Das verwunschene Zimmer - Divina Michaelis - E-Book

Das verwunschene Zimmer E-Book

Divina Michaelis

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Beschreibung

Eine „geistreiche“ Novelle mit leichter Erotik.

Zwei Dinge sind es, die Rebekka von Gellern laut Ehevertrag keinesfalls tun darf, will sie nicht sämtliche Ansprüche auf den Zugewinn verlieren: fremdgehen und von sich aus die Scheidung einreichen.


Dass ihr Gatte diese Klausel nicht aus Liebe, sondern aus Berechnung in den Vertrag gebracht hat, wird ihr bereits kurz nach der Trauung klar. Spielte er ihr als Stefan Säuerli vor der Hochzeit noch große Verliebtheit vor, tat er anschließend als Stefan von Gellern alles, um ihr das Leben schwer zu machen und sie dadurch zum Aufgeben ihrer Ehe zu bewegen.


Als er nach drei Jahren vergeblicher Repressalien für sie beide eine Hotelsuite bucht, ahnt sie noch nicht, dass etwas mit diesen Räumlichkeiten nicht stimmt und er das in vollem Bewusstsein in Kauf nimmt. Und dann lernt sie Gabriel kennen, der schon bald mehr als nur eine Versuchung für sie ist …

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Veröffentlichungsjahr: 2018

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Divina Michaelis

Das verwunschene Zimmer

Mein großer Dank gilt Astrid und Sophie, die immer wieder dafür sorgen, dass meine Texte den letzten Schliff bekommen.BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Information

 

Das verwunschene Zimmer

 

 

 

 

 

 

 

 

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Vervielfältigung und Nachdruck, auch in Auszügen, sind nur mit Genehmigung der Schriftstellerin gestattet.

 

 

 

 

In der Falle

 

Mit großen Augen sah Rebekka sich um und nahm das moderne Ambiente in sich auf, während ihr Mann sich um ein Zimmer kümmerte. Von außen war das Hotel Salzberger Hof noch das alte Herrenhaus, das hier seit weit über einem Jahrhundert stand, doch die Empfangshalle strafte das Äußere Lügen, als hätten der Erbauer und der Innenarchitekt eine persönliche Fehde auszutragen gehabt.

Der graue Klavierlacktresen der Rezeption passte zu den vielen Stahlkonstruktionen, die mithilfe von Glas und Spiegeln dem Raum eine enorme Größe vermittelten. Das alles wurde von dezent verdeckten Lichtleisten beleuchtet, die die kleinste Nische erhellten. An strategisch günstigen Orten standen Skulpturen, die die Exklusivität dieses Hotels weiter verdeutlichten. Eine große Tafel wies auf die Annehmlichkeiten hin, die das Haus zu bieten hatte, und wo sie zu bekommen waren. Alles wirkte teuer und kalt – so kalt wie ihr Mann. Zu ihm passte es.

„Und Sie sind sicher, dass Sie wirklich diese Suite wollen?“, fragte der Concierge des Hotels ihn gerade, was Rebekka merkwürdig fand. Ebenso irritierend fand sie allerdings auch, dass ihr Mann mit ihr eine Suite nehmen wollte, die preislich weit über dem lag, was er sonst für sich und seine Freundin buchte. Ja, sie wusste von seinem Verhältnis, weil er ihr das regelmäßig unter die Nase rieb. Es war auch nicht sein erstes, aber sie hatte keine Handhabe gegen ihn. Nervös strich sie über ihr Silberarmband mit den Bergkristallherzen – das Einzige, das ihr Mann an ihrem Outfit nicht bezahlt hatte.

„Die Einrichtung ist … sehr speziell. Wir hätten auch eine, die erheblich mehr Ihrem Stil entspricht“, fuhr der Mann fort, „und sie ist günstiger.“

Unsicher sah Rebekka erst an sich herunter und anschließend ihren Gatten an. Sie beide trugen teure Markenkleidung und sahen nicht aus, als könnten sie es sich nicht leisten. Warum wollte er sie in einem anderen Zimmer einquartieren? Was meinte er mit „speziell?“?

„Natürlich bin ich mir sicher!“, insistierte Stefan ärgerlich und knallte die schwarze American Express auf den Empfangstresen.

„Natürlich“, murmelte der Mann hinter dem Tresen, verzog sein Gesicht zu einem Lächeln, das seine Augen nicht erreichte, und ergänzte das Wort mit: „Herr von Gellern.“ Er sah aus, als fühle er sich unbehaglich. Trotzdem nahm er die Schlüssel zur Suite vom Haken und reichte sie dem Pagen. „Ihre Koffer werden Ihnen gleich nachgebracht. Wünschen Sie ein Zimmermädchen, das Ihnen beim Auspacken hilft?“

Rebekka fiel auf, wie die Augen ihres Mannes bei der Erwähnung des Zimmermädchens aufleuchteten. Sicherlich hatte er etwas anderes als Kofferauspacken im Sinn, doch dann sah er sie an, kniff die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.

„Nein danke, das übernehmen wir selbst.“ Womit er natürlich Rebekka meinte, denn er würde keinen Handstreich machen. Wahrscheinlich wäre er nicht einmal mehr im Zimmer, wenn sie die Sachen verstaute.

„Wie Sie wünschen, Herr von Gellern. Der Page geleitet sie nach oben. Wir wünschen Ihnen und Ihrer Gattin einen angenehmen Aufenthalt.“

 

Obwohl Rebekka und Stefan bereits seit drei Jahren verheiratet waren, hörte sich der Nachname in Verbindung mit ihrem Mann immer noch ungewohnt an. Er passte nicht zu ihm. Als sie beide sich kennenlernten, hatte er Säuerli geheißen, tat äußerst verliebt und versprach ihr die Sterne vom Himmel. Bis zu ihrer Hochzeit vier Wochen später war er ein wirklich guter Schauspieler gewesen, danach hatte er es nicht mehr für nötig gehalten und zeigte ihr sein wahres Gesicht.

In Wirklichkeit war er nur auf ihren Nachnamen scharf, wie sie schon kurz nach der Trauung feststellen durfte. Sie konnte es ihm nicht einmal verdenken, dass er einen anderen Nachnamen annehmen wollte, denn als Stefan Säuerli wurde er nicht genug ernst genommen, um größere Geschäfte abzuschließen, und seine Initialen weckten nur böse Erinnerungen. Aber nie hätte sie geglaubt, dass ihr „von Gellern“ für ihn offenbar das einzig Attraktive an ihr war und er sie nur geheiratet hatte, weil der Name ihm geschäftlich und gesellschaftlich alle möglichen Türen öffnete. Seit er seine Kunden mit diesem Nachnamen hofierte, hatten sich seine Einkünfte deutlich vervielfacht. Zudem war er bei allen möglichen Veranstaltungen ein an- und gern gesehener Gast.

Seine Liebe hatte er ihr lediglich vorgetäuscht und zeigte nicht einmal Interesse an Körperlichkeiten. Diesbezüglich ließ er sie seit drei Jahren am langen Arm verhungern. Bereits in der Hochzeitsnacht hatte er sie von sich gestoßen und das kleine Gästezimmer zu Rebekkas Schlafzimmer erklärt. Seit der Trauung gab es keinen Kuss, keine Berührung, keine Aufmerksamkeit. Stattdessen erntete sie Häme, er nannte sie Hure, womit er ihr jedes Mal unter die Nase rieb, unter welchen Umständen sie sich kennengelernt hatten, und verbot ihr, das Haus zu verlassen.

Anfangs hatte sie seine Anordnung missachtet, war spazieren gegangen oder einkaufen. Sie hatte sich umgesehen, ob es nicht irgendwelche Vereine in der Nähe gab, die für sie von Interesse wären. Das artete nicht nur jedes Mal in Streit aus, sondern gipfelte darin, dass er ihr das Bargeld strich, die Kreditkarte einzog und ihr lediglich die Daten seiner Kreditkarte aufschrieb, mit denen sie ausschließlich online einkaufen konnte. Diese würde er sperren lassen, sollte sie sich nicht seinem Willen fügen, hatte er ihr gedroht. Sicherlich gab es Gesetze, nach denen ihr wenigstens ein Taschengeld ohne Wenn und Aber zugestanden hätte, doch zum einen verwehrte er ihr das Geld ja nicht grundsätzlich, sondern bestimmte nur die Form, zum anderen hätte sie sich keinen Anwalt leisten können, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Also zog sie sich aus jeglichem gesellschaftlichen Leben zurück, kümmerte sich um den Haushalt, um überhaupt etwas zu tun zu haben, und las Bücher über Bücher. Die Geschichten darin gaben ihr zumindest die Illusion der Freiheit, die sie brauchte, wenn sie in sie eintauchte und andere Leben lebte.

Die Einkäufe und alle Gänge außerhalb des Hauses, zu denen Rebekka nicht unbedingt selbst erscheinen musste, erledigte ihre Schwiegermutter, ein Drachen sondergleichen. Stefans Mutter war sogar noch schlimmer als er. Wenn sie kam, verzog Rebekka sich freiwillig in ihr Zimmer, nur um ihre Ruhe zu haben.

Da Stefan seine Mahlzeiten grundsätzlich getrennt von ihr einnahm und er sich auch in der Öffentlichkeit nicht mit ihr zusammen blicken ließ, war dieser gemeinsame Hotelaufenthalt seit der Eheschließung das erste Zugeständnis und sie hatte keinerlei Vorstellung, was er sich davon erhoffte.

Wenn sie damals, blind wie sie gewesen war, nicht diesen Ehevertrag unterschrieben hätte, wären sie schon längst wieder geschiedene Leute – obwohl er sie dann aber wahrscheinlich gar nicht erst geheiratet hätte. Dass er die Gütertrennung lediglich an zwei Bedingungen geknüpft hatte, die an ihr Verhalten gekoppelt waren, lag sicherlich daran, dass er geglaubt hatte, sie würde den Vertrag sonst nicht unterschreiben. Und damit irrte er sich nicht. Aber auch mit diesem Vertrag lag der schwarze Peter bei mir. So musste sie seine Kaltschnäuzigkeit ebenso wie seine Gemeinheiten hinnehmen, wollte sie nicht erneut mittellos auf der Straße landen. Geschlagen hatte er sie nie, aber seine Worte gingen regelmäßig unter die Gürtellinie. Er brauchte das anscheinend, um sich groß und wichtig zu fühlen.

Das einzige Mal, bei dem sie sich wegen ihres Hungers prostituiert hatte, war er ihr Kunde gewesen. Sie dachte, sie hätte mit ihm besonderes Glück, denn er wollte nur reden und nahm sie gleich mit der Begründung mit nach Hause, er hätte sich auf den ersten Blick in sie verliebt und er würde es nicht ertragen, sollte sie anderen Männern zu Diensten sein. Erst viel später rieb er ihr unter die Nase, wie er wirklich auf sie gekommen war: Er hatte ein paar Huren belauscht, wie sie sich über Rebekka das Maul zerrissen. Sie ließen sich darüber aus, dass „die von und zu“ anscheinend glaubte, wegen ihres Titels etwas Besseres zu sein und irgendwann doch die Beine breitmachen musste, um zu überleben. So kam er auf ihre Spur, machte ihr ein eindeutiges Angebot, das sie dieses eine Mal nicht ausgeschlagen hatte. Für ihn war es ein Glücksfall, eine einmalige Chance, die er sich nicht entgehen lassen wollte. Rebekkas unglückliche Lage und ein blöder Zufall hatten sie zur leichten Beute gemacht.

Nun hatte sie ihr Leben einem Arschloch verpfändet und so manches Mal fragte sie sich, ob es das wert war. Doch dann dachte sie an die Zeit zurück, als noch am Ende des Geldes so viel Monat übrig war, dass sie die letzten Tage davon hungrig verbrachte, und stopfte ihren Stolz in die hinterste Ecke ihres Bewusstseins. Wenigstens das hatte sie bei ihm: Obdach, Verpflegung, angemessene Kleidung und jede Menge Bücher. Sie musste nicht einmal mit ihm schlafen. Den Sex holte er sich woanders, bei Frauen, die – seinen Worten nach – eher seinem Niveau entsprachen.

 

Skeptisch ging sie ihrem Mann und dem Hotelpagen hinterher. Dieser ganze Kasten gefiel ihr, abgesehen vom Äußeren, überhaupt nicht. Eigentlich hätte Stefan mit ihr auch zu Hause bleiben können. Dort war es ebenso kühl und funktional eingerichtet wie im Salzberger Hof, der damit warb, das modernste Haus am Platz zu sein. Ihr erschloss sich der Sinn nicht, der hinter diesem überraschenden Ausflug steckte. Den gestrigen Abend hatte Stefan noch in irgendeiner Bar verbracht. Irgendwann spätabends war er nach Hause gekommen und hatte sie mit einem merkwürdigen Haifischgrinsen angesehen, sodass sie sich beunruhigt ihr Buch schnappte und in ihr Zimmer floh. Hämische Bemerkungen, die ihre angebliche Nutzlosigkeit unterstrichen, waren das Letzte, was sie sich antun musste.

Am folgenden Morgen war er wieder nüchtern. Umso überraschter war sie, als er ihr befahl, einen Koffer für eine Woche zu packen. Sie würden zusammen verreisen, meinte er. Womöglich, so dachte sie sich zuerst, musste er bei einem wichtigen Geschäftsabschluss eine Ehefrau vorzeigen, was er aber weder bestätigte noch dementierte. Er redete einfach gar nicht mit ihr. Andererseits war dieses Szenario aber unwahrscheinlich, da er sie dann mit Sicherheit irgendwie instruiert hätte. Somit war sie wieder am Anfang ihrer Überlegungen.

Oder will er mich umbringen?, erwog sie bei ihrem kurzen Aufenthalt im Fahrstuhl, während sie auf die Rücken ihres Mannes und des Pagen blickte. Aber den Gedanken verwarf sie ebenso wie den anderen. Nicht dass ihr Mann es nicht bevorzugen würde, wenn sie weg wäre, aber Stefan war ein Feigling und hätte viel zu viel Angst davor, ins Gefängnis gesteckt zu werden, sei es als Täter oder als Anstifter. Er musste irgendetwas anderes im Sinn haben, vielleicht etwas, das sie dazu bringen sollte, die Scheidung einzureichen. Aber da hatte er sich geschnitten. Sie würde so ziemlich alles durchstehen, um nicht wieder da zu landen, wo sie bereits gewesen war: am Bodensatz der Gesellschaft.