1,99 €
Katashi ist vom Pech verfolgt. Der 29-jährige Buchhalter verliert letztendlich auch seinen Job, weil seine Firma Konkurs gegangen ist. Um Trost zu finden, geht er in seine Lieblingsbar, das Forever, die er bereits einige Zeit nicht mehr besucht hatte. Dort trifft er nicht nur seinen Schwarm, den Barbesitzer Takai, sondern auch dessen Stellvertreter Shuichi.
Der Barkeeper mit den blauen Augen und den schwarzen Haaren ist stets fröhlich, doch allmählich wünscht er sich selbst eine feste Partnerschaft.
Er fühlt sich sofort zu dem glücklosen Buchhalter hingezogen. Blöd nur, dass er so gar nicht dessen Typ entspricht.
Aber er hat ja Zeit, sein Herz zu erobern, denn kurzerhand beschließt Takai den vom Pech verfolgten Buchhalter einzustellen.
Wird Shuichi seine Chance nutzen?
Wird Katashis Pechsträhne endlich ihr Ende finden?
Der zweite Teil der Forever-Reihe
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 197
In Teil 2 dreht sich alles um Takais rechte Hand und den neuen Buchhalter, der bald lernt, wenn man ganz unten ist, geht es nur mehr bergauf. Auch Pechvögel können Glück haben.
Wichtige Hinweise
Dieses Buch enthält homoerotische Szenen und ist für Leser unter 18 Jahren, sowie homophobe Menschen nicht geeignet.
Sämtliche Personen dieser Reihe sind frei erfunden und eventuelle Ähnlichkeiten mit realen Personen nur Zufall.
Der Tag hätte eigentlich so schön sein können. Das Wetter war herrlich und es ging ihm ganz gut. Zumindest war das am Morgen noch der Fall gewesen.
Katashi könnte mit seinen 29 Jahren ein erfolgreiches Leben führen. Noch vor zwei Jahren war alles gut gewesen. Er hatte in einer angesehenen Firma als Buchhalter gearbeitet, war erfolgreich gewesen. Er hatte eine Freundin gehabt, die seine Eltern gemocht hatten, und einer gemeinsamen Zukunft hatte nichts im Weg gestanden. Aber dann hatte seine Pechsträhne begonnen. Zuerst hatte er die Gehaltserhöhung nicht bekommen, für die er so hart gearbeitet hatte. Dann war er bei der Beförderung übergangen worden. Aus Frust war er in eine Bar gegangen, hatte getrunken und einen Filmriss bekommen. Am nächsten Morgen war er in einem fremden Bett aufgewacht. Und das noch dazu mit einem fremden Mann.
Er hatte diesen Vorfall vergessen wollen, sich aber immer wieder dabei erwischt, wie er in der Bar nach anderen Männern Ausschau hielt. Letztendlich hatte er angefangen, in Schwulenclubs zu gehen, die einen Darkroom hatten, welchen er auch nach seinem dritten Besuch benutzte. Er hatte sich jedes Mal im Nachhinein schlecht dabei gefühlt, dass er seine Freundin betrogen hatte. Zumindest, bis vor ein paar Wochen. Denn da hatte er sie im Bett mit seinem eigentlich besten Freund erwischt. Jetzt lebte er in einer kleinen Einzimmerwohnung mit Toilette im Flur. Zum Duschen musste er ins Fitnessstudio nebenan.
Heute hatte seine Pechsträhne jedoch ihren Höhepunkt gefunden. Er hatte seinen Job verloren. Um genau zu sein, war seine Firma Konkurs gegangen. Ein Kollege hatte die Firma betrogen, über Jahre hinweg Gelder abgezweigt und so das Unternehmen in den Ruin getrieben. Jetzt konnte Katashi nur mehr hoffen, dass er selbst heil aus der Sache herauskommen würde. Es fehlte nur noch, dass er wegen Betruges ins Gefängnis kam, obwohl er vollkommen unschuldig war.
Er seufzte. Seine Füße führten ihn ganz automatisch in das Viertel mit den Bars. Er blieb stehen und sah auf. Vor ihm war seine Lieblingsbar. Er war schon lange nicht mehr hier gewesen. Zu viel hatte er um die Ohren gehabt. Er hob den Blick und starrte auf den Namen der Bar. Forever. Der Name klang wie ein Versprechen. Vor zwei Jahren wäre die Bar fast Pleite gegangen. Doch dann hatte der Besitzer gewechselt und der Laden war an die Spitze gekommen. Katashi hatte sich hier immer wohl gefühlt. Die Bar war seine Zufluchtsstätte geworden. Hier konnte er für einige Zeit seine Probleme vergessen. Zumindest, bis zum nächsten Morgen.
Katashi betrat die Bar und war sofort in der Atmosphäre gefangen. Es herrschte geschäftiges Treiben. Viele Gäste waren hier. Die Angestellten waren sehr beschäftigt. Katashi steuerte die Bar an und ergatterte noch einen freien Hocker. Hinter der Theke entdeckte er den neuesten Mitarbeiter des Forever. Der junge Mann war richtig gut geworden, obwohl er vielleicht erst seit vier Monaten hier arbeitete.
Kaito entdeckte den neuen Gast und eilte gleich zu ihm.
„Was kann ich dir bringen?“, fragte er und sah sofort, dass es dem anderen Mann schlecht ging.
„Wie wär’s mit meinem Spezialdrink?“, schlug er vor. Der Ex-Buchhalter nickte nur.
Shuichi klopfte an die Bürotür seines Chefs. Sobald er die Erlaubnis aus dem Inneren erhielt, trat er ein. Der junge Barbesitzer saß hinter seinem Schreibtisch, vor ihm unzählige Papiere ausgebreitet. Der 35-jährige Schwarzschopf ließ sich auf den Besucherstuhl nieder und beobachtete seinen Chef, der gedankenversunken seine Papiere ordnete. In solchen Momenten sollte man ihn möglichst nicht stören, sonst würde er schlechte Laune bekommen. Zwar hatte sich das gebessert, seit ihr neuester Angestellter hier arbeitete und sich trotz aller Warnungen den jungen Barbesitzer geschnappt hatte, aber auch heute hieß es noch: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.
Shuichi erinnerte sich daran, wie Takai vor etwas mehr als zwei Jahren die Bar übernommen hatte. Der damals 19-Jährige hatte vor einer schier unmöglichen Aufgabe gestanden. Shuichi hatte gezweifelt, dass die Bar noch zu retten gewesen war, aber nachdem er Takais Einsatz und Engagement gesehen hatte, war ihm klar geworden, wenn es jemand schaffte, das Ruder noch herumzureißen, dann er.
Noch heute steckte der Junge voller Überraschungen. Riku hatte eine ausgezeichnete Menschenkenntnis. Bloß vom Geschäft selbst hatte er nicht sonderlich viel verstanden. Als Barkeeper war er immer gut gewesen, nur die Bürokratie und die Arbeit, die hinter den Kulissen stattfand, hatte er nie gemeistert.
Shuichi war ganz in Gedanken versunken, als Takai endlich aufblickte. Der Ältere zuckte leicht zusammen und richtete sich auf.
„Also, Takai, du wolltest mich sprechen?“, brach der Schwarzhaarige das Schweigen.
„Ja, wirf mal einen Blick darauf! Ich glaub, ich hab irgendwo einen Fehler reingebracht, aber ich finde ihn nicht. Mir schwirrt schon der Kopf davon.“, antwortete der junge Mann. Shuichi rückte näher an den Tisch und nahm die Unterlagen entgegen.
„Die Buchhaltung macht dir wohl immer noch Probleme. Die Behörden machen es einem aber auch nicht gerade einfach.“, kommentierte der Größere diese Bitte. Er ging die Buchhaltung durch. Vor Jahren hatte er mal einen Kurs besucht, aber inzwischen war vieles wieder vergessen. Riku hatte alles selbst gemacht. Nur Takai hatte ihn um Hilfe gebeten. Der Junge war eigentlich sehr selbstständig und distanzierte sich von anderen Menschen. Er hatte sich nie verliebt und fasste nur schwer Vertrauen. Ersteres hatte sich erst seit kurzem geändert. Aber Takai konnte durchaus Beruf und Privat trennen. Shuichi hatte sich damals sehr gewundert, wie einfach es Takai gefallen war, ihn um Hilfe zu bitten.
„Und? Was sagst du?“, fragte Takai schließlich.
„Hier hast du einen kleinen Zahlendreher. Der Fehler hat sich bis zum Schluss durchgezogen.“, antwortete Shuichi und deutete auf die besagte Stelle.
„Oh.“, gab der Barbesitzer nur von sich und korrigierte den Fehler.
„Wir brauchen echt einen richtigen Buchhalter. Auch wenn du das Chaos deines Onkels gemeistert hast, auf Dauer kommst du damit nicht weit. Sobald das Finanzamt mit der nächsten, neuen Vorschrift ankommt, sind wir geliefert.“, meinte Shuichi. Takai griff nach ein paar Akten und hielt sie seinem Stellvertreter hin.
„Viel Spaß damit. Ich hab das Gefühl, je mehr Bewerber ihre Unterlagen schicken, desto mehr Versager landen hier.“, meinte der Dunkelblonde gelassen. Shuichi nahm ihm die Akten ab und überflog sie schnell.
„Ach ja, und der kommt heute zu einem Gespräch. Ich muss noch ein paar Lieferanten kontaktieren. Beim Event gestern ist mehr von unseren Vorräten draufgegangen als gedacht. Ich hoffe, sie können morgen liefern.“, fügte Takai hinzu und gab Shuichi eine weitere Bewerbung. Der Stellvertreter legte die anderen Bewerbungen beiseite und überflog die eine. Dann stand er auf.
„Na gut, mal sehen, ob der was taugt. Ansonsten heißt es wohl weitersuchen.“, meinte er und verließ das Büro.
Shuichi saß dem älteren Mann gegenüber, der sein Bestes gab, um ihn von seinen Qualifikationen zu überzeugen. Blöd nur, dass Shuichi sich bereits informiert hatte und wusste, dass er meist schlampig gearbeitet hatte. Trotzdem hatte der Angestellte das Gespräch nicht abgesagt. Er mochte es zwar eigentlich nicht, aber es amüsierte ihn immer wieder, wenn er mit Bewerbern sprach, die sowieso nicht hier hereinpassten. Besonders die, die etwas zu verbergen hatten, waren lustig. Wenn sie ihre Unfähigkeit verstecken wollten und sich in Geschichten flüchteten.
„Also, ich denke nicht, dass Sie hier hereinpassen. Ihre kleinen Geschichten sind ganz nett, aber Ihr früherer Boss hat da ein bisschen was anderes erzählt.“, unterbrach Shuichi das Gespräch. Allmählich wurde es für ihn nämlich Zeit, dass er an die Arbeit ging. Dieses Bewerbungsgespräch war ohnehin nur eine Farce. Der Bewerber nahm diese Antwort gar nicht gut auf. Er schimpfte, als er seine Sachen packte, beleidigte die Bar und ging. Er hatte Glück, dass Takai das nicht gehört hatte.
Shuichi seufzte und ging hinter die Bar.
„Na, alles klar hier?“, wollte er von Kaito wissen. Dieser nickte, sah aber etwas besorgt zu einem Mann, der bereits halb auf der Bar lag.
„Was ist mit ihm?“, fragte Shuichi nach.
„Hatte wohl in letzter Zeit ziemlich viel Pech. Freundin weg, Job weg und er hat noch irgendwas von Gefängnis geredet. Aber ich hab ihn nicht richtig verstanden. Hat erst geredet, als er schon einiges intus hatte.“, antwortete Kaito. Shuichi musterte den betrunkenen Gast.
„Ich glaub, der war schon öfters hier. Einer von Takais Verehrern.“, meinte er schließlich.
„Bist du sicher? Dass er eine Freundin hatte, war deutlich.“, erwiderte Kaito. Shuichi zuckte mit den Schultern.
„Behalt ihn im Auge! Und gib ihm keinen Alkohol mehr! Nicht, dass er uns hier noch umkippt.“, meinte Shuichi.
Takai trat in seine Bar und holte sich von Shuichi ein Update bezüglich der Bewerbung.
„Er hat den falschen Beruf gewählt. Buchhalter war der nicht. Ich fürchte, da müssen wir weitersuchen.“, antwortete Shuichi.
Katashi wurde hellhörig. Das Forever suchte einen Buchhalter? Vielleicht spielte ihm sein benebelter Verstand auch schon Streiche? Er hob den Kopf und sah die Mitarbeiter hinter der Bar an. Neben dem schwarzhaarigen, großen Mann, der schon hier gearbeitet hatte, als Katashi die Bar das erste Mal besucht hatte, stand der kleine, junge Barbesitzer höchstpersönlich. Katashi seufzte, als er den Mann seiner Träume sah. Der Dunkelblonde war die pure Versuchung. Zu gern hätte er eine Nacht mit ihm verbracht. Von einer richtigen Beziehung wagte er nicht mal zu träumen. Der Junge war ein Genie. Katashi starrte seinen Schwarm an.
„Ich bin Buchhalter.“, gab er mit bleierner Zunge von sich und zog so die Aufmerksamkeit von den Angestellten auf sich. Er starrte den jungen Barbesitzer an und es war ihm egal, dass er so offen schwärmte.
Kaito gefiel der Ausdruck des betrunkenen Gastes gar nicht. Dieser zog seinen Liebsten ja schon förmlich mit Blicken aus. Am liebsten hätte der Angestellte seinen Chef an sich gezogen und ihn vor aller Augen geküsst, damit jeder sah, zu wem er gehörte.
Takai musterte den Betrunkenen. Er hatte Kummer. Das konnte jeder sehen. Aber inzwischen brauchte er dringendst einen Buchhalter. Und bloß, weil dieser Kerl im Moment einen nicht gerade guten Eindruck machte, hieß das nicht, dass er in seinem Job schlecht war. Takai nahm sich ein Glas, mixte einen Drink, für den er keinen Alkohol verwendete, und stellte ihm seinen Gast vor die Nase.
„Geht aufs Haus.“, sagte er und grinste ihn an.
Katashi starrte ihn an. Sein Schwarm war auf ihn aufmerksam geworden. Hatte ihm sogar einen Drink spendiert. Der Arbeitslose war gerührt. Takai stützte sich an der Theke ab und musterte ihn.
„Du bist also ein Buchhalter?“, fragte er interessiert. Katashi nickte eifrig.
„Ja, ich hab sogar alle Prüfungen abgelegt. Mit Auszeichnung bestanden.“, erzählte er und merkte, dass das Sprechen ihm schwer fiel. Er kostete von dem Drink vor ihm und fühlte sich sofort entspannt.
„Wo hast du gearbeitet?“, riss ihn die sanfte Stimme seines Schwarms aus seiner Trance. Er versuchte sich zu erinnern. Nur langsam konnte er antworten. Takai bohrte immer wieder nach, entlockte ihm Informationen. Katashi antwortete. Er überlegte nicht lange. Viel zu sehr freute er sich über das Interesse seiner Flamme an ihm.
„Warum interessiert sich Takai so für ihn? Sollte er ihn nicht rauswerfen? So betrunken wie er ist, sollte er doch nachhause gehen.“, meinte Kaito zu seinem Kollegen. Shuichi kicherte leise.
„Eifersüchtig? Vorhin hast du doch noch nicht so geklungen. Gefällt es dir nicht, dass unser Chef sich mit anderen unterhält?“, neckte der Ältere ihn. Kaito verschränkte die Arme vor der Brust und wandte beleidigt den Kopf ab. Das musste er sich nicht anhören.
Shuichi legte beschwichtigend einen Arm um dessen Schultern.
„Wir brauchen jemanden, der sich um unsere Buchhaltung kümmert. Jemand, der sich damit auskennt. Dieser Kerl ist Buchhalter und es scheint sehr danach, als ob er ohnehin gerade keinen Job hätte. Er hat eine schlechte Zeit, aber das heißt nicht, dass er nicht gut in seinem Job sein kann. Es gibt viele Gründe seinen Job zu verlieren. Das müsstest du doch am besten wissen.“, fuhr er fort.
Kaito seufzte. Er erinnerte sich noch zu gut daran, wie er seine vorherigen Jobs verloren hatte. Meistens war er nicht mal selbst daran schuld gewesen. Vor allem hatte es nichts mit seinen Fähigkeiten zu tun gehabt.
„Trotzdem. Der Typ ist betrunken. Wie will Takai da nur ein vernünftiges Bewerbungsgespräch führen? Mal abgesehen davon, dass nicht mal sicher ist, ob der Kerl Interesse hat.“, warf Kaito ein.
„Du musst die Leute besser einschätzen. Und je mehr Alkohol geflossen ist, desto redseliger werden die meisten Menschen. Sein Interesse ist ja wohl ziemlich klar, sonst hätte er sich vorhin nicht so eingemischt.“, erwiderte Shuichi.
„Hat er sich nicht eher eingemischt, um Takai zu beeindrucken?“ Kaito war klar, dass das Forever ohne richtigen Buchhalter auf lange Sicht aufgeschmissen war. Doch er wollte genau diesen Kerl nicht hier haben. Es war nämlich total offensichtlich, dass er seinen Liebsten für sich gewinnen wollte.
„Hm, da könnte was dran sein.“, stimmte Shuichi nachdenklich zu.
„Wir gehen jetzt. Kommst du alleine klar?“, fragte Takai seinen Stellvertreter.
„Klar. Ist ja nicht mein erster Tag. Außerdem sind kaum mehr Gäste da.“, erwiderte Shuichi. Dann beugte er sich zu seinem Chef.
„Viel Spaß euch beiden.“, raunte er ihm zu. Takai grinste etwas, drehte sich um und ging zum Eingang, wo Kaito bereits auf ihn wartete.
Shuichi sah den beiden hinterher. Sie würden jetzt um die Bars ziehen und dem Schwarzhaarigen war klar, wie ihre Nacht endete. Er seufzte leise bei diesen Gedanken. Wann hatte er das letzte Mal einen Mann im Bett gehabt? Wie gern hätte er mal wieder eine richtige Beziehung! Leider gab es kaum interessante Männer hier. Und die wenigen guten, die sich hierher verirrten, hatten nur Augen für Takai. Oder waren hetero.
Shuichi wandte sich ab und ging wieder an seine Arbeit. Er räumte die leeren Tische ab und stellte sich wieder hinter die Bar. Nur mehr zwei Tische waren besetzt und die Gäste amüsierten sich noch köstlich. Außerdem bestellten sie immer wieder Nachschub, weshalb Shuichi sie noch nicht hinauswarf. Er konnte noch Geschäft mit ihnen machen, also ließ er sie gewähren. An der Bar saß nur mehr der betrunkene Buchhalter. Shuichi gesellte sich zu ihm.
„Na, alles klar, Kumpel?“, sprach er ihn an. Er wollte eigentlich keine Unterhaltung führen, musste aber sicher gehen, dass der Gast noch in Ordnung und nicht bereits halbtot war.
Katashi hob den Kopf, stützte ihn auf einer Hand ab und musterte den Barkeeper, den er bisher nicht wirklich beachtet hatte.
„Klar. Mein Leben ist zwar ein Trümmerhaufen, aber ansonsten alles super.“, antwortete er in einem sarkastischen Tonfall.
Shuichi musterte den jungen Mann. Er trug einen Anzug, der inzwischen allerdings schon ziemlich zerknittert war. Der junge Buchhalter war 1,85 m groß, hatte hellbraunes, kurzes Haar und bernsteinfarbene Augen. Shuichi konnte sein Alter schlecht einschätzen. Er hatte feine Züge, die ihn jungenhaft erscheinen ließen. Gleichzeitig zeugten seine Augen davon, dass er älter war, als er schien. Shuichi fiel auf, wie attraktiv sein junger Gast eigentlich war. Er fand ihn sogar ziemlich anziehend. Er überlegte nur kurz, ehe er sich dazu entschied, den jungen Mann aufzumuntern. Er griff sich die Flasche Bourbon, schnappte sich zwei Gläser und stellte sie vor dem Gast ab. Dann goss er jedem etwas ein.
„Ich lad dich ein.“, sagte er und zwinkerte ihm zu.
Katashi sah den Barkeeper erstaunt an.
„Danke.“, meinte er kleinlaut und nahm sofort einen Schluck.
„Also, so schlimm kann es ja nicht sein.“, begann Shuichi.
„Oh doch! Es ist schlimm. Ich hab eine ausgewachsene Pechsträhne. Es hat schon vor zwei Jahren angefangen. Eigentlich hätte ich eine Gehaltserhöhung bekommen müssen, hab ich aber nicht. Und bei der Beförderung bin ich auch übergangen worden. Ich hab mir nie etwas zuschulden kommen lassen. Aber dann… Alkohol tut mir nicht gut. Ich mach Fehler, wenn ich trinke. Ich wollte vergessen und hab zu viel getrunken. Am nächsten Morgen bin ich neben einem Hänfling aufgewacht. Dabei hab ich eigentlich eine Freundin. Naja, hatte. Ich hab öfters mit Männern geschlafen. Ich wollte es eigentlich nicht, aber… verdammt, es war so gut.“, erzählte Katashi frei heraus.
„Kann ich verstehen. Mit einem Mann ist es immer toll. Der weiß schließlich, was ein Mann wirklich will.“, zwinkerte Shuichi. Katashi freute sich irgendwie verstanden zu werden.
„Und mit deiner Freundin hat es nicht mehr geklappt, weil sie davon erfahren hat?“, bohrte er nach.
„Schön wär’s. Nein, ich hab sie nur mit meinem besten Freund erwischt. Naja, inzwischen Ex-bester-Freund. Der Supergau ist ja, dass ich heute auch noch meinen Job verloren hab. Ich bin aber nicht gefeuert worden. Nein, die Firma ist Konkurs. Hat Pleite gemacht, weil mein lieber Kollege sich etwas abgezweigt hatte. Fehlt nur mehr, dass die Staatsanwaltschaft der Meinung ist, ich hätte von der Sache gewusst und mitgemacht.“, fuhr Katashi mit der Erzählung seines Lebens fort.
Shuichi musterte seinen Gast und dachte angestrengt nach. Katashi wartete auf eine Reaktion ab.
„Und? Was sagst du dazu?“, bohrte er schließlich ungeduldig nach.
„Was soll ich schon groß dazu sagen? Ich fürchte, ich hab keine bessere Geschichte auf Lager. Wie wär’s mit Nachschub?“, antwortete der Ältere und goss beiden nach.
Die zwei tranken und unterhielten sich gut.
Es wurde spät. Shuichi schickte die anderen Gäste fort, machte sauber und kümmerte sich um die Abrechnung.
„Kommst du nachhause?“, fragte er Katashi, der noch an der Bar saß und den Stellvertreter beobachtet hatte. Er brauchte einen Moment, dann rutschte er vom Barhocker. Er schwankte stark.
„Geht schon.“, meinte er, machte einen Schritt, stolperte aber prompt über seine eigenen Füße. Er landete der Länge nach am Boden der Bar. Shuichi beugte sich über die Theke.
„Alles in Ordnung?“, fragte er, erhielt als Antwort aber nur einen Laut, den er mit viel Fantasie als ‚Ja‘ identifizieren konnte. Er überlegte nicht lange, sondern ging um die Bar. Der Schwarzhaarige griff dem Betrunkenen unter die Schultern und half ihm auf die Beine. Dann führte er ihn zu einem Hocker zurück.
„Warte hier, bis ich fertig bin! Ich bring dich nach oben. Über der Bar gibt es freie Zimmer, die wir nutzen können.“, erklärte Shuichi, wartete einen Moment ab, ob Katashi sich an seine Anweisung hielt und machte dann seinen Abschlussrundgang durch die Bar. Er checkte, ob alle Türen geschlossen und alle Geräte abgeschaltet waren. Sobald er fertig war, ging er zu seinem Gast zurück. Er legte sich den Arm des Jüngeren um die Schultern und geleitete ihn nach hinten. Gemeinsam stiegen sie die Treppen hoch. Neben dem Büro befand sich der Schlüsselkasten. Shuichi hatte Mühe den Kasten zu öffnen und gleichzeitig Katashi abzustützen, doch schließlich gelang es ihm, einen Schlüssel herauszuholen. Sie steuerten das Treppenhaus an.
Katashi konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten. Ohne Shuichi wäre er schon einige Male gefallen. Er stützte sich an dem athletischen Mann ab und genoss die Wärme.
Shuichi schaffte den Unglücksvogel neben sich in eine der Wohnungen. Es gab einen großen Bereich, der in Küche und Wohnzimmer unterteilt war, sowie Bad und Schlafzimmer. Alle Wohnungen hier waren grundsätzlich gleich aufgebaut. Und bis auf die Wohnung des Chefs gab es hier nur eine Standardeinrichtung. Shuichi begleitete Katashi in Richtung Schlafzimmer. Der Angestellte brachte den Ex-Buchhalter zum Bett und ließ ihn darauf nieder.
„Kommst du jetzt alleine klar?“, fragte der Ältere. Der Jüngere schüttelte den Kopf und begann einfach seinen Anzug auszuziehen. Shuichi wollte zuerst gehen, doch da Katashi aufstand und immer wieder umfiel, konnte er es nicht recht. Der Buchhalter fiel ihm regelrecht in die Arme und klammerte sich an ihm fest. Jacke und Krawatte hatte er schon ausgezogen, das Hemd geöffnet.
„Willst du nicht bei mir bleiben?“, fragte der Jüngere in anzüglichem Tonfall. Shuichi wunderte sich etwas, aber er dachte nicht lange darüber nach. Katashi begann damit, den Barkeeper auszuziehen. Er sah immer wieder in die strahlendblauen Augen. Katashi schlang seine Arme um den Hals des Größeren und presste seine Lippen auf dessen.