Aus alter Zeit - Fritz Peter Heßberger - E-Book

Aus alter Zeit E-Book

Fritz Peter Heßberger

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Beschreibung

Geschichten aus dem Mittelalter: - Der junge, aber tolpatschige Ritter Diethelm von Übelacker zieht in die Welt um ein großer Held zu werden. Er träumt davon, einen Drachen zu töten und eine Jungfrau zu retten. Doch statt dessen muß er schwere Kämpfe gegen wilde Tiere, Räuber und Verräter bestehen, wobei ihm seine Begleiterin, die Ritterin Heike, stets aus der Patsche helfen muß. Eher ungewollt rettet er dem Kaiser das Leben und wird nach zahlreichen Verwicklungen schließlich mit der Grafschaft Stupidierien belohnt. - Das Fürstentum Raukurien wird zum Spielball fremder Mächte. Der Markgraf von Litunien, Albrecht von Heimdall, versucht dem Fürstprinzen Mirko, der sich auf einem Kreuzzug befindet, das Erbe zu erhalten. Bedingung hierfür ist allerdings die Vermählung mit seiner Tochter Anna. Doch Gaidar, der Herzog der Kainaren überfällt Raukurien im Bund mit dem Markgrafen von Melckenburg. Gaidar entführt Anna um durch eine Heirat mit ihr den Markgrafen von Melckenburg auszustechen und alleiniger Herrscher über Raukurien zu werden. Nach langen Kämpfen gelingt es Fürstprinz Mirko zusammen mit dem Reichgrafen Peter von Rheinmark, Lothar, dem Sohn des Markgrafen von Litunien und dem Gepidenherzog Armin das Land zu befreien und Anna aus den Klauen Gaidars zu retten. Nach der Vermählung mit Anna kann Mirko das Erbe anzutreten. - Herzog Friedrichs Lebensziel ist es, das Herzogtum Franken, welches sein Bruder zur Rettung seines Seelenheils an machtgierige Bischöfe weitgehend verschenkte, in seiner alten Größe als Land des Friedens und der Gerechtigkeit neu zu errichten. Er führt einen einsamen Kampf, träumt aber von Liebe und Zuneigung, die er schließlich auch findet.

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Erzählungen aus dem Mittelalter

Diethelm von Übelacker - Die Abenteuer des Ritters ohne Mut und Adel

Die Fürstin von Raukurien

Der Herzog von Franken

Personen und Handlung der Erzählungen sind frei erfunden. Irgendwelche Übereinstimmung der Namen der handelnden Personen mit lebenden oder verstorbenen Personen oder geschichtlichen Ereignissen wären rein zufällig

Der Autor:

Fritz Peter Heßberger, Jahrgang 1952, geboren in Großwelzheim, heute Karlstein am Main, studierte Physik an der Technischen Hochschule Darmstadt; 1985 Promotion zum Dr. rer. nat.; von 1979 bis zum Eintritt in den Ruhestand 2018 als wissenschaftlicher Angestellter in einer Großforschungsanlage tätig.

Diethelm von Übelacker Die Abenteuer des Ritters ohne Mut und Adel

1. Diethelms Herkunft und Erziehung

Der Kaiser sah sich vor vielen Jahren genötigt seinem Reisigen Kuno Übelacker eine Belohnung zukommen zu lassen.

Dieser hatte ihm, eher aus Versehen denn aus Tapferkeit, im Krieg gegen die Angeln und die Ruten das Leben gerettet. Kuno begab sich damals an einem warmen Nachmittag unweit des kaiserlichen Lagers in ein Gebüsch um dort ungesehen sein Wasser abzuschlagen. Und dabei traf der Urinstrahl einen rutenischen Kundschafter, welcher verborgen in den Sträuchern lag. Erschrocken richtete sich dieser auf und beschimpfte den Flegel, welcher ihn mit dieser stinkenden Flüssigkeit näßte. Kuno hatte mittlerweile seine Blase entleert und sein bestes Stück in der Hose verstaut. Er schritt zur Tat und nahm den Ruten kurzerhand gefangen. Dieser gestand wenig später unter Androhung der Folter, daß eine kleine Truppe ausgewählter Krieger bereit stehe um das Lager zu überfallen und den Kaiser zu töten. Und da er auch verriet, an welchem Ort die Männer warteten und wie groß ihre Anzahl war, zog die kaiserliche Garde sofort aus, überraschte und vernichtete den Feind. Nach dem siegreichen Abschluß des Krieges belehnte nun der Kaiser Kuno Überlacker für seine Heldentat mit einem Stück Land in einer abgelegenen Mark, die großteils von dem Volksstamm der Luschen besiedelt war. Bei ihnen handelte es sich um weitgehend unzivilisierte Menschen, welche in primitiven Hütten hausten und sich von Fischfang und Jagd ernährten.

Daneben lebten in dieser Mark noch zahlreiche Männer und Frauen, die man aus unterschiedlichsten Gründen nicht im Zentrum des Reiches dulden wollte. Sie verstanden sich aber ein wenig auf Landwirtschaft und ihre Abgaben ermöglichten Kuno und seiner Familie ein bescheidenes Auskommen.

Und da Kuno sogar einige Worte lesen und schreiben konnte, galt er als gebildet und weise, wurde von seinen Untertanen geachtet. Aus diesem Grunde hielt er es auch für erforderlich, seinem Sohn Diethelm eine ordentliche Erziehung zukommen zu lassen. Es erwies sich nun als Glücksfall, daß eines Tages ein entlaufener, trunksüchtiger Mönch namens Bibanter zu Kuno kam und sich erbot, gegen Gewährung eines Obdachs, sowie Bier und Branntweins in ausreichender Menge, seinen Sohn in allen ihm bekannten Künsten und Wissenschaften zu unterrichten. Denn der Mönch hatte sich die Worte seines Abtes, man müsse den alten Adam in sich täglich ersäufen, zu Herzen genommen und als probate Mittel hierfür Bier und Branntwein auserkoren.

Kunos Frau war zwar anfangs skeptisch, doch bereits nach drei Monaten legte Diethelm ein erstes Zeugnis der Bildungserfolge ab; er wies auch bereits einige Kenntnisse der lateinischen Sprache nach. So war er in der Lage, das Verb 'bibere' in allen Zeitformen zu konjugieren.

Es konnte aber nicht geleugnet werden, daß der Mönch in der Tat über einen wachen Verstand und großes Wissen verfügte. Heute würde man dies mit der Volksweisheit 'Intelligenz säuft' begründen. Auch Diethelm war keineswegs geistig völlig dumpf, er erwies sich als einigermaßen gelehrig, lernte lesen und schreiben. Auch andere Künste wie Mathematik und Astronomie beherrschte er bald in Grundzügen, lediglich mit der Theologie mochte er sich nicht anfreunden. Er sah keine Notwendigkeit für die Existenz eines Gottes, der irgendwo in der Höhe im Himmel hauste, sich nicht um die Menschen kümmerte und lediglich am Jüngsten Tag, der Mönch wußte auch nicht, wann dieser Tag anbrechen sollte, sich zeigen und dann Gericht halten werde. Auch nahm er ihm übel, daß er seinen Sohn von einer Horde Römer an ein Kreuz nageln ließ.

„Wenn ich einen Sohn hätte“, erklärte er dem Mönch, „so würde ich alles unternehmen um ihn zu retten. Es sei denn, der Sohn ist ein Nichtsnutz oder hat stets gegen den Willen des Vaters gehandelt.“

Der Mönch widersprach dem, erklärte, die Kreuzigung des Sohnes sei ein Zeichen Gottes für die Versöhnung mit den Menschen gewesen, ein Zeichen dafür, daß er ihnen wegen der Erbsünde nicht mehr böse sei. Außerdem sei der Sohn ja auch bereits am dritten Tage wieder von den Toten auferstanden. Die ganze Sache sei also gar nicht so schlimm gewesen.

Das Wort Erbsünde mochte nun Diethelm ganz und gar nicht.

„Man kann Land, Geld und mit kaiserlicher Erlaubnis auch Titel vererben, aber doch nicht Sünden! Schließlich kann man doch auch nicht seine Seele vererben oder seinen Verstand. Und außerdem, ein Rechtsgelehrter, der einst bei uns zu Gast war, erklärte mir, ein Erbe könne man auch ausschlagen. Hinsichtlich der Erbsünde werde ich das auf jeden Fall tun. Was gehen mich die Sünden meiner Vorfahren an? Ich habe genug an meinen eigenen Sünden zu tragen.“

Der Mönch sah ein, daß jeder weitere Disput über dieses Thema fruchtlos bleiben werde und so sprach er es auch nie wieder an.

Das Mädchen Heike

Doch wir müssen hier noch einmal zurück blenden, denn Diethelm war nicht der einzige Zögling des Mönches. Als der Knabe zehn Jahre alt war fand sich eines Morgens ein gleichaltriges Mädchen auf der Burg ein. Es hieß Heike, gehörte dem Volk der Luschen an. Heike war allerdings aus der Art geschlagen, denn sie verfügte über einen wachen Verstand und strebte nach Wissen, was in ihrem Volk bisher noch nie vorgekommen war. Kuno wollte sie davonjagen, aber sie ließ sich nicht vertreiben. Schließlich erbarmte sich Helene, die fromme und gottesfürchtige Mutter Diethelms des Kindes und nahm Heike als Jungzofe in ihre Dienste.

„Ein dummes Fischermädchen wird mir eine schlechte Zofe sein“, sprach sie am darauffolgenden Abend zu ihrem Manne als sie zu Bette lagen, „alle Edelfrauen werden darüber spotten. Nein, sie muß eine gute Erziehung erhalten.“

„Warum müssen Weiber ihre Ehegatten stets spätabends im Bett mit solchen Problemen belasten, man könnte die Zeit doch für viel vergnüglichere Dinge nutzen“, dachte Kuno, erwiderte dann:

„Du hättest sie ja nicht in deine Dienste nehmen müssen.“

„Widersprich mir nicht, Kuno, schließlich hast du bei der Vermählung vor Gottes Altar geschworen mich zu lieben und zu ehren! Begehe also keine Todsünde!“

Das wagte Kuno natürlich nicht. Um seine Ruhe zu haben, entgegnete er:

„Ich vertraue deiner Klugheit. Du wirst die richtige Entscheidung treffen. Unternimm also, was du für richtig hältst, geliebte Gattin.“

Am nächsten Morgen, nach der Messe, bestellte Helene den Mönch zu sich, erklärte ihm ihr Vorhaben. Der Mönch wiegte den Kopf.

„Ein Mädchen in den Wissenschaften unterrichten?“

Er dachte nach.

„Nein, es ist kein Gebot Gottes bekannt, welches dies verbietet. Und schließlich hat er ja auch gesagt, es sei nicht gut, daß der Mensch alleine ist. Und ich schließe daraus, daß er es auch nicht für gut erachtet, daß ein Kind alleine lernt.“

Heike und Diethelm freundeten sich an. Jener bestand dann auch darauf, daß Heike mit ihm zusammen im Gebrauch der Waffen unterrichtet wurde.

„Ein seltsamer Wunsch“, dachte der Vater, doch der alte Waffenmeister Hildebranch zerstreute seine Bedenken, ja, er führte sogar an, die Zeiten seien unsicher, und da sei es nicht schlecht wenn Weiber es verstünden ein Schwert zu führen. Dann könne man auch bei Gefahr ohne Gewissensbisse fliehen, da sich die Weiber ja selbst verteidigen könnten und man sie daher nicht schützen müsse. Das sah Kuno ein und er gab die Erlaubnis.

Der Ritterschlag

Diethelm wuchs zu einem kräftigen Jüngling heran, Heike zu einer hübschen, schlanken jungen Frau, die trotz ihrer scheinbaren Zartheit das Schwert besser führte als Diethelm und ihn in den Kenntnissen der Wissenschaften weit übertraf. Diethelm empfand aber keinen Neid und ihre Freundschaft nahm besonders intensive Züge an als sie das Alter erreichten, in dem bei jungen Menschen je nach Geschlecht männliche oder weibliche Gefühle aufkommen. Aber das soll hier nicht näher ausgeführt werden, zumal es ja auch nur dazu führte, daß die Vertrautheit zwischen ihnen wuchs. Und schließlich glaubten alle Burgbewohner keiner von den beiden wolle mehr ohne den anderen sein. Tatsächlich entwickelte sich das Verhältnis aber nicht so harmonisch wie es den Menschen auf der Burg schien. Diethelm träumte ein großer Held zu werden, verehrt von allen Völkern der Erde. Und er rühmte sich bereits mit den Taten, die er einst begehen werde. Heike ärgerte sich im Stillen über diese Prahlerei, zumal sie seine Einfalt und Tolpatschigkeit nicht als Eigenschaften ansehen konnte, die einen Helden ausmachten. Ansonsten war er aber ein lieber Junge, ein guter Freund, aber als Gatten konnte sie ihn sich nicht vorstellen.

Nun geschah es aber in jener Zeit, daß der Fürst von Tollpatien, Arnimius der Lasche, Pläne schmiedete den Kaiser zu stürzen und sich an seine Stelle zu setzen. Das Vorhaben wurde aber verraten, der Fürst gefangen genommen und eingekerkert. Der Kaiser wußte aber nicht so recht, was er mit dem Aufrührer anfangen sollte, denn der Fürst war beim Volk durchaus nicht unbeliebt, außerdem der Vetter des Königs der Haken und so mochte er ihn nicht hinrichten lassen, da ansonsten ein Krieg drohte, zumal der König der Haken enge Beziehungen zu den Angeln und Ruten pflegte. Es kam ihm daher gelegen, daß zu jener Zeit das weit im Norden lebende Volk der Jammerlappen einen Herrscher suchte. Der Kaiser sah nun eine günstige Gelegenheit den unliebsamen Fürsten loszuwerden und schlug daher einer Abordnung der Jammerlappen, welche an seinem Hof vorsprach, den Fürsten als geeigneten Kandidaten vor. Dieser Vorschlag wurde mit Freuden aufgenommen. Auch der Fürst schien begeistert. Wenn er schon kein Kaiser werden konnte, so doch wenigstens König, zumal auch bei diesem Titel die Untertanen ihn mit 'Majestät' anreden mußten. Er willigte ein.

Hocherfreut entließ der Kaiser ihn aus dem Kerker und bereits wenige Tage später brach der Fürst mit der Abordnung und zwei Getreuen in sein neues Reich auf. In der Nähe von Kunos Burg ereignete sich allerdings ein Unglück, das weitreichende Folgen für die Weltgeschichte haben sollte. Das Pferd des Fürsten trat ungeschickter Weise in ein Schlammloch und brach sich ein Bein. Der Fürst stürzte von seinem Roß und erlitt eine Prellung an der Hüfte. Kuno, großherzig wie nun einmal war, bot Arnimius nicht nur ein neues Pferd an, sondern erklärte sich bereit, ihn und seine Begleiter bis zu dessen vollständiger Genesung als Gäste in seiner Burg zu beherbergen. Natürlich geschah dies nicht aus völliger Selbstlosigkeit und reiner Nächstenliebe, sondern er erbat eine geringfügige Gegenleistung. Der Fürst solle seinen Sohn Diethelm zum Ritter schlagen. Der willigte sofort ein, zumal damit für ihn auch keine Kosten verbunden waren. Man vereinbarte, daß der Ritterschlag am darauffolgenden Sonntag in der Kirche nach Austeilung der Kommunion erfolgen solle.

Nun hatte Fürst Arnimius aber am Vorabend mit dem Mönch zu ausgiebig gezecht und war aus diesem Grunde am Morgen noch nicht vollständig Herr über seine Sinne. Daher unterlief ihm ein Mißgeschick.

Es war zur Gewohnheit geworden, daß die herrschaftliche Familie erst nach dem gemeinen Volk zur Kommunion schritt. Zunächst Kuno und seine Frau Helene, dann Diethelm und Heike. Daß sie zusammen die Kommunion erhielten hatte er sich mittlerweile ausbedungen, denn schließlich sündigten sie ja auch zusammen. Dem Fürsten unterlief nun eine Verwechslung und er erteilte Heike den Ritterschlag. Erst nachdem man ihn auf den Fehler aufmerksam gemacht hatte, vollzog er bei Diethelm die Prozedur. Der Ritterschlag war zwar nicht mit der Erhebung in den Adelsstand verbunden, dennoch nannte sich der Jüngling von nun an Diethelm von Übelacker.

Problematischer erschien allerdings der Ritterschlag Heikes, da sie eine Frau war. Der Fürst sah sich allerdings außerstande ihn zurückzunehmen. Hierzu hätte sie gegen die Ehrbegriffe des Rittertums verstoßen müssen, was sie aber nicht tat. Man beschloß daher, die kaiserliche Kanzlei um eine Entscheidung zu bitten. Der Kaiser war ungehalten darüber, daß man ihn wegen solcher Unwichtigkeiten belästigte, beauftragte den berühmtesten Rechtsgelehrten des Reiches, Masurbatus Legibus, mit der Untersuchung des Falles. Der kam nach dem Studium aller Gesetze zum Schluß, daß ein Ritterschlag von Frauen in den Gesetzen zwar nicht vorgesehen, aber auch nicht verboten sei. Es sei daher unabdinglich eine baldige gesetzliche Regelung zu schaffen. Im gegenwärtigen Fall könne man allerdings, ohne dabei einen Präzedenzfall zu schaffen, den Ritterschlag ausnahmsweise anerkennen.

Diethelm, jung und ungestüm wie er war, beschloß die Welt kennenzulernen, bat Heike ihn zu begleiten. Die willigte ein, da sie ihren Dienst bei Helene hatte aufgeben müssen, denn als Ritterin konnte sie keine Zofe sein. Kuno und auch der Mönch erhoben Einwände, da die beiden nicht verheiratet seien und daher als Paar nicht in die Welt ziehen dürften. Diethelm hielt dann auch gleich um ihre Hand an, doch Heike lehnte ab. Sie hielt eine Eheschließung nicht für notwendig, da sie bisher ja auch ohne Heirat ihren Spaß zusammen hatten und ein Ritterschlag daran nichts änderte. Außerdem dünkte ihr, daß sie in der weiten Welt durchaus einen würdigeren Gatten finden könnte als den etwas tolpatschigen Diethelm. Das äußerte sie aber nicht laut, führte vielmehr an, zum einen solle ein Ritter nicht heiraten, solange er sich nicht in der Welt durch Klugheit und Tapferkeit als solcher bewährt habe. Zum anderen würde sie ja im Falle seines Todes bereits in jungen Jahren zur Witwe und unversorgt zurückbleiben, da Diethelm noch keinen eigenen Besitz erworben habe. Im übrigen würden sie ja auch nicht als Mann und Frau in die Welt ziehen, sondern als Ritter. Und schließlich hob sie auch noch hervor, als Ritterin sei sie frei und nur dem Kaiser unterstellt, könne sich also selbst aussuchen, mit wem sie in die Welt ziehe. Weder Kuno noch der Mönch hätten ihr da Befehle zu erteilen.

Der Kampf gegen den wilden Stier

Sie waren bereits eine Woche unterwegs. Diethelm berauschte sich immer mehr an den Abenteuern, die er bestehen werde. Er sah sich bereits in einer Reihe mit den Helden der Urzeit. Heike kam in diesen Träumen nicht vor. Das verdroß sie. Und sie fragte sich, warum sie eigentlich mit ausgezogen war, wenn Diethelm sie gar nicht benötigte.

„Wohin reiten wir eigentlich?“ fragte Heike eines Mittags.

„In das Land der Drachen natürlich. Einen Drachen zu erlegen ist die größte Heldentat, die ein wahrer Ritter vollbringen kann. Das wird mir ewigen Ruhm bescheren“, gab Diethelm zur Antwort.

„Und wo liegt das Land der Drachen?“

„Tief im Süden vermutlich, vielleicht auch weit im Norden.“

„Das ist nun keine genaue Auskunft.“

„Ja, weißt du denn wo das Land der Drachen liegt?“

„Nein.“

„Siehst du. Warum willst du mich dann belehren? Der heilige Georg lebte in Asien. Also müssen wir dorthin ziehen.“

„Und wenn wir dort keinen Drachen finden?“

„Dummes Weib! Dann reiten wir eben nach Norden, dorthin wo Siegfried einen Drachen erlegt hat.“

„Und warum reiten wir dann nicht gleich nach Norden? Das ist doch näher.“

„Du verstehst gar nichts. Siegfried tötete den Drachen um einen Schatz zu gewinnen, der Heilige Georg tötete den Drachen um eine Jungfrau zu retten. Reiten wir erst nach Norden, dann hat der Drache die Jungfrau schon längst gefressen wenn wir im Süden ankommen. Also müssen wir zuerst nach Süden reiten, das siehst doch ein? Der Schatz kann warten.“

„Es könnte ihn aber inzwischen jemand stehlen.“

„Törichtes Weib, wer sollte ihn denn stehlen? Er müßte doch zuvor den Drachen töten. Wer sollte das tun außer mir? Der Heilige Georg ist tot, Siegfried ist tot, nur ich lebe.“

Heike wollte antworten, doch sie kam nicht dazu, denn Diethelm hatte einen Ochsen gesichtet, der friedlich auf einer Weide graste.

„Ein wilder Stier“, erklärte er mit wichtiger Miene, „mit ihm werde ich mich im Streite messen.“

„Unterlaß das“, mahnte Heike, „er grast doch ganz friedlich, ist gar nicht an einem Streit interessiert. Außerdem ist es ein Ochse, er wird kaum ein würdiger Gegner sein.“

„Weiber haben zu schweigen, wenn Helden sprechen“, fuhr Diethelm sie an, „der Kampf mit dem gewaltigen Giganten wird mir ewigen Ruhm bescheren!“

„Wie du meinst“, entgegnete Heike, „ich werde mich inzwischen ins Gras legen und die warme Sonne genießen.“

Nun setzte sich ausgerechnet just in diesem Augenblick eine Hornisse auf die Nase des Ochsen. Der schnaubte um sie zu verscheuchen, was das Insekt ihm aber übel nahm und ihn in diese Nase stach. Das schmerzte sehr und machte den Ochsen wütend. Er sprang auf, brauste los, raste über die Weide, stieß schließlich noch mit aller Kraft gegen einen kleinen Baum, den er entwurzelte. Der Stamm flog einige Mannslängen durch die Luft, landete schließlich im Gras.

„Hast du gesehen, was das für ein wildes Tier ist? Das wird ein harter Kampf“, rief Diethelm Heike begeistert zu.

Er griff nach seiner Lanze, stürmte auf den Ochsen los. Der Schmerz hatte inzwischen nachgelassen, der Ochse beruhigte sich, ließ sich wieder ins Gras nieder, noch etwas benommen von Stoß gegen den Baum.

Der tapfere Ritter stieß dem Tier erst einmal die Lanze in den Hinterlauf um es zu reizen. Doch der Ochse war müde, rührte sich nicht. Daher unternahm Diethelm einen zweiten Versuch, stach ihm leicht in die Seite, denn sein Sinn war auf Kampf ausgerichtet, ihn hinterrücks schwer verletzen wollte er ja nicht.

In diesem Augenblick stürmten drei Männer aus dem nahen Wald heraus. Der erste schwang einen Dreschflegel, der zweite eine Sense, der dritte trug eine Mistgabel.

„He, du Haderlump“, schrie der Dreschflegelschwinger, „laß meinen Ochsen in Ruhe oder du wirst mich kennenlernen.“

„Ein Ochse? Nein, das ist ein wilder Stier“, entgegnete ihm Diethelm selbstbewußt, „er ist eine Gefahr für Land und Leute. Und ich werde die Welt von diesem Ungeheuer befreien. Hinweg ihr Bauernlümmel.“

Doch der Dreschflegelschwinger ließ sich von dieser Heldenrede nicht beeindrucken. Schon war er nahe genug heran um Diethelm einen Schlag gegen die Schulter zu verpassen.

Heike, welche die Geschehnisse bisher mit Erheiterung betrachtet hatte, erschien die Sache nun bedenklich, denn auch der Sensenschwinger und der Kerl mit der Mistgabel kamen Diethelm gefährlich nahe. Sie sprang aufs Pferd, zog ihr Schwert aus der Scheide, eilte dem Helden zu Hilfe, denn der Sensenmann holte bereits zum Hieb aus. Ohne zu zögern trennte sie mit einen Schwertstreich das Sensenblatt vom Stiel.

Den Dreschflegelmann streckte sie mit einen kräftigen Hieb mit der flachen Klinge zu Boden. Allerdings konnte sie nicht verhindern, daß der Bauernbursche mit der Mistgabel Diethelm ins Gesäß stach. Der schrie laut auf. Sie ergriff die Zügel von Diethelms Pferd, zog beide aus der Gefahrenzone bevor der Mistgabelmann zu einem zweiten Stoß ausholen konnte.

„Das ging knapp her“, sprach Diethelm als sie in Sicherheit waren, „es war ein harter Kampf und ich habe eine schwere Verwundung an meinem wertvollsten Körperteil erlitten.“

Heike kommentierte dies nicht, wohl weil sie der Meinung war, daß Diethelm recht hatte, nicht etwa was den Kampf betraf, sondern den Ort der Verwundung, sagte vielmehr:

„Rede nicht so viel, sehen wir zu, daß wir wegkommen. Und das nächste Dorf werden wir tunlichst meiden.“

Der Eber

Einige Tage später durchquerten sie einen Wald. Am frühen Nachmittag trottete unvermittelt ein Wildschwein über den Weg. Diethelm richtete sich im Sattel auf.

„Ein mächtiger, wilder Keiler, das gefährlichste Tier weit und breit, der König des Waldes. Ich werde ihn in einem heldenhaften Kampf erlegen.“

„Ach, laß doch“, mahnte Heike, „es ist schon recht spät und wenn du jetzt deine Zeit mit einer Wildschweinjagd vergeudest, erreichen wir vor Sonnenuntergang nicht mehr das nächste Dorf. Dann können wir unter einem Baum auf einem Moosbett übernachten. Ich will aber endlich wieder einmal in einem richtigen Gasthaus in einem richtigen Bett schlafen. Wir haben schon seit vier Tagen stets im Freien genächtigt.

Außerdem scheint mir dieser Eber schon recht alt zu sein. Er wird keinen wohlschmeckenden Braten liefern. Wozu willst du ihn also erlegen?“

„Verweichlichtes Weiberpack!“ knurrte Diethelm, „wir sind in die Welt ausgezogen um Heldentaten zu vollbringen, nicht um von Gasthof zu Gasthof zu reiten. Nein, der wilde Keiler muß fallen.“

Er legte seine Lanze an, jagte dem Tier hinterher, das gemächlich dahin trottete. Diethelm traf schlecht, verletzte das Wildschwein nur leicht am Hinterlauf. Es hielt an, drehte sich um, stürmte wütend auf den Reiter zu. Das Pferd erschrak, scheute, bäumte sich auf. Diethelm verlor das Gleichgewicht. Er rammte die Lanze in den Boden um sich abzustützen. Die Lanze brach. Der Held stürzte aus dem Sattel. Der Eber griff ihn an. Diethelm versuchte das wilde Tier mit der abgebrochenen Lanze, die er noch immer in der Hand hielt, abzuwehren, doch das gelang ihm nur schlecht. Er verletzte den Eber leicht an einem Vorderlauf, was diesen aber nur noch wütender machte. Todesangst überfiel den Ritter, der doch so gerne tapfer sein wollte. Verzweifelt blickte er um sich. Ein dünner Baum, keine fünf Schritte entfernt, versprach Rettung. Mit ungeahnter Geschwindigkeit sprang er zu ihm hin, kletterte hinauf, mußte sich allerdings am Stamm festklammern, da ihn die Äste nicht trugen.

Die wütende Eber rannte immer wieder gegen den Baum an. Der wankte bedenklich, stürzte aber zu Diethelms Glück nicht um. Schließlich wurde der Eber müde, legte sich unter den Baum. Diethelm wagte nicht hinab zu klettern, denn er fürchtete, er könne das Tier erneut reizen.

Heike hatte unterdessen Diethelms Pferd, das nach Abwurf des Reiters weitergerannt war, eingefangen, kehrte nun an den Ort des Geschehens zurück, erblickte den sich verzweifelt am Baum festklammernden Helden. Sie konnte ein Lachen nicht unterdrücken.

Sie überlegte, was nun am besten zu tun sei. Die Lanze war zerbrochen, unbrauchbar und vom Pferderücken aus konnte sie nur schlecht mit dem Schwert gegen den Eber kämpfen, solches hatte sie auch bisher nicht geübt. Und dem Tier zu Fuß entgegenzutreten erschien ihr bedenklich. Sie schaute sich um, entdeckte etwa hundert Schritte entfernt einen Felsblock. Ein Gedanke durchzuckte sie, sie faßte einen Plan. Sie hob ein Lanzenbruchstück auf, ritt dem Eber entgegen, stieß es ihm in die Seite. Der bemerkte den Feind, sprang auf. Sie wendete das Pferd, ritt zu dem Felsblock, kletterte gewandt hinauf, zog ihr Schwert. Der Eber versuchte hochzuspringen, was ihm aber nicht gelang. Es bot sich nun aber Heike die Gelegenheit ihm das Schwert in den Hals zu stoßen. Der Eber fiel zu Boden, rappelte sich wieder auf, versuchte erneut hochzuspringen, erhielt aber wieder einen Stich in den Hals. Er gab jedoch nicht auf. Erst nach einigen weiteren Versuchen, er blutete bereits stark, schien er erschöpft, legte sich nieder. Heike stieg vom Felsblock herab, stieß ihm noch einmal das Schwert in die Seite.

Diethelm war unterdessen vom Baum gestiegen, näherte sich vorsichtig dem Felsblock. Als er bemerkte, daß der Eber nur noch zuckte, faßte er Mut und er lief schneller, versetzte schließlich dem weidwunden Tier, das noch einmal versuchte sich mühsam aufzurichten, einen Schwertstich in den Leib. Unter einigen Zuckungen verendete es.

„Das war eine heldenhafte Leistung“, sprach er nun feierlich.

„Von wem?“ entgegnete Heike spöttisch.

„Natürlich von mir! Hast du nicht gesehen wie ich mit dem Untier gekämpft habe?“

„Nein, ich habe dein entlaufenes Pferd eingefangen und als ich zurückkam saßest du bereits auf dem Baum und mir wurde nicht klar, ob der Baum mehr durch die Stöße des Ebers oder durch dein Zittern schwankte.“

Diethelm überging diese Bemerkung.

„Das war eine Kriegslist. Ich machte ihn wütend, er rannte gegen den Baum bis er müde wurde und ich wollte gerade vom Baum herabsteigen und ihn erlegen als du herankamst und meinen Plan verdorben hast.

Du hattest dann ja auch leichtes Spiel mit ihm.“

„Meinst du?“

„Ich habe es mit angesehen.“

„Du hättest nicht schauen sollen, sondern mir helfen können.“

„Das habe ich ja auch. Du hattest schlecht getroffen und er wollte sich gerade wieder aufrichten und sich auf dich stürzen. Ich habe dich durch meine kühne Tat gerettet. Sei jetzt nicht undankbar.“

„Er war doch schon fast tot.“

„Keineswegs, er hat sich nur so gestellt um dich zu täuschen.“

Heike atmete tief durch. Er hatte keinen Zweck sich mit diesem Helden zu streiten, der sich immer mehr aufplusterte.

„Wenigstens haben wir einen Braten, wenn auch Eberfleisch nicht sonderlich schmackhaft ist, aber wir haben keine Wahl. Wir werden hier nächtigen müssen. Das nächste Dorf erreichen wir nicht mehr vor Anbruch der Dunkelheit. Wir verirren uns höchstens im Wald. Dein unnützer Kampf mit dem Eber hat zuviel Zeit gekostet.“

„Unnützer Kampf? Weib, was redest du da? Ich habe die Welt von einem schlimmen Untier befreit! Weißt du nicht, daß diese Wildschweine die Felder zerwühlen und die harte Arbeit der Bauern zunichte machen?“

Heike ging nicht auf die Worte ein.

„Tun wir das Notwendige. Suche du Holz, ich werde inzwischen das Tier zerlegen und ein Feuer entzünden.“

Diethelm zog ein bedenkliches Gesicht.

„Man sollte nicht alleine umhergehen. Es könnten noch mehr Eber herumstreifen. Und meine Lanze ist zerbrochen.“

„Ach was, das war ein Einzelgänger. Na schön, dann suche ich eben Holz und du zerlegst das Tier“, erwiderte sie leicht mürrisch.

Nach dem Abendessen wickelte sich Heike in ihre Decke um zu schlafen.

„Sollten wir nicht Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, unser Lager mit Palisaden umgeben. Es können ja während der Nacht noch weitere Wildschweine auftauchen und uns attackieren?“

„Jetzt Bäume fällen und einen Zaun bauen? Es ist bereits dunkel.

Wenn du Angst hast, denn klettere eben auf einen Baum und schlafe im Geäst. Binde dich aber fest, damit du nicht herunterfällst.“

„Wenn er abstürzt und sich den Hals bricht, dann ist nicht allzu viel verloren“, dachte sie, drehte sich zur Seite, schlief bald ein.

Kein Wildschwein störte sie in der Nacht.

Am Morgen nach dem Frühstück ritten sie weiter. Diethelm redete nicht mehr von seiner gestrigen Heldentat, er jammerte unaufhörlich wegen der zerbrochenen Lanze.

Heike ging das bald auf die Nerven, sie ritt ein Stück voraus.

Der Kampf mit dem Bären

Gegen Abend erreichten sie ein Dorf, in dem eine gewisse Unruhe herrschte, denn kurz zuvor hatten einige Männer einen Toten aus dem nahen Wald hierher gebracht, den man dann vor der Kapelle aufbahrte.

Zahlreiche Menschen standen um die Leiche herum, manche weinten, manche beteten, manche weinten beim Beten, andere beteten beim Weinen. Heike und Diethelm kümmerten sich nicht um die Trauernden.

Sie suchten den Dorfkrug auf, ließen sich ein Zimmer für die Nacht geben, legten dort ihr Gepäck ab, kehrten anschließend in die Schankstube zurück, wo sie Platz nahmen und ein Abendessen bestellten.

„Was ist geschehen?“ fragte Diethelm den Wirt als dieser einen Krug Wein und zwei Becher brachte.

„Der Bär“, antwortete dieser, „der Bär hat den Holzhacker Adelbert getötet, den Ärmsten. Bisher hat er nur Schafe und Kühe auf der Weide gerissen, aber noch nie einen Menschen angefallen. Der Ärmste, er hinterläßt ein Weib und sieben Kinder.“

„Das ist die Strafe für ihr sündiges Leben“, mischte sich die Wirtin ein, welche herbeigekommen war um das Abendessen aufzutischen.

„Sündiges Leben?“ wunderte sich Heike, „waren sie etwa nicht verheiratet?“

„Doch, schon ...“, erwiderte der Wirt.

Er kam nicht weiter, denn seine Frau unterbrach ihn.

„Sie haben sich den Segen Gottes frevelhaft erschlichen!“

Heike verzog das Gesicht.

„Frevelhaft erschlichen? Was meinst du damit?“

„Das Weib ist eine entlaufene Nonne“, erklärte die Wirtin, „sie hatte das Keuschheitsgelübde abgelegt und brach es, indem sie mit einem Mann sündigte. Sie verließ das Kloster und zog mit ihm in die Fremde.“

„Ist bekannt, wie es geschah?“ wollte Heike wissen.

„Es heißt, sie sei im Wald gewesen um Kräuter zu sammeln“, fuhr die Wirtin fort, „sie traf dort den Holzhacker, erweckte in ihm die fleischliche Begierde und sündigte sogleich mit ihm.“

Die brave Wirtsfrau bekreuzigte sich.

„Es ereignete sich aber nicht hier, sondern in der Dirnenmark. Sie gingen dann außer Landes und gelangten schließlich in unser Dorf. Die Frau war schwanger und der Pfarrer vollzog die Trauung. Eigentlich hätte er dem ruchlosen Paar den Segen Gottes verweigern müssen.“

„Und warum hat er es nicht getan?“ wandte Diethelm ein.

„Er wußte doch von alldem nichts. Sie haben ihm ihre Sünde verschwiegen. Das wurde erst durch einen Händler ruchbar, der von ihrer Schandtat wußte.“

„Aber Gott ist doch allwissend“, wunderte sich Diethelm, „er hätte den Pfarrer warnen müssen.“

„Gott ist allwissend und hätte den Pfarrer warnen müssen“, spottete Heike, „glaubst du etwa, Gott hätte nichts wichtigeres zu tun als sich um das Liebesverhältnis zwischen einem Holzhacker und einer entlaufenen Nonne zu kümmern?“

„Aber damit hätte er doch eine schwere Sünde verhindert“, verteidigte sich Diethelm.

„Du hast wohl dem Mönch nicht zugehört? Gott hat den Menschen Verstand gegeben, manchen mehr, anderen, wie dir, weniger; und auch einen freien Willen. Und seitdem Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis gegessen haben, wissen die Menschen auch was gut und was böse ist und können entsprechend handeln. Und richten wird Gott erst am Jüngsten Tag. Würde er das Sündigen verhindern, so bräuchte er das Jüngste Gericht gar nicht abhalten und der Teufel säße dann alleine in der Hölle.“

„Wäre das so schlimm?“ fragte Diethelm vorsichtig, „und hat das Jüngste Gericht nicht bereits begonnen?“

„Warum sollte es begonnen haben?“

„Der Holzfäller Adelbert wurde doch bestraft.“

„Gott hat ein kleines Exempel statuiert, gerichtet wurde er nicht, sonst wäre er jetzt in der Hölle und würde nicht nicht vor der Kapelle liegen.“

„Ein ungeduldiger Gott“, murmelte Diethelm vor sich hin, „kann nicht bis zum Jüngsten Tag warten.“

„Du verstehst überhaupt nichts“, fauchte ihn Heike an, „das war nur eine Warnung Gottes. Das macht er manchmal um den Menschen vor Augen zu halten, wohin ein sündiges Leben führt. Verstehst du das?“

Diethelm blickte sie scheel an.

„Nein, das verstehst du nicht“, fuhr sie nun leicht unwirsch fort, „Gott verhindert die Sünde nicht, aber er zeigt uns, wohin die Sünde führt.

Die Frau muß nun zusehen, wie sie ihre sieben Bälger ernährt. Das ist aber nur eine kleine Strafe, ein Nichts gegen die Qualen, die sie im Höllenfeuer erleiden wird.“

„Sie zu ernähren wird nicht so schwierig sein“, Diethelm lächelte, „die Geißenmutter hatte auch sieben Kinder und hat außerdem noch den Wolf erledigt.“

„Du bist doch ein Schwachkopf, Menschenkinder können kein Gras fressen, sie brauchen Brot. Und außerdem ist ein Bär gefährlicher als ein alter Wolf.“

„Nein“, Diethelm richtete sich auf, „es ist die vörderlichste Pflicht eines Ritters die Witwen und Waisen zu beschützen. Ich werde den Bär erlegen und den Erlös für das Fell wird die Frau des Holzhackers erhalten, so wahr ich der heldenhafte Ritter Diethelm von Übelacker bin.“

Der Wirt und seine Frau hatten dem Disput staunend zugehört und lobten nun die Weisheit und den Heldenmut ihrer Gäste.

Als Heike am nächsten Morgen erwachte fand sie Diethelms Bett verlassen vor.

„Was mag in ihn gefahren sein?“ wunderte sie sich, „er steht doch sonst nicht mit den Hühnern auf.“

Sie ging hinunter in die Gaststube. Der Wirt wußte aber auch nichts genaues, konnte ihr nur melden, der Ritter Diethelm habe kurz nach Sonnenaufgang hastig ein Frühstück zu sich genommen und dann in großer Eile das Haus verlassen.

„Er wird doch nicht schon in den Wald auf Bärenjagd geritten sein?“

Ein Blick in den Stall ließ sie allerdings daran zweifeln, da sein Pferd noch friedlich auf dem Stroh lag und schlief. Und zu Fuß zu gehen ist eines Ritters unwürdig.

Es gab also nichts zu tun als zu warten. Sie frühstückte, setzte sich dann vor dem Dorfkrug in die Sonne. Diethelm erschien etwa zwei Stunden später. Er trug eine lange, dünne Stange mit einer eisernen Spitze.

„Wo kommst du denn her und was trägst du da?“ fragte ihn Heike.

„Dummes Weib! Siehst du das nicht?“ brummte Diethelm und erklärte dann stolz, „das ist meine neue Lanze. Der Dorfschmied hat sie extra für mich angefertigt.“

„Und was willst du damit?“

„Wie kannst du nur so dumm fragen! Natürlich will ich den Bären erlegen!“

„Damit? Dann paß auf, daß der Bär nicht dich erlegt.“

„Weibergeschwätz! In der Hand eines Helden wird selbst ein rostiges Eisen zum Schwert Balmung.“

„Ja“, Heike grinste, „in der Hand eines Helden.“

Sie ritten in den Wald, entdeckten nach einiger Zeit den Bären auf einer Lichtung. Er beschäftigte sich gerade mit einem Baum. Offenbar hatte er ein Bienennest entdeckt und wollte nun den Honig stehlen. Diethelm zögerte keinen Augenblick. Er legte die Lanze an, sprengte auf den Bären zu. Doch er traf schlecht. Anstatt dem Tier die furchtbare Waffe in das Herz zu stoßen stach er ihm in das Hinterbein. Der Bär bemerkte nun den Feind, drehte sich um. Diethelm wendete sein Pferd stürmte erneut auf das Untier zu, das nun, wütendes Gebrüll ausstoßend, auf Roß und Reiter zutrappte. Der herannahende Gegner erschreckte das Pferd, es bäumte sich auf und Diethelm stürzte aus dem Sattel. Er blieb unverletzt, rappelte sich schnell auf. Noch hatte der Bär ihn nicht wahrgenommen, sondern lief auf das Pferd zu, das aber geschickt entwich. Der tapfere Ritter schaute sich um, erblickte nicht allzu weit entfernt eine Birke, rannte zu ihr hin, kletterte am Stamm hoch. Inzwischen war der Bär auf ihn aufmerksam geworden, folgte ihm, trappte auf die Birke zu.

Noch wiegte sich Diethelm in Sicherheit. Doch schon bald wurde er etwas besserem belehrt. Ein Bär ist eben kein Eber. Er kletterte ebenfalls den Baum hoch. Diethelm fühlte sich in höchster Lebensnot, stieg immer höher. Der Bär folgte. Nun besaß die Birke allerdings keinen allzu dicken Stamm. Dieser bog sich unter der Last der schweren Bestie, brach schließlich. Diethelm und der Bär stürzten zu Boden.

Diethelm rappelte sich auf. Er hatte sich beim Sturz den Knöchel verletzt, hinkte nun so schnell es ging aus der Gefahrenzone. Der Bär lag noch einige Augenblicke benommen auf der Erde, erhob sich dann langsam. Heike hatte den Kampf gespannt beobachtet, nutzte nun die Gunst der Stunde, stieß ihm ihr Schwert direkt in den Leib und zog sich dann rasch wieder zurück. Der Bär richtete sich auf, brummte voller Wut, zerwühlte im Todeskampf den Boden vor sich. Schließlich sank er zusammen. Die beiden warteten gespannt eine Weile. Als sich das Tier nicht mehr regte, raunte Heike Diethelm zu:

„Wir sollten hingehen und nachsehen, ob er wirklich tot ist.“

„Ja, aber geh du voran, du hast die besseren Augen.“

Die Bestie war tot. Heike fiel nun ein Kästchen auf, das noch halb in dem aufgewühlten Boden steckte. Sie grub es aus, öffnete es. Es war mit Goldstücken gefüllt.

„Ein kleiner Schatz“, rief sie Diethelm erfreut zu, „die eine Hälfte nehme ich in Verwahrung, sie wird unsere Reisekasse auffüllen. Die andere Hälfte gebe ich der Witwe. Und wenn du ihr noch das Bärenfell schenkst, denn müssen sie und ihre Kinder keine Not leiden.“

Der Spion

Es war um die Mittagszeit. Heike und Diethelm rasteten am Straßenrand. Ein Reiter kam des Weges. Er hielt an, grüßte freundlich.

„Einen schönen Tag wünsche ich Euch, werte Herren. Gott sei mit Euch. Ist es einem fahrenden Ritter erlaubt sich zu Euch zu setzen? Ich bin fremd, habe bereits einen langen Ritt hinter mir, benötige nun nicht nur eine Rast, sondern auch Auskunft. Ich werde Euch auch nicht zur Last fallen, denn ich bin gut versorgt mit Speise und Trank.“

„Ihr irrt“, sprach ihn Heike an, „ich bin kein Herr, sondern Ritterin. Und viele Auskünfte können wir Euch wohl auch nicht geben, wir sind ebenfalls fremd.“

„Aber Ihr dürft Euch gerne zu uns setzen“, mischte sich Diethelm ein, „auch wir sind fahrende Ritter, auf dem Weg zum Fürsten Walter von Wazzenbusch. Wir befinden uns bereits auf seinem Land. Seine Burg werden wir gegen Abend erreichen.“

Der Fremde stieg vom Pferd, ließ sich nieder.

„So kennt Ihr den Weg dorthin?“ fragte er, „ich möchte nämlich auch zum Fürstenhof, wollte Euch danach fragen. Ach, verzeiht, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Ingwert von Lygoft, ein fahrender Ritter, auch bin ich Dichter und Sänger. Ich hörte, der Fürst wird ein großes Fest veranstalten und da möchte ich meine Kunst darbieten. Ich hoffe natürlich, daß der ehrenwerte Herr sie honoriert, Reisen ist teuer und ich muß wieder einmal meine Kasse auffüllen. Und wer seid Ihr?“

„Ich bin der große Held Diethelm von Übelacker und das Weib neben mir nennt man Ritterin Heike. Der Fürst von Tollpatien, ein Vetter des Fürsten Wazzenbusch, hat mich einst zum Ritter geschlagen und nun möchten wir Fürst Walter einen Besuch abstatten. Von einem Fest wissen wir allerdings nichts.“

Ingwert von Lygoft hatte bei der Nennung des Namens die Augenbrauen hochgezogen.

„Diethelm von Übelacker seid Ihr? Es freut mich überaus Euch kennenzulernen. Euer Ruhm eilt Euch voraus. In allen Provinzen und Reichen des Ostens bis hin ins märchenhafte China und das erdbebenreiche Japan“, er stutze kurz, „ich meine natürliche das erdbeerenreiche Japan, preist man Eure Taten. Und ich habe bereits den Plan gefaßt, ein bedeutendes Heldenepos über Euch zu dichten, gewaltiger als die Oddytas von Homersapiens. Und die neueste Kunde ist, der König der Polygonen hat seinen jüngst geborenen Sohn nach Euch benannt.“

Diethelm strahlte, wuchs förmlich, warf Heike einen triumphierenden Blick zu.

„Siehst du, alle anderen erkennen meine Heldentaten an, nur du nicht.“

„Wieso, der Name des Königssöhnchen paßt doch“, spottete Heike, „die Polygonen sind faule Bauern. Ihre Äcker sind stets übel bestellt.“ Diethelm überhörte dies. Was blieb ihm auch anderes übrig?

Er wandte sich Ingwert zu.

„Ich werde Euch alle meine Ruhmestaten berichten. Merket gut auf, damit Ihr auch nichts auslaßt. Und wenn Eurer Werk vollendet ist, so möget Ihr es zuerst auf Burg Übelacker vortragen. Ich bitte Euch darum.“

„Diethelm!“ mahnte nun Heike, „das wird eine lange Rede. Und wir werden den Fürstenhof nicht mehr vor Sonnenuntergang erreichen. Heute Abend habt ihr genügend Zeit, da könnt ihr bis Mitternacht schwatzen.“

„Das sind barsche Worte“, bemerkte Ingwert, „von einer Frau! Und das nehmt Ihr hin?“

„Ach, sie ist doch bloß ein keifendes Weib. Soll ich deswegen mein Schwert ziehen? Nein, ein Held muß Größe zeigen.“

„Ja, Ihr habt recht. Ein Löwe stört sich auch nicht am Geheule einer Hyäne.“

Heike blickte ihn finster an.

„Ihr bezeichnet mich als Hyäne!“ brauste sie auf, „nehmt das zurück oder ich muß Euch fordern.“

Ingwert erschrak sichtlich.

„Um Gottes Willen, Ritterin Heike, niemals würde ich Euch mit diesem krummbeinigen Aasfresser vergleichen. Mich hat nur im Eifer der Worte die Muse der Dichtkunst gebissen und so habe ich gefehlt. Ich bereue zutiefst, was ich gesagt habe. Und ich muß Euch recht geben. Ein Straßenrand ist nicht der Ort um Heldengeschichten zu erzählen. Das muß am Kaminfeuer bei einem Krug Wein geschehen. Ich stimme Euch vollkommen zu. Wir müssen aufbrechen.“

Dann fuhr er zu Diethelm gewandt fort.

„Den Worten einer weisen Frau zu folgen hat noch nie einem Helden geschadet, doch wie viele sind ins Unglück gestürzt, weil sie diese in den Wind geschlagen haben.“

Sie bestiegen ihre Pferde. Die beiden Männer begannen miteinander zu plaudern. Heike hielt sich zurück.

„Der Kerl lügt schneller als ein Hund mit dem Schwanz zu wedeln vermag. Diethelm besitzt doch keine Reichtümer um die er ihn betrügen kann. Warum schmeichelt er ihm dann so? Es kann nur sein, daß er sein Vertrauen erschleichen will. Vielleicht hegt er finstere Pläne, in die er Diethelm einzuspannen gedenkt. Ich werde wachsam sein müssen.“

Sie erreichten die Wazzenburg kurz vor Einbruch der Dunkelheit. Der Burghauptmann empfing sie nicht sonderlich freundlich.

„So, Ihr wurdet also von dem Fürsten von Tollpatien zum Ritter geschlagen. Das ist nun keine Empfehlung. Unser Fürst ist dem Kaiser treu ergeben und ist mit seinem verräterischen Vetter Arnimius dem Laschen verfeindet. Ich werde Euch melden, aber hofft nicht, daß der Fürst Euch empfangen wird. Auf der Burg könnt Ihr bleiben und Euch von den Strapazen Eurer Reise erholen, aber nicht als Gäste, Ihr werdet bezahlen müssen. Ihr erhaltet auch nur eine Kammer im Gesindehaus. Die guten Gemächer bleiben würdigen Besuchern vorenthalten.“

Dann wandte er sich Ingwert zu.

„Das gilt auch für Euch. Ich werde den Fürst fragen, ob Ihr Eure Kunst zum Besten geben dürft.“

Die Kammer enthielt zwei schmale Betten, einen roh zusammengezimmerten Tisch, zwei Hocker.

Heike und Diethelm ließen sich nieder.

„Gastlichkeit ist auf dieser Burg unbekannt“, meinte Heike, „wir sollten morgen weiterziehen.“

„Ungeduldiges Weibervolk“, knurrte Diethelm, „ich gehe erst, wenn ich Herrn Ingwert alle meine Abenteuer geschildert habe.“

„Mach was du willst“, brummte sie unwirsch.

Diethelm und Ingwert verbrachten den Abend miteinander, allerdings nicht am Kaminfeuer bei einem Krug Wein, sondern in Ingwerts Kammer bei einem Becher säuerlichem Bier.

Erst nach Mitternacht trennten sie sich.

„Bist du zum Aufbruch bereit?“ fragte Heike am nächsten Morgen als sie in der Küche vor einer Schale Kornbrei saßen, der ihnen als Frühstück dienen mußte.

„Aufbrechen? Wohin willst du aufbrechen?“ entgegnete Diethelm.

„In die weite Welt natürlich, Heldentaten vollbringen. Auf dieser ungastlichen Burg hier werden wir keine Abenteuer erleben.“

„Nein, ich werde noch bleiben.“

„Warum?“

„Herr Ingwert bat mich darum mit ihm zusammen die Burg zu erkunden.“

Heike schaute ihn fragend an.

„Aus welchem Grund? Warum will Ingwert die Burg kennenlernen?“

Diethelm atmete tief durch.

„Was seid ihr Weiber doch so töricht! Er dichtet Heldenepen! Wie will er das Leben und die Kämpfe auf einer Burg beschreiben, wenn er den Ort nicht genau kennt? Soll er seine Phantasie walten lassen, Falsches berichten? Dann wird man ihn verspotten. Die Anlage der Mauern, die Türme, die Höfe, das muß er doch alles kennen. Und dann gibt es noch geheime Gänge, Kammern, Verließe ...“

„Und auch eine Schatzkammer“, unterbrach ihn Heike.

„Ja, natürlich. Er muß doch die Kämpfe der Helden wahrheitsgetreu schildern, welche den Kaiser, die Könige, die Fürsten gegen die Schurken verteidigen, welche die edlen Herren töten und ihre Schätze rauben wollen.“

Heike schwieg.

„Hier paart sich zweifelsohne die Tücke Ingwerts mit der Einfalt Diethelms“, dachte sie, „er führt Übles im Schilde, will die Burg auskundschaften und Diethelm soll ihm als Gehilfe dienen. Ich muß wachsam sein.“

Diethelm und Ingwert trafen sich sehr oft in den nächsten Tagen, durchstreiften die Burg. Ingwert entdeckte eine Stelle auf der Mauer, die schlecht einsehbar war, der aber dennoch von den Wachen wenig Beachtung geschenkt wurde. Das verschwieg er aber Diethelm gegenüber, doch Heike bemerkte es.

Sie folgte ihnen heimlich, wann immer möglich. Sie erkannte bald, daß Ingwert wohl über eine gewisse Geschicklichkeit beim Aufspüren geheimer Wege verfügte. So entdeckte er bald eine verborgene Tür in einem zur Küche führenden Gang, der zum Abtransport von Unrat diente und nur wenig genutzt wurde. Die Tür ließ sich von innen und außen durch einen Hebel, der hinter einem drehbaren Stein verborgen lag, leicht öffnen. Der Weg dahinter führte zu einer Pforte an der Außenmauer der Burg, die sich allerdings nur von Innen öffnen ließ. Ein Fluchtweg also. Als Heike ihn vorsichtig abschritt, entdeckte sie nahe der Mauerpforte den Zugang zu einer Treppe. Sie endete an einer Tür.

Heike fragte sich, was wohl hinter der Tür verborgen sein könnte, lauschte angestrengt, vernahm aber keine Geräusche. Sie wagte es. Die Tür ließ sich auf die gleiche Art öffnen wie die anderen beiden. Sie drückte den Hebel, spähte vorsichtig in den dahinter liegenden Raum.

Niemand schien sich darin aufzuhalten. Sie betrat ihn – und befand sich in ihrer Kammer. Befriedigt schloß sie die Türe hinter sich.

Seltsamerweise nahm niemand Notiz von den Unternehmungen, offenbar weil alle zu sehr mit der Vorbereitung des Festes beschäftigt waren.

Der Fürst gab es zum fünfzigsten Jahrestag seiner Thronbesteigung und die wirklich Großen des Reiches sowie seine besten Freunde waren geladen, auch der Kaiser, der allerdings wegen dringender Amtsgeschäfte nicht anreisen konnte.

In der Tat hatten die stets von Geldnot geplagten polynomischen Grafen Alkholski und Krakelski beschlossen die Wazzenburg am Tag des Festes zu überfallen und im Handstreich zu erobern, da sie annahmen, daß an diesem Tage die Aufmerksamkeit der Wachen eher gering sei.

Sie glaubten daher leichtes Spiel zu haben um den Schatz des Fürsten zu rauben und obendrein zahlreiche edle Gäste als Geiseln zu nehmen und ihnen ein schweres Lösegeld abzupressen. Um ungesehen zu ihren Ziel zu gelangen begnügten sie sich mit einer kleinen Truppe von ungefähr hundert Männern, die aber allesamt tapfere, auserwählte Krieger waren. Ihr Plan bestand darin, durch einen geheimen Gang erprobte Kämpfer in die Burg einzuschleusen, welche die Torwache überwinden und die Zugbrücke herablassen sollten. Ingwert von Lygoft hatten sie vorausgeschickt um die Örtlichkeiten zu erkunden. Von Lygoft hieß eigentlich Franz Gifthay; er war ein Mann, der sich von jedem als Kundschafter anwerben ließ, der Übles im Schilde führte. Er hatte vor einigen Jahren das Reich verlassen um sich einer Ächtung zu entziehen.

Sie wußten allerdings nicht, daß die Grenzwache des Grafen Udo von Achenkrach sie bereits kurz nach Eindringen in die Wazzenmark entdeckt hatte, ihren Herrn alarmierte und dieser den Polygonen mit einer beträchtlichen Streitmacht folgte.