Patchwork hoch Drei - Bianka Mertes - E-Book

Patchwork hoch Drei E-Book

Bianka Mertes

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Beschreibung

Emilie freut sich auf den gemeinsamen Urlaub mit ihrem Vater. Allerdings ist ihm die Arbeit dann doch wieder wichtiger. Sie wusste auch, dass er keine Wahl hatte, sie aber auch nicht. Und dann ständig diese Bandleader, die er anschleppt und in ihrem Zuhause einquartiert, alles nur zickige Diven. Dies Mal ist es aber anders: Zur Abwechslung schleppt ihr Vater diesmal einen Kerl an, Shawn. Emilie gerät in Gewissenskonflikte, da ihr Freund ein totaler Kontrollfreak ist und alles von seinem Terminkalender abhängt. Wie soll sie ihm das beibringen, dass nun eine männliche Diva mit ihr unter einem Dach wohnt? Shawn ist ein kleiner Fiesling und wettet mit ihr um einen Kuss. Gewinnt sie diese Wette?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 190

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Bianka Mertes

Patchwork hoch Drei

Rockstar zu verschenken

Die geschilderten Personen und Ereignisse sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

© 2017 Bianka Mertes

Cover:

Lektorat Buchstabenpuzzle Karwatt

Bildmaterial:

www.pixabay.de

www.depositphotos.com

© InvisibleViva

Lektorat und Korrektorat:

Lektorat Buchstabenpuzzle Karwatt

www.buchstabenpuzzle.de

2. Auflage

Verlag & Druck: tredition GmbH,

Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN: 978-3-347-76153-7

Bianka Mertes

Patchwork hoch Drei

Rockstar zu verschenken

Kapitel 1

Emelie war stinksauer auf ihren Vater. »Nein, nicht schon wieder. Du hast mir doch versprochen, dass wir dieses Mal in Urlaub fahren und du dich nicht schon wieder um eine Band kümmern musst.« Immer wieder versprach er ihr etwas, hielt es aber nicht. Zudem wäre es der erste gemeinsame Urlaub gewesen, seitdem ihre Mutter gestorben war. Aber nein, seine Arbeit ging ja mal wieder vor.

»Ich weiß, aber es geht nicht anders, wirklich.« Er stand mit hängenden Schultern vor ihr und bettelte sie an. Emelie verdrehte genervt die Augen. Wenn das so weiterging, kam sie niemals aus diesem Kaff raus. Sie wollte endlich mal wieder etwas anderes, außer Schule oder Konzertvorbereitungen. Schließlich drehte sich ja nicht alles nur um Arbeit. Sie wollte Spaß, etwas erleben und vor allem, gemeinsame Zeit mit ihrem Vater verbringen. Dass das aber auch nicht in seinen Kopf reinging. Emelie knurrte.

»Und wie lange diesmal? Zwei Wochen? Drei Wochen?«

»Vier.« Thomas lächelte verlegen und kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. Er hoffte nur, dass sie ihm das jemals verzeihen würde. Aber vor allem, dass sie ihm nicht gleich an die Gurgel gehen würde. Ihrem Gesichtsausdruck zufolge, würde sie das momentan gerne tun.

»Vier? Nicht dein ernst, oder? Und welche Diva bekommen wir diesmal in unser Haus?« Er kümmerte sich nicht nur um die Planung der Auftritte, sondern musste auch regelmäßig die Bandleader in ihrem gemeinsamen Haus unterbringen. Nicht das sie etwas gegen andere hatte, aber diese Weiber waren schrecklich. Sie ließen sich von vorne bis hinten bedienen, wobei sie mit ihren Starallüren Emilie Anweisungen gaben, die sie natürlich unverzüglich Folge leisten musste. Natürlich durfte vorher eine Liste, mit den Dingen, die sie gern mochten, nicht fehlen, die sie dann auch unerbittlich durchsetzten. Sie bekam das kalte Grausen, wenn sie daran dachte, dass der ganze Mist wieder von vorne losging. Emelie war doch kein Dienstmädchen für verzogene Gören mit Flausen im Kopf.

»Ich verspreche dir, es ist vorerst das letzte Mal, danach fahren wir wirklich in den Urlaub, das habe ich bereits fest gemacht. Also bitte nur noch dieses eine Mal. Es ist wirklich wichtig für die Firma und dadurch auch für mich.« Seinem treuen Hundeblick konnte sie noch nie widerstehen und das wusste er auch und setzte diesen immer wieder ein. Emelie rollte genervt mit den Augen.

»Also gut, aber diesmal bin ich nicht bereit, mich zum Deppen zu machen. Wenn die was will, soll sie gefälligst selbst ihren Hintern in Bewegung setzen.«

»Ich danke dir, ich wusste, dass ich mich auf meinen Engel verlassen kann.« Er schloss sie so fest in die Arme, dass sie glaubte, jeden Moment ersticken zu müssen. Dieser Kerl hatte für sein Alter echt noch einiges an Kraft übrig.

Sie konnte ihren Vater ja einerseits verstehen. Nach dem Tod ihrer Mutter hatte er sich immer mehr in die Arbeit vergraben, um seine Trauer auf seine Art zu bewältigen. Aber das war mittlerweile fünf Jahre her und er könnte langsam auch mal wieder anfangen zu leben, anstatt nur zu arbeiten. Er sollte mal mehr an sich, als an die Arbeit denken. Schließlich gab es auch noch schöne Frauen auf der Welt und die würden nicht von selbst angekrochen kommen.

»Schon gut. Ich weiß ja, wie wichtig das für dich ist.« Emelie drückte Thomas einen Kuss auf die Wange, aber irgendwie verriet ihr sein Gesichtsausdruck, dass das noch nicht alles war. Misstrauisch blickte sie ihn fragend an, wie er nachdenklich auf der Unterlippe kaute, bis er dann endlich nervös klein bei gab.

»Ich glaube, ich muss dir da noch etwas beichten.« Emelie blickte ihn aus zusammengekniffenen Augen an. Er sollte jetzt ja nicht ankommen und ihr zwei von denen aufs Auge drücken.

»Was?«, fragte sie misstrauisch nach.

»Na ja, es ist so«, druckste er herum. Emelie verschloss ungeduldig die Arme vor der Brust.

»Also was jetzt. Ich werde dich schon nicht beißen.«

»Diesmal ist es nicht ein Mädchen.«

»Wie viele dann?« Also hatte sie doch recht. Das durfte nicht wahr sein. So langsam drehte sie echt durch. Noch mehr von diesen Diven auf einem Haufen konnte sie nicht ertragen. Sie würde sich freiwillig in ein Heim einweisen lassen für die Zeit.

»Du verstehst da, glaube ich, etwas falsch. Es ist kein Mädchen, sondern ein Junge.« Jetzt half auch sein aufgesetzter Hundeblick nichts mehr.

»Das ist jetzt nicht wirklich dein Ernst, oder? Du machst dich gerade über mich lustig.« Zumindest hoffte sie das. Doch der Ausdruck von Reue auf seinem Gesicht ließ ihre Hoffnung wie eine Seifenblase zerplatzen.

»Das ist leider kein Witz. Mein Chef möchte sich nicht mehr nur auf Mädchenbands spezialisieren. Deshalb ist das für ihn eine riesige Chance. Vielleicht hast du auch schon von ihnen gehört, die sind echt gut.« Er versuchte ihr doch jetzt nicht wirklich, die Sache schmackhaft zu machen? Das konnte er getrost vergessen. Darauf würde sie erstens nicht reinfallen und zweitens niemals zustimmen.

»Ich habe bis jetzt nie etwas gesagt, wenn du diese verzogenen Gören angeschleppt hast, aber das – nein, nicht mit mir. Ich weigere mich, mit so einem Möchtegern-Rocker unter einem Dach zu leben. Das kannst du nicht von mir verlangen.« Sie protestierte so lautstark, dass sogar die Bilder an der Wand wackelten. Auch wenn sie bereits ahnte, dass es ihr wahrscheinlich nichts bringen würde. Ihr Vater hatte einen Vertrag unterschrieben, bei dem er sich verpflichtete, diese Leute aufzunehmen. Toll und das, nachdem sie ihm das mit dem Urlaub gerade einmal so verziehen hatte. Emelie raufte sich vor Wut die langen dunklen Haare.

»Emelie …«

»Schon gut, ich habs kapiert. Aber das ist das einzige und letzte Mal. Wenn der mir dumm kommt, zieh ich aus.« Es hatte keinen Sinn zu diskutieren, das wusste sie. Aber das hieß ja nicht, dass sie ihn auch mit offenen Armen empfangen musste. Sie malte sich schon ein Bild vor dem inneren Auge aus, wo sie ihn so richtig leiden ließ, und lachte in sich hinein. Vielleicht würde sie diese Zeit doch noch genießen. Stellte sich nur noch die Frage, wie sie ihrem Freund beibringen sollte, dass ab jetzt ein Kerl unter ihrem Dach leben würde.

»Emelie, kommst du bitte einmal runter. Ich muss dir jemanden vorstellen.« Sie hatte bereits sein Auto in der Einfahrt gehört und wusste genau, wen er ihr vorstellen wollte, als er am Abend nach Hause kam. ›Also auf in den Kampf‹, dachte sie sich noch, bevor sie die Treppe hinunter nahm.

Am Eingang stand ein blonder Typ in Lederjacke und mit fransenbesetzten Lederarmbändern lässig an der Wand gelehnt, wobei er Emelie von oben mit bis unten mit seinen blauen Augen abschätzend anblickte. ›Der kommt sich gerade wohl sehr cool vor‹, lachte sie in sich hinein. Niemand hatte ihr gesagt, dass sie auch nett zu ihm sein musste. Sie blieb mitten auf der Treppe stehen, verschränkte die Arme vor der Brust und grinste ihn herausfordernd an. Sie wollte gleich klarstellen, dass sie ihm keinen Gefallen tun würde.

»Okay«, stieß ihr Vater verunsichert aus und folgte den Blicken der beiden. Er war sich sicher, nicht wissen zu wollen, was die beiden gerade dachten. »Also, das ist Shawn, meine Tochter Emelie und ich hoffe, ihr kommt gut miteinander aus.« Den letzten Satz betonte er lieber ein bisschen stärker, denn die Blicke der Zwei waren ihm nicht ganz geheuer. Die sahen eher nach einer Herausforderung, statt nach einer Begrüßung aus.

»Wir werden uns mit Sicherheit gut verstehen, mach dir keine Sorgen«, gab Emelie strahlend und zuckersüß zurück, doch ihre grünen Augen blitzten schelmisch auf. Trotzdem hielt sie dem Jungen die Hand zur Begrüßung hin, die er auch frech grinsend nahm und zudrückte. Nur leider ein wenig zu fest für ihren Geschmack. Emelie sah ihn warnend an, doch er hatte nichts Besseres zu tun, als sie weiter anzugrinsen. Okay, wenn er meinte. Emelie entzog ihm die Hand, die sich durch den Druck leicht rot gefärbt hatte. Sie würde ihm schon zeigen, wer hier das Sagen hatte. Er war das mit Sicherheit nicht.

»Nett.« Er legte den Kopf schief und sah ihr frech ins Gesicht. Am liebsten wäre Emelie ihm sofort an die Gurgel gegangen, doch solange ihr Vater im Raum war, wollte sie das unter allen Umständen vermeiden. Dafür würde sie auch später noch Zeit finden. Denn schließlich würde Thomas nicht immer an seiner Seite sein. Sie würde ihn schon noch früh genug spüren lassen, dass er hier absolut nichts zu Kamellen hatte.

Plötzlich klingelte ihr Handy und sie wandte sich von den Zweien ab, um den Anruf entgegenzunehmen. Es war ihr Freund Florian, wie sie schon auf dem Display erkennen konnte.

»Wie, du bist bald hier? Ja klar, ich mache mich sofort fertig. Ja gut. Klar ich komme gleich.« Sie strahlte bis über beide Ohren, legte auf und drehte sich aufgeregt zu ihrem Vater um. Shawn beachtete sie derweil kein Stück mehr. Dieser Typ ging ihr echt am Hinterteil vorbei.

»Florian kommt gleich vorbei und holt mich ab. Wir gehen ins Kino, also werde ich vor zweiundzwanzig Uhr nicht zu Hause sein. Ist das okay für dich?«

»Ähm, natürlich, mach dir einen schönen Abend.« Vielleicht konnte er ja so seine Tochter wenigstens etwas besänftigen. Hoffte er zumindest. Wenn er an die Blicke der Zwei dachte, glaubte er eher nicht daran. Da käme wahrscheinlich eher noch ein Haufen Arbeit auf ihn zu.

»Sehr schön«, gab Emelie zurück und rannte die Treppe hoch in ihr Zimmer, um sich fertig zu machen. Shawn folgte ihr mit einem nachdenklichen Blick und grinste schließlich breit. Auch wenn Emelie kein Wort gesagt hatte, verstand er ihre Herausforderung nur zu genau. Und er freute sich schon sehr auf die Zeit in diesem Haus. Vor allem auf das, was sie vorhatte.

Emelie war gerade dabei, ihre Sachen für den Abend mit Florian zurechtzulegen, da hörte sie, wie ihr Vater mit Shawn ins Obergeschoss kam, der ihm anscheinend schon einmal sein zukünftiges Zimmer zeigen wollte. Es gab hier drei Schlafzimmer. Das von ihrem Vater, ihr eigenes und dazwischen ein weiteres, dass sie als Gästezimmer nutzten. Doch plötzlich fiel ihr etwas ein. Sie musste unter allen Umständen verhindern, dass Florian diesem Kerl über den Weg lief. Das könnte nur zu unnötigen Problemen führen. Er könnte die ganze Situation missverstehen, wenn er ihn zu Gesicht bekam. Und das durfte einfach nicht passieren.

Schnell zog sie sich an, rannte die Treppe wieder runter und kam gerade rechtzeitig zum Klingeln an der Tür an.

»Ich geh schon«, rief sie ihrem Vater zu, wobei sie sich umsah, ob die Luft wirklich rein war. Erleichtert atmete sie auf, da sie keinen entdecken konnte und öffnete die Tür.

»Du hast dich aber beeilt.« Sie lachte Florian nervös entgegen, der sie nachdenklich und mit offenem Mund betrachtete.

»Willst du wirklich so mitkommen?« Sein Blick blieb auf ihren Unterkörper gerichtet und Emelie verstand gar nicht, was er gegen die Hose hatte, die sie sich zurechtgelegt hatte.

»Ja, wieso? Was stimmt denn nicht mit meinem Outfit?« Sie blickte nachdenklich an sich herunter, bis sie geschockt auf ihre nackten Beine sah. Verdammt. Dieser Shawn war nicht mal in der Nähe und sie drehte schon durch. Das war das Letzte. Sie hatte sich zwar eine Jeans zurechtgelegt, doch jetzt stand sie in Pullover und Höschen vor Florian und schämte sich, was das Zeug hielt. Sie war so was von bescheuert. Erst jetzt fiel ihr auf, dass Florians Blick auf ihrem Höschen festhing und schrie laut auf, während sie hektisch versuchte, alles mit den Händen zu verdecken.

»Dreh dich gefälligst um«, schrie sie ihn an, nachdem sie feststellen musste, dass ihre Bemühung keinen Zweck hatte. Florian lief hochrot an und schaute sofort weg. Er war normalerweise nicht so. Florian musste immer alles genau durchplanen. Sogar ihren ersten Kuss hatte er schon fein säuberlich in seinem Kalender vermerkt. Das hier musste ihn gerade ziemlich aus der Bahn werfen. Doch bei ihr sah es noch schlimmer aus. Sie wurde langsam panisch, was sie an sich nur selten kannte. Und daran war nur dieser blöde Kerl schuld. Emelie knurrte in sich hinein. »Ich bin gleich wieder da, nicht bewegen.«

Kopflos rannte sie zum Treppenabsatz, hielt noch einmal nach Shawn und ihren Vater Ausschau, bevor sie die Luft für rein befand und die Treppe hochschlich. Sie waren noch immer oben. Emelie hoffte nur, dass sie auch noch in dem Zimmer waren und nicht jeden Moment um die Ecke kamen. Wachsam nahm sie eine Stufe nach der anderen nach oben, bis sie schließlich unentdeckt oben ankam. Langsam schlich sie auf ihre Zimmertür zu, bis sie plötzlich Stimmen vernahm.

»Ich hoffe, du fühlst dich bei uns wohl.« Emelie sah, wie ihr Vater den Flur betrat, und legte einen Zahn zu. Kurz vor ihrer Tür kam auch Shawn aus dem Zimmer. Nur noch wenige Zentimeter und sie hätte ihren Raum erreicht.

Doch dieses Glück wurde ihr nicht zuteil. Stocksteif und geschockt sah sie in Shawns Gesicht, das ihr breit grinsend entgegenblickte. Emelie lief auf der Stelle hochrot an. Shawn verschränkte die Arme vor der Brust und die Genugtuung sprang ihr förmlich aus seinem Gesicht entgegen. Fragend schaute sich ihr Vater um. Er sah nicht weniger geschockt drein wie Emelie, die drauf losschrie und sich schämend die Hände vors Gesicht hielt, bis ihr auffiel, dass sie so nichts verstecken konnte.

»Emelie«, wies ihr Vater mit dem Kopf auf ihre Tür, wobei er Shawn versuchte, den Blick zu versperren. Schnell ergriff sie die Gelegenheit und schlug die Zimmertür hinter sich zu.

Wie konnte man am ersten Tag schon so viel Pech haben. Sie schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. Erst das mit Florian, der sie wahrscheinlich nie wieder ansehen würde, dann noch das mit diesem Shawn, was noch viel schlimmer war. Mein Gott, sie könnte weder dem einen noch dem anderen je wieder unter die Augen treten. Sie wollte gar nicht erst wissen, was Florian jetzt von ihr hielt. Vor allem hatte sie Shawn jetzt auch noch einen Grund gegeben, mit dem er sie den Rest ihres Lebens aufziehen konnte. Verdammt, warum musste ihr nur so etwas Peinliches passieren?

»Emelie bist du fertig? Wir müssen langsam los, wenn wir den Film nicht verpassen wollen«, hörte sie Florian im Hausflur rufen.

»Ich … ich komme gleich.« Sie bekam keinen normalen Satz mehr heraus. Emelie schämte sich so sehr. Am liebsten hätte sie sich in ihrem Zimmer eingesperrt, nur um keinen mehr sehen zu müssen. Sie zog sich ihre Hose an, nur um plötzlich erneut wie angewurzelt stehen zu bleiben.

»Shawn.« Es traf sie wie ein Blitz. Florian wusste noch nichts von ihm und das sollte auch so bleiben. Sie schnappte sich schnell ihre Jacke und rannte wie ein Wirbelwind die Treppe herunter, wo Florian noch immer ungeduldig in der Eingangstür stand. Und Gott sei Dank alleine. Von Shawn weit und breit keine Spur.

»Ich bin fertig, also können wir.« Sie versuchte, ihn aus dem Eingang zu schieben, doch sein Blick blieb an irgendetwas hinter ihr wie versteinert hängen. Emelie folgte diesem und blieb wie angewurzelt stehen. Shawn lehnte lässig an der Wand und grinste Florian breit an. Wann zum Teufel war der denn jetzt aufgetaucht? Emelie schloss die Augen und holte tief Luft, bevor sie sich wieder an Florian wandte.

»Kümmer dich nicht um ihn.« Sie strahlte ihn förmlich an, damit er abgelenkt war und die Sache auf sich beruhen ließ, doch Florian dachte gar nicht dran. Dieser Kerl hatte sein Interesse geweckt.

»Wer ist das?« Entmutigt sackte Emelie in sich zusammen. Wieso konnte er ihn nicht einfach links liegen lassen. Anders, wieso musste Shawn ausgerechnet jetzt hier auftauchen? Emelie knurrte in sich hinein. Dieser Kerl war gerade mal eine Stunde hier und brachte schon ihr ganzes Leben durcheinander. Wenn das so weiterging, könnte ihr Vater sie getrost in die Irrenanstalt einliefern.

»Das ist Shawn …«, wollte sie gerade Bericht erstatten, doch er war schneller und drängelte sich an ihr vorbei.

»Hi, ich bin Shawn und ich wohne ab jetzt hier.« Er hielt ihm die Hand hin, wobei Emelie die Kinnlade bei seinen Worten herunterklappte. Hallo, ging es dem noch gut? Sie hatte alles Mögliche versucht, das vor Florian geheimzuhalten, und er spuckte das sofort aus? Sie kniff die Augen zusammen und warf ihm einen warnenden Blick entgegen.

»Was meint der damit?« Florian verstand überhaupt nichts. Im Gegenteil, er starrte Emelie entgeistert an.

»Ist nur vorübergehend, also nicht der Rede wert. Lass uns einfach gehen, okay?« Sie schob ihn aus der Tür, warf noch einen bösen Blick zu Shawn, bevor sie die Tür mit einem lauten Knall verschloss. Shawn blieb mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht zurück.

»Wer ist denn dieser Kerl jetzt?«, konnte Florian die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Emelie verdrehte genervt die Augen.

»Du weißt ja, dass mein Vater sich um die Bands kümmert und ab und zu die Leader bei uns einquartiert werden, nur diesmal ist es eine reine Boyband. Deshalb ist er jetzt bei uns.« Sie hatte absolut keinen Bock, sich für Shawn rechtfertigen zu müssen. Sie hoffte nur, dass Florian diese Erklärung auch genügen würde.

»Okay, aber pass auf ihn auf. Der ist mir irgendwie nicht geheuer«, warnte er sie. Da sollte er sie erst einmal fragen. Dieser Typ war ihr schon suspekt, als er den ersten Schritt in die Wohnung gemacht hatte.

»Keine Sorge, der ist absolut harmlos.« Sie lächelte ihn verschmitzt an. Hoffentlich würde er jetzt Ruhe geben. Sie wollte nicht über Shawn diskutieren und sich damit ihre eingeplante Zeit mit Florian zerstören. Es reichte ja schon, dass er ihn überhaupt kennenlernen musste.

»Wie du meinst. Ich will mir von dem auch nicht den Film verderben lassen«, gab er schließlich zufrieden zurück. Gott sei Dank. Erleichtert hakte sie sich bei Florian unter.

Der Film war absolut nicht Emelies Fall. Sie starrten stur auf die Leinwand, während andere Paare in ihren Sitzen knutschten und schmusten. Verdammt, wieso konnte sie nicht an deren Stelle sein. Gelangweilt sah sie sich die Szenen an, die über die Leinwand flackerten und war froh, als endlich das Wort Ende erschien. Sie kannte Florian jetzt bereits ein halbes Jahr. Er war zuvorkommend, lieb und treu. Doch irgendwie fehlte da was Entscheidendes. Er musste immer alles im Voraus planen. Auch wenn Emelie das ab und zu nervte, hatte sie gelernt, damit umzugehen. Trotzdem fühlte sie sich in ihrer Beziehung zu ihm manchmal gelangweilt. Andere Paare küssten sich spontan, doch auch dafür hatte er bereits ein Datum festgelegt. So etwas wie Spontanität gab es in ihrer Beziehung absolut nicht. Vielleicht sollte sie ihn einmal dazu animieren.

Vor der Haustür angekommen, stellte sie sich auf die Zehenspitzen und wollte ihm lächelnd einen Abschiedskuss auf die Lippen drücken. Erschrocken schob Florian sie von sich, wobei er sie ansah, als hätte er gerade einen Geist gesehen. »Was tust du da?«

»Ich wollte dir nur einen Abschiedskuss geben, wie andere das auch machen.« Sie spielte verlegen mit den Fingern. Was zum Teufel war daran so schlimm? Konnten sie sich nicht einmal wie ein normales Paar verhalten?

»Du weißt genau, dass der erste Kuss, erst für nächste Woche geplant ist.« Nervös zückte er sein Handy, um den Termin noch einmal zu checken. Emelie ließ enttäuscht die Schultern hängen. »Hier siehst du?« Er hielt ihr das Smartphone vor die Nase.

»Ja.« Die Worte kamen ein wenig schnippisch heraus. Sie war zwar nicht sauer auf Florian, aber doch maßlos enttäuscht. Wieso konnte er nicht einmal ein normaler junger Mann sein? Was war so falsch daran, sich einmal … nur einmal spontan einen Kuss zu gönnen?

»Gut. Dann schlaf gut. Wir sehen uns morgen.« Er nickte ihr zu und ließ sie einfach stehen. Na toll. Sie wusste manchmal echt nicht, wo sie bei ihm dran war. Niedergeschlagen öffnete sie die Haustür, hinter der sie bereits von einem lachenden Shawn empfangen wurde. Der hatte ihr gerade auch noch gefehlt und funkelte ihn böse an.

»Ein geplanter Kuss?« Emelie spürte, wie sie wütend wurde, und ballte die Fäuste.

»Belauschst du immer die Gespräche von anderen Leuten?«

»Nein, nur wenn es interessant ist.« Frech grinste er ihr zu. Emelie knurrte und hätte ihm am liebsten sofort eine Ohrfeige verpasst.

»Weißt du was, verpiss dich einfach.« Sie drängte sich an ihm vorbei zur Treppe.

»Ich wette mit dir, dass der nicht mal küssen kann.« Er drehte sich zu ihr um und betrachtete grinsend ihren Rücken. Dieser Kerl ging eindeutig zu weit und das würde sie ihm auf keinen Fall durchgehen lassen.

»Ach und ausgerechnet du hast davon Ahnung, oder wie?« Sie funkelte ihn böse mit ihren grünen Augen an und hoffte, dass er endlich die Klappe halten würde. Sie war schon enttäuscht genug, da brauchte sie nicht noch einen Besserwisser, der sie daran erinnerte.

»Aber hallo, schließlich gibt es auch Jungs, die leben nicht hinter dem Mond.« Lauthals lachte er los und brachte sie damit noch mehr auf die Palme.

»Du hast ne ganz schön große Klappe. Ich wette mit dir, dass du nicht mal eine geküsst hast bis jetzt.« Wütend funkelte sie ihn an.

»Willst du es drauf anlassen kommen?« Schelmisch verzog er das Gesicht und verschränkte herausfordernd die Arme vor der Brust.

»Thhh, als ob. Du hast wohl den Knall nicht gehört oder wie? Große Klappe und nichts dahinter, würde ich eher sagen.« Jetzt war sie so richtig in Fahrt. Sein Gesichtsausdruck wurde plötzlich ernst.

»Okay, also wetten wir. Dein Macker wird dich bitter enttäuschen. Ich glaube nicht, dass er genug Eier in der Hose hat, dir einen richtigen Kuss zu geben. Nicht so, wie ich es kann.« Emelie verschränkte ebenfalls die Arme vor der Brust, legte den Kopf schief und sah ihn einen kleinen Moment nachdenklich an.

»Okay, die Wette nehme ich an und du wirst bitterlich verlieren.« Sie war so in Rage, dass sie nicht realisierte, was sie gerade gesagt hatte. Bis er sie am Arm zu sich zog und ihr einen Kuss aufdrückte, der sich gewaschen hatte. Emelie stand stocksteif vor ihm, die Augen weit aufgerissen. Mit Herzrasen und atemlos gab er sie wieder frei. Es dauerte eine ganze Weile, bis ihr Gehirn wieder einsetzte und sie kapierte, was gerade geschehen war.

»Damit du einen Vergleich hast.« Frech grinste er sie noch eine kleine Weile und ließ sie dann einfach stehen.