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Das Forever, die angesagteste Bar der Stadt.
Der 24-jährige Kaito Kaisha träumt davon Barkeeper zu werden. Nie hätte der blutige Anfänger erwartet, wirklich eine Chance in dieser Bar zu bekommen. Seine letzte Chance, denn seine Eltern stehen nicht hinter seinen beruflichen Zukunftswünschen.
Das Forever hält allerdings noch einige Überraschungen bereit.
Die größte ist der Besitzer selbst, der junge Takai, ein Geschäftsgenie. Das beste Beispiel dafür, dass man ein Buch nie nach seinem Einband beurteilen darf.
Kaito fühlt sich sofort zu ihm hingezogen, doch seine Chancen sind gering.
Denn Takai verliebt sich nie. Seine Beziehungen sind lieblos.
Kann Kaito trotzdem sein Herz erobern?
Der erste Teil der Forever-Reihe.
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Der erste Teil der Forever-Reihe rund um Takai und seine Angestellten.
Über zwei Jahre hat es gedauert, ehe der noch namenlose Barbesitzer mit speziellem Charakter seine eigene Geschichte bekommen hat und auch seine Angestellten Form angenommen haben.
Wichtige Hinweise
Dieses Buch enthält homoerotische Szenen und ist für Leser unter 18 Jahren, sowie homophobe Menschen nicht geeignet.
Sämtliche Personen dieser Reihe sind frei erfunden und eventuelle Ähnlichkeiten mit realen Personen nur Zufall.
Hier stand er nun und blickte empor. Die Straße des bekannten Clubviertels war noch nicht so gut besucht, aber das würde sich mit der Zeit ändern. Es war noch früh, die Passanten wenig. Er schenkte den anderen Etablissements wenig Beachtung. Er war zwar neu in diesem Stadtviertel und kannte diese Gegend kaum, doch heute interessierte ihn nur die Bar vor ihm. Er war etwas nervös und wischte sich die feuchten Hände an der engen Jeans ab. Er strich sein Hemd glatt, fuhr sich mit den Fingern durch sein kurzes, dunkelbraunes Haar und prüfte dessen Sitz. Er wollte einen guten Eindruck machen. Die Tür vor ihm führte ihn schließlich nicht in irgendeine x-beliebige Bar, sondern in seine zukünftige Arbeitsstätte. Hoffentlich. Einen Monat würde er dort zur Probe arbeiten. Wenn er gute Arbeit leistete, könnte er auf eine Festanstellung hoffen. Das Forever hatte einen guten Ruf. Es gab hier die besten und originellsten Drinks. Das Sortiment änderte sich quasi täglich. Außerdem gab es hier gutes Essen.
Kaito Kaisha hatte sich bisher kaum über die Angebote dieser Bar schlau gemacht. Die letzten Wochen hatte er mit Üben und Lernen verbracht. Er hatte schon immer Barkeeper werden wollen. Seine Eltern hatten nie viel von diesem Traum gehalten, aber er hatte sich nicht unterbringen lassen. Er hatte sich mit diversen Gelegenheitsjobs durchgeschlagen und immer wieder in diversen Bars gearbeitet. Aber bisher hatte er immer wieder Probleme an seinen Arbeitsplätzen gehabt. Meist war er mit seinen Kollegen nie so richtig warm geworden. Vor ein paar Wochen dann hatte ein Kollege ihm den Tipp gegeben. Das Forever suchte einen neuen Mitarbeiter. Der Laden war im Vergleich zu anderen Bars eher klein, aber die Qualität stimmte wohl. Jeder Barkeeper in der Gegend kannte diesen Laden und sie würden fast alles tun, um dort eine Anstellung zu bekommen. Aber die Aufnahmekriterien waren wohl hart.
Kaito konnte sein Glück immer noch nicht fassen. Als blutiger Anfänger hatte er sich bei seiner Bewerbung wenige Chancen ausgerechnet. Dennoch hatte er sein Glück versucht. Sein Großvater hatte ihm eingebläut: Von nichts, kommt nichts. Seine Bewerbung war ziemlich unspektakulär ausgefallen, aber er war trotzdem genommen worden. Zumindest zum Probearbeiten. Er hatte einen Monat Zeit sich zu beweisen. Dazu zählte auch einen guten ersten Eindruck zu machen. Er blickte auf seine Armbanduhr. Fünf vor halb Sechs. Perfekt! Fünf Minuten vor seinem Termin.
Er atmete noch einmal tief durch, dann setzte er sich in Bewegung. Ohne Zögern ging er durch die Tür ins Innere. Dort verharrte er und blickte sich um. Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. An seiner linken Seite lag gleich die Theke, hinter der sich unzählige Flaschen Alkohol reihten. Ein Anblick, der sein Herz höher schlagen ließ. Der Raum war groß. An der rechten Wand war eine Art kleine Bühne, die man zu besonderen Anlässen nutzen konnte. Bei normalem Betrieb standen jedoch zwei Tische samt Stühlen darauf und bot zusätzlichen Platz. Etwa die Hälfte der Tische war besetzt. Die meisten Gäste waren in Begleitung und unterhielten sich bei verschiedenen Getränken oder dem guten Essen, das hier noch serviert wurde. An einem Tisch saß auch eine kleine Familie samt Kindern. Kaito musterte die Wände. Die Deko war schlicht gehalten, aber geschmackvoll. Schon als er zum ersten Mal hier gewesen war, bei seinem Vorstellungsgespräch, hatte ihm die Atmosphäre hier gefallen. Es war ruhig und entspannt, auch wenn er sich sicher war, dass es hier auch anders zugehen konnte. Kaito wandte sich um und steuerte die Bar an. Dahinter stand eine junge Frau, höchstens Ende zwanzig. Ihr rötliches Haar war zu einem strengen Pferdeschwanz zusammengebunden, nur eine Strähne hatte sich gelöst. Kaitos Blick wanderte ihren Körper hinab. Sie trug eine weiße Bluse, die Ärmel etwas hochgekrempelt, und darüber die ärmellose, dunkelblaue Weste mit dem Logo der Bar auf dem Rücken und dem eingestickten Namen an der Brust. Um den Hals hatte sie locker eine dunkelblaue Krawatte gebunden. Die typische Arbeitsuniform. Die Frau polierte gerade geschäftig ein paar Gläser, als sie von Kaito Notiz nahm. Sie hielt das Glas in ihrer Hand hoch, begutachtete es kurz und stellte es dann zu den anderen, sauberen Gläsern ab. Mit dem Geschirrtuch über der Schulter kam sie zu dem Neuankömmling rüber und lächelte ihn keck an. Sie legte den Kopf schief, ließ ihren Blick kurz an ihm runterwandern und zwirbelte die lose Strähne zwischen ihren Fingern.
„Was kann ich dir bringen?“, fragte sie mit rauchiger, verführerischer Stimme. Kaito zog die Augenbrauen hoch und fühlte sich für einen Moment geschmeichelt. Doch sofort rief er sich zur Besinnung. Diese Frau würde ab heute seine neue Kollegin sein. Da konnte er sich jetzt keine Fehler erlauben. Sonst könnte es ungemütlich werden.
„Ähm, nichts, danke. Ich bin Kaito Kaisha. Ich fang heute hier an.“, erwiderte er. Sofort verschwand der flirtende Ausdruck aus dem Gesicht.
„Ah, der Neue.“, meinte sie, lehnte sich vor und musterte ihn prüfend. Einen Moment hatte Kaito Angst, sie könne ihn nicht mögen und Probleme mit ihm haben, doch sie wischte seine Sorgen mit einem freundlichen Lächeln beiseite.
„Ich heiße Satsuki.“, stellte sie sich vor und streckte ihm die Hand entgegen, die er zögernd ergriff.
„Der Chef musste kurzfristig weg. Gab irgendwelche Schwierigkeiten mit einem Lieferanten. Jedenfalls wird Shuichi dich einweisen. Er ist gerade im Büro. Durch die Tür da und dann die Treppe rauf. Erste Tür rechts. Kannst es nicht verfehlen.“, fuhr sie fort und deutete bei ihren letzten Worten ans Ende der Bar. Kaito bedankte sich für die Auskunft und setzte sich in Bewegung.
Als er an die Tür zum Büro klopfte, erklang aus dem Inneren ein gedämpftes ‚Herein‘. Kaito öffnete die Tür, trat ins Büro und wagte einen kurzen Rundumblick. Das Vorstellungsgespräch hatte im Gästebereich stattgefunden, als nur wenig losgewesen war. Deshalb kannte er das Büro auch noch gar nicht. Im Zimmer stand ein gewaltiger Schreibtisch aus Mahagoni, der den Raum dominierte. Dahinter befand sich ein Regal mit unzähligen Büchern und Ordnern. Auf der anderen Seite des Raumes befand sich eine Ledercouch mit Tisch, die zum gemütlichen Zusammensitzen einlud. Eine Tür führte wohl in ein angrenzendes Bad. Kaito sah sofort zum Schreibtisch. Shuichi, der Stellvertreter des Chefs, saß dahinter und hatte vor sich ein paar Papiere ausgebreitet. Der Mittdreißiger war gut durchtrainiert, hatte einiges an Muskeln, wirkte aber noch natürlich. Die leichte Bräune verlieh ihm den Eindruck, dass er gerade erst aus dem Urlaub gekommen war. Er sah auf und lächelte Kaito an. Dieser bemerkte, dass sein zukünftiger Kollege gerade telefonierte. Mit einer Geste deutete dieser ihm, auf dem Stuhl vor ihm Platz zu nehmen. Stumm setzte sich Kaito. Sein Blick wanderte durchs Büro und blieb dann erneut an seinem Gegenüber hängen. Er musterte gedankenverloren das attraktive Gesicht mit den hohen Wangenknochen. Das schwarze Haar glänzte. Er hatte die vorderen Haare zur Seite gekämmt, aber sie fielen ihm immer wieder vor die Augen, woraufhin er sie mit einer schnellen Bewegung wegwischte. Kaito lehnte sich leicht gelangweilt im Stuhl zurück und beobachtete jede Regung auf dem Gesicht des anderen. Seinen Worten hatte er bereits einige Informationen entnommen. Der Gesprächspartner war mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit der Chef. Dieser war also wieder nicht da. Er war bei einem seiner Getränkelieferanten. Es ging um schlechte Qualität bei der letzten Lieferung. Kaito erinnerte sich an das Vorstellungsgespräch. Damals war der Chef ebenfalls nicht da gewesen. Er hatte also seinen Boss noch gar nicht kennengelernt. Shuichi hatte das Gespräch geführt.
Dieser legte endlich auf und widmete seine gesamte Aufmerksamkeit seinem Gegenüber.
„Also, Kaito, freut mich, dass du hier bist. Wie du vermutlich schon mitbekommen hast, ist der Boss noch verhindert, aber du wirst ihn kennenlernen, sobald er zurückkommt. Bis dahin werde ich dir alles zeigen.“, meinte Shuichi und lächelte ihn an.
„Bevor wir beginnen, hast du schon irgendwelche Fragen?“, wollte er wissen.
„Naja, ich… Wegen meiner Arbeitsbedingungen und der Bezahlung…“, begann Kaito und fühlte sich unwohl. Er hatte es noch nie gemocht, über solche Dinge zu sprechen.
„Das wird der Chef mit dir klären.“, antwortete Shuichi und stand auf, da er keine Fragen mehr erwartete. Kaito erhob sich ebenfalls und folgte dann Shuichi in den Flur.
„Die Tür dort führt ins Treppenhaus. Oben befinden sich ein paar Wohnungen.“, begann Shuichi die Führung und deutete anschließend auf einen Kasten neben der Tür des Büros. Daran hing ein Schloss mit Zahlenkombination.
„Hier drin befinden sich die Schlüssel zu den Wohnungen. Sie sind alle unbewohnt, bis auf eine, die gehört dem Chef. Die anderen kann jeder Mitarbeiter nutzen, wenn er zum Beispiel nach Dienst zu fertig ist, um nachhause zu fahren. Oder auch als vorübergehenden Wohnsitz, aber das müsstest du mit dem Chef besprechen.“, erklärte Shuichi. Kaito nickte und lächelte etwas. Der Boss schien sich um seine Angestellten gut zu kümmern. Überhaupt hatte er viel Gutes über den Besitzer der Bar gehört. Aber er konnte wohl auch anders sein. Wenn jemand den Ruf der Bar schädigte, könnte dieser Jemand das bitter bereuen.
Shuichi hatte sich abgewandt und war bereits die ersten Stufen der Treppe hinabgestiegen, als der Neuling aus seinen Gedanken erwachte.
„Was ist da drin?“, wollte er wissen, bevor sie ins untere Stockwerk gingen. Shuichi drehte sich wieder um und folgte der angedeuteten Richtung.
„Ah, bloß eine Abstellkammer. Da ist Putzzeug drin, falls du mal was brauchst.“, antwortete er. Die beiden Männer gingen gemeinsam ins Erdgeschoss und Shuichi zeigte dem Neuen die Küche, gefolgt von dem Vorratslager und abschließend dem Pausenraum der Mitarbeiter.
„Sind das eigentlich alle, die hier arbeiten?“, wollte Kaito wissen. Bei seinem Rundgang hatte er in der Küche Roy kennengelernt, der sich bereits auf seinen Feierabend vorbereitete. Neben ihm, Shuichi und Satsuki zählte Kaito drei Angestellte. Plus diesem ominösen Boss arbeiteten hier also vier Leute. Mit ihm wären es dann fünf. Shuichi lachte in sich hinein.
„Naja, nicht ganz. Wir haben noch zwei fixe Angestellte und eine Aushilfe, die kommt, wenn mal Not am Mann ist. Aber die kommt nur etwa alle drei Wochen.“, erklärte er und schob Kaito nach vorne.
Sie kamen in den Gästebereich.
„Alles klar, Satsu?“, erkundigte sich Shuichi bei der Frau hinter der Bar. Diese bereitete bereits einige Drinks zu und stellte sie auf ein Tablett.
„Geht schon. Aber der große Ansturm wird wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen.“, antwortete sie, nahm das Tablett und ging dann zu einem Tisch, an dem eine kleine Männergruppe saß, die vorhin noch nicht da gewesen war. Kaito sah sich um und stellte fest, dass die Bar voller war als vorhin. Automatisch checkte er die Gäste ab, aber es war nichts dabei, was ihn interessierte. Schnell wandte er sich wieder an seinen Kollegen. Erwartungsvoll sah er ihn an.
„Gut, grundsätzlich hast du alles gesehen. Die Details musst du dann mit dem Boss besprechen. Ich kann jetzt nicht mehr wirklich was tun. Am besten, du fängst einfach mit der Arbeit an.“, meinte Shuichi. Kaito nickte eifrig und schielte bereits zur Bar. Auf den Regalen standen die unterschiedlichsten alkoholischen Getränke und selbst von hier erkannte Kaito die Qualität.
„Immer langsam mit den jungen Pferden.“, raunte Shuichi ihm plötzlich ins Ohr. Kaito zuckte zusammen. Der heiße Atem des Älteren hatte ihm Schauer den Rücken hinunter gejagt.
„Heute musst du dich mit Kellnern zufriedengeben. Der Chef muss sich erst mal deine Qualitäten ansehen, ehe er dich mit deinen Kreationen auf die Gäste loslässt. Ansonsten kann er ja nicht für die Qualität garantieren und du willst doch nicht, dem Ruf des Forever schaden.“, erklärte der Schwarzhaarige zwinkernd. Kaito seufzte. Er hätte es wissen müssen. Aber fürs Erste würde er sich mit Kellnern zufriedengeben. Das gehörte schließlich auch zu seinem Job. Schon bei seinem Einstellungsgespräch hatte man von ihm Flexibilität bezüglich seiner Aufgaben verlangt.
Kaito hatte sich voller Elan an die Arbeit gemacht, sobald Shuichi ihm eine Weste mit dem Logo der Bar gegeben hatte. Die Kleiderordnung für die Mitarbeiter hier war lockerer als andernorts. Die Hose sollte schwarz, grau oder blau sein, auf keinen Fall schrille Farben haben. Für oben wurde Hemd oder Bluse bevorzugt, darüber trug man die Weste und eine Krawatte in derselben Farbe. Man sollte stilvoll gekleidet sein, durfte seine Uniform aber so aufpeppen, wie man wollte. Kaito war froh, dass er sich für ein schlichtes Outfit entschieden hatte. Statt seines Namens stand auf der Weste ‚Neuling‘. Ein paar der Gäste, die schon einiges getrunken hatten, fanden es lustig, ihn immer wieder so zu rufen, wenn sie Nachschub wollten. Er rang sich immer wieder zu einem freundlichen Lächeln durch und überging die Witze auf seine Kosten. Mit Betrunkenen sollte man sich besser nicht anlegen. Besonders wenn sie fast das Doppelte auf die Waage brachten, wie man selbst.
„Mach dir nichts draus! Die Typen haben zwar eine große Klappe, aber sobald der Boss zurück ist, werden sie kleinlaut.“, raunte ihm Satsuki zu, als Kaito ein Tablett mit leeren Gläsern wieder an die Bar brachte. Er verzog die Lippen und blickte zu dem Tisch mit den grölenden Hünen. In seinem Kopf formte sich ein Bild des Chefs. Zwei Meter groß, ein richtiges Muskelpaket mit strengem Blick. Ja, so stellte er sich seinen Chef vor. Satsuki kicherte, als könnte sie seine Gedanken lesen. Doch Kaito verstand ihre Reaktion nicht recht. Zum Nachhaken blieb aber keine Zeit, weil gerade die Tür aufging und eine Gruppe Frauen, offensichtlich ein Junggesellinnenabschied, betrat die Bar. Kaito setzte ein charmantes Lächeln auf, begrüßte die Feiernden und brachte sie zu einem Tisch im hinteren Bereich, um gleich die Bestellung aufzunehmen.
Kaito stellte sich an den Rand und verschnaufte kurz. Der größere Andrang schien sich beruhigt zu haben und er hatte Gelegenheit zum Durchschnaufen. Aber lange blieb er nicht ungestört. Jemand tippte ihm auf die Schulter. Er drehte sich um und sah direkt in Shuichis grinsendes Gesicht.
„Der Boss ist wieder da. Gerade ist nichts los, also solltest du dich mal anständig vorstellen.“, teilte er ihm mit und drehte sich dann wieder um, ehe Kaito überhaupt antworten konnte. Einen Moment blieb er wie erstarrt stehen. Gleich würde er den Kerl kennenlernen, der diesen Laden hier so erfolgreich führte. Nervosität machte sich in ihm breit. Er hatte von einem ehemaligen Kollegen einmal gehört, dass er gleich wieder rausgeworfen worden war, bloß weil er dem Barbesitzer nicht gefallen hatte. Jetzt kam es also darauf an. Er eilte sofort zur Treppe, blieb stehen, richtete seine Kleidung etwas und stieg dann mit selbstbewussten Schritten nach oben. Doch mit jeder Stufe verlor er an Selbstbewusstsein. Er hatte seinen Eltern versprochen, würde er dieses Mal seinen Job verlieren, würde er das abgebrochene Studium wieder aufnehmen und in das Unternehmen seines Vaters einsteigen. Das hier war also seine letzte Chance, seinen Traum zu leben. Er durfte es nicht vermasseln. Viel zu schnell war er oben angekommen. Er bemerkte, dass die Tür zum Büro einen Spalt offen stand. Im Raum waren zwei Personen, die vor dem Schreibtisch standen und heftig stritten. Kaito trat vor die Tür und schubste sie leicht an, damit sie weiter aufging. Er hatte einen guten Blick auf die Szene. Er rang mit sich, ob er reingehen oder hier abwarten sollte. Er wollte sich angemessen vorstellen, aber er wollte nicht in diesen Streit hineinplatzen.
Einer der Streitenden war 1,90 m groß und Mitte 40. Er trug Jeans und Hemd. Die Krawatte verlieh ihm die Ausstrahlung eines Geschäftsmannes. War das sein neuer Chef?
„Was soll das heißen? Meine Geschäfte laufen gut. Ich muss mir von einer halben Portion wie dir nicht sagen lassen, wie ich meine Bar zu leiten habe.“, brüllte der Kerl gerade und funkelte sein Gegenüber an. Vor ihm stand das komplette Gegenteil. Der Mann war gerade mal 1,60 m und erst Anfang 20. Seine Beine steckten in engen, schwarzen Jeans, die seinen kleinen Hintern gut zur Geltung brachten. Das weiße Hemd saß locker und die dunkelblaue Weste passte ihm gut. Die obersten Knöpfe des Hemdes waren offen und zeigten ein Stück der haarlosen Männerbrust. Um seinem Hals hing lose die Krawatte. Das dunkelblonde, schulterlange Haar war locker hochgesteckt. Der zerzauste Look war ausgesprochen attraktiv und verführerisch. Kaito konnte seinen Blick kaum von dem Jüngeren lassen. Dieser hatte eine entspannte Haltung eingenommen. Er fühlte sich offensichtlich im Vorteil, wusste, dass er nicht laut werden musste, um seinen Standpunkt klar zu machen. Sein Gesicht war ausdruckslos.
„Du beutest deine Angestellten aus und deine Preise sind der pure Wucher. Außerdem schadest du dem Forever. Das kann ich nicht dulden. Ich hoffe, dir ist bewusst, dass ich einige deiner schmutzigen, kleinen Geheimnisse kenne. Willst du, dass sie an die Öffentlichkeit geraten?“, sprach der Kleine ruhig. Er ließ sich von der Größe des anderen kein bisschen einschüchtern. Das Gesicht des Älteren wurde bleich. Er setzte zu einer Erwiderung an, rang eine Weile um Fassung.
„Na schön.“, zischte er und wandte sich um. Kaito machte schnell einen Satz zurück, als die Tür bereits ganz aufgerissen wurde und der Mann vor ihm stand. Der Ältere warf nur einen kurzen, abschätzigen Blick auf ihn, dann wandte er sich wortlos der Treppe zu und verschwand nach unten. Verdutzt starrte ihm Kaito hinterher. War sein Chef gerade abgehauen? Einfach so? Was sollte er jetzt machen?
„Tut mir leid, dass du das mitbekommen hast.“, erklang plötzlich eine ruhige Stimme aus dem Inneren des Büros. Kaito sah zu dem jungen, dunkelblonden Mann hin, der sich noch im Raum befunden hatte.
„Du musst Kaito sein. Eigentlich wollte ich dich selbst einweisen.“, fuhr er fort. Kaito riss überrascht die Augen auf und starrte ungläubig auf den Blonden vor sich. Diese halbe Portion war tatsächlich sein Chef? Er musterte die Gestalt. Schlanke Figur. Zählte eher zu der Sorte androgyner Jungs. Das Gesicht war schmal mit femininen Zügen, dünnen, einladenden Lippen und tiefgründigen, braungrünen Augen. Kaitos Herz machte einen Satz. Er bevorzugte Frauen, aber bei einer attraktiven Erscheinung wie seinem Gegenüber würde er ohne Hemmungen eine Ausnahme machen. Der schlanke Mann machte einen Schritt zur Seite und deutete dem neuen Angestellten einzutreten. Kaito folgte der stummen Aufforderung.
„Zurzeit drehen ein paar Lieferanten durch und die Konkurrenz benutzt schmutzige Tricks. Ich hasse es, wenn jemand den Ruf meiner Bar schlecht redet, bloß weil er seine eigene nicht führen kann.“, seufzte der Chef, während er die Tür schloss und zu seinem Schreibtisch ging.
„Du bist echt der Chef hier?“, platzte es aus Kaito heraus. Er konnte es immer noch nicht glauben.
„Stört dich das?“, erwiderte der andere ruhig.
„Äh, nein, aber… du bist so… so jung und klein.“, antwortete er ehrlich, wurde sich aber erst hinterher bewusst, dass er gerade einen großen Fehler gemacht haben könnte. Er hatte seinen Chef beleidigt! Jetzt konnte er seinem Traumjob Ade sagen.
Der blonde Jüngling ließ seinen Blick auf- und abwandern. Ein Mundwinkel zog sich leicht nach oben und auf seinem Gesicht erschien ein leicht arroganter Ausdruck.
„Ich weiß.“, antwortete er kurz angebunden und setzte sich auf seinen Stuhl. Er wartete geduldig darauf, dass Kaito ebenfalls Platz nahm, ehe er fortfuhr.
„Ich habe die Bar von meinem Onkel übernommen. Vor etwa zwei Jahren hatte er genug hiervon. Der Laden hatte nur mehr Verluste gemacht, die Kundschaft blieb aus, der Ruf war schlecht. Mit einem Verkauf hätte er seine Schulden kaum tilgen können. Ich hatte geerbt, ihm das Geld überlassen, damit er auf Weltreise gehen kann und den Laden ganz neu aufgebaut. Jetzt fühlen sich die anderen Barbesitzer bedroht und wollen mich ruinieren.“, erzählte der Boss des Forever und musterte dann Kaito prüfend.
„Du solltest wissen, dass du nie nach dem Äußeren gehen darfst. Ich bin gut in dem, was ich tue. Ich besitze Weitblick, was den meisten Geschäftsbesitzern fehlt. Ich suche meine Angestellten sorgfältig aus. Sie müssen hier reinpassen. Sobald jemand Ärger macht, fliegt er raus.“, fuhr er fort, dann beugte er sich vor, stützte die Ellbogen am Schreibtisch ab, faltete die Hände und legte sein Kinn darauf ab.
„Ich brauche Leute, die ihre Meinung sagen und auch mal Kritik anbringen, wenn sie etwas auszusetzen haben. Versteh mich nicht falsch, ich halte nichts von diesem ‚Wir sind alle eine große, glückliche Familie‘-Quatsch. Wir sind alle Erwachsene und ich respektiere die Meinung meiner Angestellten. Hast du ein Problem mit mir als deinen Vorgesetzten?“, fragte der junge Chef, der so viel reifer wirkte. Er schien wirklich zu wissen, wovon er sprach.
Kaito brauchte einen Moment, ehe er kapiert hatte, dass er etwas gefragt worden war. Der Anblick hatte ihn einfach zu sehr fasziniert. Dieser Kerl vor ihm war einmalig.
„Äh, ich… nein, ich… denke nicht.“, antwortete er etwas überrumpelt. Der Ausdruck seines Chefs wirkte amüsiert. Also hatte er ihn bisher nicht wirklich verärgert.
„Ich heiße übrigens Takai. In der Regel sind wir hier mit allen per Du. Ich hasse außerdem Arschkriecherei. Versuch mir also nicht zu schmeicheln, wenn du es nicht wirklich ernst meinst.“, erklärte der Chef. Kaito nickte und überlegte, ob er etwas antworten sollte, aber er fand jede übliche Floskel überflüssig.