Hot Love - Ma Neko - E-Book

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Ma Neko

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Beschreibung

Roy liebt seinen Job im Forever. Der Koch aus Leidenschaft könnte sich nichts Schöneres vorstellen, auch wenn er gut auf die wöchentlichen Besprechungen verzichten könnte. Das Leben des temperamentvollen Briten könnte so schön sein, fehlte nur noch eine Frau für sein Glück.

Der eher gefühlskalte Ichiro kann die Entscheidungen seines kleinen Bruders nicht akzeptieren. Er sucht die Bar auf und will Kaito von seinem alten Leben überzeugen.

Dabei trifft er auf Roy, der ihn von der Wichtigkeit guten Essens überzeugen will.

Die beiden unterschiedlichen Männer kommen anfangs gar nicht klar, doch mit der Zeit bemerken sie, dass sie mehr gemeinsam haben als gedacht.

Können sie wirklich Freunde werden? Oder vielleicht sogar mehr?

Teil 3 der Forever-Reihe

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Ma Neko

Hot Love

Forever 3

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Vorwort

Runde 3 für die Crew des Forever. Diesmal stattet Kaitos Bruder der Bar einen Besuch ab und trifft dort auf den Koch, der mit dessen Art so gar nicht zurecht kommt. Die beiden sind wie Feuer und Wasser, könnten unterschiedlicher gar nicht sein und verbringen doch plötzlich ziemlich viel Zeit miteinander. Ob sie wirklich Freunde werden können? Oder entwickelt sich vielleicht sogar mehr daraus?

 

 

Wichtige Hinweise

 

Dieses Buch enthält homoerotische Szenen und ist für Leser unter 18 Jahren, sowie homophobe Menschen nicht geeignet.

 

Sämtliche Personen dieser Reihe sind frei erfunden und eventuelle Ähnlichkeiten mit realen Personen nur Zufall.

1. Gegensätze

Roy saß am Küchentresen seines Arbeitsplatzes und blickte in seinen Notizblock. Unzählige Kritzeleien waren auf der Seite verteilt. Manches konnte der 25-Jährige kaum mehr entziffern. Er fuhr sich mit einer Hand durch sein blondes Haar. Ein paar Strähnen fielen ihm wieder ins Gesicht. Der Koch des Forever sollte allmählich wieder einen Friseur aufsuchen. Aber er fand einfach keine Zeit dafür.

„Ich weiß, dass dich dieser Teil der Arbeit nicht gerade begeistert, aber wenn du weiterhin so abwesend bist, werden wir nie fertig.“, riss die Stimme seines Chefs ihn aus seinen Gedanken. Roy senkte schuldbewusst den Kopf.

„Tut mir leid.“, gab er von sich und blickte dann in Takais Notizen.

„Also, weiter im Text. Ich muss die neuen Menükarten heute Nachmittag in Auftrag geben. Du musst dich entscheiden, was du täglich anbieten kannst. Die Tagesgerichte variieren ja.“, lenkte der junge Barbesitzer ab. Roy seufzte, blätterte seine Notizen weiter und suchte sich passende Rezepte. Ein Glück waren diese Besprechungen nur selten.

Das Forever bot seit einer Woche auch Frühstück an. Takai hatte einen zweiten Koch angestellt, der Roy in der Küche unterstützen sollte. Am liebsten wäre der Koch aus Leidenschaft jeden Tag hier in der Küche gestanden. Dieser Arbeitsplatz war größer als seine alten. Hier konnten locker drei Köche arbeiten, ohne sich in die Quere zu kommen. Und noch eine Handvoll Küchenhilfen hatten ebenso Platz. Aber Roy konnte alle Gerätschaften für sich alleine nutzen. Nun ja, fast. Zu den stressigeren Zeiten half ihm Takai aus. Sein neuer Kollege nutzte die Küche nur, wenn er selbst nicht hier war. Der Neue war nur Aushilfe, kein fester Bestandteil des Forever-Teams. Die Küche war also Roys Reich.

Der Koch riss sich aus seinen Gedanken los und konzentrierte sich auf seinen Chef.

 

Der junge Mann rümpfte die Nase, als er die Fassade der Bar musterte. Er verkehrte nicht in solchen Kreisen. Doch er hatte ein bestimmtes Vorhaben. Seine Eltern hatten aufgegeben und die Situation als gegeben angenommen, doch er konnte das nicht. Er prüfte sein Erscheinungsbild, richtete erneut die Krawatte und sammelte sich. Er hasste Menschenansammlungen. Er hasste Bars, Clubs, Restaurants, in denen man seine Sitznachbarn noch beim Flüstern belauschen konnte. Der Kontakt zu Menschen war ihm schon immer schwer gefallen. Vermutlich lag das einfach an seinen Gedanken. Er mochte die Förmlichkeit bei Geschäftsterminen. Smalltalk fiel ihm schwer und zwischenmenschliche Beziehungen gestalteten sich bei ihm immer schwierig. Er konnte schlecht auf die Gefühle anderer eingehen und dementsprechend schlecht auf nonverbale Signale reagieren. Seine Familie kannte ihn und konnte damit umgehen, aber bei Fremden eckte er oft an. Er hatte nur wenige Freunde.

Leicht schüttelte er den Kopf. Seit Kaito sein Studium abgebrochen hatte, hatte Ichiro diese nachdenklichen Momente. Doch jetzt konnte er sich davon nicht beirren lassen.

Entschlossenen Schrittes betrat Ichiro die Bar. Er sah sich aufmerksam um. Er hatte extra eine Zeit gewählt, in der hier nicht allzu viel los sein dürfte. Doch scheinbar hatte er sich verkalkuliert. Jeder Tisch war besetzt und die Leute genossen noch ihr Frühstück. Eine ältere Kellnerin lief zwischen den Tischen herum, schenkte Kaffee nach und nahm noch Extrawünsche mit einem Lächeln entgegen. Sie bemerkte den neuen Gast, doch sie kam nicht direkt auf ihn zu. Sie tänzelte durch den Raum, fragte an manchen Tischen nach Wünschen und rückte immer näher zur Tür.

„Guten Morgen, mein Herr! Leider sind alle Tische besetzt. Wollen Sie an der Bar Platz nehmen?“, grüßte sie freundlich. Sie klang sympathisch und Ichiro fand, dass sie gut in diesen Dienstleistungssektor passte. Er verstand es, auch wenn er es nicht wirklich nachvollziehen konnte.

„Guten Morgen! Ich will nichts essen. Ich bin hier, um mit Kaito Kaisha zu sprechen.“, antwortete der junge Mann. Der Kellnerin musterte interessiert sein Gesicht.

„Sie kennen Kaito?“, bohrte sie nach. Nicht aus Neugier, eher aus Vorsicht. Haruka war ganz Mutter und sah ihre Kollegen im Forever als zweite Familie an. Vermutlich lag das auch daran, weil hier der Altersdurchschnitt sehr niedrig war.

„Er ist mein Bruder.“, gab Ichiro Auskunft. Sofort verschwand die Vorsicht und Haruka lächelte ihn wieder ganz warmherzig an.

„Ach so, sag das doch gleich.“, meinte sie. Der Jüngere ließ ihren plötzlichen Wechsel vom ‚Sie‘ zum ‚Du‘ einfach unkommentiert.

„Kaito ist gerade unterwegs. Setz dich doch und entspann dich! Ich gebe Takai Bescheid. Er weiß, wann Kaito wiederkommt.“, fuhr die Kellnerin fort, legte ihre Hand auf seinen Arm und dirigierte ihn zur Bar. Bevor er protestieren konnte, stellte sie ihm bereits eine Tasse vor die Nase und goss Kaffee hinein. Dann wandte sie sich ab und verschwand in der Küche.

 

Roy keuchte erleichtert auf. Endlich stand fest, was in der Speisekarte stehen würde. Und die Tagesgerichte für die kommende Woche waren ebenfalls bereits abgesegnet. Jetzt konnte er endlich wieder seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen. Doch bevor er aufstehen konnte, trat Haruka ein. Mit ihren 41 Jahren zählte sie zu den ältesten hier. Lediglich der ehemalige Besitzer Riku, Takais Onkel, hatte ihr Alter noch überboten. Allerdings befand dieser sich seit fast zwei Jahren auf Weltreise. Der Koch hatte ihn nie persönlich kennengelernt. Die zweifache Mutter erkundigte sich zuerst bei dem jungen Barbesitzer, ob sie störte, ehe sie ihr Anliegen vorbrachte.

„Eben ist ein Gast gekommen. Er hat sich als Kaitos Bruder vorgestellt und möchte diesen gerne sprechen.“, klärte sie den jungen Mann auf. Takai nahm es mit gleichgültiger Miene zur Kenntnis.

„Ich kümmere mich drum.“, teilte er seiner Angestellten mit, wandte sich aber wieder den Notizen zu. Roy musterte seinen Chef. Vier Jahre trennten sie. Und eine ganze Kultur.

Der 25-Jährige Koch kam ursprünglich aus Großbritannien. Vor zwei Jahren war er in dieses Land gekommen, hatte große Träume gehabt. Sein Vater war Franzose und ein berühmter Koch. Schon von klein auf hatte Roy von ihm gelernt, dass es wichtig war, seinen Horizont zu erweitern. Deshalb hatte er, sobald er 18 geworden war, in Küchen auf jedem Kontinent gekocht. Er hatte gelernt, sich Wissen angeeignet, experimentiert, Küchen kombiniert. Lange hatte er es nie an einem Ort ausgehalten. Meistens hatte man ihm nur minderwertige Zutaten zur Verfügung gestellt. Oft waren die Bedingungen eher schlecht gewesen. Er hatte sich nie richtig entfalten können. Doch dann hatte er vom Forever gehört. Er hatte sich am Anfang nur so beworben, hatte kein wirkliches Interesse gehabt. Aber dann war er eingeladen worden, zusammen mit anderen Bewerbern. Er hatte die Küche gesehen, hatte ein eigenes Gericht kochen dürfen und hatte den Besitzer kennengelernt, der nach nur einem einzigen Bissen bereits wusste, ob jemand Können besaß oder seinen Beruf verfehlt hatte. Seit acht Monaten war er nun hier und könnte glücklicher nicht sein. Aber seinen wirklichen Traum hatte er sich noch nicht erfüllt. Er wollte ein neues Gericht kreieren, das sogar seinen Vater davon überzeugen würde, dass er zu einem wahren Meister seines Fachs geworden war. In anderen Küchen konnte er das nicht. Da gab es nicht so viel Platz und die Zutaten waren beschränkt. Aber wenn Roy sich etwas Neues ausdachte, exotische Zutaten brauchte, konnte er Takai darum bitten und erhielt sie. Sein Budget war begrenzt. Wenn er in einem Monat zu viel für Zutaten ausgab, musste er im nächsten mit weniger auskommen oder sich privat einen Vorrat beschaffen. Doch Takai förderte sein Talent. Wenn seine Gerichte mehr Gewinn brachten, wurde auch sein Budget erhöht. Ein zusätzlicher Ansporn für ihn.

„Das Mittagsgeschäft geht bald los. Kümmere dich um die Vorbereitungen!“, riss Takai ihn erneut aus seinen Gedanken. Roy zuckte etwas zusammen. Schon wieder abgedriftet! Er rutschte vom Stuhl und ging wieder zu seiner Arbeitsplatte. Er musste alle Gerichte vorbereiten. Vorbereitung war das A und O. Ansonsten würde er ohne Hilfe hier nicht lange durchhalten.

 

Ichiro starrte die schwarze Brühe vor sich an. Er hatte keinen Kaffee gewollt. Er hasste es, wenn ihm jemand etwas aufzwang. Aber eigentlich hasste er es viel mehr, wenn man ihn warten ließ. Zeit war Geld! Dieser Ausspruch war sein Lebensmotto. Er hielt nicht viel von Träumen. Da bemerkte er, dass hinter dem Tresen jemand aufgetaucht war und direkt vor ihm stehen blieb. Der Student hob den Blick und musterte sein Gegenüber. Anfang 20, dunkelblond, klein und schmächtig, androgyn. Genauso hatte Makani den Besitzer der Bar beschrieben. Ichiro musterte den jungen Mann, versuchte herauszufinden, was so besonders an ihm war. Schließlich besaß nicht jeder so ein Talent, eine bankrotte Bar wieder an die Spitze zu bringen.

„Du bist also Kaitos älterer Bruder?“, sprach der Barbesitzer ihn an und musterte ihn.

Der ältere Bruder seines Geliebten war 1,91 m groß und hatte kastanienbraunes Haar. Seine Augen leuchteten grün, besaßen aber nicht die Warmherzigkeit, die sein kleiner Bruder aussandte.

„Ja, ich muss mit meinem Bruder sprechen. Aber die Kellnerin hat mir gesagt, dass er unterwegs ist.“, gab der Gast von sich. Takai verglich im Geiste die beiden Brüder. Äußerlich besaßen sie eine gewisse Ähnlichkeit, doch charakterlich könnten sie nicht unterschiedlicher sein. Das wurde dem Barbesitzer bereits nach diesen wenigen Worten klar.

„Kaito ist mit meinem Stellvertreter bei einem Lieferanten. Sie müssten in den nächsten 20 Minuten wieder zurück sein.“, klärte der Besitzer ihn auf. Ichiro nickte, blickte auf seine Uhr und dachte nach. Aber er hatte sich für heute nichts vorgenommen. Er hatte nicht gewusst, wie lange das Gespräch mit seinem Bruder dauern würde. Deshalb hatte er vorgehabt, den restlichen Tag mit Lernen zu füllen. Er beschloss hier zu warten. Jetzt nachhause zu gehen, brachte nichts. Die Zeit war so oder so verschwendet.

„Gut, ich werde warten.“, gab er von sich. Takai wandte sich ab und gab seiner Angestellten Bescheid, dass er im Büro sein würde.

Ichiro blickte sich im Gästebereich um. Allmählich änderte sich die Kundschaft. Als er gekommen war, hatten vor allem ältere Personen oder Frauengruppen die Tische okkupiert. Doch jetzt kehrten immer mehr Geschäftsleute ein.

2. Erste Begegnung

 

Roy war bereits voll beschäftigt. Er war in seinem Element und bereitete Bestellungen am laufenden Band zu. Im Laufe der Zeit hatte er seine Abläufe soweit optimiert, dass alles reibungslos verlief. Er summte gerade ein Lied, schwenkte eine Pfanne und rührte gleichzeitig im Topf um, als Haruka hereinkam.

„Roy, Kaitos Bruder wünscht etwas ganz Einfaches. Er will nur etwas Nahrhaftes.“, teilte sie ihm mit.

„Will er was von der Karte? Hat er sich in irgendeiner Form genauer ausgedrückt?“, bohrte Roy nach.

„Nein, gar nichts. Ich hab ja nachgefragt, aber er hat jeden Vorschlag abgewehrt.“, antwortete sie kopfschüttelnd. Roy dachte einen Moment darüber nach.

„Ich lass mir was einfallen. Kümmere du dich um die anderen Gäste!“, erwiderte er und dachte nach. Er konnte es gar nicht leiden, wenn jemand so pingelig war. Aber er wollte auch seine Gäste nicht enttäuschen. Das würde nämlich Takai gar nicht gefallen. Und es ging hier um Kaitos Bruder. Das war also kein Gast wie jeder andere. Es war ihm ein persönliches Anliegen, jeden Gast von der Wichtigkeit des Kochens zu überzeugen. Fertiggerichte schön und gut, aber Roy konnte damit gar nichts anfangen. Für gutes Essen musste man nicht Stunden in der Küche verbringen. Mit dem richtigen Rezept und einigen Zutaten konnte man schnell etwas Gutes zaubern.

Roy entschied sich für ein Curry mit Reis. Er benutzte sein eigenes Rezept. Schnell hatte er das Gericht fertig und auf einem Teller arrangiert.

„Das wird diesem Banausen schon passen.“, murmelte er zu sich selbst und verließ die Küche.

 

Ichiro trommelte unruhig mit dem Fingern auf der Bar herum. Er hatte das Warten satt. Aber Kaito war immer noch nicht aufgetaucht. Unruhig saß der 26-Jährige da, als ihm ein Teller vor die Nase gestellt wurde. Er blickte auf und musterte den Mann vor sich, der ihn angrinste. Er erkannte den herausfordernden Blick nicht. Der Mann hatte blondes Haar, die er mit einem Tuch zurückgebunden hatte, und hellbraune Augen. Mit seinen 1,80 m war der Koch des Forever nicht gerade klein, aber immer noch mindestens einen halben Kopf kleiner als Kaitos Bruder.

„Hier, bitte sehr! Ich hoffe, du bist zufrieden. Das ist Curry mit Reis á la Roy.“, brach der Blondschopf sein Schweigen. Gespannt wartete Roy ab.

Ichiro bemerkte den intensiven Blick und senkte den eigenen. Er sah auf sein Essen. Nichts Aufwendiges. Er griff nach dem Löffel, inspizierte skeptisch das Curry, schob sich dann aber etwas davon in den Mund. Er kaute akribisch.

Roy beobachtete den Gast aufmerksam. Sein Gesicht verriet nichts. Aber dass es sich nicht angewidert verzog, nahm der junge Koch als gutes Zeichen. Dennoch wusste er nicht weiter. Er wollte, dass sein Essen den Leuten ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Deshalb hasste er auch Restaurantkritiker. Die hatten meistens ein so ausdrucksloses Gesicht, dass man schon dachte, es säße bloß eine Statue dort. Und dieser Mann hier könnte locker ein Kritiker sein.

Ichiro schluckte.

„Ganz okay. Aber ich halte nicht viel von solchen Experimenten. Eine Dose Fertignudeln tut’s auch.“, gab er von sich.

Roy schlug mit den Händen auf die Theke.

„Fertignudeln?! Das nennst du Essen? Ist ja wohl nicht dein Ernst! Hast du eine Ahnung, was da alles drin ist? Unnötige Konservierungsstoffe und sonstige Chemikalien, die der Körper gar nicht braucht. Ein gesunder Geist steckt in einem gesunden Körper. Und ein gesunder Körper braucht eine ausgewogene Ernährung.“, schrie der Koch den großen Mann vor sich an. Ihm war es egal, dass die halbe Bar ihn perplex ansah. Wenn es ums Essen ging, verstand der junge Koch keinen Spaß.

Ichiro musterte den blonden, aufgebrachten Mann. Es kam schon öfters vor, dass seine Gesprächspartner sich über einen Kommentar von sich aufgeregt oder irgendwie anders reagiert hatten. Er verstand selten diese Reaktionen. Auch jetzt konnte er das Verhalten seines Gegenübers nicht nachvollziehen.

 

„Roy!“, erklang eine strenge Stimme vom Flur her, der zu den anderen Räumen führte. Roy zuckte zusammen. Er erkannte seinen Fehler. Er hatte nicht nur einen Gast angefahren, er hatte es auch noch so laut und offenkundig getan, dass die ganze Bar es mitbekommen hatte. Dafür würde er großen Ärger von Takai bekommen. Roy war zwar in Großbritannien geboren und aufgewachsen, aber seine Mutter hatte lateinamerikanische Wurzeln. Das meiste hatte er von seinem Vater. Seine Mutter hatte ihm nur ihr Temperament vererbt.

„Was hab ich dir gesagt, wenn du Kontakt zu Gästen hast?“, fragte Takai ruhig.

In Ichiros Ohren klang er sehr gelassen. Roy hingegen hörte den lauernden Unterton. Wie die Ruhe vor dem Sturm. Er senkte schuldbewusst den Blick und kratzte sich verlegen im Nacken.

„Ich soll ruhig und gelassen bleiben, mich nicht über negative Kommentare aufregen und mit meiner Meinung hinterm Berg halten.“, antwortete der Koch resigniert.

Takai wandte sich an Ichiro, doch ehe er etwas sagen konnte, trat ein anderer hinzu.

 

„Ichiro? Was machst du denn hier?“, fragte Kaito und trat neben seinen Bruder.

Ichiro wandte sich ihm zu.

„Ich wollte mit dir reden. Aber du warst nicht da.“, antwortete dieser. Kaito wusste, wie sehr sein Bruder Warten hasste. Er blickte in die Runde und merkte, dass etwas nicht ganz stimmte.

„Ist was passiert?“, fragte Kaito gerade heraus.

„Ich hab nur gesagt, dass ich etwas Einfaches wie Fertignudeln bevorzuge. Da ist dieser Mann laut geworden.“, erzählte Ichiro und deutete auf den Blondschopf vor sich.

Kaito sah seine Kollegen an und seufzte.

„Tut mir leid, wenn er dich aufgeregt hat. Ichiro ist leicht soziopathisch veranlagt. Er versteht nicht, was seine Kommentare für andere bedeuten. Seid nachsichtig mit ihm! Er meint es nicht böse.“, entschuldigte er sich für seinen großen Bruder.

„Kaito, ich bin doch kein kleines Kind mehr. Du musst dich nicht für mich entschuldigen.“, erwiderte Ichiro. Kaito legte ihm die Hand auf die Schulter.

„Doch, muss ich. Solange du selbst nicht kapierst, was du für einen Schaden anrichtest.“, widersprach der junge Barkeeper.

„Ich geh mich umziehen und komm gleich wieder.“, fügte er hinzu und steuerte den Flur an. Er tauschte mit Takai noch kurz einen liebevollen Blick aus, ehe er nach hinten ging. Im Pausenraum der Mitarbeiter öffnete er seinen Spint und zog sich um. Weißes Hemd, dunkelblaue, ärmellose Weste mit Logo auf dem Rücken und seinem Namen auf der Brust, sowie eine Krawatte in demselben Blau. Die typische Arbeitskleidung in dieser Bar.

Takai war ihm in den Raum gefolgt und hatte sich ihm genähert. Der Barbesitzer legte von hinten seine Arme um die Hüften seines Angestellten, streckte sich und küsste ihn in den Nacken. Kaito kicherte leise. Sein Liebster war ausgesprochen anhänglich, sobald sie alleine waren. Aber bei ihrem Größenunterschied mussten sie gerade ein eher lächerliches Bild abgeben.

„Ihr habt lange gebraucht. Wo ist Shuichi?“, fragte der Kleinere. Sein Angestellter drehte sich um und umschlang die zierliche Gestalt mit seinen Armen.

„Dieser neue Lieferant hatte eine ziemliche Show abgezogen. Wir haben nachgehakt, er ist nervös geworden und wir haben herausgefunden, dass die Qualität seiner Produkte eigentlich gar nicht so gut war. Wir haben einfach lange diskutierte. Shuichi kann dir das dann genauer erzählen. Aber erst morgen. Als wir auf dem Rückweg waren, hat seine Schwester angerufen. Sie braucht wohl einen Babysitter. Ich hab ihm gesagt, ich richte es dir aus und übernehme seine Schicht. Das ist doch okay, oder?“, erzählte der junge Barkeeper und sah seinen Geliebten an.

„Ja, geht klar. Sag mal, weißt du, was dein Bruder von dir will?“, antwortete Takai.

„So wie ich ihn kenne. Vermutlich will er mich dazu überreden, wieder mein Studium aufzunehmen und gemäß dem Wunsch unserer Eltern mir eine nette Frau zu suchen und eine Familie zu gründen.“, gab der Ältere von sich. Der Blick seines Liebsten wurde gequält.

„Mach dir darüber keinen Kopf! Ich könnte dich nie verlassen und ich liebe auch das Forever viel zu sehr. Fast so sehr wie dich. Und was Ichiro sagt, darfst du nicht so ernst nehmen. Er hat es nicht so mit Gefühlen und versteht auch nicht, warum manche Menschen alles wegwerfen würden für einen anderen.“, beruhigte er seinen Kleinen und küsste ihn.

„Aber wenn ich es mir so überlege… Eigentlich müsstet ihr im Großen und Ganzen gut miteinander auskommen.“, fügte er hinzu. Takai grinste ein bisschen.

„Na, wenn du meinst. Jetzt ab an die Arbeit!“

3. Anliegen

 

Roy blickte seinem Chef nach. Da war er noch mal davongekommen. Wenn er sich jetzt ruhig verhielt, würde Takai seinen Ausraster vielleicht vergessen. Der Koch konnte seinen Chef gut leiden. Normalerweise kam er mit Menschen, die so gut wie keine Gefühle zeigten, kaum aus, doch bei Takai war es etwas Anderes. Er zeigte zwar seine Gefühle kaum, sprach sie aber dafür aus. Er bekam selten etwas in den falschen Hals. Und auch wenn man ihn für kaltherzig und berechenbar halten konnte, er war auch großzügig. Außerdem besaß er Leidenschaft. Er liebte seine Bar und zeigte das auch. Deshalb konnte sich Roy auch mit den Eigenheiten seines Arbeitgebers arrangieren.

Noch in Gedanken versunken wandte er sich an den Bruder seines Kollegen. Die Züge im Gesicht waren hart und es war kaum ein Mienenspiel zu sehen. Doch dem Blonden fiel auf, dass der Mann durchaus attraktiv war. Er strahlte eine eigenartige Unnahbarkeit aus, die auf manche Frauen vermutlich ziemlich anziehend wirkte.