleien nicht ungeschoren davon. Auf gut Deutsch, benahmen sie sich wie die Wildsäue.

»Ich denke, es reicht, wenn ihr euch nicht anständig benehmen könnt, geht bitte«, blieb Peter noch einigermaßen höflich, sah sie trotzdem scharf an. Doch je mehr er gegen sie war, umso mehr Blödsinn machten sie. Sie äfften ihn nach, zeigten den Mittelfinger oder taten gerade so, als hätte er kein Sterbenswörtchen gesagt. Einer von ihnen griff sogar über die Theke und nahm die bereits servierfertigen Bestellungen an sich und biss demonstrativ in den Burger. Julia platzte endgültig der Kragen, als sie sich auch noch an der Auslage bedienten, die reichlich mit allerlei Süßkram bestückt war. Sauer schmiss sie den Lappen auf den Tisch und stapfte auf die Kerle zu, die sie nicht einmal beachtet hatten.

»Hey, habt ihr nichts Besseres zu tun, als Scheiße zu bauen? Ich denke es reicht allmählich«, schnappte sie gerade noch einem der Kerle ein Törtchen weg, bevor er hineinbeißen konnte, und funkelte ihn böse an. Ihr Puls war mittlerweile auf einhundertachtzig.

»Oh hey, die Puppe glaubt doch ehrlich, sie könnte mir Befehle erteilen«, lachte er lauthals drauf los, »ich glaube, die weiß nicht, wen sie vor sich hat.« Mit böse funkelnden Augen und einem Gesicht, das wohl zum Fürchten sein sollte, kam er Julias näher. Wäre die Sache nicht so ernst gewesen, hätte sie wahrscheinlich auf der Stelle losgeprustet. Doch das unterließ sie in dieser Situation besser. Sie schätzte, dass mit diesen Kerlen nicht zu spaßen war, also baute sie sich nur bedrohlich vor ihm auf. Wenn er jedoch glaubte, dass sie Angst vor ihm hatte, hatte er sich deutlich geschnitten. Da stand sie schon vor ganz anderen Typen, die den Schwanz eingezogen hatten, wenn sie mit ihnen fertig war.

»Mir ist es egal, wer du bist, entweder ihr räumt das hier wieder auf und benehmt euch anständig, oder verpisst euch«, stemmte sie ihre Hände in die Hüften, um ihren Worten Nachdruck zu geben. Doch das schien ihn nicht die Bohne zu beeindrucken. ›Noch nicht‹, dachte sich Julia.

»Hey Mädchen, glaubst du echt, ich lasse mir von dir Befehle erteilen«, grinste er breit und legte ihr eine Hand auf den Kopf. Die anderen krümmten sich vor Lachen.

Wütend schlug sie diese wieder weg und baute sich zur vollen Größe vor ihm auf. »Brust raus, Arsch rein«, hatte ihr Vater immer gesagt. Zum Glück kannte Peter sie bereits ein Jahr. Er sah beeindruckt von einem zum anderen, doch einmischen wollte er sich bei Julia besser nicht. Auch wenn sie meistens diplomatisch blieb, konnte sie auch ganz anders werden und darauf konnte er im Moment gut und gerne verzichten. Es war ihm lieber, wenn diese Kerle ihren Ärger abbekamen als er.

»Okay, ich habe es im Guten versucht, aber anscheinend wollt ihr es nicht anders.« Noch immer grinsend blickte dieser Typ sie herausfordernd an und die anderen lachten und warteten anscheinend, dass er sich Julia vornahm. Aber dazu gab Julia ihm gar nicht erst die Gelegenheit. Kurz entschlossen drehte sie diesem Kerl den Arm auf den Rücken und begann ihn zur Tür zu schieben, was natürlich nicht ohne seinen Widerstand ablief. Sofort hörten die anderen mit dem Lachen auf und standen ihrem Kumpel bei. Einer versuchte Julia von ihm zu reißen, den hatte sie allerdings schnell mit einem Tritt gegen das Schienbein außer Gefecht gesetzt. Der andere griff ihr in die langen blonden Haare, was schon eher ein Problem darstellte, denn wie jeder Kerl wissen sollte, sind die Haare eines Mädchens ihr Heiligtum. Kurz entschlossen schlug sie mit dem Kopf nach hinten und erwischte seine Nase, worauf er sofort losließ und sich jammernd die blutende Nase hielt. Doch er hatte Ausdauer, das musste Julia schon zugeben. Mit einigem Abstand zu ihr, riss er ihr erneut den Kopf an den Haaren nach hinten und sie stöhnte kurz auf, aber den Vordermann hielt sie trotz allem mit festem Griff. Und der Dritte im Bund hob seine Hand gefährlich. Leider hatte Julia keine Hand mehr frei, um sich zu schützen, und für einen gezielten Tritt war der Abstand zu groß, doch gerade als er zuschlagen wollte, hielt ihn jemand zurück. Verblüfft drehte sich Julia ein wenig nach der unbekannten Stimme um.

»Na na, wer wird denn ein so hübsches Mädchen schlagen?« So schnell wie er ihm die Hand festgehalten hatte, so schnell hatte er seinen Arm verkeilt und ihn aus der Tür geschoben. Wie geschockt ließ der andere Julias Haare los, geradeso als wüsste er, wen er da vor sich hatte und folgte dem unausgesprochenen Wort zu gehen. Sogar der, den sie getreten hatte, machte keine weiteren Faxen und verließ den Laden ohne Widerworte. Julia schob beherzt den Letzten raus und schloss grinsend die Tür hinter ihm.

Erstaunt schaute sie sich nach ihrem Retter um, der wie ein Baum vor ihr stand. Durchtrainiert, einen ganzen Kopf größer als Julia, Irokesenschnitt und blaugraue Augen. Auf der Straße hätte sie ihn wahrscheinlich nie

»Nein, ist schon okay, aber ein Kakao wäre jetzt nicht schlecht«, fuhr sie sich genüsslich über die Lippen. Ihre Mutter lachte.

»Kommt sofort.« Schnell erhitzte sie die Milch in der Mikrowelle, schüttete das Kakaopulver hinzu und sah zu wie sich die weiße warme Milch in dunklen Kakao verwandelte, bevor sie das Glas vor Julia abstellte.

»Mhh, danke dir«, gab diese lächelnd zurück. Zum Dank erntete sie von ihrer Mutter einen Kuss auf die Stirn.

»Kein Problem, gern geschehen«, tanzte sie schon durch die Küche. Julia sah ihr nachdenklich nach. Irgendetwas stimmte hier nicht. Sonst war sie nie so selbstzufrieden.

»Wie war die Schule, und die Arbeit?«, fragte sie zwischen Geschirr einräumen und Besteck abtrocknen.

»Erfolgreich wie immer«, lächelte Julia. Das Zusammentreffen mit den Jugendlichen im Laden behielt sie absichtlich für sich. Ihre Mutter war sowieso schon nicht begeistert davon, dass sie nach der Schule noch jobbte und schon gar nicht, dass sie den Weg im Dunkeln nach Hause gehen musste. Sie machte sich einfach immer zu viele Sorgen um ihre Tochter.

»Ach, ich muss dir unbedingt noch etwas erzählen«, kam es Maria plötzlich verträumt über die Lippen. ›Also war doch was im Busch‹, dachte sich Julia. So wie sie heute drauf war, musste es etwas ziemlich Gutes sein. Auch wenn sie ihre Mutter war, waren die beiden eher Freundinnen, die sich alles anvertrauten.

»Ich habe jemanden kennengelernt. Er sieht so toll aus und arbeitet seit Kurzem in unserer Firma. Er hat gefragt, ob ich mit ihm ausgehen möchte und ich habe ja gesagt«, brachte Maria mit einem breiten Grinsen heraus. Das war das erste Mal seit dem Tod ihres Mannes, dass sie überhaupt einen Mann erwähnte. Julia hatte ihr die ganze Zeit schon gut zugeredet, dass ihr Vater das nicht gewollt hätte. Jeden Tag ging sie arbeiten und verzichtete auf jede Art Vergnügen. Sie kümmerte sich um die Kleinen und erledigte noch den Haushalt, wenn Julia arbeiten war. So konnte das auf Dauer auch nicht weitergehen. Sie hatte schließlich ein Recht auf ihr eigenes Leben. Und es war schön, sie mal wieder glücklich und vergnügt zu sehen.

»Das ist schön, freut mich für dich«, meinte sie ehrlich.

»Aber weißt du, was das Beste ist? Er hat auch Kinder und möchte euch gerne kennenlernen«, strahlte sie noch breiter.

›Moment mal‹, dachte sich Julia, ›wie lange ging das denn schon mit den zwei?‹ So wie sich das anhörte, ging das wohl schon eine Weile, ansonsten würden sie sich wohl kaum so gut kennen. Sie kannte ja schon fast seine ganze Familiengeschichte. Das war Julia aber im Endeffekt egal, Hauptsache ihre Mutter war glücklich. Sie hoffte nur, dass er auch gut zu ihr war.

»Ich habe nichts dagegen. Wie alt sind die Kinder denn?«

»Neun und siebzehn. Ich bin mir sicher, dass ihr euch gut vertragen werdet. Die sind echt nett.« Also kannte sie die bereits auch schon. Na, das ging ja schneller als erwartet.

»Er hat uns für nächste Woche zum Essen eingeladen. Donnerstag hast du doch frei oder?«, hakte Maria nachdenklich nach.

»Ja, und so wie es aussieht, habe ich jetzt wohl öfter mal frei. Peter hat heute noch jemanden eingestellt«, gab Julia missmutig zurück.

»Das ist doch nicht schlimm, wir schaffen das auch so. Dann hast du auch endlich mal wieder Zeit für dich und deine Freunde«, streichelte Maria Julia über den Kopf.

Einerseits hatte ihre Mutter ja Recht, aber sie verzichtete auch ungern auf das Geld, was ihr jetzt durch die Lappen ging. Julia verzog das Gesicht zu einer Schnute.

»Okay, dann ist das ja geklärt. Ich gehe ins Bett, wenn du fertig bist, stell bitte das Glas in die Spüle.« Zur Verabschiedung gab sie ihrer Tochter noch einen Kuss auf die Stirn, wie sie es jeden Abend tat, und verzog sich lächelnd in ihr Schlafzimmer. Julia nippte noch an ihrem Kakao, bis sie endgültig todmüde auf das Sofa fiel. Morgen war auch noch ein Tag um darüber nachzudenken. Ihre Augen waren noch nicht ganz geschlossen, da war sie auch schon eingeschlafen.

Wach wurde sie erst wieder, als die Sonne durch das kleine Fenster in das Wohnzimmer schien. Noch müde sah sie auf den Wecker. 7: 15 Uhr. Das durfte doch nicht wahr sein. Es war Samstag und keine Schule, warum konnte sie nicht einmal heute etwas länger schlafen. Jeden Morgen wachte sie schon vor dem Wecker auf, ihr Körper schien sich nur nach der inneren Uhr zu richten. Sauer zog sie sich die Bettdecke über den Kopf, aber an weiterschlafen war nicht mehr zu denken. Also stand sie auf, zog sich an und trottete in die Küche. Alle anderen schliefen noch. Eigentlich genoss sie die Ruhe, denn wenn ihre Geschwister erst einmal auf den Beinen waren, wäre es damit schnell vorbei. Sie machte sich eine Milch warm und setzte sich an den Küchentisch. Nach und nach fiel ihr das Gespräch vom Vorabend wieder ein, sie war gespannt, auf wen sich ihre Mutter eingelassen hatte und ganz besonders auf seine Kinder. Vielleicht hatte sie Glück und es handelte sich bei dem Siebzehnjährigen um ein Mädchen, mit dem sie auch etwas unternehmen konnte. Das hatte sie nämlich ganz vergessen zu fragen. Aber das würde sie nachholen. Schon hörte sie auch die Stimmen ihrer Geschwister aus dem Kinderzimmer. Durch die kleine Wohnung mussten sie sich ein Zimmer teilen, und das gab leider wie fast immer Stress. Genervt ging sie ins Zimmer, um die beiden Streithähne zu beruhigen, damit wenigstens ihre Mutter einmal ausschlafen konnte.

»Ist überhaupt nicht wahr, das ist meine«, kam ihr schon die laute Stimme ihrer Schwester entgegen, als sie die Tür öffnete. Prompt kam ihr ein Kissen von Jonas entgegengeflogen, welches sie knurrend auffing.

»Hey, könnt ihr vielleicht einmal aufhören? Mama schläft noch. Was ist denn eigentlich los?«, sah sie böse von einem zum anderen.

»Sie sagt, dass ihr die CD von Maroon 5 gehört, aber die habe ich zum Geburtstag geschenkt bekommen«, protestierte er lautstark und funkelte Lisa böse an.

»Stimmt nicht, du hast die andere bekommen, das ist meine«, schoss diese zurück.

»Nein, das ist deine«, zeigte er auf eine CD, die auf dem Schreibtisch lag.

»Du lügst«, versteckte Lisa die CD hinter ihrem Rücken und Jonas versuchte sie ihr immer wieder abzuluchsen.

»Stopp, zeig mir mal die CD.« Julia setzte sich seufzend auf das total zerwühlte Bett von Lisa, nahm ihr diese blöde CD ab und sah sich das Cover an. Nach einigem Wenden war sie sich sicher, dass sie ihrem Bruder gehörte.

»Jonas hat Recht, es ist seine und jetzt ist Schluss mit der Streiterei«, gab sie Jonas die CD zurück, der breit über seinen Sieg grinste.

»Okay, aber die Lieder sind eindeutig besser«, schmollte Lisa.

»Das ist aber kein Grund sich etwas zu nehmen, was einem nicht gehört«, sprach Julia behutsam auf Lisa ein. Auch wenn sie nicht ihre Mutter war, versuchte sie doch, ihren Geschwistern immer beizubringen was richtig oder falsch war. Genauso, wie ihre Eltern es bei ihr gemacht haben.

»Okay, kommt in die Küche, ich mache euch Frühstück. Und leise, lasst Mama schlafen«, meinte sie noch mit Nachdruck und ging zurück in die Küche.

Die zwei kleinen Streithähne zwickten und tuschelten auf dem Weg, aber waren wenigstens so leise, dass ihre Mutter ihren wohlverdienten Schlaf fortsetzen konnte.

Sie stellte ihnen jeweils eine Schüssel gefüllt mit Cornflakes und Milch hin, und sah sie böse an, weil sie selbst hier nicht voneinander ablassen konnten. Beide mussten kichern, machten sich aber schließlich grinsend über das Frühstück her.

Noch während sie aßen, kam ihre Mutter ausgeruht und mit in den Himmel gestreckten Armen gähnend in die Küche. »Ihr seid aber schon fleißig. So gut habe ich schon lange nicht mehr geschlafen. Danke, mein Schatz«, drückte sie Julia einen Kuss auf die Stirn. Danach waren auch Lisa und Jonas dran. Ein Ritual, das jeden Tag vollzogen wurde und dazugehörte.

»Es war zwar nicht ganz leicht, die Zwei unter Kontrolle zu bekommen, aber nachdem sie erst einmal das Essen im Mund hatten, war endlich wieder Ruhe«, lachte Julia.

»Also wie immer«, gab ihre Mutter neckend zurück. Die beiden kleinen Geschwister verzogen beleidigt den Mund.

»Ich treffe mich gleich mit Alina, ist es in Ordnung, wenn ich mich fertigmache und dann abhaue?«, blickte Julia auf die kleine, runde Küchenuhr, die notdürftig in einer Ecke hing.

»Aber klar, mach dir einen schönen Tag und erhol dich mal ein wenig«, tanzte Maria schon wieder durch den Raum.

Sie schien wirklich glücklich zu sein und Julia fragte sich langsam, wie lange das wirklich schon mit dem Mann ging. Der musste Wunder vollbringen können. Alles Fragen, die sie vor dem Treffen eigentlich noch beantwortet haben wollte. Das hatte jedoch auch noch bis später Zeit.

»Wow, hast du die Hose gesehen, die war einfach nur geil«, schwärmte Alina vor sich hin, nachdem sie an dem Schaufester des teuersten Ladens vorbeigegangen waren.

»Ja, und nicht gerade billig.« Julia hatte sich dreißig Euro eingepackt, den Rest ließ sie lieber zu Hause, bevor sie ihn ausgeben würde. Und jetzt wo sie mit Alina schon einige Geschäfte durchhatte, waren diese eindeutig doch zu wenig. Für eine neue Hose, die sie unbedingt brauchte, müsste sie wohl wieder das Internet durchstöbern.

»Wie ist es, sollen wir Eis essen, bis wir Gehirnfrost haben? Geht auch auf meine Rechnung«, hakte Alina sich bei Julia ein und lachte sie bittend an. Ihre Eltern gingen beide arbeiten und sie musste sich ihr Taschengeld nicht selbst verdienen. Zudem war sie ein Einzelkind und musste mit niemandem teilen.

»Ja, warum nicht«, lachte Julia sie begeistert an, während sie sich schon einmal nach einem Eiscafé umsah. »Wie wäre es da drüben, die sind recht gut und es ist auch nicht so teuer wie in der Fußgängerzone«, sah sie ihre Freundin fragend an.

»Okay überredet.« Bis über beide Ohren grinsend, zog sie Julia an einen freien Tisch, der gerade abgeräumt wurde. Sie saß noch nicht ganz, schon hielt Alina sich die Eiskarte vor die Nase.

»Ich glaube, ich nehme einen Schokobecker«, reichte sie Julia die Karte, die sich für einen Erdbeerbecher entschied. Nach der Bestellung bei dem netten italienischen Kellner sahen sie sich die umherlaufenden Passanten an, die wie bunte Hühner aufgeschreckt durch die Stadt liefen.

»Hey, sieh dir den an, ist recht schnuckelig oder?«, zeigte Alina auf einen Jungen in ihrem Alter, der, wie Julia zugeben musste, nicht schlecht aussah, bis seine Freundin auftauchte.

»Mies«, meinte Alina schließlich nur und rümpfte die Nase. Julia musste lachen und hätte beinahe das Eis vom Tablett des Kellners gerissen, wäre der nicht schnell ausgewichen.

»Entschuldigung«, meinte sie ehrlich und er tat das mit einem Kopfnicken nur ab, stellte die Eisbecher vor ihnen auf den Tisch und wünschte guten Appetit.

Alina schaufelte das Eis schon in sich hinein, wohingegen Julia jeden einzelnen Löffel genoss. Es kam nicht oft vor, dass sie hier sitzen konnte und sich ein Eis gönnte. Hätte Alina sie nicht eingeladen, wäre es an diesem Tag wohl auch nicht so weit gekommen. Sie genoss den Tag. Es war warm, die Sonne schien und sie hatte das Gefühl, sich endlich einmal wieder richtig zu erholen und neue Energie zu tanken. Sogar das Eis schmeckte bei diesem Wetter unheimlich gut.

»Ich denke, die Frage, ob es dir schmeckt, kann ich beruhigt stecken lassen, oder?«, lachte Julia über den gesunden Appetit von Alina, die bereits den halben Eisbecher verputzt hatte.

»Mhh, das ist wirklich lecker, hast nicht übertrieben«, bekam diese zwischen zwei Löffeln heraus. Julia musste erneut lachen, bis ihr Blick etwas erfasste, dass ihr schlagartig die Luft nahm.

»Hey, das ist der Kerl«, zog sie an Alinas Ärmel und wies mit dem Finger in die Richtung hinter ihr.

»Welcher Kerl, wovon redest du?«, folgte sie dem Blick ihrer Freundin.

»Na, von dem ich dir erzählt habe, der jetzt bei Peter arbeitet und mir teilweise meinen Job wegschnappt«, gab Julia erbost von sich und folgte dem Kerl mit missmutigem Blick.

»Ach der. Oh man, so schlecht sieht der aber gar nicht aus.« Alina beobachtete ihn schon fast sabbernd.

»Es geht nicht um das Aussehen, Alina, irgendetwas stimmt mit dem nicht, dass sage ich dir«, brummte Julia missmutig.

»Und er hat eine Freundin, wie es scheint«, veränderte sich Alinas strahlender Blick zu einem beleidigten.

Julia verfolgte das Turteln mit einer jungen Blondine, die sie nicht älter als fünfzehn oder sechszehn schätzte. Also fast in ihrem Alter. Aber es war nicht das gleiche Mädchen, dass ihn vor dem Restaurant in Empfang genommen hatte. Sie hakte sich lachend bei ihm unter und zog ihn zu einem der Geschäfte, die nicht gerade billige Klamotten anboten. Julia wartete gespannt, dass sie wieder herauskamen. Durch das Schaufenster konnte sie erkennen, wie er an der Kasse mit einer Kreditkarte zahlte, und staunte nicht schlecht, als das Mädchen beim Verlassen des Geschäftes mit zwei Tüten in der Hand herum wedelte.

»Das glaube ich jetzt nicht, oder? Wieso muss der bei uns arbeiten, wenn er genug Flocken hat?« Julia war wütend und ballte die Hände. Wieso musste dieser Kerl sich ihren halben Lohn wegschnappen, wo er offensichtlich doch genug Geld hatte.

»Vielleicht fragst du ihn einfach, wenn du morgen zur Arbeit gehst«, gab Alina noch immer sabbernd zurück.

»Glaube mir, genau das habe ich auch vor«, sah sie den beiden noch nach, bis sie aus ihrem Blickwinkel verschwunden waren. Und irgendwie schmeckte ihr das Eis plötzlich auch nicht mehr.

»Hey, wir wollten uns doch einen schönen Tag machen und uns nicht über irgendwelche Typen aufregen. Also was machen wir als Nächstes?«, grinste Alina wieder fröhlich und legte Julia besänftigend eine Hand auf den Arm. Sie hatte Recht, sie wollten sich einen schönen Tag machen, sich ablenken und mal an etwas Anderes denken. Doch nachdem sie diesen Typen gesehen hatte, war ihr danach irgendwie nicht mehr zumute. Am liebsten würde sie ihm nachrennen und ihn zur Rede stellen. Doch dann würde Julia sich auch ein wenig zum Affen machen. Also, musste das bis morgen warten. Somit zwang sie sich dazu, den Tag mit Alina zu genießen.

»Wie wäre es, wenn wir uns ein geeignetes Plätzchen suchen und ein wenig über die Kerle herziehen? Kostet nix und wir haben unseren Spaß. Vielleicht ist ja sogar derPassende für dich dabei«, zwinkerte sie Alina zu. Diese war jetzt schon lange auf der Suche nach einem Freund, doch irgendwie, war sie ziemlich wählerisch. Wenn Alina ihre Anforderungen nur ein wenig zurückschrauben würde, wäre sie wahrscheinlich schon lange kein Single mehr. Schließlich war sie hübsch mit einem makellosen Gesicht, den dunklen langen Haaren, die das schöne Gesicht umarmten, den blauen Augen und ihrer Top-Figur. Es gab an ihr nichts auszusetzen und sie war auf jeder Party der Männermagnet schlecht hin und trotzdem war nie der Richtige für sie dabei. Ganz im Gegensatz zu Julia, die ihre Ansprüche weit unter ihren hielt, aber keine Zeit für einen Freund hatte. Sie hatte nicht mal ihren ersten Kuss, was eben ohne Freund auch schlecht möglich war. Julia seufzte innerlich.

Den Rest des Nachmittags machten sie es sich auf einer Bank in der Fußgängerzone bequem und pickten sich immer wieder Typen heraus, über die sie sich amüsierten. Der eine war zu dick, der andere zu dünn oder zu klein. Ab und zu gingen sie auf gewisse Körperteile ein, über deren Größe sie nur mutmaßen konnten und lachten sich halb kaputt.

Alles in allem wurde es doch noch ein schöner Nachmittag und Julia vergaß wenigstens für den Moment ihren Stress. Nach fünf Stunden Dauerquatschen verabschiedete sie sich schließlich von Alina und begab sich aufgedreht in die Höhle der Löwen, in der ihre Geschwister sich wieder einmal in der Wolle hatten.

Ihre Mutter verdrehte nur die Augen, als wollte sie sagen: ›Genau wie immer.‹ Julia lachte in sich hinein, schließlich war es auch wie immer. Nachdem ihre Geschwister endlich im Bett lagen und Ruhe einkehrte, setzte sie sich mit einer warmen Milch zusammen mit ihrer Mutter ins Wohnzimmer. Genau die richtige Gelegenheit, endlich auf die unbeantworteten Fragen einzugehen.

Genüsslich rekelte sich ihre Mutter auf dem kleinen, gemütlichen blauen Sofa. Sie sah müde aber glücklich aus.

»Was sollen wir gucken?«, hielt Maria die Fernbedienung in der Hand und schaltete von einem Programm zum nächsten, doch neben Horrorfilmen und Liebesschnulzen, lief nichts Anständiges im Fernsehen. Also schaltete sie kurzerhand den Kasten wieder aus.

»Vielleicht lassen wir das heute mal. Du hast Fragen an mich, oder? Ich habe dir das gestern Abend schon angesehen.« Julia hob nur fragend eine Augenbraue. Ihre Mutter kannte sie doch am besten.

»Na dann schieß mal los, ich beantworte dir alles, soweit ich kann«, lächelte diese wieder vergnügt.

»Gut, aber beschwer dich nachher nicht, über zu viele Löcher im Bauch«, grinste Julia und ihre Mutter stimmte mit ein.

»Also, was möchtest du wissen?«

»Na ja, wie lange kennt ihr euch denn schon?« Nicht dass sie ihrer Mutter unterstellte, keine gute Antenne für Männer zu haben, aber sie machte sich trotz allem auch Sorgen um sie.

»Jetzt genau fünf Monate, da hat er bei uns angefangen zu arbeiten. Er ist sehr nett, sieht gut aus, hat, wie bereits erwähnt, zwei Kinder und besitzt ein eigenes Haus. Was möchtest du noch wissen?«, glaubte sie, alle Fragen bereits beantwortet zu haben.

»Mhh, zwei Kinder, Mädchen oder Jungen, oder wie?«

»Ach so, stimmt, das habe ich vergessen. Eine Tochter, neun Jahre und einen Sohn, siebzehn Jahre. Wenn ich mich nicht irre, wird er aber nächsten Monat bereits achtzehn«, legte sie sich den Finger an den Mund und überlegte angestrengt. »Ja stimmt, nächsten Monat.«

»Okay. Behandelt er dich gut?«

»Na, jetzt hör mal. Glaubst du wirklich, ich würde mir einen Mann aussuchen, der mich nicht gut behandelt? Dem würde ich, genau wie du, sofort in den Hintern treten«, lachte sie und Julia wusste, dass das nie im Leben passieren würde. In dieser Beziehung war Julia genau wie ihre Mutter, sie ließen sich beide nichts gefallen und das war auch gut so. So quatschten sie noch eine Weile weiter und Julia bekam alle ihre Fragen beantwortet, bis ihre Mutter sich gähnend streckte.

»Ich glaube, mein Bett ruft. Und du solltest auch schlafen, musst du morgen nicht arbeiten?«

»Ja, ich muss um neun da sein.«

»Na dann, schlaf gut und ruhe dich gut aus. Ich fühle mich schlecht, dass du so viel Arbeit für die Familie auf dich nehmen musst«, nahm sie ihre Tochter traurig in die Arme.

»Mach das nicht, ich helfe gerne und das weißt du. Außerdem arbeitest du doch auch schon zuviel.« Julia half wirklich gerne und machte sich große Sorgen um ihre Mutter.

»Ich weiß, aber in deinem Alter, sollte das Leben trotzdem anders laufen«, sah Maria ihre Tochter mitfühlend an, strich ihr liebevoll eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Julia drückte ihr schnell einen Kuss auf den Mund, sie wollte den schönen Abend nicht traurig enden lassen. hängen und brauche das Geld«, gab sie zurück, wobei sie das Wort ›brauche‹ extra stark betonte.

»Ach und ich arbeite hier nur aus Vergnügen, oder wie?«, bekam er zwischen dem Belegen mit einer Gurkenscheibe und dem Käse lachend heraus.

»Das sah gestern aber schon ganz anders aus«, rutschten ihr die Worte heraus, die sie eigentlich nur denken wollte.

»Gestern?«, sah Ben sie verblüfft an.

»Nicht so wichtig«, reichte sie ihm die heißen Pattis und legte die nächste Portion auf.

»Sag mal, verfolgst du mich etwa? Ich denke mal, du hast mich mit meiner neuen Freundin in der Stadt gesehen oder?«, legte er fragend den Kopf zur Seite.

»Ich? Dich verfolgen? Ich denke, ich habe Besseres zu tun«, gab sie erbost von sich und funkelte ihn an.

»Ey, muss dir nicht peinlich sein, ich bin daran gewöhnt«, kam er näher an ihr Gesicht und flüsterte die Worte in ihr Ohr. Erschrocken ließ Julia die Zange fallen. Aus irgendeinem Grund machte ihr Herz einen Satz.

»Kümmere dich um deine Arbeit«, schob sie ihn energisch zur Seite. Ben grinste breit, als wüsste er genau, welche Wirkung seine Aktion gerade auf sie hatte. Wie in Trance ließ sie ihre Wut an den Pattis aus, die langsam auseinander fledderten. Erst als Ben ihre Hand festhielt, bemerkte sie, was sie gerade tat.

»Wenn du so weitermachst, können wir Spaghetti Bolognese verkaufen«, lachte er ihr frech ins Gesicht.

»Schon gut«, entzog sie sich dem Griff seiner Hand und legte die Pattis auf seine vorgefertigten Burger. Bevor sie weitere auflegte, zwang sie sich erst einmal zur Ruhe, schließlich wollte sie nicht die Kunden vergraulen.

Wieso reagierte sie auch so darauf? Sie ärgerte sich über sich selbst, nicht mal über Ben, der bereits wieder in die Bestellungen vertieft war. Sie musste sich eingestehen, dass er das ziemlich gut im Griff hatte, auch wenn er gerade erst angefangen hatte. Doch es änderte nichts daran, dass er diesen Job offensichtlich nicht brauchte.

Dennoch arbeiteten sie Hand in Hand alle Bestellungen ab und der erste Ansturm war vorbei. Julia atmete erleichtert auf.

»Wow, das war ganz schön happig«, sah Ben sie an, während er die nicht gebrauchten Utensilien wieder an seinen Platz stellte.

»Ja, aber das ist für einen Sonntag fast normal«, gab Julia zurück und reinigte die Grillplatte, bevor der nächste Schwung Pattis gegrillt werden konnte.

»Wie habt ihr das bisher mit nur zwei Mann bewältigt?«

»Es geht alles, wenn man will und muss.«

»Okay, aber brauchst du das Geld wirklich so dringend? Willst du dir ein Haus kaufen oder für was? Ich meine in unserem Alter hat man normalerweise andere Hobbys als nur arbeiten zu gehen.«

Julia sah ihn nicht an. Für ihn war das wahrscheinlich unverständlich, aber für sie und ihre Familie bitterer Ernst.

»Ja, ich brauche das Geld und nein, nicht für etwas Unsinniges wie ein Haus, sondern zum Überleben. Sonst noch Fragen?«, blickte sie ihm genervt ins Gesicht. Zu gerne hätte sie jetzt seine Gedanken lesen wollen. Sie konnte es förmlich im Kopf rattern hören.

»Ja, eine noch. Hast du schon einen Freund?«, grinste er ihr unverschämt ins Gesicht. Hatte dieser Kerl überhaupt verstanden, was sie gerade gesagt hatte? Wie konnte man Sie musste ihm aber in einem Punkt Recht geben. Sie kannte ihn nicht, aber er sie wahrscheinlich besser, als ihr lieb war.

»Das Angebot mit der Freundin steht noch, also wenn du Lust hast, mein Freund sucht noch eine«, lachte er plötzlich drauf los.

Erbost schlug Julia ihm gegen die Schulter, worauf er ihr nur schelmisch zuzwinkerte.

»Ich bin dann morgen ab neun hier, wenn das ok ist«, wandte er sich an Peter, der die ganze Zeit das Spiel der Beiden beobachtete.

»Ja, sicher«, gab er freudenstrahlend zurück. Ben blickte Julia noch einmal an, nickte ihr mit dem Kopf freundschaftlich zu und verließ ohne ein weiteres Wort das Lokal.

»Bist du damit einverstanden? Hab ich ganz vergessen zu fragen«, kratzte Peter sich verlegen am Kopf.

»Ja, ich denke, die Lösung ist für alle okay«, gab Julia nachdenklich zurück. Was war das denn bitte? Für wen hielt er sich eigentlich? Sie war noch immer sauer und sie brachte sich selbst kaum dazu, ruhiger zu werden.

Ein Gutes hatte die Sache trotzdem, sie würden sich auf der Arbeit nicht mehr über den Weg laufen.

Zu weiteren Gedanken kam sie nicht mehr, denn die Mittagszeit fing an und die Leute stürmten bereits in den Laden. Julia und Peter arbeiteten, so schnell sie konnten, alle Bestellungen nacheinander ab, aber irgendwie war bei Julia die Luft raus. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen und war froh, als endlich der Feierabend eingeläutet wurde.

»Hier für dich«, überreichte Peter ihr noch einen Umschlag, bevor sie die Schürze auszog. Julia sah ihn fragend an. »Na, dein Lohn du Dummerchen«, grinste er breit.

»Aber sonst bekomme ich den doch erst Ende des Monats.« Er wollte sie doch wohl nicht etwa doch noch kündigen?

»Stimmt schon, aber die letzten Tage lief es ganz gut und ich dachte mir, bevor ich es auf die Bank schleppe, kann ich dir die Hälfte auch jetzt schon geben. Du und deine Familie braucht es doch.«

»Danke«, sah sie sich den Umschlag von allen Seiten an.

»Kein Ding. Jetzt müssen wir uns nur noch einig darüber werden, wer an welchen Tag arbeiten kommt. Ich wäre dafür, dass du jeden zweiten Tag arbeitest, dann könntest du dich auch besser auf die Schule vorbereiten«, sah er sie fragend an. Er wusste, dass ihr durch die Arbeit viel Zeit für die Schule durch die Lappen ging. Und wüsste er nicht, dass sie das Geld brauchte, hätte er ihre Stunden schon längst zurückgeschraubt.

»Das hört sich gut an. Danke dir«, meinte sie ehrlich.

»Kein Problem, du weißt, dass ich dir helfe, wo ich kann.« Peter war schon eher ein Freund als ihr Chef, der all ihre Probleme wahrscheinlich besser kannte als Julia selbst. »So und jetzt ab nach Hause. Ich mache noch die Abrechnung fertig und dann nichts wie ins Bett«, streckte er sich gähnend.

»Alles klar, dann bis Übermorgen.« Erleichtert, noch einen Job zu haben, umarmte sie Peter schnell und verließ strahlend das Lokal. Peter folgte ihr zur Tür, schloss diese ab und sah ihr kopfschüttelnd nach, bevor er sich wieder an die gehasste Abrechnung begab.

Julia schlenderte glücklich die Straße entlang, die sie nach Hause führte. Doch irgendwie hatte sie ein komisches Gefühl in der Magengegend. So, als wenn sie